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Candy Quinn

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Beschreibung

Miriam ist gelangweilt von ihrem Heimatdorf. Ständig die selben Leute, die selbe Landschaft. Sie sehnt sich nach Freiheit und so treibt ihre Neugier sie in das bunte Berlin. Dort trifft sie auf Jaqueline: groß, braun gebrannt, tätowiert und hungrig nach Spaß. Sie führt Miriam in eine Welt voller schillernder Gestalten und vor allem Sex. Schon bald muss Miriam erkennen, dass sie nur eine Sache in die weite Welt getrieben hat: ihr eigenes Verlangen.

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Seitenzahl: 185

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Oh mein Gott

Nichts tät ich lieber

Das warme Gefühl

Heißer Körper

Ein letztes Mal

Die andere Seite

Probier es exotisch

Steif

Nur eine Nacht

Konkurrenzkampf

Flirten

Der eigene Körper

Freiheit

Ein neues Leben

Apfelstrudel

Toilettenquickie

Ausgenutzt

Straflust

Feuchte Träume

Jeder darf mal ran

Fuck forever

Die nackte Wahrheit

Das letzte Mal

Etwas besseres

Außergwöhnlich

Pokerspiel

Ein letzter Stoß

Sunny Boy

Prolog

Wilder Sex hatte ihm in früheren Jahren besser geschmeckt. Als er aus dem Restaurant trat, in dem er soeben nach langwieriger Anmache die junge, blonde Kellnerin mit Tiger Tattoo auf dem Rücken verführt hatte, klatschte ihm kalter Regen ins Gesicht. Jaqueline war der Höhepunkt der letzten Monate. Ihre prallen Brüste wippten in einem knallroten BH über ihm auf und ab. Ihren braun gebrannten Hintern hatte sie ihm in ihrem kurzen schwarzen Rock entgegen gestreckt. Er schüttelte den Kopf, um das Bild aus seinen Gedanken zu bekommen. Schwer atmend hechtete Steffen in einen Blumenladen und kaufte einen großen Strauß mit pinken Rosen für sie. Letzten Endes hatte sein schlechtes Gewissen gesiegt. Er hatte das makellose Gesicht seiner Ehefrau, Marlen vor den Augen. Auch wenn seine Frau sexuell eingeschlafen war, liebte er sie und lebte bereits 16 Jahre mit ihr zusammen. Seitdem ihre beiden Kinder auf der Welt waren, hatte Steffens Ehefrau sich verändert. Sie war wie Dornröschen: Wunderschön anzusehen, aber eingeschlafen. Die ersten Jahre hatte er versucht, es zu verstehen, aber auch er hatte Bedürfnisse. Diese befriedigte er seit geraumer Zeit immer wieder bei anderen Frauen, ob nun Prostituierte oder junge, willige Frauen wie Jaqueline. Er brauchte Sex, schließlich war er ein Mann mit Druck in jeglicher Hinsicht und musste sich beweisen. Die Angst vor dem Altern war zu groß, dafür war er noch zu gut in Form.

In diesem Moment war jedoch die Angst vor der Reaktion seiner Frau größer. Er wollte ihr beichten, dass er sich eine junge Kellnerin für seine Bedürfnisse genommen hatte. Aber wie würde Marlen reagieren? Mit einem überdimensionalen Blumenstrauß lief er zum Taxi und atmete tief durch, während der Fahrt nach Hause.

Panik schlich seine Kehle hinauf. Kurz telefonierte er mit seiner jungen Sekretärin, die bereits öfter in den Genuss seines ansehnlichen Gemächtes gekommen war, und sagte alle Termine für den heutigen Tag ab. Das schlechte Gewissen pochte in seinem Kopf. Vermutlich sollte er sich nach einer neuen Sekretärin umsehen und hoffen, dass es das junge Ding nicht ebenso sehr aus der Fassung brächte wie Jaqueline.

Er würde Marlen ausführen und sich gut um sie kümmern. So, wie es ein gutes Ehepaar nun mal tat. Er war der Ehemann und musste sich um seine Frau kümmern. Sein gewissen fragte sich, ob er aus den Ruinen seiner Beziehung etwas Neues aufbauen könnte, doch diese Gedanken schüttelte er von sich. Er schluckte die Angst hinunter, die seine Kehle immer mehr zu schnürte.

