Invasion - Die Ehre des Clans - John Ringo - E-Book

Invasion - Die Ehre des Clans E-Book

John Ringo

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Beschreibung

Die Invasion geht weiter …

Dies sind die Abenteuer von Cally O’Neal, deren Clan die letzte Bastion gegen die Invasion der Posleen bildet. Seit Jahren versteckt sie sich mit den Widerstandskämpfern ihrer Familie in Ruinen, um in einem gnadenlosen Guerilla-Krieg gegen die Posleen zu kämpfen. Doch mit der neuesten Waffe der Außerirdischen haben selbst die O’Neals nicht gerechnet …

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Titel der amerikanischen OriginalausgabeHONOR OF THE CLAN

Deutsche Übersetzung von Heinz Zwack

Deutsche Erstausgabe 07/2009

Redaktion: Joern Rauser

Copyright © 2009 by John Ringo & Julie Cochrane Copyright

© 2009 der deutschen Ausgabe und der Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.

ISBN 978-3-641-04381-0V002

www.heyne.de

Inhaltsverzeichnis
 
Widmung
Prolog
 
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
 
Epilog
Copyright
JOHN RINGO: INVASION
Bd. 1: Der Aufmarsch
Bd. 2: Der Angriff
Bd. 3: Der Gegenschlag Bd. 4: Die Rettung
Bd. 5: Heldentaten
Bd. 6: Callys Krieg
Bd. 7: Die Verräter
Bd. 8: Die Rückkehr
Bd. 9: Die Ehre des Clans
 
JOHN RINGO: DIE NANOKRIEGE
Bd. 1: Der Zusammenbruch
Für
Master Corporal Erin Melvin Doyle,gefallen am 11. August 2008im Distrikt Panjwayi, Provinz Kandahar,Afghanistan
http://www.ppcli.com/files/Last%20Post%20Inserts/Serving%20Patricias/MCpl%20Doyle.pdf
 
und
Specialist Ray Joseph Hutchinson (Hutch) gefallen am 7. Dezember 2003 in Mossul, Irak auf Patrouille mit der Alpha Company 2/502 101stAirborne
http://www.rjhfoundation.org/bio.html
 
Sie werden nicht alt,so wie wir Zurückgebliebenen alt werden.
 
 
Und, wie immer:
Für Captain Tamara Lang, USAFGeboren: 12. Mai 1979Gestorben: 23. März 2003 in Afghanistan

Prolog

Samstag, 19. Dezember 2054
 
Der Raum war so prunkvoll ausgestattet, dass Rokoko im Vergleich damit schlicht gewirkt hätte. Einige der goldgerahmten Bilder, die die Wände zierten, enthielten Fraktale, sodass man die vergoldeten Szenen und abstrakten Verzierungen mit dem Mikroskop hätte betrachten können, und es wären immer noch genügend komplizierte Details geblieben. Die Vergoldung war auf einer weißen – Elfenbein ähnlichen – Substanz angebracht, die allerdings in einer Art und Weise opalisierend schimmerte, wie das bei einem Elefantenstoßzahn niemals möglich gewesen wäre.
Bei einem Himmit hätte der Anblick eine Herzattacke ausgelöst, falls einer jener Zeitgenossen versucht hätte, sich an jener Oberfläche festzuhalten, vorausgesetzt natürlich, dass er überhaupt ein Herz gehabt hätte. Auch die anderen Flächen waren ähnlich überladen, sodass der Himmit auf dem Teppich lediglich eine Körperoberfläche darbot, die sich in dauernder Bewegung befand und von allerhöchstens gotischer Detailfülle war. Etwa im Stundenabstand drückte sich der Himmit ein Vorderglied an den Kopf, als würde er unter Schmerzen leiden. In der Mitte des Raums stand ein massiver Tisch aus Stein, in dem ein Schwert steckte. Und aus dem Schwert ertönte eine Stimme, die stark moduliert war, um jede Identifizierung zu verhindern.
»Diese Situation bringt den ganzen Plan durcheinander. Sie ist in hohem Maße inakzeptabel. Diese Clag fressende Epetar-Gruppe soll verdammt sein! Was habt ihr anderen euch denn gedacht? Der Fortschritt soll verdammt sein, ich werde die größte Mühe haben, es darüber nicht zum regelrechten Krieg kommen zu lassen«, ereiferte sich die Stimme.
»Ich bitte untertänigst um Entschuldigung, Meister.« Weiter kam der Indowy nicht.
»Spar dir die Mühe. Du selbst hast es ja nicht getan, also ist das keine ehrliche Entschuldigung, zumal du doch für andere sprichst. Halt die Klappe und lass mich nachdenken.«
Der Indowy kam zu dem Schluss, dass es eher im Interesse seines Clans lag, zusätzliche Informationen zu liefern. »Meister, ich habe gehört, dass der O’Neal in diplomatischer Mission nach Barwhon unterwegs ist, um sich an die Tchpth zu wenden«, sagte er.
Das Oberhaupt der Bane Sidhe, wer auch immer er sein mochte, war gewiss nicht für seinen Humor bekannt. Tatsächlich gab es nur so selten Anlässe für Humor, dass man seine Existenz weitgehend als eine mythische Vorstellung betrachtete. Der Indowy, der vor ihm stand, und der Himmit in der Ecke waren deshalb über die Maßen schockiert, als aus der Schwertklinge plötzlich ein seltsames Geräusch zu vernehmen war.
»Aufhören … aufhören …«, schnarrte die Stimme. »Ich bin nicht … es ist nur … O’Neal … diplo…, das ist zu komisch.« Das Schnarren ging wieder in eine etwas normalere Stimmlage über. Einen Augenblick lang klang die Stimme hinreichend normal, dass man wieder eher das Gefühl haben konnte, den wohltönenden Lauten eines Darhel zu lauschen.
»Das größere Problem existiert immer noch«, summte das Schwert, und im Hintergrund war ein letztes Glucksen zu hören. »Es wird zu überlegen sein, ob dies den Plan beeinträchtigt oder ihm förderlich ist. Ich werde dir rechtzeitig Anweisung geben. Du kannst dich entfernen.«
Falls der Himmit beleidigt war, so verfügte keine der anderen Spezies über eine hinreichende Erfahrung mit seiner Körpersprache, um das erkennen zu können. Die Spalte am Rand, wo die Decke auf die Wand traf, weitete sich um den Körper des Himmit herum, als dieser sich entfernte, und schloss sich hinter ihm wieder zur Unsichtbarkeit.

1

Mit Schweiß und Blut bedecktDoch hoch erhob’nen Hauptes -Das, was wir tun, hat FolgenLebt man in unsinn’gem Stolz
- Atreyu, »Ehre«
 
 
 
