Weihnachtspasta und andere Leckerbissen - Angela Pundschus - E-Book

Weihnachtspasta und andere Leckerbissen E-Book

Angela Pundschus

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Beschreibung

Ein bunter Cocktail weihnachtlicher Kurzgeschichten. Angereichert mit Humor, Liebe, Spaß und Happy End. Abgeschmeckt mit Ironie und Realität. Da ist die alleinerziehende Witwe mit zwei Kinder, die kein Geld für ein Weihnachtsfest hat.. Oder der Ehemann, der Weihnachten einfach nur nach Hause möchte. Die Rettung des Weihnachtsfestes auf moderne Art und Weise. Die Frauen im Kaufrausch, bis die EC-Karte brennt oder die Familie, die sich von ihren elektronischen Geräten beherrschen lässt.

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Angela Pundschus

Weihnachtspasta und andere Leckerbissen

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Raub der Sinne 2011

 

Rothenburg ob der Tauber das Mekka der Weihnachtsfetischisten

 

Home of Käthe Wohlfahrt.

 

Der Ort, der meine EC-Karte zum Glühen brachte.

 

Es gibt nur einen Platz auf dieser Welt, an den Menschen reisen sollten, die von diesem geheimnisvollen Virus, den man Weihnachten nennt, infiziert sind und auch nicht wieder davon loskommen. Bis heute hat die medizinische Forschung kein Mittel gegen diesen Virus gefunden, der uns an den Rand der Pleite bringt und das mit allen gemeinen Tricks, die auf der Erde existieren. Gemeint ist Rothenburg ob der Tauber, die Heimat der weltberühmten „Käthe Wohlfahrt“ Produktionsstätte. Dieses kleine, beschaulich romantische Städtchen mit seinen guterhaltenem Ortskern, der einen stets an alte Zeiten erinnert, ist das ganze Jahr über besiedelt von Touristen aus aller Welt, hauptsächlich aber Amerikaner und Japaner. Und jeder dieser Touristen will das Gleiche, dass auch wir wollten, als wir uns entschieden, dieses Plätzchen zu erobern: Käthe Wohlfarths Weihnachtsmarkt und seine Erzeugnisse.

 

Wir reisten mit kleinem Gepäck, Grund war unser Zimmer in einer kleinen Pension im alten Stadtkern. Wir wussten, dass wir mit dem Gepäck vom Bahnhof, dorthin wandern mussten. Es war kalt an diesem Novembertag 2005. Vor der Pension mussten wir auf die Eigentümer warten, die man per Klingel herbeirufen konnte. Klingelte man an der Tür, klingelte 10 Autominuten entfernt bei ihnen zuhause das Telefon.

 

Nach besagten 10 Minuten in der Kälte, bei beginnendem Schneefall, erschien der Vermieter, händigte uns unsere Schlüssel aus und verschwand wieder. Er wusste warum. Es gab kein warmes Wasser, bzw. dieses kam erst, nachdem man es hatte, 10 Minuten laufen lassen. Egal, denn wir wollten hier ja nur schlafen. Unser größtes Ziel war es den Tempel der Weihnachts-fetischisten zu erforschen, mit der Gewissheit, dass unser Konto sehr darunter leiden würde.

 

Nachdem die Siebensachen verstaut waren, machten wir uns sofort auf den Weg. Leider kamen wir an diesem Abend nur ca. 350 Meter weit. Der Grund hierfür waren die vielen Geschäfte, die den Weg kreuzten, aus denen es weihnachtlich blinkte und glitzerte. Nach zwei Stunden kehrten wir vollbepackt, der Sinne schon in der ersten Straße beraubt, in die Pension zurück. Nachdem wir uns von der wundervollen Last befreit hatten, ging es auf die Suche nach einem Restaurant, in dem wir zu Abend essen konnten. Wir fanden es, nur ca. 100 Meter vom Tempel der Sehnsüchte entfernt, gleich neben dem Rathaus. Nach dem Essen gingen wir zum Gebäude der Weihnachtsgläubigen, schauten in die Schaufenster und drückten uns die Nasen an selbigen platt. Mittlerweile hatte man die Käthe Wohlfahrt Gehirnwäsche bei uns abgeschlossen und uns jeglichen Verstands beraubt. Unser Hirn hatte nur ein Ziel, Eintritt in den Tempel der Sehnsüchte, und all die wundervollen Dinge zu bestaunen und zu kaufen. Wie sehr man uns verzaubert hatte, sollten wir und unsere Geldbörse erst einen Tag später erfahren.

