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Connor Kingsbury hat alles – Reichtum, Charme, Macht, Einfluss ... und den Druck, innerhalb eines Jahres die perfekte Frau zu finden. Doch anstatt sich wie seine Brüder in die nächste ernsthafte Beziehung zu stürzen, konzentriert sich der rebellische Kingsbury-Spross lieber auf das, was ihm wirklich wichtig ist: den perfekten Junggesellenabschied für seinen besten Freund in Las Vegas zu organisieren. Dort trifft er in einer Bar auf Mia – wunderschön, schlagfertig und völlig am Ende. Ihr Ex hat sie mit einem Berg Schulden zurückgelassen und sie sieht keinen Ausweg mehr. Doch Connor wäre kein Kingsbury, wenn er nicht eine unkonventionelle Lösung hätte: Eine Hochzeit. Eine Ehe auf dem Papier, die ihm Zeit verschafft und Mia finanziell rettet. Zwei Jahre, keine Gefühle, zwei Millionen Dollar – ein einfacher Deal ohne Emotionen, der für beide perfekt scheint. Doch in der Stadt, in der jede Wette ein Risiko birgt, haben weder Connor noch Mia mit dem gerechnet, was wirklich auf sie zukommt: Gefühle, die nicht geplant waren – und eine Wahrheit, die alles zerstören könnte. Eine gefühlvolle Fake-Marriage-Romance voller Leidenschaft, Spannung und der Frage: Was passiert, wenn aus einem perfekten Deal echte Liebe wird?
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Copyright 2025 by Daniela Felbermayr
Kontakt: [email protected]
„Kann es eigentlich noch schlimmer kommen? Mein ganzes Leben fällt gerade auseinander.“ Mia nippte an ihrem Mexican Colada und stellte fest, dass ein Cocktail für zwölf Mäuse im Augenblick eigentlich nicht drin wäre. Der ganze Trip nach Vegas mit ihren Freundinnen vom College, anlässlich des Junggesellenabschiedes von Tessa Collins war ihr im Augenblick eine Nummer zu groß. Mia hatte ernsthafte Geldsorgen. Nicht nur, dass ihr Verlobter Mitch sie wegen einer einundzwanzigjährigen Sekretärin verlassen hatte, er hatte ihr auch noch einen netten Schuldenberg hinterlassen, den er die ganzen letzten Monate über angehäuft und brav verheimlicht hatte. Im Klartext bedeutete das, sie würde nicht nur die Hypothek für ihr völlig überteuertes Haus auf Long Island alleine abzahlen müssen, zu dem Mitch sie überredet hatte, sondern auch noch Urlaube und Geschenke, die er seiner neuen Flamme gemacht und mit Kreditkarten bezahlt hatte, die auf Mias Namen liefen. Es war schrecklich. Und Mia hatte überhaupt keine Möglichkeit, dem zu entgehen, weil sie so dumm gewesen war und Mitch vertraut hatte. Zu allem Überfluss hatte sie erfahren, dass sie sich die Beförderung in der Firma, mit der sie eigentlich fest gerechnet hatte, abschminken konnte, weil der CEO, der sehr großen Wert auf Familie und Zusammenhalt legte, ihren „Lebenswandel“ kritisch beäugte und lieber Kollegen zu Partnern machte, die verheiratet waren. Angeblich würde es von Stabilität zeugen, wenn man eine Ehe führte und möglicherweise schon Kinder hatte. Im Gegensatz dazu zeugte es jedoch von Instabilität, wenn man mit Mitte dreißig von seinem langjährigen Partner verlassen wurde, weil der einen gegen eine Anfang-Zwanzigjährige austauschte, was im Umkehrschluss bedeutete, das Mia Harrisson auch nicht geeignet war, ins Managementboard bei Sterling Realty aufsteigen konnte.
