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Es waren Massen an ankommenden Verzweifelten, an Hoffnungslosen, an Armen aus Europa, die im Norden Amerikas ihr Glück ebenso machen wollten wie Abenteuerer und solche, die ihre Heimatländer als Gesetzlose oder als Verurteilte verlassen mussten. Aus dieser Mischung von Einwanderern entstand der amerikanische Schmelztiegel. Um vom Tellerwäscher Millionär aufzusteigen, war gnadenloser Kampf ums Überleben angesagt. Waren es diese Wurzeln aus Wurzellosen, die dieses Volk antrieb, die Erde unter ihre Gewalt zu bringen? Die Ureinwohner waren im Wege und man eliminierte sie samt ihren Kulturen mit Gewalt und Hinterlist. Das Mutterland England wurde ebenso ausgeschaltet wie wenig später Frankreich und Spanien. Der Krebs wuchs weiter und weiter, angetrieben von Gier nach Macht und Profit. Südamerika wurde unterjocht, man griff nach Asien, nach Europa. Man schürte den ersten Weltkrieg und löste die Weltmacht England ab. Man schürte den zweiten Weltkrieg und wurde zum Weltimperium. Und der Krebs wächst weiter. Von Pearl Harbor über Hiroshima und Nagasaki, Tonkin u.a., über den selbstinszenierten Anschlag vom 11. September 2001 und dessen Folgen. Unter der Flagge von Freiheit und Demokratie verbergen sich Hinterlist, Raub und Gewalt. Wer oder was treibt diesen Moloch an, der die Erde an ihr Ende bringen kann? Kapitalismus? Finanzsystem? Oder ist es die in diesem Volk, diesem Schmelztiegel entwachsende und inhärente Moral der Gier und des Immer Mehr?
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Seitenzahl: 284
Veröffentlichungsjahr: 2019
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„Amerika? Das ist die Entwicklung von der Barbarei zur Dekadenz ohne die Kultur zu berühren!“
(Clemenceau)
Schwebheim, August 2019
Danksagung
Es war das Werk des Amerikaners Howard Zinn „Eine Geschichte des Amerikanischen Volkes“ aus dem Jahre 1980, die mich auf die Idee brachte, das vorliegende Buch zu schreiben. Er beschreibt mit diesem Werk die Geschichte der USA aus der Sicht der Opfer, der Ureinwohner, der Sklaven, der Arbeiter, der Frauen, der Schwarzen und anderer, deren Geschicke oft weder aufgezeichnet noch anerkannt werden. Somit eine ehrliche, glaubwürdige und nicht eine von oben verordnete Geschichtsbetrachtung.
Einen weiteren wertvollen Impuls gab mir der Schweizer Historiker Dr. Daniele Ganser mit seinem Buch „Illegale Kriege“ aus dem Jahre 2016, wo er alle die nach 1950 geführten Kriege der USA untersuchte und als völkerrechtswidrig befand. Ebenfalls beeindruckte mich Aram Mattioli mit seiner Geschichte der Indianer Nordameikas („Verorene Welten“). Mein Dank gebührt auch Upton Sinclair für sein Werk „Der Dschungel“, in dem er das Los der zugewanderten weißen Arbeitssklaven inf den Zentren des Nordens schildert.
Mit Hilfe des Internet konnte ich weitere Quellen auftun, wobei vor allem Wikipedia sehr hilfreich war. Dank allen, die mich mit Informationen zu diesem Buch versorgten.
Etwaige Schreib- oder Grammatikfehler möge man mir als einem schriftstellerischen Laien nachsehen.
Hans Schwinger, im März 2019
Zu diesem Buch
Vorwort
Erste Erfahrungen
Wie wir wurden, was wir sind: eine Kolonie der USA
Die Wende
Anders im Norden als im Süden
Der Schmelztiegel
Anmerkung
A Schmelztiegel vs. Vielvölkerstaaten
Landraub
Gebete der Indianer
Fast wie ein Krebs
10.1. Auslöschung der indigenen Nationen
10.1.1. Zuerst die Spanier
Anmerkung
B Die Spanier in Amerika
10.1.2. Und dann die Franzosen
10.1.3. Nun zu den Engländern
Anmerkung
C Rassendenken
Anmerkung
D Tocqueville
10.1.4. Nicht nur Indianer wurden betrogen
10.1.5. Die Monroe-Doktrin – Auf nach Kuba
10.1.6. Auf nach Asien: Japan und die Philippinen
10.2. Auf nach Europa
10.2.1. USA vor dem ersten Weltkrieg
10.2.2. Geld – die Waffe zur Welteroberung
Anmerkung
E Dr. Jekyll und Mr. Hyde
10.2.3. USA und Weltkrieg I
10.2.4. Die USA und Weltkrieg II
10.2.4.1. Der Aufstieg eines Gefreiten
10.2.4.2. Der Esel frißt den Hafer erst spät
10.2.4.3. Spätes Eingreifen der USA – wie gehabt
10.2.5. Europa gefallen – doch das Erobern geht weiter
10.2.5.1. Korea
10.2.5.2. Guatemala
10.2.5.3. Iran und Mossadeqh
10.2.5.4. Vietnam
Anmerkung
F Auf nach Vietnam
10.2.5.5. Kuba/Guevara
10.2.5.6. Wenn zwei sich streiten: Irak/Iran
10.2.5.7. Brutkastenlüge – Der erste Irakkrieg
10.2.5.8. Moderner Krieg – Handelskrieg und mehr
10.2.5.9. Zerschlagung Jugoslawiens
10.2.5.10. New Pearl Harbor – 911
10.2.5.11. Afghanistan
Anmerkung
G Das Trauerspiel von Afghanistan
10.2.5.12. Die Lüge von den Massenvernichtungswaffen – Der zweite Irakkrieg
10.2.5.13. Libyen – ein Staat, der stört
10.2.5.14. Syrien
10.2.5.15. Ukraine
10.2.5.16. Das war bei weitem noch nicht alles
10.2.6. Der Schwanz, der mit dem Hund wedelt
Anmerkung
H Gottesgabe – Gottesgebot
10.2.7. Und willst Du nicht mein Bruder sein…
Epilog
Anmerkung
I Die Venedig-Verschwörung
Von der Gier zum Weltkrieg
Anmerkung
J Der „Melting Pot“
Rückblick und Ausblick
Postscriptum
Beginnen möchte ich mit einer Warnung. Ich habe das Buch nicht „Sine ira et studio“ geschrieben. Es ist kein neutrales Fachbuch, sondern das Ergebnis persönlicher Einstellung, die man durch Fakten und deren Beurteilung gewinnen kann. Ich schreibe nicht als Wissenschaftler oder Historiker. Als ein einfacher aber wachsamer Bürger beschreibe ich in diesem Buch, wie das Imperium aus Nordamerika bei einem solchen Menschen ankommt, ja ankommen muß. Von der Ausrottung der Kulturen und Völker der Ureinwohner bis zu dem Streben nach Weltherrschaft ohne Rücksicht auf Recht, auf Verträge, auf Menschlichkeit und unter der Verlogenheit, Freiheit und Demokratie zu bringen und nicht Gewalt, Krieg und Unterdrückung, zieht sich ein roter Faden durch die Geschichte der USA. Meine Wut und meine Befürchtung, daß dieses Regime skrupellos unsere Welt vernichten könne, zieht sich durch die folgenden Seiten. Allein Hiroshima schon ist Beleg für solche Ahnungen.