 

Am nächsten Tag besichtigten wir, nach unserem mehr als dürftigem Frühstück, das Spielzeug Museum. Bewusst schlugen wir einen anderen Weg ein, um der Gefahr dieser gefährlichen 350 Meter langen Geschäftsstraße zu entgehen. Für Menschen, die altes Spielzeug lieben, ist dieses Museum einfach ein Muss. Aber dann kam der große Augenblick. Wir betraten den Tempel unserer Sehnsüchte, die Kathedrale der Kugeln und Anhänger, den Dom der Weihnachtsfetischisten, kurz und bündig; Käthe Wohlfahrt. Nachdem wir unsere Füße in den Andachtsort gesetzt und einen ersten Blick in das Innere geworfen hatten, beteten wir zu unserem Bankkonto; möge unsere EC-Karte und unser Kontostand reichen bis zum Schluss.

 

Wir stiegen hinab in die Düfte der Weihnachtswelt, bewunderten die leuchtenden Weihnachtsgegenstände und folgten den Spuren von Hunderttausenden vor uns. Aus unseren Mündern entwich nur noch ein Oh und Ah oder ein, das muss ich haben. Es wurde eingepackt und eingepackt. Jedes Stück schöner als das Vorhergehende und die Augen der Verkäufer leuchteten ob unseres ausgeschalteten Gehirns. Ihr Glimmen erhellte den Gang durchs Mittelschiff. Wir wurden ferngelenkt. Es war, als ob die Weihnachtsengel mit uns sprachen; nimm mich, kauf mich. Wir hielten uns vier Stunden in unserem Lieblingstempel auf. Als wir ihn verließen, fühlten wir uns glücklich und zufrieden.

 

Der folgende Tag begann mit dem Kauf von zusätzlichen Reisetaschen, um das Erworbene gut und sicher nach Hamburg zu bringen. Und dann taten wir das, für Normaldenkende, unfassbare, wir betraten noch einmal unseren Tempel zum Gebet, wohl wissend, dass diese Entscheidung unser Konto sprengen konnte. Es half nichts, Käthe hatte uns voll im Griff mit ihren Taschenspielertricks, dem Glitzer der Kugeln, dem Klingeln der Glocken, dem Klang der Spieluhren und dem Leuchten der Weihnachtsengel.

 

Wir haben es überlebt und planen eine neue Wallfahrt nach Rotenburg ob der Tauber, allerdings erst im nächsten Jahr, da sich unsere Konten immer noch in der Rekonvaleszenz befinden. Derweil gründeten wir mit anderen Geschädigten eine Selbsthilfegruppe gegen die Gehirnwäsche und erhoben eine Massenklage gegen die Diebstähle der Sinne. Wir werden nach unserer Genesung eine Tatortbesichtigung einplanen wohl wissend, dass man uns erneut den Verstand rauben wird, während unserer Wallfahrt zum Tempel der Sehnsüchte.

 

 

Schiet Weihnachten 2012

 

Leise rieselten die Schneeflocken vom Himmel. Das Weiß dämpfte die Schritte von Sarah, die sich gerade vollbepackt auf dem Weg zu ihrer kleinen Altbauwohnung in Dulsberg befand. Sie kam von der Tafel. Dort hatte sie sich und ihre Kinder mit Lebensmitteln für die nächste Woche versorgt. Die Schlaufen der Plastiktüten schnürten sich in ihre Hände, die fast taub waren vor Kälte. Sie hatte Schwierigkeiten die Tür aufzuschließen, so sehr schmerzten ihre Finger. Als Erstes klingelte sie im Erdgeschoss bei der alten Frau Lehmann, um ihre beiden Sprösslinge dort abzuholen, auf die ihre Nachbarin aufgepasst hatte, während Sarah die Tafel aufgesucht und die Besorgungen für die Nachbarn erledigte.