„Ach komm. Das wird wieder“, beruhigte Clarissa, ihre beste Freundin, sie. „Ich meine, dein Leben ordnet sich gerade neu. Es schichtet sich um. Du wirst sehen, in ein paar Wochen sieht alles schon wieder ganz anders aus und du bist heilfroh, dass alles so gekommen ist, wie es gekommen ist.“
Mia sah ihre beste Freundin skeptisch an. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie sich darüber freuen würde, so gut wie mittellos und verschuldet zu sein. Und nur dann Partnerin der Firma werden zu können, wenn sie verheiratet war. Sie kippte ihren Mexican Colada hinunter und ärgerte sich, dass sie ihn sich nicht besser eingeteilt hatte. Noch einen für zwölf Dollar würde sie sich nicht leisten. Im Moment musste sie ohnehin jeden Cent zweimal umdrehen und der ganze Trip hierher bereitete ihr finanzielle Bauchschmerzen.
„Ich glaube, ich geh noch eine Runde rüber ins Casino“, sagte Clarissa. „Die anderen dürften eine Glückssträhne haben, sonst wären sie längst wieder hier. Was meinst du, wollen wir ein paar Dollar setzen und unser Glück versuchen? Vielleicht erledigt sich deine finanzielle Misere dann ja von selbst?“ Mia überlegte. Es war verlockend, mit dem Gedanken zu spielen, fünfzig Dollar einzusetzen und mit ... fünftausend? Fünfzigtausend? Fünfhunderttausend? in der Tasche aus dem Casino zu kommen, doch sie war realistisch genug, dass ihr klar wurde, dass es so nicht laufen würde. Die fünfzig Dollar, die sie möglicherweise in Chips einwechselte, um sie auf drei Dollar zweiundfünfzig Gewinn zu reduzieren, konnte sie anderweitig gut gebrauchen. Um einen Wocheneinkauf damit zu bezahlen, beispielsweise. Das Geld vervielfachen würde sie bestimmt nicht. Sie war erst ein einziges Mal – vor über zehn Jahren – in einem Casino gewesen und hatte weder Ahnung von Black Jack noch von Roulette. Und wenn man ihre jüngste Vergangenheit einmal genau unter die Lupe nahm, dann konnte man auch nicht gerade behaupten, dass sie ein Glückskind war.
Das Ganze ärgerte sie. Sie hatte gut gelebt, als sie und Mitch ein Paar waren. Sie hatte gedacht, es würde in alle Ewigkeit so dahinlaufen und auch gar keine Probleme damit gehabt, einzuwilligen, als Mitch vorschlug, ihre Giro- und Sparkonten zusammenzulegen. Immerhin taten sie ohnedies immer alles gemeinsam. Sie fuhren gemeinsam in Urlaub, schafften gemeinsam ein Auto an, kauften gemeinsam eine neue Küche. Warum also nicht alles Geld auf einen Haufen werfen und gemeinsam davon leben? Dass Mia mehr Ersparnisse in die Beziehung mitgenommen hatte, als Mitch, hatte sie nicht gestört. Mia war immer schon sehr sparsam gewesen und nicht jeder erbte eine beträchtliche Summe von seiner Großmutter und war dazu geboren, einen Teil seines Gehalts auf ein Sparkonto zu legen. Sein Sinn für „gemeinsam“ war Mitch jedoch abhandengekommen, als er sein Mäuschen kennengelernt und von heute auf Morgen sämtliche Konten leergeräumt, und sich aus dem Staub gemacht hatte. Jetzt stand Mia vor ihrem finanziellen Ruin und fühlte sich wie mit Anfang zwanzig, als sie überlegen musste, ob sie sich eine Flasche Coke leisten konnte, oder ob das Gehalt, dass sie sich im Kino neben ihrem Studium verdiente, nicht ausreichte. Es war doch lächerlich. Sie war fünfunddreißig Jahre alt und musste hin und her kalkulieren, um ihre Stromrechnung bezahlen zu können. Apropos Stromrechnung: In die wären die fünfzig Dollar ebenfalls besser investiert, als in ein paar Runden Roulette.
