In seinen Fesseln - Gay BDSM Romance - Vaelis Vaughan - E-Book

In seinen Fesseln - Gay BDSM Romance E-Book

Vaelis Vaughan

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Beschreibung

In seinen Fesseln Print 232 Seiten Genres: Gay BDSM Romance / Slice of Life / based on true story Klappentext: Caleb und Robin sind seit sieben Jahren ein Paar. Zwar lieben sie sich noch, aber der Alltagsstress zerfrisst ihre Beziehung. Beide arbeiten in Vollzeit, denn die Raten für den Hauskredit sind hoch. Problematischer ist jedoch: Die anfänglich beim Partner als niedlich wahrgenommenen kleinen Macken sorgen inzwischen für massive Auseinandersetzungen. Besonders Cal, der in seiner Haushaltsführung immer pingeliger zu werden scheint, regt sich mittlerweile permanent über seinen Freund auf. Tagtäglich streitet er sich mit ihm wegen Kleinigkeiten, denkt sogar an Trennung und sieht letztlich nur noch einen Ausweg: eine Paartherapie. Rob hingegen ist der festen Überzeugung, dass Cal eine Grenzerfahrung braucht, um zu erkennen, was wirklich im Leben wichtig ist. Über einen Zufall bekommen die zwei schließlich die Möglichkeit, an einem SM-Event der Mansion of Sin teilzunehmen, das zur anstehenden Sonnenfinsternis veranstaltet wird. Dieses soll auch für Anfänger geeignet sein und wird durch einen erfahrenen Master geleitet, aber kann dieses Erlebnis ihre Beziehung retten? Diese Geschichte beruht auf einer wahren, ersten BDSM-Erfahrung! Sie beinhaltet detailliert ausgeschriebene, schwule, sexuelle Szenen, fetischlastige Erotik, aber auch eine Menge sarkastischen Humor aus den Gedankengängen eines Anfänger-Subs. (Info: Dies ist eine überarbeitete Neuauflage von "Villa der Sünde")

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IN DEINEN FESSELN - Klappentext
Kapitel 1 - Alltagshass
Kapitel 2 - Therapeutische Maßnahmen
Kapitel 3 - Gegen Scham und Stolz
Kapitel 4 - Bittere Erkenntnisse
Kapitel 5 - Sonnenring
Nachwort
Danksagung
Impressum
Fußnoten

IN DEINEN FESSELN - Klappentext

Gay BDSM Romance

Geschichte auf wahren Begebenheiten

 

 

Caleb und Robin sind seit sieben Jahren ein Paar. Zwar lieben sie sich noch, aber der Alltagsstress zerfrisst ihre Beziehung. Beide arbeiten in Vollzeit, denn die Raten für den Hauskredit sind hoch. Problematischer ist jedoch: Die anfänglich beim Partner als niedlich wahrgenommenen kleinen Macken sorgen inzwischen für massive Auseinandersetzungen. Besonders Cal, der in seiner Haushaltsführung immer pingeliger zu werden scheint, regt sich mittlerweile permanent über seinen Freund auf. Tagtäglich streitet er sich mit ihm wegen Kleinigkeiten, denkt sogar an Trennung und sieht letztlich nur noch einen Ausweg: eine Paartherapie. Rob hingegen ist der festen Überzeugung, dass Cal eine Grenzerfahrung braucht, um zu erkennen, was wirklich im Leben wichtig ist. Über einen Zufall bekommen die zwei schließlich die Möglichkeit, an einem SM-Event der Mansion of Sin teilzunehmen, das zur anstehenden Sonnenfinsternis veranstaltet wird. Dieses soll auch für Anfänger geeignet sein und wird durch einen erfahrenen Master geleitet, aber kann dieses Erlebnis ihre Beziehung retten?

Diese Geschichte beruht auf einer wahren, ersten BDSM-Erfahrung! Sie beinhaltet detailliert ausgeschriebene, schwule, sexuelle Szenen, fetischlastige Erotik, aber auch eine Menge sarkastischen Humor aus den Gedankengängen eines Anfänger-Subs.

 

 

 

 

 

 

 

Am Anfang einer Beziehung nennt man die Macken des Partners „süße kleine Eigenheiten ...“,

15 Jahre später sagt die Polizei Tatmotiv dazu.

Kapitel 1 - Alltagshass

 

Ich schaue auf und sehe im Spiegel unseres Badezimmers, zwischen Zahnpastaspritzern und Sprenkeln, von denen ich nicht mal wissen will, woher sie stammen, wie meine rechte Augenbraue zuckt.

