James Bond 12 - Man lebt nur zweimal - Ian Fleming - E-Book

James Bond 12 - Man lebt nur zweimal E-Book

Ian Fleming

4,7

Beschreibung

Bond, ein gebrochener Mann nach dem Tod seiner Frau durch Ernst Stavro Blofeld, will dem Agentenleben entsagen und gefährdet so sich selbst und seine Kollegen. M, der nicht bereit ist, den Verlust einer seiner besten Agenten zu akzeptieren, schickt 007 nach Japan auf eine letzte, fast unlösbare Mission. Aber Japan besiegelt Bonds Untergang, als er in einer mysteriösen Residenz, bekannt als "Schloss des Todes", auf einen alten, wieder belebten Feind trifft. Alle Zeichen deuten auf das Ende des britischen Agenten hin ... und diesmal scheint selbst Bond dem nichts entgegen halten zu können ... Jeder kennt sie: die teils stark von den Vorlagen abweichenden Verfilmungen der James-Bond-Romane. Pünktlich zum 50-jährigen Jubliäum der Filmreihe gilt es die Ian-Fleming-Originale erstmals im "Director's Cut" zu entdecken! Eine der größten Filmikonen überhaupt wird 50 Jahre alt! Passend dazu kommt Ende 2012 der 23. Teil der Saga mit dem Titel "Skyfall" in die Kinos! Cross Cult schließt sich den Jubilaren des Mythos mit einer Wiederentdeckung der meisterhaft erzählten Agenten- und Spionageromane aus der Feder Ian Flemings an und beginnt die schrittweise Veröffentlichung aller James-Bond-Originalromane. Endlich wird es möglich sein, Titel wie "Goldfinger", "Thunderball" oder "You Only Live Twice" komplett in ungekürzten Übersetzungen und mit den ursprünglichen Kapitelabschnitten und -überschriften zu lesen. Es verspricht eine einzigartige James-Bond-Bibliothek zu werden, die dazu einlädt, dem Kult um den britischen Gentleman-Geheimdienstler mit der "Lizenz zum Töten" auf den Grund zu gehen.

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Seitenzahl: 320

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Sammlungen



JAMES BOND

MAN LEBTNUR ZWEIMAL

von

IAN FLEMING

Ins Deutsche übertragenvon Anika Klüver und Stephanie Pannen

Die deutsche Ausgabe von JAMES BOND – MAN LEBT NUR ZWEIMAL wird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg. Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern, Übersetzung: Anika Klüver und Stephanie Pannen; verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde; Lektorat: Katrin Aust und Gisela Schell; Satz: Rowan Rüster/Amigo Grafik; Cover Artwork: Michael Gillette. Printausgabe gedruckt von CPI Morvia Books s.r.o., CZ-69123 Pohorelice.

Printed in the Czech Republic.

Titel der Originalausgabe: JAMES BOND – YOU ONLY LIVE TWICE

German translation copyright © 2013, by Amigo Grafik GbR.

Copyright © Ian Fleming Publications Limited 1964

The moral rights of the author have been asserted.

Die Persönlichkeitsrechte des Autors wurden gewahrt.

JAMES BOND and 007 are registered trademarks of Danjaq LLC, used under license by Ian Fleming Publications Limited. All Rights Reseved.

Print ISBN 978-3-86425-092-7 (Dezember 2013)

E-Book ISBN 978-3-86425-093-4 (Dezember 2013)

WWW.CROSS-CULT.DE · WWW.IANFLEMING.COM

Man lebt nur zweimal:Einmal wenn man geboren wirdUnd einmal, wenn man dem Tod ins Auge blickt.