6. August 1945 Hiroshima – 9. August Nagasaki, Höllenfeuer, herausgelassen aus der Büchse der Pandora und nie wieder in diese zurückzuholen, ein Werk der USA, ein ewiges Weltverbrechen, ein wahrer Holocaust. Und der Anführer dieses Verbrechen, Präsident Harry Truman, sah darin die größte Errungenschaft in der Geschichte der Menschheit. Geifernd und jubelnd und drohend. Mit ihm seine Generäle, seine Minister, seine Wirtschaft, seine Wissenschaft, sein Volk, der amerikanische Schmelztiegel.
Und es sollte weitergehen.
Mehr als 200 Atombomben sollten auf ausgewählte Städte in der Sowjetunion fallen, so der Plan. Zuvörderst Moskau und Leningrad, aber auch Ost-Berlin. Dazu mehr als 20.000 Tonnen konventioneller Bomben. Beginnen sollte dieses teuflische Inferno am 1.Januar 1957 und enden mit der Auslöschung der Sowjetunion, dem Tod von bis zu 400 Millionen Menschen und dem Sieg von Demokratie und Freiheit. Und das alles mit Gottes Hilfe, man lebt ja in „god’s own country“. Wie äußerte sich doch gleich wieder Harry S. Truman nach dem Abwurf der Atombombe auf Hiroshima?
„Dank sei Gott, daß wir die Bombe haben und nicht unsere Feinde; und laßt uns zu Ihm beten, daß Er uns führen möge, die Bombe für seine Wege und Ziele zu nutzen.“ Oder mit etwas anderen Worten: Wir, die USA, werden von Gott geführt und was wir tun, ist somit Auftrag Gottes.
Und weiter hört man ihn sprechen, den Herrn Präsidenten: „Die Bombe ist zu gefährlich, um sie einer gesetzlosen Welt zu überlassen. Das ist auch der Grund, daß Großbritannien, Kanada und die USA, die das Geheimnis der Bombe kennen, nicht eher beabsichtigen, dieses Wissen preiszugeben, als bis Wege gefunden worden sind, dieses Wissen um die Bombe zu steuern und so uns und den Rest der Welt vor der Gefahr totaler Zerstörung zu schützen.“ Oder in anderen Worten: Wir, die USA, müssen diesen Prozeß steuern mit dem Wissen und den Besitz der Bombe und ihrer Technologie als Machtmittel. Wir erfüllen damit den Auftrag Gottes.
Und zu Hiroshima selbst folgende Sicht: „Die Welt wird erfahren, daß die erste Atombombe über Hiroshima, einem Militärstützpunkt, abgeworfen wurde. Dies deshalb, weil wir wünschten in einer ersten Attacke, soweit wie möglich, Schäden für die Zivilbevölkerung zu vermeiden. Doch dieser Angriff ist als Warnung zu verstehen zu weiteren Schritten. Denn sollte Japan sich nicht ergeben, werden weitere Atombomben auf ihre Kriegsindustrie folgen und dann werden auch Tausende von Zivilisten ihr Leben verlieren. So fordere ich die japanische Zivilbevölkerung auf, die Industriestädte schnellstens zu verlassen, um so sich zu retten.“
Er glaubte also, der Gute, mit Hiroshima, einer blühenden Stadt, habe es sich lediglich um eine Militärbasis gehandelt. Entweder, es war Absicht, dies so darzustellen und der Welt die Dimension dieses Verbrechens vorzuenthalten. Oder es ist Ausdruck der Geographiekenntnisse selbst gebildeter Nordamerikaner.
Drei Tage später, Abwurf einer zweiten Bombe auf Nagasaki. Wieder nur eine Militärbasis? Mehr als 200.000 unmittelbare Opfer der nuklearen Vernichten in beiden Städten. Und fast nur Zivilisten, Frauen, Kinder, Alte…Nicht zu reden von den weiteren Strahlenopfern der Folgejahre bis in unsere Zeit. Wahrlich ein Menschheitsverbrechen, ein wahrer Holocaust. Niemand kennt die wirkliche Zahl der Opfer1.
