Just three words - Iris Fox - E-Book

Just three words E-Book

Iris Fox

0,0
3,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Gegensätze ziehen sich aus Patricia ist ein Partygirl und als sie sich auf einer Party mit Ben unterhält, ist das eher aus Mitleid, als aus tatsächlichem Interesse. Aber was als Gefallen für ihren Kumpel und Bens Cousin beginnt, endet damit, dass sie aus Versehen nachts in Bens Wohnung landet, er nur ein Handtuch um die Hüften trägt und sie nicht weiß, was sie von all dem halten soll. Denn mit seinen spießigen Klamotten, seiner verkrampften Art ist Ben sicher nicht der Typ Mann, auf den Pat sonst steht. Aber sein nackter Oberkörper und wie er zu seinen Prinzipien steht imponieren ihr. Nicht nur deswegen bereut Pat es sehr schnell sich kurz davor mit Maik eingelassen zu haben, der zwar wahnsinnig heiß aber auch ein fieser Typ ist. Denn einerseits werden ihre Gefühle für Ben immer stärker, andererseits lässt Maik einfach nicht locker. Patricia muss sich entscheiden, was sie will…

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 406

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Just three words

Die Autorin

Iris Fox, 1982 in Elmshorn geboren, lebt heute mit ihrer Familie in Syke in der Nähe von Bremen. Nach ihrem Schulabschluss absolvierte sie eine Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten. Viele Jahre blieb sie dem medizinischen Bereich treu, bis sie nach ihrer Elternzeit in eine Einrichtung für körperlich und geistig beeinträchtigte Menschen wechselte. Obwohl seit jeher unzählige Geschichten in ihrem Kopf herumschwirren, widmet sie sich erst seit 2014 mit viel Herz und Leidenschaft aktiv dem Schreiben von Romanen.

Das Buch

Patricia ist ein Partygirl und als sie sich auf einer Party mit Ben unterhält, ist das eher aus Mitleid, als aus tatsächlichem Interesse. Aber was als Gefallen für ihren Kumpel und Bens Cousin beginnt, endet damit, dass sie aus Versehen nachts in Bens Wohnung landet, er nur ein Handtuch um die Hüften trägt und sie nicht weiß, was sie von all dem halten soll. Denn mit seinen spießigen Klamotten, seiner verkrampften Art ist Ben sicher nicht der Typ Mann, auf den Pat sonst steht. Aber sein nackter Oberkörper und wie er zu seinen Prinzipien steht imponieren ihr. Nicht nur deswegen bereut Pat es sehr schnell sich kurz davor mit Maik eingelassen zu haben, der zwar wahnsinnig heiß aber auch ein fieser Typ ist. Denn einerseits werden ihre Gefühle für Ben immer stärker, andererseits lässt Maik einfach nicht locker. Patricia muss sich entscheiden, was sie will…

Von Iris Fox sind bei Forever erschienen:Love Happens - Zwei sind einer zu vielDrei Tage Glück

In der Just-Love-Reihe:Just one dance - Lea & AidanJust two hearts - Ole & LeonJust three words - Pat & Ben

Iris Fox

Just three words

Patricia & Ben

Roman

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

Originalausgabe bei ForeverForever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinJuli 2019 (1)

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2019Umschlaggestaltung:zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®Autorenfoto: © privatE-Book powered by pepyrus.com

ISBN 978-3-95818-399-5

Emojis werden bereitgestellt von openmoji.org unter der Lizenz CC BY-SA 4.0.

Auf einigen Lesegeräten erzeugt das Öffnen dieses E-Books in der aktuellen Formatversion EPUB3 einen Warnhinweis, der auf ein nicht unterstütztes Dateiformat hinweist und vor Darstellungs- und Systemfehlern warnt. Das Öffnen dieses E-Books stellt demgegenüber auf sämtlichen Lesegeräten keine Gefahr dar und ist unbedenklich. Bitte ignorieren Sie etwaige Warnhinweise und wenden sich bei Fragen vertrauensvoll an unseren Verlag! Wir wünschen viel Lesevergnügen.

Hinweis zu UrheberrechtenSämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Epilog

Danksagung

Leseprobe: Just one dance - Lea & Aidan

Empfehlungen

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1

Für Ulrike. Weil sie immer die richtigen Worte findet.

Kapitel 1

Patricia

Mit einem Drink in der Hand steuere ich auf Ole zu, der gerade dabei ist, sein Zimmer abzuschließen. Es ist noch recht früh am Abend, aber die Einweihungsparty von meinem Bruder Aidan und seinem Mitbewohner Ole ist bereits in vollem Gange.

»Sag mal, kennst du die alle?«, ärgere ich ihn, denn ich weiß genau, er war dagegen, ganz Hamburg zu der Fete hier einzuladen. Doch mein Bruder hat sich schlussendlich durchgesetzt. Was ich klasse finde. Ich liebe es ja, wenn es so richtig abgeht.

»Sagen wir einfach, wie es ist«, grummelt er drauflos. »Dein Bruder hat Scheiße gebaut.«

»Ach komm, jetzt drück mal nicht so auf die Stimmung. Sieh es positiv: Endlich ist mal was los hier. Das ist die Gelegenheit, dich mit jemandem über Leon hinwegzutrösten«, versuche ich seine miese Laune zu vertreiben und halte ihm eine Flasche Bier hin. Leon war lange Zeit der Tanzpartner von Lea, der Freundin meines Bruders, und der hat unserem Ole hier in den letzten Wochen gehörig den Kopf verdreht. Was ich nicht so recht verstehen kann, denn eigentlich stand Ole bislang immer nur auf Frauen. Bis auf Leon hat er nie irgendwelchen Kerlen hinterhergeschaut. Allerdings hat ebendieser Leon ihn jetzt nach recht kurzer Zeit schon wieder abserviert, weswegen Ole derzeit nicht so besonders gut drauf ist. »Wenn du jetzt was mit mir zusammen trinkst, dann helfe ich euch morgen auch beim Aufräumen«, versuche ich ihm irgendwie die Party hier doch noch schmackhaft zu machen. Es braucht zwar einen Moment, doch schließlich greift Ole nach der Flasche und leert sie in einem Zug bis zur Hälfte.

»Ich nehme dich beim Wort«, lenkt er endlich ein.

Yeah, genau das, was ich hören wollte, freue ich mich und genehmige mir selbst einen Schluck meines Cocktails. Meine Augen streifen die Eingangstür. Der Typ, der da so verloren am Rahmen lehnt, kommt mir bekannt vor. 

»Ist das da drüben nicht dein komischer Cousin?«, will ich von Ole wissen. Er folgt meinem Blick.

»Oh, Shit. Auch das noch.« Ole sieht nicht besonders glücklich darüber aus, dass der hier aufgetaucht ist. Ich selbst kenne ihn ja überhaupt nicht. Bin ihm vor ein paar Tagen an der Elbe unten nur zufällig einmal kurz begegnet, als ich mit den anderen etwas Sonne tanken wollte. Gesprochen haben wir allerdings nicht miteinander. »Okay, Pat. Jetzt bist du gefragt. Geh rüber zu ihm, und lass deinen Charme spielen«, fordert er mich auf. Irritiert schaue ich Ole direkt in die Augen.

