Imaginäre Körperreisen - Sabine Fruth - E-Book

Imaginäre Körperreisen E-Book

Sabine Fruth

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Beschreibung

Die Erkenntnis, dass es sinnvoll sein kann, in eine Therapie auch den Körper als Medium einzubeziehen, setzt sich zunehmend durch. Imaginäre Körperreisen führen Klientinnen und Klienten über Tranceinduktionen in den eigenen Körper. Die dabei entstehenden Bilder sind höchst individuell, passen einzigartig zur jeweiligen Situation und vor allem: Sie helfen zur Genesung. Imaginäre Körperreisen können schulmedizinische Therapien wirkungsvoll unterstützen oder Nebenwirkungen deutlich reduzieren, etwa bei Entzündungen, chronischen Schmerzen oder psychosomatischen Beschwerden. Auch in die Behandlung von Angststörungen und Depressionen lassen sie sich gut integrieren. Die Arbeit mit Gruppen ist genauso möglich wie die mit Kindern und Jugendlichen – sie lassen sich besonders unvoreingenommen auf Imaginäre Körperreisen ein und finden oft spielerisch Lösungen für ihre körperlichen oder psychischen Symptome. Die Ärztin und Hypnotherapeutin Sabine Fruth vermittelt die Methode in diesem Buch mit allen Grundlagen und vor allem viel Praxis. Vom Vorgespräch bis zur Tonaufnahme für zu Hause führt sie durch den gesamten Therapieprozess und spart auch typische Stolpersteine wie Widerstand, Zweifel oder Ungeduld von Klientinnen oder Klienten nicht aus.

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Sabine Fruth

Imaginäre Körperreisen

Neue Wege zum individuellen Heilungsprozess

Zweite Auflage, 2023

Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Carl-Auer Verlags:

Prof. Dr. Rolf Arnold (Kaiserslautern)

Prof. Dr. Dirk Baecker (Witten/Herdecke)

Prof. Dr. Ulrich Clement (Heidelberg)

Prof. Dr. Jörg Fengler (Köln)

Dr. Barbara Heitger (Wien)

Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp (Merseburg)

Prof. Dr. Bruno Hildenbrand (Jena)

Prof. Dr. Karl L. Holtz (Heidelberg)

Prof. Dr. Heiko Kleve (Witten/Herdecke)

Dr. Roswita Königswieser (Wien)

Prof. Dr. Jürgen Kriz (Osnabrück)

Prof. Dr. Friedebert Kröger (Heidelberg)

Tom Levold (Köln)

Dr. Kurt Ludewig (Münster)

Dr. Burkhard Peter (München)

Prof. Dr. Bernhard Pörksen (Tübingen)

Prof. Dr. Kersten Reich (Köln)

Dr. Rüdiger Retzlaff (Heidelberg)

Prof. Dr. Wolf Ritscher (Esslingen)

Dr. Wilhelm Rotthaus (Bergheim bei Köln)

Prof. Dr. Arist von Schlippe (Witten/Herdecke)

Dr. Gunther Schmidt (Heidelberg)

Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt (Münster)

Jakob R. Schneider (München)

Prof. Dr. Jochen Schweitzer ✝ (Heidelberg)

Prof. Dr. Fritz B. Simon (Berlin)

Dr. Therese Steiner (Embrach)

Prof. Dr. Dr. Helm Stierlin ✝ (Heidelberg)

Karsten Trebesch (Berlin)

Bernhard Trenkle (Rottweil)

Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler (Köln)

Prof. Dr. Reinhard Voß (Koblenz)

Dr. Gunthard Weber (Wiesloch)

Prof. Dr. Rudolf Wimmer (Wien)

Prof. Dr. Michael Wirsching (Freiburg)

Prof. Dr. Jan V. Wirth (Meerbusch)

Themenreihe »Hypnose und Hypnotherapie«

hrsg. von Bernhard Trenkle

Reihengestaltung: Uwe Göbel

Umschlaggestaltung: Heinrich Eiermann

Umschlagfoto: © Vera Kuttelvaserova – stock.adobe.com

Illustrationen: Norbert Kercher

Redaktion: Dr. med. Nicola Offermanns

Satz: Drißner-Design u. DTP, Meßstetten

Printed in Germany

Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck

Zweite Auflage, 2023

ISBN 978-3-8497-0375-2 (Printversion)

ISBN 978-3-8497-8264-1 (ePUB)

© 2021, 2023 Carl-Auer-Systeme Verlag

und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg

Alle Rechte vorbehalten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Carl-Auer Verlag GmbH

Vangerowstraße 14 • 69115 Heidelberg

Tel. +49 6221 6438-0 • Fax +49 6221 6438-22

[email protected]

Inhalt

1 Einführung

2 Das Vorgespräch

2.1 Die Auftragsklärung

2.2 Aufklärung über die Imaginären Körperreisen

2.3 Besonderheiten bei der Arbeit mit Kindern

3 Die Induktion

3.1 Die Spiegeltechnik

3.2 Magischer Spiegel oder Pforte

3.3 Klassische Stolpersteine

3.4 Induktion über den äußeren sicheren Ort

4 Der Körper von innen

4.1 Die Reise im Körperinnern

4.2 Klassische Stolpersteine

5 Der Wohlfühlraum

5.1 Der Wohlfühlraum

5.2 Der Wohlfühlbereich

5.3 Klassische Stolpersteine

6 Der Ressourcenraum

6.1 Die Entwicklung

6.2 Die Ressourcenfarbe

6.3 Ressourcen spüren und ankern

6.4 Typische Varianten

6.5 Klassische Stolpersteine

7 Helferwesen

7.1 Kontaktaufnahme

7.2 Klassische Stolpersteine

8 Schutzmaßnahmen zu Beginn der Reise

8.1 Zweites Spiegelbild

8.2 Der Notfallknopf

8.3 Einen Begleiter finden

8.4 Weitere Schutzmaßnahmen

8.5 Wohin führt die Reise?

9 Die Schaltzentrale

9.1 Orientierung

9.2 Die inneren Helfer

9.3 Indirekte Arbeit aus sicherer Distanz

9.4 Zieldefinitionen

9.5 Die Zentrale hinter der Zentrale

9.6 Klassische Stolpersteine

10 Der Bereich des Wissens

10.1 Die Lernräume

10.2 Farb-Anker

10.3 Helferwesen

10.4 Vernetzung

10.5 Widerstände

11 Das Archiv des Lebens

11.1 Betrachtung relevanter Filme

11.2 Analytische Arbeit

11.3 Lösungsorientierte Arbeit

11.4 Filme von Traumatisierungen

11.5 Die Leinwandarbeit

12 Widerstände

12.1 Kontaktaufnahme

12.2 Was steckt hinter einem Widerstand?

12.3 Arbeit mit den Widerständen

12.4 Innere Widerstände

12.5 Äußere Widerstände – Introjekte

12.6 Kombinierte Widerstände von innen und außen

12.7 Klassische Stolpersteine

13 Das Zentrum der Emotionen

13.1 Orientierung

13.2 Prozesse im Zentrum

14 Psychische Erkrankungen 209

14.1 Angststörung

14.2 Vernetzung mit der Schaltzentrale

14.3 Klassische Stolpersteine

14.4 Depressionen

14.5 Klassische Stolpersteine

15 Somatische Erkrankungen

15.1 Reise zum Ort des Geschehens

15.2 Prozesse vor Ort

15.3 Arbeit auf mehreren Ebenen gleichzeitig

15.4 Klassische Stolpersteine

16 Psychosomatische Erkrankungen

17 Das Sitzungsende

17.1 Auflösung der Trance

17.2 Klassische Stolpersteine

18 Tonaufnahmen für die Patienten

18.1 Erstellen einer individuellen Tonaufnahme

18.2 Technische Erfordernisse

19 Therapieorganisation

19.1 Schriftliche Aufzeichnungen

19.2 Die Körperkarte

19.3 Sitzungsplanung

20 Arbeit mit Gruppen

20.1 Entspannung im Wohlfühlraum

21 Der Blick nach vorne

Danksagung

Anhang

Die Induktion über den äußeren sicheren Ort

Vorlage Körperkarte: Spiegelinduktion

Vorlage Körperkarte: Induktion über den äußeren sicheren Ort

Beispiel eines Sitzungsverlaufs

Gruppentrance

Literatur

Verzeichnis der Abbildungen

Über die Autorin

1Einführung

Folge der Stimme deines Unbewussten!Es weiß lange, bevor du denkst,auf dem richtigen Weg zu sein,wohin die Reise führt.