Sonntag, 20. Dezember 2054
 
Major General Mike O’Neal rollte sein AID zusammen und klatschte es sich dann auf sein Handgelenk, wo es ein Band bildete. Klatschte heftig darauf.
»Hey«, sagte Shelly, »an mir brauchst du deinen Ärger nicht auszulassen!«
»’tschuldige«, knurrte Mike.
Er langweilte sich ungemein. Er war es leid zu spielen, war es leid Nachrichten zu lesen, überhaupt zu lesen, Punkt, Schluss. War es leid, sich Filme, Fernsehen oder jede andere Art von Videosendung anzusehen. Porno war einfach nicht sein Ding, aber selbst so etwas hatte er sich angesehen. Und es äußerst langweilig gefunden.
Zum Teil war es seine eigene Schuld. Als man ihn zur Erde zurückgerufen und er das erste Schiff der Flotte bestiegen hatte, hatte er dessen Offiziere mit noch mehr Abscheu als gewöhnlich behandelt. Seiner Ansicht nach war das, was man früher mal stolz Flotte genannt hatte, Jahr für Jahr immer tiefer gesunken. Die Offiziere waren schlampig und korrupt, die Matrosen ganz unmöglich, und dass die Schiffe überhaupt noch funktionierten, lag lediglich daran, dass sie von Indowy gebaut und deshalb so verdammt schwer kaputt zu kriegen waren. Er war nie so etwas wie ein Diplomat gewesen und zeigte seinen Abscheu gegenüber seiner Umgebung, indem er erklärte, in seiner Kabine zu sein. Eine Ordonnanz – oder wie auch immer man das bei der Flotte nannte – brachte ihm die Mahlzeiten. Er suchte den winzigen Fitnessraum auf, und das war auch schon alles. Wenn er in den letzten fünf Monaten mit einer Menschenseele gesprochen hatte, dann nur in den Häfen.
Für den Rest konnte er nichts. Zuerst war da einmal die Tatsache, dass er fünf Monate auf Schiffen verbringen musste. Das war einfach verrückt. Und dabei waren das nicht einmal die Großtransporter, die sie im ersten Teil des Krieges eingesetzt hatten. Es waren Schiffe der Flotte, und zwar die schnellsten, die es im ganzen Universum gab. Aber die Reise von einem Sternensystem zum nächsten und dann die endlose Transitzeit zwischen den Sprüngen, ganz zu schweigen von den Sprüngen selbst – nein, es dauerte einfach eine Ewigkeit, bis man draußen vom Rand der Fäule zur Erde gelangte. Und dazu kam noch dies, dass man ihn überhaupt zurückgerufen hatte. Es klang tatsächlich wie eine Ablösung. Ein schlichter Befehl, das Kommando über die First Division an seinen stellvertretenden Divisionskommandanten zu übergeben und zur Erde zurückzukehren. Nicht der geringste Hinweis, warum das geschah, kein neuer Divisionskommandeur war angekündigt. Nichts. Gar nichts. Also fünf Monate, ohne mit einer Menschenseele zu reden und sich dabei ständig Sorgen zu machen, jedes Mal, wenn er zuließ, dass das durch seinen eisernen Panzer aus Selbstbeherrschung drang, fünf Monate, in denen er darüber nachgrübelte, was die Befehle zu bedeuten hatten.
Wahrscheinlich deutete alles auf einen Stabseinsatz auf der Erde hin. So etwas hatte er schon früher gemacht. Nicht gerade seine Lieblingsbeschäftigung, aber wenn es sein musste … doch das brachte ihn wieder zu der Frage, weshalb kein neuer Divisionskommandant kam. Und wenn es bloß ein Stabseinsatz war, dann hätten sie das wahrscheinlich in dem Befehl erwähnt und dann noch »und General Soundso wird irgendwann kommen und das Kommando über die Division übernehmen« hinzugefügt.
Es konnte Zwangspensionierung bedeuten. Aber bei Fleet Strike gab es keine Vorschrift, dass man entweder befördert oder in den Ruhestand versetzt wurde. Um die Vetternwirtschaft zu vermeiden, an der die Flotte langsam vor die Hunde ging, erfolgten Ernennungen ausschließlich nach Fähigkeit. Um seine Division zu bekommen, würde irgendein jüngerer Offizier zeigen müssen, dass er sich besser als Mike darauf verstand, die Division zu führen. Hier und da schickten sie nach dem Rotationsprinzip potenzielle Kommandeure hinaus und sandten den ehemaligen Stelleninhaber entweder auf eine gleichwertige Position seitwärts oder in den Stab. Aber meistens wanderten die neuen Kommandeure nach einem vernünftigen Zeitraum, in dem sie den Job lernen konnten, auf eine niedrigere Rangstufe zurück oder jedenfalls dorthin, wo sie ursprünglich hergekommen waren. Mike und Major General Adam Lee Michie hatten jetzt beinahe dreißig Jahre Divisionen des GKA-Korps geführt. Mit gelegentlichen Unterbrechungen zwar, aber meistens in der Kommandoposition. Mongo Radabaugh war nach Dienstalter der Jüngere, nachdem er vor etwa fünf Jahren Bob Tasswell aus einer der Planstellen im Divisionskommando verdrängt hatte.
Wenn Mike das gewollt hätte, hätte er wahrscheinlich irgendwann das Korps übernehmen können. George Driver war ein ausgezeichneter Korpskommandant, gar keine Frage. Aber Mike war fest davon überzeugt, dass er ihm gegenüber im Vorteil war. Nur dass ein Korpskommando einfach nicht sein Stil war. Es war ein undankbarer Job, da die Divisionen über ein gewaltiges Volumen der Galaxie verteilt und damit beschäftigt waren, Posleen-Welten zu säubern. Das Korpskommando hatte seinen Stützpunkt auf Avauglin, einer gerade noch bewohnbaren »zurückeroberten« Welt, die etwa sechzig Lichtjahre und damit einen Monat Reisezeit von der Erde entfernt war.
Aber die Division bewegte sich als Einheit, lebte als Einheit und ging als Einheit unter. Mike kannte jeden einzelnen Mann in der Division, mehr oder weniger zumindest. Zum Teufel, so wie man die GKA neu aufgebaut hatte, war die First Division nicht viel größer als eine Brigade. Das gehörte zu den Dingen, die er aufs Tapet bringen würde, ganz gleich, weshalb man ihn zur Erde zurückkommandiert hatte. Ein wenig Ersatz für die GKA würden die doch sicherlich herbringen. Allmählich wurde es so schlimm wie damals bei der Belagerung …
Und er steckte hier fest. Wieder einmal!
»Shelly, wie lange noch bis zum Titan Orbit?«
»Eine Stunde und dreiundzwanzig Minuten, General«, verkündete das AID fröhlich. »Diesmal haben Sie es ganz gut geschafft. Sechs Minuten und siebzehn Sekunden, seit Sie das letzte Mal gefragt haben. Deutlich über Ihrem Durchschnitt von drei Minuten.«
»Eiserne Selbstkontrolle, Shelly«, erklärte Mike. »Eiserne Selbstkontrolle.«
»Nachricht von General Wesleys AID«, meldete Shelly. »Sie besteigen unmittelbar nach der Landung ein Shuttle von Titan nach Fredericksburg. Zitat: Sehen Sie zu, dass Sie auf dem Shuttle ein wenig zum Schlafen kommen; Einsatzbesprechung sofort nach der Landung, damit Sie nicht ständig Shelly fragen müssen, was da läuft. Die Antwort darauf ist: gute Nachrichten und schlechte. Zitat Ende.«
»Offensichtlich weiß man über meine eiserne Selbstkontrolle Bescheid«, sagte Mike.
 
