Jack Slade 959 - Jack Slade - E-Book

Jack Slade 959 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Wichita ist eine Stadt, die den größten Teil des Jahres im Dornröschenschlaf schlummert - bis jeweils die riesigen Rinderherden aus Texas zur Verladung auf die Eisenbahn herangetrieben werden. Nach dem langen Viehtrieb toben sich die Cowboys dann so richtig aus, und es wird schwierig, halbwegs die Ordnung aufrechtzuerhalten. Sheriffs sind in Wichita jedenfalls reihenweise verschlissen worden - bis Mack Tevis den heißen Job in der tosenden wilden Stadt mit Friedhofsgarantie bekommt!


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Inhalt

Cover

Männer ohne Ehrenkodex

Vorschau

Impressum

Männer ohne Ehrenkodex

Wichita ist eine Stadt, die den größten Teil des Jahres im Dornröschenschlaf schlummert – bis jeweils die riesigen Rinderherden aus Texas zur Verladung auf die Eisenbahn herangetrieben werden. Nach dem langen Viehtrieb toben sich die Cowboys dann so richtig aus, und es wird schwierig, halbwegs die Ordnung aufrechtzuerhalten. Sheriffs sind in Wichita jedenfalls reihenweise verschlissen worden – bis Mack Tevis den heißen Job in der tosenden wilden Stadt mit Friedhofsgarantie bekommt! Er will es besser machen als seine Vorgänger, von denen jeder seinen Stern mit ins Grab genommen hat. Überschätzt er sich?

»Come on, zieh dich aus! Tanz nackt auf dem Tisch!«

Lorena schluchzte. Sie war bildhübsch, schwarzhaarig und noch sehr jung – gerade achtzehn. Im »Dust Devil Saloon« an der Arkansas Street in Wichita ging es hoch her. Vier wüste Kerle dominierten das Geschehen – Black River Jack, Dirty Dollar, Halfcast Man und Beast Cisco.

Black River Jack hatte den Saloon beim Pokern vom früheren Besitzer gewonnen. Der lag jetzt mit einem Loch in der Goldbrokatweste, das bis hinunter ins Herz ging, auf dem Friedhof. Der schwarze Jack und seine Kumpane ließen die Puppen tanzen.

Die mit den ersten Herden aus Texas angekommenen Cowboys freuten sich. Sie waren nach dem Trail vollkommen außer Rand und Band. Ihnen konnte es nicht wild genug zugehen.

Lorena war erst seit kurzer Zeit in dem Saloon tätig. Beim vorigen Besitzer war es soft zugegangen – an die neuen Sitten hatte sie sich noch nicht gewöhnt. Beast Cisco – er und Dirty Dollar und Halfcast Man hießen anders, aber so rief sie jeder – halfen ihr auf die Sprünge.

Das narbengesichtige Halbblut mit der speckigen Lederweste hob die Reitpeitsche und schlug Lorena unterhalb des Saums ihres kurzen Flitterkleidchens quer über die Schenkel.

Das Girl schrie auf.

»Wird's bald!«, schrie das Halbblut sie an. »Sonst helfen wir nach. Du wirst einen Strip hinlegen. Dann wirst du Big Al Jollison von der Brazos-River-Mannschaft hier öffentlich einen blasen. Dann nehmen die BR-Jungs dich im Hinterzimmer auf dem Spieltisch ran. Die anderen Flittchen halten sich auch ran. Hier herrschen jetzt andere Sitten.«

»Das könnt ihr nicht machen!«, protestierte eine ältere Kollegin Lorenas. »Das gehört sich nicht. Da machen wir nicht mit.«

Dirty Dollar ging zu ihr, packte sie und drehte ihr den Arm auf den Rücken. Hinter ihr stehend, hielt er ihr sein scharfes Abhäutemesser vor die Nase und drückte diese damit platt.

»Was willst du? Soll ich dir die Nase aus dem Gesicht schneiden, du Flittchen? Mit der Klinge habe ich schon Hunderte von Büffeln abgehäutet, und dich häute ich auch, wenn du nicht parierst. Wichita ist eine wilde Stadt, eine offene Stadt. Wir laufen Dodge und Abilene den Rang ab. Hier ist alles erlaubt, was den Jungs Spaß macht. Solange sie dafür bezahlen, ist es kein Problem.Ist doch so, Boss?«

Black River Jack lehnte am Tresen, ein Glas Bier in der Hand. Er trug ein fransenbesetztes Wildlederhemd und zwei Colts, und er hatte einen langen und dichten schwarzen Vollbart und verschiedenfarbige, tückisch blickende Augen. Eines war grau, das andere dunkel.

