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Die Wege der Nancy Dane
Sie nennen ihn El Perverso, und er ist ein grausamer Quäler und Frauenmörder. Aufgrund seines Reichtums und seiner Verbindungen hält er sich für unangreifbar. Eine Horde Revolvermänner beschützt ihn. Doch als er die junge Nancy Dane entführt, ruft er damit einen Gegner auf den Plan, mit dem er nicht gerechnet hat. Nate Dunnegan folgt Nancy quer durch die Hölle und wieder zurück.
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Seitenzahl: 150
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Die Wege der Nancy Dane
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: Maren/S.I.-Europe
Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-8511-3
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Die Wege der Nancy Dane
Sie nennen ihn El Perverso, und er ist ein grausamer Quäler und Frauenmörder. Aufgrund seines Reichtums und seiner Verbindungen hält er sich für unangreifbar. Eine Horde Revolvermänner beschützt ihn. Doch als er die junge Nancy Dane entführt, ruft er damit einen Gegner auf den Plan, mit dem er nicht gerechnet hat. Nate Dunnegan folgt Nancy quer durch die Hölle und wieder zurück.
Der achtzehnjährige Jungrancher Nate Dunnegan und die knapp siebzehnjährige Hotelbesitzertochter Nancy Dane lagen bei der Weidehütte am Colorado River im Gras. Es war Mai, alles grünte und blühte. Das frische Gras duftete.
Beide waren nackt – sie hatten sich gerade geliebt. Der große dürre Nate, er hatte im letzten Jahr größenmäßig noch einen Schuss in die Länge getan, spielte mit Nancys hübschen Brüsten. Er schaute schon wieder zu ihrer Scham. Das dunkle krause Haarbüschel und das, was sich zwischen den Schenkeln des Girls befand, beschäftigten seine Gedanken. Bald würden die Lust und die Begierde ihn wieder übermannen.
Nate hatte recht lange sandfarbene Haare. Nancy war eine hübsche Dunkelhaarige.
Nate war noch nicht lange der Rancher der Balken D. Er übernahm sie früh, als seine Eltern bei einem Eisenbahnunglück starben. Er sprach ernst mit seinem Liebchen.
»Wir werden uns eine Weile nicht sehen, Süße. Ich treibe vierhundert Rinder nach Wichita.«
»Bis nach Wichita? Den weiten Weg bis nach Kansas? Nur vierhundert Rinder – lohnt sich das denn?«
Nates Miene zeigte, dass er Nancy diesbezüglich nicht viel Wissen zutraute.
»Dummerchen. Ich schließe mich Don Abbotts großer Sammelherde an. Der Trail dauert sechs Wochen. Dann komme ich wieder.«
»In Wichita soll es hoch hergehen, Nate. Wirst du den Erlös für die Herde auf den Kopf hauen?«
»Da kennst du mich schlecht. Ich traile selbst mit, damit mich keiner bescheißt und über den Tisch zieht. Auf die Balken D Rinder achte ich selbst, und ich verkaufe sie auch. Persönlich.«
»Don Abbott ist ein ehrenwerter Mann. Alle haben Vertrauen zu ihm. Du musst nicht unbedingt selber mit.«
»Ich möchte es aber. Ich will raus hier, mir den Wind der Fremde um die Nase wehen lassen. Selbst auf den Trail gehen. Erfahrungen sammeln, mir ein Bild machen. Ich will es selber zum Trailboss bringen, wenn ich die Balken D vergrößert habe.«
»Du hast nur deinen jüngeren Bruder Will und einen einzigen Cowboy, Nate. Wirst du nicht hier gebraucht?«
»Will und der alte Abel kommen gut ohne mich klar. Ich habe große Pläne und Ziele. Die Balken D soll die erste Ranch in Colorado werden. Das wird sie nie, wenn ich mich hinter den Ofen hocke.«
»Du willst also mit Abbotts Mannschaft die Herde treiben. Wie viele Rinder sind das insgesamt?«
»So um die achttausend.«
»Das ist eine Menge. Deine vierhundert sind nur ein Bruchteil davon. Was hat Abbott denn gesagt, dass du als Newcomer unbedingt mit ihm und seiner erfahrenen Crew auf den Trail willst?«
Nate verzog kurz das Gesicht. Don Abbott war nicht begeistert gewesen. Er hatte Nate gesagt, dass er Anfänger nicht gebrauchen könnte. Seine Crew würde stehen, er brauche keinen zusätzlichen Mann für die Sammelherde. Die anderen Rancher, größere, ältere und erfahrenere als Nate, würden ihm auch vertrauen.