Für das menschliche Auge war der Ghin ein Darhel von ganz durchschnittlichem Aussehen. Für das menschliche Auge sah Darhel-Pelz gold- oder silbermetallisch aus, mit schwarzen Einlagerungen, und die Augen des Galakters waren von leuchtendem Grün, mit weißen Augäpfeln, die von purpurfarbenen Äderchen durchzogen schienen.
Es waren keine Menschen im Büro. Der Tchpth, der sich darin aufhielt, sah den Ghin in ganz anderem Licht. Die Augen, die auf Menschen so leuchtend wirkten, waren in seinen Augen eher stumpf, dafür glänzte der Pelz so hell wie das Farbenspiel auf eloxiertem Titan.
»Ich grüße dich, Phxtkl. Vielen Dank, dass du mir die Gunst eines Spiels gewährst«, sagte der Ghin.
»Zu lehren ist stets ein Vergnügen, o du lediglich expertenhafter Schüler von Aethal.«
Der Tchpth tänzelte schnell auf seinen zehn Beinen, und zwar in einer Sequenz, die entweder unrhythmisch oder zu kompliziert war, als dass der Darhel sie entschlüsseln konnte. Niemand wusste, ob die Tchpth einen beleidigen wollten, wenn sie andere so unverblümt ansprachen. Da sie gegenüber ihresgleichen ähnlich verfuhren – meistens zumindest – und es trotzdem den Anschein hatte, dass ihre Beziehungen zueinander gediehen, hatten die anderen galaktischen Rassen daraus den Schluss gezogen, dass Takt einfach kein Wesensbestandteil der Tchpth sein mochte.
Doch es war ohne Belang. Was der Ghin heute wollte, hatte nichts mit Takt zu tun. Er äußerte sich nicht weiter, sondern trat einfach an den Aethaltisch mitten im Raum. Die Spielfiguren waren in einem holografischen Display angeordnet.
»Ich hatte gewünscht, von dieser Position aus zu beginnen und das Problem zu Ende zu spielen, wenn es dir recht ist.«
»Damit verschaffst du mir einen großen Vorteil, schaffst dir selbst damit aber auch eine große Chance. Bist du denn sicher, dass du diese Startposition wählen willst?«
»Ja. Sehr sicher.« »Wenn ich das Spiel am Ende analysiere, werde ich dies sicherlich erwähnen.«
»Ich verstehe. Vielleicht sogar besser, als dir bewusst ist.«
»Ah. Dann ist deine Wahl also überlegt. Du machst das Spiel interessant. Und das Problem basiert natürlich auf bestehenden Bedingungen, wenn auch mit erheblicher Variation.«
»Selbstverständlich. Im Spiel können sich viele Probleme und Konfigurationen ergeben«, gab der Ghin zu bedenken.
»Innerhalb vernünftiger Grenzen, du Schüler, im Irrtum befangen und unzureichend erfahren«, sagte der Tchpth.
Das Spiel entwickelte sich in würdevollem Tempo, wobei sich Phxtkl meist, wie es seine Art war, irgendwelcher Bemerkungen enthielt. Ehe er sich zu Fehlern äußerte und auf Alternativzüge hinwies, die ein Gegner niedrigeren Ranges hätte wählen können, wartete er gewöhnlich, bis sich das Spiel zu einer größeren Krise zuspitzte.
Der Ghin bekleidete nur einen hohen Expertenrang im Spiel und hatte somit in der galaktischen Rangordnung keine Position. Tchpth und Indowy-Meister spielten aus Rücksicht auf seine Position mit ihm, wenn er sie darum ersuchte. Die meisten Darhel betrachten Aethal allenfalls mit toleranter Geringschätzung, als eine sinnlose Ablenkung von den Realitäten der Macht und des Handels. Nicht exakt definierbare Beziehungen waren für sie nur so lange von Bedeutung, als sie auch honoriert wurden. Und Darhel honorierten Beziehungen nur in dem Maße, wie sie vertraglich geregelt waren. Somit waren die Bündnisse und Feinheiten des Aethal aus ihrer Sicht ohne jede Bedeutung. Oder genauer gesagt: für ihre Lebensweise ohne Belang.
Das Spiel strebte einer Krise zu, einer Konstellation, die die Position des Ghin fast mit Sicherheit in hohem Grade schwächen und damit das Zusammenwirken von Phxtkls Figuren auf ungünstige Weise beeinträchtigen würde.
»Jetzt ist die Zeit für eine Bemerkung gekommen, du arroganter Sklave physikalisch greifbarer Gegenstände.« Der Meister markierte eine Zone auf dem Display mit einem rötlichen Nebel. »Beobachte diesen Abschnitt und erkenne, wie er jetzt vom Einfluss deines Geflechts abgeschnitten ist, und dass er nur noch von winzigen Fäden gehalten wird, einer minimalen niemals endenden Verbindung. Dir mag das als belanglose Kombination von Ressourcen erscheinen, aber sieh dir das Potenzial an.« Der Tchpth wies auf verschiedene Knotenfiguren über dem Tisch. »Obwohl hier, hier und hier Gesichtsverlust aufgetreten ist. Trotz der Verluste in einigen deiner tertiären Beziehungen war das ein kritisches Spiel.«
»Das sehe ich. Ich werde für einen Augenblick ein Alternativproblem aufbauen«, sagte der Ghin. Er machte sich keine Sorgen, dass er das augenblickliche Spiel verlieren könne, das natürlich in seinem AID gespeichert war. Falls es Phxtkl überraschte, dass das erwähnte Alternativproblem bereits aufgebaut und gespeichert war, ließ er sich jedenfalls nichts davon anmerken, sondern hüpfte und zappelte wie zuvor auf seinem niedrigen Hocker herum.
»Hier ist eine Eröffnung. Du wirst die Beziehung zu einer vor Kurzem aufgetretenen, galaktischen Situation erkennen. Hier ist die gegenwärtige Situation. Du erkennst natürlich die wahrscheinlicheren Züge, falls keine Opfer gebracht werden, um das Geflecht zu ändern.«
Der Tchpth schwieg einige Augenblicke und musterte die drei Displays. »Ich kann mich einer Anzahl Einzelheiten innerhalb der diversen Muster nicht anschließen, aber … ich kann deine grundsätzliche Position nachvollziehen. Isolation bedeutet Verlust an Einfluss.« Phxtkl verharrte ein paar Sekunden, was bei seiner Spezies einem tiefen, gequälten Seufzer entsprach. »Dies ist eine der unangenehmsten Aethalpartien, die ich je gespielt habe, o du faszinierender Planer des hohen Alters. Heute war ich der Schüler; auf unangenehme Weise. Ich muss einige notwendige gesellschaftliche Opfer bringen, um die Bewegung fortzusetzen, die du gerade begonnen hast. Ich wünsche dir Erfolg, du Lästiger, und werde dich jetzt verlassen.«
»Begebe dich zur Erde«, sagte der Ghin unverblümt, was für seine Spezies ungewöhnlich erschien. »Du musst etwas reparieren.«
Ihr Gesicht war von silberblondem Haar gesäumt und zog die Aufmerksamkeit auf ihre erstaunlich eindringlich blickenden kornblumenblauen Augen. Abgesehen von der unbewussten Wahrnehmung seiner leichten Berührung im Gesicht und im Nacken war ihr Haar das Letzte, was Cally O’Neal beschäftigte, als sie sich die vom Schweiß feuchten Hände an ihren Jeans abwischte, ehe sie das säkulare Allerheiligste von Monsignore Nathan O’Reilly betrat.
»Cally. Schön, dich zu sehen. Möchtest du ein Glas Wasser oder eine Limonade?«, erkundigte sich der Priester mit sanfter Stimme.
Oh. Wenn der Führer der O’Neal-Bane-Sidhe mit der höflichen, sanften Tour anfing, wusste man, dass einem einiges bevorstand. Nicht dass das ihre Schuld gewesen wäre. Wenigstens konnte sie sich nicht vorstellen, dass es im Augenblick an ihrem Verhalten irgendetwas Ernsthaftes auszusetzen gab. Sie hatte sich zwar mit der Spesenabrechnung für den letzten Einsatz etwas verspätet, doch nahm sie an, dass man ihr damit bis nach Weihnachten Zeit ließe. Sie hatte schon eine Weile das Gefühl gehabt, etwas sei im Busch, aber offensichtlich war das etwas Ernsteres, als sie geglaubt hatte. Sie gestattete sich ein leichtes Stirnrunzeln, um ihre Besorgnis erkennen zu lassen, während sie wieder aufstand. Im Vorzimmer befand sich ein Wasserspender.
»Bloß Wasser, ich hol’s schon«, sagte sie.
»Bleib sitzen.« Das klang ganz sanft, aber man konnte den Kommandoton dahinter spüren. O’Reilly holte einen Krug aus seinem kleinen Kühlschrank und schenkte ihr ein.
Ihre Augenbrauen schoben sich in die Höhe, als Granpa hereinkam, ihr gegenüber Platz nahm und sie ansah. Beide sahen sie an. Ihr fiel sofort auf, dass Papa O’Neal keinen Kautabak im Mund hatte und auch keinen Pappbecher bei sich hatte. Das war gar nicht gut.
»Papa, kann ich dir etwas anbieten?«
»Nein, vielen Dank.«
»Darf ich fragen?«, erkundigte sich die Auftragskillerin.
»Cally, du musst lernen, im Einsatz nicht einfach jemanden umzubringen, weil er ein schlechter Typ ist und dir im Wege«, sagte der Monsignore. »In diesem Fall war er dir nicht einmal im Wege.«
»Was in aller Welt war falsch daran, Erick Winchon zu töten? Und wenn ihr nicht gewollt habt, dass ich ihn kaltmache, weshalb zum Teufel habt ihr dann mich geschickt? Ich mache eben Leute tot.«
»Dein Ziel war das Aerfon Djigahr, nicht Winchon«, wandte Papa ein. »Außerdem solltest du dich vielleicht daran erinnern, dass nicht wir dich für diesen Einsatz ausgesucht haben, sondern deine Schwester. Allerdings – nicht dass wir das nicht auch getan hätten. Ich persönlich bin ohnehin der Ansicht, dass der kleine Scheißer als Leiche viel besser aussah, liebe Enkeltochter, aber es hat … doch Komplikationen gegeben.«
»Michelle hat gesagt, das könnte sie alles erledigen.« Sie wischte sich das Haar aus der Stirn, ohne sich dessen bewusst zu sein, und stopfte sich die Strähnen hinters Ohr.
»Nein, sie hat gesagt, sie würde es versuchen«, wandte O’Reilly ein. »Es hat aber nicht geklappt. Man hat uns die Anerkennung entzogen.«
»Entzogen? Wer hat das getan und warum? Ich dachte, so ein gewalttätiger Kotzbrocken von Massenmörder wie dieser Winchon wäre bei allen Rassen eine persona non grata.«