Dieses Buch habe ich für Therapeuten1 geschrieben, die Lust auf Neues haben und ihren therapeutischen Werkzeugkoffer mit weiteren Instrumenten und Arbeitsweisen anreichern möchten. Inzwischen findet die Einbeziehung des Körpers als therapeutisches Medium immer breiteren Zuspruch unter Therapeuten. Mit diesem Buch lernen Sie Imaginäre Körperreisen als heilsame und spannende Behandlungsmethode kennen und werden Schritt für Schritt mit der Umsetzung und Anwendung vertraut gemacht. Die Lektüre könnte Ihre Sichtweise verändern, und Sie werden erstaunliche Dinge erleiben, wenn Sie Klienten bei deren Körperreisen begleiten.

Sie bekommen einerseits einen therapeutischen Rahmen an die Hand, wie Sie Imaginäre Körperreisen anleiten können. Andererseits schaffen Sie für Ihre Klienten einen Entwicklungsraum, den diese frei gestalten können. Als Therapeut laden Sie zu verschiedenen Reiserouten ein, deren Ausgestaltung einzig in der Hand und Vorstellung Ihrer Klienten liegt. Die Klienten bewegen sich völlig frei in ihrer inneren Bilderwelt, und so entstehen einzigartige Prozesse, die zur Entwicklung und Heilung führen können.

Aus der Kombination meiner hypnotherapeutischen und allgemeinmedizinischen Arbeit haben sich die Imaginären Körperreisen als Methode entwickelt. Mich beschäftigte in meiner alltäglichen Praxis immer wieder die Frage, was in Menschen ganzheitlich »passiert«. Regelmäßig bin ich an die Grenzen der Schulmedizin gestoßen und bekam erst durch meine hypnotherapeutische Ausbildung einen Zugang zu unbewussten Prozessen. Nach und nach habe ich verstanden, wie die Prozesse im Körper maßgeblich auf der unbewussten Ebene beeinflusst und gesteuert werden. So gelang es mir immer besser, meinen Klienten einen direkten Dialog mit ihrem Unbewussten zu ermöglichen. Gerade im Körper ist die Kommunikation symbolisch bis auf Zellebene möglich. Klienten bekommen durch diese Art der symbolischen Kommunikation wertvolle diagnostische Hinweise und können körpereigene Heilungsprozesse bestmöglich aktivieren.

Das Verfahren der Imaginären Körperreisen ist auch sehr gut für Kinder und Jugendliche ab einem Alter von etwa acht Jahren geeignet. Es gibt nur wenige Diagnosen, die sich nicht durch Imaginäre Körperreisen beeinflussen lassen. Die Kontraindikationen werden an entsprechender Stelle beschrieben. Dennoch möchte ich betonen, dass es zahlreiche Erkrankungen gibt, bei denen die Imaginären Körperreisen eine begleitende Therapieform darstellen. Sie können mit dieser Arbeit viele schulmedizinische, psychotherapeutische oder alternative Behandlungen hervorragend unterstützen.

Wir können als Therapeuten einem Menschen auf seinem Weg zur Heilung nur dann helfen, wenn die inneren und äußeren Bedingungen zu einer Heilung auch gegeben sind. Wenn zehn verschiedene Klienten mit derselben Diagnose und vergleichbaren Befunden zur gleichen Therapie gehen, so dürfen sich dabei zehn völlig verschiedene Verläufe entwickeln. Von der scheinbaren Wunderheilung bis zu ausbleibenden Veränderungen muss immer alles erlaubt sein. So durfte ich eine gewisse Demut und Achtung vor den unbewussten Entscheidungen und Wegen meiner Klienten entwickeln.

Es hat viele Jahre gedauert, bis ich dieses Buch zu Ende schreiben konnte. Meine Klienten haben mir durch die Einblicke in ihr Inneres viele Erkenntnisse ermöglicht, die zur Gesundung beitragen können. Daran möchte ich Sie und im nächsten Schritt vor allem Ihre Klienten teilhaben lassen. Je mehr Menschen davon profitieren können, umso mehr hat sich die Mühe gelohnt.

Das Buch beginnt mit der Basisarbeit, die Sie jedem Klienten zuteilwerden lassen können. Die Reihenfolge der Reiseetappen im Körper entspricht der, die auch die meisten Klienten so wählen. Der extrem wichtigen Widerstandsarbeit habe ich ausreichend Raum gegeben. Die Erkenntnisse, die Sie daraus ziehen können, lassen sich auf viele andere therapeutische Bereiche, unabhängig von den Imaginären Körperreisen, übertragen.

Jedes Kapitel ist so aufgebaut, dass zunächst eine neue Technik beschrieben wird. In dem Abschnitt Praxis bekommen Sie eine Art Bedienungsanleitung, wie Sie vorgehen können. Durch die wörtliche Rede entwickelt sich eine deutlichere Sichtweise, wie der Dialog mit dem Klienten aussehen kann. Diese Therapiebeschreibungen sind aus vielen Sitzungen entstanden und wurden aus dem Gedächtnis zu einer Art Musterfall konstruiert.

Die Fallbeschreibungen sind anonymisierte Fälle aus meinem Klientenstamm. Bei manchen Beschreibungen gab es Tonaufnahmen, sodass ich sie wörtlich zitieren konnte. Andere habe ich anhand meiner schriftlichen Aufzeichnungen wiedergegeben.

Ich möchte die häufig vorkommenden Besonderheiten als klassische Stolpersteine beschreiben. Aus diesen Stolpersteinen können Sie unter anderem ersehen, dass mit einer gewissen allgemeingültigen Fragetechnik immer wieder Wege aus vermeintlichen Sackgassen herausführen. In Hypnose ungeübte Therapeuten lassen sich manchmal durch derartige Stolpersteine entmutigen. Es ist lohnenswert, die Stolpersteine stattdessen als mögliche Varianten in die Arbeit zu integrieren und daran zu wachsen.

Durch zahlreiche Querverweise zu anderen Kapiteln erhalten Sie Hinweise, die verschiedene Blickwinkel auf ein Thema erlauben. Für einen besseren Fluss ist es empfehlenswert, das Buch zunächst zusammenhängend durchzulesen. Sobald in der zweiten Hälfte die Fallbeschreibungen komplexer werden, fließen immer mehr Strategien aus der ersten Hälfte ineinander. Durch den praktischen Bezug werden viele Schritte aus vorherigen Beschreibungen verständlicher. Anschließend können Sie für Ihre praktische Arbeit mit dem Klienten einzelne Kapitel vertiefen und therapiebegleitend zur Hand nehmen.

Alle Beschreibungen, wie Sie bei den Körperreisen vorgehen können, sind als Einladung zu verstehen. Einige von Ihnen wünschen sich vielleicht eine Art »Bedienungsanleitung« und freuen sich über einen klar formulierten therapeutischen Rahmen. Andere haben bereits sehr viel in ihrem Werkzeugkoffer und picken sich genau die Elemente heraus, die in die Sammlung hineinpassen. Fühlen Sie sich völlig frei in der Kombination von Ihrem bereits vorhandenen kompetenten Wissen mit neuen Elementen aus diesem Buch. So werden sich viele – ganz individuelle – Körperreisen-Therapeuten entwickeln, die alle in ihrer Vorgehensweise einzigartig sind.

Nun dürfen Sie gespannt sein, wohin die Reise führen wird. Vertrauen Sie dabei auf die sicheren und kreativen Impulse Ihres Unbewussten. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Entdecken und Ausprobieren neuer Wege.

1Aus Gründen der Übersichtlichkeit verwende ich im Folgenden nur die männliche Form, wobei stets alle Geschlechter gemeint sind. Leider gibt es in der deutschen Sprache keine für mich angenehme neutrale oder alle Geschlechtsformen einbeziehende Formulierung.

2Das Vorgespräch

Bevor die eigentliche therapeutische Arbeit beginnen kann, wird der Klient bestmöglich darauf vorbereitet. Ich bevorzuge dafür ein persönliches Gespräch. Manchmal ist aus organisatorischen Gründen ein Telefonat die praktikable Alternative. Der Klient sucht Sie auf und benennt als Anlass in der Regel seine Probleme. Diese können somatischer oder psychischer Natur sein. Er möchte seine Symptome »wegbekommen«. Gerade bei der Anwendung von Hypnosetechniken kommen viele Klienten mit dem Wunsch, dass die Beschwerden »weghypnotisiert« werden. Solche Vorstellungen können Sie aufgreifen und relativieren. Das Vorgespräch dient dazu, eine gute Arbeitsbeziehung anzubahnen und über Ihre Arbeit aufzuklären.