Er grinste. »Klar doch. Tanz, Lorena, oder wir tauchen dich am Tresen in die Spüle, bis du alles tust, nur um Luft zu bekommen.«

Der Saloon war gerammelt voll. Black River Jack hatte fest vor, allen anderen Etablissements in der Treibherdenstadt den Rang abzulaufen. Achtzig Cowboys waren da, wilde, haarige Texas-Jungs. Allesamt angetrunken. Sie putschten sich gegenseitig auf.

Johlend stießen sie sich an.

»Tanz, Lorena!«

Lorena stieg auf den Tisch. Sie hob das Flitterkleid bis zum Ansatz der Oberschenkel.

»Ist denn keiner da, der mir hilft? Warum greift kein Sheriff ein? Esther, Mabel, Conchita, helft mir!«

Ein Dutzend Saloongirls hielten sich im Saloon auf. Sie würden alle Hände und andere Körperteile voll zu tun haben, um die wilden Cowboys zufriedenzustellen.

»Der Sheriff ist weggelaufen«, sagte Esther. »Nimm das Messer von meiner Nase, bevor noch was passiert, Dirty Dollar. Ich pariere ja schon.«

Sie wandte sich an Lorena, während der bullige Mann mit der platten Nase das Messer wegsteckte und unter ihrem Rock fummelte.

»Seit ihn die Texaner am Lasso quer durch die Stadt geschleift haben, hat der Sheriff die Nase voll von dem Job«, sagte Esther. »Sie kriegen auch keinen anderen mehr. Hier herrscht ein gesetzloser Zustand.«

Die Saloongäste saßen teils, teils stand sie; zwei Kellner und zwei Barkeeper waren auch noch da sowie der Hausspieler Flush Gordon und der bucklige Pianist Hump, aber keine Einheimischen. Die Männer im Saloon hatten die Stadt in der Tasche; davon waren sie überzeugt. Black Jack war ein Mann ganz in ihrem Sinn.

Man spottete Esther nach: »Ein gesetzloser Zustand! Ei, wie schlimm! Gleich wird auch noch ein hüllenloser Zustand nackiger Weiber hier im Saloon herrschen. Hump, hau in die Tasten!«

Halfcast Man haute dem Pianisten auf den Buckel. Der knirschte mit den Zähnen, was in Lärm und Geschrei unterging, und schlug in die Tasten. Er spielte einen flotten Marsch.

»Auf den Tisch!«, skandierten die Cowboys der entfesselten Meute, die sich gegenseitig aufstachelte und keine Gnade und kein Benehmen mehr kannte. »Tanz! Die Klamotten runter!«

Lorena musste gehorchen. Halfcast Man drohte ihr wieder mit der Peitsche. Black Jack hob warnend den Zeigefinger. Pariere und spute dich, hieß das, sonst wird es bitter für dich. Lorena traute den besoffenen Cowboys und dem neuen Boss und seiner Bande – anders konnte man sie nicht nennen – alles zu.

Sie tanzte und schwang ihre Beine. Streifte das Kleid ab, unter dem sie nur einen knappen Slip trug.

»Titten! Titten! Titten«, grölte die Meute. Und: »Pussy! Pussy! Pussy! Zeig deinen Hintern.«

Black Jack und seine drei Verbündeten stachelten die Cowboys an. Sie amüsierten sich. Hemmungen kannten sie keine mehr.

Nur ein junger Cowboy widersetzte sich. Er war weniger angetrunken als die anderen. Er drängte sich vor zu dem Tisch, auf dem Lorena sich produzieren musste. Seine Mannschaftskameraden und andere – mehr als nur eine Mannschaft besuchte den »Dust Devil Saloon« – standen rund um den Tisch und klatschten.

Bei allen beulte sich schon die Hose in Vorfreude kommender Sexfreuden. Eine wüste Orgie stand an. Die Girls würden allerhand leisten müssen.

Der junge Cowboy gebot Einhalt. Er breitete die Arme aus.