»Ich soll was? Hast du ’nen Knall?« Mein Blick wandert zurück zu seinem Cousin, der vollkommen fehl am Platz wirkt und allein schon vom Aussehen her absolut nicht hier reinpasst. Ehrlich, Leute. Kein Mensch trägt heute mehr so ʼne Harry-Potter-Brille. Das ist absolut out und einfach nur nerdy, und nicht auf die sexy Art. Von seiner Kleidung wollen wir besser erst gar nicht reden. Klein kariertes Hemd, tannengrüne Jeans, ein Pullunder, aus dem der Kragen des Hemdes akkurat hervorblitzt. Mein Moderadar möchte am liebsten schreien bei solch einem Anblick. Nee, echt. Der ist so gar nicht mein Typ. Wie er schon da steht. So verkrampft, verschreckt und total abgetörnt von der potenziell besten Party, die Hamburg seit Langem zu Gesicht bekommen hat. Und den soll ich jetzt bei Laune halten? Ernsthaft?! Die Skepsis in meinem Gesicht ist wohl nicht mehr zu übersehen, als ich wieder zu Ole hinüberschaue.

»Ehrlich. Wenn du es nicht tust, dann ist die Party schneller vorbei als dir lieb ist«, versucht mir Ole seinen Vorschlag weiter schmackhaft zu machen. »Und wolltest du heute Abend nicht den süßen Typen mit der Lederjacke klarmachen, den du letztens im Roxy kennengelernt hast? Hab’ ihn extra für dich eingeladen.« Oh, wie fies. Eigentlich wollte ich gerade Nein sagen. Schließlich hab’ ich es echt nicht nötig, mich an jemanden ranzumachen, der mir absolut nicht zusagt. Aber musste er jetzt unbedingt den Typen in der Lederjacke ins Spiel bringen? Das ist unfair. Ole weiß genau, wie sehr ich auf den stehe. Heute wäre also die perfekte Gelegenheit, ihm näherzukommen. Erneut wandert mein Blick zur Tür hinüber, wo unser Gesprächsobjekt sich bis jetzt noch keinen Zentimeter von der Stelle gerührt hat. Bin mir eigentlich nicht mal sicher, ob er atmet. Wie eine Erscheinung, die nicht real ist, kommt er mir vor. Würde mich nicht wundern, wenn er sich beim nächsten Augenblinzeln in Luft auflöst. »Guck genau hin«, setzt Ole mir weiter zu. Er merkt, dass er mich ins Wanken gebracht hat. »Das ist das Gesicht von jemandem, der not amused ist. Das solltest du schleunigst ändern, wenn du noch ein paar weitere Drinks genießen möchtest.«

»Ehrlich, du und mein Bruder, ihr tut ja immer so, als wäre das die größte Flachpfeife auf Erden. Ist er wirklich so stocksteif?«, muss ich einfach fragen. Schließlich will ich wissen, worauf ich mich einlasse – womöglich.

»Ja, aber wenn du dir jetzt ein wenig Mühe gibst, dann wird das der Abend seines Lebens«, nimmt er mich ordentlich hoch.

Dass Ole mich gerade verarscht, ignoriere ich für den Moment. Unentschlossen kaue ich auf meiner Unterlippe, während ich überlege. So schwer sollte es doch eigentlich nicht sein, den Typen da drüben bei Laune zu halten. Ein paar Drinks, ein verheißungsvolles Lächeln, vielleicht ein Tanz … Seine Messlatte kann schließlich nicht besonders hoch liegen. Und während ich dies alles durchziehe, halte ich nach dem Typen in der Lederjacke Ausschau.

»Okay, ich mach’ es«, sage ich in dem Moment, in dem ich den Entschluss fasse. »Ein Drink, mehr nicht.«

»Ein Drink, mehr nicht«, plappert Ole mir nach, klopft mir aufmunternd auf die Schulter und sieht so aus, als hätte er im Traum nicht damit gerechnet, dass ich mich tatsächlich noch auf diesen Deal einlasse. Dann gehe ich rüber.

»Hi … Ben, richtig?«, spreche ich ihn einfach ohne Vorankündigung von der Seite an. Überrascht lässt er die Menschenmenge, die er bis eben argwöhnisch beobachtet hat, aus den Augen und sieht mich an. Vermutlich hat er nicht damit gerechnet, dass jemand ihn anspricht. Aber vielleicht schaut er ja auch immer so. Wer kann das wissen? Ich lasse mich von seinem starren Blick nicht weiter irritieren und rede weiter. »Erinnerst du dich? Wir haben uns letztens an der Elbe kurz getroffen. Ich bin Aidans Schwester, Pa …«

»Ich weiß, wer du bist. Du bist Patricia. Natürlich«, unterbricht er mich und bringt meinen Auftritt für den Bruchteil einer Sekunde aus dem Konzept. Dass er meinen Namen noch weiß, habe ich nicht erwartet. Doch ich fange mich schnell wieder und lächle.

»Stimmt genau. Die bin ich. Und du bist Oles Cousin, hab’ ich gehört.«

»Das ist korrekt.«

»Cool«, versuche ich unser mühseliges Small-Talk-Gespräch in Gang zu halten. »Und? Kennst du außer Ole noch mehr Leute hier, oder soll ich dich mit einigen bekannt machen?«, frage ich höflich, obwohl ich mir die Antwort schon denken kann. Überraschenderweise zeigt Ben auf einen jungen Mann, der gerade dabei ist, Leas beste Freundin Kiki in ein Gespräch zu verwickeln. Auch den Typen habe ich neulich an der Elbe gesehen. Er hat Ben begleitet.

»Bin mit Simon hier. Simon ist mein Mitbewohner und hat mich mehr oder weniger überredet. Wir wohnen zwei Stockwerke weiter oben. Eigentlich bin ich nicht so gerne unter Menschen«, wird Ben mit einem Mal direkt redselig. Ich verliere seine Aufmerksamkeit wieder an die Menschenmenge, und erneut huschen seine Augen wachsam von einem zum anderen. »Nee, bin ich wirklich nicht.« Ich ignoriere einfach, dass er mir gerade offenbart hat, dass er ein Schisser ist, der vor einer Menschenansammlung Angst hat, und halte mich konsequent an den Plan, ihn bei Laune zu halten. Nach diesem Abturner gerade würde ich normalerweise auf dem Absatz kehrtmachen.

»Ach, man keine Bange«, wiegele ich ab. »Die sind hier alle voll cool drauf. Und mal ehrlich«, sage ich weiter, dabei greife ich nach seinem Handgelenk und zerre ihn mit mir mit. »Du siehst aus, als könntest du durchaus etwas Spaß vertragen. Komm einfach mit.« Er kommt nicht dazu, mir zu antworten, sondern ist voll und ganz damit beschäftigt, nicht hinter mir auf die Schnauze zu fliegen. Durch eine Menschenmenge hat dieser Typ sich mit absoluter Sicherheit noch nie gequetscht. Garantiert war er niemals auf einem Rockkonzert oder in einer überfüllten Bar in der Schanze unterwegs. Die amüsierten Blicke, die uns ereilen, lächle ich einfach charmant weg. Ich kann mir gut denken, wie dämlich wir zwei aussehen müssen. Doch jetzt gilt es erst einmal, Ben vom Eingang wegzubekommen. Mit einem süffisanten Lächeln auf den Lippen schlängele ich mich also weiter bis zum Wohnzimmer vor. Dort angekommen, hüllt uns die Lichteranlage, die Aidan sich von ʼnem Freund ausgeliehen hat, in flackerndes Licht. Der Bass der Musik kitzelt im Bauch. Oh, ich mag so was ja sehr und bin beinahe süchtig nach diesen markdurchdringenden Bässen. Entschieden halte ich auf das improvisierte DJ-Pult zu, an dem Aidan gerade selbst steht und sich mit dem Typen, der hier auflegt, unterhält. Daneben stehen einige mir bekannte Leute, mit denen ich gerne Party mache. Freunde wäre zu viel gesagt, eher Bekanntschaften, mit denen man ʼne gute Zeit hat. Doch kurz bevor ich bei der Gruppe ankomme, sehe ich noch jemanden dort stehen und stoppe abrupt, sodass Ben hinter mir voll in meinen Rücken kracht. Dort vorne steht Tessa. Tessa! Und als ob das noch nicht genug wäre, direkt neben ihr der Typ in der Lederjacke.