2.1 Die Auftragsklärung

Vor einer Therapie gilt es zu erfragen, was der Klient erreichen möchte. Lenken Sie den Fokus vom Problem hin zum Ziel. Dieses Ziel mit positiven Begriffen beschreiben zu können ist seine erste Aufgabe. Es reicht nicht, wenn der Klient mitteilt, dass der Schmerz »weg sein« soll. Für den Therapeuten ist es hilfreich zu erfragen, was in Zukunft stattdessen »da sein« soll. Wie wird es sein, wenn der Schmerz weg ist? Wie wird sich der Alltag des Klienten verändern?

Für Ihre therapeutische Beziehung ist die präzise Auftragsklärung unabdingbar. Oftmals ist die positive Formulierung des Ziels erst in der nächsten Sitzung möglich. Bei vielen Klienten löst die Frage danach bereits unbewusste Lösungsansätze aus. In manchen Fällen ist eine völlige Auflösung der Symptome unrealistisch. Dann können Sie die realistischen Teilziele gemeinsam erarbeiten.

Im Vorgespräch geht es darum, einen guten Rapport aufzubauen – das bedeutet eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Klienten. Ein gesprochenes Wort transportiert Informationen auf der bewussten Ebene. Gleichzeitig wird aber auch auf unbewusster Ebene kommuniziert, sodass der Klient wahrnimmt, ob er Ihnen vertrauen kann. Das Vorgespräch lässt sich sehr gut für diesen Rapportaufbau nutzen.

Praxis

THERAPEUT Was möchten Sie erreicht haben, wenn wir mit unserer Arbeit fertig sein werden?

Hilfreiche Fragen sind:

THERAPEUT Was wird sein, wenn der Schmerz aufgelöst wurde … was wird stattdessen wahrnehmbar sein? … Wie genau wird Ihr Alltag dann sein? … Wie wird Ihr Umfeld auf eine Besserung der Symptome oder gar eine Genesung reagieren?

Eine effektive Hausaufgabe zur ersten Therapiesitzung kann sein:

THERAPEUT Ich bitte Sie, bis zu unserer ersten Sitzung an dieser Frage zu arbeiten. Ich werde Sie dann bitten, ganz genau zu beschreiben, was Ihr Ziel ist. Wie soll es sich anfühlen, wenn das erreicht sein wird? Und wie lautet mein Auftrag für unsere gemeinsame Arbeit?

Es handelt sich bereits um einen therapeutischen Schritt, wenn sich der Klient in diese Zukunftsvision hineinfühlen kann.

Manfred Prior (2016) hat in seinem Buch Beratung und Therapie optimal vorbereiten: Informationen und Interventionen vor dem ersten Gespräch hervorragend beschrieben, wie Sie das Vorgespräch bestmöglich führen können.

2.2 Aufklärung über dieImaginären Körperreisen

Jeder Klient sollte über die Arbeitsweise seines Therapeuten ausgiebig aufgeklärt werden. Zum einen gilt es, über die Grundsätze der hypnotherapeutischen Arbeit zu sprechen. Zum anderen werden auch die Imaginären Körperreisen als Methode vorgestellt.

Es ist interessant zu erfahren, was der Klient an Vorwissen mitbringt. Die Erklärungen werden dann dem Wissensstand und Sprachgebrauch des Klienten angepasst. Viele Menschen haben noch immer die Praktiken der Show-Hypnose im Hinterkopf, von der wir uns klar distanzieren müssen. Das ist für die vertrauensvolle Arbeit unabdingbar. Erklärende Beispiele von Alltagstrancen und mentalem Training von Sportlern sind gut geeignet, um auf bekannte Trancephänomene zurückzugreifen. Die Einbeziehung praktischer Beispiele hilft zu beschreiben, was ein Trancezustand ist. Als Vergleich zur Trance in einer Hypnose können Sie einen Zahnarztbesuch und eben die Show-Hypnose heranziehen. Es ist entlastend, dem Klienten die Unterschiede zwischen der tiefen Trance einer zahnärztlichen oder Show-Hypnose und den Tranceformen in der psychotherapeutischen Arbeit zu verdeutlichen. Dabei ist es besonders wichtig, auf die Befürchtungen der Klienten einzugehen. Oft spielt Angst vor Kontrollverlust eine große Rolle. Der Hinweis, dass der Klient in der gemeinsamen Arbeit die Kontrolle über sich behalten darf, wirkt sehr entlastend.

Die Imaginären Körperreisen selbst lassen sich als eine Methode beschreiben, bei der der Klient einen Zugang zu den unbewussten Vorgängen in seinem Körper bekommt. Daraufhin kann er mit diesem symbolischen Bild in Kontakt treten und individuell damit arbeiten.

Weiterhin mache ich deutlich darauf aufmerksam, dass nicht ich den Klienten heile, sondern er sich selbst. Ob eine Heilung oder eine Verbesserung der Symptome überhaupt möglich ist, entscheidet ebenfalls der Klient selbst. Bewahren Sie sich vor Heilungsversprechen! Entscheidend für den Erfolg der Therapie ist vorrangig das Unbewusste des Klienten.

Ich sehe die Rolle des Therapeuten als die eines Wegbegleiters. Er ist für den sicheren Rahmen der Sitzungen verantwortlich. Weiterhin stellt er sein kompetentes Wissen zur Verfügung. Erklären Sie vor der ersten Sitzung, wie eine Körperreise aussehen wird. Wichtig ist, dass der Klient seine individuellen Bilder entwickeln kann. Er ist eigenverantwortlich für den Inhalt und dessen Weiterentwicklung, inklusive der Lösungen.

Mit einer Metapher aus der Schifffahrt beschreibe ich es folgendermaßen:

Der Therapeut übernimmt die Lotsenfunktion. Er zeigt die möglichen Wege auf und macht auf Untiefen aufmerksam. Der Klient als Kapitän des Schiffes steuert dieses. Er ist auch für die Geschwindigkeit zuständig und entscheidet, ob er den Empfehlungen des Lotsen folgen möchte. Ebenso kann er rückwärtsfahren, stehen bleiben oder Ratschläge ignorieren und auf eine Sandbank aufsetzen. Je sicherer er sich mit dem Lotsen fühlt, umso mehr wird er diesem vertrauen. Die Verantwortung für das Schiff bleibt aber stets beim Kapitän. Der Lotse hingegen ist verantwortlich für seine Kenntnisse über die Gewässer, in denen er seine Hilfe anbietet.

Praxis

THERAPEUT Sie kennen Alltagstrancen, in denen auch Sie unbewusst agieren. Wenn Sie zum Beispiel eine Ihnen bekannte Strecke mit dem Auto fahren, lenken und schalten Sie unbewusst. Sie sind in einer Autofahrtrance. Die Gedanken können mit etwas ganz anderem beschäftigt sein. Am Ziel angekommen können Sie sich meist nicht erinnern, an welchen Orten Sie vorbeigekommen sind, ob Sie überholt haben oder nicht …

Die Beschreibung eines Fahranfängers dagegen, der noch nachdenken muss, wenn er fährt, ist allen Autofahrern in bester Erinnerung.

THERAPEUT Im Sport sind Trancearbeiten ebenfalls weit verbreitet. Denken Sie an Wintersport, wenn ein Rennrodler vor dem Start mit geschlossenen Augen zu sehen ist. Er steht dort versunken und geht mental das Rennen durch. Sie können sogar seine Bewegungen beobachten. Er fährt vor seinem inneren Auge die Strecke runter. Ähnlich werden Sie sich bei Ihrer Körperreise fühlen.

Ergänzend sind ein paar Worte zur Symbolarbeit hilfreich.

THERAPEUT Alles, was in Ihren inneren Bildern vom Körper sichtbar wird, ist symbolisch zu verstehen. Ihr Gehirn konstruiert in diesem Moment ein Bild vom Körper. In diese Wahrnehmung fließen alle Informationen ein, die Ihr Gehirn bisher dazu gesammelt hat. Daher ist Ihr Bild sehr individuell und für Sie genau richtig.

Die meisten Informationen dieser Art werden im Vorgespräch ausgetauscht. Zu Beginn der ersten Körperreise ist es empfehlenswert, dem Klienten die nachfolgende Induktion transparent zu machen.

Praxis

Der Klient steht kurz vor seiner ersten Körperreise. Sie haben eine Spiegelinduktion (s. Kap. 3.1) geplant.

THERAPEUT Ich werde Sie gleich einladen, gedanklich in eine Landschaft zu gehen. Dort können Sie sich dann vorstellen, einen Spiegel oder eine spiegelnde Fläche zu finden. Ihr Spiegelbild werden Sie dann in Ihrer Vorstellung verkleinern, und dieses kleine Ich reist in Ihren Körper.

