Impulse und Energie: Friedrich Engels - Hein Paler - E-Book

Impulse und Energie: Friedrich Engels E-Book

Hein Paler

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Beschreibung

Zwei Gespenster gingen um in Europa Band 1 Impulse und Energie: Friedrich Engels Biografie

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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Literatur zum Thema

Hunt, Tristam: Friedrich Engels, Berlin 2017

Jones, Gareth Stedman: Karl Marx, Frankfurt a.M. 2017

Enzensberger, Hans Magnus (Hrsg.): Gespräche mit Marx und Engels, Band 1 und Band 2, Frankfurt a.M. 1973

Schubert, Käte (Hrsg.), Heiteres und Bissiges von Marx und Engels, Berlin (Ost) 1987

Die Rechtschreibung der Zitate

wurde nicht verändert.

Währungsangaben

Angaben in engl. Pfund

entsprechen grob dem Wert von 2010.

Inhalt

Daten 1789 - 1849

Daten Friedrich Engels 1820 bis 1849

Friedrich Engels - ein Champagnersozialist?

Barmen und die Familie Engels

1837

Friedrich Engels betet

Haubitzen und Hegel

Cottonopolis und Warehouse City

Zwei Jahre und zwei Texte

Owenisten und Chartisten

Partnerschaft, Freundschaft, "Bruderbund"

Revolutionäre Theorie, mühsame Praxis

1848: Das Feuer der Revolution

1849: Kampf mit Gewehren

Daten 1850 - 1901

Daten Friedrich Engels bis 1895

Armut

Streit unter Flüchtlingen

Ausweg Manchester?!

Ein Bourgeois in Manchester

Weggefährtinnen

Verschwörungstheorien

Autor und Lektor

Intensive Zusammenarbeit mit Karl Marx

Differenzen zwischen Engels und Marx?

Trauerfeier für Karl Marx

Strippenzieher und Weichensteller

Herausgeber:

"Das Kapital"

, Band 2 und Band 3

Ein Text gegen die Unterdrückung der Frau

Der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie

Wie soll sich der russische Weg gestalten?

Schuld und Unschuld

Die zweite Internationale

Autor: Christen und Sozialisten

Stürme und Ernten

Engels letzte Jahre

Das Testament

DATEN 1789 - 1849

Friedrich Engels wird in ein Westeuropa geboren, das sich in Umbrüchen befindet.

1789

Die

Französische Revolution:

Das Feudalsystem wird durch die bürgerliche Gesellschaft abgelöst.

1793/4

Die

Terrorphase

der Französischen Revolution lässt eine Reihe ihrer Anhänger zu verschreckten Gegnern werden.

1799

übernimmt Napoleon Bonaparte die Herrschaft in Frankreich und bestimmt in den folgenden Jahren die Politik in Kontinentaleuropa. Mit dem

Code Napoleon

gelten für alle Bürger die gleichen Gesetze [auch für Juden].

1806

wird

Preußen

von Frankreich vernichtend geschlagen. Die

Reformära

beginnt: Ende der Leibeigenschaft, Auflösung der Zünfte, Wahl von Stadträten, Wehrpflicht, jeder kann Offizier werden, Gründung von Universitäten...

1800 - 1900

In den Augen vieler Europäer verlieren die [noch bestehenden] Dynastien an Bedeutung. In vielen Ländern entwickelt sich

Nationalbewusstsein.

1815

Nach dem Sieg über Napoleon beginnt die

Restauration

. Dynastische Herrschaftsstrukturen bleiben bestimmend. Viele Deutsche wollen ein vereintes Deutschland, zumindest Verfassungen und Parlamente, und

Republikaner

fordern Staaten ohne Monarchen.

1823

USA:

Monroedoktrin

[Europa darf sich nicht im Erdteil Amerika einmischen.]

1830

Revolutionäre Erschütterungen:

In Frankreich flieht König Karl X. [ein Bourbone] und wird vom bürgerlichen Julikönig Louis Philippe [aus dem Haus Orleans] abgelöst. Belgien löst sich von den Niederlanden.

1840-42

China: Erster

Opiumkrieg

1848

Revolutionen

in Westeuropa [Ausnahme England]. In Deutschland wird eine Nationalversammlung gewählt. Sie tritt in Frankfurt a.M. [Paulskirche] zusammen.

