Impact Investing - Investieren in die Zukunft - Stefan Fritz - E-Book

Impact Investing - Investieren in die Zukunft E-Book

Stefan Fritz

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Beschreibung

Wenn es um die Gestaltung der Zukunft geht, stehen sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit meist gegenüber. Doch die Kompromisse aus diesem Spannungsfeld bringen nur wenig Fortschritt. Zu wenig, um genau zu sein – denn unser Planet befindet sich einem schlechten Zustand: Die Erderwärmung nimmt stetig zu, Ökosysteme befinden sich an kritischen Kippunkten und die Menschheit schaut ohnmächtig zu. Zum Glück gibt es ein Konzept, welches neue Blickrichtungen und innovative Problemlösungen ermöglicht: Impact Investing. Was ist Impact Investing? Mit Impact Investing gelingt es, die zunächst widersprüchlich erscheinenden Ziele Rendite und Verbesserung der Welt zu vereinen. Impact Investing und Impact-Unternehmertum sind die Ausrichtung der Unternehmensprozesse auf eine positive, soziale und ökologische Wirkung. Der Unternehmenszweck wird also gesellschaftlichen Zielen angepasst, sodass Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit Hand in Hand gehen. Unternehmer, Investoren, Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten werden dabei aktiv in die Gestaltung eingebunden. Die Impact-Investing-Methode Ein messbares Anreizsystem für wirtschaftliche und nachhaltige Ziele ist die Kernidee hinter Impact Investing. Kreislaufsysteme bilden die organisatorische Grundlage. Ausgehend von den 17 Nachhaltigkeitszielen der EU, bereits bestehenden Frameworks aus dem Bereich ESG und Prozessrahmenwerken wie IOOI, SFDR und Shared Value lässt sich für jedes Unternehmen eine individuelle Nachhaltigkeits-Logik erschaffen, die Wachstum und Wirtschaftlichkeit gezielt fördert. Impact-Investoren dürfen daher bei einem geringeren Risiko eine gleiche oder bessere Rendite erwarten. Ein Leitfaden für nachhaltige Unternehmensführung Dieses Buch liefert einen kompakten Überblick über die wichtigsten Facetten des Impact Investing und Impact-Unternehmertums. Gleichzeitig werden aktuelle Frameworks und Praxiskonzepte skizziert, damit das Gelesene direkt angewendet werden kann. Daher ist dieses Impact-Investing-Buch der ideale Startpunkt für Manager, Gründer, Unternehmer, Investoren, Anleger und alle, die in aktiver Form in unsere gemeinsame Zukunft investieren möchten. Impact-Investoren und Impact-Unternehmertum Die Verwirklichung der Idee "Impact Investing" kann nicht allein über Impact-Investoren erfolgen. Diese stellen zwar die nötigen Mittel und eine Strategie bereit, doch die operative Umsetzung erfolgt über Impact-Unternehmer. Impact-Unternehmer entwickeln nachhaltige und innovative Geschäftsideen; sie schaffen neue Produkte sowie Services und sorgen dafür, dass diese auf Unternehmensebene umgesetzt werden. Impact Entrepreneurship und Social Entrepreneurship Gründer, die neue Geschäftsbereiche auf Basis der Impact-Logik entwickeln, werden als Impact-Entrepreneure bezeichnet. Sie erschaffen neue Unternehmen, die sich an Nachhaltigkeitszielen orientieren. Eine Besonderheit ist Social Entrepreneurship – eine Unternehmensform, die die Erfüllung sozialer Ziele in den Fokus ihrer Anstrengungen stellt. Ein Social Entrepreneur setzt sich daher vorrangig für einen positiven Wandel der Gesellschaft ein, die Gewinnerzielungsabsicht ist untergeordnet. Nachhaltig investieren, Risiken senken – Renditen steigen! Mit Hilfe von Impact Investing lassen sich Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Wachstum vereinen. Es stellt damit eine zukunftsgewandte Alternative zum klassischen Value Investing dar, bei der sich spannende Betätigungsfelder bieten. Welche das sind und wie jeder von uns sofort mit der Umsetzung der Impact-Idee starten kann, wird in diesem Buch beschrieben. Wir müssen heute die richtigen Dinge richtig tun, damit wir morgen einen positiven Ertrag für unsere Öko- und Sozialsysteme verzeichnen können. Nur so hat unser Planet noch eine Chance. Investieren wir gemeinsam in eine bessere Zukunft – die Zeit zu Handeln ist jetzt!

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Hinweis zum UrheberrechtImpressumDedicationVorwort von Klaus WeinmannAbbildungsverzeichnisIntroTEIL 1 Der Schlüssel zur nachhaltigen Veränderung unserer Welt1 Wer und was könnte uns helfen, den Planeten zu retten?2 Warum können Unternehmer und Investoren mehr bewegen?3 Was genau ist Impact Investing und Impact-Unternehmertum?4 Impact Leadership – oder: Was will ich vorantreiben?5 Passt Impact-Unternehmertum in die aktuelle (Geschäfts-)Welt?6 Können Wohltätigkeitsorganisationen wirtschaftlich inklusiv sein?7 Wie schafft Impact-Unternehmertum einen Mehr-Wert?8 Warum ist mehr Kreislaufdenke gut für Impact-Ökosysteme?9 Wie wirken Wirkungskredite und Innovationen als Impact-Turbo?TEIL 2 Impact Investing und Impact-Unternehmertum in der Praxis10 Investieren in nachhaltige Unternehmen – ESG-Frameworks11 Impact Investing strukturieren – der radikale Schritt der EU12 Impact-Unternehmertum in der Praxis13 Gründer-Impact-Ökosysteme und Impact VCs14 Mehr als Charity, Sozialunternehmen und Philanthropie TEIL 3 Wie wir jetzt anfangen können15 Wie können wir Risiken, Irrwege und Missbrauch vermeiden?16 Haben wir überhaupt noch eine Chance? Ein Realitätscheck17 Wie kann es weitergehen? – Impact X für alle(s)!18 Zusammenfassung19 Starthilfen – Leitfragen – ImpulseDanksagung Der AutorStichwortverzeichnisAnhang/TabellenEndnoten
[1]

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Alle Inhalte dieses eBooks sind urheberrechtlich geschützt.