Nach 20 Minuten Fahrt stand das Auto vor seinem wohlverdienten Einfamilienhaus. Er gab dem Fahrer ein beachtliches Trinkgeld und wuchtete sich mit dem großen Blumenstrauß aus dem Auto. Mit zittriger Hand stand er vor seiner Haustür, versuchte verzweifelt den Schlüssel in das Schloss zu stecken, aber die verschmitzt lächelnde Jaqueline räkelte sich in ihrer roten Spitzenunterwäsche in seinen Gedanken. Sie hatte ihm Energie und Ansporn gegeben, wenn auch nur kurz.

Steffen wünschte sich sein früheres Leben zurück, indem Marlen und er sich ohne Worte verstanden, kleine Berührungen die Sehnsüchte des Alltages überbrückten und sie ihm so oft ihr schönstes Lächeln schenkte. Ein Lächeln, das nur für ihn bestimmt war und sie niemand anderem zuwarf. Dieses verführerische Lächeln, das Jaqueline immer aufgesetzt hatte, sobald er in das Restaurant eingetreten war. Verschmitzt, geheimnisvoll und verliebt. Wütend schüttelte er die angenehme Gänsehaut von seinem Rücken und drehte den Schlüssel im Schloss. Schweißtropfen perlten an seinen Schläfen herunter.

Eine verschwörerische Ruhe lag im Haus. Verwundert legte Steffen seinen Mantel in der Küche ab, sah sich vorsichtig um und streifte durch das Erdgeschoss. Der Anrufbeantworter des Telefons blinkte rot. Er drückte den Wiedergabeknopf. „Hey, Onkel Steffen. Ich bin es, Miriam. Ich wollte euch nur mitteilen, dass ich jetzt auf dem Weg nach Berlin bin und mir schnell eine Wohnung suchen werde. Ihr glaubt gar nicht, wie froh ich bin, endlich hier ausbrechen zu können und wie ihr in der freien Wildnis der Großstadt zu leben. Ich hoffe, wir sehen uns bald. Ich melde mich wieder. Tschüss.“

Ertönte die piepsende Stimme seiner 18-jährigen Nichte Miriam aus dem Anrufbeantworter. Er schüttelte unglücklich den Kopf und seufzte. Er würde später bei ihr anrufen. Seine Nichte Miriam war junge 18 Jahre alt, unverbraucht und naiv. Bereits eine Woche nach ihrer Geburt, als er Miriam das erste Mal sah, hatte er gehofft, sie müsste nie erwachsen werden. Stumm flehte er, dass sie nie solche Schwierigkeiten haben würde, wie er in diesem Moment. Das schlechte Gewissen kroch seine Kehle hinauf, aber er schluckte sie hinunter und schüttelte den Kopf.

Plötzlich vernahm er Geräusche aus der oberen Etage und schlich sich erneut durch den Flur. Die Innenausstattung seines Hauses hatte er sich einiges kosten lassen: Marmorboden, in die Wände eingelassene Deckenfluter: Spiegel, die die gesamte Wand im Flur bedeckten, Möbel mit rotem Saum und Gardinen mit goldenen Kordeln verziert. Die Küche war vollgestopft mit den neuesten Küchenmaschinen, die die Arbeit zum größten Teil selbst übernahmen und dennoch selten zum Einsatz kamen. Bedacht schlich er die Marmortreppe auf Zehenspitzen nach oben und näherte sich den undefinierbaren Geräuschen. War es ein leises Klopfen?

Marlen ließ wohl erneut Bilder aufhängen. Da sie nichts von halben Sachen hielt, beobachtete sie stets Handwerker bei ihrer Arbeit, die sie nach Hause bestellte, in der gesamten bezahlten Zeit.

