Kerzenscheinphobie - Regina Nössler - E-Book

Kerzenscheinphobie E-Book

Regina Nössler

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Beschreibung

Alles ist gut. Berauschend. Die große Liebe, sexuell und emotional. Doch schleichend macht sich der Wunsch nach immer mehr Nähe breit … Die schüchterne, unsichere Sabine, Anfang zwanzig, träumt von Constanze. Constanze ist bei allen beliebt und nimmt Sabine zunächst nicht wahr. Einige Monate des vergeblichen Schwärmens vergehen und dann, endlich, wird Constanze auf sie aufmerksam. Die beiden jungen Studentinnen verlieben sich ineinander. Doch aus Liebe wird bald Obsession. Immer mehr fühlt sich Sabine bedrängt und kontrolliert. Die Beklemmung wächst, der siebte Himmel verdunkelt sich. Viele Jahre später lasten die Schatten der Vergangenheit auf Sabines aufkeimender Liebe zu Anna. Was geschah damals mit Constanze, kann sich Sabine endgültig von ihr lösen und hat ihre Liebe zu Anna eine Chance? In ihrem neuen Roman verwischt Regina Nössler subtil die Grenzen zwischen romantischer Liebesgeschichte und Beziehungsthriller.

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Seitenzahl: 230

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Regina Nössler

Die Kerzenschein-Phobie

Roman

Zum Buch:

Die schüchterne, unsichere Sabine, Anfang zwanzig, träumt von Constanze. Constanze ist bei allen beliebt und nimmt Sabine zunächst nicht wahr. Einige Monate des vergeblichen Schwärmens vergehen und dann, endlich, wird Constanze auf sie aufmerksam. Die beiden jungen Studentinnen verlieben sich ineinander. Doch aus Liebe wird bald Obsession. Immer mehr fühlt sich Sabine bedrängt und kontrolliert. Die Beklemmung wächst, der siebte Himmel verdunkelt sich.

Viele Jahre später lasten die Schatten der Vergangenheit auf Sabines aufkeimender Liebe zu Anna. Was geschah damals mit Constanze, kann sich Sabine endgültig von ihr lösen und hat ihre Liebe zu Anna eine Chance?"

Ein spannender Psycho- oder Beziehungsthriller, der jedoch auch die schönen Momente von Liebesbeziehungen nicht zu kurz kommen lässt." (Lambda Nachrichten)

Erst wenn das Wissen um eine Sache sich im ganzen Körper ausbreitet, weiß man wirklich.

Marlen Haushofer

Inhaltsverzeichnis

Titelseite & Klappentext

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Zur Autorin Regina Nössler

Impressum

1

„Willst du nicht vielleicht eine Kerze anzünden? Das wäre romantischer.“

„Ich kann nicht.“

„Und wieso?“

„Weil ich keine besitze.“

„Du besitzt keine Kerzen?“

„Nein.“

„Keine einzige?“

„Nein, keine einzige.“

„Das glaube ich nicht. Jeder hat doch Kerzen! Für Weihnachten. Oder für den Fall, dass der Strom ausfällt.“

„Ich nicht.“

„Auch kein Teelicht?“

„Ich trinke Kaffee.“

„Ist das wirklich wahr? In der ganzen Wohnung keine Kerzen? Auch nicht ganz hinten in einer Schublade?“

„Nein.“

Nirgendwo. In der ganzen Wohnung nicht. Ich muss nicht nachsehen, ich weiß es auch so. Kerzen besitze ich schon seit vielen Jahren nicht mehr, nicht einmal vergessene in einem entlegenen Winkel des Schranks, und ich habe auch für diesen besonderen Anlass keine gekauft.

Weder ist der Strom ausgefallen noch die Adventszeit gekommen, aber bei mir zu Hause sitzt der Besuch, auf den ich voller Sehnsucht seit Wochen warte – wenn nicht seit Jahren. Ich war nahe dran aufzugeben, hatte fast nicht mehr damit gerechnet. Mein Besuch heißt Anna, verbreitet einen fremden, verlockenden Duft und sieht sich unverhohlen neugierig in meiner Wohnung um. Am liebsten würde ich die Hand nach ihr ausstrecken, ihr Gesicht berühren, den Geruch an ihrem Hals ergründen, sagen: Endlich bist du da. Doch stattdessen versuche ich, ihren Gesichtsausdruck zu deuten, obwohl ich mir schon vor langer Zeit vorgenommen habe, solche Bemühungen ein für alle Mal zu unterlassen.

Bemitleidet Anna mich wegen der fehlenden Kerzen? Ganz sicher tut sie es. Vermutlich ist bereits jetzt der Moment gekommen, da sie mich seltsam findet. Sonderbar. Verschroben. Vermutlich ist es schon vorbei, noch ehe es begonnen hat.