Bitte respektieren Sie die Rechte der Autorinnen und Autoren, indem sie keine ungenehmigten Kopien in Umlauf bringen.

Dafür vielen Dank!

Haufe Lexware GmbH & Co KG

[4]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.

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ISBN 978-3-648-15914-9

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ISBN 978-3-648-15916-3

Bestell-Nr. 10825-0150

Stefan Fritz

Impact Investing – Investieren in die Zukunft

1. Auflage, Januar 2022

© 2022 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): © gerasimov174, Adobe Stock

Produktmanagement: Bettina Noé

Lektorat: Juliane Sowah

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

Sofern diese Publikation ein ergänzendes Online-Angebot beinhaltet, stehen die Inhalte für 12 Monate nach Einstellen bzw. Abverkauf des Buches, mindestens aber für zwei Jahre nach Erscheinen des Buches, online zur Verfügung. Einen Anspruch auf Nutzung darüber hinaus besteht nicht.

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[5]Für meine Eltern.

Danke, dass ihr in die Zukunft investiert habt!

[9]Vorwort von Klaus Weinmann

Liebe Leserinnen und Leser,

als ich 1992 im Alter von 22 Jahren als Student die heute im MDAX notierte CANCOM gründete, war die Welt gefühlt noch kleiner als heute. Das Internet war uns nicht bekannt, Browser gab es noch nicht und Windows war gerade erst erfunden.

Wir waren die erste Generation, die sich ab Mitte der 1980er-Jahre nach der Schule lieber mit Computern, damals dem Commodore C64, beschäftigte und im Gegenzug riskierte, wegen zu schlechter Noten das Schuljahr wiederholen zu müssen.

Die Probleme waren in den 1990er-Jahren noch viel lokaler, die Mauer seit Kurzem gefallen, die Globalisierung erst am Anfang. China gehörte zur dritten Welt und war für uns sehr weit weg und nahezu unerreichbar. Wenn einem irgendetwas egal war, sagte man noch: »Was interessiert es mich, wenn in China ein Sack Reis umfällt?«

Wir waren in den folgenden Jahrzehnten Teil der Technologieentwicklung, die aus heutiger Sicht die Welt deutlich verändert hat. Wir haben aus kleinen Anfängen ein heute großes und erfolgreiches Unternehmen entwickelt durch organisches Wachstum und nach der Jahrtausendwende zunehmend durch Akquisitionen. Aus Studenten und Gründern wurden Unternehmer und was anfangs dazu dienen sollte, unser Studium zu finanzieren, wurde so erfolgreich, dass wir uns heute als Investoren betätigen und es uns leisten können, darüber nachzudenken, wie die Geschäftswelt, in die wir vor 30 Jahren eingetreten sind, in weiteren 30 Jahren aussehend wird.

CEO eines in der DAX-Indexfamilie notierten Unternehmens zu sein, hat viele Vorteile. Man kann gut davon leben, bekommt viele interessante Einblicke und ist in seinem Marktsegment an der Spitze der technologischen Entwicklung. Der Job hat aber auch einen wesentlichen Nachteil. Man ist im täglichen Geschäft so stark eingespannt, dass man sich irgendwann fühlt wie in einem Hamsterrad und man über den Tellerrand des täglichen Geschäftes oft nicht hinausschauen kann.

Deshalb habe ich zusammen mit meinen beiden Mitgründern Stefan und Raymond Kober beschlossen, die PRIMEPULSE zu gründen und bin 2018 aus dem operativen Management der CANCOM ausgeschieden. Wir investieren schwerpunktmäßig in Technologieunternehmen, die wir aber nicht mehr selbst führen, sondern nur noch steuern. Wir nennen das Family Equity. Seit drei Jahren manage ich die PRIMEPULSE als CEO.

Stefan Fritz habe ich während meiner Zeit bei CANCOM kennen gelernt. Er hatte ein sehr bemerkenswertes Unternehmen namens synaix aufgebaut, das wir 2017 in die [10]CANCOM integrieren durften. Da er sich seit über 20 Jahren als Venture Investor im Technologieumfeld betätigt hat, war er für Stefan, Raymond und mich der ideale Partner für die PRIMEPULSE, in die er Anfang 2020 eintrat.

Stefan Fritz hat unseren Blick auf Investments verändert und er ist der Treiber hinter dem, was anfangs keinen Namen hatte und was wir heute Impact Investing nennen.

Die PRIMEPULSE etablierte sich dank eines hervorragenden Teams schneller, als wir dachten. Als wir die üblichen Startprobleme hinter uns und die Umsatzmilliarde überschritten hatten, stelle sich zunehmend die Frage: Warum und wofür?

Wie erklärt man jungen Menschen, die in der Welt der Globalisierung, Digitalisierung und des demografischen Wandels und daraus folgenden Fachkräftemangels aufgewachsen sind, für was und warum sie sich beruflich engagieren sollen? Warum soll man jeden Morgen aufstehen und ins Büro gehen oder nicht einfach aufhören zu arbeiten?

