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Jana und das geheimnisvolle Gemälde E-Book

Anja Pompowski

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Beschreibung

Im Kunstmuseum hatte Jana dieses Bild mit dem Einhorn wohl etwas zu lange betrachtet. Plötzlich findet sie sich selbst darin wieder. Was ist das für ein geheimnisvoller Ort? Und wie kommt sie wieder zurück? Sie muss doch dringend nach Hause und ihrer kranken Mama helfen. Auf der Suche nach einem Ausweg trifft Jana auf Prinzessin Violetta und befreit diese aus einer misslichen Lage. Die Königstochter wurde nämlich von dem Grafen Xaver, der auch der Herr der Finsternis genannt wird, entführt. Der Graf will den magischen Stein haben, den Violettas Vater an einer Kette um den Hals trägt. Denn wer den Zauberstein besitzt, herrscht über das ganze Königreich. Ob der Stein auch Jana dazu verhelfen kann, den Weg heim zu finden? Zunächst gilt es jedoch, die verwöhnte Violetta zurück zum Schloss zu begleiten. Doch der Weg dorthin birgt jede Menge Gefahren und Hindernisse.

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Anja Pompowski

Jana und das geheimnisvolle Gemälde

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Ist das ein Einhorn auf dem Bild?

 

Jana war mit ihren Gedanken schon wieder ganz woanders. Wegen des Klassenausflugs ins Kunstmuseum würde sie heute später nach Hause kommen. Hoffentlich kommt die Mama so lange alleine klar, dachte sie. Heute Morgen fühlte sie sich wieder gar nicht gut.

Gestern Abend bekam Jana zufällig mit, wie ihr Papa mit Tante Elli telefonierte.

„Es geht Andrea von Tag zu Tag schlechter“, hatte er gesagt. „Die Ärzte können nichts mehr tun. Die Medikamente, die sie bekommt, helfen alle nicht.“

Dann fing der Papa auch noch an zu weinen. Das Mädchen hatte ihren Vater zuvor noch nie weinen sehen. Nun liefen ihr selbst auch dicke Tränen die Wangen herunter.

 

Janas Mama war schon in sehr vielen Krankenhäusern gewesen, sogar in einer großen Universitätsklinik. Aber kein Arzt fand heraus, was ihr eigentlich fehlte. Sie wurde einfach immer kraftloser, immer dünner, aß kaum noch etwas und lag fast nur noch im Bett. Die ganze Hausarbeit musste Janas Papa abends erledigen, wenn er aus dem Büro kam, und am Wochenende. Alleine konnte er das kaum schaffen. Für Jana war es daher selbstverständlich, ihm zu helfen, obwohl sie das nicht hätte tun müssen. So blieb ihr kaum noch Zeit zum Spielen oder für etwas anderes. Ihre Freundinnen Lotta und Sarah fragten gar nicht mehr, ob sie sich mit ihnen verabreden wollte. Zu oft hatte sie schon „nein“ gesagt, weil sie so viel zu tun hatte. Obwohl Jana erst neun Jahre alt war, kaufte sie ein, fegte die Wohnung, räumte die Spülmaschine ein und aus, goss die Blumen, legte die Wäsche zusammen und viele Dinge mehr. Die freie Zeit, die ihr noch blieb, nachdem sie auch noch für die Schule gelernt und ihre Hausaufgaben gemacht hatte, verbrachte das Mädchen meist mit Malen. Wenn es ihrer Mutter nicht ganz so schlecht ging, spielte sie manchmal mit ihr Memory, oft las sie der Mama auch etwas vor. Sie liebten beide Fantasy-Geschichten, und Jana war eine wirklich gute Vorleserin.