Und sicher wird ihr gleich auffallen – falls sie es nicht längst bemerkt hat –, dass es mir neben Kerzen auch an etlichem anderen mangelt. An schönen Dingen. An geschmackvollen Kleinigkeiten, die das Auge erfreuen, mit denen sich alle Menschen gerne umgeben – alle außer mir. Vielleicht sitzt Anna nur noch aus Höflichkeit hier, ahnungslos, was ihre Nähe bewirkt, oder sie will sich das versprochene Essen nicht entgehen lassen. Nur deshalb harrt sie noch in einer unterkühlt eingerichteten Wohnung aus, im frostigen Schein einer Energiesparlampe. Hunger, denke ich, wäre immerhin ein ausgesprochen gesunder Beweggrund. Und direkt nach dem Essen, sobald ich die Teller in die Küche getragen habe, wird sie dann gehen, erleichtert, dass sie die Wohnung wieder verlassen darf. Bevor wir uns geküsst haben. Bevor sich dazu überhaupt die Gelegenheit ergibt.

Ich blicke mich um, bemüht, meine Wohnung mit fremden Augen zu sehen. Mit Augen, die sie zum ersten Mal wahrnehmen. Mit Annas Augen, von denen ich seit nunmehr drei Wochen ohne Unterlass träume. Jeden Abend stelle ich mir ihre Augen vor, ihren Blick, während meine Hände in Gedanken über ihren nackten Körper streichen. Fast hat es Ähnlichkeit mit einem Gute-Nacht-Gebet, so regelmäßig habe ich in den Momenten vor dem Einschlafen dieses Bild vor mir, jeden Abend, als gehörte es zwingend dazu, sobald ich im Bett liege, und es erscheint auch genauso vergeblich wie ein Gebet. Oder haben sich die im Gebet ausgesprochenen Bitten etwa jemals erfüllt?

Vor drei Wochen noch habe ich nicht zu hoffen gewagt, dass Anna meine Einladung annehmen würde. Und nun sitzt sie tatsächlich hier und ich frage mich, ob sie es bereut. Meine Wohnung vermittelt den meisten Menschen den Eindruck, ich wäre gerade erst eingezogen, nur dass die herumstehenden Umzugskisten fehlen. Ob es mir nicht zu kalt, zu ungemütlich sei? Das fragt mich Sigrid hin und wieder, die einzige Person, die mich regelmäßig besucht.

Plötzlich ist mir das alles hier peinlich. Die schmucklose Umgebung. Ich schäme mich dafür. Wie gut, dass Anna mir keine Blumen mitgebracht hat – es gibt keine Vase. Allerdings könnte die Tatsache, dass sie nicht mit einem Blumenstrauß erschienen ist, ein schlechtes Zeichen sein, auf völliges Desinteresse hindeuten. Ich möchte sie küssen, jetzt sofort. Ich habe seit Jahren niemanden mehr geküsst, seit zwei Jahren, um genau zu sein. Ich möchte Anna küssen, doch ich kann mich nicht rühren, um näher zu ihr zu gelangen. Sie sitzt auf dem Sofa, ich auf dem Stuhl, der davorsteht, zu weit von ihr entfernt. Es reicht gerade, um einen Hauch ihres Parfüms zu erhaschen. Auch erscheint es mir ganz und gar unmöglich aufzustehen und in die Küche zu gehen. Das sollte ich aber tun, denn die Rosmarinkartoffeln riechen aufdringlich bis hierher, überdecken allmählich Annas Parfüm. Ich müsste mich um sie kümmern, den Backofen ausschalten. Wie lange liegen sie schon dort auf dem Blech? Eine halbe Stunde? Eine Dreiviertelstunde? Noch länger? Es war mir wichtig, das Essen vorzubereiten, bevor Anna kommt. Sie sollte mir nicht beim Kochen zusehen, beim Hantieren mit unmodernem Gerät, uralten Holzlöffeln, hässlichen Messern. Wenn ich noch länger warte, werden die Kartoffeln unansehnlich und trocken sein. So wie ich selbst allmählich vertrockne, nach zwei Jahren ohne einen einzigen Kuss. Sechsundzwanzig Monate, wenn ich mich recht entsinne. Ist es wirklich schon so lange her? In dieser Zeit habe ich auch nicht, wie damals in meiner Jugend, meinen eigenen Handrücken geküsst und mir dabei vorgestellt, er wäre ein fremder, begehrter Mund, der meinen Kuss erwidert.

Ich müsste aufstehen. Doch ich kann nur reglos hier sitzen, verstohlen Anna beobachten und versuchen, ihre Gedanken zu erraten. Ich hatte es nie wieder tun wollen – zumal es sowieso nicht gelingt. Gedanken erraten zu wollen, führt meistens in die Irre. Und aus der Irre nur schwer wieder ein Weg hinaus.