Wenn er es sich so recht überlegte, hatte er zwar über all die Jahre dieses Gebäude abbezahlt und es sein eigenes Heim genannt, doch war es ihm für diesen Moment völlig fremd. Der Marmor war kalt, die Spiegel zeigten ein verzerrtes Gesicht voller Schuld, seine kaltschweißigen Hände hinterließen Abdrücke, die die Spiegelbilder verschleiern sollten. Wie ein Mörder, der zu seinem Henker schritt, stapfte er durch den Flur auf das Schlafzimmer am anderen Ende. Sein Entschluss hatte seine Angst vor den nächsten Wochen und Monaten nicht gemindert. Nicht, dass er Marlen etwas von seiner Flirterei erzählen wollte, dennoch kroch eine Art Liebeskummer in sein Herz. Die eines Teenagers, der seine Freiheit aufgab und hinter einer Trennung das Ende seines Lebens vermutete. Jaqueline hatte er von sich gewiesen, aber gegen seine Gedanken konnte er sich nicht wehren. Sie würde nicht aus seinem Kopf verschwinden und die Gefühle, die Lust mit sich nehmen. Frauen machten es ihm nicht einfach, dafür suchte er sich stets diejenigen mit einem starken Charakter aus. Aber es war die Herausforderung, die ihn reizte. Marlen würde etwas ahnen, wenn er in wenigen Augenblicken mit diesem lächerlich großen Rosenstrauß vor ihr stand. Wenn sie nicht bereits seit einiger Zeit ihre eigenen Vermutungen zu seinen vergangenen Stimmungsschwankungen entwickelt hatte.

Das permanente und penetrante Klopfen wurde lauter. Kopfschüttelnd und mit einem herrlichen Lächeln, das er mit viel Nachdruck zu halten versuchte, stieß er die Schlafzimmertür auf und stand mit ausgebreiteten Armen in der Tür. Und erstarrte. Sekunden verstrichen, die zu Minuten wurden. Minuten, die zu für Steffen zu einer Ewigkeit wurden und das Geschehen vor ihm in sein Gedächtnis einbrannten.

Der halbnackte, junge Mann, der in Steffens Ehebett unter Marlen lag, entdeckte ihn zuerst und stieß die blonde Frau über sich weg. Er war sicherlich zehn Jahre jünger als Steffen, muskulös, am gesamten Oberkörper tätowiert und trug eine schwarze Tolle, wie sie sie nur in den 50er-Jahre-Filmen aus Amerika trugen. Unter der engen, schwarzen Hose ließ sich dank des geöffneten Reißverschlusses einiges mehr als nur Muskeln erkennen. Mehr genervt als panisch sah er zu seiner Liebelei hinüber, die mit weit geöffnetem Mund über ihm hockte, in schwarzer Korsage, schwarzen Lederstiefeln und einer kleinen Peitsche in der Hand. Steffen hatte diese Unterwäsche nie an seiner Frau gesehen, geschweige denn in ihren Kleiderschränken. Ihren Vorlieben zum Trotz, war sie stark geschminkt und sah mit ihren von der Erregung geröteten Wangen unglaublich heiß aus.

Steffen schluckte, traute sich aber genauso wenig wie die anderen, etwas zu sagen. Ein falscher Atemzug und die Zeit musste weiterlaufen, sie alle aus der momentanen Zwischenwelt reißen und er müsste glauben, was er in diesem Moment sah. Zum ersten Mal in seinem Leben betete Steffen zu Gott. Er solle die Zeit für ewig stehen lassen; vielleicht irgendwann zurückdrehen zu einer Zeit, in der er sich mit Marlen jung, dynamisch und frisch verliebt gefühlt hatte.

Marlen richtete sich auf. „Steffen, ich kann dir das erklären...", begann seine Ehefrau und warf ihr blondes Haar energisch zurück. Sie war so wunderschön.

„Nein!", brüllte Steffen und feuerte mit dem Strauß Rosen eine Vase aus Glas von seinem Nachttisch. Er hörte das schrille zerbersten des Glases nicht. „Ich will nichts hören! Wie kannst du mir das antun? Wieso lässt du die Zeit weiterlaufen? Wie konnten wir aufhören zu reden, Marlen? Wann hörten wir auf verliebt zu sein?" Er wehrte sich, jedoch rannen die Tränen vor Wut über sein Gesicht. „Du willst mir erzählen, dass du keine kleine Affäre hast? Ich habe euch vor kurzem ertappt, in diesem Öko-Restaurant, indem du neuerdings so gerne zu Mittag isst. Salat war ja schon immer dein Leibgericht! Ich habe sie gesehen, Steffen! Diese jüngere Version von mir.

