Oma wird es schon richten - Angela Pundschus - E-Book

Oma wird es schon richten E-Book

Angela Pundschus

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Beschreibung

Niklas Hansen, Singer, Songwriter und dem Alkohol zugeneigt, hasst die Stadt seiner Kindheit, Heiligenhafen an der Ostsee. Er verließ seinen Heimatort vor 15 Jahren, schwor sich, nie wieder dorthin zurückzukehren. Doch genau jetzt treibt ihn eine Tournee zurück in die Stätte seiner Jugend. Zum gleichen Zeitpunkt erhält er mysteriöse Briefe, die ihn auf einen Schatz aufmerksam machen. Kaum in Heiligenhafen eingetroffen, bekommt er Besuch von seiner toten Oma. Diese führt ihn auf den richtigen Weg zum wahren Schatz seines Lebens.

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Angela Pundschus

Oma wird es schon richten

Guter Rat muss nicht teuer sein

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Oma wird es schon richten

1.

Früher habe ich immer behauptet, dass man sich nicht daran erinnern kann, wo man war und was man gerade tat, als man eine Nachricht erhielt, welche einen zutiefst berührte oder gar erschütterte. Ich bin eines Besseren belehrt worden. Noch fünf Jahre später kann ich mich daran erinnern, wo ich war, als ich den ersten Brief erhielt, der mir am Ende ein neues Leben bescheren sollte. Ich war zu diesem Zeitpunkt 33 Jahre alt, Frontmann der Band TUB, sang mir Abend für Abend die Kehle aus dem Hals und betrank mich jeden zweiten bis nahe an die Bewusstlosigkeit. Wenn wir mal keinen Auftritt hatten oder ich gerade mal nicht betrunken war, dann nahm ich jede Frau mit, die wollte, und das waren nicht wenige. Eine längere Beziehung ging ich nie ein, da ich mit der Angst lebte, etwas im Leben zu verpassen. Dass ich wirklich etwas versäumt hatte, brachte man mir auf recht schonende Art und Weise bei, genauso wie ich lernte, dass es nicht die Befürchtung war, etwas zu verpassen, sondern die Panik davor, wieder etwas zu verlieren, dass ich liebte.

Es war ein lauer Sommerabend. Ich saß zusammen mit der Band im Biergarten unserer Stammkneipe. Wir hatten gerade das dritte Album eingespielt, hatten unsere Tingeltangel-Tour über die Dörfer Norddeutschlands beendet. Wir witzelten über unsere weiblichen Fans und warteten darauf, dass wir endlich die nächsten Auftrittsdaten bekamen von unserer Managerin zugesteckt bekamen. Als nüchtern konnte man mich nicht mehr bezeichnen, als Anna um die Ecke kam. In der Hand hielt sie einen Briefumschlag, mit dem sie immer wieder wild durch die Luft wedelte. »Fanpost für dich, Niklas. Das riecht aber lecker nach Erdbeere und frischer Luft.« »Gib schon her«, lallte ich ihr entgegen, „oder muss ich Gewalt anwenden?« Mühsam und wackelig erhob ich mich von meinem Holzstuhl, kam prompt ins Wanken und entriss Anna im Fallen den Brief. Als klarer Gewinner, mit dem Umschlag in meiner Hand und grinsend aus der Wäsche schauend, lag ich im Kies und bog mich vor Lachen. »Dir wird gleich das Lachen vergehen, mein lieber Niklas! Wenn du hörst, wo ihr am nächsten Wochenende spielen sollt, dann erwarte ich eigentlich dein sofortiges Veto.« Ihrer Stimme hörte ich an, dass Anna wütend auf mich war. Mein Gesichtsausdruck wandelte sich von gewinnend grinsend in fragend. »Nun sag schon.« »Auf dem Hafenfest in Heiligenhafen, von Freitag bis Sonntag jeden Abend. Jetzt guckst du wie ein Auto, nur nicht so schnell.«

Heiligenhafen, die Stadt, in der ich geboren und aufgewachsen bin und nie wieder hin wollte. »Das ist jetzt nicht dein Ernst, Anna, oder?« »Mein voller Ernst, mein Lieber. Und nun lasst uns über die restlichen Daten für den Monat reden.« Sie reichte mir die Hand, half mir beim Aufstehen, bestellte sich im gleichen Atemzug ein Bier und setzte sich auf meinen Schoß, nachdem ich mich mühsam wieder auf meinen Holzstuhl gerettet hatte. »Und was steht jetzt drin in deiner Fanpost, Niklas?« »Das geht euch nichts an! Die ist ganz allein für mich. Ich mache sie erst zu Hause auf.« Achtlos stopfte ich den Umschlag in meine Hosentasche, wo ich ihn dann geknüddelt am nächsten Morgen wiederfand, nachdem ich die Hose in den Wäschekorb werfen wollte. Ich zog ihn heraus, schmiss mich, nur mit meinen Shorts bekleidet, auf das Sofa und öffnete den Brief.