Nach BashōJapanischer Poet1643–94

INHALT

TEIL EINS

»Lieber hoffnungsvoll reisen …«

1. Schere schneidet Papier

2. Der letzte Vorhang für Bond?

3. Die unmögliche Mission

4. Dikko auf der Ginza

5. Magic 44

6. Tiger, Tiger!

7. Der Todessammler

8. Schlag’s durch die Blume

9. Instant-Japan

10. Studium für Fortgeschrittene

11. Anatomiekurs

TEIL ZWEI

»… als ankommen.«

12. Begegnung in Samara

13. Kissy Suzuki

14. Ein goldener Tag

15. Die sechs Wächter

16. Der Liebesfleck

17. Etwas Böses kommt daher

18. Oubliette

19. Der Befragungsraum

20. Blut und Donnerstag

21. Nachruf

22. Sperlingstränen

FürRichard Hughesund Torao Saito

TEIL EINS

»Lieber hoffnungsvoll reisen …

SCHERE SCHNEIDET PAPIER

Die Geisha namens Zitterndes Blatt, die neben James Bond kniete, lehnte sich vor und küsste ihn keusch auf die rechte Wange.

»Du schummelst«, sagte Bond streng. »Du hast eingewilligt, mir einen richtigen Kuss auf den Mund zu geben, wenn ich gewinne. Mindestens«, fügte er hinzu.

Graue Perle, die Madame, die der seltsamen alten Mode folgte, sich die Zähne schwarz zu lackieren, und so stark geschminkt war, dass sie wie eine Figur in einem Nō-Stück aussah, übersetzte. Darauf folgten Kichern und einige Anfeuerungen. Zitterndes Blatt bedeckte ihr Gesicht mit ihren hübschen Händen, als würde man sie zwingen, etwas zutiefst Unanständiges zu tun. Aber dann öffneten sich die Finger wieder, die frechen braunen Augen musterten Bonds Mund, als ob sie zielen würden, und ihr Körper schoss vorwärts. Dieses Mal küsste sie ihn direkt auf die Lippen und verweilte sogar einen Augenblick. War das eine Einladung? Ein Versprechen? Bond fiel ein, dass man ihm eine »Bett-Geisha« versprochen hatte. Sie würde nicht in den traditionellen Künsten ihres Berufsstands bewandert sein – sie würde keine amüsanten Geschichten erzählen, nicht singen, malen oder Gedichte über ihren Patron schreiben können. Aber anders als ihre kultivierten Schwestern wäre sie in der Lage, etwas handfestere Dienste zu verrichten – natürlich diskret, in vollkommener Zurückgezogenheit und zu einem hohen Preis. Aber für verrohte rüpelhafte gaijin, also Ausländer, ergab das mehr Sinn als ein tanka mit einunddreißig Silben, das sie ohnehin nicht verstehen würden, und das in exquisiten Ideogrammen ihren Charme mit blühenden Chrysanthemen an den Hängen des Fuji verglich.

Der Applaus, den diese ungezügelte Lasterhaftigkeit hervorgerufen hatte, erstarb schnell und respektvoll. Der kräftige, stämmige Mann im schwarzen yukata, der Bond an dem niedrigen roten Lacktisch direkt gegenübersaß, hatte die Dunhill-Zigarettenspitze zwischen seinen goldenen Zähnen hervorgezogen und neben seinen Aschenbecher gelegt. »Bondo-san«, sagte Tiger Tanaka, der Leiter des japanischen Geheimdienstes. »Jetzt werde ich Sie zu einem albernen Spiel herausfordern, und ich kann Ihnen jetzt schon versprechen, dass Sie nicht gewinnen werden.« Auf dem runden, faltigen Gesicht, das Bond im letzten Monat so gut kennengelernt hatte, erschien ein breites Grinsen. Die Augen verengten sich dadurch fast zu Schlitzen – funkelnden Schlitzen. Bond kannte dieses Grinsen. Es war kein Lächeln. Es war eine Maske mit einem goldenen Loch darin.