»Halt, Freunde, das geht zu weit! Es ist abscheulich, was ihr hier treibt! Ihr könnt das Girl nicht dazu zwingen, sich vollständig zu entblößen. Ein Rest Anstand muss sein.«

Die Meute knurrte wie ein Wolfsrudel, das Blut geleckt hatte und sich nicht abbringen lassen wollte.

»Was will denn unser Goldlöckchen? Halt die Klappe, Ringo! Wenn du nicht mitmachen willst, scher dich raus!«

Ringo, der junge Cowboy, hatte schulterlange blonde Locken und ein Milchgesicht. Sein weichliches Äußeres täuschte jedoch. Er gab nicht nach.

»Hört auf damit! Das gehört sich nicht. Was zu weit geht, das geht zu weit. Wir sind keine Schweine und Wilden!«

Der Pianist hörte auf zu spielen. Da trat Big Al, sein Trailboss, zu Ringo. Big Al war ein Hüne mit Schultern breit wie ein Scheunentor.

»Du mahnst uns zur Mäßigung, Ringo?« Er klopfte ihm auf die Schulter. »Bist ein Braver, ein guter Junge. Wo du recht hast, hast du recht. Nur, heute pfeifen wir drauf!«

Mit einem mächtigen Schwinger fegte er Ringo von den Beinen.

»Schmeißt ihn raus auf die Straße, Jungs, diesen Spaßverderber. So jemanden kann ich nicht in meiner Mannschaft gebrauchen.«

Der Bewusstlose wurde an den Armen gepackt und zur Schwingtür geschleift. Ein Mannschaftskamerad untersuchte sein Gesicht.

Er rief: »Du hast ihm den Kiefer gebrochen, Big Al! Du hättest nicht so hart zuschlagen sollen.«

»Was kann ich dazu, dass er so morsche Knochen hat?«, antwortete barsch der Trailboss. »Er soll nicht mit Männern reiten, wenn er so zart besaitet ist. Raus mit ihm! Hier geht's weiter! Hump, hat dir jemand gesagt, dass du aufhören sollst zu spielen? Was Flottes, aber schnell! Lorena, Pussy, komm wieder in Gang. Runter mit dem Slip und die Beine breit, denn wir wollen dir ins Paradies schauen. Dann steig runter vom Tisch und mach das, was dein Boss befohlen hat.«

Das Piano erklang. Hump hämmerte die Tasten. Black River Jack grinste breit. Sein Bart klaffte auf, seine Zähne blinkten.

Lorena ließ ihre letzte Hülle fallen. Die geilen Cowboys johlten und glotzten und pfiffen und trampelten. Obszöne Worte flogen durch die Luft.

Big Al winkte.

»Komm zu mir, mein Schatz!«

Verzweifelt schüttelte Lorena den Kopf. Halfcast Man hob die Peitsche. Dirty Dollar zückte sein Messer auf Black River Jacks Geheiß. Lorena gab jede Hoffnung auf, es könnte glimpflich für sie abgehen. Eine Massenvergewaltigung stand ihr bevor. Den anderen Saloongirls würde es nicht viel besser gehen.

Sie war die Jüngste und Hübscheste und stach der entfesselten aufgegeilten Meute besonders in die Augen. Doch wenn sie sich sträubte, dann rissen sie sie vom Tisch – dann wurde sie geschlagen und würde ihr Blut fließen, wenn Dirty Dollar sie mit dem Messer ritzte und stach.

Lorena war verzweifelt.

Big Al knöpfte die Hose auf. Geil und gierig sahen die Männer zu. Gleich würde sich der hünenhafte und schwergewichtige Treibherdenboss über die zierliche Lorena hermachen. Die Saloongirls waren in den Hintergrund abgedrängt worden. Keine wagte einzugreifen.

Big Al ließ die Hose fallen und entblößte seinen gewaltigen Hammer. Er ragte mächtig empor, ein echter Rammbock, der nichts für zierliche Girls und zimperliche Gemüter war.

»Ran an den Speck!«, dröhnte der Trailboss und leckte sich über die Lippen.

Seine Cowboys stachelten ihn an.

»Los, Al, zeig's ihr, wo es langgeht!«

Mit tränenüberströmtem Gesicht kniete Lorena nieder und spitzte die Lippen. Big Al zerrte sie derb an den Haaren.