»Die Tchpth, die Himmit und die Indowy, mit denen wir immerhin noch durch die Hintertür in gewisser Verbindung standen«, sagte der Monsignore und seufzte. »Gott sei Dank fühlten sich Aelool und Beilil persönlich zu sehr verantwortlich, um sich dem Exodus anzuschließen. Die Krabben haben nur deshalb Pardals Tod gewünscht, weil ein Komplott mit dem Ziel, einen der fünf aufstrebenden menschlichen Mentats zu töten und somit die beginnende Erleuchtung unserer Spezies zu beeinträchtigen, ein noch viel schlimmeres Übel gewesen wäre. Wie sich jetzt erweist, betrachteten sie es als ein Problem von gleicher Größenordnung, wie der Posleen-Krieg es war. Sie haben die Tötung Pardals einzig und allein deshalb autorisiert, um Michelle zu schützen. Und dann musst du einen von den anderen vier Mentats umbringen!«
»Ein verdammter Psychopath war das«, erregte sich Cally. »Und was das betrifft, ein sehr gefährlicher und mächtiger Psychopath.«
»Die sind der Ansicht, dass sie damit zurande gekommen wären«, sagte O’Reilly und hob die Hand, um ihrer Antwort zuvorzukommen. »Ich habe mir große Mühe gegeben, die richtigen Worte zu finden, um dir zu beschreiben, wie erbost sie sind. Mir will aber keine auch nur annähernd ausreichende Formulierung einfallen.«
»In ein Hornissennest stechen?«, fragte Papa.
»So wütend wie eine Supernova heiß ist?«, schlug Cally vor.
»So wütend wie ich gleich werde, wenn ihr beiden das nicht ernst nehmen könnt!«, brüllte O’Reilly. »Anerkennung entzogen. Abgeschnitten. KEIN Support. Gar keiner! Völlig auf uns allein gestellt!«
»Wir haben finanzielle Mittel«, gab Cally mit einem Achselzucken zu bedenken. »Wesentlich mehr, als wir vor dieser Geschichte hatten.«
»Würdest du bitte einmal darüber nachdenken, was wir nicht haben?«, fragte O’Reilly sarkastisch. »Überleg dir nur mal Folgendes. Kein Zugang zu GalTech. Kein Zugang zu galaktischen Medikamenten. Kein Zugang zu galaktischer medizinischer Versorgung, keine Nanniten, nicht einmal ein Tank, von einer Platte ganz zu schweigen. Wir haben nicht mal menschliche medizinische Versorgung. Wenn du das nächste Mal ernsthaft verletzt wirst, kann ich nur hoffen, dass du selbst einen chirurgischen Eingriff vornehmen kannst, Cally, sonst wirst du nämlich ganz real sterben, und das steht fest.«
»Oh«, machte Cally.
»Kein Zugang zu GalTech Waffen«, fuhr O’Reilly fort und wandte sich Papa zu. »Keine Plasmawaffen. Keine Gravgewehre. Kein Körperpanzer. Kein Plastahl. Keine logistische Unterstützung mit Ausnahme von der, die der Clan zur Verfügung stellen kann. Und das alles nur aus Clanmitteln, anstelle des – wenn auch spärlichen – Supports, den wir sonst bekommen haben. Was den Kauf von Munition für unsere wenigen Waffen angeht, so sind wir künftig ganz auf uns selbst gestellt oder müssen sie auf dem freien Markt kaufen. Und da sind wir ganz auf unsere Zugangsmöglichkeiten zum Schwarzmarkt angewiesen.«
»Da kann uns Stewart behilflich sein«, meinte Cally.
»In geringem Maße«, schränkte Papa ein. »Es sei denn, du möchtest, dass mein Schwiegersohn umgebracht wird.«
»Äh … eigentlich nicht«, sagte Cally.
»Kein Zugang zu den geheimdienstlichen Quellen der Bane Sidhe«, fuhr O’Reilly fort. »Oder zu Himmit. Kein …«
»Okay«, fiel ihm Cally ins Wort. »Okay. Jetzt hab ich’s kapiert. Ich habe Scheiße gebaut. Aber ich stand damals auch unter ziemlichem Druck.«
»Das ist keine Entschuldigung für den Mist, den du da angerichtet hast«, sagte O’Reilly. »Aber obwohl du wirklich intim damit zu tun hattest, dass es zu diesem Schlamassel kommt, weiß ich wirklich nicht, wie ich dabei mithelfen kann, die Sache wieder in Ordnung zu bringen.«
»Ja, Sir. Ich habe keine Entschuldigung, Father«, sagte sie.
»Cally, was hast du dir dabei gedacht?«, wollte O’Reilly wissen.
»Ich habe einen schwerwiegenden Fehler bei der Einsatzplanung gemacht, Sir, und bin leichtfertig gewesen.«
»Spar dir den blöden Sir, wir sind nicht beim Militär.«
»Ja, Sir – ich meine, ja, Father.« Sie merkte, wie er seufzte, und wusste, dass das nicht die Antwort war, auf die er gehofft hatte.
»Jedenfalls bist du nicht hier, um die eine Standpauke anzuhören. Oder genauer gesagt, ich bin jetzt mit der Standpauke fertig. Das hier ist eine Planungssitzung des Clans und der Organisation«, sagte der Priester und nahm auf einem Sessel neben Papa Platz.
Das war nicht das, was sie zu hören erwartet hatte. Cally entschied, dass dies eine gute Gelegenheit war, den Mund zu halten.
»Zu den eigenen Fehlern, die ich bei diesem Debakel gemacht habe, gehört auch, dass ich vor zehn oder fünfzehn Jahren deinen Großvater nicht hinter einen Schreibtisch geholt habe, auch wenn er sich mit Klauen und Zähnen dagegen gewehrt hätte. Aber die Gründe für mein Verhalten schienen mir bislang vernünftig.« Er seufzte. »Nachher ist man immer klüger.« Der jung wirkende alte Mann rieb Daumen und Zeigefinger aneinander, als hielten sie einen nicht existenten Rosenkranz.
»Man sagt, der beste Job in der ganzen Armee ist der eines Captain bei der Infanterie. Jede neue Generation von Captains muss sich in jeder Generation aufs Neue mit derselben Tatsache abfinden – man kann einfach nicht ewig Captain bleiben. Der Einsatz draußen im Feld macht Spaß.«
»Du holst mich aus dem Feldeinsatz«, sagte sie ausdruckslos.
»Das würde ich ganz sicherlich tun, wenn ich es mir leisten könnte, aber wir haben keinen brauchbaren Ersatz für dich. Und für die Ausbildung haben wir zu wenig Support. Im Augenblick wird die Direct Action Group nicht mehr von der Föderation ausgebildet, und du und Papa, ihr seid im Feldeinsatz – das bedeutet, dass wir sozusagen unser eigenes Saatgut aufessen. Eure DAG-Rekruten sind noch nicht so weit, dass man sie für verdeckte Einsätze gebrauchen könnte. Deshalb werdet ihr beiden euch zwei Hüte aufsetzen und die Jungs ausbilden müssen.«
»Darf ich fragen, was es mit dem zweiten Hut auf sich hat?«
»Hast du ja gerade getan. Wir können ohne galaktische Verbündete nicht überleben. Wir brauchen Rohmaterial, Transportmittel, Werkzeuge, Technologie und Information. Das alles sind Dinge, die die Aliens besitzen – und die wir brauchen. Papa wird sich seinen Hut als Clanvorstand aufsetzen und für uns wohl den Diplomaten spielen müssen.«
»Granpa? Diplomat …? Bist du jetzt ganz plemplem?«
»Warum reagieren da alle so?«, fragte Papa unschuldig. »Ich bin ein perfekter Diplomat.«
Nathan sah Cally von der Seite an und grinste schief.
»Er ist der Einzige, der das kann«, sagte der Monsignore dann wieder ernst. »So schlimm wie die Lage jetzt ist, werden die nur mit einem Clanvorstand sprechen – dem Oberhaupt des Clans O’Neal. Wir werden alle ein paar Opfer bringen und Dinge tun müssen, von denen wir sonst lieber die Finger ließen. Aus der Sicht der Galakter lässt sich einzig und allein durch Vereinbarungen mit dem Clanchef sicherstellen, dass der Clan O’Neal nicht zu einer gesetzlosen Organisation wird.«
»Wenn ich verspreche, dass du ohne ausdrückliche Genehmigung keine weiteren Angehörigen der Nomenklatura tötest, werden sie das als unumstößliches Versprechen akzeptieren«, sagte Papa. »Und das wird es auch sein, liebe Enkeltochter.«
»Ja, großer und mächtiger Meister«, feixte Cally schnoddrig.
»Und das bedeutet, dass wir alle Dinge tun müssen, die wir lieber nicht täten«, sagte O’Reilly. »Ich beispielsweise werde auf Papa verzichten müssen. Das ist so, als würde man mir den rechten Arm wegnehmen. Seine Assistentin wird daher ihre Lernkurve beschleunigen müssen, was zwar gut für sie sein, ihr aber nicht besonders passen wird. Und damit kommen wir zu deinem zweiten Job. Obwohl in der üblichen Nachfolgeregelung dein Vater der Clanvorstand wäre, ist das im Augenblick nicht … opportun. Deshalb wirst du in Abwesenheit deines Großvaters diensttuender Clanvorstand sein.«
»Und das bedeutet, dass all die Kopfschmerzen, die die Führung von Clan O’Neal mit sich bringt, künftig auf dich zukommen werden«, sagte Papa mit einem bösartigen Grinsen. »Das ist etwa so, als müsste man auf bengalische Tiger aufpassen.«
Cally verspürte die Anfänge einer bedrückenden Enge in der Brust, und ihr Gesicht nahm automatisch maskenhaft ausdruckslose Züge an. Der erste zusammenhängende Gedanke, der sich perverserweise dabei bei ihr einstellte, war der, dass Weihnachten damit gründlich versaut war. Wie sollte sie das wohl Shari beibringen?
»Du darfst dich nicht an dieses Gefühl gewöhnen«, sagte O’Reilly. »Das ist eine Menge Arbeit, und dazu kommt noch ein ganzer Haufen praktischer Dinge. Und dies alles in einem Bereich, von dem du nicht die leiseste Ahnung hast.«
»Das dürfte stimmen«, sagte Cally und versuchte dabei nicht zu grinsen.
»Schsch«, machte der Monsignore und unterdrückte ein Schmunzeln. Das war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für Witzeleien. »Wenn du während der Abwesenheit Granpas mit weniger als zehn Stunden Arbeit am Tage klarkommst, dann solltest du deinem Herrgott dafür dankbar sein.«
Cally nutzte die Gelegenheit, ihren Großvater an sich zu drücken und ließ erst wieder los, als er unter dem Druck ihrer von den Krabben aufgewerteten Muskeln zu stöhnen anfing.
»Viel Glück im Löwenkraal«, sagte sie.
»Ich wünsch dir auch viel Glück auf dem Schleudersitz. Wir sehen uns, wenn ich zurückkomme. Falls du Gelegenheit dazu hast, kannst du deiner Schwester einen Kuss von mir geben.«