Nate hatte ihn umgestimmt, indem er ihn bat, ihn doch mitzunehmen.
»Jeder hat einmal angefangen«, hatte er dem Trailboss gesagt. »Auch du warst mal ein Rookie.«
»Okay«, hatte Abbott zugestimmt. »Aber du gehorchst mir aufs Wort. Du bist der Jüngste und Grünste in der Mannschaft. Du musst nicht den anderen die Stiefel putzen, aber du tust, was sie dir sagen. – Dafür nehme ich dich mit. Das ist mein letztes Wort. Oder treib deine Rinder allein.« Hinzugefügt hatte er: »Wenn du Ballast für uns bist, schicke ich dich heim. – Ist das klar?«
»Ja«, hatte Nate dem derben Trailboss versprochen.
Das sagte er Nancy nicht.
Er schwindelte vielmehr: »Er war sehr angetan. Er hat gesagt, mich könnte er gut gebrauchen.«
In Wirklichkeit hatte Abbott gebrummelt: »Ein blutiger Anfänger in der Crew hat mir gerade noch gefehlt. Mach dich auf wenig Schlaf und viel Arbeit gefasst, Junge. Und stehe uns nicht im Weg herum, und bring keine Unordnung in die Herde.«
Das war so Don Abbotts grobe Art. Nate schwärmte weiter, was er alles vorhatte und tun wollte. Es gab Nancy einen Stich, als sie daran dachte, dass er aus der abgelegenen Gegend herauskommen würde. Er sah etwas anderes, er hatte Abwechslung. Sie hockte in Glenwood Springs und führte ein ödes Leben.
Im Hotel ihres Vaters arbeiten, Zimmer herrichten, an der Rezeption sitzen, Mahlzeiten kochen, die Hotelwäsche zum Chinesen bringen und wieder abholen. Gelegentliche Ausritte und die heimlichen Treffen mit Nate waren die einzige Abwechslung.
Dabei hätte sie gern mehr von der Welt gesehen. Sie träumte von schönen Kleidern, Gesellschaften, interessanten Männern. So endete ihr Horizont an den Bergen, welche das Weidegebiet einengten.
Nate erzählte nun auch noch, wie er sich den Aufschwung seiner Ranch vorstellte.
»Zuerst geht es nach Wichita. Dort verkaufe ich meine vierhundert Rinder. Mit dem Erlös für die Herde vergrößere ich mich. Ich erwerbe die Südweide von Bad Hank Smith dazu. Dann kann ich mich ausbreiten, meine Herde vergrößern. Wenn du achtzehn wirst, heiraten wir. Die ersten Jahre müssen wir eisern sparen, uns einschränken. Jeder Cent wird in die Ranch gesteckt. Aber dann, in fünf oder zehn Jahren, wird es uns besser gehen. Dann können wir uns etwas leisten. Und in zwanzig, dreißig Jahren gehört uns die größte Ranch in Colorado. – Sparsamkeit und harte Arbeit sind meine Devise.«
Nancy gefiel das nicht. Immer hörte sie von Nates Plänen, wie er sich das vorstellte. Die Worte Einschränkung, Sparsamkeit, harte Arbeit konnte sie schon nicht mehr hören. Sie war in Nate verliebt gewesen, liebte ihn immer noch. Er war ihr erster Mann gewesen. Doch inzwischen erkannte sie, dass ihre Lebensvorstellungen sich sehr unterschieden.
Er fragte sie zwar, was sie wollte, doch er ging davon aus, dass ihre Vorstellungen sich mit seinen deckten. Wenn etwas anderes bei ihr anklang, überhörte er es.
»Das denkst du doch auch, Nancy, oder?«, fragte Nate.
Nancys Gedanken waren abgeschweift, mit den weißen Wolken am Himmel geflogen.
Sie hatte nicht zugehört, was Nate zuletzt sagte, antwortete jedoch brav: »Ja, Darling.«
Nate küsste sie. Sie sah und merkte, dass sein Lustspeer wieder stand und steif war. Beide hatten nicht viel Erfahrung, was Sex betraf. Sie kannten nur einander. Doch so schwer war die Sache nicht. Nate steckte Nancy die Zunge in den Mund.
Seine Hände glitten fordernd über ihren Körper, der noch nicht völlig entwickelt war. Nancy war mädchenhaft schön. In ein paar Jahren würde sie eine vollbusige, reife Schönheit sein, nach der alle Männer sich umdrehten und in deren Umgebung die Luft vor Sexappeal knisterte.
Nancy streichelte ihren Liebhaber. Sie drückte sich an ihn, öffnete ihm ihre Schenkel. Spürte seine Finger in ihrem Schoß. Feucht war ihre Lustgrotte und zart. Vom Reizen der Lustperle wusste Nate nichts. Wenn er Nancy intim küsste und leckte, geschah das mehr schlecht als recht.