1949

scheitert

die

deutsche Nationalversammlung

und wird gewaltsam aufgelöst. Einzelne Aufstände radikaler revolutionärer Gruppen scheitern.

Während dieser Periode wächst die Schicht der [oft ungelernten] Industriearbeiter. Sollen diese [vielfach Analphabeten, mit minimaler Schulbildung] künftig eine Rolle bei der politischen Willensbildung spielen? In England setzen sich die Chartisten in den 1830er/40er Jahren für das allgemeine Wahlrecht ein.

DATEN Friedrich Engels 1820 bis 1849

[28. Nov. 1820 - 5. Aug. 1895]

1820

Geburt in Barmen [Erst seit 1929 ein Stadtteil Wuppertals, das seit 1930 so heißt] als das erste von neun Kindern [Er hat vier Schwestern und vier Brüder]

Mutter: Elisabeth Engels, geb. van Haar 11.11.1799 - 12.12.1873 Vater: Friedrich Engel sen., Unternehmer, 12. 5. 1796 - 20. 3. 1860

1834-1837

Besuch des Gymnasiums in Elberfeld

1837/8

Kaufmännische Ausbildung in Barmen

1838-1841 .

Kaufmännische Ausbildung in Bremen,

"Briefe aus dem Wuppertal

" [Engels schreibt als „Friedrich Oswald.]

1841/2

Militärdienst in Berlin [Garde Fußartillerie Regiment] Besuch von Vorlesungen an der Universität, Kontakte zu Linkshegelianern

1842

Nov. Begegnungen in Köln mit Marx [folgenlos] und Moses Heß [wichtig]

1842-44

Ausbildung in England [Ermen & Engels, Manchester]

1844

„Umrisse zu einer Kritik der Nationalökononie"

[veröffentlicht in den Deutsch-Französischen Jahrbüchern]

1844

[28.8.-6.9.] Beginn der lebenslangen Freundschaft mit Karl Marx [Paris]

1845

"Die Lage der arbeitenden Klasse in England",

Reise mit Marx nach London und Manchester [Juli/August],

"Die heilige Familie..."

[mit Marx]

1846

"Die deutsche Ideologie"

[mit Marx]

1847

Juni und Nov./Dez.: Kongresse des

Bundes der Kommunisten

in London

1848

"Manifest der Kommunistischen Partei",

Unter Bezug auf Engels´ Entwürfe schreibt Marx den endgültigen Text. Engels als Revolutionär in Paris und Köln, Mitarbeit in der

Neuen Rheinischen Zeitung,

vierwöchige Wanderung durch Frankreich und die Schweiz

1849

Aktive Teilnahme an Aufständen in Elberfeld und Süddeutschland, Flucht in die Schweiz, Weiterreise zu Marx nach London

Friedrich Engels – ein Champagnersozialist?

Kann ein Millionär gleichzeitig Sozialist sein?

Darf ein Sozialist gleichzeitig Millionär sein?

Ein Millionär, der Aktien besitzt, komfortable Wohnungen und Häuser für sich anmietet, Mitarbeiter entlässt und gerne Champagner trinkt? War dieser Friedrich Engels wirklich ein Sozialist? Er stammte aus einer Unternehmerfamilie und pflegte sein ganzes Leben lang einen großbürgerlichen Lebensstil. Zusammen mit Karl Marx trat er für eine Revolution ein: den Kampf des Proletariats für die Abschaffung des Privateigentums und eine zukünftige klassenlose Gesellschaft.

Er selbst aber hatte Hausangestellte, nahm mit einem eigenen Reitpferd an Fuchsjagden in England teil, mietete in Manchester eine zweite Wohnung für seine Geliebte und gönnte sich selbst 1888 einen mehrwöchigen Urlaub in den USA. Dabei begleitete ihn ein dreiköpfiger Anhang. Engels beglich den größten Teil von dessen Reisekosten. Zählte Friedrich Engels also zur großen Menge jener Propheten, die Wasser verkündeten und selbst Wein tranken? Als er 1895 starb, hinterließ außer zwei Millionen englischen Pfund auch über 150 Flaschen Champagner. Engels war in den Augen vieler Kritiker nichts als ein Salonsozialist, der Utopien nachhing.