„Ich denke, ich geh auf mein Zimmer. Es war ein langer Tag und ich bin etwas müde“, sagte sie. Und das stimmte. Mit all den Sorgen im Kopf hatte sie den Junggesellinnenabschied gar nicht wirklich genießen können - Sie musste sich nun wirklich bald etwas einfallen lassen. Denn so, wie es im Moment lief, konnte es nicht weitergehen.
„Bist du sicher? Vielleicht knackst du den Jackpot an einem der einarmigen Banditen und wirst so reich, dass du dir ganz Las Vegas kaufen kannst.“ Clarissa zwinkerte ihr zu.
„Damit rechne ich eher nicht“, antwortete Mia, drückte ihre beste Freundin an sich und sah sie an. „Wir sehen uns morgen beim Frühstück.“ „Okay ... bis dann.“ Clarissa verschwand in der Menge und schloss zu einer kleinen Gruppe Frauen auf. Die Junggesellinnen. Mia war müde. Seit Mitch sie verlassen hatte und seit sie um ihr Auskommen ringen musste, war sie ständig müde. Wollte sich am liebsten einigeln und die ganze Welt aussperren. Doch ihr war klar, dass sie weitermachen musste und dass es irgendwann wirklich wieder besser gehen würde. Sie warf einen Blick auf ihre Freundinnen, überlegte kurz, ob sie nicht doch zu ihnen aufschließen sollte und entschied sich dann dagegen. Sie würde in ihr Zimmer gehen, den Fernseher anmachen und sich am Automaten am Gang etwas zu Essen ziehen. Ein Sandwich vielleicht und etwas zu knabbern.
Sie drehte um und prallte gegen jemanden, direkt hinter ihr.
„Entschuldigen Sie bitt...“ Sie sah den Mann an, der hinter ihr stand und sie breit angrinste. Und dann, ohne lang darüber nachzudenken, gab sie ihm mitten im Casino eine so derart schallende Ohrfeige, dass ihre Handfläche brannte wie Feuer.
***
„Heilige Scheiße, Mia, was soll denn das? Das ist ja nicht gerade eine nette Begrüßung.“
Connor Kingsbury stand vor ihr und rieb sich seine linke Wange. Sie hatte ihn sofort erkannt – trotz all der Jahre, die vergangen waren, trotz der Menschen um sie herum, trotz des schummrigen Lichts im Casino. Connor Kingsbury. Der Mann, der ihr mit siebzehn das Herz gestohlen und es ihr wenige Wochen später zerschmettert hatte, ohne ein einziges Wort der Erklärung. Damals hatte sie den Sommer bei ihrer Tante in Kalifornien verbracht, eine Auszeit vom hektischen New Yorker Schulalltag. Im Herbst sollte sie auf die Columbia gehen und ihr war klar, dass es kräfteraubend werden würde. Mia hatte ein Stipendium bekommen, weil ihre Familie es sich schlicht nicht leisten konnte, sie auf seine so gute Uni zu schicken Doch Mia wollte unbedingt. Sie wollte einen Abschluss einer Eliteuni, weil ihr damit ganz andere Türen offenstanden, als wenn sie auf ein Communitycollege ging. Aber das Arbeitspensum an der Columbia würde deutlich anspruchsvoller sein als es das auf einem Communitycollege wäre. Außerdem würde Mia einen gewissen Notendurchschnitt halten müssen, um ihr Stipendium weiter zu halten und nebenbei würde sie jobben müssen, um sich das Leben am College finanzieren zu können. Ihr war klar, dass sie scheitern konnte, aber sie wollte es zumindest versuchen. Ihre Tante war Haushälterin des Anwesens der Kingsburys, die ihre Sommer damals oft in der Villa am Strand verbrachten und Mia konnte sich etwas Geld dazuverdienen, indem sie für die Hausmädchen einsprang, die im Sommer oftmals in Ferien fuhren. Der Job machte Mia Freude und das Geld, das ihr Tante Josephine immer am Ende einer jeden Woche in einem kleinen Umschlag überreichte, wanderte postwendend auf ihr Sparkonto. Sie wollte einen kleinen finanziellen Polster ansparen, mit dem sie ab Herbst in ihr Uni-Leben starten konnte. Und dann … begegnete sie Connor Kingsbury.