Die Antwort auf das Warum und wofür war so einfach wie naheliegend. Wir selbst hatten immer Lust, etwas zu bewegen. Wer diesen internen Antrieb nicht hat, kann nicht Unternehmer werden. Und wer ihn hat, der kann ihn nicht einfach ablegen und auf eine Insel in der Karibik ziehen. Das mit der Karibik ist ein Traum, den man träumt, solang man noch arbeiten muss, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. An dem Tag, an dem man feststellt, dass man diesen Traum realisieren könnte und man darüber nachdenkt, was das wirklich bedeutet, an dem Tag hört man auf, davon zu träumen.

Wir begannen also, über unsere Erwartungen an andere nachzudenken und wofür es sich für uns und andere lohnt zu arbeiten. Und da wir heute in einer global vernetzten und für die Anzahl der vielen Menschen viel zu klein gewordenen Welt leben, kommt man schnell zum Ergebnis, dass es viel zu tun gibt.

Gleichzeitig fragt man sich als Investor jeden Tag, welche Investitionen Sinn machen und welche nicht. Und plötzlich wird die Sache rund.

Sinn macht nachhaltiges Investieren in die Zukunft. In Technologien, die diese Zukunft möglich und besser machen. Und in Technologien, die neue Märkte fördern und ermöglichen.

Letztendlich hatten wir das Glück, uns mit CANCOM in einem Markt zu bewegen, der sich vom Computerhandel zum Cloud-Services-Anbieter entwickelt hat. Wir hatten nie Probleme, die richtigen Leute zu bekommen und zu motivieren, denn wir haben immer an spannenden Projekten gearbeitet, von denen wir wussten, dass sie uns und andere voranbringen würden. Allerdings haben wird dadurch den Wald vor lauter [11]Bäumen nicht gesehen und waren zu sehr mit dem Hamsterrad beschäftigt, statt uns (auch) die Frage nach dem Warum und wofür zu stellen.

Und es kam noch ein Thema hinzu, über das man meist erst in der Mitte des Lebens beginnt nachzudenken. Denn ein Teil der Antwort auf das Warum und wofür ist auch immer »für die nächste Generation«. Man erkennt zunehmend, dass man selbst die Aufbauphase hinter sich hat und eine neue Generation folgt, die ebenfalls nach dem Warum und wofür fragt – und die in einer komplett anderen Welt aufwächst, verglichen mit dem Wirtschaftswunderland Deutschland, in dem wir groß geworden sind. Diese Generation fordert eine andere, zeitgemäße Antwort auf das Warum und wofür ein.

Uns wurde die letzten drei Jahre als Investoren schnell klar, dass sich investieren mit guten Renditen vereinbaren lässt, wenn man in nachhaltige Technologien investiert. Und dann muss auch niemand mehr fragen, warum und wofür. Alle zukunftsorientierten, generationsbewussten Stakeholder wissen, dass sie mit ihrer täglichen Arbeit nicht nur ihren Lebensunterhalt bestreiten, sondern auch an einer besseren Zukunft unserer Gesellschaft mitarbeiten.

Ich bin Stefan Fritz sehr dankbar, dass er immer wieder unser tägliches Tun analytisch hinterfragt und mit neuen Investmentideen unser Portfolio bereichert. Besonders aber dafür, dass wir gemeinsam unseren Weg des Impact Investing und Entrepreneurship entwickeln konnten, den wir heute beschreiten. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre auf Ihrem Weg der persönlichen Suche nach dem Warum und wofür.

Viel Spaß auf dieser Reise.

Ihr Klaus Weinmann, CEO PRIMEPULSE

[13]Abbildungsverzeichnis

Abb. 1:17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN-Agenda 2030

Abb. 2:Zusammenhänge ESG

Abb. 3:Integrierte Shared-Value-Strategie

Abb. 4:Hauptschritte, um Shared Value zu erzeugen

Abb. 5:Dimensionen von Wirksamkeit und Skalierung

Abb. 6:Anlagevolumen UN Sustainable Development Goals (SDG) – Deutsche Unternehmen/Investoren

Abb. 7:Regelkreis Demokratie

Abb. 8:Regelkreis Kapitalismus

Abb. 9:Ertragsfokussierte Methoden zur Unternehmenswertberechnung

Abb. 10:Unterschied zwischen Integration und Inklusion

Abb. 11:Cartoon »Gerechte Auslese« von H. Traxler

Abb. 12:Grundprinzip Blended Value

Abb. 13:Konzept Social Impact Bond

Abb. 14:Kausalkette – vom Input zum Impact

Abb. 15:ESG- und Impact-Frameworks im Überblick

Abb. 16:Grundprinzipien SFDR – Auswirkungen auf Asset-Manager und Finanzprodukte

Abb. 17:Aktive (Allowlisting) und passive (Blocklisting) Selektionsstrategien für Investments

Abb. 18:Tesla als Impact-Unternehmung

Abb. 19:Beispiele für Impact-Unternehmertum

Abb. 20:Überblick wirkungsorientierter Organisationen

Abb. 21:Entwicklung der Weltbevölkerung von 1950 bis 2100 nach Regionen

Abb. 22:Primärenergieverbrauch pro Kopf für ausgewählte Staaten in kWh (2019)

Abb. 23:Jährliche CO2-Emission ausgewählter Verursacher von 1750 bis 2019 in Tonnen

[15]Intro

Manchmal liege ich nachts wach. Die Gedanken an unsere ungewisse Zukunft auf diesem Planeten lassen mich nicht schlafen. Schon seit einigen Jahren beschäftigen mich die zunehmend düsteren Aussichten für die Lebensbedingungen unserer nachfolgenden Generationen und die vielen bedrückenden Nachrichten zu überschrittenen Kipppunkten in unseren Ökosystemen. Ich verfolge die Diskussionen darüber, was wir eigentlich tun müssten und stattdessen tatsächlich tun – und spüre die Ohnmacht. Ich selbst habe mich bisher nicht an solchen Debatten beteiligt, denn ich hatte nicht den Eindruck, wirklich einen Beitrag leisten zu können.

