Kindergeschichten - Peter Bichsel - E-Book

Kindergeschichten E-Book

Peter Bichsel

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Beschreibung

Sieben Geschichten für große und kleine Kinder, für Leser, die nicht aufgehört haben zu fragen, was wäre, wenn. Sieben Geschichten, in denen sonderbare Käuze, scheiternde, lächerliche Rebellen, Nachfahren des Ritters von der traurigen Gestalt es wagen, der Unabänderlichkeit des Bestehenden Schwierigkeiten zu machen. Da ist ein Mann, der weiß, aber nicht glaubt, daß die Erde rund ist; da ist einer, der allen Dingen neue Namen gibt, so daß er von den anderen nicht mehr verstanden wird. Einer, der behauptet, Amerika gibt es gar nicht; oder da ist der Erfinder, der lauter Sachen erfindet, die es schon gibt. Da ist der Mann, der den ganzen Fahrplan auswendig weiß, ohne je gereist zu sein, und der, als er sieht, daß man am Schalter ebensoviel weiß, anfängt, alle Treppenstufen der Welt zu zählen, um etwas zu wissen, was niemand sonst weiß.

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Seitenzahl: 49

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Sieben Geschichten für große und kleine Kinder, für Leser, die nicht aufgehört haben zu fragen, was wäre, wenn. Sieben Geschichten, in denen sonderbare Käuze, scheiternde, lächerliche Rebellen, Nachfahren des Ritters von der traurigen Gestalt es wagen, der Unabänderlichkeit des Bestehenden Schwierigkeiten zu machen. Da ist ein Mann, der weiß, aber nicht glaubt, daß die Erde rund ist, und es ausprobieren muß; da ist einer, der allen Dingen neue Namen gibt, so daß er von den anderen nicht mehr verstanden wird. Einer, der behauptet, Amerika gibt es gar nicht; oder da ist der Erfinder, der lauter Sachen erfindet, die es schon gibt. Da ist der Mann, der den ganzen Fahrplan auswendig weiß, ohne je gereist zu sein, und der, als er sieht, daß man am Schalter ebenso viel weiß, anfängt alle Treppenstufen der Welt zu zählen, um etwas zu wissen, was niemand sonst weiß.

Peter Bichsels Geschichten werden zu Recht mit Johann Peter Hebels Kalendergeschichten verglichen: wie diese verführen sie, spielerisch, zum Denken. Otto F. Walter formuliert es so: »Peter Bichsels Kindergeschichten werden, Auflage für Auflage und Jahr für Jahr, von Sechs- wie von Siebzigjährigen gelesen, verstanden auf jeden verschiedensten Stufen des Verstehens, und sie werden weitererzählt. Sie sind, bei aller subtilen Gebrochenheit, bei all ihrem hochartifiziellen Charakter, ein Volksbuch (neuen Typs).«

Peter Bichsel, geboren 1935 in Luzern, lebt in Solothurn. Sein Werk erscheint im Suhrkamp Verlag.

Peter BichselKindergeschichten

Suhrkamp

Die Originalausgabe erschien erstmals 1969 in Hermann Luchterhand Verlag, Darmstadt und Neuwied

Umschlagsabbildung: Rhinozeros aus

»Brehms Tierleben, Säugetiere«,

Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der area verlag gmbh, Erftstadt

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2013

© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, 1997

Neuwied und Berlin

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.

Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Umschlag: Göllner, Michels, Zegarzewski

eISBN 978-3-518-73865-8

www.suhrkamp.de

Inhalt

Die Erde ist rund

Ein Tisch ist ein Tisch

Amerika gibt es nicht

Der Erfinder

Der Mann mit dem Gedächtnis

Jodok läßt grüßen

Der Mann, der nichts mehr wissen wollte

Die Erde ist rund

Ein Mann, der weiter nichts zu tun hatte, nicht mehr verheiratet war, keine Kinder mehr hatte und keine Arbeit mehr, verbrachte seine Zeit damit, daß er sich alles, was er wußte, noch einmal überlegte.