Connor war zweiundzwanzig gewesen, charmant, witzig, er studierte in Harvard und war ein bisschen zu selbstsicher – genau die Sorte Typ, bei der jedes vernünftige Mädchen die Reißleine ziehen sollte. Mia erinnert sich noch, als sie ihn das erste Mal sah – an den Moment, als ihr Herz einen Schlag aussetzte, nur um im nächsten Moment zu Rasen anzufangen. Sie war nicht in der Lage, auch nur einen geraden Satz zu sagen, wenn er in der Nähe war und sie hätte sich am liebsten am anderen Ende des Anwesens verkrochen, sobald er sich im selben Raum befand, wie sie. Tante Josephine bemerkte von all dem natürlich nichts und ließ Mia – als wäre es reine Absicht – immer gerade die Räume saubermachen, in denen Connor sich gerade befand.
„Wann hast du heute Dienstschluss?“, hatte er sie eines Tages gefragt, als sie gerade dabei war, das Silber der Familie zu polieren. Sie hatte aufgesehen, sich umgesehen und sich im ersten Moment gefragt, ob er sie meinte.
„Keine Sorge, ich meine schon dich“, hatte er geschmunzelt und sie entwaffnend angelächelt. „Ich dachte, wenn du Lust hast, könnten wir runter an den Strand und ein bisschen schwimmen?“ „Ich … ich weiß nicht, ob ich das darf“, hatte Mia langsam gesagt.
„Im Pazifik dürfen alle schwimmen“, hatte Connor gegrinst. „Er gehört der Allgemeinheit.“
„Ich meine, ich glaube, meiner Tante würde das nicht recht sein.“ Sie hatte gespürt, wie sie rot anlief und das Poliertuch fester umklammert.
„Warum sollte ihr das nicht recht sein?“ „Ich meine doch, weil ich hier arbeite …“
„Du bist eine Sommeraushilfe – würdest du unten an der Eisdiele jobben, würde es den Ladenbesitzer doch auch nicht stören, wenn wir uns verabreden.“ Er hatte entwaffnend gelächelt und Mia … hatte zugesagt. Es war der Beginn einer wundervollen Sommerromanze gewesen und Mia hatte sich in Connor verliebt. Hals über Kopf. Und sie hatte geglaubt, er auch.
Die nächsten drei Wochen hatte sie ihre Abende und Mias freie Tage, sowie die Wochenenden unzertrennlich verbracht. Tante Josephine war zwar nicht gerade davon begeistert, dass ihre Nichte mit dem Sprössling ihres Arbeitgebers anbandelte, aber wie auch Connor schon angemerkt hatte, war Mia nur eine Aushilfe bis zum Ende des Sommers – und die beiden schienen wirklich Hals über Kopf ineinander verliebt zu sein. Mia hatte sich von ihrem Freund Ted getrennt, mit dem sie seit drei Monaten ausging, weil sie sich ganz und gar auf Connor konzentrieren – und Ted nicht als Backup im Hinterkopf behalten wollte. Sie machten Pläne, sich in New York weiterhin zu treffen und Mia fühlte sich wie die feste Freundin von Connor Kingsbury. Bis der von einem Tag auf den anderen auf Tauchstation ging. Kein Anruf mehr, keine Nachricht. Ganz im Gegenteil, sie waren verabredet gewesen, um ins Kino zu gehen und Connor hatte Mia versprochen, sie um sieben beim Haus ihrer Tante abzuholen. Nur, dass nie auftauchte. Er reagierte weder auf Anrufe noch auf SMS und war am nächsten Tag aus Kalifornien abgereist. Mia hörte nie wieder von Connor, stattdessen entdeckte sie keine Woche später ein Bild auf Instagram – Connor, Arm in Arm mit dieser aufgebrezelten Barbie namens Betty, einer Influencerin, die etwa zwei Millionen Follower hatte und nichts weiter konnte, als sich leicht bekleidet vor der Kamera zu räkeln. Conners Ex-Freundin und plötzlich Wieder-Freundin. Damals hatte Mia gelernt, wie sich echter Liebeskummer anfühlt. Sie war in ein Loch voller Dunkelheit gezerrt worden und spürt förmlich, wie ihr Herz brach. Sie fand keine Lust mehr an irgendetwas, was ihrem Leben an der Columbia zugutekam – so konzentrierte sie sich ausschließlich aufs Lernen und hatte keine Probleme, den Notenschnitt von 1,4 zu halten, den die Uni forderte, um ihr weiter das Stipendium zu genehmigen. Über die Jahre war Mia natürlich über Connor hinweggekommen, aber die Art und Weise, wie er sie damals behandelt hatte, hatte sich tief in sie hineingebrannt und sie ein bisschen geprägt. Diese Unbedarftheit, die sie in jenem Sommer in Kalifornien hatte, war ihr genommen worden. Und sie hatte sie nie mehr wieder zurückerlangt.