„Irgendwann bringe ich ihn um“, grolle ich zähneknirschend, nehme Robs nasse Zahnbürste von meiner Mahagoniablage und feuere sie mit Schmackes in das mit Bartstoppeln übersäte Waschbecken. „Mann! Wann haben wir darüber gesprochen? Gestern?“

Angeekelt lege ich ein Blatt Klopapier auf die weiße Schleimpfütze, um diese grob aufzusaugen, doch die Spritzer auf dem erst vorgestern gründlich geputzten Spiegel kann ich damit nicht wegwischen, sonst ist der nachher voller Schlieren. Wütend stapfe ich also aus dem Bad, steuere den Abstellraum an und schnappe mir dort das Glasreinigerspray, zwei Mikrofaserlappen und die Packung mit den Holzpflegetüchern, aus welcher ich eines bereits auf dem Rückweg unwirsch herausrupfe. Zurück im Badezimmer reiße ich das Klopapier weg und rubble wie ein Bekloppter auf dem Fleck herum.

‚Wie oft muss ich ihm eigentlich noch sagen, dass er weder Zahnputzbecher noch Zahnbürste, seinen Waschlappen oder sonst irgendwas auf der Holzleiste liegen lassen darf? Hundert Mal? Tausend Mal? Das gibt Flecken, verdammt! Ist das denn so schwer zu verstehen?‘

Fast schon beschwörend kreise ich mit dem Pflegetuch die Ränder nach und bete, dass die Feuchtigkeit noch nicht zu tief ins Holz eingezogen ist.

‚Gerade erst letztes Wochenende habe ich die gesamte Ablage abgeschliffen und neu geölt, weil sie schon voller heller Ringe, Kleckse und Spritzer war! Und jetzt, nicht mal drei Tage später, geht derselbe Mist von vorne los?‘

Der Fleck ist nun einheitlich dunkel und noch immer deutlich sichtbar. Erst wenn er getrocknet ist, wird sich zeigen, ob sich das Holz dauerhaft verfärbt hat. In der Zwischenzeit spüle ich noch schnell das Waschbecken aus und befreie es von den abrasierten Borsten, die so wüst herumliegen, als hätte Rob sie mit einem Pfefferstreuer verteilt. Beim anschließenden Putzen des weiß gerahmten Barockspiegels rümpfe ich die Nase, denn dieser eine eklige, gelbe Spritzer braucht sage und schreibe neuneinhalb Umkreisungen, bis er sich endlich von dem dreifach geschliffenen Glas löst. Sobald ich dieses nachpoliert habe, fahre ich herum, öffne die gewissenhaft gewienerte Hochglanzanrichte zur Rechten und hole aus meinem akribisch sortierten Kleingerätefach einen Föhn heraus. Auf moderater Stufe lasse ich dessen wärmenden Luftstrahl über die immer noch feuchte Holzablage kreisen und grummle dabei weiter vor mich hin.

‚Wahrscheinlich glaubt er, es macht mir Spaß, ihm ständig hinterher zu putzen! Als wenn ich nichts Besseres zu tun hätte! Da warten mindestens zwanzig E-Mails in meinem verdammten Postfach. Die Blumenbestellung der Schröders steht auch noch aus und die Blaskapelle wartet seit acht Uhr auf Rückruf! Aber scheiß drauf, ist ja nur mein lästiger Job, von dem ich die Hälfte der Kreditrate bezahle!‘

Ganz ehrlich, ich verstehe, dass nicht jeder so ein vorausschauender und sorgfältiger Saubermann sein kann, wie ich es bin, und ja, vielleicht bin ich auch ein ganz kleines bisschen pingelig ... Aber verfluchte Scheiße noch eins, muss man sich denn jeden Morgen verhalten wie eine gehirnamputierte Drecksau, bevor man zur Arbeit fährt?

Ja, seitdem Rob das Tattoostudio seines alten Chefs übernommen hat, steht er früher auf als ich und hat dadurch auch deutlich mehr Stress, weil er den Laden aufschließen muss. Trotzdem darf ich doch wohl ein Mindestmaß an Umsicht erwarten!

Als das Holz trocknet und aufhellt, stelle ich erleichtert fest, dass ich glücklicherweise schnell genug gehandelt habe. Ein minimaler Schatten ist zwar noch zu sehen, aber mit dem kann ich gerade so leben. Beruhigt schalte ich den Föhn aus und stemme die Hände in die Hüften, dann atme ich einmal tief durch, denn sonst hab ich das Gefühl, jeden Moment innerlich zu platzen.