Lieber Nik,

Du wirst dich nicht mehr an mich erinnern, da es schon so lange her ist und auch nicht mehr wichtig, dass Du dich erinnerst. Wenn Du diese Zeilen liest, werde ich schon nicht mehr da sein, aber bevor ich gehe, muss ich Dir noch eine wichtige Sache sagen. Ich habe Dir etwas vermacht. Einen ganz großen Schatz, den ich über Jahre gehegt und gepflegt habe. Ich habe dafür gesorgt, dass er schön groß und stattlich wurde. Eigentlich solltest Du ihn nie bekommen, aber nun hat das Schicksal mir keine andere Wahl gelassen. Mach was aus dem Schatz und werde glücklich damit. Mehr erfährst Du, wenn Du nach Heiligenhafen kommst.

 

Wir sehen uns oben, ganz weit oben, wo man sich die Nase am Blau vom Himmel stößt. (Lotto King Karl)

 

Elke

 

Was sollte der Mist jetzt? An eine Elke konnte ich mich beim besten Willen nicht erinnern. Geld für mich? Ich zermarterte mir das Hirn. Was ich wohl gemacht hatte, dass mir eine Frau einen großen Schatz hinterlassen wollte? Eine Frau, die ich nicht mal kannte. Was musste ich gut im Bett gewesen sein, dass sie sich an mich erinnerte.

 

Als Erstes versuchte ich, den schalen Geschmack aus dem Mund zu bekommen. Anschließend duschen und Haare waschen, damit ich wenigstens wieder etwas klarer denken konnte. Meine Wenigkeit schlich sich ins Bad, drehte den Hahn auf, stellte sich unter das fließende Wasser und ließ es einfach nur über den nackten Körper laufen. Mir schossen Wörter und Bilder durch mein verkatertes Hirn, die mich sofort wieder daran erinnerten, dass ich heute noch das Lied fertig texten und komponieren musste, an dem ich schon seit zwei Wochen saß. Schnell rubbelte ich meine Haare und den Rest meiner stattlichen 1,90 m trocken, ging unbekleidet in mein Schlafzimmer, tänzelte etwas vor dem offenen Fenster herum, da Oma Krause wie immer verstohlen hinter ihren Gardinen versuchte, einen Blick auf mich zu erhaschen. Gekonnt fingerte ich ein paar schwarze Retro-Shorts aus meiner Schublade. Ich drehte mich mit dem Rücken zum Fenster, um Oma einen besseren Blick auf meinen wohlgeformten Hintern zu gewähren und zog mir stilvoll meine Unterwäsche an. Das Programm dürfte ihr gefallen haben. Schnell noch die Betten aufgeschüttelt, ein T-Shirt übergeworfen und ab ans Klavier.

 

Leicht flogen meine Finger über die Tasten. Schlugen gekonnt die Noten an, die ich mir für meinen neuesten Song zusammen komponiert hatte. Auch der Text stand bereits zum Großteil fest. Nach den ersten Takten begann ich, leise zur Musik zu singen:

 

Rosenkranz, Pferdeschwanz, Zickenbart, mega-hart, Hexenhaus, Nikolaus, Fischkutter, meine Mutter, all dieses sind die Dinge, die ich nicht mehr will. Ich will zurück zu meinem Essen, seid endlich still Hasenohr, Kinderchor, Regentonne, voller Wonne, Dschingis Kahn,

ich lebe weiterhin in meinem Wahn ich will all dieses nicht mehr, gebt endlich mein Essen her ......ich liebe rote Grütze grüngelb und auch schwarzweiß, ich will zurück zu meinem Essen, lasst endlich den Scheiß. Hasenohr, Kinderchor, Regentonne, voller Wonne, Dschingis Kahn, ich lebe weiterhin in meinem Wahn ich will all dieses nicht mehr, gebt endlich mein Essen her ......ich liebe rote Grütze grüngelb und auch schwarzweiß, ich will zurück zu meinem Essen, seid endlich still

Ich spielte einige Takte weiter auf dem Klavier und unterbrach meinen Gesang, bevor ich erneut lautstark einsetzte.

 

Ich liebe rote Grütze grün-gelb aber auch schwarz-weiß.