KLIENT Na, hoffentlich bekomme ich das hin.

THERAPEUT Ich bin da ganz zuversichtlich. Außerdem können Sie ja nur alles richtig machen. Es sind alles nur Angebote. Wenn etwas anders läuft als gedacht, ist es auch okay.

KLIENT Soll ich die Augen schließen?

In der Regel schließen alle Erwachsenen früher oder später die Augen. Es ist entscheidend, dem Klienten die Wahl zu lassen. Einerseits ist das für traumatisierte Klienten ein ganz wichtiger Schutz. Andererseits ist es zum Beispiel für Menschen jeden Alters mit ADHS ganz wichtig, neben der Trancearbeit auch mit anderen Dingen beschäftigt sein zu dürfen. Kinder behalten sehr oft die Augen offen und bewegen sich dabei sogar im Raum.

THERAPEUT Das dürfen Sie sich aussuchen. Wenn Sie die Augen offenlassen, empfehle ich immer, in Ruhe einen Punkt zu fixieren, damit Sie besser entspannen können. Sie dürfen sie aber auch gleich oder später schließen … sie zwischendurch mal öffnen … das überlasse ich ganz Ihnen.

Folgender Hinweis entlastet viele Klienten sehr:

THERAPEUT Da es meine Aufgabe ist, Ihnen zu folgen, und nicht umgekehrt, können Sie eigentlich nur alles richtig machen (positive Formulierung!) Es gibt nur einen einzigen Fehler (hier lässt sich diese Formulierung nicht umgehen), den Sie begehen können: Sie behalten für sich, was Sie gerade wahrnehmen. Wenn ich meine Einladungen ausspreche, wohin die Reise führen kann, entwickeln Sie Ihre eigenen Bilder. Es darf aber jederzeit etwas ganz anderes kommen – ein anderes Bild, ein Gefühl, Gedanke oder was auch immer. Bitte sagen Sie mir Bescheid, denn das, was kommt, ist immer am wichtigsten!

Wenn Sie dann in Ihrem Körper unterwegs sind, beginnen wir mit positiven Dingen. Wir werden zuerst einen inneren Wohlfühlraum finden und nach Ihren Stärken schauen.

KLIENT Das klingt doch gut.

2.3 Besonderheiten bei der Arbeit mit Kindern

Bei minderjährigen Kindern ist ein Aufklärungsgespräch mit Eltern und Kind wichtig. Wenn Eltern Ihnen ihr Wertvollstes, nämlich ihr Kind, anvertrauen sollen, dann brauchen sie viele Informationen. Die Eltern dürfen als Erziehungsberechtigte darüber entscheiden, ob sie bei den nachfolgenden Sitzungen anwesend sind. Ich empfehle, diese Entscheidung etwa ab dem Grundschulalter dem Kind zu überlassen. Das ist auch variabel und darf im Verlauf der Sitzungen unterschiedlich sein. Ebenso ist das Krankheitsbild entscheidend. Ein Kind, das wegen einer Angststörung kommt, braucht ein Elternteil zur Sicherheit. Ein Jugendlicher, der körperliche Symptome hat, wird dies eher ablehnen.

Für eine gute Zusammenarbeit mit dem Kind ist hier die spezielle Auftragsklärung entscheidend. Der Auftrag der Eltern entspricht nicht immer dem des Kindes. Wenn ein Kind sagt »Ich bin hier, weil meine Mama möchte, dass ich …« ist es kein wirklicher Auftrag. Sie sollten mit dem Kind erarbeiten, was es selbst erreichen möchte. Nur wenn das Kind sein eigenes Ziel klar definieren kann, gibt es auch einen Weg dorthin. Ich habe auch schon nach ein bis zwei Sitzungen eine Therapie abgelehnt, weil der (meist jugendliche) Klient gar kein Problem erkannte. In der Regel ging es um den Wunsch der Eltern, die Konzentration und schulischen Leistungen des Sohnes oder der Tochter zu verbessern. Wenn dieser aber mit seinen Leistungen überzeugend zufrieden ist, besteht für mich kein Handlungsbedarf. Stattdessen habe ich den Eltern ein Beratungsgespräch angeboten.

Wenn Sie mit Kindern arbeiten, sollten Sie folgende Aspekte beachten:

Sprache dem Kind anpassen

immer auf Augenhöhe gehen

zu Fragen animieren.

Praxis

Hier eine Beschreibung für Eltern, was eine Alltagstrance ist:

THERAPEUT Wenn Ihr Sohn tief versunken vorm Fernseher sitzt, bekommt er im Außen wahrscheinlich wenig mit. Sie können sogar Trancezeichen wie eine starre Haltung oder einen halb geöffneten Mund erkennen. Und wenn Sie dann rufen: »Felix, komm Tisch decken!«, wird sein Unbewusstes ihm signalisieren: »Alles okay, du kannst ruhig weiter fernsehen.« Die unbewussten Prioritäten sind klar. Wenn Sie aber rufen: »Felix, komm, Papa hat ein Eis mitgebracht!«, wird sein Unbewusstes sagen: »Das ist wichtig, raus aus der TV-Trance, Eis ist besser!«

In einer offenen Kommunikation mit Kindern und Eltern sollten Sie auch die Schweigepflicht thematisieren. Wenn Sie mit den Kindern alleine arbeiten, sollten die inneren Bilder Ihrer Schweigepflicht unterliegen. Selbstverständlich kann über den allgemeinen Verlauf der Therapie gesprochen werden – ob es gut oder schlecht läuft. Die persönlichen Bilder können allerdings zu Fehlinterpretationen und Übertragungen bei den Eltern führen. Es obliegt dem Kind, was es davon mit welchen Worten preisgeben möchte.

Elterngespräche können im Verlauf einer Therapie sehr unterstützend wirken und sind empfehlenswert. So bekommen auch Sie Hinweise auf die systemische Wirkung Ihrer Arbeit.

3Die Induktion

In diesem Kapitel erfahren Sie, auf welchen Wegen Sie Ihren Klienten in seinen Körper führen können (s. Abb. 1). Bei Kindern, Jugendlichen und den meisten Erwachsenen bietet sich der Weg über die Spiegeltechnik an. Diese Induktion ist einfach und zeitsparend umzusetzen. Bei Klienten, die bezüglich der Trancearbeit noch sehr unsicher sind oder Schwierigkeiten mit dem eigenen Körper haben, stellt die Induktion über den äußeren sicheren Ort eine gute Alternative dar.

Abb.1: Die Induktion

3.1 Die Spiegeltechnik

Um die Trancearbeit zu starten, wird der Klient zunächst eingeladen, sich vor seinem inneren Auge eine Landschaft vorzustellen. Machen Sie ganz offene Angebote, wie diese Landschaft beschaffen sein könnte. Es gilt, im Dialog nachzufragen, was dort wahrgenommen wird. Der Klient steigt in sein Bild ein, und der Therapeut erfragt die Wahrnehmungen auf allen Ebenen (VAKOG):

»Wie sieht die beschriebene Wiese aus?« (visuell)

»Gibt es dort Geräusche?« (auditiv)

»Wie ist die Temperatur?« (kinästhetisch)

»Gibt es einen Geruch?« (olfaktorisch)

»Gibt es einen besonderen Geschmack?« (gustatorisch)

Sobald der Klient in seiner Landschaft angekommen ist, erfolgt damit eine Dissoziation. Er sitzt gleichzeitig bei Ihnen im Sprechzimmer und bewegt sich parallel in seinen inneren Bildern. Entscheidend ist, dass Sie über die verschiedenen Wahrnehmungen dazu einladen, in das Bild einzusteigen. Auch wenn der Klient sein Spiegelbild von außen betrachtet, kann er gleichzeitig spüren, wie dort die Temperatur ist und was das kleine Ich sieht. Lassen Sie ihm genug Zeit für diesen wichtigen Prozess.

Dabei ist es sehr wichtig, keine eigenen Vorstellungen einzustreuen, sodass die Beschreibungen tatsächlich die des Klienten bleiben. Es ist hilfreich, immer nur Einladungen auszusprechen, die dazu animieren, ganz individuelle Bilder entstehen zu lassen. Ich empfehle, die Beschreibungen der Landschaft wörtlich zu notieren, um Verfälschungen zu vermeiden. Eine »gehügelte Landschaft« ist etwas anderes als eine »hügelige Landschaft«. Die Wortwahl des Reisenden gilt es zu respektieren und diesen Respekt durch wortgetreues Wiederholen zu bestätigen. Die Wirkung dieses Wiederholens empfinden alle Klienten als enorm hilfreich. Sie fühlen sich verstanden.