‚Ich muss ihn umbringen ... ja. Das ist die einzig logische Konsequenz! Er wird es nicht lernen, niemals, und wenn ich mir noch hundertmal den Mund fusselig rede! ... Ob es wohl geschmacklose Pestizide gibt? Ich muss ja wegen der Schröderblumen sowieso noch zu Pflanzen-Kölle ...‘

Selbstverständlich sind meine Gedankengänge ironischer Natur, aber sie bringen mich wieder zum Schmunzeln, selbst wenn ich stocksauer bin. Tiefschwarzer Humor ist sehr häufig meine Rettung in der psychischen Not, doch das war beileibe nicht immer so. Früher habe ich mich jedes Mal so lange in meiner Wutspirale gedreht, bis ich irgendeine Person für mein aktuelles Ärgernis verantwortlich machen und zusammenstauchen konnte. Fand ich niemanden, der die Schuld auf sich nahm, richtete sich mein Groll auch mal gegen gänzlich unbeteiligte Personen oder Gegenstände, was besonders zu meiner Jugendzeit üble Ausmaße annahm. Ich schmiss Fensterscheiben ein, demolierte Autos, trat Werbeaufsteller zusammen oder ... fing Prügeleien an, aus vollkommen nichtigen Gründen, selbst mit Typen, die sichtbar stärker waren als ich. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich deswegen im Krankenhaus lag. Doch dann lernte ich Robin kennen und meine ganze Lebenseinstellung veränderte sich.

Frustriert spüle ich seine Zahnbürste aus, trockne sie ab und lege sie neben meine auf ein Stück Zellstoff im Waschtischschubfach. Ich mag es nicht, wenn zu viel Zeug offen in der Wohnung herumliegt, und habe es gerne übersichtlich, weshalb alles, was ich besitze, gut sortiert in den Schränken verstaut ist. Von ein paar wenigen Dekogegenständen abgesehen. Mit dem zweiten Mikrofasertuch poliere ich schlussendlich das Waschbecken auf Hochglanz und bringe dann beide Lappen seufzend zur Waschmaschine, die ich bei der Gelegenheit auch gleich noch befülle und anstelle, denn außer mir macht das in diesem Haushalt ja keiner. Robs miefige Klamotten, die natürlich zum Großteil vor dem Wäschekorb liegen und nicht darin, sind allerdings so voller Hundehaare, dass ich sie nicht mit meinen Sachen zusammen waschen kann. Stattdessen sortiere ich sie in einen separaten Wäschebeutel, lege einen Haarfänger aus Gummi dazu und stecke das Ganze noch in einen zweiten Sack, ehe ich diesen in die Trommel werfe.

Seitdem Rob einer seiner Beschäftigten erlaubt hat, ihren Schnudel, eine Mischung aus Schnauzer und Pudel, in den Aufenthaltsraum der Angestellten auf Arbeit mitzubringen, kleben an all seinen Klamotten graue, borstig-wellige Haare, als würde er jeden Tag nach Feierabend einmal durchs Altersheim surfen!

‚Das nächste Mal, wenn ich Olga sehe, schenke ich ihr einen Korb voller Hundebürsten ... und einen Rasierer! Vielleicht versteht sie den Wink mit dem Zaunpfahl.‘

Endlich und viel zu spät verlasse ich das Obergeschoss und steige die minimalistische Wendeltreppe nach unten in die Küche, um mir meinen wohlverdienten Kaffee zu machen, oder wie Rob ihn nennt: meine Zuckermilch mit Röstaroma. Was soll‘s, ich stehe dazu. Nicht jeder kann sich die bittere Plörre schwarz hinunterkippen. Die Vorfreude auf mein morgendliches Ritualgesöff verfliegt allerdings recht flott, als ich den bekrümelten Frühstückstisch entdecke. Auf diesem steht ein beschmiertes Marmeladenglas und dreckiges Geschirr stapelt sich auf der Spülmaschine. Ja darauf, nicht darin, denn die zehn Zentimeter Bückaufwand sind natürlich zu viel verlangt.