Bond lachte. »Meinetwegen, Tiger. Aber zuerst mehr Sake! Und nicht in diesen lächerlichen Fingerhüten. Ich habe schon fünf Flaschen von dem Zeug getrunken, und die Wirkung ist ungefähr die gleiche wie bei einem doppelten Martini. Wenn ich die Überlegenheit des westlichen Instinkts über die List des Orients demonstrieren soll, werde ich noch einen doppelten Martini brauchen. Gibt es in irgendeiner Ecke hinter dem Ming-Porzellan so etwas wie ein flaches Glas?«

»Bondo-san. Ming stammt aus China. Ihr Wissen über Porzellan ist ebenso dürftig, wie Ihre Trinkgewohnheiten widerlich sind. Außerdem ist es unklug, Sake zu unterschätzen. Bei uns sagt man: ›Es ist der Mann, der die erste Flasche Sake trinkt. Dann trinkt die zweite Flasche die erste. Und schließlich ist es der Sake, der den Mann trinkt.‹ « Tiger Tanaka wandte sich an Graue Perle, und es folgte eine Unterhaltung mit viel Gelächter, die Bond als Witze auf Kosten des ungehobelten Europäers und seines monströsen Appetits deutete. Auf ein Wort der Madame hin verneigte sich Zitterndes Blatt tief und eilte aus dem Raum. Tiger wandte sich an Bond. »Sie haben ihren Respekt gewonnen, Bondo-san. Normalerweise können nur Sumoringer so viel Sake trinken, ohne dass man es ihnen anmerkt. Sie sagt, dass Sie zweifellos ein Acht-Flaschen-Mann sind.« Tiger grinste verschlagen. »Aber sie hat auch angedeutet, dass Sie am Ende des Abends kein besonders guter Partner für Zitterndes Blatt sein werden.«

»Sagen Sie ihr, dass ich mehr an ihren eigenen reifen Reizen interessiert bin. Sie wird doch sicher über Fertigkeiten in der Kunst des Liebemachens verfügen, die jede vorübergehende Müdigkeit meinerseits vertreiben.«

Für diesen plumpen Versuch, charmant zu sein, erntete er, was er verdiente. Graue Perle stieß einen Wortschwall aus energischem Japanisch aus. Tiger übersetzte: »Bondo-san, diese Frau verfügt über scharfen Witz. Sie sagt, dass sie bereits ehrbar mit einem bonsan verheiratet sei, und dass ihr Futon keinen Platz für einen weiteren biete. Bonsan bedeutet ›Priester‹ oder ›alter Mann‹. Ein Futon ist, wie Sie wissen, ein Bett. Sie hat einen Scherz über Ihren Namen gemacht.«

Die Geisha-Party dauerte nun schon zwei Stunden, und Bonds Kiefer schmerzte bereits von dem Dauerlächeln und den höflichen verbalen Schlagabtauschen. Er fühlte sich weder von den Geishas noch von den Missklängen des Shamisen, eines dreisaitigen Lauteninstruments, unterhalten, und versuchte nun schon den ganzen Abend verzweifelt, die Party in Schwung zu bringen. Er wusste auch, dass Tiger Tanaka seine Bemühungen mit sadistischer Freude beobachtete. Dikko Henderson hatte ihn gewarnt, dass diese Geisha-Partys im Grunde nichts anderes waren als der Versuch, eine Gruppe Kinder unter der Aufsicht einer strengen Gouvernante, der Madame, zu unterhalten. Aber Dikko hatte ihm ebenfalls gesagt, dass ihm Tiger Tanaka dadurch eine große Ehre erwies und dass diese Party Tiger ein kleines Vermögen kostete, auch wenn unklar war, ob er sie aus geheimen Fonds oder eigener Tasche bezahlte. Bond solle besser gute Miene zum bösen Spiel machen, da dies hier ein Durchbruch in Bonds Mission sein mochte. Aber es könnte auch genauso gut in einer Katastrophe enden.