Das wortgetreue Wiederholen bestätigt, dass auch der Therapeut im Bild des Klienten ist und diesem folgt:

»… und Sie sehen dort eine gehügelte Landschaft …«

Durch die wörtlichen Notizen gelingt in den Folgesitzungen ein schneller Wiedereinstieg in eben diese Landschaft:

»Ich lade Sie ein, wieder in Ihre gehügelte Landschaft zu gehen …«

Somit spricht der Therapeut immer wieder Einladungen aus. Im nächsten Schritt in der Landschaft des Klienten laden Sie dazu ein, einen Spiegel oder eine spiegelnde Fläche zu finden. Es empfiehlt sich, das Wort »suchen« zu vermeiden, da Suchprozesse lange dauern können. Das Wort »finden« suggeriert gleichzeitig, dass es auch etwas zu finden gibt. Dabei können Sie aufmunternd anbieten, dass in einer Imagination alles möglich ist.

»Auf einer Wiese darf ein barocker Spiegel stehen.«

Solche Erklärungen sind jederzeit möglich und schmälern die Trancetiefe keineswegs. Wenn zwischendurch damit das Bewusstsein angesprochen wird, kann in den inneren Bildern das Unbewusste weiter den Spiegel finden. Durch dieses Rein- und Rausspringen, gerade in der Anfangsphase, wird die Trance eher vertieft.

Lassen Sie sich den Spiegel und dann das Spiegelbild beschreiben. Das Spiegelbild muss nicht ganz klar zu erkennen sein und darf anders aussehen als der Klient heute. Bei Unsicherheiten entscheidet stets der Klient, ob für ihn die Arbeit mit diesem Spiegelbild weitergehen kann.

Die Frage:

»Ist das so für Sie stimmig?«

kann schnell und einfach klären, ob die Reise weitergehen darf. Bei Unstimmigkeiten kann die Frage:

»Ist es wichtig, dass wir uns jetzt damit beschäftigen?«

jederzeit hilfreich sein. Die Antwort »Ja, es ist wichtig« kann die Reise überall unterbrechen. Ein Widerstand2 (s. Kap. 12) kann bereits in der Landschaft vor oder bei dem Spiegel auftreten. Unter Umständen zeigen sich hier entscheidende Hinweise, die sich aufgreifen lassen. Ich sehe das durchaus positiv, da jeder Widerstand zu einem therapeutischen Schritt führt. Und um genau diese Schritte geht es in der Therapie.

Sollte hier ein Widerstand erscheinen, lassen Sie den Klienten damit wie in Kapitel 12 beschrieben in Kontakt treten. Alles, was kommt, wird genauso angenommen, wie es erscheint. Eine (Ab-) Wertung ist zu vermeiden, da sich der Klient sonst unter Druck sieht. Ich freue mich inzwischen über jeden Widerstand! Die Auflösung der Widerstände ist ein wesentlicher Therapieschritt, auf dem wir weiter aufbauen können.

Am Spiegel angekommen laden Sie den Klienten dazu ein, mit einer Fernbedienung das Spiegelbild zu verkleinern. Der Spiegel darf bleiben, wie er ist. Das Verkleinern kann auch ohne Fernbedienung mit Zauberkraft »einfach so« erfolgen oder durch Zoomen mit zwei Fingern. Ziel ist es, dass das Spiegelbild aus dem Spiegel heraus in die Hand des Klienten springt. Sobald das Spiegelbild unterwegs ist, ist eine weitere Dissoziation erfolgt. Die Mehrfachdissoziationen tragen dazu bei, dass die imaginären Körperreisen oftmals als spielerisch und »leicht« empfunden werden. Trotzdem lassen sich »schwere« Themen bearbeiten.

Für Sie als Therapeuten bietet es sich an, während der Körperreise mit dem Spiegelbild oder dem reisenden Teil direkt zu reden. Nach vorheriger Absprache kann das Spiegelbild direkt mit »Du« angesprochen werden. Sie laden es nun ein, so klein zu werden, dass es auf die Reise in den Körper der großen Person gehen kann.

Als Eintrittspforte hatten sich zunächst Mund, Nase und Ohren angeboten. Einige Klienten kamen durch die offenen Einladungen auf die Idee, direkt durch eine Pore in der Hand zu verschwinden. Auch der Bauchnabel wird gerne als Eintrittspforte gewählt. Der Weg hinein muss nicht physiologisch sein – in der Imagination ist alles erlaubt. Auch durch die Vagina sind schon Klientinnen gereist, und ein Junge startete mit einer »Arschbombe in den Popo hinein«. Die Aussage »Alles ist möglich!« oder nach einer Aufzählung von Optionen die Ergänzung »… oder ganz anders« erlaubt dem Klienten, immer wieder neue Wege zu gehen. Lassen Sie ihm Zeit, sich auf seine Art hineinzufinden.

Praxis

Die Induktion erfolgt über die Einladung, sich eine Landschaft vorzustellen.

THERAPEUT Ich lade Sie nun ein, vor Ihrem inneren Auge einmal in eine Landschaft zu gehen … die Augen können dabei geöffnet sein oder sich schon schließen … die Landschaft kann eine Wiese oder ein Weg sein … ein Strand, ein Feld … ein Wald oder Berge … eine Wüste … oder etwas ganz anderes …

Wenn Sie eine Landschaft wahrnehmen, dann würde mich interessieren, wie Ihre Landschaft aussieht … was nehmen Sie wahr?

Gerade in den ersten Sitzungen ist es wichtig, dem Klienten genug Zeit zu geben. Warten Sie geduldig, bis er Ihnen rückmeldet, was er gerade wahrnimmt. Sie sollten im Dialog bleiben und erst neue Angebote machen, wenn Ihnen der Klient folgen konnte. Er bestimmt das Tempo!

Damit Ihr Gegenüber ganz im Bild ankommt, fragen Sie die Wahrnehmungen (VAKOG, s. o.) ab. Nach jeder Frage warten Sie auf eine Antwort, die Sie wörtlich notieren.

THERAPEUT Was sehen Sie dort?

Können Sie etwas hören … oder ist es ganz still?

Gibt es auch einen Geruch?

Wie fühlt sich der Boden unter Ihren Füßen an?

Wie ist die Temperatur?

Nach einem Geschmack frage ich, wenn die Landschaft dazu einlädt. Am Meer ist zum Beispiel oft eine salzige Luft zu schmecken. Zur Bestätigung wiederholen Sie wörtlich die Wahrnehmungen des Klienten. Gerade am Anfang sind Geduld und ein langsames Vorgehen wichtig.

THERAPEUT Nun gehen Sie bitte voran und finden einen großen Spiegel oder eine spiegelnde Fläche … manchmal steht ein großer Spiegel mitten in der Landschaft … das kann auch ein Wasser sein … eine Glasscheibe … oder etwas ganz anderes … Schritt für Schritt in Ihrem Tempo … wenn Sie etwas gefunden haben, beschreiben Sie bitte, was Sie sehen …

Ein Spiegel kann unterschiedlich aussehen. Wenn er zu klein ist, um den ganzen Menschen darzustellen, darf er durch Gedankenkraft vergrößert werden. Lassen Sie sich das Spiegelbild kurz beschreiben. Es darf auch undeutlich, älter oder jünger sein. Für den Klienten sollte es stimmig sein, mit diesem Bild zu arbeiten. Wenn er dies bestätigt, beginnt die Reise mit dem Spiegelbild.

THERAPEUT Nun nehmen Sie bitte eine Fernbedienung in die Hand und verkleinern Ihr Spiegelbild … immer noch kleiner … bis es so klein ist, dass es in Ihre Hand springen kann … Geben Sie bitte Bescheid, wenn es dort angekommen ist …

Es kann so klein werden, dass es in den Körper der großen Person reisen kann. Es kann durch Mund, Nase oder Ohren hineingehen … oder direkt durch eine Pore in der Hand verschwinden … oder einen anderen Weg wählen.