Stöhnend kippe ich kurz den Kopf in den Nacken, ehe ich mich daran mache, auch dieses Chaos zu beseitigen. „Warum?“, frage ich mich dabei selbst. „Warum tue ich mir das jeden Tag an?“

Ich weiß einfach nicht mehr, ob und wie ich mit dem Kerl noch weitermachen soll. Wenn ich ehrlich bin, würde ich ihn am liebsten rausschmeißen, denn bevor wir zusammengezogen sind, lief alles super! Wenn wir uns sehen wollten, trafen wir uns fast immer außerhalb unserer Wohnungen, gingen in Restaurants, in Bars, Clubs oder einfach in den Park. Wir unternahmen gern Wochenendtrips, waren oft in Hotels und ich war viel zu verliebt, als dass ich all die roten Fahnen rechtzeitig erkannt hätte. Als er vor zwei Jahren dann diese blendende Idee mit dem gemeinsamen Haus hatte, dachte ich überhaupt nicht groß darüber nach und schwupps saßen wir beide schon in der Bankfiliale und nahmen einen Kredit für ein völlig überteuertes Haus auf. Jetzt kann ich nicht mehr so einfach weg und er auch nicht, denn im Falle einer Trennung müsste einer von uns den anderen auszahlen, was wir natürlich beide nicht können. Schlussendlich wären wir gezwungen, das Haus zu verkaufen, was vermutlich alleine schon wegen der anfallenden Vorfälligkeitszinsen ein finanzielles Desaster wäre. Aber mal ganz davon abgesehen, auch wenn es gerade nicht den Anschein macht, liebe ich Rob wirklich von ganzem Herzen und möchte mich eigentlich auch gar nicht von ihm trennen. Zumindest nicht paartechnisch. Wir sind jetzt schon fast sieben Jahre ein Paar, das ist länger, als ich jemals mit einem anderen Mann zusammen war, aber an manchen Tagen möchte ich ihm einfach nur noch den Hals umdrehen! In letzter Zeit immer öfter ...

Nachdem ich auch das Chaos in der Küche beseitigt habe - inzwischen ist es halb zehn - mache ich mir endlich meinen Kinderkaffee und gehe hoch in mein kleines Home-Office, das ehemalige Gästezimmer. Seit neun Jahren arbeite ich nun bereits als Eventmanager. Letztes Jahr hatte ich einen Burn-out und musste sogar für einige Wochen in eine psychosomatische Rehaklinik. Als ich wiederkam, dachte ich immer öfter darüber nach, wie es wohl wäre, nicht mehr jeden Tag in mein Mietbüro am Potsdamer Platz fahren zu müssen. Ja, ich und auch die Ärzte der Reha waren der festen Überzeugung, dass ich zu Hause entspannter arbeiten kann und durch die wegfallende Fahrerei auch mehr Entspannung in meinen Alltag bringe.

Am Arsch!

Seitdem verbringe ich den halben Tag mit vollkommen nebensächlichen Sachen, mache den Haushalt und komme mit meiner eigentlichen Arbeit kaum noch zu Potte! Gerade setze ich mich an meinen Schreibtisch, klappe den Rechner auf und das Erste, was mir entgegenploppt, sind zweiunddreißig neue Nachrichten mit Auftragsanfragen, zu denen ich Angebote erstellen muss.

„Oh Mann. Wie soll ich das alles in einer Woche schaffen?“

***

Sobald ich pünktlich um siebzehn Uhr Robs Schlüssel höre, der im Schloss der Eingangstür klimpert, spanne ich mich innerlich an und schalte alle Systeme auf Konfrontationskurs.

‚Na der kann was erleben!‘

Nichts hab ich geschafft! Rein gar nichts! Nicht mal die verdammten Blumen für die verdammten Schröders hab ich bestellt! Und warum? Weil mir irgendwann aufgefallen ist, dass sämtliche Fenster in diesem Haus völlig verstaubt sind! Und warum sind sie verstaubt? Weil Rob ja unbedingt immerzu diesen dämlichen Kamin anmachen muss, obwohl wir eine wunderbare, voll funktionstüchtige Fußbodenheizung haben, die keinen Ruß durchs ganze Haus bläst!