Also lächelte Bond und klatschte bewundernd in die Hände. »Sagen Sie der alten Ziege, dass sie eine gerissene alte Ziege ist.« Dann nahm er aus Zitterndes Blatts scheinbar ehrfürchtigen Händen ein fast überlaufendes Glas heißen Sake entgegen und leerte es mit zwei großen Schlucken. Er wiederholte die Darbietung, sodass mehr Sake aus der Küche geholt werden musste. Dann schlug er mit der Faust nachdrücklich auf den roten Lacktisch und sagte mit gespielter Angriffslust: »Also gut, Tiger! Dann mal los!«

Es handelte sich um das alte Spiel »Schere, Stein, Papier«, das von Kindern auf der ganzen Welt gespielt wird. Die Faust ist der Stein, zwei ausgestreckte Finger symbolisieren die Schere und eine flach ausgestreckte Hand stellt das Papier dar. Die Regeln lauten wie folgt: Schere schneidet Papier, Papier umwickelt Stein, Stein schleift Schere. Die geschlossene Faust wird von den zwei Gegnern zwei Mal gleichzeitig hin und her geschwenkt und beim dritten Mal wird das gewählte Symbol enthüllt. Der Clou des Spiels besteht darin, zu erraten, welches Symbol der Gegner gewählt hat, und selbst eines zu wählen, das dieses schlägt. Wer zuerst drei Mal siegt, gewinnt. Bei diesem Spiel dreht sich alles ums Bluffen.

Tiger Tanaka legte seine Faust Bond gegenüber auf den Tisch. Die beiden Männer sahen einander aufmerksam in die Augen. In dem schachtelähnlichen Raum aus Brettern und Papier breitete sich eine tödliche Stille aus, und zum ersten Mal an diesem Abend war das leise Plätschern des schmalen Rinnsals in dem dekorativen Garten draußen vor der offenen Schiebetür zu hören. Vielleicht war es dieses Schweigen nach all dem Gerede und Kichern, oder vielleicht die tiefe Ernsthaftigkeit, die sich plötzlich auf Tiger Tanakas Respekt einflößendes, grausames Samurai-Gesicht legte, aber Bond bekam auf einmal eine Gänsehaut. Tiger hatte behauptet, er würde Bond schlagen. Wenn er jetzt verlor, wäre das ein großer Gesichtsverlust. Wie groß? Genug, um die Freundschaft zu zerstören, die in den vergangenen Wochen zwischen ihnen so seltsam real geworden war? Dies war einer der mächtigsten Männer Japans. Vor den zwei Frauen von einem elenden gaijin geschlagen zu werden, könnte für diesen Mann verhängnisvoll sein. Die Nachricht dieser Niederlage könnte sich über die Frauen verbreiten. Im Westen wäre eine solche Bagatelle vollkommen unwichtig, vergleichbar mit einem Minister des Kabinetts, der im Blades eine Runde Backgammon verliert. Aber im Osten? In sehr kurzer Zeit hatte Dikko Henderson Bond großen Respekt für die östlichen Traditionen gelehrt, wie altmodisch oder trivial sie auch erscheinen mochten. Doch was ihre Feinheiten anging, war Bond noch immer ratlos. Das hier war ein typisches Beispiel. Sollte Bond versuchen, dieses Kinderspiel zu gewinnen oder zu verlieren? Aber wenn man absichtlich verlieren wollte, benötigte man die gleiche Gerissenheit, um die Symbole des Gegners im Voraus zu erraten. Es war genauso schwierig zu verlieren, wie zu gewinnen. Und spielte es überhaupt eine Rolle? Leider hatte James Bond bei diesem seltsamen Auftrag, in dem er gerade unterwegs war, das Gefühl, dass selbst dieses idiotische kleine Spielchen über Erfolg oder Niederlage entscheiden konnte.

Als könne Tiger Tanaka seine Gedanken lesen, sprach er das Problem aus. Er lachte schroff und angespannt. Es war ein Lachen, das weniger wie ein Ausdruck von Humor oder guter Laune klang als eher wie ein Schrei. »Bondo-san, unter uns und gerade auf einer Party, auf der ich der Gastgeber bin und Sie der geschätzte Gast, verlangen es die Manieren eigentlich, Sie dieses Spiel gewinnen zu lassen. Das wäre nicht nur ein Ausdruck guter Manieren, es wäre sogar meine Pflicht. Also muss ich Sie im Voraus darum bitten, mir dafür zu vergeben, dass ich Sie besiegen werde.«