Im kleinen Rahmen habe ich für mein Haus den Stromanbieter gewechselt, schon vor vielen Jahren ein Elektroauto gekauft und versucht, Geräte länger zu nutzen sowie nicht zu viel unnützes Zeug zu kaufen. Meine Frau und ich haben begonnen, unsere Ernährung umzustellen und weniger Fleisch zu essen. Auf Urlaubsreisen in ferne Länder haben wir bisher aber nicht verzichtet: Der Wunsch, unseren Kindern etwas von dieser schönen Welt zu zeigen, war einfach zu groß.

Auf meinem Blog https://stefanfritz.de schreibe ich seit vielen Jahren über die Auswirkungen der Digitalisierung auf unsere Unternehmen und die Gesellschaft. Die Unwucht, die große Digitalkonzerne in unser kapitalistisches Wirtschaftssystem bringen, beunruhigt mich. Ich habe dazu viele Artikel verfasst und Diskussionen mit Kunden, Partnern und Kollegen geführt.

Wo es nur geht, versuche ich, Aufklärungsarbeit zu leisten und komplexe Themen greifbar zu machen. In unserer Gesellschaft beobachte ich zunehmend extreme und fundamentale Positionen ohne Annährungsbereitschaft. Nur selten gibt es lösungsorientierte Diskussion, viel wichtiger erscheint der ungefilterte, zu häufig unsachliche und respektlose Anspruch auf jegliche Form der Meinungsäußerung. Diese Polarisierung macht mich betroffen.

Als Partner in einem Investmentunternehmen achten meine Kollegen und ich bei neuen Investments darauf, dass die Unternehmen den neuen Anforderungen der EU-Offenlegungsverordnung für nachhaltige Finanzregulierung (Artikel 8 oder Artikel 9 SFDR, Sustainable Finance Disclosure Regulation) entsprechen. Uns ist es wichtig, dass ESG-Initiativen (Environment, Social, Government – ESG-Kriterien als Standard für nachhaltige Anlagen) und Prozesse etabliert sind, alternativ bringen wir sie auf den Weg.

[16]Diese vielen kleinen Aktionen sind schön und gut – doch tragen sie wirklich dazu bei, etwas an unserem Lebensstil zu verändern? Bisher hatte ich nicht den Eindruck, dass ich wirklich etwas Wesentliches bewegen konnte. Selbst wenn Menschen mit ähnlichen Veränderungen beginnen würden, stellt sich die Frage: Wäre das genug? Können wir damit die Welt wirklich vor dem Untergang retten?

Ich dachte sehr lange nein.

Zu Beginn der Coronapandemie bin ich auf das Thema Impact Investing gestoßen und war schnell gefangen von diesem Ansatz. Ich habe Bücher dazu verschlungen, Fallbeispiele studiert sowie Menschen gesucht (und gefunden!), die sich der Idee bereits angeschlossen haben. Durch sie habe ich viel über den Ansatz gelernt und bereits nach kurzer Zeit den Eindruck gewonnen, dass sich mit Impact Investing etwas bewegen lässt (zur detaillierten Begriffs- und Themenklärung siehe Kapitel 3).

In meinem Beruf habe ich Zugang zu vielen Unternehmensgründern. Anstatt nur über mein früheres Lieblingsthema der digitalen Geschäftsmodelle zu diskutieren, versuche ich nun, vor allem junge Menschen und Gründer von der Idee des Impact-Unternehmers zu überzeugen. Eine ganzheitlichere Sichtweise, um unsere Welt mit nachweisbaren Veränderungen ein Stückchen besser zu machen – ohne dabei die Rentabilität aus den Augen zu verlieren.

Ich konnte meine Partner bei PRIMEPULSE überzeugen, dass wir unser Unternehmen an der Idee des Impact Investing neu ausrichten und damit unsere Invest-Strategien deutlich anpassen. Dadurch habe ich nicht nur das Gefühl, nun wirklich etwas bewegen zu können, sondern auch Antworten auf die verschiedenen Kreise meines Unbehagens gefunden zu haben: unsere Umwelt, Anpassungen an unserem Wirtschaftssystem sowie eine integrierte neue Sichtweise auf unsere Gesellschaft und Ökosysteme.

Mein Ziel ist es, mit diesem Buch möglichst vielen Menschen Impact Investing und Impact-Unternehmertum näherzubringen. Ich möchte die inspirierende Idee hinter dem Konzept erläutern, die zugrunde liegenden Prinzipien erklären und letztendlich zeigen, wie jeder mit Impact Investing beginnen kann. Auf meiner bisherigen Reise zu dem Thema habe ich so gut wie keine deutsche Literatur dazu gefunden. Auch im englischsprachigen Raum konnte ich kein Buch entdecken, das in umfassender Form die konzeptionelle Idee und die Auswirkungen auf die verschiedenen Stakeholder beschreibt.

Mein Versprechen an Sie als Leser ist, dass ich Ihnen einen kompakten Überblick über die wichtigsten Facetten des Impact Investing und Impact-Unternehmertums vermittle. Gleichzeitig werde ich die aktuellen Frameworks und Praxiskonzepte für Sie skizzieren, [17]damit Sie das Gelesene direkt anwenden können. Damit ist dieses Buch der ideale Startpunkt für Manager, Gründer, Unternehmer, Investoren, Anleger und alle, die in aktiver Form in unsere gemeinsame Zukunft investieren möchten. Denn es baut eine Brücke vom abstrakten Warum und wofür zum konkreten Handeln im Hier und Jetzt.