Andere beurteilen ihn positiver. Denn Engels kämpfte 1849 in Deutschland als Freischärler für die Revolution und setzte dabei sein Leben und seine Freiheit aufs Spiel. Im Gegensatz zu ihm hatten viele Abgeordnete der Deutschen Nationalversammlung in Frankfurt a.M. "brav" ihre Koffer gepackt und waren nach Hause gefahren. Friedrich Engels steckte bis zum Ende seines Lebens enorm viel Geld, Zeit und Energie in die Entwicklung der sozialistischen Bewegung.

Seine eigenen Werke [Es gibt auch einen Engelsismus.] verdanken ihre Qualität letztlich der Tatsache, dass er über ein solides finanzielles Fundament verfügte. Ein gewisser Karl Marx konnte sich nur deshalb auf das Schreiben seines Hauptwerks "Das Kapital" konzentrieren, weil Engels ihn mit großzügigen Zahlungen unterstützte. Friedrich Engels kannte und nutzte die Spielregeln des Kapitalismus. Er zählt zum Kreis der führenden Kommunisten, die sehr wohl mit Geld umgehen konnten.

1841 formulierte Friedrich Engels sein Lebensprogramm, in dem es weder um Politik noch um Sozialismus ging. "Die Alten klagen zwar entsetzlich über die Jugend, [...] laßt sie aber nur ihre eigenen Wege gehen, sie wird sich schon zurechtfinden [...]

Wer sich scheut vor dem dichten Walde, in dem der Palast der Idee steht, wer sich nicht durchhaut mit dem Schwerte und küssend die schlafende Königstochter weckt, der ist ihrer und ihres Reiches nicht wert, der mag hingehen, Landpastor, Kaufmann, Assessor oder, was er sonst will, werden, ein Weib nehmen, Kinder zeugen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit,aber das Jahrhundert erkennt ihn nicht als seinen Sohn an."

1820 geboren, sieht Engels das 19. Jahrhundert, sein Jahrhundert, als den Anbruch einer neuen Zeit. Es genügt nicht, das Alte zu bewahren. Die Menschheit braucht neue Horizonte. Engels nimmt diesen Auftrag für sich an.

Barmen und die Familie Engels

Friedrich Engels wird am 28. November 1820 in der sich rasant entwickelnden Stadt Barmen geboren. Der Nachbarort Elberfeld besitzt schon seit 1610 Stadtrechte, Barmen erst seit 1808. [Die Großstadt Wuppertal gibt es erst seit 1930, nachdem 1929 Barmen, Elberfeld und andere Orte zusammengelegt wurden.]

Beide Gemeinden liegen im Bergischen Land. Das ist kein geographischer Begriff. Zwar erklären die Bewohner des Bergischen Landes Besuchern gerne augenzwinkernd, in ihrer Heimat gehe es entweder bergauf oder es regne. Doch der Name Bergisches Land leitet sich von den Grafen von Berg ab, denen das Gebiet bis 1255 gehörte. Nach deren Aussterben wechseln die Herrscherhäuser oft. Das Bergische Land gehört unter anderem zu Jülich, Kleve, Pfalz-Neuburg, Kurpfalz, Bayern und schließlich ab 1815 zu Preußen. Bei allen Wechseln bleibt die Bezeichnung Bergisches Land bis in die Gegenwart bestehen.

Die Orte an der Wupper entwickeln sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem deutschen Manchester. Das kalkfreie Wasser dort eignet sich ideal zum Bleichen von Flachsfasern, die unterschiedlich weiterverarbeitet werden können. Die Wucht der Industrialisierung verändert sowohl die Landschaft als auch die Arbeit und das Leben der Menschen. Barmens Einwohnerzahl steigt im 19. Jahrhundert um über 1000 Prozent, von 12.000 auf 141.000.