Und jetzt stand er da, als wäre nie etwas gewesen, grinste sie auch noch an. Kein Wunder, dass ihr Arm schneller war als ihr Verstand – und die Ohrfeige lauter als jeder Spielautomat im Raum.
„Geh mir bloß aus den Augen, Connor, oder du kannst gleich Nachschlag haben“, sagte Mia.
„Großer Gott, spinnst du? Ich wollte nur Hallo sagen und du haust mir eine rein? Gehen so alte Freunde miteinander um?“ Er grinste sie frech an und sie wusste genau, worauf er anspielte. Mia war kurz davor, ihm die nächste zu scheuern, egal, ob er Milliardär war oder nicht, doch sie nahm sich zusammen. Wenn sie jetzt auch noch wegen Körperverletzung angeklagt wurde – von einem Kinsbury obendrein – würde das ihrem Karma nicht gerade zuträglich sein und ihre Partnerschaft in der Firma konnte sie sich erst recht abschminken. „Ich sags dir nicht noch einmal, Connor, geh mir in Gottes Namen aus den Augen.“ Sie sah ihn an. Die Zeit hatte es unglaublich gut mit Connor gemeint. Wie alt war er jetzt? Achtunddreißig? Neununddreißig? Er sah keinen Tag älter aus als Mitte dreißig, war immer noch unglaublich sportlich und extrem gutaussehend. Seine Haare waren modisch gestylt, er trug einen Dreitagesbart und aus dem V-Ausschnitt seines Shirts sowie aus den Ärmeln lugte die Tätowierung, die Mia immer so sehr an ihm gemocht hatte. Herrgott, sie kannte Fünfundzwanzigjährige, die körperlich bei weitem nicht mit Connor mithalten konnten.
„Ich weiß, wie verdammt heiß ich aussehe. Ich meine, im Gym sehe ich jeden Tag Kerle, die sind zehn, fünfzehn Jahre jünger als ich und wirken, als könnten sie meine Väter sein“, sagte er, so, als habe er in jenem Moment ihre Gedanken gelesen. „Toll. Eingebildet bist du auch noch. Dann hast du ja das Premiumpaket anzubieten, was?“, stichelte Mia. „Deine tolle Betty kann sich glücklich schätzen.“ Sie wollte gehen aber irgendetwas hielt sie davon ab. Scheiße. Connor Kingsbury. Der Mann, der ihr nicht nur das Herz gebrochen, sondern es auch noch in tausend Stücke zerfetzt hatte und darauf herumgetrampelt war.
„Betty und ich haben uns schon vor einer ganzen Weile getrennt“, erwähnte Connor beiläufig, so, als wären er und Mia seit Jahren gut befreundet. Mia stutzte. War er tatsächlich all die Jahre mit Betty zusammen gewesen? Das mussten ... fast fünfzehn Jahre gewesen sein. Dass Connor Kingsbury eine Beziehung mit jemandem fünfzehn Jahre lang aufrecht hielt, erschien ihr beeindruckend. Und dann mit einer Frau wie dieser bescheuerten Blankzieh-Betty. Die charakterlich rein gar nichts zu bieten und obendrein eine Ausstrahlung wie ein Kühlschrank hatte. Aber sie war klapperdürr, immer viel zu stark geschminkt und hatte sich die Brüste vergrößern lassen, mehr brauchte ein Mann wie Connor wohl nicht, um glücklich zu sein.