Von dem inspirierenden Ansatz und dem neuen integrierten Verständnis zum Zusammenwirken der Marktteilnehmer und Mitarbeiter in den Unternehmen kann jeder wirtschaftlich Interessierte profitieren.

Wie ist das Buch aufgebaut?

Dieses Buch ist in drei Teile gegliedert. Teil 1 beleuchtet das Thema Impact Investing und Impact-Unternehmertum systematisch aus verschiedenen Perspektiven und schafft damit aus vielen bereits bekannten Fakten eine neue integrierte Sichtweise. Teil 2 stellt konkrete praktische Sammlungen zu Frameworks und Vorgehensweisen zur Umsetzung von Impact-Initiativen in Unternehmen vor. Teil 3 liefert zusätzliche Motivation, um schnellstmöglich mit der Anwendung zu beginnen und auch die Unentschlossenen und Skeptiker mit weiteren Argumenten dazu zu bewegen, etwas zu verändern.

Die Kapitel im Überblick

Die Ausgangslage scheint beklemmend: Die Klimakrise ist greifbar und die Zeit rennt uns davon. Gleichzeitig will jedoch keiner seinen Wohlstand gefährden, bevor »die anderen« nicht den Anfang machen. In Kapitel 1 wird im Detail verdeutlicht, warum Politik, Staaten, Staatsformen, unsere Wirtschaftssysteme, aber auch die verschiedenen Gesellschaftssysteme weltweit keine Antwort auf die Frage haben, was jetzt konkret zu tun ist, um unseren Planeten über die nächsten 100 Jahre hinaus bewohnbar (Umwelt) und lebenswert (sozial und gerecht) zu halten.

In Kapitel 2 geht es um die innovative Kraft von Wirtschaft und Handel. Neben dem ordnenden Rahmen von Politik und Staaten, den vereinenden Kräften von Kultur und Kunst sowie der Neugier von Forschung und Lehre ist es die Kraft von Wirtschaft, Produktion und Handel, die unsere Gesellschaften antreibt.

Der Einfluss und das Zusammenspiel von Wirtschaft ist ein wichtiges Brückenelement zum Erfassen des Effekts, den Impact-Unternehmertum und Impact-Investitionen auf uns alle haben können. In Kapitel 3 werden daher die Grundzüge von Impact Investing und Impact Entrepreneurship erläutert.

Kapitel 4 beschäftigt sich mit dem Einfluss von Impact-Unternehmertum auf die Anforderungen an Führungskräfte. Der Anspruch des Unternehmers und der reale Einfluss des Unternehmens auf unsere Welt sollten im Einklang stehen. Hier kann jeder in sich selbst hineinhören.

[18]Passt Impact Investing in die Trends unserer Zeit oder arbeiten die Konzepte gegen den aktuellen Zeitgeist? Kapitel 5 gibt Antworten: Die Verkürzung von Zykluszeiten und schnellere Anpassungen an notwendige Veränderungen setzen sich nicht nur bei der Softwareentwicklung, sondern auch in bisher hierarchisch organisierten Produktionsprozessen durch.

Kapitel 6 gibt einen Überblick über die vielen Versuche der letzten Jahre, die Welt mit Ansätzen wie ESG, Blended Value, Pledge und diversen Charity-Formaten ein wenig besser zu machen. Alle Initiativen haben ihren Sinn und Zweck. Daher sind ein Überblick sowie das Verständnis für diese Ansätze wichtig für die eigenen Aktivitäten.

Kann durch die Vorgehensweisen des Impact Investment tatsächlich ein Mehrwert erreicht werden? Dieser Frage geht Kapitel 7 mit konkreten Beispielen und einigen grundsätzlichen Überlegungen zur Werttheorie sowie Möglichkeiten zur Produktivitätssteigerung nach.

Kapitel 8 ordnet das Thema Impact Investing auf einer sehr weit gefassten Ebene des Seins ein. Unser aktueller Fokus auf Individualität anstatt auf das Wohlergehen von Gruppen könnte uns auf einen falschen Weg mit zu häufigen Interventionen durch die Politik gebracht haben.

Kapitel 9 öffnet die Tür zu den neuen Möglichkeiten, die uns Impact Investment und Impact-Unternehmertum für den Umbau und die Ergänzung unserer Finanzwelt bringen kann. Social Impact Bonds gibt es zwar schon in einigen Ländern, aber das Potenzial, welches in dem Konzept schlummert, wird bei weitem noch nicht genutzt.

Teil 2 bietet praktische Unterstützung für professionelle und private Anleger sowie Unternehmer. Kapitel 10 startet mit der Frage, ob ESG-Frameworks eine konkrete Hilfestellung bei der Anlageentscheidung geben können. Dazu werden etablierte Frameworks vorgestellt und bewertet. Zusätzlich wird eine Abgrenzung zwischen Nachhaltigkeitsinvestments und Impact Investing vorbereitet.

In Kapitel 11 wird die EU-Offenlegungsverordnung vorgestellt und anschließend erläutert, warum der EU hiermit ein großer Wurf gelungen sein könnte, um unsere Wirtschaftswelt dauerhaft in Richtung aktive Nachhaltigkeit und Impact-Unternehmertum zu bewegen.

Wie sehen konkrete Kennzahlen und Beispiele in der Impact-Unternehmerpraxis aus? Gibt es auch bei uns in Europa Unternehmen, die sich bereits auf den Weg in die Impact-Welt gemacht haben? Kapitel 12 liefert hierfür einige Impulse und verdeutlicht den Praxisbezug mit zahlreichen Beispielen.