„Cal?“, höre ich Robs tiefe Stimme rufen und stehe auf, während ich mich zu beruhigen versuche. Immerhin kann ich ihm verbal keine runterhauen, bevor ich ihm nicht wenigstens Hallo gesagt habe. So viel Höflichkeit muss sein. „Ich hab uns ‘ne Chinapfanne mitgebracht“, verkündet er daraufhin und ich frage mich einen Moment, ob er ein schlechtes Gewissen hat. „Kommst du runter?“

„Komme!“, antworte ich knapp, obwohl ich bereits auf der Treppe stehe, und bin angesichts seines Mitbringsels und meines knurrenden Magens fast schon wieder in versöhnlicher Stimmung. Doch da sehe ich, wie er schnaufend seine abgewetzte Lederjacke auf den Flursessel wirft, statt sie aufzuhängen. Augenblicklich kocht die Wut erneut in mir hoch und ich balle die Fäuste. „Könntest du bitte deine versiffte Drecksjacke von meinem Boudoirsessel nehmen?“

„Ja, ja, gleich“, antwortet er unbekümmert, wirft seine Haare zurück und stellt die Tüte mit den gedeckelten Aluschalen aus dem Asia-Imbiss auf den Esstisch. Seit die Preise bei seinem Frisör aufs Doppelte gestiegen sind, hat er sich seine leicht gewellte, sandfarbene Mähne nicht mehr schneiden lassen und sieht inzwischen aus wie eine kräftigere Version von Rob Zombie. „Lass uns erst mal futtern, ich hab echt Kohldampf.“

‚Ich geb dir gleich Dampf!‘

Energischen Schrittes gehe ich auf ihn zu und hole gerade tief Luft, um ihn anzuschnauzen, da dreht er sich lächelnd zu mir um und küsst mich einfach. „Hi Schatz. Bevor du was sagst: Die Ente auf deinen Nudeln ist ohne Panade! Diesmal hab ich dran gedacht.“

Ja, das war der Anlass für meinen letzten Ausraster. Ich hasse Panade aka zusammengepappte Fettpampe mit Weizenmehl. Schon seit Jahren bringt er immer wieder irgendwelches in Teig frittiertes Zeug mit, das ich dann ewig rauspulen muss.

„Danke“, ringe ich mir ab und schlucke meine Schimpftirade herunter. „Hast du auch an die gerösteten Zwiebeln gedacht und die scharfe Soße?“

„Ist beides nicht mal in die Nähe deiner Schale gekommen!“, verkündet er grinsend und scheint es richtig zu genießen, dass ich mal nichts zu meckern habe, obwohl er schon an meiner Tonlage gehört haben dürfte, dass ich grundlegend auf Krawall aus war. Stattdessen streicht er mir nun die Haare zurück und gibt mir einen weiteren Kuss auf die Wange, ehe er mit der Hand darauf patscht. „Na los, hör auf zu grummeln und lass uns essen. Kannst mir später noch die Hölle heißmachen, für ... was auch immer ich wieder verbrochen habe.“

„Grmslmrrr, deine Mutter hat dich verbrochen!“ Ungestüm rupfe ich die Stäbchen aus der Papierverpackung und entferne den beschichteten Pappdeckel von der Aluschale, ehe ich mich setze. „Ist ganz sicher nicht so, dass ich dich gern anschnauze!“

„Ach nein?“ Rob prustet und holt die Wasserflasche aus dem Kühlschrank. „Wenn es dir keinen Spaß macht, könntest du es nicht vielleicht einfach sein lassen?“

„Ich würde es lassen, wenn du mich nicht den halben Tag in den Wahnsinn treiben -“

„Ich war doch überhaupt nicht hier“, unterbricht er mich, ohne mich anzusehen, und gießt scheinbar gelassen zwei Gläser Wasser ein. „Jetzt beruhige dich bitte wieder und lass uns nachher darüber reden, ja? Ich hatte ‘nen echt anstrengenden Tag.“

„Super!“, fauche ich und spüre, wie mein Gesicht heiß wird. „Mein Tag war auch beschissen und dreimal darfst du raten, wer daran schuld ist!“ Ich warte nicht auf seine Antwort, sondern wettere direkt weiter, denn ich kann es einfach nicht mehr in mir behalten: „Du! Wie oft hab ich dich schon gebeten, nichts Nasses auf dem Mahagonibrett im Bad liegen zu lassen?“

Rob verdreht die Augen, dann schnalzt er mit der Zunge und spießt demonstrativ seine Stäbchen in den Nudelberg, da er ganz offensichtlich eh nicht zum Essen kommt, bevor wir das geklärt haben. „Ich dachte, du hättest das Ding jetzt endlich mal imprägniert?“

„Nein! Ich habe die ganzen alten Flecken abgeschliffen und es neu geölt!“

„Klasse“, schnauft er und legt den Kopf in den Nacken. „Erklär mir doch mal bitte den Sinn eines Ablagebretts, wenn man darauf nichts ablegen darf!“