Sie kannte es jedoch nicht anders. Sie begehrte ihn, die Kraft und Potenz der Jugend wiesen ihnen den Weg. Nate drang in Nancys Lustgrotte ein. Warm und weich nahm sie ihn auf. Er stieß heftig.
Nancy genoss es. Einen Orgasmus hatte sie nicht. Soweit vermochte Nate sie nicht zu bringen. Doch die Sache an sich gefiel ihnen. Der Jungrancher ergoss sich in Nancys Schoß. Dabei bäumte er sich auf und stöhnte wie ein brünstiger Widder.
Nancy war zufrieden. Sie kannte es nicht anders. Es war nicht das letzte Mal Sex für beide an diesem Tag gewesen.
☆
Knapp sieben Wochen später ritt Nate in Glenwood Springs ein. Der Trail war vorbei, Nate hatte sich in der Mannschaft des Treibherdenbosses Don Abbott gut eingefunden und gehalten. Er übernahm zusätzliche Arbeiten, war immer zu einer Extra-Herdenwache bereit oder ritt, um Ausreißer einzufangen. Nate war immer gut drauf.
Jung, wie er war, hatte er überschüssige Kräfte. Es machte ihm nichts aus, einen Tag und eine Nacht im Sattel zu verbringen und dann nach zwei Stunden Schlaf und einem kräftigen Essen gleich wieder aufs Pferd zu steigen. Bei seinen Mannschaftskameraden war er beliebt, mehr noch, man verließ sich auf ihn.
Die ersten harmlosen Späße, welche die Cowboys mit jedem Rookie trieben, hatte er lachend hingenommen. Einmal hatten sie ihm die Sattelgurte angeschnitten, sodass er gleich wieder herunterfiel, als er sich im Comanchenschwung auf das Pferd schwang und losgaloppieren wollte.
Dann war plötzlich kein Pferd mehr da, und er lag mitsamt dem Sattel im Dreck. Ein andermal hatten sie ihm die Zuckerdose mit Salz gefüllt gereicht, was er ahnungslos in den Kaffee gab. Er hatte den Kaffee getrunken, ohne eine Miene zu verziehen, und hinterher behauptet, vom Geschmack hätte er keinen Unterschied gemerkt.
In Wichita bei den leichten Girls hielt er sich zurück. Er bezahlte für seine Mannschaftskameraden den Einstand, als er seine Rinder verkauft und Geld in der Tasche hatte, wie es der Brauch war. Doch er trank mäßig, keineswegs so, dass ihm der Schnaps aus den Ohren lief.
Die Saloongirls und Freudenmädchen rührte er nicht an, obwohl er heftig unter sexuellen Entzugserscheinungen litt und ständig an Sex denken musste. Die anderen Cowboys spotteten, der Saft würde ihm in den Kopf steigen. Sie tobten sich ungehemmt aus.
Wichita war wie Abilene und Dodge City ein Sündenbabel und Sodom und Gomorrha der Prärie. Dort tanzte der Teufel und hatten die Saloons und sonstigen Amüsierschuppen während der Herdensaison Tag und Nacht offen.
In Wichita hatte Nate eine Schießerei mit einem großmäuligen Revolverhelden, der sich von ihm beleidigt fühlte. Nate suchte den Streit nicht, er wich ihm jedoch auch nicht aus. Auf der Mainstreet duellierten sie sich.
Nate schoss den Gunman in die Schulter. Er wusste schon, dass er schnell mit dem Colt war. Das war eine natürliche Gabe von ihm. Schnelle Reflexe, eine rasche Hand und ein gutes Auge. Bei dem Duell, dem ersten in seinem Leben, stellte sich zudem heraus, dass er absolut kaltblütig war und eine sehr gute Kampfübersicht hatte.
Er verlor nicht die Nerven. Er zog und schoss so schnell, wie eine Fliege startete. Sein Gegner, ein berüchtigter Revolvermann, merkte zu spät, dass er in dem jungen Kerl seinen Meister gefunden hatte.
»Weißt du, wen du niedergeschossen hast?«, fragte der Sheriff von Wichita Nate nach dem Kampf, als der Gegner stöhnend weggetragen wurde. »Das ist Black Bart Remington. Er hat sieben Kerben in seinem Colt. Du solltest die achte sein.«
»Daraus wird nun nichts. Den Revolverarm wird das Großmaul nicht mehr gebrauchen können. Ich habe ihm die Schulter zerschossen.«
»Woher weißt du das? Der Doc hat noch keine Diagnose erstellt.«
»Weil ich darauf gezielt habe.«
Dem Sheriff klaffte der Mund auf. Er fragte sich, ob ihn der junge Cowboy, dem kaum der erste Bart spross, auf den Arm nehmen wollte. Der Doc bestätigte ihm, was Nate gesagt hatte – Schultergelenk zerschossen.