[19]In Kapitel 13 wird der Einfluss von Impact VC-Investoren (Venture Capital) auf das Impact-Ökosystem untersucht. Dafür werden Organisationen vorgestellt, die Gründern dabei helfen, sich in der Impact-Welt zu orientieren. Eine Liste von deutschen und europäischen Impact-Investoren bietet einen Überblick zu regionalen und inhaltlichen Schwerpunkten.

Kapitel 14 untersucht den heute schon vorhandenen Einfluss von philanthropischen Netzwerken, Sozialunternehmern und Charity-Organisationen auf weltweite Entwicklungen. Es wird diskutiert, wie diese Energie in Zukunft auch der Impact-Welt zur Verfügung gestellt werden kann.

Die Schlussgedanken in Teil 3 können zum einen das konkrete Starten von Projekten und Initiativen erleichtern, zugleich sind sie ein Appell an die Toleranz der Skeptiker.

Jedes Konzept hat Schwachpunkte und Angriffsflächen, die uns aber nicht davon abhalten sollen anzufangen. Kapitel 15 beschäftigt sich mit den Schwächen, Risiken und Einwänden und zeigt auf, wie wir sie erkennen und in Zukunft vermeiden und umgehen können.

Lohnt es sich überhaupt anzufangen? Oder haben wir ohnehin keine Chance mehr, unseren Planeten zu retten, weil die Öl- und Gaslieferanten den steigenden Bedarf durch die wachsende Weltbevölkerung einfach bedienen werden? Kapitel 16 liefert dazu eine Antwort in Form eines Realitätschecks. Eine Analyse der Zahlenlage hilft, unsere Realität zu erfassen und Chancen für konkretes Handeln zu entdecken.

Die Impact-Idee lässt sich auf andere Bereiche übertragen. Der Ansatz, eine konkrete Wirkung einzufordern, verschafft uns eine neue Perspektive auf Medizin, Bildung und Politik. Kapitel 17 geht diese Was-wäre-wenn-Szenarien durch.

Kapitel 18 fasst die Inhalte des Buches noch einmal zusammen. Wir brauchen eine chancenorientierte Sichtweise von jedem von uns, um unseren Planeten vor dem Untergang zu bewahren oder zumindest wieder ein wenig besser und lebenswerter zu machen.

Kapitel 19 bietet abschließend Checklisten, Starthilfen und Impulse für einen konkreten Start für Unternehmer, Anleger, Investoren und Konsumenten. Damit gelingt ein Aufbruch in die Impact-Welt für jeden!

In diesem Buch wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten sind dabei ausdrücklich mitgemeint.

[21]TEIL 1 Der Schlüssel zur nachhaltigen Veränderung unserer Welt

[23]1Wer und was könnte uns helfen, den Planeten zu retten?

Für Ungeduldige:Wir müssen etwas tun. Bisher haben Politik, Wissenschaft, Medien und selbst Greta keinen Hebel finden können, einen gemeinsamen Ausgangspunkt festzulegen. Zusätzlich steht der Kapitalismus als unser Wirtschaftssystem in der Kritik. Nach dem Lesen dieses Kapitels sollten die Zusammenhänge zwischen diesen Aspekten klarer sein. Dieses Verständnis ist wichtig, wenn wir einen Startpunkt für die Lösung finden wollen.

Haben die Generationen vor uns jemals diese Dringlichkeit zur Rettung ihres Planeten empfunden? Wir werden heute mit einem sehr konsistenten Bild an Aussagen von Wissenschaftlern, Medien und auch Politikern konfrontiert. Basis all dieser Aussagen sind Erkenntnisse unserer Forschung. Und auch wenn es über die letzten Jahrzehnte fast nicht möglich erschien: Es herrscht Einigkeit zum Thema Klimawandel. Ernst zu nehmende Gegenstimmen gibt es quasi nicht mehr.

Auf Basis dieser seltenen Einstimmigkeit der Wissenschaft haben sich Staaten, Politik, Medien, Kirchen und Non-Profit-Organisationen der faktischen Realität angeschlossen und den Klimawandel zur Grundlage ihrer Aktivitäten und Handlungsfelder gemacht. Genau das ist der Punkt, ab dem es kompliziert wird.

Wir sind uns zwar einig über die Existenz des menschengemachten Klimawandels sowie über eine Reihe der nun unausweichlich anstehenden Auswirkungen. Doch die Konsequenzen, die wir als Interessenvertretung, Individuum oder Gesellschaft daraus für unser tägliches Handeln ableiten, sind sehr verschieden.

Die Bandbreite der Lösungsmöglichkeiten ist davon abhängig, ob wir global, national, lokal oder individuell auf die notwendigen Veränderungen schauen:

Geo- und machtpolitisch betrachtet ist die potenzielle Veränderung für die westlichen Länder am größten: Sollen vor allem wir als Bürger der Wohlstandsstaaten unsere aktuelle Position der wirtschaftlichen Stärke aufgeben, indem wir jedem Menschen ab sofort denselben ökologischen Fußabdruck (CO2-Emissionen, Wasser und generell Ressourcen) zubilligen? Sind wir diejenigen, die sich massiv und einschneidend verändern müssen – die Menschen in weniger entwickelten Ländern jedoch so gut wie gar nicht?Welche politischen Kompromisse sind erforderlich, wenn wir anderen Staaten Entwicklungen nicht mehr verweigern, die wir selbst in Anspruch genommen haben? Wird das System gerechter und besser, wenn »wir aus dem Westen« den [24]weniger entwickelten Wirtschaftsräumen großzügig das Durchleben von Konsumrauschphasen »gönnen«?Schaut man landespolitisch auf das Thema, rücken Umverteilungen bei Arbeitsverhältnissen in den Mittelpunkt: Wie sieht es mit der Verteilung der Veränderungsnotwendigkeit innerhalb unseres Landes aus? Was machen wir mit erwerbslosen Arbeitern aus dem Kohle-/Energiekreislauf, was mit den Fleischproduzenten und den in dieser Industrie tätigen Menschen und deren abhängigen Familien?Andere Aspekte werden wichtig, wenn jeder für sich selbst auf potenzielle Veränderungen und Auswirkungen schaut: Was ist mit der nächsten Urlaubsreise im Flugzeug, dem Konsum von Bananen, Kaffee oder dem Kauf eines dritten T-Shirts innerhalb eines Monats? Was ist mit der Fahrt in einem bequemen und sicheren SUV zum Kindergarten?