Draußen im Korridor blickte sie ihm dann nach, wie er, O’Reillys Assistent neben sich, davonschritt, bis die beiden außer Sichtweite waren.
Als Michelle eine Stunde vor dem auf Adenast üblichen Arbeitsbeginn ihre Baustelle betrat, fiel ihr zuallererst die dort herrschende ungewohnte Leere auf. Am äußersten Ende saß ein einsamer Werker mit einem Headset und war damit beschäftigt, die existierenden Produkte in einem statischen Zustand zu halten. Sie erkannte, dass es sich bei dem Indowy um einen der Sohonmeister handelte. Meister standen eine Stufe unter Adepten und stellten die mittlere Führungsschicht dar. Ihre Koordinationsfähigkeit im Verein mit ihrer technischen Kompetenz sorgte dafür, dass die Projekte neben wechselseitiger Kommunikation auch dadurch zusammengehalten wurden, dass jeder Mitarbeiter seine genaue Zuständigkeit kannte. Alles, ob es sich nun um ein Sternenschiff oder um die mächtigen Baumaschinen handelte, wuchs als Einheit in einem einzigen Tank. Das stellte eine gewaltige Leistung dar, die Jahre der Arbeit durch eine einzige Familie erforderte. Der Begriff »Familie« konnte bei den Indowy Generationen einer älteren Brutgruppe umfassen – und die Meister hatten das ganze Werk zu koordinieren. Die mentale Vision des Projekts musste abgestimmt bleiben, und diese Abstimmung durfte über eine Vielzahl von Arbeitsschichten nicht unterbrochen werden. Lehrlinge mussten die riesigen Tanks nach präzisem Zeitplan mit dem benötigten Rohmaterial versorgen, und zwar an exakt definierten Zugangspunkten, damit die erforderlichen Reaktionen unter Kontrolle blieben. In den seltenen, aber unvermeidbaren Fällen, wo einer der Experten einen Konstruktionsmangel entdeckte, hatten die Meister mit den Adepten in Verbindung zu treten, um Abhilfe zu schaffen und jedem einzelnen Mitglied des Produktionsteams den neuen Konstruktionsstand zu kommunizieren.
Im vorliegenden Fall saß der Indowy Iltai Halaani an einem Ende der Baustelle auf einem Hocker; sein Headset war vermittels eines absurden Spaghettigewirrs von Drähten mit sämtlichen Tanks verbunden und sorgte für den stabilen Zustand aller Tanks. Die Arbeit war unterbrochen worden. Michelle trat in die Mitte der Baustelle und sah sich im Kreise um, nahm den Anblick des Geschehens in sich auf. Sie hatte diese Reaktion erwartet, sobald auf Adenast bekannt geworden war, dass die Umstände sie schließlich gezwungen hatten, ihr Clanoberhaupt aufzusuchen. Dieses Treffen hob den höflichen Vorwand auf, dass die Entfremdung des menschlichen Clans O’Neal vom Rest der Indowy-Spezies keine Auswirkungen auf Adenast hatte. Clan Aelool und Clan Beilil waren nach der Bane-Sidhe-Spaltung im Jahre 2047 mit O’Neal verbunden geblieben. Aelool war winzig und verfügte auf Adenast über armselige drei Brutgruppen, und diese Flüchtlinge lebten auf der anderen Seite der Welt. Beilil war ebenfalls recht klein, eine der kleineren Gruppen, die die bewohnbarsten Teile von Dulain neu besetzt hatten. Obwohl Michelle dort aufgewachsen war, gab es für sie keinen zwingenden Grund, auf Adenast zu leben und zu arbeiten, anstatt nach Dulain umzuziehen – jedenfalls keinen Grund mit Ausnahme der vertraglich vereinbarten Projekte, die an dieser Baustelle in Arbeit waren. Sie sah sich erneut vor einer Entscheidung auf Leben und Tod. Falls sie ihre Projekte nicht vertrags- und termingerecht fertigstellen konnte, war es theoretisch möglich, dass man sie vor ein Vertragsgericht stellte und ihrer Verpflichtungen wegen anklagte. In Anbetracht der Probleme, die die Darhel-Epetar-Gruppe nach ihrem kürzlich gescheiterten Komplott hatte, mit dem sie genau das hatte erreichen wollen, bezweifelte sie stark, dass sich eine andere Gruppe dem Risiko einer vergleichbaren Katastrophe aussetzen würde. Außerdem stand sie mit einem ihrer Produkte bei der Epetar-Gruppe unter Vertrag. Falls sie diesen nicht erfüllen konnte, was wahrscheinlich war, würde sie mit einem neuen Käufer einen neuen Vertrag abschließen müssen. An der Nachfrage für ein Hauptkontrollsystem für Gebäude würde es nicht mangeln, und sie könnte auch den Liefertermin so spät ansetzen, wie das den Umständen nach nötig war – und damit das Projekt praktisch jahrelang in Schwebe halten.
Sie überlegte fieberhaft, welche Möglichkeiten sich ihr boten. Wie sagte man doch immer? Ich habe damit gerechnet, aber nicht so schnell. Ihr Problem lag darin, dass sie eine detaillierte Planung für die neuen Abläufe und Termine aufbauen musste, um ihre Produktion zu verlegen, und das würde es erforderlich machen, kostspieligere kurzfristige Ressourcen einzusetzen. Dies würde viele FedCreds kosten und ihre Schulden erhöhen. Es war möglich, aber nur wenn sie über die Mitarbeiter verfügte, um jene koordinierten Projekte zum Abschluss zu bringen. Die Aelool hatten Verträge. Vielleicht würde sie ein paar Beilil-Familien finden, die gerade keine vertraglichen Bindungen hatten, aber der zu leistende Arbeitsumfang war erheblich. Es war also recht unwahrscheinlich, dass das ausreichen würde. Und die durch die Reisezeit von Dulain nach Adenast entstehende Verzögerung würde prohibitiv sein.
Es würde also nicht ausreichen. Sie sortierte im Geist die einzelnen Aspekte des Problems wie die Figuren in einem Aethalspiel. So wie das Spiel stand, war ihre Chance gering, aber ihre hoch entwickelte Spielstärke ließ nicht zu, dass sie einfach aufgab und aufhörte, an dem Problem zu kauen.
Die Aelools standen auf keiner schwarzen Liste. Es war also durchaus möglich, dass sie die Adenast-Familien dazu bewegen konnte, für ihre gegenwärtigen Projekte bei anderen Clans Unterstützung zu suchen. Wenn ihr das gelang, konnte sie erreichen, dass auf Adenast ansässige Aeloolangehörige umdisponiert und ihr jeweils kurzzeitig für zwischen ein und zehn Tage zugeteilt wurden. Drei Brutgruppen könnten ein Achtel ihrer gegenwärtigen Projekte übernehmen, und sie würde sämtliche unmittelbaren Termine ihrer Gruppe – mit Ausnahme eines einzigen – rechtzeitig erfüllen, ohne dass Probleme auftraten.
Der Haken daran war, dass Beilil zwar nach wie vor O’Neal freundlich gesonnen war, jedoch bei ihrem Clan bezüglich zu erweisender Gefälligkeiten nicht zu tief in der Kreide stand. Sie würde Dulain benachrichtigen, Gruppen mit den richtigen Fähigkeiten neu einteilen und jene Gruppen sogar für einen kurzfristigen Einsatz nach Adenast holen müssen. Sie überschlug die Kosten für den besten und den ungünstigsten Fall und kam zu dem Schluss, dass die Aufgabe nicht zu lösen war. Wenn der diplomatische Einsatz ihres Großvaters auf Barwhon ein hundertprozentiger Erfolg war, könnte es ihm vielleicht gelingen, die Beziehungen mit wenigstens einem der größeren Clans auf Adenast wieder ins Reine zu bringen. Der Koolanai-Clan, der sie großgezogen hatte, war ihr gegenüber insgesamt recht positiv eingestellt. Vernünftigerweise waren sie der Ansicht, dass ihre hervorragenden Leistungen ein gutes Licht auf den Clan warfen und ihm Ehre eintrugen. Zumindest waren sie einmal dieser Meinung gewesen. Wenn der Ruf von Clan O’Neal wiederhergestellt wurde, konnten sie daraus großen Vorteil ziehen. Und im Übrigen stellten sie ein Viertel ihrer Arbeitskräfte.
Ihr eigentliches Problem war Clan Roolnai. Sie hatten einen großen Teil ihres persönlichen Rufs auf die Zusammenarbeit mit Menschen gesetzt, auch wenn diese nur verdeckt über die Bane Sidhe erfolgte, und waren wütend darüber, dass die öffentliche Meinung jetzt beinahe einhellig davon überzeugt schien, dass die Menschheit insgesamt völlig und unwiderruflich dem Wahnsinn verfallen war.
Seit 2047 hatte sie ihre Roolnai-Werker mit der Kraft ihrer Persönlichkeit, ihrem starken Willen und mit Großzügigkeit gegenüber den an ihrem Projekt beteiligten Brutgruppen halten können. Eben diese Großzügigkeit hatte sie jedoch davon abgehalten, Roolnai-Familien durch Koolanai-Familien zu ersetzen, als einige Projekte abgeschlossen und neue an ihre Stelle getreten waren.
Alles lief darauf hinaus, dass sie erledigt war, wenn die Indowy Roolnai nicht ein wenig nachgaben. Das würde sie vielleicht nicht gerade das Leben kosten, sie aber in eine so wenig beneidenswerte Schuldenposition bringen, dass sie sich den Rest des Lebens ihre Projekte nicht mehr würde nach Wunsch aussuchen können – eine Situation, an der sie immerhin hart gearbeitet hatte. Sie würde jedwedes Projekt übernehmen müssen, das ihr kurzfristigen Profit einbrachte, sozusagen die Brosamen, die von den Tischen der Darhel fielen.
Doch wenn Großvater der Ansicht war, dass es für den Clan nützlich sei, würde sie sich langsam, aber stetig wieder hocharbeiten können, so langsam freilich, dass selbst ein Mentat wie sie die Geduld verlieren konnte. Und dazu würde sie die Kredite benutzen, die sie für die O’Neals gewonnen hatte, indem sie die Codeschlüssel der Stufe neun verkauft hatte.
Zuerst das Naheliegende versuchen, dachte sie und widerstand der Versuchung, sich gegen die Stirn zu schlagen. Sie ging durch die ganze Baustelle und benutzte dabei die Transitbänder, um die gewaltige Distanz zu überwinden, bis sie schließlich neben Iltai Haalani stand. »Ich übernehme diese Aufgabe. Bitte grüße den Indowy Roolnai und übermittle ihm meine untertänige Bitte, sich mit mir in einer Angelegenheit von großer Wichtigkeit für seinen Clan zu treffen.«
 