[Jahr, Barmen: Einwohner -aufgerundet-]

1800: 12.000;

1819: 19.500;

1831: 24.300;

1840: 30.800;

1849: 36.000;

1861: 50.000;

1900: 141.000

Die meisten finden Arbeit als Weber, ein kleinerer Teil als Spinner und Färber. Engels selbst hat die Wupper als schmalen Fluss zwischen rauchigen Fabrikgebäuden beschrieben, dessen hochrote Farbe von den vielen Türkischrot-Färbereien herrührt. Auf die Umwelt wird keine Rücksicht genommen. An manchen Tagen ergänzen sich ungünstige Faktoren, und beißender Fabrikgeruch führt zu brennenden Augen und sogar Nasenbluten.

Die reiche Unternehmerfamilie Engels lebt in keinem abgesonderten Viertel, sondern mitten in der Stadt Barmen. Ihre eleganten Häuser befinden sich neben den eigenen Fabriken und Bleichplätzen. Jeden Tag verhandeln die Engels mit Kaufleuten, Fabrikanten, Handwerkern und Arbeitern. Ihre Kinder kommen mit allen Berufsgruppen in Berührung und wachsen so ohne Standesdünkel auf. Friedrich Engels wird sich sein ganzes Leben lang problemlos mit Leuten aus den unterschiedlichsten Schichten unterhalten können.

Innerhalb von drei Generationen arbeitete sich die Familie Engels zu den bedeutenden Barmer Familien hoch. Der Urgroßvater siedelte sich dort an, angeblich mit nur 25 Talern Besitz. Schon der Großvater gehört zum Stadtrat und ist Mitgründer der unitarischen Barmer Kirchengemeinde.

Calvinistisch geprägte Unternehmer wie die Familie Engels sehen sich durch ihre Erfolge als von Gott gesegnet und auserwählt an. Friedrich Engels sen. wird später beklagen: "Mein Vater hat in Barmen die evangelische Gemeinde erst gestiftet, ich habe eine Kirche gebaut, und mein Sohn reißt sie nieder."

Barmen ist protestantisch, viele Einwohner sind vom Pietismus geprägt. Dieser Glaube ist tief, emotional und geprägt von einem persönlichen Bezug zum Heiland Jesus Christus. Friedrich Engels wird später Parallelen ziehen zwischen diesem Glauben und dem starken Alkoholkonsum in Barmen. Glauben und Alkoholismus erklärt er als Flucht vor den brutalen Arbeits- und Alltagsbedingungen dort.

1837

Barmen

In das Jahr 1837 fallen für den Unternehmer Friedrich Engels sen. und für seinen ältesten Sohn Friedrich Entscheidungen mit weit reichenden Folgen. Friedrich Engels sen. und seine Brüder Caspar und August führen das Familienunternehmen Engels gemeinsam. Doch sie verfolgen unterschiedliche Konzepte zur

Führung der Firma und Gestaltung der Geschäfte, und die Probleme der 1830er Jahre verlangen Einigkeit bei unternehmerischen Risiken.

Zum Wohl von Firma und Familie lassen sie das Los entscheiden. Entweder Friedrich sen. wird die Firma Engels allein weiterführen oder Caspar und August zu zweit. Friedrich Engels sen. verliert. Er erhält zwar eine ordentliche Geldsumme, muss aber eine neue Grundlage für die Existenz seiner zehnköpfigen Familie finden [Außer Friedrich haben sie diese Kinder: Hermann (1822-1905), Marie (1824 -1901), Anna (1825-1853), Emil (1828-1884), Hedwig (1830-1904), Rudolf (1831-1903), Wilhelm (1832-1833), Elise (1834-1912)].

Zwei niederländische Brüder, Gottfried und Peter Ermen, gründen gemeinsam mit Friedrich Engels sen. die Firma Ermen & Engels. Die produziert nicht nur mit Flachs, sondern auch mit Baumwolle. Zuerst in Manchester, und bereits vier Jahre später hat Ermen & Engels auch Nähgarnfabriken in Barmen und Engelskirchen. Friedrich Engels sen. wird sich bis zum Ende seines Lebens als cleverer Unternehmer beweisen und durchsetzen.

1837 gerät auch das Leben des 16-jährigen Gymnasiasten Friedrich Engels aus der Bahn. Er besucht das Elberfelder Gymnasium, eines der besten in Preußen. Ein Jahr vor dem Abitur träumt er davon, nach der Schule Jura zu studieren und in den Staatsdienst zu gehen. Vielleicht kann er auch Schriftsteller werden?

