Kalle, der Busfahrer - Angela Pundschus - E-Book

Kalle, der Busfahrer E-Book

Angela Pundschus

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Beschreibung

Wahre Geschichten aus dem Leben eines Hamburger Busfahrers.   Sie sind wohl in jeder Stadt der Welt anzutreffen; die Busfahrer des öffentlichen Nahverkehrs, täglich begegnen wir ihnen; mal grimmig gelaunt, mal voller Humor und ab und an stillschweigend. Nie hätte ich geglaubt, dass hinter der Uniform ein Mensch wie du und ich steckt, wenn ich mir nicht täglich die Geschichten aus dem Leben eines Hamburger Busfahrers hätte anhören müssen. Bein Lesen dieser Geschichten entdecken wir die Künstler, die Kreativen und die Humoristen unter ihnen.

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Angela Pundschus

Kalle, der Busfahrer

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Kalle, der Busfahrer

Vorwort

Ich bin das Kind eines Hamburger Busfahrers., der fast 40 Jahres seines Lebens, die Straßen Hamburgs unsicher und seinen Job geliebt hat. Was ich seit Kindestagen mitbekomme habe, sind Geschichten und Erlebnisse, die auf den Straßen unserer Heimatstadt passiert sind; in dieser oder ähnlicher Form.

 

Jedes Mal, wenn unsere Familie zusammensitzt, überflutet er uns mit seinen Erinnerungen an sein Fahrerleben. Für uns Kinder sind sie stets wahr gewesen und für seine Enkelkinder sind sie heute noch REality.

Für uns wunden Busfahrer zu Helden der Straße, Verteidiger der Ordnung und blieben doch immer noch Mensch. Kollegen, denen ein Schachzug des Humors gelang, erlangten Unsterblichkeit, denn obwohl einige von ihnen längst verstorben sind, leben die Geschichten weiter.

 

Sie werden uns noch viele Jahre durch die Straßen Hamburgs karren und garantiert wird der eine oder andere von uns an einen dieser Witzbolde gelangen, die ihre Fahrgäste auch einmal auf die Schippe nehmen. Auch wenn wir sie so manches Mal verfluchen, am Ende danken wir Ihnen, dass sie uns heil und sicher ans Ziel gebracht haben. Zu Ehren meines Vaters und seiner Kollegen habe ich all die kleinen und großen Geschichten, die heute noch täglich aus seinem Munde kommen, obwohl er bereits 25 Jahre in Rente ist, aufgeschrieben. Sie sollen mir, meinen Kindern und Kindeskindern in Erinnerung bleiben, denn obwohl es manchmal nervt, sie zu hören, möchten wir nicht eine und auch keine Wiederholung je missen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kalle, der Busfahrer

 

 

Ein letzter Blick auf dieses große Gefährt, das er mehr als 40 Jahre unter seinem Hintern kleben hatte. Ein allerletztes Mal ging er die Sitzreihen ab, guckte ob jemand eine Bildzeitung, Morgenpost oder ein Abendblatt liegengelassen hatte, sammelte diese ein, schnappte sich den Einsatz seiner Kleingeldkasse, nahm die Anmeldekarte aus dem Fahrscheindrucker, sowie seine Tasche in den anderen Arm und ging in Richtung des Betriebshofgebäudes.

 

Ein letztes Mal würde er gleich seine Abrechnung machen, dann war endlich Schluss und das nicht nur für heute, sondern für immer. Er hatte sich seinen Ruhestand redlich verdient, nachdem er die Bewohner seiner Heimatstadt, bei Wind und Wetter, egal welcher Verkehrslage, Schnee sowie Eis, Weihnachtsstress oder Urlaubszeit, mal abgesehen von der Uhrzeit, durch die Gegend kutschiert hatte. Kalle war all die Jahre stolz auf seinen Beruf gewesen und nun war er überglücklich, dass er immer noch ein gesunder Mann war, der sein Rentendasein zusammen mit seiner Frau genießen würde. Während er so über den Hof schlenderte, kam ihm Harald entgegen, einer der durchgeknalltesten Fahrer, an die er sich erinnern konnte. Kalle musste Schmunzeln als Harald ihn winkend begrüßte und sofort kam ihm ein Bild ins Gedächtnis:

 

 

1. Die Story von Sidolin-Harry

 

Eigentlich hatte Harald den Beruf des U-Bahnfahrers ausgeübt, doch nachdem ein freundlicher Mitbürger dachte, er müsse seine U-Bahn als Selbstmordwaffe nutzen, veränderte sich dessen Wesen von einem Tag auf den anderen. Der erste Wandel, den die Kollegen wahrnahmen, war der Art, dass Harald plötzlich unter Putzzwang litt. Neben seiner Thermoskanne mit Kaffee und seinem Büterken, bewaffnete er sich von nun an täglich mit einer Flasche Sidolin inklusive einer Rolle Zewa. Sowie er sein U-Bahn-Cockpit betrat, zog er seine Waffen, sprühte die komplette Fahrerkabine ein, säuberte alle Fenster, Hebel, Griffe, Knöpfe, Anzeigen und Wände. Was ihm am Ende den Namen Sidolin Harry einbrachte, den er bis heute nicht los wurde.