»Indowy Roolnai, ich sehe dich«, sagte sie und richtete sich in einer fließenden Bewegung zum Stehen auf.
Sie war ernsthaft besorgt gewesen, dass er nicht kommen würde. Das wäre ein Hinweis auf ihren völligen Ruin gewesen.
Iltai Haalani hatte das Clanoberhaupt zur Baustelle begleitet, und da die beiden Indowy an dem Ende hereingekommen waren, wo sie die Arbeiten überwacht hatte, hatte er sofort die Kontrolle der Tanks übernehmen können und ihr damit ermöglicht, das Gespräch mit dem Clanoberhaupt zu führen.
»Mensch Michelle O’Neal, ich sehe dich«, erwiderte Roolnai höflich. Seinem von grünem Pelz bedeckten Gesicht war dabei keinerlei Ausdruck anzumerken.
»Es ist sehr liebenswürdig, dass du mich persönlich aufsuchst. Ich weiß das zu schätzen«, sagte sie.
Der Indowy senkte dankend den Kopf, eine Geste, die beiden Spezies gemeinsam war. »Da ich dich kenne, bin ich sicher, dass du in keinem Fall eine Angelegenheit als für meinen Clan wichtig darstellen würdest, wenn es nicht so wäre.«
Das war eine Warnung. Er war bereit ihr zuzuhören, aber nicht günstig gestimmt und auch nicht geneigt, dem Gespräch viel Zeit zu widmen. »Ich stelle fest, dass die Werker an diesen Projekten heute abwesend sind«, erklärte Michelle und kam damit sofort zum Kern des Problems.
»Hast du anderes erwartet?«, fragte er.
»Nein. Nicht so, wie die Dinge liegen. Ich hatte allerdings gehofft, dass sie so lange bleiben würden, dass der Clan seine Verpflichtungen mit verbündeten Arbeitskräften neu organisieren konnte.«
»So wie die Dinge liegen, ist das nicht üblich. Die Clans, die bisher an diesen Projekten tätig waren, sind mit Clan O’Neal uneins. Wie kann man Gefälligkeiten austauschen, wenn man entfremdet ist?«
»Ich erkenne an, dass Clan Roolnai und Clan Haalani bereits mehr als entgegenkommend waren.«
»Du hattest dich noch nicht mit deinem Clanoberhaupt in Verbindung gesetzt. Wie konnten wir anständigerweise handeln, ohne beiden Seiten Zeit zu lassen, die Nachricht zu erhalten?«
Sie akzeptierte die höfliche Floskel als das, was sie war – eine Anerkennung, dass sie ihrem Clan gegenüber bisher korrektes Loolnieth an den Tag gelegt hatte.
»In meiner … Nachricht … von jenem O’Neal hat er auch zu verstehen gegeben, dass er beabsichtige, nach Barwhon zu reisen, um dort zu versuchen, die Beziehungen mit den Tchpth wiederherzustellen«, erklärte sie. Indem sie sich nicht zur zeitlichen Abfolge äußerte, vermied sie es auch, die Kommunikationsgeschwindigkeit und damit in Verbindung stehende Umstände anzusprechen und überließ dies seiner Diskretion.
»Eine interessante Nachricht«, erwiderte er, und seine Ohren zuckten dabei überrascht. »Dennoch, das Wesen des Verstoßes ist von höchst delikater Art und lässt sich möglicherweise nicht reparieren.«
Wenn die Indowy entschieden, dass die Menschheit ihrem Wesen nach unheilbar sei, so hieß dies in der Tat, dass der Verstoß nicht zu reparieren war. Michelles einzige Hoffnung lag darin, Zweifel an dieser Folgerung aufzubauen.
»Mag sein. Dir ist bewusst, dass gewisse Intriganten in meiner Rasse massive Änderungen an ihrer Gehirnchemie vorgenommen haben?« So. Ein »Wahnsinn« also, der auf künstliche Weise und mit primitiven ärztlichen Mitteln herbeigeführt worden war.
»Der Indowy-Clan betrachtet so wie alle anderen zivilisierten Rassen den Verzehr von Fleisch als gefährlich primitiven Wesenszug.« Roolnai schauderte bei dem Wort »Fleisch«. »Hinsichtlich einer solchen Spezies gibt es von Anfang an gewisse natürliche Bedenken.«
»Selbstverständlich. Aber der ›Anfang‹, wie du sagst, reicht weit über den augenblicklichen Lidschlag hinaus. Deine Rasse hat sehr viel Erfahrung mit der meinen und ist auch mit den Beziehungen deiner Clans mit den unseren vertraut.«
Wieder zuckten die Ohren des Clanvorstands überrascht. »Wahrscheinlich liegt es nahe, dass du besser informiert bist als andere Menschen. Deine Beobachtung trifft zu. Es trifft auch zu, dass sich die menschliche Clanstruktur geschwächt hat, insbesondere bei dem Überlebenden des Großen Gemetzels, und viele Clans sind zu dem Schluss gelangt, dass dies keine Veränderung zum Besseren hin war. Auch mein Clan sieht das so. Es ist ja gut, die medizinische Versorgung ein kleines Schrittchen vorwärts zu bringen, aber wenn die fundamentale Ursache woanders liegt …«
»Die jüngsten Ereignisse, so bedauerlich sie auch waren, sollten einen der Gründe für diese Besorgnis angemessen mildern. So schrecklich die Ereignisse auch gewesen sein mögen, die Beurteilung des O’Neal hinsichtlich des Wertes, den ein bestimmtes Mitglied unseres sehr kleinen Clans besitzt, ist in gewissem Maße bestätigt worden. Es mag sich dabei um primitive Fähigkeiten handeln, aber immerhin sind sie ein Glied in der Kette nicht nur zum Überleben von Clan O’Neal, sondern auch für den Wert, den diese Fähigkeiten für den Pfad bedeuten. Das haben sogar die Tchpth bestätigt.«
»Dies erwähnst du mir gegenüber?«
Wie Michelle schon erwartet hatte, erstarrte er vor Wut. Kein Wunder, wenn man die mörderischen Fähigkeiten ihrer Schwester bedachte – und nicht nur ihre Fähigkeiten, sondern auch ihre Handlungen. Trotzdem stützte sich Michelles Argumentation in hohem Maße darauf, dass ihr Großvater Cally gegen den Willen großer Teile der Bane Sidhe gerettet hatte, und dies nicht nur aus sentimentalen, sondern durchaus auch aus rationalen Gründen, die im Interesse des Clans lagen, aus Gründen, die nicht im Gegensatz zu den Interessen seiner damaligen Verbündeten standen. Sie zweifelte keineswegs daran, dass Großvaters Entscheidung ausschließlich auf der Loyalität im menschlichen Sinne basierte – einer Loyalität, die nach oben wie nach unten reichte – und auch auf seinem persönlichen Ehrgefühl. Aber sie wusste ebenso gut, dass das Verständnis der Indowy für menschliche Xenopsychologie äußerst beschränkt war. Der Indowy Roolnai würde nicht begreifen, wenigstens nicht in den nächsten fünf Minuten, weshalb diese Art wechselseitiger Loyalität für menschliche Clans ein überlebenswichtiger Vorteil war. Also musste sie ein Argument einsetzen, das wirken würde – wenigstens hoffte sie das.
»Primitiv. Abstoßend. Aber was geschehen ist, war nicht nur für die vitalen Interessen von Clan O’Neal notwendig, es schien auch«, sie legte großen Nachdruck auf das Wort, »es schien auch so Nutzen bringend mit galaktischen Interessen und der Sicherheit des Pfades selbst verbunden zu sein, dass selbst die Tchpth jene Fähigkeiten als unbedingt notwendig erachteten. Jenseits aller Präzedenzfälle zwar, aber notwendig. Ich räume ein, dass gewisse Aspekte des Ergebnisses äußerst unglücklich waren …«
Der Ausdruck völligen Abscheus, der an Roolnai zu erkennen war, machte ihr klar, dass sie gut daran tat, ihn bald für ihre Ansichten zu gewinnen – andernfalls würde sie jede Chance dazu verlieren.
»Die Tchpth sind weiser als wir alle. Wenn die Weisesten unter ihnen eine Zeit lang der Ansicht waren, der Pfad selbst stehe auf dem Spiel, wie können dann die Clans zu dem Schluss kommen, dass diese Entscheidung innerhalb einer Spezies widersinnig wäre, der alle zubilligen, dass sie unterentwickelt und primitiv ist? Wie kann man eine Spezies, ja selbst einen Clan, nach den Handlungen eines einzigen Angehörigen beurteilen, der unter dem größtmöglichen Stress und ohne vollständige Information etwas getan hat, was selbst die Tchpth in Erwägung gezogen hatten?«
Roolnai wandte sich von ihr ab, er atmete langsam und bedächtig, etwas, das an die Atemübungen der Darhel erinnerte. Emotionelle Kontrolle war für seine fortwährende Existenz nicht so lebenswichtig wie für die ihre. Doch das hieß nicht, dass er sich nicht dringend in den Griff bekommen musste. Es dauerte einige Augenblicke, endlos lange, wie es Michelle erschien, bis er sich ihr wieder zuwandte.
»Möglicherweise haben wir übereilt gehandelt. Möglicherweise«, betonte er.
»Wenn ein Verstoß nicht so offenkundig ist, dann ist die kleine Gefälligkeit doch sicherlich nicht ungewöhnlich, Familien weiter an ihre gegenwärtigen, gut bezahlten Kontrakte zu binden, während die Angelegenheit geprüft wird.«