„Wie dankbar bin ich Gott, dem Allmächtigen, daß er unser Land verschont hat.“ ist dieser Anführer der „freien Welt“ zu hören. Also wie auch schon oben, Gott mit uns. Erst die Völker in den Krieg hineinhetzen und hineinfinanzieren und dann vernichten, auslöschen. Das eigene Haus aber schonen
Und für die US-Aktion ab 1. Januar 1957 planten die strategischen Streitkräfte fast 3.500 Atomsprengköpfe ein, um ihre Ziele in Rußland, Osteuropa und China zu bombardieren. Nach Schätzungen von US-Generälen hätte dieser Atomschlag den Tod von 285 bis 425 Millionen Menschen bedeutet. Einige der europäischen Verbündeten der UdSSR wären „komplett ausgelöscht“ worden. Daß das Schicksal der Welt diese Hölle ersparte, verdanken wir einem Klaus Fuchs, verdanken wir Julius und Ethel Rosenberg2.
1. https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article144994003/Niemand-kennt-die-wirkliche-Zahl-der-Opfer.html
2. Fuchs lebte später in der DDR, die Rosenbergs wurden 1951 in den USA zum Tode verurteilt und 1953 hingerichtet. Fuchs und die Rosenbergs gelten im Westen heute noch als Verräter.
Aufgewachsen in einem politisch-proletarischen Elternhaus lernte ich früh anzuzweifeln, was in offiziellen Berichten behauptet wurde, und Fragen zu stellen. Mein Vater wurde als aktiver Kommunist als einer der ersten in ein Konzentrationslager verbracht. Das war im Mai 1933. Auch wenn er – mit Sicherheit unter Auflagen – wieder frei wurde, ließ er im privaten Kreis über sein Urteil zur politischen Lage keine Zweifel aufkommen. So manches Mal sah ich ihn auf seinem geliebten „Saba“ Radio Beromünster, einem Feindsender, lauschen – selbstverständlich in dezenter Lautstärke. Und meine Mutter? Sie war vorsichtiger, sie dachte mehr in praktischen Dimensionen nach dem Motto: „Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.“ Aber die Gefahr, die kannte sie.
So manches Mal konnte ich bei nächtlichen Bombenangriffen meinen Vater erleben, wie er vor der Haustüre – trotz der dort drohenden Gefahren – mit unseren Nachbarn über Sinn und Unsinn solcher Angriffe diskutierte. Es waren vornehmlich Engländer, aber auch Amerikaner, die uns des Nachts „beglückten“. Und so wurde der Tod des US-amerikanischen Präsidenten F. D. Roosevelt gegen Ende des Krieges Anfang April 1945 und die möglichen Folgen vor der Haustüre heiß besprochen. Und ich, damals gerade sechs Jahre alt, konnte an meinem Weltbild arbeiten.
Sie waren nicht ganz ungefährlich, diese letzten Tage des Krieges. Rückkommende Verbände kampierten im nahen Wald, aber auch im Haus und im Garten. Sie wollten nach Hause, geschlagen, endlich raus aus dem Krieg. Doch auch die herannahenden Amis sorgten für Ängste. So, als ich mit meinem gleichaltrigen Freund Kurt einmal längs der Straße spielte und wir uns nur durch eine schnelle Flucht in den Wald vor den Geschossen eines US-Tieffliegers retten konnten.
Und so war ich auf die Amis schon ein Stück vorbereitet, als sie dann wenige Tage später wirklich kamen, mit ihren Panzern, den großen Lastwagen und den Jeeps. Und: Man fühlte sich befreit, war froh, daß nun endlich Ende des Schlachtens und Friede war. Zum ersten Mal sahen wir Neger, die da mit auf den durchfahrenden Panzern saßen und winkten. Und wie damals die Kinder bettelten, um von den Amis Bonbons, Schokolade oder Kaugummi zugeworfen zu bekommen. Da war ich allerdings nicht dabei. Ich schämte mich für meine Freunde wegen ihres Bettelns. Ältere wiederum trieben gefährliche Spiele mit Munitionsresten, die man in den Wäldern finden konnte. Noch aufdringlicher waren die Erwachsenen, die die Eroberer um Chesterfields, Camels oder Lucky Strikes anbettelten oder sich als „Amihuren“ prostituierten. Natürlich, Not und Hunger waren groß. Es ging ums Überleben. Noch in Erinnerung auch die vielen Männer auf den Straßen, die Arme, Beine und noch mehr dem Vaterland geopfert hatten und als Krüppel leben mußten oder die Ruinen in den Straßen Schweinfurts.
Die Zweifel darüber, ob diese Besatzer für uns ein Glücksfall sein könnten, die wuchsen, als ich im August 1945 über die Atombomben auf Japan erfuhr. Die Schandtaten der Alliierten mit den Luftangriffen auf deutsche Städte und wehrlose Menschen (Hamburg, Dresden, Würzburg, Swinemünde…) konnten noch nicht medial in ihrem vollen Ausmaß erfaßt werden. Das war eben Krieg. Umso mehr wirkte das Unfaßbare einer Auslöschung ganzer Städte durch eine einzige Bombe mit einer neuen Technologie, der Spaltung des Urankerns, auf Vorstellung und Mitgefühl eines Sechsjährigen.