 

Bernd und Lena kamen ihr, vor Freude, strahlend entgegengelaufen. „Mama, Mama guck mal, was Oma Lehmann mit uns gemacht hat? Wir haben Wunschzettel für Weihnachten geschrieben. Ich möchte so gerne eine Barbie haben.“ „Und ich ein ferngesteuertes Feuerwehrauto und ein Buch und Schlittschuhe.“ Sarah strich Bernd durch sein kurzes braunes Haar. „Da müssen wir einmal gucken, ob ihr brav gewesen seid im letzten Jahr und was euch der Weihnachtsmann bringen wird.“ Sie lieferte, auf dem Weg zu ihrer Dachgeschoss-Wohnung, die Besorgungen für die restlichen Nachbarn ab. Endlich schloss sie die Tür zu ihrer kleinen Zweizimmerwohnung auf und ließ die Kinder hineinlaufen. Sarah räumte die Lebensmittel ein, um anschließend essen zu kochen. Nachdem ihre kleine Familie gegessen hatte, wusch sie das Geschirr ab, setzte sich ans Fenster und schaute hinaus in die sternenklare Winternacht. Eine Träne lief über ihre rechte Wange, als sie über ihr Schicksal nachdachte. Vor zwei Jahren war sie Witwe geworden, nachdem ihr Mann bei einem Autounfall tödlich verunglückte und ihr und den Kindern nur Schulden hinterlassen hatte. Es war kurz vor Weihnachten gewesen und seit damals versuchte sie, sich und die Kinder, so gut es ging, durchzubringen. Sarah hatte zeitnah nach diesem Schicksalsschlag eine Ausbildung angefangen und würde erst im nächsten Jahr ihre Prüfung machen. Leider war es ihr nicht vergönnt gewesen, diese Ausbildung gleich nach der Schule zu beginnen, da sie zum Abschluss bereits schwanger war und Lena mit 17 Jahren bekam. Nun war sie 23 Jahre alt, hatte zwei Kinder, die sie mit einem spärlichen Auszubildenden-Gehalt und etwas Unterstützung vom Staat großziehen musste.

 

Ein Blick auf ihr Konto hatte ihr heute gesagt, dass sie den Kindern keine Weihnachtsgeschenke würde kaufen können. Es war wichtiger, dass sie neue Winter-stiefel, denn eine Barbie oder ein Feuerwehrauto bekamen. Ihre Wohnung war zwar weihnachtlich geschmückt aber das richtige Weihnachtsgefühl wollte bei ihr nicht aufkommen. Alle gemeinsamen Freunde hatten sie damals fallen gelassen, nach-dem Peter gestorben war. Sie saß praktisch allein da mit ihren Kindern. Zu ihren Eltern hatte sie auch keinen Kontakt mehr, da sie es ihnen übel nahm, dass diese Sarah damals zur Abtreibung zwingen wollten. Einen kurzen Augenblick nur dachte sie, vielleicht wäre es besser so gewesen.

 

Ein Klingeln an der Tür holte sie aus ihren Gedanken. Wer konnte das denn noch sein? Langsam schritt sie zur Wohnungstür und öffnete diese. Kein Mensch stand dort aber auf dem Fußboden standen ein Teller mit einem Christstollen, Butter und daneben lagen zwei Bücher mit jeweils einem Weihnachtsmotiv darauf. Sarah blickte noch einmal in den Hausflur aber es war niemand zu sehen. Sie nahm die Gegen-stände mit hinein und zeigte sie den Kindern, welche gleich darauf forderten, dass sie aus den Büchern vorlesen solle. Sarah schlug das erste Buch auf, und vor Erstaunen blieb ihr fast die Spucke weg. Es handelte von einem kleinen Mädchen namens Lena aus Dulsberg, das vom Weihnachtsmann an den Nordpol eingeladen wurde, um dort die Weihnachtswerkstatt zu besichtigen. Zu dritt saßen sie auf dem Sofa vor dem Wohnzimmerfenster. Sarah las bei Kerzen-schein aus dem Buch vor, während die Kinder zuhörten und aus dem Fenster in den sternen-klaren Himmel blickten. „Wenn ihr ganz leise seid und euch nicht bewegt, während ihr zu den Sternen schaut, könnt ihr vielleicht die Hufe der Rentiere vom Weihnachtsmannschlitten hören, wie sie durch die Winterluft laufen und mit ganz viel Glück auch einen Streifen am Firmament sehen.