2

»General O’Neal«, sagte der Lieutenant Colonel und salutierte, als Mike aus dem Aircar stieg. »Willkommen auf Fredericksburg Base.« Der Colonel war schlank und hoch gewachsen – eine Mischung aus so vielen Rassen, dass man unmöglich erkennen konnte, welche es waren. Er trug die Rangabzeichen eines Adjutanten eines Lieutenant General. Mike kam er vage bekannt vor, aber das galt für nahezu alle höheren Offiziere von Fleet Strike.
»Danke«, erwiderte Mike mit einer Handbewegung, die man als Ehrenbezeigung deuten konnte.
»General Wesley hat eine Stunde für Sie reserviert, die, na ja, jetzt beginnt, General«, sagte der Colonel. »Aber er hat auch gesagt, dass, wenn Sie von der Reise abgespannt wären …«
»Ich sitze jetzt seit fünf Monaten in Schiffen herum«, sagte Mike und wies auf den Eingang. »Das ist alles andere als harte Arbeit.«
»Yes, Sir«, sagte der Colonel. »Sie finden …«
»Ich weiß, wo sich das Büro des Stabschefs befindet, Colonel«, sagte Mike in leicht gereiztem Tonfall. »Gehen wir einfach.«
 
»Lieutenant Colonel Timmons wirkte ein wenig verstimmt auf mich«, sagte General Wesley, als Mike sich einen Stuhl herzog.
»Der hat eine so perfekte Politur, dass es mich wirklich überrascht, wie du das bemerken konntest«, sagte Mike.
»Ich bin jetzt fast achtzig, und er ist seit fünf Jahren mein Adjutant«, erklärte Tam. »Ich lese in ihm wie in einem Buch, was umgekehrt nicht der Fall ist, auch wenn er das vielleicht glaubt.«
»Ich vermute, dass er an Generale gewöhnt ist, die ›von der Reise ermüdet‹ sind«, sagte Mike. »Was ich übrigens auch bin. Aber in erster Linie möchte ich jetzt wissen, warum in drei Teufels Namen man mich einfach so aus meinem Kommando rausgerissen hat, als ob ich die Tochter des Tir Dol Rons gevögelt hätte oder so was. Also, bei allem gebotenen Respekt, mir wär’s wirklich recht, wenn du gleich zur Sache kommen könntest, was auch immer das sein mag.«
»Du bist befördert worden, Lieutenant General«, sagte Tam. »Du bekommst das Eleventh Korps. Das sind die Grundzüge. Du musst natürlich noch mehr wissen. Es gibt ein paar Teams, die das übernehmen werden, aber dies sind jedenfalls die Grundzüge.«
»Ich will kein Korps«, sagte Mike. »Ich will wirklich kein Korps. Ich will weder ein Korps noch deinen Job noch das Kommando über Fleet Strike, sonst hätte ich mich selbst darum bemüht und das wahrscheinlich auch bekommen. Das haben wir doch alles längst schon diskutiert.«
»Das Korps wird Divisionsstärke haben und als Einheit eingesetzt werden«, erklärte Tam. »Ich habe doch gesagt, dass dies nur die Grundzüge sind.«
 