Tessa war mal so etwas wie eine Freundin von mir. Wir gingen damals auf dieselbe Schule. Wir waren genau bis zu dem Tag befreundet, an dem Aidan sie wegen Lea abserviert hat. Seit diesem Augenblick herrscht Funkstille zwischen uns. Tessa hat es irgendwie geschafft, mich bei so ziemlich allen Leuten, mit denen wir gerne ausgingen, schlechtzumachen. Daher bin ich in letzter Zeit seltener in den Bars und Clubs gewesen als früher. Meist nur noch, wenn Aidan oder Ole ausgehen, dann hängʼ ich mich quasi mit dran. Dabei fehlt es mir total! Mit einem beklemmenden Gefühl im Magen, den Nerd hinter mir herziehend, gehe ich also langsam weiter auf die Gruppe zu, ohne zu wissen, was mich erwartet.

Überraschend herzlich werde ich empfangen. Liegt vermutlich daran, dass das hier die Party von meinem Bruder ist und man sich nicht mit ihm anlegen will. Wir begrüßen uns also alle mit Küsschen links, Küsschen rechts und einer flüchtigen Umarmung. Als ich bei Tessa ankomme, erwarte ich ein eisiges Schweigen und einen starren Blick, der durch mich hindurchsieht. Sie wird es wenig interessieren, wessen Party das hier ist. So gut kenne ich sie. Doch zu meinem Erstaunen lächelt Tessa mich ebenfalls an und drückt ihre Wange gegen meine.

»Hi, Patty. Schön, dich zu sehen. Geile Party, oder?«

»Ähm, ja. Ist cool hier. Hi, Tess«, erwidere ich überrascht. Tessa betrachtet mein Anhängsel.

»Und du bist nicht alleine«, stellt sie mit einem durchtriebenen Grinsen auf den Lippen fest. »Hi, ich bin Tessa«, geht sie, ehe ich reagieren kann, auf Ben los und drückt ihm rechts und links einen Kuss auf. Zur Säule erstarrt, lässt Ben es über sich ergehen. Dabei lächelt er verkrampft.

»Ha-Hallo«, ist alles, was er hervorbringt.

»Das ist Ben. Oles Cousin«, stelle ich ihn vor, nachdem er weiterhin den Mund nicht aufbekommt. »Er wohnt auch hier im Haus. Weiter oben, wenn ich das richtig verstanden habe. Wir haben uns gerade eben zufällig getroffen«, kläre ich die Lage auf, bevor Gerüchte entstehen können. Doch Tessas Gesichtsausdruck verrät mir, dass sie mich heute Abend über Ben ganz sicher noch ausquetschen wird. Tessa hier anzutreffen, bedeutet dann wohl auch, dass sie endlich über meinen Bruder hinweggekommen ist. Nur hoffentlich bitte nicht mit der Lederjacke, schicke ich ein schnelles Stoßgebet gen Himmel.

Ich versuche mich darauf zu konzentrieren, nicht den sexy Kerl in der Lederjacke anzustarren, der für meinen Geschmack viel zu dicht bei Tessa steht, als ich Ben weiter der Runde vorstelle. Die verwunderten Blicke über meine Begleitung, bleiben mir nicht verborgen. Doch das interessiert mich nicht. Mich interessiert ganz etwas anderes. Was hat Tessa mit dem Typen zu schaffen? Das muss ich unbedingt herausbekommen.

Auch nach einer Viertelstunde steht Ben immer noch ganz steif neben mir und lauscht den Gesprächen der anderen mit scheinbar mäßigem Interesse. Er probiert zwar ein, zwei Mal, sich an einem Gespräch zu beteiligen. Allerdings werde ich das Gefühl nicht los, dass ihm die Themen hier einfach zu nichtssagend sind. Keine Ahnung, was er erwartet hat. Dass hier über Philosophie oder physikalische Formeln diskutiert wird? Natürlich ist das nicht der Fall. Die Jungs sprechen lieber über ihre aufgemotzten Autos, die sie bei jeder Gelegenheit herzeigen. Wir Mädels quatschen über die wichtigen Dinge im Leben. Mode! Recht schnell gibt Ben daher auf und setzt dieses leicht dümmliche Grinsen auf, das ihn alles andere als attraktiv wirken lässt. Er hält uns alle hier für blöd, kommt mir plötzlich in den Sinn, während ich ihn unauffällig von der Seite versuche zu studieren. Das ärgert mich. Immerhin habʼ ich wie viele hier auch mein Abi erst vor Kurzem gemacht. So dämlich können wir also gar nicht sein.

»Und, Ben«, spreche ich ihn an. »Was machst du so?« Irgendwie muss man den Kerl ja aus seinem Schneckenhaus bekommen können.

»Wie meinst du das?«, stellt er mir die Gegenfrage und bringt mich dazu, mit den Augen zu rollen.

»Beruflich, meine ich«, helfe ich ihm auf die Sprünge.

Er nickt. »Ich studiere.« Ich warte ab, ob da noch mehr kommt, doch weit gefehlt. Bens Aufmerksamkeit gilt wie schon so oft in dieser kurzen Zeit, seit ich ihn an der Haustür aufgegabelt habe, der Menschenmenge um uns herum, die er nach wie vor argwöhnisch beobachtet.

»Aha«, gebe ich auf und belasse es dabei. Ich nehme die sonderbaren Blicke der Umstehenden wahr. Sie beobachten mich und Ben genau. Ja, ich weiß. Er ist nicht mein gängiges Beuteschema, würde ich den Leuten am liebsten entgegenbrüllen, doch ich reiße mich zusammen und lächle einfach.

Die Musik heute Abend ist wirklich gut, und so beginne ich, anstatt mich weiter zu unterhalten, lieber zu tanzen, so wie viele um uns herum auch. Aus irgendeinem sich mir nicht erschließenden Grund tut Ben es uns gleich. Seine Versuche, sich im Takt der Musik zu bewegen, sind – vorsichtig ausgedrückt – jedoch wirklich jämmerlich. Das fällt nicht nur mir auf. Einer nach dem anderen dreht sich von uns weg und gibt zu verstehen, dass Ben nicht dazugehört. Das ist zwar nicht sonderlich nett, doch ich kann es durchaus nachvollziehen. Es funkt einfach nicht zwischen Ben und den Mädels, und die Jungs und er finden kein Gesprächsthema. Aber eines muss man ihm lassen: Ein Aufgeber ist er nicht. Tapfer wippt er weiter von einem Bein aufs andere, lächelt und macht gute Miene zum bösen Spiel. Dabei will er gar nicht hier sein. Das sehe ich ihm ganz deutlich an. Ein komischer Kauz.