 

Nur mit halbem Ohr bekam sie mit, was über dieses Bild erzählt wurde, das die Kinder der 4c sich alle anschauen sollten. Es trug den Namen Der Weg ins Ungewisse und zeigte einen dicht bewachsenen Wald, durch den ein langer, schmaler Weg führte. Was ist denn das Weiße da hinten auf dem Weg?, überlegte Jana und schaute jetzt genauer hin, während ihre Klassenkameraden schon weitergegangen waren. Ein Pferd? Sie ging noch näher an das Bild heran. Das Tier hatte ein spitzes Horn auf der Stirn. Es war eindeutig ein Einhorn. Plötzlich wurde Jana schwindlig, alles drehte sich um sie. Und dann wurde sie ohnmächtig. Als sie wieder erwachte, traute sie ihren Augen nicht. Wo bin ich?, fragte sie sich. Jedenfalls nicht mehr im Museum. Sie blickte sich um. Überall waren hohe Bäume und Sträucher. Sie lag mitten auf einem schmalen Weg. Weiter hinten huschte etwas davon. Es war schnell, aber Jana konnte es eindeutig erkennen. Ein Einhorn.

Sie musste sich mehrmals kneifen, um zu begreifen, dass sie nicht träumte. Jana befand sich wirklich in dem Bild. Was war das für ein Ort? Er wirkte irgendwie geheimnisvoll, nicht nur wegen des Einhorns. Wer weiß, was sich hier noch für Gestalten herumtreiben, dachte sie. Vielleicht Trolle? Ihr schauderte. Sie musste hier weg, bevor es noch gefährlich wurde. Aber wie sollte sie wieder zurückkommen? Das Mädchen blickte sich um. Irgendwo musste doch eine Tür oder sowas sein. Obwohl… Durch eine Tür bin ich ja gar nicht hier hingekommen. Eigentlich habe ich mir nur ganz konzentriert das Einhorn angeschaut. Wenn ich das nochmal tue, dann komme ich bestimmt wieder zurück ins Museum. Aber wo war das Einhorn? Jana ging den Weg entlang, in die Richtung, in der das Fabeltier gelaufen war. Wohin dieser Weg wohl führte? Neugierig war sie ja schon. Sie hätte gern diesen Ort erkundet. Aber sie musste zusehen, dass sie zurückkam. Sicher war der Museumsbesuch bald zu Ende und Jana musste schnell heim zu ihrer Mama. Verflixt nochmal, wo um alles in der Welt ist dieses Einhorn? Sie ging schneller, wobei sie versuchte, sich so geräuschlos wie möglich zu verhalten, damit das Tier nicht sofort wieder weglief, wenn sie es endlich gefunden hatte. Jetzt sah sie es. Dahinten am Wegrand. Es graste. Jana blieb bewegungslos stehen, um es bloß nicht zu erschrecken. Sie konzentrierte sich voll und ganz auf das Einhorn, genauso, wie sie es im Museum getan hatte, als sie das Bild betrachtete. Doch nun passierte rein gar nichts. Sie seufzte. Das Einhorn hob den Kopf und sah das Mädchen an, dann drehte es sich um und trabte davon. Was nun? Jana dachte nach. Vielleicht gab es hier ja Menschen oder menschenähnliche Wesen, die ihr sagen konnten, wie sie aus dem Bild wieder herausfand. So ging sie einfach den Weg entlang. Der musste ja schließlich irgendwo hinführen, denn dafür sind Wege ja da.

 

Jana lief und lief, aber immer noch sah alles gleich aus. Ihr taten schon die Füße weh, und es dämmerte bereits. Ihre Klassenkameraden waren bestimmt schon längst zu Hause. Wieder dachte sie an ihre Mutter. Diese fragte sich bestimmt, wo ihre Tochter so lange blieb. Und wenn sie gar nicht mehr zurückfand? Sie spürte einen Kloß im Hals, ihre Augen füllten sich mit Tränen. Plötzlich hörte sie Geräusche. Jana ging weiter in den Wald hinein, bis sie zu einer Lichtung kam. Dunkel gekleidete Männer hatten dort ein Lager aufgeschlagen. Sie schienen alle betrunken zu sein, einige schliefen bereits und schnarchten laut. Etwas abseits des Lagers saß ein Mädchen, etwa in Janas Alter. Es war mit einem Strick an einem Baum gefesselt und sah sehr unglücklich aus. Jana schlich sich an den Baum heran. Als das Mädchen sie bemerkte, erhellte sich ihre Miene. „Bitte hilf mir“, sagte sie leise. Zuerst versuchte Jana, den Knoten aufzubekommen. Das schien aber hoffnungslos zu sein.