Oder willst du mit diesem beschämend großen Blumenstrauß in deiner Hand alles leugnen? Wir sind also quitt, oder nicht?" zischte Marlen. Jedes ihrer Worte war Gift, das sich durch seine Adern in sein Herz hinein pumpte. „Das hier ist also die Rache?" presste er fassungslos aus seinen Lungen. Auf einmal wurde die attraktive Frau mittleren Alters ein ganzes Stück kleiner, sah zu ihrem Liebhaber, löste ihn von den Handschellen, mit denen er auf der linken Seite an das Bett gefesselt war und verwies ihn mit einer stummen Geste nach draußen, während sie reumütig den Kopf schüttelte. „Du solltest gehen, Maik. Und nie wieder kommen.“ verabschiedete sie sich leise. Der Mann, Anfang 30, sammelte sein weißes Shirt und seine Schuhe vom Boden auf, schloss seinen Reißverschluss und schlängelte sich stumm an Steffen vorbei. Seufzend setzte Marlen sich auf die Bettkante und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.

„Nein, das war keine Rache. Das mit Maik läuft schon seit einiger Zeit. Seit du an diesem Projekt arbeitest und ich in diesem riesigen Haus verrotte." jammerte sie.

Steffen verstand, was sie sagte, aber es ließ ihn kalt.

Wortlos ließ er den zerpflückten Blumenstrauß auf den Boden fallen, drehte sich um und verließ das ihm fremde Haus.

Oh mein Gott

Diese Stadt war genau das, was sie sich erhofft hatte:

Lebhaft und befreiend. Berlin. Sie spürte ihre Energie, war hypnotisiert von ihrer Verführung an jeder Straßenecke. Was auch immer Miriam entschied, sie würde nie wieder einen Fuß aus dieser Stadt heraus setzen. Vor einigen Minuten hatte sie ihre neue Wohnung und ihre Wohnkameradin kennen gelernt. Es wurde immer besser. Vor ihr stand eine gut aussehende Blondine mit unzähligen Tattoos unter ihrem weiten Shirt und den Hotpants. Miriam war überwältig von ihre Begrüßungslächeln und verschüchtert. Neben Jaqueline fühlte sie sich wie eine graue Maus, obwohl sie dieses Bild von sich doch so dringend ablegen wollte. Aus diesem Grund war ihre Studienwahl auf Berlin gefallen.

Hier traf sich niemand normales, langweiliges, unschuldiges. Hier wurden Künstler geboren und von der Stadt selbst aufgezogen. Miriam wollte dazu gehören und endlich sie selbst sein. Jaqueline konnte ihr dabei mit Sicherheit ebenfalls eine große Hilfe sein. Sie studierte Tiermedizin und jobbte nebenbei als Kellnerin, was sie bei ihren Eltern nicht nötig hätte. Beide waren Ärzte in Süddeutschland, wie Miriam schnell erfuhr: Ihre Mutter war Tierärztin, ihr Vater Herzchirurg. Auch sie war nach Berlin geflohen, um endlich frei zu sein und sich nicht länger verbiegen zu lassen. Dennoch wich ihre Haarfarbe nur kaum merklich von ihrem natürlichen Haaransatz und ihre Tattoos von Tigern, Drachen und gelben Blumen waren an Körperstellen, die leicht verdeckbar waren. Ein Kolibri zierte Miriams Schulterblatt, mehr hatte sie sich direkt nach ihrem Schulabschluss nicht getrau. Doch wenn sie Jaqueline so betrachtete, musste sie sich eingestehen wie gut dieser Körperschmuck auf einem Frauenkörper wirkte.