„Es ist eine Deko-Ablage!“, verteidige ich mich nach kurzem Zögern. „Da legt man Deko drauf, keine schleimigen Zahnbürsten! Und selbst das wäre ja kein Problem, wenn es nur kurz wäre und du es danach wieder säubern würdest!“

„Wie wäre es denn, wenn wir dieses dämliche Brett einfach durch eine Glasleiste austauschen? Oder wenigstens eine wasserabweisende Folie draufkleben?“

„Ich kleb doch keine scheiß Plastikfolie auf mein Mahagoni!“ Entrüstet haue ich mit der Hand auf den Tisch. „Wie wäre es denn, wenn du deine Hinterlassenschaften einfach beseitigst, statt immer alles liegen zu lassen? Du bist zweiundvierzig, verdammt! Ist das denn wirklich zu viel verlangt? Nur wegen deiner Lotterwirtschaft habe ich heute nichts geschafft, obwohl mir drei Tonnen an Arbeit am Arsch kleben, die noch vor unserem Urlaub erledigt werden muss! Den ganzen verfluchten Tag räume ich dir deine Scheiße hinterher, putze deinen Dreck weg und wasche deine mit Hundehaaren verseuchte Wäsche! Zu nichts anderem komme ich mehr!“

Rob sieht mich die ganze Zeit schweigend an, doch sobald mein letztes Wort gesprochen ist, schüttelt er verständnislos den Kopf und schnauft kurz durch. „Cal, niemand außer dir selbst zwingt dich, das Haus permanent auf Hochglanz zu polieren. Ein bisschen Dreck schadet nicht!“

„Das ist aber nicht nur ein bisschen!“, schnauze ich ihn an und gebe dem Tisch eine weitere Backpfeife. „Wenn ich hier nicht sauber mache, tut es doch niemand! Wann hast du zuletzt die Wäsche gewaschen, die Fenster geputzt oder wenigstens mal gesaugt?“

„Du lässt mich doch gar nicht!“, motzt er zurück, inzwischen ebenfalls hörbar angepisst, und steht auf. „Jedes Mal, wenn ich hier irgendwas gemacht habe, war es nicht richtig oder nicht gut genug. Und außerdem ist ja immer schon alles fertig, sobald ich nach Hause komme! Also wann soll ich denn putzen? In meiner Mittagspause?“ Gerade als ich etwas darauf erwidern will, nimmt er seine Schale und geht. „Ich esse im Wohnzimmer. Gib mir Bescheid, wenn du von deinem Aggro-Trip wieder runter bist.“

„Meinem Aggro-Trip?“ Jetzt schlägt‘s aber dreizehn! „Ich bin doch nur aggro, weil du dich wie ein rücksichtsloses Schwei-“, das Knallen der Tür unterbricht meinen Redestrom und ich bleibe mit all meinem Frust zurück.

***

Den ganzen Abend haben wir nicht mehr miteinander geredet. Rob aß nicht mal die Hälfte seiner Portion auf, dann stellte er den Rest in den Kühlschrank, schnappte sich seine Sporttasche und verließ wortlos das Haus. Das macht er immer, wenn wir uns streiten. Er fährt in die Muckibude und reagiert sich dort an den Geräten ab, was ihm vor allem in den letzten zwei Jahren, der Häufigkeit unserer Reibereien geschuldet, ein sehr ansehnlich breites Kreuz beschert hat.

Ich hingegen verziehe mich dann meistens mit einem Schluck Alkohol ins Büro. Heute ist es ein halbes Glas Tennessee Whisky, das meine Nerven beruhigt, damit ich wenigstens noch das Gestrüpp für die Hochzeit der Schröders bestellen kann. Für Sport bleibt mir keine Zeit, außerdem hab ich nicht die richtige Veranlagung dafür. Ich setze nichts an und werde auch immer drahtig bleiben, egal wie viel ich esse oder wie viel Sport ich mache. Da komme ich wohl nach meinem Vater. Der ist zehn Jahre im Verein Kanu gefahren und sah selbst am Ende seiner sportlichen Karriere praktisch noch genauso aus wie am Anfang. Da kann ich mir auch einen reinzwitschern und nebenbei arbeiten, um mich abzureagieren.