Bond grinste fröhlich. »Mein lieber Tiger, spielen ist sinnlos, wenn man nicht beabsichtigt, zu gewinnen. Es würde mich furchtbar beleidigen, wenn Sie vorhätten, absichtlich zu verlieren. Aber, wenn ich das sagen darf, Ihre Bemerkungen sind ziemlich provokativ. Sie erinnern mich an die Sticheleien der Sumoringer vor der Verbeugung. Wenn ich mir meines Sieges nicht so sicher wäre, würde ich darauf hinweisen, dass Sie Englisch gesprochen haben. Bitte sagen Sie unserem anmutigen und erlesenen Publikum doch bitte, dass ich vorhabe, Sie bei diesem Spiel zu vernichten, und damit nicht nur die Überlegenheit des britischen Königreichs und besonders Schottlands über Japan zu beweisen, sondern auch die Überlegenheit unserer Königin über Ihren Kaiser.« Bond, dem der Sake vielleicht ein wenig zu Kopf gestiegen war, hatte sich entschieden. Diese Art Witzelei über ihre unterschiedlichen Kulturen war zu einer Gewohnheit zwischen ihm und Tiger geworden. Tiger, der Philosophie, Politik und Ökonomie am Trinity College studiert hatte, rühmte sich der demokorashi seiner Ansichten und der Liberalität und des Umfangs seines westlichen Wissens. Doch Bond bemerkte das plötzliche Funkeln in den dunklen Augen, und er erinnerte sich an Dikko Hendersons Warnung: »Jetzt hören Sie mal zu, Sie dämlicher Pommy. Sie schaffen das schon. Aber fordern Sie Ihr Glück nicht zu sehr heraus. T. T. ist zwar äußerst zivilisiert – für einen Japaner. Aber übertreiben Sie es nicht. Sehen Sie sich diesen Kerl mal genauer an. In ihm fließt das Blut der Manchu und der Tataren. Und vergessen Sie nicht, dass er schon einen schwarzen Gürtel im Judo hatte, bevor er überhaupt in Ihrem verdammten Oxford ankam. Denken Sie daran, dass er für Japan spioniert hat, während er vor dem Krieg in der japanischen Botschaft in London als stellvertretender Marineattaché arbeitete. Und Ihr Idioten dachtet, dass er in Ordnung wäre, schließlich hatte er einen Abschluss aus Oxford. Und vergessen Sie nicht seine Kriegsakte. Denken Sie daran, dass er der persönliche Berater von Admiral Ohnishi war und als Kamikaze trainiert hat, als die Amerikaner diesen Riesenlärm über Nagasaki und Hiroshima veranstaltet haben und die aufgehende Sonne plötzlich mit einem Salto rückwärts im Meer verschwand. Und wenn Sie all das vergessen haben sollten, fragen Sie sich, warum T.T. unter neunzig Millionen Japanern derjenige ist, der die Position als Leiter des Kōan-Chōsa-Kyōku innehat. Okay, James? Verstanden?«

Seit Bond in Japan angekommen war, hatte er eifrig den Lotussitz geübt. Dikko Henderson hatte ihm das geraten. »Wenn Sie mit diesen Leuten zurechtkommen wollen«, hatte er gesagt, »und selbst wenn nicht, werden Sie sehr viel Zeit mit dem Hintern auf dem Boden verbringen. Es gibt nur eine einzige Art, das zu tun, ohne sich etwas zu verrenken, und das ist die indische Position. Sich mit überkreuzten Beinen hinhocken, auch wenn dabei die Fußseiten furchtbar schmerzen. Es braucht ein wenig Übung, aber es wird Sie nicht umbringen, und Sie werden dadurch eine Menge Ansehen gewinnen.« Bond hatte die Kunst mehr oder weniger gemeistert, aber nun, nach zwei Stunden, brannten seine Kniegelenke wie Feuer, und er wusste, dass er sofort seine Sitzposition ändern musste, sonst wäre er für den Rest seines Lebens verkrüppelt. Er sagte zu Tiger: »Um gegen einen Meister wie Sie zu spielen, muss ich mich erst mal bequem hinsetzen, damit sich mein Gehirn richtig konzentrieren kann.« Unter Schmerzen kam er auf die Beine, streckte sich und setzte sich wieder – dieses Mal streckte er aber ein Bein unter dem niedrigen Tisch aus und stützte sich mit seinem linken Ellbogen auf das gebeugte Knie des anderen Beins. Es war eine herrliche Erleichterung. Er hob sein Glas und gehorsam füllte Zitterndes Blatt es aus einer neuen Flasche wieder auf. Bond kippte den Sake herunter, reichte dem Mädchen das Glas und schlug plötzlich mit seiner rechten Faust auf den Lacktisch, sodass die kleinen Schalen mit Konfekt wackelten und das Porzellan klirrte. Er warf Tiger Tanaka einen angriffslustigen Blick zu. »Also los!«