Mich ärgert es, wie gut Tessa sich mit dem Typen in der Lederjacke versteht. Die ganze Zeit über spaßen sie, lachen miteinander. Vertraut legt sie ihm ihre Hand auf die Schulter, er greift sie um die Taille. Mehrere Schnäpse sind den beiden in kürzester Zeit durch die Kehlen geflossen. Ich ahne, worauf das hinauslaufen wird. Tessa hat schon oft auf diese Art und Weise Kerle klargemacht. Während ich zu den beiden hinüberstarre, treffen sich Tessas und meine Blicke. Sie kommt zu mir herüber und zieht mich etwas weiter von Ben weg, um in Ruhe mit mir reden zu können.

»Sag mal, Patty. Was ist eigentlich mit euch los, seit wir nicht mehr zusammen abhängen?«, scherzt sie drauflos und gluckst auf. Sie hat schon ordentlich was intus.

»Was meinst du?«, hake ich nach.

»Aidan macht jetzt einen auf Streber und hängt nur noch mit seiner Ballerina ab, Ole steht plötzlich auf Männer, und du … du hast so etwas im Schlepptau.« Dass sie, während sie dies sagt, zu Ben hinübernickt, ist vollkommen überflüssig. Ich weiß auch so, wen sie meint. Trotzdem folge ich ihrem Blick. Ihr abfälliger Tonfall ist mir ebenfalls aufgefallen. Und auch wenn ich ihr im Grunde recht gebe, dass Ben nicht in mein Schema passt, so empfinde ich in diesem Moment doch eine gewisse Sympathie für den Mann, der sich hier so tapfer durch die Party quält. Ich erinnere mich daran, wie er vor etwa einer halben Stunde meinte, er hätte seinem Freund und Mitbewohner versprochen mitzukommen. Er scheint jemand zu sein, der seine Versprechen durchaus einhält. Der Kragen seines Hemdes ist leicht verrutscht. Die Tatsache, dass ihm das noch nicht aufgefallen ist, lässt mich schmunzeln.

»Tja, Tess«, antworte ich ihr. »Da siehst du mal, was passiert, wenn du uns alleine lässt«, witzele ich. Sie geht auf meinen kleinen Scherz ein und lacht laut auf.

Bevor ich dazu komme, sie zu fragen, was es mit ihr und der Lederjacke auf sich hat, kehren wir schon zurück zu den anderen. Tessa gesellt sich sofort wieder zu dem Typen – ich muss unbedingt seinen Namen herausfinden – und quatscht weiter munter drauflos. Ich mag es kaum zugeben, doch so langsam nervt es mich, wie gut die beiden miteinander können. Ihr Lachen dringt bis zu mir durch, trotz der lauten Musik. Und ich kann meine Augen kaum von ihnen abwenden. Noch immer versucht Ben den Takt zu treffen.

»Hey, gar nicht mal schlecht«, lüge ich, dass sich die Balken biegen, und widme meine Aufmerksamkeit jetzt dem noch immer vor sich hin tänzelnden Ben. Ich brauche dringend Abwechslung. Schließlich habe ich nicht vor, den ganzen Abend weiter Tessa und ihre Eroberung anzustarren. Ich weiß genau, wann eine Jagd aussichtlos ist. Daher stelle ich mein mittlerweile leeres Cocktailglas auf der nächstbesten Ablage ab, um im Anschluss direkt Ben von der Seite anzutanzen. Mein Abend ist eh gelaufen. Also sorge ich einfach dafür, dass Bens Abend unvergesslich wird. Dass ich ihm plötzlich so nahe komme, lässt ihn vollends verkrampfen. Vermutlich ist er es nicht gewohnt, dass ein Mädchen ihm seinen Arm um den Hals legt, so wie ich es gerade tue. Entgegen seinen plumpen Bewegungen versuche ich mich im Takt der Musik zu bewegen. Was nicht einfach ist, denn er hat absolut keine Ahnung von dem, was er da tut. Erneut ergreife ich die Initiative und stelle mich ihm gegenüber. Meine Hände gleiten zu seiner Hüfte und packen fest zu. »Versuch mal, in der Hüfte lockerer zu werden«, schlage ich ihm vor. »Du musst den Takt fühlen. Lass einfach los und genieße den Abend. So schwer ist das nicht.« Ein gehemmtes Lächeln umspielt seinen Mund. Es braucht ein paar Takte, bis er meinen Ratschlag versucht in die Tat umzusetzen. Und tatsächlich. Nachdem er einmal tief Luft geholt hat und seine Hände es irgendwie geschafft haben, zu meiner Taille zu finden, beginnt er sich deutlich fließender und sanfter zu bewegen. Er beobachtet mich genau. Versucht, ein paar meiner Bewegungen abzukupfern, was ihm erstaunlich gut gelingt. »Ja, schon viel besser«, lobe ich ihn. Diesmal ist es die Wahrheit. »Das wird ja doch noch dein Abend heute«, grinse ich.

»Ich denke, eher nicht. Aber … danke. Du … du tanzt wirklich gut«, versucht er sich an einem kleinen Kompliment. Trotz des Schummerlichtes kann ich deutlich erkennen, wie seine Wangen einen rötlichen Ton annehmen. Er hat dunkelbraune Augen, stelle ich fest, als ich für einen kurzen Moment unbeabsichtigt tief in sie hineinsehe. Plötzlich wird mir ganz anders. Vage bekomme ich mit, wie er schluckt, während er mich ebenfalls ansieht. Mit Ben zu tanzen und ihm nahe zu sein, lässt mein Herz kurz verräterisch hüpfen. Was soll das? Meine Finger lassen seine Hüfte los, so sehr wirft mich dieses Gefühl in mir gerade aus der Bahn. Doch wie von selbst finden sie wieder an seine Seite und greifen den Stoff seines Pullunders. Seine Hände verursachen ein leichtes, feines Kribbeln auf meiner Haut. Als ob das nicht schon genug wäre, wird das aktuelle Lied von einem meiner Lieblingslieder abgelöst. Chances von den Backstreet Boys erklingt, und die Lichteranlage hüllt den gesamten Raum in gedämpftes Licht. Die Laser tanzen und lassen Bens Augen aufleuchten. Verunsichert lässt er von mir ab. Aus dem Augenwinkel heraus sehe ich, wie Tessa und mein Schwarm sich weiterhin angeregt unterhalten. Dicht stehen sie beieinander. Gerade eben hat sie ihn mit irgendetwas wieder zum Lachen gebracht. Der Klang seines Lachens schmerzt in den Ohren. Entschlossen schmiege ich mich an meinen absolut überforderten Tanzpartner an, sorge dafür, dass seine Hände sich schon bald in meinem Rücken kreuzen, und lege meine eigenen um seinen Hals. Was die zwei können, können wir schon lange. Wir können auch Spaß haben. Wieder überkommt mich dieses eigenartige Gefühl, jetzt, wo wir uns so nahe sind.

»Wolltest du mich etwa gerade mitten auf der Tanzfläche stehen lassen?«, necke ich ihn und lenke so von mir selbst ab, indem ich ihn in ein Gespräch verwickele.