„Neben dem Dicken da drüben liegt ein Messer“, flüsterte das Mädchen. Jana robbte über den Waldboden bis zu dem schlafenden Mann, griff sich vorsichtig das Messer und robbte wieder zu dem angebundenen Mädchen zurück. Es war sehr schwierig, das dicke Seil zu durchtrennen. Das Messer war nicht besonders scharf, doch schließlich schaffte sie es doch.

„Schnell weg hier“, raunte sie dem Mädchen zu, und so leise wie möglich eilten die Zwei davon. Sie liefen immer weiter und weiter, bis Jana meinte: „Jetzt sind wir wohl weit genug von den Männern entfernt. Hier müssten wir sicher sein.“ Erschöpft ließen sich die Beiden auf den mit Moos bewachsenen Waldboden fallen. Es war angenehm weich.

„Danke“, brachte das Mädchen völlig atemlos hervor.

„Was wollten diese Kerle von dir?“, fragte Jana, wobei sie ebenfalls heftig nach Luft schnappte.

„Sie dienen Graf Xaver, dem Herrn der Finsternis“, erklärte das Mädchen. „Xaver will den magischen Stein besitzen. Daher haben seine Männer mich entführt.“

„Was hast du denn mit einem magischen Stein zu tun?“, fragte Jana.

Das Mädchen schaute sie entrüstet an. „Na, weißt du denn nicht, wer ich bin?“

„Äh…, sollte ich das?“, erwiderte Jana.

„Jeder, wirklich jeder hier im Königreich weiß, dass ich Prinzessin Violetta bin“, sagte das Mädchen.

Prinzessin Violetta

 

Der Name passt perfekt, dachte Jana. Alles an Violetta war lila. Das Kleid, die Schuhe, die Strümpfe, der Nagellack, ja, sogar ihre Haare waren violett.

„Tut mir leid, dass ich nicht wusste, dass du eine Prinzessin bist“, sagte Jana. „Aber ich komme nicht aus dieser Gegend.“

„Wo kommst du denn dann her?“, fragte Violetta verwundert. „Ich meine, das Königreich ist riesig, und ein Mädchen in deinem Alter kann doch nicht ganz allein so weit reisen.“

„Ich will ja auch ganz schnell wieder nach Hause“, stellte Jana klar. „Aber ich habe keine Ahnung, wie ich aus diesem Bild wieder rauskommen soll.“

„Was denn für ein Bild?“ Violetta runzelte die Stirn.

„Na, du lebst doch hier in diesem…“ Jana sprach den Satz nicht zu Ende. Wahrscheinlich weiß Violetta gar nicht, dass sie in einem Bild lebt, überlegte sie und sagte schließlich: „Ach, ist ja auch egal. Jedenfalls habe ich mich total verlaufen und muss dringend heim.“

„Der Zauberstein kennt jeden Weg“, entgegnete die Prinzessin. „Wenn du mich zum Schloss begleitest, wird er dir helfen, nach Hause zu kommen.“

„Meinst du den Stein, den dieser Graf Sowieso haben möchte?“, fragte Jana. „Was hat es denn mit dem Wunderding auf sich? Und warum hat man dich deshalb entführt?“

Violetta rollte genervt mit den Augen. „Na, ist doch klar…“, begann sie, aber dann fiel ihr ein, dass dieses Mädchen ja nicht in dem Königreich lebte. „Also, es ist so“, fuhr sie fort. „Wer den magischen Stein besitzt, herrscht über das ganze Reich. Der Stein verleiht demjenigen, der ihn trägt eine enorme Stärke und macht ihn unbesiegbar. Und seine Untertanen ebenfalls.“

„Mit dem Stein verhält es sich also so, wie bei Asterix und Obelix mit dem Zaubertrank“, erwiderte Jana, und Violetta fragte: „Wer sind denn Asterix und Obelix?“ „Äh…“ Jana musste kurz überlegen, was sie sagen sollte. „Die kommen aus meinem Reich. Das spielt aber auch keine Rolle. Um nochmal auf diesen Stein zurückzukommen. Also, wer ihn besitzt, hat die Macht über das ganze Land, richtig?“

Die Prinzessin nickte. „Genau. Mein Vater trägt den magischen Stein an einer Kette um den Hals.“

„Dein Vater… Ach so.“ Jetzt war Jana alles klar. „Du hast ja gesagt, dass du eine Prinzessin bist. Dann ist dein Vater natürlich der König, ist ja logisch. Und dieser Finsternis-Typ hat dich entführt, um dich gegen den Stein auszutauschen?“

„Exakt“, bestätigte die Prinzessin. „Da fällt mir ein, du hast mir deinen Namen noch gar nicht genannt.“

„Du hast mich nicht danach gefragt. Jana heiße ich“, stellte diese klar.