Lächelnd folgte sie ihrer Wohnkameradin in die Küche, in der sich Jaqueline eine Zigarette anzündete und sich auf der Fensterbank gegenüber der Tür kleinmachte und versuchte, den Rauch nach draußen zu vertreiben. Die Blondine hatte gerötete Augen und entschuldigte es mit einem harten Arbeitstag in der ´Salatbar´, einem vegetarischen Restaurant, indem sie arbeitete. Die Küche war klein und trotz der spartanischen Einrichtung gemütlich eingerichtet, mit frischen Orchideen auf dem Regalbrett über dem weißen Esstisch und schwarzen Ornamenten auf den Wandschränken. Stumm bot sie Miriam ihre Zigarettenschachtel an, diese lehnte dankend ab. Beide hatten sich über eine Wohnungsbörse für Studenten im Internet kennen gelernt und auf Anhieb gemocht. Jeden Tag schrieben sie sich E-Mails. Beide hatten lange nach dem perfekten Wohnungsgenossen gesucht und waren überglücklich, als sie merkten, dass zwischen ihnen die Chemie stimmte. „Du glaubst gar nicht, wie viele Freaks und Langweiler sich vor dir gemeldet haben. Du scheinst anständig zu sein. Aus dir kann ich noch richtig was rausholen.", lächelte Jaqueline verschwörerisch, Miriam stutze. „Heute werde ich dir zuallererst meine Stammkneipe zeigen, das ´Rocky´.

Dort laufen mit Sicherheit Gestalten herum, die du so noch nie gesehen hast und dabei wird es langsam Zeit.

Du brauchst eine Typveränderung. Ich will deinen Horizont erweitern." Jaqueline leckte sich die Lippen, drückte ihre Zigarette in einem rosa Aschenbecher aus und sprang auf. Bestimmend packte sie Miriam am Arm und zog sie in das kleine Badezimmer. Mit einer stummen Handbewegung deutete Jaqueline auf die Dusche. Miriam war nervös, doch als sie in ihr Zimmer laufen und Ausgehsachen holen wollte, winkte ihre Mitbewohnerin ab. „Ich kümmere mich um alles, bereite du dich seelisch auf deine erste Nacht in Berlin vor." grinste die große Blondine und huschte aus dem Bad.

Verlegen duschte Miriam. Gerade als sie sich ein Handtuch um ihren Körper schlang, platzte Jaqueline wieder herein, schnappte sich ihren Fön und platzierte ihre neue Mitbewohnerin vor dem großen Spiegel mit LED-Leuchtrahmen. „Ich werde dich aufpäppeln und einen ganz anderen Mensch aus dir machen. Du wirst dich lieben." lächelte sie in den Spiegel und griff nach einer Bürste. Verblüfft betrachtete Miriam Jaqueline im Spiegel und war fasziniert von den gekonnten Handgriffen und der Leichtigkeit ihrer neuen Freundin.

„Du hast Spaß an so etwas, oder?" schmunzelte Miriam und die Blondine lachte zustimmend. „Ich versuche ganz vorsichtig zu sein bei diesen feinen Haaren.“ flüsterte Jaqueline ihr ins Ohr und strich Miriam sanft durch das Haar. Ein Schauer lief über ihren Rücken und Miriam schaute beschämt zu Boden. Stumm betrachtete sie ihre violett lackierten Zehen und wackelte mit den Füßen. In ihrem Nacken spürte sie Jaquelines Atem, während sie stumpf kicherte. Was sollte das werden? Miriam fühlte sich unwohl, wusste aber nichts zu sagen. Ihre neue Freundin stellte den Fön aus und betrachtete sie kritisch durch den Spiegel. „Ich werde ganz dezent deine Augen betonen und deine Lippen etwas voluminöser aussehen lassen. Möchtest du eine Tolle im Haar haben?“ fragte Jaqueline in Gedanken, griff im Badezimmerschrank nach einer großen schwarzen Kosmetiktasche und kramte darin herum. „Nein, danke. Ich lasse meine Haare am liebsten offen. Was hast du vor?“ meinte Miriam verlegen. Jaqueline griff eine Handvoll Kosmetikartikel aus ihrer Tasche, holte einen weißen Hocker unter dem Waschbecken hervor und deutete Miriam sich darauf zu setzen. Jaqueline ließ sich davor auf dem Badewannenrand nieder und beobachtete amüsiert, wie Miriam ihr Handtuch enger um ihren Körper schlang.