Mein Vater, in keiner Weise belastet durch irgendeine Mitarbeit am besiegten Regime, wurde nun Mitarbeiter bei der CIC (Counter Intelligence Corps). Unmittelbar nach Kriegsende war es Aufgabe des CIC, in den besetzten Ländern nach bedeutenden Mitgliedern des gegnerischen Regimes sowie nach Kriegsverbrechern zu fahnden. Des Weiteren suchte das CIC herausragende Wissenschaftler aus der Militärforschung der ehemaligen Gegner zu rekrutieren und zur Mitarbeit bei den diesbezüglichen Anstrengungen der USA zu gewinnen. Auch der Versuch zur Eindämmung des Schwarzmarktes gehörte zu den Obliegenheiten des CIC. Mit der zunehmenden Spannungen des Kalten Krieges war mein Vater als Mitglied der KPD dort allerdings bald nicht mehr erwünscht und er mußte die Mitarbeit in dieser Organisation im Jahre 1947 beenden3. Das indes nährte weitere Zweifel ob der Ziele, die die Besatzer mit und in Deutschland verfolgten.
Wenig später machte ich Bekanntschaft mit Karl May. Es war der Band „Old Surehand“, den ich als erstes Werk dieses Autors geradezu verschlang. Weitere folgten, in denen die Indianer als Helden dargestellt wurden, die Siedler, vor allem die mit britischen Hintergrund als treu- und rücksichtslose Gauner und Ganoven. Der Tod Winnetous war der emotionale Höhepunkt. Mit Karl May konnte ich erstmals einen Blick auf die Entstehung und die vergifteten Wurzeln dieser nunmehr so mächtigen USA werfen. Über das Schicksal der Negersklaven las ich dann in „Onkel Tom’s Hütte“ von Harriet Beecher Stowe.
Doch die politischen Überlegungen beeinflußten solche Eindrücke (noch) nicht. Was wäre, wenn die Besatzer morgen abzögen? Stünden dann nicht die alten Kräfte, die sich inzwischen wieder in den oberen Etagen unseres Rumpfstaates fest reetabliert hatten, wieder mächtig auf und setzten das alte Großmachtdenken fort? Würde nicht eine mächtige Armee wieder gebildet werden und der Griff nach der Atombombe zur Absicherung der Macht folgen? Forderte denn nicht ein kriegslüsterner Minister Strauß die Bombe für die Bundesrepublik Deutschland? Da doch lieber die Schutzmacht aus den (damals so von mir gesehenen) demokratischen USA.
3. und aus der CIC wurde die CIA.
Heute, aus dem nachhinein, kann man erkennen, was mit uns Deutschen nach Kriegsende geschah. Da gab es mit Sicherheit Bestrebungen, diese Nation klein zu halten oder gar für immer zu vernichten.
Da war zum einen Henry Morgenthau, US-Finanzminister unter Roosevelt. Durch Gebietsabtretung, staatliche Zerstückelung und Rückverwandlung Deutschlands in einen Agrarstaat sollte der internationale Friedensstörer Deutschland auf immer der Mittel zum Kriegführen beraubt werden. Den Hungertod vieler Millionen Deutscher wollte Morgenthau in Kauf nehmen.
Ein anderer war der Anthropologe Earnest Hooton. Hooton plädierte für die Ansiedlung nicht-deutscher Bevölkerung in Deutschland, um den deutschen Nationalismus und die aggressive Ideologie zu zerstören. Vor allem plädierte er jedoch dafür, nach dem Krieg deutsche Soldaten in den kriegszerstörten Gebieten in Zwangsarbeit für den Wiederaufbau einzusetzen. Als Eugeniker wollte er dabei die für ihn biologisch begründeten und angeborenen räuberischen Neigungen der Deutschen durch Kreuzung mit Vertretern anderer Völker wegzüchten.
Mit einem Blick auf heute haben wir es in der Tat mit einer seit den 50er Jahren zunehmenden Ansiedlung nicht-deutscher Bevölkerung zu tun, die insbesondere ab 2015 geradezu explodiert.
Auch Theodore Kaufmann sei hier erwähnt, der mit seinem Buch „Germany must perish“ für eine Sterilisierung aller Deutschen plädierte, um die Welt vor ihrer seiner Ansicht nach angeborenen Kriegsneigung zu bewahren.
Doch man entschied sich für ganz andere Ziele. Wirklich miteinander Verbündete waren die siegreichen Mächte USA, Großbritannien und die Sowjetunion eher nicht. Von Churchill sagt man, daß er das, was von Deutschland übrig geblieben war, gern in einen Krieg gegen die kommunistische Sowjetunion gehetzt hätte, mit dem Ziel, diese beiden Mächte endgültig auszuschalten. Wohl war dies auch die vornehmliche Triebkraft des Anschlags auf Hitler vom 20. Juli 1944. Es ging Stauffenberg und seinen Mitverschwörern wohl weniger um die Beseitigung Hitlers und seines Regimes als um die Fortsetzung des Krieges auf Seiten der Siegermächte, also Englands und der USA und gegen die Sowjetunion.
Nun, diese Sache, das kriegsmüde, verwüstete Deutschland in einen neuen Krieg hineinzuziehen, ging wohl schief. Und so setzte man auf einen anderen Weg. Westdeutschland sollte sich zu einem „Schaufenster“ nach Osten entwickeln. Es kam nach Zusammenschluß der drei westlichen Besatzungszonen im Mai 1949 zu einem eigenen Staat, der Bundesrepublik Deutschland, zum sogenannten deutschen Wirtschaftswunder. Zur Vorbereitung für diese Staatsgründung wurden eine als Grundgesetz diktierte Verfassung und im Jahre 1948 eine eigene Währung, die D-Mark, mit auf den Weg gegeben.