Es war keine gute Idee, Anna zu mir einzuladen, ich hätte es wissen müssen. Wir hätten uns bei ihr treffen sollen oder noch besser: an einem neutralen Ort. In einer schummrigen Bar mit Kerzen auf kleinen Tischen, deren wohlmeinendes Licht die Gesichtshaut makellos erscheinen und Spuren des Alters verschwinden lässt. Annas Wohnung zu betreten, die ich mir ebenso schön vorstelle, wie sie selbst es ist, hätte wahrscheinlich verhindert, sie danach jemals in meine bitten zu können. Nun sieht sie, was mit mir los ist: Keine Kerzen, keine Blumenvasen. Mich umgeben weder Schönheit noch Eleganz. Allerspätestens beim Essen wird sie es bemerken, denn ich besitze auch kein ansprechendes Geschirr. Nichts in meiner Wohnung macht etwas her. Meine Teller, Gläser und das Besteck sind schmucklos, ein Stück passt nicht zum anderen, was mich allerdings nie gestört hat – bis jetzt.

Am liebsten würde ich sagen: Oh, weißt du, das ist gar nicht meine Wohnung, ich hatte bloß vergessen, es zu erwähnen. Es ist die Wohnung einer Freundin, bei mir wird gerade renoviert. Mein Name steht nur vorübergehend unten an der Klingel. Ich wohne gar nicht hier. Doch dazu ist es jetzt zu spät.

Vielleicht ist es besser, wenn wir uns nicht küssen. Vielleicht beherrsche ich all das nicht mehr. Nicht vor den Küssen selbst fürchte ich mich, nicht vor Zungen, die sich suchen, oder Händen, die sich voller Verlangen unter die Kleidung schieben, auch nicht vor nackten, schweißnassen Körpern. Ich fürchte mich vor dem Danach. Das Danach tritt nicht unmittelbar nach der ersten Nacht oder nach einer Woche ein, aber etwa einen Monat später wird es unweigerlich folgen, wenn erste kleine Eigenarten der anderen Person bekannt sind, ihre Frühstücks- und Schlafgewohnheiten, der Klang ihres Lachens. Wenn bis dahin alles nach Plan läuft.

„Sabine, soll ich vielleicht nach dem Essen sehen?“, sagt Anna plötzlich in die Stille hinein, während ich in Gedanken bereits viel weiter bin – vier Wochen weiter. Ich bin schon bei dem Danach, dabei befinden wir uns erst im Davor und es ist fraglich, ob wir die Stufe, mittendrin zu sein, jemals erreichen.

Ich erschrecke, als ich ihre Stimme höre, erwidere, sie sei doch zu Besuch und müsse sich folglich um nichts kümmern, sondern nur bedienen lassen. Sie soll es wiederholen. Sie soll meinen Namen noch einmal sagen, auf eine Weise, als wäre er etwas Besonderes, Einzigartiges. Dabei ist er das nicht. Es gibt so viele von uns. Ich wurde Mitte der sechziger Jahre geboren und in meinen Schulklassen gab es mindestens drei Sabines, wenn nicht noch mehr. Als ich in der Mittelstufe des Gymnasiums war, ging ein Physiklehrer dazu über, die Sabines zu nummerieren: Sabine eins, Sabine zwei, Sabine drei, Sabine vier. Ich war Sabine Nummer drei. Die Vorletzte. Ich war damals zu unwissend und schüchtern, um es als entwürdigend zu empfinden – schlimmer noch, ich akzeptierte mich willig und ohne Protest als Sabine drei. Und träumte insgeheim davon, wie es wäre, die Nummer eins zu sein. Nicht bei jenem Physiklehrer, der immer denselben, nach Talg riechenden Pullover trug und dessen ungepflegter Vollbart mich ekelte, sondern bei einem Menschen, von dem ich nicht wusste, wer es sein würde, aber sicher war, dass es ihn gab. Ich musste diesen Menschen nur finden.

„Ich dachte nur“, sagt Anna und lächelt, „das Essen riecht schon. Übrigens sehr gut.“

Sie sieht mich an und ich muss ihrem Blick ausweichen. Macht sie sich über mich lustig? Amüsiert es sie, dass die Gastgeberin im Begriff ist, das Abendessen verkohlen zu lassen? Doch zu meiner Verwunderung wirkt sie nicht so, als wollte sie bald wieder gehen.

2

Kalter, frostiger Himmel. Weiße Mondsichel, ganz dünn. Abnehmender Mond. Woher wusste Constanze das? Richtig, ihre Großmutter hatte es ihr beigebracht. Würde sie noch leben, hätte sie bestimmt auch ein Rezept gegen die peinigende Schlaflosigkeit, die Constanze nicht mehr lange aushalten würde, nicht noch eine weitere Woche, nicht einmal mehr diese Nacht.

Sie dachte gerne an ihre Großmutter zurück, oft voller Wehmut, und sie war sicher, ihr liebstes Enkelkind gewesen zu sein. Hatten ihre wohlwollenden und gütigen Blicke nicht genau das gesagt: Constanze, du bist mir die Liebste von allen? Doch vielleicht war es ein Irrtum, möglicherweise bildeten sich das alle Enkeltöchter ein und waren die Großmütter dann verstorben, entzog es sich jeder Überprüfung und konnte in der Fantasie ungezügelt blühen.

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