Tiger verneigte sich. Bond verneigte sich ebenfalls. Das Mädchen lehnte sich erwartungsvoll vor.

Tigers Augen bohrten sich in Bonds, während er versuchte, seine Pläne zu erraten. Bond hatte sich entschieden, keinem Plan zu folgen und kein Muster zu zeigen. Er würde vollkommen zufällig spielen und das Symbol nehmen, für das sich seine Faust in dem psychologischen Moment nach den zwei Handschwenkern entschied.

»Drei Runden?«, fragte Tiger.

»Gern.«

Die beiden Fäuste hoben sich langsam von der Tischplatte, schwenkten gleichzeitig hin und her und schossen nach vorne. Tiger behielt seine Faust weiterhin zu einem Stein geballt. Bonds Handfläche war als Papier ausgestreckt, das den Stein umwickelte. Eins zu null für Bond. Wieder erfolgten das Ritual und der Moment der Wahrheit. Tiger blieb beim Stein. Bonds Zeige- und Mittelfinger waren zur Schere ausgestreckt, die von Tigers Stein geschliffen wurde. Eins zu eins.

Tiger hielt inne und presste seine Faust gegen seine Stirn. Gedankenverloren schloss er die Augen. »Ja. Jetzt habe ich Sie, Bondo-san. Sie können nicht mehr entkommen.«

»Wie theatralisch«, erwiderte Bond. Er versuchte sich der Vermutung zu erwehren, dass Tiger beim Stein bleiben oder alternativ davon ausgehen würde, dass Bond genau das erwarten und sich für das Papier entscheiden würde, das Tiger dann wiederum mit einer Schere zerschneiden konnte. Und so weiter und so fort. Die drei Symbole wirbelten in Bonds Kopf herum wie die Fruchtsymbole in einem Spielautomaten.

Die beiden Fäuste wurden erhoben – eins, zwei, nach vorne!

Tiger war beim Stein geblieben. Bond hatte ihn mit dem Papier eingewickelt. Die erste Runde ging an Bond.

Die zweite Runde dauerte länger. Beide entschieden sich immer wieder für das gleiche Symbol, was eine Wiederholung bedeutete. Es war, als ob die zwei Spieler die Psyche des anderen erfasst hätten. Aber das konnte nicht sein, da Bond keine psychologische Absicht hatte. Er spielte weiter rein zufällig. Es war pures Glück. Tiger gewann das Spiel. Eins zu eins.

Die letzte Runde! Die beiden Spieler starrten einander an. Bonds Lächeln war hohl und ein wenig spöttisch. In Tigers dunklen Augen blitzte ein rotes Funkeln auf. Bond bemerkte es und sagte zu sich selbst: »Es wäre weiser, zu verlieren. Oder doch nicht?« Er gewann das Spiel mit zwei simplen Versuchen: Er schliff Tigers Schere mit seinem Stein und wickelte Tigers Stein in sein Papier ein.