Als eine große Hilfe für den Wiederaufbau im Westen Europas und damit auch Westdeutschlands („Schaufenster“) wurde auch der sogenannte Marshall-Plan (1948) gesehen. Nach Wikipedia gab es 3 Gründe für diesen Plan:
Hilfe für die notleidende und teilweise hungernde Bevölkerung Europas
Eindämmung der Sowjetunion und des Kommunismus
Schaffung eines Absatzmarktes für die Überproduktion der USA
Die zur Verfügung gestellten Mittel beliefen sich auf 12,4 Mrd. US-$. Die Mittel gingen an kein Land Osteuropas, fast nur an Länder Westeuropas und hier 35% an Großbritannien und Frankreich, Westdeutschland erhielt 10%. Die meisten Mittel flossen in Form direkter Zuschüsse mit der Auflage, damit Waren aus den USA zu kaufen, und nur ein Teil als Kredit. Also wenig selbstlos, sondern sehr profitabel für die USA, aber wie so oft, sehr geschickt eingefädelt. Man muß in diesem Zusammenhang auch sehen, daß mit der US-Wirtschaft insbesondere der militärische Komplex in den USA nach Kriegsende unter Auftragsmangel zu leiden hatte und er durch diesen Plan massiv Nachfrage aus Europa bekam.
Sei es, wie es will. In jenen Jahren war ich trotz mancher Zweifel noch voll überzeugt über die Notwendigkeit und Begründung der „Amis“ in Deutschland.
Ja im Gegenteil, es gab noch einiges mehr, was mich und mit mir viele Menschen in Westdeutschland für die Besatzer und ihr Land einnahm. Da war zum einen die Schule. Selbst wenn man dem, was die Lehrer zu neuerer Geschichte vermitteln mußten, nicht sehr vertraute, einiges davon blieb schon hängen. Und daß die USA ständig und kritiklos als ein Hort der Demokratie und der Freiheit gesehen wurde, das prägte, jedenfalls im Grundsatz. Ein weiteres: jahrelang hatte man sich mit Latein und Griechisch herumgeschlagen. Jetzt kam Englisch dazu und mit dieser Sprache die Möglichkeit, aktuelle Informationen aus aller Welt mit Hilfe dieser Sprache in englisch-sprachigen Medien aufnehmen zu können. Wie anders war dies bei den „alten“ Sprachen. Da ging es allenfalls um Satzbau, Grammatik, Vokabeln, um Schlachtreihen und Philosophie. Aktuelles fürs Tagesgeschehen gab es da kaum. Mit Englisch war es zudem möglich, endlich bekannte Autoren aus diesem Sprach- und Kulturraum im Original lesen zu können. Daß diese Sprache in späteren Jahren die eigene Sprache vielfach verdrängen würde, war damals noch nicht abzusehen. Und kaum jemand hätte in den Nachkriegsjahren erkennen können, daß dahinter der Plan stand, die Deutschen quasi umzuerziehen. Ein geschickter, kaum bemerkbarer Plan, gründlicher und längerfristig angelegt als die Pläne, die sich die Morgenthaus, Houtons, Kaufmanns und wohl auch andere ausgedacht hatten
Dann die Musik von drüben. Glenn Miller und Jazz, Sinatra und Bing Crosby und dann plötzlich ganz neue Musik: Rock’n Roll. Auf AFN und Radio Luxemburg zu hören, Elvis Presley, Bill Haley, Buddy Holly, Gene Vincent, Fats Domino, Jerry Lee, Chuck Berry und noch viele andere. Diese Musik schien unpolitisch und doch wirkte sie politisch beeinflussend. War sie ein weiteres Mittel zur Umerziehung der Deutschen, diesmal über die Jugend? Was war dagegen die Klassik, zu der uns Lehrer vergeblich hinführen wollten?
Und nicht zu vergessen: Hollywood. Wir wurden überschwemmt mit Filmen aus den USA, wo das Gute immer am Ende siegte. Und die Guten waren dann immer die amerikanischen Helden. Sei es gegen die Rothäute, sei es gegen Untermenschen aus Japan, seien es brutale Russen oder gar fanatische Deutsche. Selten wurde und wird Geschichte so gefälscht und damit Einstellung geprägt, wie es Hollywood praktiziert.
Es waren die Nachkriegsjahre, in denen dieser Umerziehungsprozeß der Deutschen begann. Auf vielfältige Weise wurde dieser Prozeß begleitet und verstärkt. Die USA suchten nach Möglichkeiten verdeckter Einflussnahme auf Deutschland und da ist insbesondere das CFR (Council for foreign Relations) zu nennen. Von hier kam dann die Idee zur Atlantik-Brücke, einer Organisation im Jahre 1952 mit dem Ziel gegründet, eine wirtschafts-, finanz-, bildungs- und militärpolitische Brücke zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland zu schlagen.
Nicht zu vergessen die Gründung einer europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, heute bekannt unter dem Namen EU mit dem letztendlichen Ziel eines europäischen Superstaates und Auslöschung der Nationalstaaten. Auch Deutschland ist hier voll integriert und anders als nach dem ersten Weltkrieg mit dem Vertrag von Versailles sollte es nicht horrende Reparationszahlungen für die Siegermächte leisten. Diesmal ist man schlauer. Deutschland soll als Lokomotive für diese EU arbeiten und damit seine Schuld abarbeiten. Doch dazu später mehr.
Wie schon erwähnt, noch Zweifel gab es, doch die Richtung hin zum Vertrauen in die USA war vorhanden. Doch die Zweifel wuchsen.
Ein gewaltiger Einbruch in dieses Vertrauen kam 1956 mit dem KPD-Verbot. Hier war ersichtlich, wie man mit abweichenden Positionen in unserem Staat wirklich umging. Zudem wenige Jahre vorher, im März 1952, der Vorschlag Stalins zu einer nicht an die Westmächte gebundene Rolle Deutschlands abgelehnt wurde. Deutschland sollte nach diesem Vorschlag wiedervereinigt werden. Es sollte aber, wie später Österreich, neutral zwischen West und Ost sein4.