„Ach, wie ich dich kenne, gibt es bestimmt bald ein Liebesrevival“, konnte Mia es sich nicht verkneifen. Dann wollte sie abdrehen. Es war keine gute Idee, mehr Zeit als nötig mit Connor zu verbringen und am besten war es wohl, so schnell wie möglich das Weite zu suchen. Trotz allem, was er ihr angetan hatte, hatte er diese unglaubliche Wirkung auf sie, die sie auch jetzt noch magisch anzog. Und wenn sie etwas vermeiden wollte, dann war es, Connor Kingsbury erneut auf den Leim zu gehen – nachdem sie erst vor kurzem verlassen worden war und den Schuldenberg ihres Exfreundes abtragen durfte. Doch Connor hielt sie fest. Ein Stromstoß durchzuckte sie, als er sie berührte. Sie sah erst auf seine Hand, die ihren rechten Oberarm umfasste, dann in sein Gesicht.
„Darf ich ... dich zu einem Cocktail einladen, Mia? Um der alten Zeiten willen?“
***
„Und eigentlich ... bist du allein daran schuld, dass mein Leben heute ein Trümmerhaufen ist“, lallte Mia. Sie hatte sich – als sie noch um einiges nüchterner war als jetzt, nicht wirklich erklären können, wieso sie zugestimmt hatte, einen Cocktail mit Connor zu trinken. Doch jetzt waren es mittlerweile schon vier gewesen und diese leckeren Mexican Coladas, die eine ganze Menge Tequila, aber auch so viel süßen Kokossaft enthielten, dass man den Alkohol nicht schmeckte, hatten nicht nur ihre Laune gelockert, sondern auch ihre Zunge. Außerdem fand sie es nur gerecht, wenn sie ihn um insgesamt achtundvierzig Dollar erleichterte, indem sie sich einen dieser teuren Cocktails nach dem anderen bestellte. Achtundvierzig Dollar waren ein ziemlich geringer Preis dafür, dass er ihr damals so unsagbar weh getan hatte.
„Ich wollte doch nur verheiratet sein, eine Familie gründen und glücklich sein“, jammerte sie, saugte den Rest Colada aus ihrem Glas und deutete dem Kellner, ihr einen neuen zu machen. „Scheiße. Connor. Ich habe dich geliebt. Und ich habe dir vertraut. Und dann baust du so einen Mist und lässt mich total auflaufen.“
Connor, der ebenfalls schon ein, zwei Cocktails zu viel getrunken hatte, als gut für ihn war, sah sie an. „Tut mir echt leid, Mia. Aber Betty hat mir damals eben auch leidgetan, als sie mich angerufen hat und wieder zu mir zurück wollte und ich wollte sie nicht verletzen.“
„Und heute stehe ich da. Hab kaum noch Geld auf meinem Sparkonto, weiß nicht, wie ich meine Hypothek bezahlen soll, weil mein Ex mit meinen Kreditkarten abgehauen ist und kann mir die Beförderung aufmalen, weil ich nicht verheiratet bin und mein idiotischer Boss denen den Vortritt gibt, die eine Familie haben. Das ist alles deine Schuld, Connor. Ich meine, ich hätte damals Ted Rhodes vom College haben können. Der hat heute seine eigene Kanzlei und ist ein angesehener Anwalt. Er hat drei Niederlassungen überall in den Staaten. Aber ich habe mich für dich entschieden und du hast mich fallen lassen wie einen nassen, alten Lumpen.“
Connor seufzte. Obwohl seine Gedanken schon etwas vernebelt waren, war er enttäuscht. Er hatte eigentlich geglaubt, dass das Schicksal ihm gnädig gestimmt war, als er Mia Harrisson hier entdeckt hatte. Er hatte die Aufgabe seines Vaters, eine Frau zu finden, die er heiraten konnte, die er wirklich liebte, zwar auf die lange Bank geschoben, aber als er Mia gesehen hatte, war ihm eine Idee gekommen.