Dies ist Ihr kleines Ich, das für Sie auf die Reise in den Körper geht. Lassen Sie sich überraschen, wie es dort aussieht … Sagen Sie mir bitte, wenn es entschieden hat, wo es hinein möchte …

Fallbeispiele

Meine Einladungen und Nachfragen sind immer sehr ähnlich und der Einfachheit halber in den Fallbespielen meist weggelassen. Es handelte sich aber stets um einen Dialog. Hier ein paar Varianten der Landschaftsbilder in der ersten Sitzung:

ANNA3, 62JAHRE

KLIENTIN Ich bin auf einer grünen Wiese … ein weicher Grasweg … drumherum ist es bergig … es riecht frisch … die Temperatur ist angenehm … ziemlich still … vielleicht ist mal ein Vogel zu hören … … da steht ein ganz normaler Spiegel … das Spiegelbild sieht aus wie ich heute … … es geht durch die Hand in den Körper …

BERND,51JAHRE

KLIENT Ich laufe durch eine Heidelandschaft … es ist hügelig … dann komme ich in einen Birkenwald … da sind viele Wurzeln … dann kommt ein See … in dem kann man sich spiegeln … ich muss aber erst auf einen Hügel steigen, damit ich mich ganz sehe … jetzt geht es … das Spiegelbild sieht normal aus, vielleicht etwas jünger … … es geht durch ein Nasenloch rein …

CHRISTIANE,57JAHRE

KLIENTIN Ich bin in einer Dünenlandschaft … da sind kleine geschlungene Pfade … solche Mulden … es ist sonnig und warm … ein etwas festgetrampelter Pfad … links sind der Strand und das Meer … ich höre sanftes Wellenrauschen … man riecht nichts … in einer Mulde steht eine große Pfütze mit Wasser … darin kann ich mich spiegeln … ich sehe zerzaust und jünger aus … so Ende 30 … … das Spiegelbild springt in die linke Hand und versinkt darin …

DETLEV,67JAHRE

KLIENT Ich bin auf einer Wiese, die ich kenne … die ist nicht weit weg von unserem Haus … da kann ich schön über die Stadt schauen … das Gras ist weich … es riecht blumig … man hört ganz weit weg ein paar Autos … es ist etwas nebelig heute … da steht ein Baum und an dem lehnt jetzt ein Spiegel … mein Spiegelbild ist okay … ganz normal ist jetzt in der Hand … geht da direkt rein …

EMIL,12JAHRE

KLIENT Ich laufe auf einer Wiese, die kurz gemäht ist wie ein Fußballfeld … da steht ein großer ovaler verschnörkelter Spiegel mit einem goldenen Rand … da sehe ich mein jetziges Spiegelbild es geht durch den Mund rein …

Besonderheiten bei der Arbeit mit Kindern

Auch bei Kindern sollten Sie Ihre Vorgehensweise transparent gestalten. Altersabhängig sind aber unter Umständen lange Vorreden unerwünscht. Wie viel Erklärung sich das jeweilige Kind wünscht, können Sie direkt erfragen.

Die Imaginationen der Kinder sind oft von deren bunter Filmund Buchinnenwelt geprägt. Die Kinder bewegen sich gerne in fantasievollen Geschichten in ihrem Körper. Vertrauen Sie der Symbolik, auch wenn sie anfangs unglaublich erscheint. So kann es sein, dass die Kinder in Hogwarts landen und das Spiegelbild auf einem Besen fliegt, oder es reitet auf einem Einhorn durch einen Zauberwald. Da ein kindliches Gehirn mit seinen Erfahrungen für die inneren Bilder verantwortlich ist, entsprechen diese auch dem Entwicklungsstand.

Kinder schließen bei der Arbeit in Trance nur selten die Augen. Das hat aber keinen negativen Einfluss auf die Wirkung der Arbeit. Kinder können – wie in einer Alltags-Spieltrance – gleichzeitig im Außen agieren und im Innern auf eine Reise gehen. Außerdem springen Kinder häufig aus der Trance heraus und gehen in einen kurzen Dialog auf bewusster Ebene. Lassen Sie sich dadurch nicht beirren, sondern kehren Sie danach wieder zum Inhalt der Reise zurück.

Die Angebote lassen sich an das jeweilige Kind anpassen. Je jünger und sprunghafter das Kind, desto mehr sind die Einladungen einzugrenzen. Trotzdem sollten die offenen Angebote als zusätzliche Alternative nicht fehlen.

3.2 Magischer Spiegel oder Pforte

Manche Klienten haben ein Problem damit, ihr Spiegelbild zu sehen oder mit diesem zu arbeiten. Oft hilft die Einladung, den Spiegel als magische Pforte in den Körper hinein zu nutzen. Es könnte sich natürlich auch um einen Widerstand handeln, der als solcher realisiert werden müsste. Die Frage, die Sie bei fehlendem Spiegel oder Spiegelbild stellen, ist wieder:

»Ist es wichtig, dass wir uns jetzt damit beschäftigen?«

Die Klienten spüren in der Regel deutlich, ob es sich um einen Widerstand handelt. Dann ist auch hier eine Widerstandsarbeit (s. Kap. 12) vorrangig. Wenn es aber keinen Hinweis gibt, dass ein Widerstand vorliegt, und der Spiegel ansprechend wirkt, könnte er eine Art magische Pforte darstellen. Hierbei fehlt das Spiegelbild, und der Klient tritt einfach so durch den Spiegel hindurch. Mit diesem magischen Schritt gelangt er direkt ins Körperinnere.

Andernfalls laden Sie dazu ein weiterzugehen. Sollte gar kein Spiegel auftauchen, kann etwas anderes als magisches Tor oder Pforte dienen. Gerne werden dazu realistische Torbögen oder natürliche Durchgänge gewählt. Der Klient gelangt dann durch einen magischen Schritt in seinen Körper.

Praxis

Bei Klienten, die kein Spiegelbild sehen, wird die Einladung ausgesprochen, einen magischen Spiegel zu nutzen.

THERAPEUT Es kann sein, dass der Spiegel ein magischer Spiegel ist … Manchmal kann man einfach durch diesen Spiegel hindurchtreten und landet direkt im Körper … Lassen Sie sich überraschen, wohin Sie der Weg führt, wenn dies für Sie passend ist …

Sollte gar kein Spiegel auftauchen, der Klient sich aber trotzdem gut fühlen, folgt direkt der Hinweis auf eine magische Pforte.

THERAPEUT Wenn kein Spiegel oder keine spiegelnde Fläche auftaucht, dann kann es auch eine andere Pforte oder magisches Tor sein … schauen Sie sich in Ruhe um … vielleicht finden Sie einen Eingang in die Innenwelt Ihres Körpers … einfach so …

Es gibt immer wieder Klienten, die plötzlich »einfach drin« sind, ohne den Weg genau beschreiben zu können. Wenn dies stimmig klingt, dann können Sie mit der Körperreise starten.

FRIEDERIKE,32JAHRE

KLIENTIN Ich bin auf einer Wiese unterwegs … da ist ganz viel Gras … drumrum ist alles weiß … da liegt ein Spiegel … ein kleiner Handspiegel

THERAPEUTIN Sie können den Handspiegel auch vergrößern und so hinstellen, dass Sie sich darin sehen können.

KLIENTIN Ja, das geht … aber mein Spiegelbild verwackelt andauernd …

THERAPEUTIN Ist es wichtig, dass wir uns mit dem verwackelten Spiegelbild beschäftigen?

KLIENTIN Ich glaube nicht …

THERAPEUTIN Manchmal ist der Spiegel auch eine magische Pforte und man kann einfach hindurchgehen … vielleicht ist solch ein magischer Schritt für Sie passend?«

KLIENTIN Ja tatsächlich … das geht … jetzt bin ich durch … und in einer ganz anderen Landschaft …

GISELA,60JAHRE

KLIENTIN Ich schwebe leichtfüßig über eine Wiese … da ist aufsteigender Nebel … angenehme Kühle … ich laufe barfuß durch Blätter … es riecht nach Herbst … da kommt eine kleine Holzbrücke …

THERAPEUTIN Es kann sein, dass Sie der Weg über diese Brücke führt.

KLIENTIN Auf der anderen Seite geht es aber nicht weiter … da ist es modrig und dunkel …

THERAPEUTIN Ist es wichtig, dass wir uns jetzt damit beschäftigen?

KLIENTIN Es ist wichtig, aber jetzt nicht dran.

THERAPEUTIN Wohin führt der Weg denn stattdessen?

KLIENTIN Da ist ein kleiner Bach … nicht tief … mit Sandboden

THERAPEUTIN Können Sie sich vielleicht in dem Wasser spiegeln? … Manchmal ist es auch ein magisches Tor …

KLIENTIN Spiegeln geht nicht … ich folge dem Bach … da ist ein Wasserfall … das ist ein Tor … ich mache einfach einen Kopfsprung … und lande in einer dunkelroten Farbe … das ist der Körper von innen …

Die Klientin bewegte sich in einem halb schwebenden, halb schwimmenden Zustand durch das Rot. Die Reise führte dann in Räume, die Bildern aus der Natur entsprachen.