Noch stärker wuchsen die Bedenken und Zweifel mit dem Beginn meines Studiums 1958. An der Uni gab’s „Konkret“. In jener Zeit mit den klugen und enthüllenden Kommentaren der Ulrike Meinhof damals noch eine lesenswerte Zeitung. Man erhielt Fakten und Meinungen, die man in den klassischen Medien nicht fand. So ist mir noch in Erinnerung, was dort über Patrice Lumumba und sein Schicksal geschrieben wurde.
Im Juni des Jahres 1960 entließ der belgische König Baudouin die ehemalige Kolonie „Belgisch Kongo“ in die Unabhängigkeit (heute „Demokratische Republik Kongo“). Der künftige Ministerpräsident Lumumba widersprach auf dieser Feier der vorangegangene Lobrede auf die Zeit des Kongo als Kolonie Belgiens und zeigte damit auf, wohin sich dieses neue Land unter ihm als Ministerpräsidenten künftig entwickeln werde:
„Wie lebten in erniedrigender Sklaverei, die uns mit Gewalt auferlegt wurde. Wir haben zermürbende Arbeit kennengelernt und mußten sie für einen Lohn erbringen, der es uns nicht gestattete, den Hunger zu vertreiben, uns zu kleiden oder in anständigen Verhältnissen zu wohnen oder unsere Kinder als geliebte Wesen großzuziehen. Wir kennen Spott, Beleidigungen, Schläge, die morgens, mittags und nachts unablässig ausgeteilt wurden, weil wir Neger waren. Wir haben erlebt, wie unser Land im Namen von angeblich rechtmäßigen Gesetzen aufgeteilt wurde, die tatsächlich nur besagen, daß das Recht mit dem Stärkeren ist. Wir werden die Massaker nicht vergessen, in denen so viele umgekommen sind, und ebenso wenig die Zellen, in die jene geworfen wurden, die sich einem Regime der Unterdrückung und Ausbeutung nicht unterwerfen wollten.“
Konnte diesem Mann dieses riesige Land (2,3 Mio km2) mit seinen unermeßlichen Bodenschätzen (u.a. Diamanten, Gold, Kupfer, Coltan, Mangan, Blei und Zink sowie Zinn) aus der Sicht der „Freien Welt“ anvertraut werden? Bestand nicht die Gefahr, daß dieses Land unter Lumumba zu einer leichten und reichen Beute für die kommunistische Sowjetunion würde?
Da mußten die USA eingreifen. Ihr Präsident Eisenhower gab die Parole: „Wir müssen Lumumba loswerden“. Allen Dulles, der zwielichtige Chef der CIA deutete dies als Mordauftrag, was es wohl auch war. Und so startet im Sommer 1960 die CIA die verdeckte Operation „Wizard“ mit dem Ziel: die Ausschaltung des jungen Ministerpräsidenten. Und dabei ist jedes Mittel recht, wie inzwischen freigegebene CIA-Dokumente belegen. Schon am 12. September 1960 ist Lumumba entmachtet und unter Hausarrest gestellt. Dieser Coup zeigt sich bei genauer Betrachtung als Werk der CIA und des belgischen Geheimdienstes, generalstabsmäßig vorbereitet. Vorrangiges Ziel ist nun, eine prowestliche Militärdiktatur in Léopoldville zu etablieren.
Am 27. November 1960 gelingt Lumumba die Flucht aus Léopoldville. Er versucht, unterstützt von der Bevölkerung, in den Osten des Landes durchzukommen. Vier Tage später wird Lumumba jedoch unter logistischer Hilfe von CIA und belgischem Geheimdienst gefaßt und anschließend in einem Militärlager interniert. Seine Ermordung ist jetzt nur noch eine Frage der Zeit.
Am 17. Januar 1961 wird Lumumba nach Katanga ausgeflogen. Bereits während des Fluges wird der Expremier schwer gefoltert. Jahrzehnte später präsentierte ein belgischer Geheimdienstoffizier bei einem Fernsehinterview stolz die ausgeschlagenen Schneidezähne Lumumbas. Noch in der Nacht des 17. Januar stirbt Lumumba im Hagel von Maschinenpistolensalven. Tage später beseitigt ein belgisches Kommando alle Spuren. Die Leiche wird ausgegraben, in Stücke gehackt und in Schwefelsäure aufgelöst.
So also geht es Staatsführern, die den USA-Interessen im Wege stehen. Wir werden noch einige Beispiele lesen können.
4. Zur Stalinnote mehr unter 10.2.7
So manches haben wir erfahren über die alten Kulturen in Mittel- und Südamerika. Sie wurden zerstört durch die Eindringlinge aus Europa, vornehmlich Spanier und Portugiesen. Sie wurden zerstört durch die Gier nach Gold und den Einsatz der Religion als unbarmherzige Waffe. Die zu Beginn gezeigte Gastfreundschaft der dortigen Kulturen war eine gewaltige Schwäche angesichts der physischen und geistigen Waffen und der Charaktere der Eindringlinge.
Im Gegensatz zum Norden des Kontinents konnten sich die indigenen Bewohner in ihrer Substanz erhalten, wenn auch das Christentum ihre Kultur von wenigen Ausnahmen abgesehen vernichtete5, was ja auch das Schicksal alter Kulturen und Religionen in Afrika, in Australien, in Europa und – vielleicht am wenigsten – in Asien war. Über die alten Kulturen in Mittel- und Südamerika ist viel überliefert, seien es die der Inkas oder die der Azteken, seien es Inka-Mauern in Cusco, sei es das überwältigende Ensemble von Machu Picchu oder seien es Bauwerke der Azteken wie die Große Pyramide von Tenochtitlán in Mexiko.