»Hör auf zu flennen, du Flittchen. Das verdirbt mir die Laune. Jetzt verpasse ich dir einen echten guten Texas-Speer.«

Schon berührten Lorenas Lippen die Spitze seines Lustspeers.

Da krachte an der Saloontür ein Schuss.

Die Cowboys zuckten zusammen. Eine Gasse öffnete sich. Vor der Schwingtür, schon im Saloon, stand ein großgewachsener braunhaariger Mann mit Kalbfellweste.Er hatte einen Schnauzbart und wirkte ernst und entschlossen.

Das war niemand, der Sprüche machte oder mit dem gut Kirschenessen war. Er hielt einen schweren Revolver in der Hand, ein wuchtiges Eisen mit einem großen runden Lauf als Trommelachse. So eine Waffe kannten nur wenige im Saloon – es war ein LeMat-Revolver. Neun Schuss in der Trommel, Kaliber 42, und ein Schrotlauf dazu.

Genug, um einen Saloon leerzufegen.

»Was ist denn hier für eine Sauerei im Gang?«, fragte der Mann mit dem schweren Schießeisen. Sein Blick schweifte in die Runde. »Machst du das freiwillig, Girl?«

»N-nein«, schluchzte Lorena.

»Dann hör sofort auf damit.«

Der Mann schritt durch die Gasse in den Raum. Black River Jack stellte sich ihm entgegen, Dirty Dollar und den Halfcast Man an der Seite. Beast Cisco stand tückisch seitlich zwischen den Gaffern. Der Pianist hatte aufgehört zu spielen.

Es wurde still im Saloon.

»Augenblick mal!«, rief Black River Jack. »Das ist mein Saloon, und wir haben hier eine geschlossene Gesellschaft. Hier darf niemand rein, der nicht dazugehört. Wie bist du überhaupt reingekommen? Ich hatte zwei Mann als Wachen vor die Tür gestellt.«

»Meinst du die zwei Luschen, die sich Rausschmeißer schimpfen?«, fragte der Angesprochene. »Die habe ich umgehauen.«

»Du hast hier nichts zu suchen. Wer bist du denn überhaupt? Was bildest du dir ein?«

»Ich bin der Sheriff. Ich komme in Wichita überall rein, wenn ich es für notwendig halte. Und jetzt tue ich das.«

»Wir haben hier keinen Sheriff. Der Letzte ist abgehauen – sang- und klanglos hat er sich bei Nacht aus dem Staub gemacht.«

»Jetzt ist wieder einer da«, erwiderte der andere trocken. »Ben Weaver, mein Name. Gerade vorhin angekommen und frisch vereidigt. Du bist Black River Jack, eine üble und krumme Nummer. Ich sperre dich ein. Dann jage ich dich aus der Stadt.«

Er öffnete die Weste. Darunter sah man den Sheriffstern. Er trug ihn nicht offen, weil er die Wachen vorm Saloon nicht hatte vorwarnen wollen. Dann hatte er sich nicht die Zeit genommen, den Stern sichtbar anzustecken.

Dem Saloonbesitzer verschlug es die Sprache. Er schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Big Al, immer noch unten ohne, protestierte.

»Sheriff hin oder her, das kannst du nicht machen! Ich will meinen Spaß haben. Du kannst mir nicht mein Vergnügen versauen. Hier sind sechs Dutzend Cowboys ...« Ein paar andere waren auch noch da. »... und wenn du noch eine Weile unbeschadet leben willst, dann verschwinde.«

Der Sheriff ging zu ihm und baute sich vor ihm auf. Er blickte zu ihm hoch – obwohl er sehr groß war, überragte ihn Big Al noch um ein gutes Stück.

»Ach ja?«

Ben Weaver haute dem Trailboss mit Wucht den Revolverlauf über den steifen Ständer. Das schmerzte sehr. Big Al jaulte auf wie ein Puma, dem man den Schwanz abgerissen hatte. Er presste beide Hände vor sein edelstes Teil und sprang hin und her.

»Da hast du deinen Spaß, Großmaul.« Der Sheriff wandte sich an Lorena. Schon drohte sein Revolver wieder in die Runde. »Ziehen Sie sich an, Miss. Bedecken Sie sich. Ihr anderen verschwindet – alle. Der Saloon ist geschlossen, die Show ist vorbei.«

So viel Kühnheit und Entschlossenheit schockten die Cowboys. Sie standen stumm und starr und wussten nicht, was sie tun sollten. Big Al knirschte vor Schmerz mit den Zähnen, schrie jedoch nicht mehr. Er war vielmehr leichenblass, und der kalte Schweiß brach ihm aus.