Tiger verneigte sich tief. Bond verneigte sich noch viel tiefer. Er suchte nach einer beiläufigen Bemerkung. »Dieses Spiel sollte olympisch werden. Man würde bestimmt mich auswählen, um mein Land zu vertreten.«

Tiger Tanaka lachte mit kontrollierter Höflichkeit. »Sie spielen mit so viel Einsicht. Was ist das Geheimnis Ihrer Methode?«

Bond hatte keine Methode. Doch er dachte sich schnell eine aus, die Tiger gegenüber höflich klingen würde: »Sie sind ein Mann aus Fels und Stahl, Tiger. Ich nahm an, dass Sie das Papiersymbol am seltensten wählen würden, und habe dementsprechend gespielt.«

Tiger kaufte ihm diesen Unsinn ab und verneigte sich. Bond verneigte sich ebenfalls und trank noch mehr Sake, jedoch nicht, ohne Tiger zuvor zuzuprosten. Nachdem die Anspannung im Raum gebrochen war, applaudierten die Geishas, und die Madame wies Zitterndes Blatt an, Bond einen weiteren Kuss zu geben. Das tat sie. Wie weich die Haut der Japanerinnen war! Und ihre Berührung war fast schwerelos! James Bond malte sich bereits den restlichen Abend aus, als Tiger sagte: »Bondo-san, ich habe etwas mit Ihnen zu besprechen. Wären Sie so freundlich, auf einen Schlummertrunk mit zu mir zu kommen?«

Sofort schob Bond seine wollüstigen Gedanken beiseite. Laut Dikko war eine Einladung in das Zuhause eines Japaners eine ungewöhnliche Vertrauensbekundung. Also war es richtig gewesen, dieses kindische Spiel zu gewinnen. Und es könnte noch größere Dinge bedeuten. Bond verneigte sich. »Nichts würde mir mehr Vergnügen bereiten, Tiger.«

Eine Stunde später saßen sie in herrlich bequemen Sesseln. Das Getränketablett stand zwischen ihnen. Die Lichter von Yokohama glühten in einem dunklen Orange am Horizont, und ein leichter Geruch nach Hafen und Meer kam durch die weit offene Schiebetür, die in den Garten führte. Tigers Haus war bezaubernd konstruiert – so wie selbst das Haus des geringsten japanischen Büroangestellten –, um die Bewohner so wenig wie möglich von der Natur zu trennen. Die drei anderen Schiebetüren des viereckigen Raums waren ebenfalls ganz aufgeschoben und ließen ein Schlafzimmer, ein kleines Arbeitszimmer und einen Flur sichtbar werden.

Tiger hatte die Schiebetüren aufgeschoben, als sie den Raum betreten hatten. »Wenn Sie im Westen Geheimnisse zu besprechen haben, schließen Sie alle Türen und Fenster. In Japan öffnen wir alles, um sicherzugehen, dass niemand an den dünnen Wänden lauscht«, hatte Tiger erklärt. »Und was ich nun mit Ihnen zu besprechen habe, ist eine Angelegenheit von höchster Geheimhaltungsstufe. Ist der Sake warm genug? Sind Sie mit Ihren bevorzugten Zigaretten versorgt? Dann hören Sie sich an, was ich zu sagen habe, und schwören Sie bei Ihrer Ehre, nichts davon preiszugeben.« Tiger Tanaka stieß erneut sein freudloses Lachen aus. »Wenn Sie dieses Versprechen brechen sollten, hätte ich keine andere Wahl, als Sie verschwinden zu lassen.«

DER LETZTE VORHANGFÜR BOND?

Es war vor genau einem Monat gewesen, am Abend der jährlichen Schließung des Blades. Ab dem nächsten Tag, dem ersten September, würden sich jene Mitglieder, die sich unverständlicherweise noch immer in London aufhielten, einen Monat lang im Whites oder Boodle’s herumtreiben müssen. Das Whites war als laut und »zu intellektuell« verschrien, das Boodle’s hingegen voller Junker im Ruhestand, die ausschließlich über den Beginn der Rebhuhnsaison sprachen. Die Schließung des Blades bedeutete also einen Monat in der Wildnis. Aber so war es eben. Die Angestellten mussten wohl auch irgendwann einmal Urlaub haben. Außerdem musste gestrichen und die Holzfäule im Dach behandelt werden.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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