‚Wahrscheinlich macht er dann nachher auch gleich wieder den Kamin an, schlurft dabei durch die Asche, die herausnebelt, sobald man die Luke aufmacht, und haut dann seine verdreckten Füße auf meine schöne Chaiselongue!‘

„Wegen dem Kerl werde ich noch zum Alkoholiker!“, grummle ich missmutig und gieße mir den dritten Schwall ins Glas, denn inzwischen hab ich die Flasche hochgeholt. „Wann kommt der eigentlich zurück? Ist doch schon vor zwei Stunden los?“ Eifersucht befällt mich.

‚Wahrscheinlich hat er wieder irgendeinen Bekannten beim Sport getroffen, mit dem er noch ein Bier trinken gegangen ist. Oder einen Club Mate ... oder was auch immer die heutzutage für eine Hipsterscheiße saufen.‘

Allein der Gedanke daran macht mich rasend. Ich bin ja schon seit Beginn unserer Beziehung ziemlich eifersüchtig, auch wenn mir Rob nie einen wirklichen Grund dazu gegeben hat, aber er ist eben ein echt gutaussehender Typ, vor allem seit wir uns ständig zoffen. Gerade nach einem solchen Donnerwetter wie heute ist meine Angst daher besonders groß, dass er sich anderweitig Zuwendung holt.

Ich kontrolliere noch einmal meinen Aufbauplan für die nächste Hochzeit, schicke dann endlich die letzten Angebote ab und klappe den Laptop zu, während ich den übrig gebliebenen Spuckschluck meines Whiskys inhaliere. Dabei verziehe ich das Gesicht, so wie jedes Mal, wenn ich das Zeug pur trinken muss. Eigentlich mag ich keinen Whisky. Ich bin mehr so der Weißwein-Typ, und wenn ich ganz ausgelassen bin, gönne ich mir auch mal einen Aperol Spritz, aber sonst bin ich da eher zurückhaltend.

Gerade als ich aufstehen will, bleibt mein Blick einen Moment auf einem gerahmten Pärchenfoto von Rob und mir hängen. Es stammt aus unserem ersten gemeinsamen Urlaub in der Türkei und ist bis heute mein Lieblingsbild von uns. Wir lachen darauf nämlich beide aus vollem Herzen, weil der Reiseführer, den wir um ein Foto gebeten hatten, genau in diesem Moment einen Vogelschiss auf die Schulter bekam. Sein angewidertes Gesicht werde ich niemals vergessen, vor allem als er sich den schleimigen Haufen von seinem schnieken dunkelblauen Hemd schubsen wollte und ihn stattdessen natürlich nur breitgeschmiert hat.

‚Was ist nur mit uns passiert?‘, frage ich mich selbst und seufze. ‚Wir waren mal so glücklich ...‘

Einen Augenblick verliere ich mich in meinen trüben Gedanken, muss aber kurz darauf gleich wieder grinsen, als ich mich an etwas erinnere. Meine Mutter hat früher recht häufig so komische Vergleiche aus schmalzigen Filmen geklaut, zum Beispiel was das Leben und eine Pralinenschachtel gemeinsam haben oder so ähnlich. Meistens fand ich diese Lebensweisheiten ziemlich oberflächlich und dämlich, aber als ich Rob zum ersten Mal sah, erinnerte ich mich sofort an etwas, das sie einmal zu mir gesagt hatte: „Männer sind wie Pilze. Die, die am besten aussehen, sind die gefährlichsten.“

Ja. Gefährlich. Genau so sah eraus. Wild, unberechenbar und von den Fußspitzen bis zum Hals mit Tattoos zugehackt, was ihn bis heute unheimlich sexy macht, wie ich finde.

Rob und ich lernten uns auf einem Konzert kennen. Auf einem Manowar-Konzert ... gegen das ich mich erst mit Händen und Füßen gewehrt hatte, weil ich die Typen und auch ihre Musik einfach nur megapeinlich finde. Aber mein bester Freund war damals ein riesiger Fan und wollte nicht alleine gehen, also hab ich mich breitschlagen lassen, ihn zu begleiten. Eigentlich war meine Präsenz jedoch vollkommen überflüssig, denn schon im Laufe des ersten Songs versank er im Moshpit[Fußnote 1] und ich traf ihn erst auf dem Parkplatz an meinem Auto wieder. Vermutlich brauchte er in Wahrheit einfach nur jemanden, der ihn dorthin kutschierte und wieder nach Hause brachte, wenn er stockbesoffen war.