Er atmet auf. »Wie? Nein, Quatsch. Ich dachte nur …«, er ringt um Worte. »Vielleicht willst du lieber mit jemandem tanzen, der das kann und der dir nicht die ganze Zeit auf die Schuhe tritt.«

Ich nicke und überlege kurz, was ich antworten könnte. »Stimmt genau. Das könnte ich tun.«

Aber das willst du gar nicht!, schreit mir mein Verstand urplötzlich entgegen, sodass ich mich vor mir selbst erschrecke. Von Ben im Arm gehalten zu werden, während wir tanzen, fühlt sich besser an als erwartet. Trotzdem brülle ich innerlich meinem Verstand zurück: Alles Quatsch! Halt die Klappe. Du hast keine Ahnung.

»Weißt du, wir kennen uns noch nicht lange. Daher kannst du es nicht wissen«, rede ich weiter und ignoriere einfach alles, was gerade in mir tobt. »Aber ich bekomme für gewöhnlich immer, was ich will. Und jetzt …« Ich hole Luft. »Jetzt möchte ich tanzen. Und zwar mit dir«, raune ich. Das ist nicht gelogen. Jedenfalls … nicht richtig.

Ben kommt mir im Tanz ein paar wenige Zentimeter näher. Ich muss schwer schlucken. Plötzlich kommt er mir gar nicht mehr so dröge vor wie vorhin noch, als ich ihn verloren am Türrahmen stehend aufgelesen habe. Im Gegenteil. So langsam taut er auf und beginnt den Abend hier tatsächlich zu genießen. Das schließe ich aus dem kaum sichtbaren Anflug eines Lächelns auf seinen Lippen. Im gleichen Moment zeigen sich links und rechts zwei kleine Grübchen auf seinen Wangen. Das sieht hübsch aus. Mir wird klar, ich mag es, wenn er lächelt. Wenn der Typ in der Lederjacke mich so anlächeln würde, würde mir das aber auch gefallen.

Ich sehe zur Seite. Zu Tessa und ihrem Begleiter hinüber. Enttäuscht beiße ich mir auf die Unterlippe, während meine Augen jeden Quadratzentimeter des Typen abscannen, mit dem sie sich unterhält. Mit Ben zu tanzen ist okay. Ja, das ist es. Aber eigentlich will ich mit dem Hottie neben Tessa tanzen. Nein, wenn man es genau nimmt, ist das gelogen. Ich will nicht mit ihm tanzen, sondern noch ganz andere Dinge mit ihm machen.

Kapitel 2

Ben

Menschen. So viele Menschen um mich herum, die ich alle nicht kenne. Seit ich die Party hier betreten habe, überwiegt in meinem Inneren dieses beklemmende Gefühl, das am liebsten eine Panik in mir heraufbeschwören möchte. Doch ich unterdrücke den Drang und halte die Masse um mich herum aus. Warum? Darauf kann es nur eine plausible Antwort geben: wegen ihr. Als ich vorhin am Eingang stand und die Menge erblickte, wollte ich sofort wieder gehen. Ich wollte mein Versprechen Simon gegenüber, dem hier eine Chance zu geben, lieber früher als später brechen. Ich wollte es tun. Ganz sicher sogar. Doch plötzlich ist sie aufgetaucht, und alles war mit einem Mal anders.

Und nun stehe ich hier, ohne zu wissen, wie mir geschieht, und tanze. Mit ihr. Angestrengt versuche ich meine Hände unter Kontrolle zu halten, damit sie nicht zu zittern beginnen, während sie im Tanz um ihre Taille liegen. Dabei nicht aus dem Takt zu geraten erfordert meine ganze Aufmerksamkeit. Es würde mir leichter fallen, eine Ansprache auf Latein über das menschliche Immunsystem vor einer großen Ansammlung von Leuten zu halten, als mit ihr zu tanzen. Herrgott! Ich traue mich ja kaum, ihr ins Gesicht zu schauen. Ob man mir ansieht, was mit mir los ist? Ich hoffe nicht. Patricia in meinen Armen bewegt sich so fließend, dass mir davon ganz schwindelig wird. Als würde sie den ganzen Tag nichts anderes machen.

Als der Tanz vorbei ist, weiß ich nicht, ob ich mich darüber freuen oder traurig sein soll. Einerseits war es schön, ihr einmal so nahe sein zu dürfen, andererseits kann ich jetzt endlich wieder Luft holen. Während ich versuche, mich zu sammeln, kommt ein junger Mann, gekleidet in eine derbe schwarze Lederjacke, mit einem Tablett voll Schnäpse auf uns zu. Jedem auf seiner Runde hält er das Tablett hin. Schließlich macht er vor uns halt.

»Hier, greift zu«, meint er zwar uns beide, spricht und sieht aber nur Patricia an. Ach, was sage ich. Er verschlingt sie eher mit den Augen.

»Danke schön«, säuselt sie, während sie ihn unverblümt ebenfalls intensiv ansieht. Dabei lächelt sie verschmitzt und zieht ihren rechten Mundwinkel etwas hoch. Schmerzlich wird mir bewusst, dass sie mich während unseres Tanzes nicht im Entferntesten so angesehen hat wie jetzt ihn. In mir wächst der Wunsch, von ihr auch so angesehen zu werden. Doch natürlich weiß ich, dies wird niemals geschehen.

»Freut mich, dich hier wieder zu treffen«, sagt die Lederjacke, Patricia weiter fest im Visier. Dass ich mir kein Glas vom Tablett nehme, fällt entweder nicht auf oder interessiert hier keinen.

»Ja, ich freue mich auch. Ole hat es mir vorhin schon erzählt, dass du auch hier bist.« Sie beißt sich kurz auf die Unterlippe, bevor sie weiterspricht. »Bist … du bist mit Tessa hier?«, fragt sie ihn jetzt. Ein komischer Unterton, den ich nicht zu deuten verstehe, schwingt in ihrer Frage mit. Der Typ versteht anscheinend besser als ich, denn er lacht kurz auf und kommt ihr näher, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. Auch Patricia lächelt jetzt ganz entspannt. »Okay«, meint sie. »Sehr cool.«

»Ja, finde ich auch«, antwortet die Lederjacke. »Ich bin übrigens Maik«, stellt er sich Patricia vor. Das Tablett drückt er mir einfach in die Hand, um ihr im direkten Anschluss feierlich seine Hand hinzuhalten, sie leicht zu sich zu ziehen und ihr einen Kuss auf die Wange zu drücken. Einen für meinen Geschmack für eine einfache Begrüßung viel zu lange dauernden Kuss.

»Patricia. Aber du darfst gerne Pat zu mir sagen«, flötet sie in einem Ton, der mir eine unterschwellige Übelkeit in die Magengegend treibt. Ich verstehe nicht sehr viel von so zwischenmenschlichem Verhalten. Aber auf mich wirkt es beinahe so, als würden die beiden miteinander flirten. Na, vielen Dank auch!

»Sehr gerne, Pat«, raunt er ihr zu. Seine Augen leuchten. Für meine Begriffe eine viel zu lange Zeit schauen sich die beiden einfach nur an. Dann endlich scheint diesem Maik aufzufallen, dass ich immer noch neben ihnen stehe und sie beide beobachte. Was vermutlich äußerst gruselig auf die beiden wirkt.

»Und du? Ich meine, ihr beide … seid ihr?«, will er nun wissen.