„Das ist aber ein merkwürdiger Name“, fand Violetta. „Du musst wirklich von sehr weit herkommen. Solche Kleider, die du trägst, habe ich auch noch nie gesehen.“

Jana schaute an sich herunter. Sie hatte eine Jeans an, T-Shirt und Turnschuhe. „Das sind doch ganz normale Sachen“, erwiderte sie. „Bei uns laufen alle so rum. Aber sowas wie du trägt man bei uns höchstens zu Karneval.“

„Karneval, was ist denn das schon wieder?“, fragte die Königstochter, und Jana seufzte und meinte: „Das ist unwichtig. Viel wichtiger ist, wie wir zu deinem Schloss kommen.“

„Heißt das, du begleitest mich?“ Violetta strahlte.

„Na ja, wenn es Hoffnung gibt, dass dieser komische Stein mich nach Hause bringen kann…“, entgegnete Jana.

„Das kann der Zauberstein auf jeden Fall“, versicherte die Prinzessin.

Jana war sich da zwar nicht so sicher, sie wusste aber auch nicht, was sie sonst hätte tun sollen.

Inzwischen war es so dunkel geworden, dass man fast nichts mehr sehen konnte. Die Beiden waren zwar sehr hungrig und durstig, aber auch hundemüde. Sie deckten sich mit Laub zu und schliefen schnell ein. Obwohl der Herbst sich schon ankündigte, war es zum Glück noch angenehm warm. Jana träumte von ihrem Käsebrötchen, das sich in der Brotbox in ihrem Rucksack befand, den sie im Museum an der Garderobe hatte abgeben müssen.

 

Am nächsten Morgen wurden die Mädchen von Vogelgezwitscher geweckt.

 

Violetta hatte keine Ahnung, in welche Richtung sie gehen mussten, um zum Schloss zu kommen. Also marschierten sie erst mal los, in der Hoffnung, auf jemanden zu treffen, der ihnen den Weg sagen konnte. Die Beeren, die an den Sträuchern wuchsen, kannte Jana nicht. Auch Violetta wusste nicht, ob sie essbar waren, daher ließen sie sicherheitshalber ihre Finger davon. In der Gegend gab es viele kleine Bachläufe. An einem machten sie eine Rast, um ihren Durst zu stillen. Jana wusch sich auch das Gesicht. Als sie wieder aufblickte, schwirrten drei Libellen um sie herum. Nein, dachte sie, das sind gar keine Libellen. Das sind ja…, aber das gibt´s doch nicht. Doch dann fiel ihr ein, dass es an diesem Ort ja auch Einhörner gab. Warum also nicht auch Elfen?

Von Elfen, Hexen…

 

„Prinzessin Violetta!“ Die Elfe mit dem grünen Kleid hatte die Königstochter gleich erkannt. „Was macht Ihr denn hier, so weit weg von zu Hause, noch dazu mitten in dieser Wildnis?“

 

Die Elfen waren entsetzt, als sie von der Entführung erfuhren. „Mit dem Herrn der Finsternis ist nicht zu spaßen“, sagte die Elfe mit dem roten Kleid. „Ihr müsst so schnell wie möglich zurück zum Schloss, bevor Graf Xaver euch findet.“

„Das haben wir ja auch vor“, erwiderte Violetta. „Könnt ihr uns den Weg erklären?“

„Ja natürlich“, sagte die Elfe mit dem blauen Kleid. „Also, ihr geht erst mal in südliche Richtung, immer geradeaus, bis irgendwann eine Wegkreuzung kommt. Dann müsst ihr links und dann…“

„Nein, nein, Bluebird“, unterbrach sie die Elfe mit dem roten Kleid. „An der Weggabelung müssen sie auf jeden Fall rechts gehen.“