 

Nach einiger Zeit des Putzens bewarb er sich zum Busbetrieb und das schien seine Berufung zu sein, denn was nun folgte, hatte es bis dato noch nicht gegeben. Mr. Christmas himself ward geboren. Ab dem Erwerb des Busführer- und Personenbeförderungsscheins gab es nur noch eines für Harry, Santa Claus is coming into his bus. Jeden Tag, während der Weihnachtszeit, erschien er eine Stunde vor Dienstbeginn und begann mit der Dekoration seines Busses. Um die Haltestangen wurden batteriebetriebene Lichterketten gewickelt, die Fenster wurden mit weihnachtlichen Klebefolien dekoriert, im Frontfenster stand ein hell beleuchteter Weihnachtsmann, sowie ein Teller mit Süßigkeiten drauf und der Kassettenrekorder dudelte den ganzen Tag über Weihnachtsliede durch den Bus.

 

Natürlich besaß der Weihnachtsmann einen Bewegungsmelder. Jedes Mal, wenn der Bus an einer Haltestelle hielt und ein Fahrgast vorne einstieg, begann der Weihnachtsmann zu der Melodie von Jingle Bells , zu tanzen; während nebenbei das Kassettenabspielgerät ein fröhliches >Rudolph the red nose rendeer< von sich gab. Der Fahrgast wurde persönlich und überaus freundlich von Harry begrüßt und nachdem er seinen Fahrschein erhalten hatte, gab es noch, wie für das allerliebste Haustier, ein kleines Leckerli obendrauf. Wenn Harry richtig gut drauf war, dann bot er dem Fahrgästen folgendes an: »Ihr dürft mich auch Harry nennen. « Für all diese kleinen Sperenzien wurde Harry niemals belangt auch nicht, als er seinen Bus an Sylvester in einen Partybus mit lauter Musik, Tischfeuerwerk, Papierschlangen und Konfetti verwandelte. Es geschah eher das Gegenteil, da sich nie ein Kunde beschwerte, sondern eher nur Lob austeilte, ob Harrys wunderschön dekorierten Bussen.

 

Kalle lächelte still vor sich hin und beobachtete Harry, wie dieser den Bus aufschloss und seine Waffen zog. Sidolin-Spray und Zewa-wisch-und-weg. Wie würde er diesen Anblick vermissen; der glückliche Harry und seine Handfeuerwaffen. Während er so wehmütig seines Weges gen Haupteingang schlenderte, sah er, wie Thomas aus seinem Wagen stieg, sich von seiner Frau und seinem Hund verabschiedete und dann fröhlich pfeifend, ebenfalls auf den Weg zum Haupteingang machte. Dabei immer das kleine Aktenköfferchen hin und her schwenkend. Während Kalle ihn beobachtete, kam ihm eine andere Geschichte in den Sinn, etwas das Thomas einmal mit seinem besten Freund verbockt hatte und dafür vier Wochen keinen Bus fahren durfte.

 

 

2. Der Blindenhund

 

Das Leben eines Busfahrers ist manchmal spannend, kann aber auch mal eintönig sein. Wie in jeder anderen Firma probieren die Kollegen sich durch jeglichen Blödsinn von der Eintönigkeit des Arbeitsalltags abzulenken. So wie es auch zwei aberwitzige Kollegen vor einigen Jahren taten.

 

Ein Fahrerwechsel findet aus ablauftechnischen und zeit- ersparenden Gründen oftmals an einer Haltestelle mitten auf der Strecke statt; sprich während des laufenden Betriebes; was wiederum heißt, der Bus ist während dessen wohl besetzt. Diese Tatsache war im Falle des Planes von Thomas und seinem Kumpel von herausragender Wichtigkeit. Nun stelle sich einen sonnigen Sommertag vor, als Heinz seinen Bus über den Ring 3, eine vielbefahrene große Straße im Norden einer Großstadt in Deutschland, lenkte. Er wusste genau, noch zwei Stationen, dann hatte er Feierabend und die Fahrgäste den Schrecken ihres Lebens hinter sich. Er fuhr um die Kurve, als er Thomas schon an der Haltestelle stehen sah. Blindenbinde, Sonnenbrille, Blindenhund an der Hand; natürlich in Uniform und mit Fahrscheindrucker bewaffnet. Damals hatten die Fahrer noch diese schweren eisernen Drucker, die auch gut als Mordwaffe geeignet waren. Ein Schlag damit und der Gegner fiel um wie ein Baum. Es wurde still im Bus, als er an der Haltestelle hielt, seinen Drucker und Tasche packte, sowie Thomas begrüßte.

 

»Schönes Wetter heute Thomas. Verkehr ist ruhig.« »Und wie muss ich fahren?« »Immer geradeaus, mit den Reifen an der Straßenkante lang, dann kann nichts schief gehen.« Heinz verließ den Bus und Thomas bestieg ihn, ließ den Blindenhund sich hinterm Fahrersitz platzieren, setzte sich selber auf Selbigen, stellte ihn ein, befestigte seinen Drucker am Tresen und meinte dann laut. »Jetzt kann es losgehen.« Er drehte sich um. Der Bus war leer. Ergebnis des Ganzen, die beiden Witzbolde mussten für 4 Wochen zur Nitro-Gang, die Jungs, die immer die Graffitis entfernen müssen. Beide hatten nie wieder so eine, den Fahrgästen angsteinflößende, Idee.