»Wir? Ach, nein. Quatsch. Ben ist Oles Cousin. Wir haben uns hier nur zufällig getroffen. Ben wohnt auch hier im Haus und hat nur mal eben vorbeigeschaut, um Hallo zu sagen. Er … ist ein Freund. Weiter nichts.« Ich nicke. Schließlich hat sie mit allem recht, was sie sagt. Maik sieht mich direkt an. Erneut nicke ich. Vermutlich schaue ich gerade aus wie ein dämlicher Wackeldackel auf der Rückablagefläche eines Pkw.

»Stimmt«, bestätige ich Patricias Aussage. »Freunde.« Dieses Wort lässt meinen Mund vollkommen trocken zurück, nachdem ich es ausgesprochen habe. Maik entspannt sich sichtlich, und ein furchtbar überhebliches Grinsen legt sich auf sein Gesicht. Ich kann mir gut vorstellen, was der Typ jetzt denkt. Sorry, Alter. Nimmʼs nicht persönlich. Sie steht halt nicht auf dich. So in etwa wird es jetzt vermutlich in seinem Kopf aussehen. Vor meinem geistigen Auge blickt er mich bemitleidend an und tätschelt mir die Schulter. Doch ich brauche kein Mitleid. Ich habe mir nie Chancen bei ihr ausgerechnet. Wieso also sollte ich jetzt enttäuscht sein, dass sie sich so offensichtlich zu ihm hingezogen fühlt und nicht zu mir? Und doch bin ich es. Enttäuscht. Und zwar so sehr, dass ich kaum einen weiteren klaren Gedanken fassen kann. »Und … ich wollte auch schon längst gehen. Also … man sieht sich sicher«, murmele ich hastig die paar Worte. »Viel Spaß noch.« Dann wende ich mich von ihnen ab, ohne abzuwarten, ob sie mir noch etwas zu sagen haben, und schlängele mich, so gut es geht, mit angehaltenem Atem von ihnen fort.

Patricia

Eine knappe Stunde und ein paar Drinks später habe ich meine Arme um den Hals von Maik geschlungen und wiege mich genüsslich im Takt zur Musik. Der Kragen seiner derben Lederjacke kratzt mir angenehm über die Handgelenke. Die Party ist mittlerweile auf ihrem Höhepunkt angelangt. Die Tanzfläche ist mega voll. Genau so, wie ich es mag. Genießerisch lasse ich meine Hüften kreisen und meine Hände langsam über seinen Oberkörper wandern. Die Chemie zwischen uns beiden ist absolut top. In Vorfreude auf den weiteren Verlauf der Nacht lasse ich mich gehen und genieße den Rhythmus und diesen Mann an meiner Seite, der sich irrsinnig gut zu bewegen weiß. Ganz im Gegensatz zu Oles Cousin.

Plötzlich sehe ich Ben an die Wohnzimmerwand gelehnt stehen. Mich wundert es, dass er überhaupt noch da ist. Sein Blick bannt mich, obwohl ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, wieso. Schließlich ist er nichts weiter als Oles Cousin, den ich zwar so weit erfolgreich in die Party integriert habe, wie es eben möglich war, mehr aber eben auch nicht.

Während Maik und ich weiter zu dem Beat tanzen, schiele ich immer mal wieder zu ihm hinüber. Dass er mich die ganze Zeit über beobachtet, ärgert mich. Schließlich gibt es noch genügend andere Leute hier, denen er seine Aufmerksamkeit widmen könnte. Ich gehe ihn nichts an, und er geht mich nichts an. Ich bin schließlich hier, um Spaß zu haben. Ich sollte mich wirklich mehr auf Maik konzentrieren, weswegen ich Ben schließlich auch entschieden meinen Rücken zuwende, um mich wieder meinem heißen Tanzpartner zu widmen. Unser Abstand zueinander wird immer geringer. Wenige Takte später drückt Maik eines seiner Beine zwischen mich, packt mich mit einem Arm fest um die Hüfte, um mich eng an sich zu drücken. Im nächsten Moment fühle ich seine Finger, die sich in meinem Haar vergraben. Als sich unsere Zungen berühren, lasse ich mich in dieses prickelnde Gefühl fallen, das sein Kuss in mir auslöst. Verstand aus!, befehle ich. Und es funktioniert. Schließlich kenne und liebe ich dieses berauschende Spiel. Mit einem Lächeln auf den Lippen genieße ich die Blicke um uns herum, während wir rummachen. An Ben verschwende ich keinen weiteren Gedanken mehr.

Maik verschwindet kurz auf der Toilette, und ich genehmige mir mit Tessa und den anderen Mädels aus der Clique ein paar Shots in der Küche. Wenn ich das richtig einschätze, dann kann ich die Wegzehrung später auch noch gut gebrauchen. Zwischen Maik und mir, da geht heute noch einiges. Ganz bestimmt. Und das, obwohl ich den Abend längst schon abgeschrieben hatte. Ich belächle mich selbst, als mir wieder in den Sinn kommt, was Maik mir vorhin ins Ohr geflüstert hat.

»Ich bin eigentlich nicht wegen Tessa hier, sondern wegen dir«, hat er mir ins Ohr geraunt. Sein Atem jagte dabei über meine Haut. Das Kribbeln verbreitete sich wie ein Lauffeuer über meinem Rücken.

Tessa und Maik kennen sich, weil sie mit seinem Bruder zusammen ist. Der ist allerdings heute Abend noch in New York. Sein Flieger landet erst morgen früh in Fuhlsbüttel. Und da Tessa heute nichts weiter vorhatte, hat Maik sie spontan hierher mitgebracht. Dank dieses Zufalls haben Tessa und ich uns in der letzten Stunde also wieder angenähert. Anfangs war ich ja noch skeptisch. Doch ganz ehrlich: Es tut gut, nicht mehr von allen ignoriert zu werden. Auch die anderen Mädels gehen wieder viel lockerer mit mir um. Daher genieße ich es einfach für den Augenblick. Und eines weiß ich ganz sicher: Sollte mein Bruder je wieder versuchen, mit einem der Mädels aus der Gruppe zu flirten, drehe ich ihm den Hals um. So viel ist sicher.

Wenig später knutschen Maik und ich im Treppenhaus. Die Wohnung platzt mittlerweile aus allen Nähten. Immer mehr Gäste schlängeln sich über die Stufen hinauf bis in die WG hinein. Hier draußen im Flur ist der Geräuschpegel etwas niedriger. Maik und ich hätten jetzt sogar richtig miteinander reden können. Uns besser kennenlernen. Doch wozu? Seine Lebensgeschichte interessiert mich ebenso wenig wie ihn meine. Dafür kann der Kerl gut küssen. Das reicht völlig. Falls die Nacht ein Erfolg sein sollte, bleibt uns immer noch genügend Zeit, den anderen etwas besser kennenzulernen. Und wenn nicht, dann gehen wir morgen einfach wieder getrennte Wege, ohne dass es kompliziert wäre.

»Oh, warte. Du hast da was«, unterbreche ich den Kuss. Dabei zeige ich auf seine Nase, die ganz leicht blutet. Geräuschvoll zieht er kurz die Nase hoch und wischt sich mit dem Ärmel seiner Jacke über das Gesicht.