HENRY,18JAHRE

KLIENT Ich bin in einem Dschungel, so ähnlich wie auf Ihrem Bild da drüben (Klient nimmt Bezug auf ein Foto in meinem Sprechzimmer) … da sind viele Bäume … dazwischen ist es dunkel … wie in einem Regenwald … ich höre Vögel … es knackt unter meinen Füßen …

Es ist völlig unproblematisch, wenn der Klient aus der Trance einen Moment rausspringt und diese Mitteilung macht. Sie sollten ihn dann in aller Ruhe nach dem gedanklichen Ausflug wieder in sein Bild führen. Insgesamt wirkt das Rein- und Rausspringen trancevertiefend (Gerl 2015).

KLIENT Da ist ein See … mein Spiegelbild ist riesig, viel größer als ich …

THERAPEUTIN Sie können jetzt mit einer Fernbedienung das Spiegelbild verkleinern … bis es so klein ist, dass es in Ihre Hand springen kann …

KLIENT Nein das geht nicht … es ist super, dass der Henry so groß ist … kann ich das nicht lassen? … Der große Henry möchte weitergehen …

Ich folge gerne dem Angebot des Klienten und lasse den großen Henry auf die weitere Reise gehen.

THERAPEUTIN Dann laden Sie jetzt den großen Henry ein, weiter nach einem magischen Tor zu suchen … vielleicht will er auch durch den See tauchen? … Oder etwas ganz anderes …

KLIENT Da ist so eine Art Torbogen … aber aus Sträuchern und Bäumen … wenn ich da durchgehe, ist das wie ein Portal … kennen Sie Harry Potter? Da gibt es auch so etwas … da geht der große Henry durch und ist plötzlich ganz woanders … so eine Art Mischwelt aus einem Videospiel und einem Wald … das ist im Körper …

Dieser Klient war der erste, der mit seinem vergrößerten Spiegelbild losmarschiert ist. Für ihn fühlte es sich absolut stimmig an, und es blieb auf allen Körperreisen bei diesem Prozedere. Diese Vergrößerung des Ichs passte ebenfalls zu dem wachsenden Selbstvertrauen, das er aufbaute.

Der Begriff des Portals ist ebenfalls seit diesem Klienten neben dem magischen Tor in meinem Angebot. Er passt gut zu vielen Computerspielen oder Fantasiegeschichten. Dieses Beispiel zeigt, wie offene Angebote zu einem individuellen Spielraum führen. Das ist für andere Klienten eine zusätzliche Chance, sobald es in den Sprachgebrauch des Therapeuten übernommen wird.

3.3 Klassische Stolpersteine

Bereits in dieser frühen Phase der Arbeit können bei einzelnen Klienten Reaktionen auftreten, die manchen Therapeuten aus dem Konzept bringen. Das Unbewusste des Klienten reagiert auf die Einladungen des Therapeuten anders als erwartet. Entscheidend ist, diese Reaktionen nicht zu übergehen. Es gilt, die für den Klienten wichtige Funktion seiner Reaktion zu analysieren.

Wie Sie als Therapeut mit den Stolpersteinen umgehen, setzt Signale an den Klienten. Sie haben ihm im Vorgespräch bereits mitgeteilt, dass er selbst über den Verlauf der Sitzung bestimmt. Gerade traumatisierte Patienten sind – zu ihrem eigenen Schutz – sehr kontrollbedürftig. Nun dürfen Sie beweisen, dass Sie dem Tempo des Klienten tatsächlich folgen. Wenn es nicht weiterzugehen scheint, bleiben Sie mit ihm stehen. Sehen Sie den Stopp nicht als Schwäche, sondern als Chance, genau jetzt etwas zu klären. Dieser respektvolle Umgang schafft das Vertrauen, das in der therapeutischen Arbeit hilfreich ist.

»Die Trance funktioniert nicht!«

Der Therapeut hat dazu eingeladen, vor dem inneren Auge in eine Landschaft zu gehen …

KLIENT Ich sehe nichts!

THERAPEUT Es kann manchmal einen Moment dauern … bis sich ein Bild zeigt … vielleicht ist es auch ein Gefühl … eine Farbe … oder etwas ganz anderes …

Es ist völlig in Ordnung, wenn Sie etwas Zeit brauchen …

KLIENT Da ist nichts! Ich sehe nichts!

Wenn auch nach ausreichender Zeit und geduldiger Motivation nichts kommt, scheint es sich um ein Signal zu handeln. Dann arbeiten Sie mit dem Nichts weiter. Als Erstes geht es um eine neutrale Kontaktaufnahme.

THERAPEUT Ich lade Sie dazu ein, dem Nichts einmal zu sagen: »Nichts, ich sehe dich.«

KLIENT Soll ich das laut sagen?

THERAPEUT Das dürfen Sie selbst entscheiden. Wichtig ist, dass Sie die Worte ausformulieren. Im Zweifelsfall erst einmal laut, damit ich mitbekomme, was gerade passiert.

Für Sie als Therapeuten ist es einfacher, wenn der Klient laut mit seinen inneren Anteilen spricht. Manche Klienten mögen das aber nicht. Das muss respektiert werden.

KLIENT Nichts, ich sehe dich.

THERAPEUT Wie reagiert das Nichts darauf?

An dieser Stelle gibt es verschiedene typische Reaktionsmuster:

a) Das Nichts verändert sich

KLIENT Irgendwie wird es anders … Ich erkenne zwar immer noch nichts … es ist so ein verschwommenes Bild …

Wenn es an dieser Stelle um Kontrolle geht, dann kann Ihr respektvoller Umgang schon entscheidend sein. Sie demonstrieren dem Unbewussten des Klienten, dass Sie tatsächlich nur Lotse sind und das Schiff nicht vorantreiben.

THERAPEUT Bitte sagen Sie dem Nichts: »Ich sehe, dass du dich in etwas Verschwommenes gewandelt hast.«

KLIENT Ich sehe, dass du dich in etwas Verschwommenes gewandelt hast … jetzt verändert es sich wieder …

Oftmals verschwindet das Nichts alleine durch diese Vorgehensweise. Erst dann sind die nächsten Schritte möglich.

b) Das Nichts bleibt hartnäckig

KLIENT Da tut sich nichts … Es ist immer noch Nichts …

Das Nichts bleibt unverändert, und es handelt sich um einen Widerstand. Mit diesem wird auch als Nichts genauso gearbeitet wie bei allen anderen Widerständen. Die Vorgehensweise wird in Kapitel 12 ausführlich beschrieben.

Anstelle des Nichts können auch ein Schwarz, ein Nebel, ein Dunst, eine Stimme (»Du kriegst das nicht hin.«), eine Beklemmung oder Ähnliches auftauchen. Der erste Umgang mit einem Widerstand ist immer gleich, nämlich die Kontaktaufnahme in Form von:

»Schwarz, ich sehe dich!«, »Stimme, ich höre dich!« oder »Beklemmung, ich spüre dich!«

c) Die Tranceinduktion ist ungeeignet

In wenigen Fällen kommt es vor, dass für den Klienten dieser Einstieg in eine Imagination ungeeignet ist. Dann ist für ihn die Spiegelinduktion zu direkt und zu schnell. Sofern er gerne einen weiteren Versuch starten möchte, ist der Weg zum äußeren sicheren Ort (s. Kap. 3.4) durchaus eine Alternative.

Wichtig ist klarzustellen, dass dies kein »Makel« oder »Versagen« ist. Das gilt sowohl für den Klienten als auch für Sie als Therapeuten. Ihre Haltung sollte bei Ihren Einladungen vermitteln:

»Alles kann, nichts muss!«

THERAPEUT Es ist völlig in Ordnung, wenn da Nichts kommt! Jetzt gibt es wieder verschiedene Möglichkeiten, über die wir sprechen sollten. Wenn Sie das Gefühl haben, dass es Ihnen einfach zu schnell geht, kann ich Ihnen gerne eine andere Art der Imagination vorstellen. Dabei entspannen Sie erst einmal ca. 10 Minuten und müssen gar nichts sagen. Ich würde Sie an einen schönen entspannenden Ort führen. Und nur, wenn es passt, kann man dort eine Art Leinwand aufbauen. Auf dieser Leinwand könnten Sie dann, quasi wie im Kino, den Körper von innen betrachten …

Es könnte auch sein, dass Sie diese Arbeit einfach nur zur Entspannung für sich zu Hause nutzen wollen …

Sollten Sie aber das Gefühl haben, Sie möchten doch nicht mit Hypnose oder Imaginationen arbeiten wollen, dann ist das völlig okay. Wir können auch einfach nur sprechen. Sie entscheiden, wie wir in unserer gemeinsamen Zeit miteinander arbeiten! … Alles kann, nichts muss! …

Je weniger der Klient unter Druck steht, desto eher kann er auch Kontrolle abgeben und in Trance gehen.