Daraufhin nahm der Sheriff den Trailboss Don Abbott zur Seite.
»Der junge Kerl, der Rookie aus deiner Mannschaft, das ist ein zweiter Billy the Kid. Vielleicht ist er noch besser als The Kid. – Habt ihr noch mehr von der Sorte im Garfield County? Im tödlichen Duell mit Black Bart hatte er den Nerv, auf die Schulter des Gegners zu schießen. Das war kein Zufallstreffer, dass die Kugel woanders hingehen sollte. Er zielte dorthin, wo sie traf.«
»Um Black Barts Revolverarm ist es nicht schade. Jetzt kann er auf links umschulen, oder er muss Ruhe geben. – Keine Ahnung, Nate Dunnegan ist vorher noch nie als Gunman aufgefallen. Das war seine erste Schießerei. Bei den Rodeos bei uns hat er immer gut abgeschnitten. Er ist schnell und gewandt. – Während dem Trail hat er sich gut gemacht. Dass er ein Revolverass sein soll, ist mir neu. Vielleicht war’s ein Zufall, dass er den Schwarzbart so traf.«
»Mir kommt es nicht so vor«, sagte der Sheriff.
Nate hatte sich Achtung und Respekt erworben. Er bildete sich nichts auf seine Revolverschnelligkeit ein. Sie war ihm in die Wiege gelegt worden. Natürlich hatte er fleißig, jedoch nicht übermäßig mit dem Revolver geübt.
Die Rückreise von Wichita erfolgte per Bahn. Die letzte Strecke ritt Nate in das verschlafene Glenwood Springs. Voller Vorfreude, Nancy in seine Arme zu schließen, band er sein Pferd vor dem »Riverside Hotel« an. Er sehnte sich nach Nancys Umarmung, nach ihren Küssen. Er liebte sie, nicht nur rein sexuell. In ihr sah er, obwohl er noch sehr jung war, die Frau seines Lebens.
Sporenklirrend, die Bat Wing Chaps angeberisch an den Beinen, er wollte ein schneidiges Bild abgeben, betrat er das Hotel. Die Stores waren zugezogen und filterten das Sonnenlicht in der Hotellobby.
Nate schlug auf die Glocke am Pult.
»Nancy. Hey, Nancy. Ich bin wieder da.«
Er läutete noch einmal. Dann trat Nancys Vater Matthew Dane aus einer Seitentür und kam zur Rezeption. Mürrisch schaute er Nate an.
»Du bist wieder zurück, Junge. Willst gewiss zu Nancy. Tut mir leid für dich. Sie ist nicht mehr da.«
Nate starrte ihn an.
»Wie, nicht mehr da? Ist sie verreist? Zu wem und wohin? Wie kann das sein? Ich habe ihr Telegramme geschickt. Sie weiß, dass ich komme. – Warum erwartet sie mich nicht?«
»Ja, verreist ist sie, das kann man so sagen. Sie ist durchgebrannt, mit einem Spieler, der drei Wochen hier in der Stadt war. Ace Warringer heißt er, auch Doppelass Ace genannt. Ein windiger Bursche. Dem kannst du nicht trauen. Doch meine Nancy, die dumme Göre, fiel auf ihn rein. Weiß der Satan, was er ihr erzählt hat. Eines Morgens war sie verschwunden, er auch. Seine Hotelrechnung hat er natürlich nicht bezahlt. Nie wieder vermiete ich an einen Spieler, außer für Vorkasse. Nancys Abschiedsbrief lautete kurz: Ich bin mit Ace abgereist. Wir lieben uns. Er zeigt mir die Welt. Sucht mich nicht – alles Liebe – Deine Nancy.«
Nate klappte der Unterkiefer herunter. Er fühlte sich, als ob sich der Boden unter íhm auftun würde. Mit zitternder Hand fasste er in die Tasche und holte einen schönen und teuren Ring heraus.
»Den habe ich als Überraschung für Nancy gekauft. Als Verlobungsring und als Zeichen meiner unverbrüchlichen Liebe und Treue.«
Dane, ein hagerer Mann mit Stirnglatze und Ärmelschonern, nahm den Ring und betrachtete ihn. Er pfiff durch die Zähne.