»Passt schon. Hab vermutlich grad etwas viel erwischt.« Das Bluten hört rasch wieder auf. Mit seinem gesamten Gewicht drückt er mich unnachgiebig gegen die Wand. Maik ist genauso scharf auf mich wie ich auf ihn. Lasziv beiße ich mir kurz auf meine Unterlippe. Er versteht den Wink und verschließt meinen Mund sofort mit seinem und küsst mich ausgiebig. Seine Hände wandern ungeniert über meinen Körper. Ich mag es, wenn die Kerle an nichts anderes mehr denken können als an mich.

Bevor ich selbst dazu komme, mich ähnlich wegdriften und in das Gefühl fallen zu lassen, das wir gegenseitig in uns auslösen, bemerke ich, wie Ben an uns vorbeigeht und die Treppenstufen hinaufsteigt. Es ergibt zwar keinen Sinn, doch ich fühle mich trotzdem furchtbar ertappt. Er hingegen versucht so zu tun, als hätte er uns nicht erkannt. Doch mir ist klar, dass er uns beide hier ganz genau registriert hat. Maik bemerkt, wie ich zur Seite schiele, und folgt meinem Blick.

»Alles klar? Oder habt ihr zwei noch was zu klären, bevor wir gleich verschwinden?«, will er von mir wissen.

»Wie?«, frage ich zurück. Dann besinne ich mich und schüttele den Kopf. »Nein. Quatsch. Natürlich nicht. Wir sind nur Freunde.« Der letzte Satz kam mir zwar so einfach über die Lippen, allerdings … frage ich mich jetzt selbst: Sind wir das? Ich habʼ doch kaum drei Worte mit ihm gesprochen. Gut, muss ich mir selbst eingestehen, ich habʼ auch schon mit Kerlen geschlafen, mit denen ich kaum mehr als drei Worte gewechselt habe. Trotzdem wird mir mit einem Schlag bewusst, dass Ben in der kurzen Zeit so etwas wie ein Freund geworden sein muss. Er ist mir zumindest nicht egal. Es lässt mich nicht kalt, mitanzusehen, wie er mit hängenden Schultern die Treppen hinaufschlurft.

»Denn ist ja gut«, erwidert Maik lächelnd. Meine Gedanken hat er selbstverständlich nicht hören können. So kommt es, dass ich im nächsten Moment wieder seine Lippen auf meinen fühle und wir da weitermachen, wo wir gerade eben aufgehört haben.

Zwischendurch wird Maik von Leuten angequatscht, die ich nicht kenne. Sie tuscheln miteinander. Meistens entschuldigt er sich kurz und geht mit ihnen mit. Spätestens nach fünf Minuten ist er aber immer wieder da.

Wir wollen gerade gehen, als es Tumulte unten im Erdgeschoss gibt. Stimmengemurmel schwillt rasch an, und schon wenige Wimpernschläge später dringen gehetzte und rufende Stimmen zu uns herauf. Mein Begleiter lässt von mir ab und streckt den Kopf über das Geländer nach unten ins Erdgeschoss, um sich selbst einen Überblick zu verschaffen, was los ist.

»Shit!«, flucht er. »Das sind die Bullen.« Gehetzt schaut er sich nach allen Seiten um, als würde er die Lage checken wollen. Dabei wirkt er mit einem Mal furchtbar nervös.

»Oookaaay«, rede ich ganz langsam. »Warum regt dich das jetzt so auf? War doch klar, dass die früher oder später hier auftauchen.« Mein Blick wandert kurz die Treppen hinauf. Ich kann mir schon denken, wer da seine Finger mit im Spiel hat.

»Ja, fuck! Doch ich hatte gehofft, wir wären dann schon weg«, nuschelt er mir zu. Er sieht aus, als würde er intensiv nachdenken.

»Wieso?«, frage ich jetzt. »Hast du Ärger mit denen?« Er kommt nicht mehr dazu, mir zu antworten. Im nächsten Augenblick sehen wir ein paar Uniformierte die Treppen heraufsteigen. Weil viele der Gäste wegen Überfüllung auf das Treppenhaus ausgewichen sind, kommen sie nur recht langsam voran. Trotz des Gedränges auf der Treppe erblickt einer der Polizisten Maik. Er zeigt auf ihn und macht die Polizistin neben sich auf ihn aufmerksam. Okay, denke ich, Maik scheint wohl tatsächlich polizeibekannt zu sein. Dann geht alles ganz schnell. In Windeseile drückt er mir etwas in die Hand. Wortlos zieht er mich mit sich zum nächsten Treppenabsatz, der in den über uns liegenden Stock führt.

»Schnell! Verschwinde! Dich kennen sie nicht«, ist alles, was ich von ihm zu hören bekomme. »Ich melde mich bei dir.«

»A-aber …«, stammele ich. »Du hast meine Nummer doch gar nicht.« Doch er hört mich nicht mehr. Flink wie ein Wiesel huscht er wieder in die Wohnung von Aidan und verschwindet im Getümmel. Die Polizisten versuchen die Verfolgung aufzunehmen. Diese Gelegenheit nutze ich und stehle mich klammheimlich nun tatsächlich die Treppen nach oben davon. Ob mich einer der Polizisten gesehen hat, kann ich nicht beurteilen.

Kapitel 3

Patricia

An jeder Tür, an der ich vorbeikomme, drücke ich die Klinke hinunter, in der Hoffnung, irgendwo Unterschlupf zu finden. Doch überall ist abgeschlossen. Erst zwei Stockwerke weiter oben habe ich Glück. Ich höre Schritte, die sich von unten her nähern. Also fackele ich nicht lange, sondern betrete die fremde Wohnung, um die Tür so schnell und leise wie möglich hinter mir wieder zu schließen. Mit angehaltenem Atem lehne ich mich gegen das Innere der Tür und sehe mich um. Der Flur, der mit dem meines Bruders zwei Stockwerke tiefer recht identisch ist, ist hell erleuchtet. Ich betrachte die Tüte, die mir eben so rasch in die Hand gedrückt wurde, etwas genauer. Kleine, weiße, runde Pillen in einer durchsichtigen Tüte. Dazwischen ein paar noch kleinere Tütchen, gefüllt mit kleinen Mengen weißen Pulvers. Fuck!

Ich bin noch kaum wieder richtig zu Atem gekommen, da höre ich bereits, wie an der Wohnungstür auf der anderen Seite des Flures geklopft wird. Ich erschrecke mich zu Tode. Beinahe hätte ich aufgeschrien. Durch einen Türspion beobachte ich den Polizisten, der dort drüben vor der Tür steht. Nachdem sich dort nichts tut, dreht er sich um und hält direkt auf diese Tür hier zu. Ehe ich mich versehe, klopft und klingelt es auch schon. Okay, denke ich. Dies wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, um einfach mal zuzugeben, dass ich mich selbst in eine durchaus beschissene Situation manövriert habe. Erst als das Wasserrauschen einer Dusche verstummt, bemerke ich, dass bis eben jemand unter der Brause gestanden haben muss. Aller Wahrscheinlichkeit nach der Besitzer dieser Wohnung. Es ist also davon auszugehen, dass dieser Jemand jeden Moment durch die Tür kommt und mich erblickt. Eigentlich sollte ich mich jetzt besser verstecken, kommt mir noch in den Sinn. Aber da steht dieser Jemand bereits mit nassen Haaren und nur mit einem Handtuch um die Hüfte bekleidet vor mir. Im gleichen Moment, in dem mein Herzschlag mit doppeltem Tempo wieder einsetzt, nehme ich wahr, dass es Ben ist, der vor mir steht. Ich versuche ganz unauffällig meine Hände zu verschränken und dabei die kleine Tüte so gut es geht vor ihm zu verbergen. Wieder klopft es an der Tür. Dieses Mal noch etwas lauter. Dringlicher.