Mike legte sein AID weg, das die provisorischen Organisationspläne für das neue »vereinheitlichte« Eleventh Corps angezeigt hatte, und zuckte die Achseln.
»Du weißt, dass du mir den Rang verleihen und dies hier ein Korps nennen kannst, aber in Wirklichkeit ist das eher eine Division«, erklärte Mike. »Wenn man einem Lieutenant General das Kommando darüber gibt, ganz zu schweigen von Major Generals in diesen sogenannten ›Divisionen‹, dann bedeutet das bloß, dass es zusätzliche Gehälter kostet. Und was wird General Michie tun?«
»Er ist von dem neuen Organisationsplan alles andere als begeistert«, bemerkte Tam. »Und überhaupt nicht daran interessiert, in der Fäule rumzufuhrwerken und Posleen auszugraben. Deshalb wird er – kurz nachdem du das Kommando übernommen hast – in den Ruhestand treten. Er mag den Job, den er im Augenblick hat. Ich bin mir wirklich gemein vorgekommen, als ich ihm gesagt habe, dass damit Schluss ist.«
»Aber … weshalb soll damit Schluss sein?«, wollte Mike wissen. »Da draußen gibt es doch Arbeit. Wir brauchen mehr Leute, nicht weniger.«
»Du weißt genauso gut wie ich, dass das nicht stimmt«, sagte Tam. »Komm mir also nicht damit. Was nicht heißt, dass ich nicht ohnehin dafür gesorgt hätte, dass ihr Leute bekommt. Ich habe getan, was ich konnte. Aber so wie die Dinge jetzt liegen, ist das politisch einfach nicht durchsetzbar. Ein paar Gründe dafür wirst du bei deinem briefing später erfahren. Und einiges davon ist zu geheim, als dass man es dort erwähnen könnte. Bist du bereit? Oder bist du ›von der Reise abgespannt‹?«
»Fang schon an«, sagte Mike, holte seinen Kautabak heraus und hielt ihn so, dass der andere ihn sehen konnte. »Es macht Ihnen doch nichts aus, Sir?«
»Ich kenne dich jetzt seit fünfzig Jahren«, seufzte Tam. »Wenn du deinen Priem nicht kriegst, passiert meistens was. Okay, Punkt eins, und der wird in einem Teil der briefings erwähnt werden. Seit einiger Zeit ist es praktisch unmöglich, von den Darhel Mittel für zusätzliche Anzüge zu bekommen Aber nicht nur weil die Leute geizig sind – so wirst du es in den briefings zu hören bekommen. Es gibt da noch etwas anderes.«
»Und das wäre …?«
»Erinnerst du dich, wie General Stewart bei dem Shuttle-Unfall ums Leben gekommen ist?«, fragte Tam.
»Das ist etwa sieben Jahre her, nicht wahr?«, antwortete Mike. »Der Zeitunterschied macht einen fertig, aber das müsste etwa …«
»Schön, dann fangen wir ungefähr dort an«, sagte Tam, und seine Kinnmuskeln zuckten dabei. »Die Frage ist immer, was man weglassen soll und was nicht.«
»Fang einfach am Anfang an …«, schlug Mike vor und runzelte dabei die Stirn. »Was hat James damit zu tun, dass wir keine Mittel bekommen?«
»Der Anfang …«, sagte Tam nachdenklich. »Das Problem ist, dass wir nicht wissen, wie es angefangen hat.«
»Wenn du jetzt von den Darhel sprichst«, sagte Mike, »dann würde ich beim ersten Kontakt anfangen.«
»Und wann war der?«, fragte Tam und schob eine Augenbraue hoch. »Aber, meinetwegen, ich will dort anfangen. Als zu erkennen war, dass die Darhel wesentlich mehr über uns wussten als wir über sie, haben die Militärs eine kleine Gruppe aufgestellt, die versuchen sollte, deren Informationssystem zu infiltrieren und herauszubekommen, was genau sie über uns Menschen wussten. Und, hol’s der Teufel, alles Mögliche andere auch, über die Darhel und die anderen Galakter. Die waren ja nie besonders gesprächig, wenn es um ihre Geschichte und deren Hintergründe ging.«
»Hume«, sagte Mike mit gerunzelter Stirn. »Wieso komme ich jetzt auf diesen Namen? Akademikertyp, ein wirrer Haarschopf und ständig im Wolkenkuckucksheim. Ich bin von dem Burschen alles andere als beeindruckt gewesen.«
»Was auch beabsichtigt war, jedenfalls nach den Informationen, die ich bekommen habe«, nickte Tam. »Aber es hat nicht funktioniert. Er ist ermordet worden, und sein oberster Xeno Fuzzi auch. Das war etwa um die Zeit, als man dich nach Diess versetzt hatte.«
»Ermordet?«, fragte Mike und sah den anderen erstaunt an. »Bist du sicher?«
»Eine Weile war das eine richtige Epidemie«, sagte Tam. »Das Verteidigungsministerium hat im Lauf des Krieges sechs Ermittlerteams verloren.«
»An wen?«, fragte Mike zornig. »Das ist doch Wahnsinn.«
»Die Darhel haben versucht, das einer anderen Gruppe anzuhängen, und darauf komme ich jetzt gleich«, sagte Tam. »Aber es waren die Darhel selbst. Die mögen es wirklich nicht, wenn wir in ihrer Vergangenheit herumstochern. Aber dann haben wir eine Art Waffenstillstand geschlossen. Hast du je vom Protokoll gehört?«
»Es gibt eine Menge Protokolle«, sagte Mike. »Aber das klingt nach etwas Besonderem, nicht wahr?«
»Ja, sehr«, nickte Tam. »Ich weiß, du erinnerst dich daran, wie General Taylor ermordet wurde.«
»Als ob es gestern passiert wäre«, sagte Mike. »Obwohl ich damals mitten in einer riesigen Schlacht steckte. Ich halte zwar nicht viel von Verschwörungstheorien, aber dass Free Earth dahintersteckte, habe ich nie geglaubt. Er hatte mir erzählt, dass er den Hackerangriff während der Schlacht von Daleville untersucht hat, und dann ist er plötzlich tot. Ich würde das offen gesagt den Cybers zuschreiben.«
»Gehen wir noch einmal ein Stück zurück«, sagte Tam. »Die Wahrheit entspricht, soweit das irgendjemand ohne Lügendetektoren feststellen kann, Folgendem: Die Darhel hatten den Hackerangriff arrangiert. Taylor war zu demselben Schluss gelangt. Die Darhel haben ihn ermordet, oder besser gesagt veranlasst, dass er ermordet wurde. Die Cybers haben als Vergeltungsmaßnahme fünf wichtige Darhel auf der Erde kaltgemacht und dazu einige von ihren Attentätergruppen aus dem Verkehr gezogen. Cyber wurde dabei von einer weiteren Gruppe unterstützt, die sich Bane Sidhe nennt. Als alles vorbei war, haben sich die Darhel bereit erklärt, keine weiteren Angriffe auf menschliches Militärpersonal zu unternehmen und sich auch nicht direkt in militärische Angelegenheiten einzumischen. Die Cybers und die Bane Sidhe haben sich ihrerseits verpflichtet, keine weiteren Darhel zu ermorden. Und wir haben uns verpflichtet, künftig keine Ermittlungen über die historischen Hintergründe der Föderation anzustellen.«
»Das ist doch Wahnsinn«, sagte Mike.
»Es ist eher Xeno«, sagte Tam mit finsterer Miene. »Die Darhel waren damit recht zufrieden. Wir haben uns wie Darhel verhalten.«
»So habe ich das ja auch irgendwie gemeint«, nickte Mike. »Warum zum Teufel lassen wir uns mit diesen Dreckskerlen ein?«
»Oh, es ist noch viel schlimmer«, fuhr Wes fort. »Die Darhel haben sich große Mühe gegeben sicherzustellen, dass wir den Krieg fast verloren hätten. Sie haben Angst vor uns, Mike, gewaltige Angst. Und das auch mit Recht. Sie können nicht kämpfen. Also haben sie sich mächtig Mühe gegeben, uns militärisch zu kastrieren, so wie sie die Indowy politisch kastriert haben. Sie haben komplett die Kontrolle über die reguläre Flotte übernommen. Fleet Strike ist die einzig verbliebene, wirklich funktionsfähige Militäreinheit. Ganz können sie uns nicht los werden. Die Posleen bleiben eine Bedrohung, wenn auch eine, die deutlich geringer geworden ist. Sie brauchen uns, um nachhaltig dafür zu sorgen, dass sie nicht wiedererstarkt zurückkehren. Aber sie wollen nicht, dass wir ein echter Machtfaktor werden. Wir Menschen im Allgemeinen und Fleet Strike im Speziellen.«
»Deshalb sparen sie bei den GKA«, sagte Mike. »Tja, aus ihrer Sicht ist das vermutlich ganz vernünftig. Wenn ich nämlich so könnte, wie ich wollte, würde ich diese Dreckskerle fertigmachen. Total. Allein schon für Daleville.«
»Würde ich auch«, nickte Wesley. »Aber das können wir nicht, und das weißt du auch. Sie sind das Nervensystem der Föderation. Wenn sie nicht wären, hätten wir das vollständige Chaos. Also müssen wir mit ihnen leben. Sie ermorden unser Militärpersonal nicht, speziell keine Generale, und die Menschen erklären den Darhel nicht den Krieg. Und an dem Punkt erhält die Gruppe, die ich vorher erwähnt habe, diese Bane Sidhe, eine wesentlich größere Bedeutung.«
»Und wer oder was sind … ist die Bane Sidhe?«, fragte Mike und legte dabei den Kopf etwas zur Seite, während er über den richtigen Artikel nachdachte.
»Die Bane Sidhe ist eine im Untergrund gegen die Darhel operierende Rebellengruppe«, sagte Wes. »Das ist die schlichte Antwort auf deine Frage. Hauptsächlich findet sie sich bei den Indowy …«
»Augenblick«, fiel ihm Mike ins Wort und kicherte. »Indowy- Rebellen? Was tun die denn, schicken sie böse Memos?«
»Sie dringen in die Informationsnetze der Darhel ein«, sagte Wes mit ausdruckslosem Gesicht. »Und das tun sie sehr, sehr gründlich.«
»Oh«, machte Mike, plötzlich wieder ernst geworden. »Und die Informationen geben sie weiter an …?«
»Größtenteils sieht es so aus, als würden sie sie einfach sammeln, wie Geizhälse«, sagte Wes und seufzte dabei. »Hör mal, wir wissen nicht sehr viel über die Bane Sidhe. Die haben nämlich eine verdammt gute Spionageabwehr. Aber ich will dir sagen, was wir wissen und was wir vermuten. Zunächst einmal der Name. Kommt er dir bekannt vor?«
»Er klingt nicht nach Indowy oder Darhel«, sagte Mike nachdenklich. »Oder nach Krabben.«
»Da kommt er auch nicht her, er ist gälischen Ursprungs«, sagte Wes, »übersetzt bedeutet das ›Elfentöter‹. Mit anderen Worten: Darhel-Töter.«
»Wieso gälisch?«, wollte Mike wissen. »Ich nehme an, der menschliche Teil der Gruppe nennt sich so.«
»Nein«, widersprach Wes. »Die ganze Gruppe heißt so, es gab sie schon vor diesem Kontakt.«
»Es hat also frühere Kontakte gegeben«, meinte Mike und nickte. »Das war zwar ziemlich offenkundig, aber …«
»Und jetzt kommen wir zu dem Punkt, weshalb die Bane Sidhe für Fleet Strike wichtig ist«, sagte Tam. »Zunächst einmal sind sie eine Gruppe von Rebellen gegen die Föderation, so wie diese im Augenblick aufgebaut ist. Wie ich schon erwähnte, die Darhel zu erledigen, kommt nicht in Frage, so sehr wir sie auch hassen, jedenfalls solange wir nicht etwas aufbauen können, womit man sie ersetzen kann. Und dieses Etwas müsste bereits vorher in Funktion sein. Sonst bekommen wir einen gewaltigen Bürgerkrieg. Und das würde den Posleen Zeit verschaffen, sich zu erholen, und dann wären wir, je nachdem wie lange der Krieg dauert und was an die Stelle der Föderation treten würde, am Ende wieder da, wo wir vor knapp fünfzig Jahren waren. Bei den Waffen, die in einem solchen Krieg eingesetzt werden könnten, wäre zu befürchten, dass die Erde ihn nicht überlebt. Einen solchen Krieg wünsche ich mir nicht. Nicht jetzt. Nicht solange wir nicht sicher sein können, dass wir ihn auch gewinnen.«
»Und diese Bane Sidhe sind das?«, fragte Mike.
»Wir sind nicht sicher, worin ihre Ziele bestehen, einmal davon abgesehen, dass sie die Darhel erledigen wollen«, sagte Wesley. »Aber in letzter Zeit hat es da einige interessante Vorkommnisse gegeben. Zunächst einmal, dass es uns endlich gelungen ist, einen menschlichen Bane Sidhe umzudrehen und ein paar wichtige Informationen über die interne Struktur dieser Gruppe zu bekommen. Zumindest auf menschlicher Seite. Es hat uns … einigermaßen überrascht zu erfahren, dass ihre wichtigste menschliche Gruppierung sich Clan O’Neal nennt«, erklärte er dann und lächelte dabei.
»O’Neal?«, wiederholte Mike. »Warum?«
»Das hat uns der Agent nicht gesagt. Nur dass ihre Hauptkampfgruppe, die sich in mehrere Teams gliedert, diesen Namen benutzt hat. Es gab da ein Team Papa, ein Team Cally etc. etc.«
»Diese Mistkerle«, sagte Mike, und seine Gesichtszüge verhärteten sich dabei. »Wie können die es wagen?«
Der Verlust seiner Frau, seines Vaters und seiner Tochter im Krieg war für ihn in vielerlei Hinsicht noch ebenso frisch wie vor fünfzig Jahren.
»Ich glaube, das ist als Kompliment gedacht«, meinte Tam vorsichtig.
»Darauf kann man auch scheißen«, sagte Mike. »Mich macht das wütend. Ich nehme an, du willst jetzt darauf kommen, weshalb uns diese Typen wichtig sind. Einmal davon abgesehen, dass ich sauer auf sie bin.«
»General Stewart hat die Ermittlungen geleitet …«, sagte General Wesley.
»Haben diese Dreckskerle Stewart umgebracht?«, fiel Mike ihm zornig ins Wort.
»Wie man uns sagt, nein«, erklärte Tam. »Würdest du bitte aufhören, mich zu unterbrechen?«
»Weiter«, drängte Mike.
»Yes, Sir«, sagte Wesley und lächelte.
»Entschuldigung, General«, nickte Mike. »Fahr bitte fort, Sir.«
»General Stewart hat die Ermittlungen geleitet. Aber er wollte mehr als nur den Maulwurf, der sich auf einer ziemlich widrigen Position befand. Also hat er eine Falle gestellt. Er ließ Informationen durchsickern, dass wir (a) einen Maulwurf hatten und (b) dass sich die Information über die Identität des Maulwurfs in einem ganz bestimmten Büro von Fleet Strike befand. Dann nahm General Stewart in Verkleidung in diesem Büro eine Position als Adjutant an und erwischte schließlich den Agenten, den die Bane Sidhe darauf angesetzt hatten, die von ihm ausgestreute Information zu suchen. Nun ja, er erwischte den Agenten quasi nachdem sie die Information ausgeschickt hatten.«
»Also haben wir den Maulwurf verloren«, sagte Mike.