Die logische Konsequenz bei einem Problem dieser weltumspannenden Dimension und dieser unterschiedlichen Interessenlagen haben wir in den letzten 30 Jahren gesehen: Wir diskutierten ab und zu mal auf Konferenzen, einige Propheten tauchen auf und verschwinden wieder. Aber persönlich ändern mussten wir zum Glück nichts.

Spieltheorie und Wissenschaft haben zutiefst menschliche Erklärungen für unser kollektives Versagen als Individuen zur Hand:

Aufgrund des europäischen, umfassenden Datenschutzes besteht eine Anonymität in großen Lebensbereichen. Diese und unsere vielen Rechte als Bürger verhindern effizient, dass uns unser Staat zu einem Leben mit geringerem ökologischem Fußabdruck zwingen oder überreden kann. Die Allgemeinheit weiß nicht, wann wir das letzte Mal in den Flieger gestiegen sind, und keiner überwacht die Sinnhaftigkeiten unserer Mobilitäts- oder Essgewohnheiten. Und ja: Wir können letztlich dankbar sein, in einem solchen gesellschaftlichen System leben zu dürfen.Wir sind nicht fähig, unsere Umwelt in ihrer Komplexität wahrzunehmen und zugehörige Abhängigkeiten zu erkennen oder zu verarbeiten. Das stellt einen weiteren Grund dar, der uns daran hindert, pfleglich mit ihr umzugehen. Allmende Systeme, also die Bewirtschaftung von Wäldern zur Holznutzung, Fischereigebieten oder die gemeinsame Nutzung von Wasserquellen, funktionieren immer nur in nicht anonymen, kleineren Gruppen mit engen Beziehungen und in (Teil-)Systemen mit geringer Komplexität (Tragedy of the Commons).

Diese Erläuterungen rütteln aber nicht an der Tatsache, dass wir etwas ändern müssen. Denn nach 30 Jahren Nichtstun1 sind die Auswirkungen von Umweltverschmutzung und globaler Ausbeutung in unserem Alltag konkret und unübersehbar angekommen: mit Plastik in unseren Meeren und Flüssen, Unwettern vor unserer Haustür und sich häufenden Nachrichten über die bereits überschrittenen Kipppunkte.

[25]1.1Helfen uns Politik, Medien oder Wissenschaft?

Wissenschaftler als Berater der Politik haben ihren Job nach eigenem Bekunden erledigt, wenn sie uns auf die Zusammenhänge hingewiesen haben. Auf die Wissenschaftler als Lösungslieferanten brauchen wir daher nicht zu hoffen. Gleiches gilt für die Politiker, denn leider passt dieses Problem kaum in die politischen Strukturen. Schließlich hat ein Politiker – egal von welcher Partei – nur ein Mandat bis zur nächsten Wahl. Doch die Probleme, denen wir uns gegenübersehen, sind viel zu groß und bedürfen einer kontinuierlichen sowie konsistenten Handlungsfolge von Jahrzehnten.

Schon bei global gesehen kleinen Teilaufgaben gibt es keine klaren Handlungsstränge und Ergebnisse für uns als Verbraucher. Sollen wir von Verbrennerautos auf batteriebetriebene Elektromobilität umsteigen oder besser nicht? Gibt es ein klares Ergebnis nach Abwägen aller Vor- und Nachteile?

Beispiel Elektromobilität

Die Wissenschaft ist sich im Detail uneinig, ob ein Elektrofahrzeug mit Batterie einen geringeren ökologischen Fußabdruck hat als ein Verbrennerauto. Für normale Bürger ist es extrem schwer zu entscheiden, aus welchen Gründen welcher Wissenschaftler, Politiker oder Journalist welches Thema treibt. Aus persönlicher Überzeugung? Lobbyarbeit? Wer bezahlt wen? Welche Aspekte stehen im Vordergrund? Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es für den deutschen Wohlstand extrem wichtig, dass unsere Automobilindustrie sich transformiert und wettbewerbsfähig bleibt. Will ein Politiker Arbeitsplätze in seinem Wahlkreis retten? Will das Magazin nur eine aufmerksamkeitsheischende Überschrift für die Auflage oder Clickbait?

Diese Gruppe aus Politik, Wissenschaft und Medien, die normalerweise die sichtbare Anpassungsarbeit an eine sich verändernde Welt leistet, scheint mit der Erstellung und Umsetzung eines globalen Masterplanes zur Rettung unseres Planeten tatsächlich überfordert zu sein. Auf wessen Hilfe können wir also hoffen?

1.2Kann unser Wirtschaftssystem – der Kapitalismus – helfen?

Die Grundlage unseres Wirtschaftssystems – der Kapitalismus – stand in den letzten Jahren zunehmend in der öffentlichen Kritik, weil er für Ungleichheit und Ungerechtigkeit verantwortlich gemacht wird.