„Mach die Augen zu. Ich ziehe dir einen ganz dünnen Lidstrich und trage etwas Lidschatten auf.“ erklärte die Blondine lieblich. Miriam folgte der Anweisung. „Also, Hase. Du kommst aus einer Kleinstadt, richtig?“ fragte sie. „Ja, es war schrecklich. Jeder wusste alles über jeden und nichts wurde toleriert. Mir war langweilig und als wir letztes Jahr eine Klassenfahrt nach Berlin gemacht haben, wusste ich, dass ich hierhin gehöre.“ Sie spürte einen flüssigen Eyeliner auf ihrem Augenlid und Jaquelines Atem auf ihrem Gesicht. Miriam schluckte. Warum fiel ihr das nur so auf? Jaqueline verwirrte sie, doch sie wollte sich nichts anmerken lassen. „Sag mal, worauf stehst du so?“ fragte Jaqueline unvermittelt.

„Was meinst du?“ fragte Miriam irritiert und spürte ihre Wangen rot werden. „Naja, Jungs oder Mädchen? SM und Peitschen? Hast du einen Freund? Berlin ist bunt und hat alles zu bieten. Was genau suchst du?“ Miriam stockte. „W-was meinst du? Ich bin eigentlich her gekommen, um mich frei zu fühlen. I-ich war auf nichts bestimmtes aus.“ meinte Miriam verunsichert. „Mach die Augen auf, ich muss die Lidstriche abgleichen.“ befahl Jaqueline. Sie sahen sich an und kicherten los. „Du bist süß. Lass dich von mir nicht verunsichern. Wenn du in Berlin überleben willst, darfst du nicht schüchtern sein. Das Leben ist schön, Miriam. Du solltest alles ausprobieren.“ lächelte die Blondine verschwörerisch. „Ich soll mich ausprobieren? Hast du etwas Bestimmtes im Sinn?“ fragte Miriam und wurde rot. Aufmerksamkeit war sie gewohnt, da sie in ihrem Heimatdorf stets aus der Reihe tanzte, aber dennoch war ihr diese Situation unangenehm. Sie biss sich verlegen auf die Unterlippe.

Jaqueline näherte sich ihrem Gesicht, nahm es in ihre warmen Hände, die nach Pfirsich rochen. Miriam stockte der Atem, sie hielt die Luft an, während ihre Wohnkameradin langsam ihre Lippen auf die ihren presste. Sie waren weich und fühlten sich gut an. Miriam entspannte sich und schloss die Augen. Jaqueline strich mit ihrer Zunge über Miriams Lippen. Sie öffnete leicht ihren Mund. Dieses Zungenspiel ließ Miriams Herz höher schlagen, sie spürte Jaquelines Hände über ihre Arme streichen. Sie zog Miriam am Handtuch näher an sich heran, setzte sich mit gespreizten Beinen auf ihren Schoß. „Weißt du, ich habe ein wirklich anstrengende Zeit hinter mir. Ich könnte ein wenig Spaß gebrauchen.“

Hauchte sie ihrer neuen Mitbewohnerin in das Ohr. Bevor Miriam wusste, wie ihr geschah, schlang sie ihre Arme um Jaquelines Taille, aus Angst, sie könnte von ihrem Schoß fallen. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihrem Unterleib aus. Zwar kannte Miriam die Spielchen, die sie auf Partys als Jugendliche gespielt hatte, bei denen sie einige ihrer Freundinnen kurz auf die Lippen geküsst hatte, doch dies war anders. Jaqueline küsste nicht zum ersten Mal eine andere Frau. Sie wusste, was sie tat und Miriam musste sich eingestehen, dass es ihr gefiel. Sie zog Jaqueline näher an sich heran, diese presste ein leises Kichern zwischen ihren Lippen hindurch. Ihre Hände strichen an dem Handtuch hinunter, streichelten Miriams Oberschenkel. Seufzend zitterte sie vor Erregung und hoffte plötzlich auf mehr. Jaqueline hatte Ahnung von dem, was sie tat. Ihre Hände rutschten unter Jaquelines weites Shirt, strichen über die warme, weiche Haut, fühlten das Bauchnabelpiercing. Mit einem Lächeln ließ Jaqueline von der Brünetten ab und sie sahen sich an. „Ich finde für den Moment hast du genug Berlin geschmeckt. Heb dir deine Ekstase für das ´Rocky´ auf. Es gibt für dich noch so viel zu sehen. Ich schminke dich fertig und suche dir etwas zum Anziehen heraus. Wir werden heute richtig Spaß haben.“ versprach die Blondine, stand auf und verschwand aus dem Bad.