»Ein erlesenes Stück. Was hast du dafür bezahlt?«
»Hundert Dollar.«
»Alle Achtung! Nancy muss dir viel bedeuten. Doch bei ihr kannst du den Ring nicht mehr loswerden. Heb ihn für eine andere auf, oder versetz ihn im Pfandhaus. Einen Teil von dem Wert wirst du dafür bekommen.«
Nates Miene versteinerte.
»Nein, den Ring soll keine andere tragen. Der war für Nancy. Ich werfe ihn in den Fluss.«
»Junge, mach das nicht. Was hast du davon?«
Wortlos drehte Nate sich um und marschierte zum Ausgang. Es brannte ihm in den Augen. In seinem Innern wütete ein bitterer Schmerz. Für ihn brach die Welt zusammen.
Matthew Dane rief ihm nach.
»Nate, auf ein Wort.«
»Was denn noch?«
»Denk nicht zu schlecht von Nancy. Sie ist jung und unerfahren, heiß auf die Welt draußen. In Glenwood Springs hat sie sich eingesperrt gefühlt. Mit mir redete Nancy selten über ihre Gefühle. Ihre Mutter ist tot. Doch einmal vertraute sie sich mir an. – Was dich betrifft.«
»Was hat sie gesagt?«
»Dass du immer nur von dir sprichst. Deiner Ranch, deinen Plänen. Dass du selbstverständlich davon ausgehst, dass das auch ihre Wünsche und Vorstellungen sind. Dass du ständig von harter Arbeit und Sparsamkeit sprichst. Wie du die Ranch vergrößern, was du mal werden willst.«
»Was ist verkehrt daran?«
»Nancy ist jung. Sie lebt heute und will etwas Spaß, Glanz und Freude haben. Die Welt sehen. Etwas erleben. – Du hättest sie schon früher mal etwas verwöhnen und ihr was Hübsches kaufen sollen, so wie diesen Ring. Nicht nur immer von Arbeit, Sparsamkeit, von Entbehrungen, einem steinigen Weg und der fernen Zukunft erzählen.«
»Aber ich habe ihr doch mal ein Halstuch und ein Kleid geschenkt. Eine Brosche.«
»Für drei Dollar, ja. Der Spieler hat ihr was anderes erzählt. Er hat ihr den Kopf verdreht. – Versuch, ein wenig Verständnis zu haben. Ich kenne mein Girl. Sie ist nicht flatterhaft und kein Flittchen. Sie geht einen falschen Weg, und das wird sie bereuen. Dieser Ace Warringer ist kein Mann für eine feste Bindung. Er wird sie im Stich lassen, wenn er ihrer überdrüssig ist.«
»Ihr Problem«, sagte Nate und knirschte mit den Zähnen. »Ich nehme sie nicht wieder. Sie kann zusehen, wo sie bleibt. Sie kann ja als gefallenes Mädchen nach Glenwood Springs zurückkehren und wieder im ›Riverside Hotel‹ arbeiten.« Bitter fügte er hinzu: »Vielleicht nimmt sie der Stadtsäufer Whisky Juke noch als Frau.«
Dane zuckte zurück.
»Es ist alles gesagt. So kannst du nicht mit mir sprechen. Nancy ist immer noch meine Tochter, auch wenn sie durchbrannte. – Ja, das würde ich mir wünschen, dass sie wieder zurückkehrt. Ich würde sie wieder aufnehmen. Wir sind alle Menschen mit Fehlern und Schwächen. Das Leben ist nicht immer leicht. – Geh jetzt, Nate, verlass mein Hotel. – Nancy wird nicht zurückkehren. Ich kenne sie seit ihrer Geburt. Sie ist stolz und starrköpfig. Eher geht sie zugrunde, als dass sie hier angekrochen kommt und mich und dich um Verzeihung bittet.«
Nate ging. Er warf die Tür hinter sich zu, dass die Glasscheibe klirrte.
☆
Die ersten Wochen mit Ace Warringer waren berauschend für Nancy. Sie war blindlings verliebt in den gutaussehenden, stattlichen Spieler. Doppelass Ace war hochgewachsen, blond, er sah aus wie ein strahlender Sieger. Seine blauen Augen blitzten. Er trug teure Kleidung.
Sein Habitus besagte: Was kostet die Welt? Mit der Bahn und der Postkutsche reisten sie hinüber nach Texas. In Amarillo blieben sie eine Weile, die nächsten Stationen hießen Oklahoma City, wo Ace Warringer in einer Nacht eine ganze Rinderherde gewann und wieder verlor. Er lachte darüber.
»Neues Spiel, neues Glück!«, rief er aus. »Nur der Himmel ist meine Grenze.«