Er gab sich nicht damit zufrieden, daß er einen Namen hatte, er wollte auch genau wissen, warum und woher. Er blätterte also tagelang in alten Büchern, bis er darin seinen Namen fand.

Dann stellte er zusammen, was er alles wußte, und er wußte dasselbe wie wir.

Er wußte, daß man die Zähne putzen muß.

Er wußte, daß Stiere auf rote Tücher losrennen und daß es in Spanien Toreros gibt.

Er wußte, daß der Mond um die Erde kreist und daß der Mond kein Gesicht hat, daß das nicht Augen und Nasen sind, sondern Krater und Berge.

Er wußte, daß es Blas-, Streich- und Schlaginstrumente gibt.

Er wußte, daß man Briefe frankieren muß, daß man rechts fahren muß, daß man die Fußgängerstreifen benützen muß, daß man Tiere nicht quälen darf. Er wußte, daß man sich zur Begrüßung die Hand gibt, daß man den Hut bei der Begrüßung vom Kopf nimmt.

Er wußte, daß sein Hut aus Haarfilz ist und daß die Haare von Kamelen stammen, daß es einhöckrige und zweihöckrige gibt, daß man die einhöckrigen Dromedare nennt, daß es Kamele in der Sahara gibt und in der Sahara Sand.

Das wußte er.

Er hatte es gelesen, es wurde ihm erzählt, er hatte es im Kino gesehen. Er wußte: In der Sahara gibt es Sand. Er war zwar noch nie da, aber er hatte gelesen darüber, und er wußte auch, daß Kolumbus Amerika entdeckt hat, weil er daran glaubte, daß die Erde rund ist.

Die Erde ist rund, das wußte er.

Seit man das weiß, ist sie eine Kugel, und wenn man immer geradeaus geht, kommt man wieder zurück an den Ort, von dem man ausgegangen ist.

Nur sieht man nicht, daß sie rund ist, und deshalb wollten die Leute das lange nicht glauben, denn wenn man sie anschaut, ist sie gerade, oder sie geht hinauf oder hinunter, sie ist mit Bäumen bepflanzt und mit Häusern bebaut, und nirgends biegt sie sich zu einer Kugel; dort, wo sie es tun könnte, auf dem Meer, dort hört das Meer einfach auf, endet in einem Strich, und man sieht nicht, wie sich das Meer und wie sich die Erde biegt.

Es sieht so aus, als würde die Sonne am Morgen aus dem Meer steigen und abends zurücksinken ins Meer.

Doch wir wissen, daß es nicht so ist, denn die Sonne bleibt an ihrem Ort, und nur die Erde dreht sich, die runde Erde, jeden Tag einmal.

Das wissen wir alle, und der Mann wußte das auch.

Er wußte, wenn man immer geradeaus geht, kommt man nach Tagen, Wochen, Monaten und Jahren an denselben Ort zurück; wenn er jetzt von seinem Tisch aufstände und wegginge, käme er, später, von der andern Seite wieder zu seinem Tisch zurück.

Das ist so, und man weiß es.

»Ich weiß«, sagte der Mann, »wenn ich immer geradeaus gehe, komme ich an diesen Tisch zurück.«

»Das weiß ich«, sagte er, »aber das glaube ich nicht, und deshalb muß ich es ausprobieren.«

»Ich werde geradeaus gehen«, rief der Mann, der weiter nichts zu tun hatte, denn wer nichts zu tun hat, kann geradesogut geradeaus gehen. Nun sind aber die einfachsten Dinge die schwersten. Vielleicht wußte das der Mann, aber er ließ sich nichts anmerken und kaufte sich einen Globus. Darauf zog er einen Strich von hier aus rund herum und zurück nach hier.

Dann stand er vom Tisch auf, ging vor sein Haus, schaute in die Richtung, in die er gehen wollte, und sah da ein anderes Haus.