Miriam atmete schwer und starrte aus dem Fenster über der Badewanne. Sie wohnten in einer Dachwohnung, so konnte sie über die Dächer um sie herum schauen.

Miriam verstand nicht, was hier geschah und doch musste sie sich eingestehen, dass es sich gut anfühlte. Sie war enttäuscht, dass die Blondine so abrupt von ihr abgelassen hatte. Ob Jaqueline mehr wollte?

Kopfschüttelnd verwarf sie den Gedanken. Nie hätte sie gedacht, dass es ihr je in den Sinn kommen würde, etwas mit einer Frau anfangen zu wollen. Außerdem wohnten sie zusammen und Miriam hatte die Befürchtung, dass eine Beziehung nur Stress bedeuten würde. Jaqueline stellte sich vor sie, trug einen Stapel Sachen mit sich herum, legte sie auf dem Badewannenrand ab und zeigte Miriam einige Teile. Am Ende entschied sie sich für eine schwarze, enganliegende Hose und Jaqueline überredete sie zu einem bauchfreien Iron Maiden-Top. Miriam hatte sich nie getraut so herum zu laufen, doch Berlin sollte aus ihr einen anderen Menschen machen und als sie sich in dem großen Flurspiegel betrachtete, musste sie sich eingestehen, dass ihre langen dunklen Haare sie mit dem Outfit rassig und selbstbewusst aussehen ließen. Aus diesem Grund wollte sie sich mehr trauen. Fasziniert betrachtete sie ihre neue Freundin, wie sie sich leichter Hand schminkte, nackt vor ihr tanzte bis sie ein passendes Outfit gefunden hatte. Für Miriam war dies genau das, was sie gesucht hatte. Mit Jaqueline würde ihr Leben endlich aufregend werden.

Miriam verfluchte ihre neuen High Heels. Wenn sich so weibliche Freiheit in Berlin anfühlte, sollte sie vielleicht wieder nach Hause fahren. Jaqueline führte sie durch enge Gassen, über große Straßen mit unhöflichen Taxifahrern und rüpelhaften älteren Damen an ihren Rollatoren. Überfordert stolperte Miriam hinter Jaqueline her und stöhnte genervt. Ihre Beine wackelten bedrohlich auf diesen Schuhen und gerade, als sie ihren Unmut äußern wollte, blieb Jaqueline stehen. Miriam sah auf und verzog skeptisch das Gesicht. Sie standen vor einer Kneipe mit zerbrochenem Fensterglas, das lieblos geflickt wurde. Die Holzvertäfelung war verschmutzt und rissig. Die goldene Aufschrift ´The Rocky´ war verblichen und wirkte nicht einladend. „Das ist deine Stammkneipe?“ fragte Miriam entsetzt und Jaqueline nickte, hob den Zeigefinger und sagte tonlos: „Don´t judge a book by its cover.“ Aufgeregt schnappte sie Miriams Hand und zog sie in das Gebäude. Miriam blieb im Türrahmen stehen und wartete bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Es war 20 Uhr im Hochsommer und stockfinster in dieser Kneipe. Das Holz an der Hauswand war das Gleiche, aus dem die Theke, die Barhocker, Tische und Stühle bestanden. Gedimmtes Licht versuchte durch das dunkle Mobiliar und die düsteren Gestalten zu brechen, mit mäßigem Erfolg.

Lechzend drehten sich einige ältere Männer in schwarzen Lederwesten nach den beiden Frauen um. Selbstsicher schritt Jaqueline durch den Raum, grüßte einige Männer und Frauen und näherte sich einem Mann in schwarzer, enger Lederhose und weißem Unterhemd an der Theke.

Er war muskulös und tätowiert, seine schwarzen Haare waren nach hinten gegelt. Miriam folgte ihrer Freundin unsicher. Jaqueline tippte den jungen Mann an, er drehte sich zu ihr, umarmte sie und küsste sie genüsslich auf den Mund. Miriam hielt den Atem an.

Nichts tät ich lieber