Was aber wissen wir vom Norden? Bisher nahm man an, daß kulturell relativ rückständige Völker, oft als Nomaden, den Nordteil Amerikas bewohnten. Nordamerika also praktisch leer war. Dies wurde erst in den 70er Jahren ernsthaft angezweifelt. Man ging bis dahin von bis zu zwei Millionen Menschen aus. Mattioli6 spricht indes bereits von 5 bis 10 Millionen. Im Internet findet man Annahmen, daß die ursprüngliche Bevölkerung noch wesentlich größer war. 20 Millionen erscheinen heute als durchaus realistisch. Neuere Forschungen weisen zudem mittlerweile auf eine ähnlich alte und reichhaltige Kultur hin wie in Europa. Eine mögliche Bevölkerungszahl zur Zeit der „Entdeckung “ Amerikas wird von Anthropologen und Archäologen auf bis zu 112 Millionen Menschen geschätzt. Selbst wenn eine solche Zahl als übertrieben erscheint. Wer weiß, was weitere Forschung noch alles entdeckt? Denken wir nur an die neuesten Überraschungen im Urwald von Guatemala, wo man mit Techniken von heute Tikal, eine Riesenstadt, vermutet, in der und deren Umfeld mindestens 1 Million Einwohner gelebt haben könnten.
Es gibt einen Bericht des spanischen Eroberers Hernando de Soto. Danach habe er bei seiner Goldsuche durch das Gebiet der heutigen US-Südstaaten um etwa 1539 ein mit Indianern dicht bevölkertes Land angetroffen. Das ganze Land sei mit Städten durchzogen, manche mit der Größe damaliger Städte wie Madrid oder London.
Doch all das sollte nach Columbus’ Entdeckung von Amerika im Jahre 1492 nicht so bleiben. Mögen schätzungsweise um die 80 bis 90 Millionen Ureinwohner im Süden und Norden Amerikas gelebt haben, 100 Jahre später waren nur noch etwa 10% am Leben. Zivilisationen wurden ausgelöscht, Landstriche entvölkert, Nationen zerstört. Als Columbus 1492 Hispaniola erreichte, gab es dort acht Millionen Indianer, bis 1535 keinen einzigen mehr. In Mexiko fiel die Bevölkerung von ursprünglich 20 Millionen bis 1618 auf 1,6 Millionen. Es war indes nicht nur der Krieg und die Gier der Eindringlinge, die für diesen Holocaust sorgten. Tod brachten vornehmlich die Seuchen, die aus der Alten Welt, also aus Europa, eingeschleppt wurden. Typhus, Pocken, Influenza, Masern, Grippe, Keuchhusten, Diphtherie, Pest, Cholera, Syphilis und Scharlach waren solche Seuchen, gegen die man in Europa wohl längst „abgehärtet“ war. Das war, wenn man so will, zunächst „nur ein Betriebsunfall“, wenn auch wohl eher ein willkommener. Später in Nordamerika, setzte man dann Seuchenverursacher bewußt und gezielt ein, um die Rothäute, lästige Tiere, aus dem Weg zu räumen. So z.B. als man als Wohltäter verkleidet Indianern zum Schutz gegen die Kälte mit Pockenviren verseuchte Wolldecken schenkte. Ohne die Epidemien wäre die Besiedelung in beiden Teilen des Kontinents zumindest sehr erschwert gewesen.
Mußte es nun so kommen, quasi wie eine Naturkatastrophe, wie einst der Untergang von Atlantis oder die Vernichtung von Pompeij durch den Ausbruch des Vesuvs, daß ganze Völker, eine ganze Rasse samt ihren Kulturen ausgelöscht wurden? Oder war es ein bewußter Kriegszug, der zum Ende der Indianer führte? War es Völkermord oder ein so nicht gewolltes Ereignis? Es war die pure Macht, die die Indianer überrollte, so Stimmen, die das Vorgehen der Yankees rechtfertigen wollen, die Völkermord verneinen. Es erkläre und rechtfertige sich aus den Gegebenheiten und Denkweisen der damaligen Zeit7.
Wenn man diese Frage wirklich beantworten will, muß man etwas tiefer in die Mentalität der jeweiligen Seite sehen.
Blickt man nach Südamerika, auf der einen Seite eine zahlenmäßig zunächst unterlegene bezahlte Soldateska, getrieben von der Gier nach Gold und Schätzen und damit der Hoffnung eines künftigen reichen Lebens nach der Rückkehr. Und mit Führern, die gegenüber ihren Auftraggebern, den Königen und Fürsten zu Hause, verpflichtet waren, reiche Beute zu machen. Denn nur dann konnten diese Auftraggeber die Gelder an die Finanziers der Schiffe und Heere zurückzahlen. Das alles mußte hart erarbeitet werden, mit dem Blut der indigenen Völker. Die andere Seite, die Indigenen, empfing die Eindringlinge zunächst als Gäste. Man sagt sogar, daß in ihren alten Sagen davon die Rede gewesen sei, daß dereinst über das Meer die alten Götter zurückkämen. Und als solche wurden die Eroberer zu Beginn gesehen. Welch ein grandioses Mißverständnis.
Schaut man nach Norden, so ist die Haltung der indigenen Völker wohl vergleichbar mit denen im Süden. Anders aber hier die Einstellung der ins Land kommenden Fremdlinge. Über die Jahrhunderte seit etwa 1600 ging es den Eindringlingen zunächst nicht so sehr um Gold. Und man wollte nicht nachher reich beladen wieder nach Hause, man wollte und mußte oft auch bleiben und hier ein neues Leben beginnen, mit der Hoffnung: vom Tellerwäscher zum Millionär.
5. Was im Namen des Christentums an Greueln und Verbrechen bei der Inlandnahme der beiden Amerikas durch diese Religion, die sich als eine Religion der Liebe sieht, verübt wurde, würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Deshalb werden die von dieser Religion im Namen ihres Gottes geschehenen Untaten nicht eigens beleuchtet.