In welcher Sitzung er damit startet, sollte offenbleiben.

d) Die Hypnose ist als Therapieform ungeeignet

In Einzelfällen ist ein Klient gar nicht hypnosefähig oder Trancearbeit ist für ihn generell nicht die richtige Methode. Das kann unterschiedliche Ursachen haben – es ist aber wichtig, dies zu akzeptieren. Auch die Möglichkeit, dass Klient und Therapeut nicht harmonieren, gilt es zu bedenken. Sie können bei Disharmonien immer Ihr eigenes Unbewusstes um Rat fragen.

»Ich sehe kein Spiegelbild!«

Der Klient kommt zu einem Spiegel, sieht aber sein Spiegelbild nicht. Auch das Angebot, diesen als magisches Tor zu nutzen, brachte keinen Erfolg.

KLIENT Ich sehe mich in dem Spiegel nicht und kann auch nicht durchgehen.

THERAPEUT Das kommt durchaus vor, und nun gibt es verschiedene Möglichkeiten … Manchmal ist es einfach noch nicht der richtige Spiegel oder die passende spiegelnde Fläche, und man muss einfach weitergehen … Es kann aber auch sein, dass es wichtig ist, sich mit diesem Spiegel und dem fehlenden Spiegelbild zu beschäftigen … alles ist möglich …

Wenn der Klient weitergehen möchte, dann folgen Sie ihm geduldig. Scheint das fehlende Spiegelbild aber wichtig zu sein, dann arbeiten Sie hier weiter. Der Spiegel »funktioniert« nicht wie gewünscht.

THERAPEUT Bitte sagen Sie einmal dem Spiegel: »Ich sehe, dass du mein Spiegelbild nicht zeigst.«

KLIENTIch sehe, dass du mein Spiegelbild nicht zeigst.

a) Der Spiegel braucht Zeit

In einigen Fällen bewirkt der respektvolle Umgang mit dem Spiegel die allmähliche Entwicklung eines Spiegelbilds. Das darf Zeit in Anspruch nehmen. Währenddessen passiert im Klienten eine Menge. Er entwickelt ein zweites Ich, das für ihn auf Entdeckungsreise gehen wird.

Solange der Spiegel an seinem Spiegelbild »bastelt«, sollten Sie den Prozess geduldig begleiten.

Eine Klientin sah ihr Spiegelbild nur, wenn sie in einem ganz bestimmten Winkel von etwa 45 Grad vor dem Spiegel stand. Sie benötigte an die 20 Minuten, um sich direkt davor stellen zu können und es auch dann zu sehen. Dieser einmalige Prozess zu Beginn der Körperreisen schien sehr wichtig zu sein.

b) Der Spiegel stellt einen Widerstand dar

In anderen Fällen bleibt der Spiegel unverändert und stellt einen Widerstand dar. Mit diesem soll der Klient dann, wie in Kapitel 12 beschrieben, in Kontakt treten.

THERAPEUT Sage einmal dem Spiegel: »Ich sehe dich … und ich sehe, dass du kein Spiegelbild zeigst …«

3.4 Induktion über den äußeren sicheren Ort

Bei dieser Arbeitsweise werden drei verschiedene Tranceinduktionen miteinander kombiniert: Zunächst wird der Körper an verschiedenen Stellen wahrgenommen, dann die Atmung symbolisiert, und in einem dritten Schritt folgt der Weg zum sicheren Ort über eine Treppe (s. Abb. 2). Um die Trance zu vertiefen, vermischen Sie die Induktionen zu einer neuen. Die eigentliche Körperreise wird nachfolgend vom sicheren Ort aus mithilfe einer Leinwand initiiert.

Der Start über diese Leinwand nach vorheriger konventioneller Tranceinduktion ist bei Klienten angezeigt, die zum Beispiel:

Probleme mit ihrem Äußeren haben (z. B. Magersüchtige)

große Angst davor haben, wie es im Körper aussehen könnte

an einer Krebserkrankung leiden

noch gar nicht wissen, ob sie eine Körperreise machen wollen.

Abb.2: Tranceinduktion über den äußeren sicheren Ort

Der Weg dorthin

Die Tranceinduktion beginnt damit, dass sich die Klienten im Hier und Jetzt wahrnehmen dürfen. Sie können dabei die Augen offenlassen und einen Punkt fixieren oder sie bereits schließen. Viele Klienten wählen eine bequeme Haltung und legen die Beine auf einen Hocker. Die gesamte Induktion ist im Anhang (s. S. 289) komplett abgedruckt.

Zuerst wird der Körper an verschiedenen Stellen wahrgenommen und dann die Atmung symbolisiert. In einem dritten Schritt folgt der Weg zum sicheren Ort über eine Treppe.

Regen Sie dazu an, in den eigenen Körper zu fühlen und den Kontakt zur Umgebung zu spüren. Dies entspricht der ersten Ebene. Dann beginnen Sie mit den Händen und den Armen bis zu den Schultern. Anschließend lassen Sie Kopf und Nacken entspannen und gehen den Körper abwärts.

Sobald der Oberkörper mit seinen Atembewegungen angesprochen wird, laden Sie als zweite Ebene dazu ein, dem Weg des Sauerstoffs zu folgen. Viele Klienten stellen sich ein kleines Luftbläschen vor, dem sie gedanklich auf seinem Weg in den Körper folgen. Um eine Muskelentspannung zu initiieren, wird der Weg des Sauerstoffs bis in jede Muskelzelle imaginiert. Dort angekommen, suggerieren Sie die Entspannung aller Muskelzellen.

Mit der dritten Ebene beginnen Sie, wenn die Beine erspürt werden. Hierzu werden die Klienten auf einer imaginären Treppe in 20 Schritten4 an ihren sicheren Ort geführt. Die Trancevertiefung wird mit jedem Schritt suggeriert, ebenso die weitere Entspannung der Muskelzellen.

Der Verwirrtechnik von Milton H. Erickson (Erickson, Rossi u. Rossi 1976) folgend können Sie die drei verschiedenen Ebenen zunehmend ineinanderfließen lassen. Ziel ist es, am Ende der Treppe an einem sicheren Ort anzukommen. Die Treppe kann nach oben oder unten führen. Auf den letzten Stufen machen Sie verschiedene Angebote, wie dieser Ort aussehen kann. Dazu gehören schöne Urlaubsorte ebenso wie fiktive Orte aus Filmen oder Büchern. Auch fantastische Ziele wie eine Wolke sollten im Angebot sein. Für manche Menschen ist es einfach nur eine Farbe oder ein Gefühl.

Je offener Ihre Angebote sind, desto mehr Entfaltungsmöglichkeiten hat der Klient. Es ist wichtig, sich als Therapeut des eigenen Wahrnehmungstyps bewusst zu sein. Wenn Sie – wie die meisten Menschen – ein überwiegend visueller Typ sind, sollten Sie ganz bewusst auch andere Ebenen mit anbieten, damit sich Ihr Klient gegebenenfalls wiederfindet.

Sie können stattdessen natürlich jede Ihnen bereits vertraute Methode anwenden, um einen Klienten an einen sicheren Ort zu führen. Sollte für Sie eine andere Reihenfolge der Körperwahrnehmung passender sein, dann wählen Sie Ihre Variante. Ich halte es für sehr wichtig, dass Sie als Therapeut authentisch sind in Ihrer Klientenbegleitung. Für einen guten Rahmen ist es unerlässlich, dass auch Sie sich wohlfühlen!

Während der Tranceinduktion und der gesamten Körperreise darf der Klient jederzeit unterbrechen, wenn etwas Besonderes auftaucht. Ansonsten folgt er den Anleitungen zum sicheren Ort passiv. Sollten Sie sich während der Induktion versprechen, einzelne Stufen weglassen oder sie mehrfach benennen, ist es kein Grund zur Beunruhigung. Das kritische Bewusstsein des Klienten wird damit beschäftigt, sodass das Unbewusste noch besser entspannen kann. Auch inhaltliche Unstimmigkeiten harmloser Art können zur Trancevertiefung dienen. So sage ich gerne:

»… Spüren Sie mal in Ihre Arme … ist der linke leichter als der rechte … oder der rechte schwerer als der linke …«

Das entspricht der ericksonschen Verwirrtechnik (ebd.).

Praxis