Tja, jedenfalls stand ich, mit einem Plastikbecher voll Caipirinha in der Hand, etwas abseits, beobachtete die tobende Masse und dann, mitten in einem ohrenbetäubenden Erguss episch berauschenden True Metals[Fußnote 2], sah ich ihn.

Einen zwei Meter großen Hünen in schwarzer Lederhose und Achselshirt, das seine Muskeln und die darauf prangenden Tätowierungen so unverschämt geil betonte, dass ich fast einen spontanen Orgasmus bekam. Zum Refrain von Warriors of the World schüttelte er seine Mähne, tanzte, sang lauthals mit, und zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich diesem Lied etwas abgewinnen.

Mehr durch Zufall drehte er sich nach dem Song zu einem seiner Kumpel um, der ihm ein neues Bier reichte. Er fuhr sich durch die Haare, setzte es an seine Lippen und während er sich dabei zurück zur Bühne wandte, trafen sich unsere Blicke für eine kleine Ewigkeit.

Ich, mit meinem schwarz gefärbten, peinlichen Fransenschnitt auf dem Kopf und einem Dark Wave Kleidungsmix aus KiK und XtraX, stand da wie hypnotisiert, starrte ihn an und bewegte mich kein Stück.

Ganz langsam, ohne seine Augen von mir zu lassen, nahm Rob den Becher von seinem Mund, leckte sich über die Lippen, grinste und zwinkerte mir zu.

Wie der letzte Volldepp drehte ich mich erst mal völlig perplex um und prüfte, ob er nicht irgendeine heiße Schnitte hinter mir meinte, doch da lachte er nur und kam auf mich zu. Keine Minute später, nach einem knappen Kompliment über meine hypnotisierend stahlblauen Augen, hatte ich bereits seine Zunge in meinem Mund und schmeckte das süßliche Starkbier auf seinen Lippen. Für eine richtige Vorstellungsrunde war es viel zu laut, und da er mich völlig selbstverständlich in seine Arme zog, war ich so überrumpelt, dass ich mich einfach auf ihn einließ.

Noch am selben Abend hatten wir hammergeilen Sex auf einem der ranzigen Konzerthallen-Klos und zum ersten Mal, seit ich mich erinnern kann, waren mir die Bakterien um mich herum scheißegal! Alles, woran ich denken konnte, war der Schwanz dieses unglaublich heißen Kerls, der mich da gerade so stürmisch durchnahm.

Ehrlich gesagt hätte ich niemals gedacht, meine heiße Begegnung danach nochmal wiederzusehen. Ich war überzeugt, er sei einer dieser Typen, die jedes Wochenende einen anderen haben, oder zwei, aber als ich nach Hause kam, fand ich tatsächlich einen Zettel mit seiner Telefonnummer in meiner Hosentasche. Tja, und dann kam eins zum anderen. Ich rief ihn an, wir verabredeten uns und kamen nicht wieder voneinander los. Angeblich hat er sich auf den ersten Blick in mich verliebt und ich glaube, mir ging es genauso.

Anfangs konnte ich mein Glück gar nicht fassen. Dass sich ein Mann wie er ernsthaft für jemanden wie mich interessierte, lag vollkommen außerhalb meiner Vorstellungskraft, denn ich fand auch schon damals, dass ich nicht besonders attraktiv oder gar begehrenswert bin, obwohl er mir stets das Gegenteil versicherte. Und nun, sieben Jahre später, will ich meinem Traummann eigentlich nur noch den Hals umdrehen. Traurig.

Seufzend stehe ich auf und bemerke erst jetzt, wie sehr mir der Alkohol bereits zu Kopf gestiegen ist. Der Boden schwankt unter meinen Füßen und ich muss mich einmal schütteln, ehe ich grob die Tür anpeile und zielstrebig darauf zu eiere. Das Badezimmer ist mein Bestimmungsort. Die Klamotten fallen schnell und als ich es geschafft habe, halbwegs stolperfrei in die Dusche zu steigen, bin ich echt erleichtert.

Als mir das heiße Wasser auf den Körper prasselt, lehne ich mich mit der Stirn an die Wand und genieße es für eine Weile. Erst nachdem ich so richtig aufgeheizt bin, taste ich blind nach meinem Duschgel in der verchromten Wandhalterung und drehe die Brause aus. Wie in Trance schäume ich mich ein und versinke dabei in meinen Erinnerungen: Das eine Mal im Park, bei dem wir erwischt wurden, just in dem Moment, als ich abspritzte.

---ENDE DER LESEPROBE---