 

Das Klingeln an meiner Wohnungstür ließ mich abbrechen. Wer konnte das denn jetzt schon wieder sein? Genervt öffnete ich die Tür und sah in die strahlend rehbraunen Augen unserer Managerin. »Hey Niklas, wieder erwacht von den Toten? Ich habe hier etwas für Dich.« Immer noch mit den Nerven am Ende nahm ich ihr das Päckchen ab. Ich schloss die Tür mit einem Fußtritt und ließ sie draußen im Hausflur stehen. Das Pochen an der Tür vernahm ich schon nicht mehr, so sehr war ich abermals mit meinem Song beschäftigt. Ich ergriff den Bleistift, schrieb völlig weggetreten ein paar neue Textzeilen nieder, die mir gerade eben eingefallen waren.

 

Höllenschrott, Alltagstrott, Rabenmutter, Fischkutter, habe genug von diesen ganzen Alltagsdingen muss täglich um Fassung mit mir selber ringen Hungertod, Abendrot, Wellengang, Eisschrank. Ich will all dieses nicht mehr, gebt endlich mein Essen her.

Ein Klingelstakkato, das so gar nicht zu meiner gespielten Melodie passte, riss mich aus meinem Klavierspiel. Erneut schlurfte ich zur Tür. Dort stand immer noch Anna, nur diesmal mit zwei Bechern Starbucks-Kaffee in der Hand und mit den Worten – ich glaube, das brauchst du jetzt-. »Wie kommst Du denn auf so eine bescheuerte Idee? Ich muss komponieren!« »So?« Ich blicke an mir herunter. Nur bekleidet mit Unterhemd, Shorts und Socken stand ich vor ihr. »Irgendetwas verkehrt, Madame? So kann ich am Besten. Außerdem hast du schon mehr gesehen, als du uns partout die nächsten Tour-Daten im Hotel auf die Augen drücken wolltest und ich unter der Dusche stand. Gib zu, das hast du mit Absicht gemacht. Und? War der Anblick okay?« »Du bist und bleibst ein Spinner, Nik. Ich habe nichts mitbekommen. Ich war gar nicht im Bad, das solltest du am besten wissen. Ich stand vor der Badtür. Wer hat denn in seinem Suff versucht, die Managerin ins Bett zu kriegen? Es war nicht Hardy.« »Sorry, das war ein Fehlgriff in betrunkenem Zustand und wäre mir nüchtern nie in den Sinn gekommen. Ich habe dir versprochen, dass das nicht wieder passieren wird.«

Gedankenverloren nippte ich an meinem Kaffee. Anna war wohl die einzige Frau, bei der ich es bis heute nicht geschafft hatte, sie ins Bett zu kriegen, obwohl sie die war, die ich wirklich wollte. So etwas, würde ich jedoch nie öffentlich zugeben. Sie schien tatsächlich immun gegenüber meinem Charme und Aussehen zu sein.

»Was war denn nun in deinem Päckchen?« »Woher soll ich das wissen. Ich habe es noch nicht geöffnet. Es liegt da hinten auf dem Klavier.« Erschöpft ließ ich mich auf mein Sofa fallen, während Anna mit dem Päckchen in der Hand zurückkam. »Soll ich es für dich öffnen?« Ein kurzes Nicken meinerseits, und Anna öffnete es. Sie warf einen kurzen Blick hinein. Dann reichte sie es mir. Eine dunkle, ca. 10 cm lange Haarlocke lag auf einem hellblauen Wattekissen. Meine Haarfarbe, vielleicht einen Ticken heller, aber halt fast schwarz. Daneben lag schon wieder ein Zettel mit einem handgeschriebenen Text.

Hallo Nik,

ich bin es wieder. Kennst Du die Locke noch? Kommt sie dir bekannt vor? Wahrscheinlich nicht. Ist ja auch schon 15 Jahre her und wer war ich denn schon? Nur eine mehr auf Deiner Liste zum Abhaken.. Wenn Du in Heiligenhafen bist, dann gehe, bitte,  in das Eiscafé Fontanella im Thulboden, da wartet eine Überraschung auf Dich, und wenn Du wirklich immer noch nicht weißt, was Sache ist, vielleicht hilft Dir das hier auf die Sprünge:

I don’t want my freedom. There’s no reason for living with a broken heart. This is a tricky situation. I’ve only got myself to blame. It’s just a simple fact of life. It can happen to everyone..

You win, you lose.(Queen).

Wenn Du dieses Lied früher für mich gesungen hast, dann schmolz ich dahin. Ach, was schreibe ich hier, wahrscheinlich hast Du es für jede andere Frau auch gesungen.