 

Man bekommt sie nie ganz zu Gesicht, da sie viel zu schnell für die Augen der Menschen sind.“ Gebannt starrten Lena und Bernd aus dem Fenster. Leise machte Sarah ein klackendes Geräusch mit ihrer Zunge. „Mama hast du das gehört? Das war bestimmt der Weihnachtsmann mit seinem Schlitten. Aber wieso ist der heute schon unterwegs?“ „Weil er überall die Frage-bögen von den Eltern abholen muss, ob die Kinder das ganze Jahr über brav waren. Nur so weiß der Weihnachtsmann. was er zu Weihnachten auf seinen Schlitten packen muss.“ „War der auch schon bei dir Mama?“ Sarah nickte lächelnd, obwohl es ihr in der Seele weh tat, dass ihre Kinder am Heiligabend zur Bescherung denken mussten, dass sie nicht artig gewesen wären.

 

Nachdem sie Bernd und Lena ins Bett gebracht hatte, setzte sie sich grübelnd vor das Fenster und schaute dem fallenden Schnee zu. Dieses Jahr würde es endlich, nach vielen Jahren, eine weiße Weihnacht geben und vielleicht bestand die Chance, dass es weiter so kalt blieb, sodass die Alster zu guter Letzt zufrieren konnte. Sie hatte vor, mit den Kindern, einmal in deren Leben, auf die Eisfläche der Alster zu gehen. Ein kostenloses Vergnügen, dachte sie noch. Der beste Freund von Peter, war der Einzige, der ihr von damals treu geblieben war.. Jan war 20 Monate älter als sie. Wenn er ihr nicht in den letzten Jahren bei allem geholfen hätte, wäre sie am Leben verzweifelt. Sarah mochte ihn wirklich gern und konnte sich ein Leben ohne ihn gar nicht mehr vorstellen. Oft brachte er ihren Kindern eine Kleinigkeit mit, wenn er am Wochenende nach dem Rechten sah und wenn sie nur äußerte, dass die Kinder etwas brauchen könnten, hatte er es am nächsten Tag schon besorgt. Nachdem sie dies bemerkt hatte, versuchte sie nie mehr solche Dinge in seiner Gegenwart zu äußern.

 

Als sie am nächsten Tag, mit den Kindern an der Hand, von der Arbeit kam, stand ein kleiner Tannenbaum vor ihrer Tür. „Oh Mama guck mal ein Tannenbaum! Können wir den nachher gleich schmücken?“ „Nein, der muss noch ein paar Tage auf dem Balkon stehen. Ihr müsst noch dreimal schlafen, dann ist erst Weihnachten.“ Vor dem zu Bettgehen, las sie den Kindern wieder aus einem der Bücher vor und gemeinsam aßen sie ein Stück von dem Christstollen, der am gestrigen Abend vor der Tür gestanden hatte. Nachdem Sarah die Kinder zum Schlafen gelegt hatte, rief sie Jan an. „Was soll das Jan? Wir brauchen nichts! Du sollst uns nicht immer ungefragt etwas geben. Der Weihnachtsbaum war doch von dir oder?“ Er kam gar nicht zu Wort, so sehr fügte sich ein Satz an den anderen. „Nein, ich habe damit nichts zu tun. Ich habe dir vor einiger Zeit versprochen, dass du nur noch etwas von mir bekommst, wenn du mich direkt danach fragst.“ Sarah tat so, als ob diese Antwort sie zufriedenstellte, wirklich glauben, konnte sie ihm das Gesagte nicht. Wieder liefen Tränen über ihre Wangen. Was war das für ein Schiet-Weihnachten in diesem Jahr. Das Einzige, was sie wieder etwas aufmuntern konnte, war der Gedanke an ihre Kinder und das im nächsten Jahr alles besser werden würde.