Doch aus seinen Plänen wird nichts, denn sein Vater nimmt ihn aus der Schule und steckt seinen Ältesten in eine Ausbildung zum Kaufmann. Ein Jahr lang lernt er im Familienunternehmen in Barmen. 1838 brechen Vater und Sohn zu einer Geschäftsreise nach Manchester und London auf, bei der der Vater die dortige Startphase von Ermen & Engels kontrolliert.

Auf dem Rückweg wird in Bremen vereinbart, dass der jetzt 17-Jährige Friedrich Engels seine Ausbildung im Kontor des Handelshauses von Heinrich Leupold fortsetzten wird.

Friedrich Engels betet

Bremen, 1838-1841

"Ich bete täglich, ja fast den ganzen Tag um Wahrheit [...]", schreibt der 18-jährige Friedrich Engels aus Bremen seinem ehemaligen Klassenkamerad Friedrich Graeber, der später Gemeindepfarrer werden will. "Du liegst freilich behaglich in Deinem Glauben wie im warmen Bett und kennst den Kampf nicht [...]." Friedrich Engels zweifelt, aber er wirft seinen christlichen Glauben nicht mit einem einzigen Entschluss über Bord. Sein Weg in den Atheismus erfolgt schrittweise. Genauso wird er später auch nicht von einem Tag zum anderen Kommunist.

Sein Leben verläuft weder in sturer Linearität, noch in ständigem oder gar verzweifeltem Verirren in Labyrinthen. Kindheit und frühe Jugend sind vom Glauben der Eltern geprägt. Die sind überzeugte Christen. Als 1845 in Westeuropa zu wenige Kartoffeln wachsen, kommentiert Friedrich Engels sen. das so: "Es ist, als wenn Gott in dieser gottvergessenen Zeit den Menschen zeigen wollte, wie abhängig sie von Ihm und wie sehr in Seiner Hand sie sind."

Friedrich Engels´ Eltern sind Pietisten. Diese protestantische Bewegung verlangt mehr als sonntäglichen Gottesdienstbesuch. Christlicher Glaube hat sich in der Lebenspraxis zu äußern, jeder Gläubige hat die Bibel zu kennen, ist zum Priestertum der Laien berufen, übt seinen Glauben intensiv und persönlich aus.

Die Predigten vieler pietistischer Pfarrer sind weder sachlich noch ausgewogen. Sie wühlen die Emotionen ihrer Zuhörerinnen und Zuhörer auf. Gerne gehört wird der Prediger Friedrich Wilhelm Krummacher. Wenn er redet, wird die Kanzel zur Bühne. Er dreht sich in alle Richtungen, stampft mit dem Fuß auf, schreit so laut, dass Passanten außerhalb der Kirche zusammenzucken. Dieser Art von Verkündigung steht Familie Engels reserviert gegenüber.

Friedrich Engels erhält aber nicht nur religiöse Anregungen. Sein Großvater van Haar führt ihn in die Welt der griechischen Sagen ein, Vater Friedrich sen. beherrscht mehrere Musikinstrumente. Gegen alles, was in Barmen sittsam ist, schenkt seine Mutter ihm ein Buch von Goethe. Der steht in Barmen in keinem Bücherschrank. Schließlich ist Goethe ist kein Christ!

In der Schule wird erkannt, wie leicht es Engels fällt, Sprachen zu lernen. "Engels stottert in zwanzig Sprachen", wird es später in sozialistischen Kreisen heißen, wobei sich Häme und Respekt mischen. Häme, denn Engels kann ins Stottern geraten, wenn er sich sehr aufregt; Respekt, denn Engels spricht außer Deutsch fließend Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Russisch, ... und er korrespondiert in diesen Sprachen.

Während seiner Ausbildung in Bremen wird er in die Singakademie eintreten, um seine Baritonstimme zu pflegen. Überhaupt entwächst Friedrich Engels in der Handelsmetropole Bremen der Enge des Wuppertals. Ab 1838 muss er sich im Handelshaus Leupold mit Warenströmen, Zollvorschriften, Währungen und Korrespondenz befassen. So erhält er Einblicke in die Praxis des Fernhandels. Sein Vater muss ihn allerdings