»Hallo. Polizei. Jemand zu Hause?«, hören wir beide durch die Tür.

Bens Augen wandern von mir zur Wohnungstür hinüber und wieder zurück. Dann bemerkt er die Tüte. Mit meinen dünnen Ärmchen kann ich sie einfach nicht vollends vor ihm verbergen. Zudem knistert sie verdächtig bei jeder Bewegung, die ich mache. Augenblicklich verfinstert sich sein Blick. Scharf fixiert er mich volle Breitseite.

»Das ist jetzt nicht so, wie es vielleicht aussieht«, flüstere ich ihm schnell entgegen und mache einen Schritt auf ihn zu. Dabei halte ich die Tüte mit den Pillen in seine Richtung hoch. »Die gehören mir nicht. Die …« Der Duft frisch gewaschener Haare steigt mir in die Nase und vernebelt mir mein Gehirn. Oh, mein Gott! Er riecht fantastisch, wird mir mit einem Mal bewusst. Sein durchdringender Blick bringt mich zusätzlich ganz durcheinander. Irgendetwas wollte ich doch jetzt noch sagen …

Wortlos greift er nach meinem Handgelenk und zerrt mich mit sich. Ähnlich wie ich es ein paar Stunden zuvor unten auf der Party mit ihm gemacht habe. Nur dieses Mal geht es nicht in Richtung Tanzfläche, sondern er schubst mich einfach kurzerhand recht ruppig in einen dunklen Raum, um hinter mir direkt die Tür zu schließen. Ich weiß gar nicht, wie mir geschieht. Niemals hätte ich gedacht, dass er so resolut sein kann. Ich muss zugeben, er imponiert mir.

An der Dunkelheit, die den Raum umgibt, störe ich mich nicht. Ich verhalte mich ruhig und lausche. Ich höre, wie Ben den Schlüssel zweimal im Schloss herumdreht, um anschließend die Tür zu öffnen und dem Polizisten im Treppenhaus einen Guten Abend zu wünschen. Ich stutze. Warum er erst einmal abschließt, um direkt wieder aufzuschließen, verstehe ich nicht.

»Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat«, sagt er weiter. »Ich komme direkt aus der Dusche. Ist etwas passiert?« Ich bin beeindruckt, wie belanglos er seine Stimme klingen lässt. Nicht einmal ich würde auf die Idee kommen, der Typ hätte gerade eben jemanden mit einer Handvoll Drogen im Zimmer nebenan versteckt.

»Guten Abend. Wir suchen eine junge Frau. Dunkle, lange Haare, schlanke Silhouette. Sie ist die Treppen hinaufgestiegen und nun verschwunden. Wir hätten sie gerne kurz gesprochen. Ist sie vielleicht bei Ihnen?«

Für ein paar Sekunden wird es still. Zeit, in der mir das Herz heftig in der Brust pocht. Gleich wird er mich verraten. Ich weiß es. Er ist genau der Typ für so etwas. Ben gehört garantiert zu der Sorte Mensch, die in ihrem Leben noch nie einen Fehler begangen haben. Würde mich nicht wundern, wenn es ihm auch noch Freude bereitet, andere zu maßregeln. Oh, ganz sicher gefällt ihm das. Vor meinem inneren Auge sehe ich ihn bereits die Hand ausstrecken und mit dem Finger auf die Tür zeigen, hinter der ich mich verstecke.

»Nein … tut mir leid. Ich habe niemanden gesehen. Ich war bis gerade eben im Badezimmer, wie Sie sehen können. Außer mir ist niemand in der Wohnung, und Sie haben ja selbst mitbekommen, wie ich aufgeschlossen habe. Sie können aber natürlich gerne selbst nachsehen, wenn Ihnen das lieber ist.« Ich bekomme Schnappatmung. Hat der Typ sie noch alle? Wenn der Bulle ernst macht, dann bin ich geliefert!

»Das wird wohl nicht nötig sein. Verzeihen Sie die Störung. Einen schönen Abend noch«, höre ich den Polizisten sagen.

»Kein Problem. Ihnen auch.« Zwei Sekunden später höre ich, wie Ben die Wohnungstür wieder schließt. Wieder dreht sich der Schlüssel im Schloss zwei Mal. Diesmal aber sicher, um wirklich abzuschließen.

Nachdem die Luft rein ist, luge ich vorsichtig aus meinem Versteck hervor. Ben kommt langsam auf mich zu, bis wir uns gegenüberstehen. Dass ich diesem Typen heute noch mal begegnen würde, damit habʼ ich nicht gerechnet. Und schon gar nicht, dass er mir so dermaßen aus der Patsche hilft. Er hat es drauf.

»Puuh«, sage ich. »Das war wirklich knapp.«

Er antwortet mir nicht. Er steht einfach nur da und sieht mich an. Direkt ein wenig unheimlich, wenn man so angestarrt wird, ohne ein Wort. Das Handtuch, welches er trägt, sitzt knapp über seiner Hüfte und lässt ihn in einem ganz neuen Licht erscheinen. Verdammt, er sieht heiß aus ohne seinen blöden Pullunder und den Hemdkragen. Kleine Wassertropfen, die seine Haarspitzen entlangrinnen, tröpfeln ihm auf die Schulter. Ohne es kontrollieren zu können, wandern meine Augen weiter über seinen Oberkörper hinweg und registrieren jede Erhebung seiner unerwartet vorhandenen Muskeln. Gut, denke ich. Ich muss etwas Weiteres zugeben: Er überrascht mich. Vor allem seine Wirkung auf mich hätte ich jetzt so nicht erwartet. Er bemerkt meine Blicke zwar, sie scheinen ihn aber nicht zu interessieren. Stattdessen schnappt er sich ungefragt die Pillentüte, die ich noch in Händen halte. Schnellen Schrittes rauscht er durch die Tür, durch die er vorhin herausgekommen ist. Sicher das Badezimmer. Man muss jetzt keine Intelligenzbestie sein, um zu erahnen, was er vorhat. Geschwind folge ich ihm ins Bad und versuche ihn aufzuhalten.

»Warte!« Energisch packe ich ihn am Oberarm und zerre an ihm. Wieder umweht mich dieser angenehme Geruch von ihm, doch ich reiße mich zusammen und versuche ihn davon abzuhalten, etwas Unüberlegtes zu tun. »Halt. Stopp!«, rufe ich weiter, während er bereits den Klodeckel aufklappt. Ohne große Mühe hält er mich auf Abstand zu der Tüte. Er ist stärker, als ich erwartet hätte. »Ben, lass das. Ehrlich. Das kannst du nicht machen«, rede ich auf ihn ein. »Lass uns vorher darüber reden.« Panisch springe ich ihm in den Rücken und versuche ihn irgendwie vom Klo wegzubekommen. Doch es ist zu spät. Über seine Schulter hinweg kann ich ihm nur noch dabei zusehen, wie er den Inhalt der Tüte ins Klo rieseln lässt. Ich lasse von ihm ab. Er schaut mich an, während er den Spülknopf betätigt. Das Rauschen der Spülung hallt laut durch das Badezimmer.