6. Aram Mattioli „Verlorene Welten“
7. Könnten sich mit diesem Argument nicht auch die Deutschen der unseligen zwölf Jahre von einer Schuld losreden?
Man spricht über die so im Laufe der Jahrhunderte entstandene Gesellschaft im Norden des Kontinents von einen Schmelztiegel, dem Schmelztiegel Amerikas. Was kam da alles zusammen? Mit die ersten, die den Sprung übers Meer wagten, waren die Pilgrim Fathers, die 1620 mit der Mayflower bei Cape Cod landeten. Es handelte sich hierbei um eine streng puritanische Sekte. Nur mit Hilfe der Indianer, die sie den Winter über durchfüttern, überleben sie. Doch diese Harmonie wandelte sich mit der weiteren Ausbreitung und Landnahme der Siedler. Und zum Dank für ihre Hilfe vertreiben die so christlichen Pilgrim Fathers ihre Lebensretter, die Indianer, später von deren Ländern und versklaven sie.
Einer der Indianer, die den Ankömmlingen durch ihre Gastfreundschaft ihr Überleben erst ermöglichten, war der Häuptling der Wampanoag, Metacomet. In einer späteren Kriegsrede beklagt er sich über den Bruch von Verträgen und die Sittenlosigkeit dieser Ankömmlinge und über die Zerstörung der Jagdgründe seines Volkes und er schließt mit den Worten: „Wir haben es in der Vergangenheit nicht glauben wollen, aber es ist eine Tatsache: nur ein toter Weißer ist ein guter Weißer. Brüder, wir müssen uns vereinigen oder wir werden untergehen!“ Doch diese Vereinigung blieb aus. Mit dem „Divide et impera“ gelang es den Weißen immer wieder, die Kräfte der indigenen Völker aufzuspalten. Im übrigen, Metacomet wurde von den Predigern getötet, enthauptet und sein Schädel mehr als zwei Jahrzehnte aufgespießt vor Fort Plymouth gezeigt. Sein achtjähriger Sohn und seine Frau wurden als Sklaven nach Bermuda verkauft.
Was wurde zu solchen unduldsamen Christen noch alles in den Schmelztiegel geworfen? Menschen, die in ihren Heimatländern politisch oder religiös verfolgt wurden oder von Hunger und Krankheiten bedroht waren. Es waren die Armen, die Hoffnungslosen, es waren die Wagemutigen, die das große Abenteuer im Land der unbegrenzten Möglichkeiten suchten, die Spieler, die Verzweifelten, die aus Europa und aus aller Welt kamen, und es kamen Ganoven und Verbrecher, die durch die Flucht dem Zuchthaus oder der Todesstrafe entgehen konnten, es kam Abschaum. Wer mit seinem Schicksal zufrieden war, der blieb.
Es waren eben nicht nur Oligarchen, nicht nur die Freien und Tapferen, die die Basis des Volkes bildeten. Nicht weniger als 75% wurden von den Europäern als Schuldknechte oder als Sträflinge nach Amerika verbracht, schreibt John Lilburne8. Es waren die weißen Sklaven, viele von ihnen waren Iren. Unter Zwang mußten sie arbeiten, ihr Besitzer war der Eigentümer ihres Körpers und sie unterlagen völlig dessen Willen und Befehl. Sie hatten u.a. kein Recht auf Freizügigkeit, sie durften nicht für sich selbst arbeiten, durften nicht ohne Erlaubnis heiraten. Schuldknechte waren Immigranten, die ihr Überfahrt und die ihrer Familie nicht bezahlen konnten. Sie mußten Kredite aufnehmen. Ihre Schulden mußten sie dann in Amerika, mehr oder weniger versklavt, abarbeiten, üblicherweise über 7 bis 10 Jahre. Man nannte sie auch „Indentured slaves“9. Man mußte also kein Verbrecher in Europa gewesen sein, um Sklave zu werden. Nach der Abarbeitung ihrer Schulden waren die Schuldknechte „frei“, manche erhielten auch kleine Ländereien, die sie bearbeiten konnten.
Diese Form von Schuldknechtschaft wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts illegal.
Nicht zu vergessen die Schwarzen, die man als nützliche Sklaven10 ab 1617 aus Afrika importierte. Besser als die Ureinwohner taugten sie zu harter Arbeit. Millionen von Schwarzen wurden in die USA geschafft, um versklavt zu werden. Nur jeder vierte überlebte die unmenschlichen Transporte. In den fast 400 Jahren der atlantischen Sklaverei kamen etwa zehn bis zwölf Millionen verschleppte Schwarzafrikaner lebend in Amerika an. Dort ging die Qual weiter. War man mit seinem Sklaven nicht zufrieden, konnte man ihn weiterverkaufen oder auch umbringen. 1860 lebten in den USA rund vier Millionen schwarze Sklaven. Ohne sie wäre die Wirtschaft der USA niemals so gewachsen.
Und für alle diese Ankömmlinge – von den Sklaven einmal abgesehen – war die schiere Unendlichkeit und Leere des Landes – verglichen mit der Enge und den Zwangssystemen der alten Heimat Hoffnung und Versprechen auf ein neues Leben. Daß schon andere in diesem Land waren und dieses Land nutzten, das schien zweitrangig; es lebten doch nur einige wenige unzivilisierte „Wilde“ in diesem unvorstellbar riesigen Land. Und konnten diese Indianer Grundbucheinträge vorweisen und damit Recht auf Land fordern? Die Siedler hatten sich solche Einträge besorgt. Sie waren die Herren und die Rothäute mußten weichen. Zudem, was wollten diese Untermenschen, wenn nicht sogar Tiere, mit Land anfangen? 40 Millionen Europäer, die von 1607 bis 1914 nach Nordamerika strömten, nutzten alle fairen und unfairen Mittel, um an Land zu kommen.
8. 1614-1657
9. Vertraglich verpflichtete Sklaven
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