„Nein, Sweetheart, sie müssen links gehen“, widersprach ihr Bluebird entschieden, und die Elfe mit dem grünen Kleid meinte, sie müssten gar nicht nach Süden, sondern nach Norden gehen. In kürzester Zeit entbrannte ein handfester Streit zwischen den Elfen. Unglaublich, was für üble Schimpfwörter diese unschuldig aussehen Wesen kennen, wunderte sich Jana. Die Elfen bekamen gar nicht mit, dass die Mädchen aufbrachen. Die Kinder gingen in südliche Richtung und bogen an der Wegkreuzung rechts ab.

„Hoffentlich ist dieser Weg nicht ganz verkehrt“, sagte Jana, und Violetta jammerte: „Mir tun die Füße weh, ich kann nicht mehr.“ Jetzt fing sie auch noch an zu heulen.

 

„Aber, aber, kleines Vögelchen, du musst doch nicht weinen“, ertönte plötzlich eine krächzende Stimme hinter ihnen. Erschrocken drehten die Mädchen sich um. Da stand eine kleine, alte Frau mit faltigem Gesicht, die sich auf einem Stock abstützte. Wo mochte die Frau so plötzlich hergekommen sein?

„Ach, jetzt erkenne ich dich. Du bist doch Prinzessin Violetta“, rief sie erfreut. Jana fiel auf, dass die Frau die Prinzessin mit du ansprach. Die Elfen hatten die Königstochter mit Euch angesprochen.

„Was machst du denn hier, so weit weg von zu Hause? Vor allem ganz ohne Begleitung, also abgesehen von…“ Die Frau blickte Jana fragend an.

„Das ist meine Freundin Jana“, stellte Violetta klar, und Janas Herz machte einen kleinen Sprung, weil die Prinzessin sie Freundin genannt hatte.

 

Ganz in der Nähe hatte die alte Frau ein kleines Häuschen. Während sie den Mädchen einen leckeren Gemüseeintopf kochte, den sie mit frischem Brot servierte, erzählte Violetta von ihrer Entführung.

„Dieser Graf Xaver ist ein ganz fieser Geselle“, sagte die Frau. „Man nennt ihn ja nicht umsonst den Herrn der Finsternis. Aber esst erst mal auf und dann ruht euch bei mir aus. Später erkläre ich euch den Weg zum Schloss.“

 

Der Gemüseeintopf schmeckte köstlich. „Sowas Gutes habe ich noch nie gegessen“, meinte Jana. Aber vielleicht lag es auch einfach nur daran, dass sie so großen Hunger gehabt hatte. Obwohl es erst Mittag war, waren die Mädchen kurz nach dem Essen ganz schrecklich müde. Als die alte Frau vorschlug, sie könnten sich in ihr Bett legen und etwas schlafen, nahmen die Beiden dankend an. Violetta war sofort eingeschlafen, Jana jedoch versuchte, gegen den Schlaf anzukämpfen. Sie hatte das ungute Gefühl, dass hier irgendwas nicht stimmte. Warum sind wir plötzlich so müde?, fragte sie sich. Ob die Frau uns ein Schlafmittel ins Essen gemischt hat? Jana kroch leise aus dem Bett und schlich bis zur Tür, die einen Spalt breit offen stand. Die alte Frau saß am Esstisch und faltete einen Zettel zusammen, auf dem etwas geschrieben stand. Nun pfiff sie einmal kurz. Sogleich flatterte ein Rabe durch das offene Fenster und landete auf dem Tisch.

„Bring diesen Brief so schnell wie möglich zu Graf Xaver“, sagte die alte Frau zu dem Vogel und kicherte. „Die Königstochter wird dem Herrn der Finsternis sicherlich ein hübsches Sümmchen wert sein.“

Der Rabe nahm den Brief in den Schnabel und flog sofort los.

Janas Herz klopfte bis zum Hals. Ihre Müdigkeit war verflogen. Möglichst lautlos eilte sie zurück zum Bett und rüttelte Violetta wach.

„Schnell, du musst aufwachen“, flüsterte sie der Prinzessin ins Ohr. „Wir müssen sofort hier weg.“