Grundlegend am Konzept des Kapitalismus ist, dass er unsere Sichtweise auf die Zeit ordnet. Im Kapitalismus leben sowohl die Unternehmer als auch die Konsumenten [26]in der Zukunft: Die Unternehmer erwarten durch ein neues Produkt, eine Investition oder eine neue Technologie eine höhere Rendite, während die Konsumenten von der zukünftigen Erfüllung ihrer Wünsche träumen. Das Konzept des Kapitalismus zwingt uns sozusagen dazu, uns ständig mit einer unbekannten Zukunft auseinanderzusetzen. In anderen Kulturen, etwa in China, ist hingegen ein Bezug zur Vergangenheit vorherrschend, bei einer Reihe von Naturvölkern stattdessen der Bezug auf die Kreisläufe der Natur. Ob der Kapitalismus in Hinblick auf unseren zeitlichen Kulturbezug Ursache oder Wirkung ist, bleibt vorerst offen. Fest steht: Er ist in jedem Fall untrennbar mit unserem zeitlichen Kulturkonzept in westlichen Kulturen verbunden.2

Ebenfalls wesentlich für den Kapitalismus erscheint seine Funktion als soziologisches Kommunikationskonzept und damit Spiegel unserer Gesellschaft. Die Kapitalismuskritiken der letzten Jahre und die Wortschöpfung Turbokapitalismus stellen damit letztlich keine Beanstandung am Konzept des Kapitalismus, sondern vielmehr gesellschaftskritische Anmerkungen zu Auswüchsen in unserem Sozialgefüge dar. Sie können daher auch nur auf dieser Ebene behoben werden. Kapitalismus ist damit ein Konstrukt, das auf Basis von Vertrauen Werte erzeugt und vernichtet. Es gibt überhaupt nichts auf diesem Planeten, das einen Wert hat, den wir Menschen nicht rein über Kommunikation untereinander bestimmen. Es gibt auch keine echten langfristigen Wertespeicher, die einen realen Wert an sich haben.

Die Suche nach einer Veränderung von Parametern innerhalb des Kapitalismus erscheint daher erheblich erfolgversprechender zu sein, um die aktuellen Herausforderungen zu lösen, als die Suche nach einer vollständigen Systemalternative. Das rückt Investoren und Unternehmer sowie die konkreten Ziele, die diese Menschen verfolgen, in den Blickpunkt für mögliche Lösungsszenarien.

1.3Was genau wollen wir retten? Was sind unsere Ziele, unser Fokus?

Fest steht, dass wir als Menschen gerade dabei sind, unseren Planeten zu zerstören. Die üblichen Protagonisten für Veränderungsprozesse (Politiker, Wissenschaftler und unsere Medien) sind in ihren Logiken gefangen und finden keinen Fokus, der uns zu einem gemeinschaftlichen Rettungsplan führt.

Unser Wirtschaftssystem steht in der Kritik, soziale Ungleichheit zu fördern, anstatt sie zu lindern. Über diese Aspekte hinaus gibt es weitere Herausforderungen in unserer globalen Gemeinschaft: Armut, Hunger, Gesundheit und Wohlergehen, hochwertige Bildung, Geschlechtergleichheit, menschenwürdige Arbeit sowie Frieden.

[27]Alle diese Herausforderungen sind für unsere Weltgemeinschaft in der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung mit 17 konkreten Zielen definiert. Einige von ihnen beschäftigen sich mit der Verbesserung von Umweltbedingungen durch nachhaltiges Handeln und Wirtschaften. Die Ziele ergeben ein großes Ganzes – es gibt dabei keine wichtigen und unwichtigen Punkte. Eine Auflistung dieser Ziele ist in Abbildung 13 zu finden.

Abb. 1: 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN-Agenda 2030

Wenn wir uns vor Augen führen, wie kompliziert die Einigung auf eine einheitliche Vorgehensweise zum Beispiel bei der Elektromobilität ist, dann können wir den wahren Wert dieser auf UN-Ebene erreichten Einigung auf 17 Ziele für unseren Planeten besser würdigen und verstehen. Sicherlich wird es komplizierter, wenn man weiter ins Detail geht, aber wir haben als Menschheit ein gemeinsames Verständnis entwickelt, an welchen Themenblöcken wir arbeiten wollen.

Ja, unsere üblichen Methoden der Gesellschaft auf Basis von Politik, Wissenschaft und Medien scheinen zu versagen oder zumindest mehr Zeit zu benötigen, als wir bis zur unwiederbringlichen Verwüstung des Planeten Erde haben. Deshalb ist dieser Konsens so enorm wichtig und stellt für die nächsten Jahre die Basis für alle anzugehenden Veränderungen bereit. Er ist der gemeinsame Kommunikationsanker, über den wir nicht mehr diskutieren müssen und der unsere Einigkeit darüber zeigt, dass wir eine Veränderung auf all diesen Ebenen benötigen. Dabei geht es um mehr als die Zerstörung von Ökosystemen, die wir in Zukunft aufhalten müssen. Es geht auch darum, wie wir Menschen miteinander umgehen und welchen Respekt wir voreinander haben. Wir müssen uns darüber klar werden, wie stark wir in Zukunft noch auf unsere Rechte zur Individualität pochen wollen oder wie sehr wir künftig andere und deren Belange in unsere Pläne und Vorhaben miteinbeziehen.

[28]Diese 17 Ziele sind für einen Rettungsplan von wesentlicher Bedeutung, denn auf ihnen bauen wir die weiteren Anpassungen für Veränderungen auf. Gleichzeitig sollten wir uns bewusst machen, dass es uns gelungen ist, einen Prozess zu etablieren, um die übergeordneten Ziele in den nächsten Jahrzehnten zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen.