Jeder kann führen - Timm Richter - E-Book

Jeder kann führen E-Book

Timm Richter

2,2

Beschreibung

Warum wir im digitalen Zeitalter Führung mit Systemdenken und Menschlichkeit brauchen Viele Menschen fragen sich, was die moderne Arbeitswelt für sie persönlich bedeutet. Wir haben das Gefühl, dass alles freier, bunter, beliebiger, wechselnder und anstrengender geworden ist. Die Geschwindigkeit nimmt zu, vor lauter Geschäftigkeit laufen wir Gefahr, die Übersicht zu verlieren. Führung kann Halt und Orientierung geben. Umso wichtiger ist es zu verstehen, was Führung wirklich ausmacht. Welche Prinzipien und Erkenntnisse überdauern die Zeit, und wie wird gute Führung in der modernen Arbeitswelt gelebt? Das Buch beleuchtet die Essenz von Führung anhand der fünf Grundfragen von Führung: Was ist Führung? Was macht Führung? Wie wirkt Führung? Was braucht Führung? Und woher kommt die Kraft? Außerdem wird aufgezeigt, wie sich moderne Führung in der Praxis anfühlt und welche Werkzeuge dabei helfen können. Manch sicher geglaubte Wahrheit über Führung wird in dem Buch infrage gestellt. Die moderne Führung fordert das tayloristische Weltbild unseres Industriezeitalters heraus. Die komplizierte Welt der Maschinen wird auf einmal komplex. Führung denkt und agiert systemischer, um erfolgreich in einer vernetzten, digitalisierten Welt Einfluss zu nehmen. Dabei entdeckt Führung den Menschen als das Maß aller Dinge wieder: Was kann jeder von uns konkret tun, um in einer immer unsicheren Welt handlungsfähig zu bleiben?

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Vorwort

Manche Menschen spielen professionell Musik. Andere haben sich dem Leistungssport verschrieben. Meine Profession ist Führung.

Die Frage nach guter Führung beschäftigt und fasziniert mich seit meiner Jugendzeit. Wie führt man gut, auch und vor allem sein eigenes Leben? Arbeit macht einen großen Teil unserer Lebenszeit aus. Deswegen kann man Führung im Beruf sehr gut üben. Das mache ich nun seit über 20 Jahren.

Dabei bin ich Menschen begegnet, die ich für ihre Klarheit und Energie, für ihre Wärme und Gelassenheit bewundere. Jedes Mal frage ich mich: Wie machen die das?

Bei jeder Kunstfertigkeit kommen Theorie und Praxis zusammen. Menschen, die etwas gut praktizieren, beschäftigen sich intensiv mit der jeweiligen Aufgabe. Sie entwickeln Theorien, die sie im Handeln überprüfen, üben, verinnerlichen, verändern. Und über Zeit mit sehr viel Leidenschaft und Ausdauer verbessert sich ihre Praxis.

Seit vier Jahren arbeite ich als Vorstand bei der XING AG. Wir wünschen uns eine bessere Arbeitswelt - für unsere Mitglieder und unsere Mitarbeiter. Digitalisierung verändert unsere Arbeitswelt und wir sind ganz vorne mit dabei. So habe ich mich die letzten Jahre noch einmal intensiver und bewusster mit moderner Führung beschäftigt. Und dazugelernt.

Ein Schlüsselerlebnis war ein Kaminabend am Ende eines unserer Führungskräftetrainings. Ich war eingeladen, um über Führung zu sprechen. Das habe ich auch ausgiebig getan. Danach blieb das Gefühl, dass meine Äußerungen zwar nicht falsch, aber doch beliebig waren. Es fehlte die Struktur und Essenz, wie ich über Führung denke. Was ist das große Ganze? Was kommt zuerst und was danach? Was sind die Verbindungen der einzelnen Aspekte von Führung zueinander? In Bezug auf Führung war ich nicht ausreichend sprachfähig. Das möchte ich mit diesem Buch ändern. Ich habe eine für mich runde Theorie zu Führung aufgeschrieben, die meine persönlichen Erfahrungen reflektiert und benennt. Mir hat das geholfen.

Gleichzeitig freue ich mich, wenn das Buch anderen Menschen Antworten und Anregungen zu Fragen der Führung gibt. Ich bin den Menschen, von denen ich etwas über Führung gelernt habe, sehr dankbar. Dafür möchte ich etwas zurückgeben. Wir sind nur dann für Antworten und Anregungen empfänglich, wenn uns die dazu passende Frage beschäftigt. Daher habe ich das Buch entlang von Fragen organisiert. Wer sich also manche Frage aus dem Inhaltsverzeichnis auch gestellt hat, für den könnte etwas Interessantes dabei sein. Ich verspreche keine Allheilmittel, wohl aber eine beschwingte und durchdachte Perspektive, die dem Leser hoffentlich an manchen Stellen zustimmendes Nicken und ein „Aha!“ entlockt.

Die kurzweilig gehaltene Theorie im ersten Teil habe ich ergänzt um Beschreibungen, wie ich klassische Führungssituationen aus der Praxis erlebe. Dabei bespreche ich auch, inwiefern Führung in der digitalen Welt gleich und verschieden ist zu dem, wie früher geführt wurde. Das Buch wird abgerundet durch eine Zusammenstellung derjenigen Führungswerkzeuge (neudeutsch: Frameworks), die mir in meiner beruflichen Praxis am meisten geholfen habe.

Das Lesen kann das Tun nur ergänzen. Wissen offenbart sich immer im Handeln. Führung, richtig verstanden, ist anstrengend und bringt Freude. Sie ist wichtig für unsere Gesellschaft. Jeder kann führen und dabei besser werden. In diesem Sinne hoffe ich, dass dieses Buch anderen Menschen und mir bei der Praktizierung von Führung ein guter Ratgeber ist.

Timm Richter

Hamburg, Dezember 2016

Danksagung

Den Impuls, dieses Buch zu schreiben, hat Dominik Wichmann gegeben. Ohne ihn wäre es nicht passiert. Und Christian Baudisch hat mir sehr geholfen, mutiger über mich selbst nachzudenken. Ohne ihn wäre ich weniger offen gewesen.

Nachdem ich die erste Rohfassung des Manuskriptes fertig gestellt hatte, war ich mir unsicher, ob ich es veröffentlichen sollte. Freunde, Kollegen und Wegbegleiter haben das Manuskript gelesen, mir Mut zugesprochen und viele Hinweise zur Verbesserung gegeben. Und so möchte ich mich bei ihnen allen für ihre Unterstützung bedanken:

Christian Baudisch, Dominik Wichmann, Jennifer Lachman, Jürgen Nebel, Karsten Kamrath, Marc-Sven Kopka, Matthias Beck, Stefan Günzel, Stephen Bungay, Timo Meynhardt, Xenia Meuser.

Inhaltsverzeichnis

V

ORWORT

TEIL I: DIE ESSENZ VON FÜHRUNG

W

AS IST

F

ÜHRUNG

?

Eine Definition: Verantwortung übernehmen

Die erste Führungsaufgabe: Die eigene Person

Die zweite Führungsaufgabe: Führen im Geführt-Werden

Drittens: Führung in der Aufgabe

Viertens: Führung von anderen

Fünftens: Führung einer Organisation

Jeder führt immer auf die eine oder andere Weise - ich kann nicht nicht führen

W

AS MACHT

F

ÜHRUNG

?

Führung macht einen Unterschied

Führung strebt nach Erfolg

Führung sorgt für Richtung

Führung bekommt Dinge geregelt

Führung lässt Menschen wachsen

Die Funktion von Führung auf den Punkt gebracht

W

IE WIRKT

F

ÜHRUNG

?

Führung wirkt: meistens indirekt

Führung wirkt: mit der Zeit

Führung wirkt: durch Menschen

Führung wirkt: durch Regeln

Führung wirkt: zwischen Zielen und Anti-Zielen

Führung wirkt: im Stillen

Führung wirkt: in Gruppen

Führung wirkt: im Zusammenspiel mit anderen

W

AS BRAUCHT

F

ÜHRUNG

?

Führung braucht: MitGefühl

Führung braucht: Mut

Führung braucht: Kreativität

Wir führen mit Herz, Bauch und Verstand

Über Vertrauen zur Macht

W

OHER KOMMT DIE

K

RAFT FÜR

F

ÜHRUNG

?

Führung wächst durch Aufmerksamkeit

Führung berührt im Dialog

Führung wird spürbar in der besseren Entscheidung - wenn es drauf ankommt

Führung wird spürbar in der besseren Lösung

Führung wächst durch Niederlagen

Führung balanciert

TEIL II: FÜHRUNG IN ANWENDUNG

E

XEMPLARISCHE

F

ÜHRUNGSSITUATIONEN

,

DIE IMMER WIEDERKEHREN

Wie fange ich etwas Neues an?

Wie bekomme ich Grip auf ein Thema?

Wie bringe ich unterschiedliche Perspektiven zusammen?

Wie beeinflusse ich Kultur?

Wie treffe ich gute Vereinbarungen?

Wie trenne ich mich von einem Mitarbeiter?

Was bedeutet die moderne Arbeitswelt für mich als Mitarbeiter?

Was bedeutet die moderne Arbeitswelt für mich als Führungskraft?

F

ÜHRUNGSWERKZEUGE

Strategie oder „Wie treffen wir gute Entscheidungen?“

Organisation oder „Wie steigern wir die Leistungsfähigkeit derselben?“

Auftragsklärung oder „Wie wird der Anfang von etwas Neuem gut?“

Landkarte der Interventionen oder „Welche Hebel habe ich als Führungskraft in der Hand?“

Wertequadrat oder „Wie entgehen wir der Entweder-oder Meinungsfalle?“

Moment der Wahrheit oder „Wie mache ich das Richtige, wenn es darauf ankommt?“

E

PILOG

: I

N WELCHER

W

ELT WOLLEN WIR LEBEN

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B

IBLIOGRAFIE

Teil I: Die Essenz von Führung

Was ist Führung?

Der beste Weg, die Zukunft vorherzusehen, ist, sie zu gestalten.

Peter Drucker

Eine Definition: Verantwortung übernehmen

Am Anfang steht eine Entscheidung: Wie schaue ich auf die Welt? Bin ich ein Opfer, dem immer etwas zustößt; oder übernehme ich Verantwortung für mein Tun? Das Schöne ist: Ich habe es in der Hand!

Führung ist die Entscheidung, Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen. Mich einzumischen. Für mich und die Gemeinschaft. Auch und gerade mit dem Risiko, aus der Deckung herauszukommen. Verletzbar zu sein. Führung ist Ausdruck einer Haltung. Um welche Verantwortung für welche Zukunft es sich handelt, hängt vom jeweiligen Kontext ab. Eine Führungskraft ist ein Mensch, der führt.

Die erste Führungsaufgabe: Die eigene Person

Führung beginnt mit mir selbst. Verantwortung für mein Handeln zu übernehmen, auch wenn es außer mir niemand bemerkt. Mit Freude gestalten. Mir eingestehen, dass ich auch immer anders handeln kann. Jederzeit. Ich habe die jetzige Situation Alternativen vorgezogen. Mit jeder Entscheidung, die ich für mich und andere treffe, entscheide ich, wer ich sein will. Bei allem, was ich tue, bin ich der Chef!

Chef von wem? Faust sagte: „Zwei Seelen wohnen, ach!, in meiner Brust“. Meistens sind es mehr. Das Durcheinander der inneren Stimmen. Meine erste Führungsaufgabe lautet, aus diesen vielen Stimmen ein schlagkräftiges Team zu formen. Ein Team, das nach außen geschlossen auftritt. Und das innere Konflikte aushalten und nutzen kann.

Die zweite Führungsaufgabe: Führen im Geführt-Werden

Ich habe einen Chef. Wir haben uns gegenseitig ausgesucht. Er hat sich entschieden, mit mir zu arbeiten - und ich mich mit ihm. Ich kann bedauern, einen guten Chef zu verlieren. Ich brauche mich aber nicht zu beschweren, einen schlechten Chef zu haben. Den habe ich mir ausgesucht. Jeden Tag aufs Neue. Ich könnte auch anders. Wenn ich nichts ändere, ist offenbar der Preis einer Veränderung zu hoch für mich.

Führen und geführt werden gehören zusammen. Man bekommt das eine nicht ohne das andere. Mein Chef kann mir Weisungen erteilen. Das ist Teil der Beziehung, die wir miteinander eingegangen sind. Gleichzeitig bin ich jedoch nicht von ihm abhängig. Ich entscheide mich jedes Mal neu, wie ich mit seinen Weisungen umgehe. Solange unsere Beziehung besteht, hat mein Chef nur die Macht über mich, die ich ihm gebe. Aus welchen Gründen auch immer.

Damit habe ich gleichermaßen Verantwortung, diese Beziehung wirksam zu machen und zu gestalten. Wie kann ich einen Beitrag leisten, dass mein Chef gut führen kann? Auch ich habe Macht. Ich kann Angebote machen. Meine Erfahrungen und Fachkenntnisse einbringen, um dem Suchen nach der besten Lösung mehr Tiefe und Farbe zu geben. Vor- und nacharbeiten. Je besser ich dies tue, umso mehr wird mein Chef meine Arbeit schätzen. Und umso größer ist mein Gestaltungsspielraum. Chef kann man auch durch Auftraggeber ersetzen. Auch in der Selbstständigkeit habe ich einen Chef. Der Kunde ist König.

Als zweite Führungsaufgabe übernehme ich Verantwortung, erfolgreich zu folgen.

Drittens: Führung in der Aufgabe

In einem Unternehmen übernehme ich eine Rolle. Ich werde dafür bezahlt, eine Aufgabe zu erledigen. Besser: Ergebnisse zu erzielen. Führung bedeutet, diese Aufgabe anzunehmen. Aktiv. Dazu will ich die Aufgabe genau verstehen. Ich befrage meinen Chef und höre ihm zu. Oft ist die Aufgabe, die ein Chef mir gibt, nicht zu Ende gedacht. Richtig so: Es ist ja nicht seine Aufgabe. Gut so: Ich kann mitdenken, hinterfragen, gestalten. Die Aufgabe ist das, was ich daraus mache.

Als dritte Führungsaufgabe erkläre ich mich bereit, meinen Beitrag in einem Unternehmen zu leisten.

Viertens: Führung von anderen

Allein komme ich nur so weit. Ich bin mir der Grenzen meiner Wirksamkeit bewusst. Wird eine Aufgabe größer, so braucht es mehr Menschen. In einem Unternehmen Verantwortung für das Handeln anderer Menschen zu übernehmen ist eine Grenzüberschreitung. Ich beginne laut Reinhard K. Sprenger mit anderen Menschen eine Leistungspartnerschaft auf Augenhöhe. Sie leisten einen Beitrag, der hilft, das Ziel der Gruppe, das auch mein Ziel ist, zu erreichen. Mein Wirkungskreis erweitert sich deutlich. Aber es hat seinen Preis. Meine Möglichkeit der direkten Einflussnahme sinkt. Meine Arbeitsergebnisse hängen ab von der Leistung anderer Menschen. Jemand, der eine Aufgabe angenommen hat, wird und soll sie auf seine Weise erledigen. Es entsteht eine Gruppendynamik. Ich spüre meine Macht und Ohnmacht.

Dabei hilft es, dass wir miteinander reden können. Von Mensch zu Mensch. Wir tauschen Sichtweisen und Ideen aus. Auch Wünsche und Erwartungen. Dadurch entstehen Bindungen, die die Gruppe formen.

Führung von anderen bedeutet, Verantwortung für eine Gruppe und deren Arbeitsergebnisse zu übernehmen. Dabei entscheide ich, wer weiter wie mitspielen darf. Allerdings nur für diejenigen, die selbst weiter mitspielen wollen.

Fünftens: Führung einer Organisation

Wenn sehr viele Menschen in einer Organisation zusammenarbeiten, bilden sich weitere Strukturen aus. Ich kenne nicht mehr alle meine Kollegen. In meinem Verantwortungsbereich arbeite ich nicht mit allen Mitarbeitern täglich persönlich zusammen. Indirekte Führung entsteht, meine direkten Mitarbeiter haben