Sein Gesicht wirkte wie von innen ausgewrungen, so weh tat es ihm. Er wagte jedoch kein Widerwort mehr und zog seine Hose hoch. Die Lust auf Sex war ihm gründlich vergangen.

Black River Jack gab nicht auf. Rasch blickte er seine drei Bestmen an. Dann schüttelte er, statt einen seiner Colts zu ziehen, einen Derringer aus dem Ärmel. Der Sheriff schoss ihm sofort in den Arm.

Dirty Dollar fing sich eine Kugel in die Brust ein, als er seinen Revolver hervorzauberte. Beast Cisco mit der Hasenscharte und dem tückischen Galgenvogelgesicht brachte sein Schießeisen halb aus dem Holster.

»Bist du lebensmüde?«, fragte der Sheriff.

Der Mann mit dem Wolfsrachen gab mit einem fauchenden Laut auf. Er hob die Hände in Schulterhöhe.

Halfcast Man mit dem narbigen Gesicht und den schulterlangen Haaren hatte auf der Ben Weaver abgewandten Seite gezogen. Ein Schuss streckte ihn nieder.

Er konnte noch abdrücken. Haarscharf vor der Stiefelspitze des Sheriffs schlug sein Blei in die Dielen. Die Zuschauer zuckten bei jedem Schuss zusammen.

Das Halbblut fiel, und so, wie der Mann aufschlug, sah man, dass er nicht wieder aufstehen würde.

Weaver ging vor zum Tresen und scheuchte die Barkeeper fort.

»Weg da aus meinem Rücken.«

Die beiden Männer gehorchten. Rasch verschwanden sie von hinter dem Tresen, vor den der Sheriff sich stellte, den rauchenden Revolver in der Hand. Es war so leise im Saloon, dass man hören konnte, wie der Hausspieler Flush Gordon die Karten mischte. Er saß an dem mit grünen Leinen bespannten Tisch an der Wand, fächerte die Karten aus, ließ Wellen durch sie laufen und schob das Spiel wieder zusammen.

Dünn grinste er unter seinem schmalen Oberlippenbart.

»Mit mir haben Sie kein Problem, Sheriff. Jack hat es übertrieben. Die Stimmung ist zu sehr hochgekocht. Die Cowboys sind alles gute Jungs. Sie wollten sich nur amüsieren. Dann haben sie die Kontrolle verloren.«

»Die guten Jungs sollen zusehen, dass sie aus der Stadt kommen – sonst mache ich ihnen Beine.«

»Wir sind achtzig Mann«, sagte ein Cowboy.

»Glaubt ihr, dass ich deswegen Angst vor euch habe? Ich bin der neue Sheriff von Wichita. Die Possen hören jetzt auf. Amüsieren könnt ihr euch, aber benehmt euch. Oder ich sorge dafür. Jetzt bin ich da, und Wichita ist keine gesetzlose Stadt mehr.«

Der Cowboy, ein verwegener Bursche, redete weiter.

»Du kannst uns nicht alle erschießen.«

»Alle nicht, aber einige schon. Meinen Revolver schieße ich leer, auch wenn ich getroffen werde und meinen ersten Tag im Dienst nicht überlebe. Das hier ist ein LeMat – einen Lauf mit grobem Schrot und sechs Kugeln habe ich noch. Eine davon ist für dich. Also, wie sieht's aus?«

Die Cowboys duckten sich unter dem Blick des Sheriffs. Beast Cisco zuckte kurz, doch er ließ wohlweislich die Hände oben. Ein Kämpfer war in die Stadt gekommen. Der neue Sheriff von Wichita war eine besondere Marke. Er meinte ernst, was er sagte.

Ein Oldtimer unter den Cowboys sagte: »Besser, wir gehen, Jungs. Der Sheriff versteht keinen Spaß. Wir sind außer Rand und Band geraten, Sheriff. Es soll nicht wieder vorkommen.«

»Du bist ein vernünftiger Mann. Reitet aus der Stadt, bleibt in euren Camps oder bei der Herde, wenn sie noch nicht verkauft ist. Der ›Dust Devil‹ ist bis auf weiteres geschlossen. Big Al bleibt hier; er ist festgenommen.«

»Ich bin verletzt, ich werde Blut pissen«, stöhnte der Trailboss.

»Das kannst du auch in der Zelle. Du da und du ...« Er deutete mit dem Revolverlauf auf Beast Cisco und auf Black River Jack, der stöhnend und mit blutigem Arm auf einem Stuhl saß. »... ihr seid gleichfalls verhaftet. Die anderen verschwinden besser, ohne Murren, oder ich sperre noch ein paar ein.«

Ben Weaver deutete mit dem Schießeisen auf ein paar Männer. Er hatte ganz klar gewonnen und beherrschte die Situation. Black River Jack hielt sich den verletzten Arm. Blut tropfte herunter. Beast Cisco schnallte ab, langsam und vorsichtig, sodass der Sheriff keinen Grund hatte, auf ihn zu schießen.

Lorena zog sich an.

Sie flüsterte: »Danke, Sheriff.«

Ben nickte ihr zu.

»Abschnallen!«, befahl der Sheriff.

Big Al und Black River Jack gehorchten, wobei Letzterer stöhnte.

Ihre Revolvergurte polterten auf den Boden. Unter Dirty Dollar und dem Halbblut Halfcast Man krochen Blutlachen hervor. Die Cowboys der Brazos-River-Mannschaft und die der zwei anderen Crews duckten sich wie geprügelte Hunde vor dem Willen und dem LeMat-Revolver des Sheriffs.

Seine unerschrockene Kühnheit beschützte ihn wie ein Schild. Sie waren Cowboys, und dass da zwei Tote lagen, ernüchterte sie. Außerdem imponierte ihnen Mannesmut, und er trug den Stern, zeigte keine Schwäche und wich nicht mal um Haaresbreite vor der Übermacht zurück.

Freilich hätten sie ihn von ihrer bloßen Zahl her niedertrampeln, erschlagen und in Stücke reißen können. Mal ganz abgesehen vom Einsatz ihrer Revolver. Doch das wollten und wagten sie nicht. Sie wussten, was ein LeMat-Schrotlauf Kaliber 20 Gauge auf kurze Distanz anrichten konnte.

Das waren 20 gleich große Schrotkugeln, aus fast einem Pfund Blei gegossen. Das fetzte hinein.

Doch die schreckliche Waffe war nicht der ausschlaggebende Grund, dass die Cowboys klein beigaben und wichen. Der Mann selbst war es, der Sheriff.

Kleinlaut zogen die Cowboys alle ab, verließen den Saloon. Draußen stiegen sie auf ihre Pferde, die am Hitchrack oder in der Nähe angebunden standen, oder holten sie aus dem Mietstall. Wie ein Spuk waren sie weg, ohne Lärm zu verursachen oder wild zu galoppieren, wie sie es sonst immer taten.

Nur das Saloonpersonal war noch da – und die zwei Toten.

Ben Weaver sah den geschniegelten Spieler an.

»Wie heißt du?«

»Flush Gordon.«

Das war nicht sein Taufname, doch das spielte keine Rolle. Er saß noch immer am Tisch, verzog keine Miene und hantierte mit seinen Karten. Brokatweste, Schleife, langes Gesicht, über der Stirn schütteres Haar – ein typischer Kartenhai. Dicke Uhrkette, Siegelring.

»Du übernimmst hier, Flush Gordon. Der Laden ist erst mal geschlossen. Wenn jemand fragt, sagt es ihm: Der Sheriff ist in der Stadt. Schafft die Leichen weg. Der Sargtischler soll sie übernehmen.«

Der Spieler nickte ungerührt. Die Saloongirls, die beiden Barkeeper und der Kellner sowie der bucklige Pianist schwiegen. Die Girls schauten den Sheriff bewundernd an. Er gab den den drei Verhafteten mit dem Revolverlauf einen Wink.

»Worauf wartet ihr noch? Wollt ihr Wurzeln schlagen?«

»Ich bin angeschossen«, stöhnte Black River Jack. Sein Derringer lag in der von Beast Cisco ausgehenden Blutpfütze am Boden. »Ich brauche einen Arzt. Mein Arm ist kaputt.«

»Im Gefängnis wird dich der Doc verarzten. Gehen kannst du ja.«