Mia war immer schon eine gute Partie gewesen. Sie hatte ihm damals erzählt, dass sie sie Wirtschaft studieren, und sich im Immobilienbereich ansiedeln wollte. Was sie offenbar geschafft hatte, bis auf die Tatsache, dass es mit einer Beförderung nicht so klappte, wie sie sich das vorstellte. Als Betty und er sich – zum zwölften Mal mittlerweile, aber das musste er Mia ja nicht auf die Nase binden – getrennt und sie ihn einmal mehr vor die Tür gesetzt hatte, konnte er sein Glück kaum fassen als Mia plötzlich vor ihm stand. Betty war kein Beziehungsmaterial. Sie beide fanden nur immer zusammen, weil er mit ihr unkompliziert Sex haben konnte und sie den Reichtum und Luxus liebte, den er ihr bieten konnte. Seine Eltern hatten die On-Off-Beziehung zu Betty niemals ernst genommen, noch sie gebilligt, aber mit Mia Harrisson … könnte er seine Familie möglicherweise zufriedenstellen. Allerdings schien Mia eine härtere Nuss zu sein, als zunächst angenommen. Sie nahm ihm diese Sache von damals, die gut fünfzehn Jahre her war, immer noch krumm und war nicht bereit, sich so leicht umstimmen zu lassen. Er musste also Nägel mit Köpfen machen und am besten die Karten geradewegs auf den Tisch legen.
„Mia, hör zu“, begann er und bemerkte, dass ihm das Sprechen schon schwer fiel. Seine Zunge fühlte sich pelzig an und er war leicht benommen. Tief in seinem Inneren wusste er, dass es keine gute Idee war, was er hier gerade vor hatte und dass es eine noch schlechtere Idee war, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen, während er derart viel Alkohol intus hatte, aber er hatte keine andere Wahl. Wenn ihm Mia jetzt durch die Lappen ging, konnte er seinen Masterplan in die Tonne treten. Denn eine perfekte Option wie sie – würde er so schnell nicht mehr aus dem Ärmel schütteln können. „Ich habe die perfekte Lösung für dein Problem mit dem Geld und … für ein Problem, mit dem ich mich gerade herumschlage.“ Mia sah ihn an. „Wovon sprichst du?“, fragte sie. Und Connor … begann zu sprechen.
Als Mia am nächsten Morgen erwachte, brummte ihr Schädel und ihr war kotzübel. Sie konnte sich nicht mehr erinnern, was am Vorabend passiert war, wusste nur noch, dass Clarissa noch eine Runde im Casino spielen wollte, sie sich aber dafür entschieden hatte, auf ihr Zimmer zu gehen. Warum war ihr nun aber so übel und ihr Kopf drohte, zu explodieren? Sie versuchte, sich auf den Rücken zu drehen, was ihr einerseits unsagbare Schmerzen bereitete. Andererseits ... bemerkte sie, dass sie nicht allein in ihrem Bett lag. Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Oh mein Gott. Hatte sie am Ende des Tages jemanden abgeschleppt? Einen fremden einfach so mit in ihr Zimmer genommen und mit ihm Sex gehabt? Weil sie ja noch nicht genügend Probleme mit ihrer bald nicht mehr existenten Beförderung und ihrer finanziellen Lage hatte? Ihr Herz sank ihr in die Hose. Okay, ihr Leben war im Moment vielleicht ein bisschen aus den Fugen geraten, aber das war noch lange kein Grund, mit dem nächstbesten Typen in die Kiste zu hüpfen. Oh mein Gott. Was, wenn sie nun einen total peinlichen, hässlichen, ungepflegten Kerl mitgenommen hatte, sich von ihm hatte ... „trösten“ lassen. Sie versuchte, festzustellen, ob sie sich in ihrem Zimmer befand, wagte aber nicht, sich auch nur minimal zu bewegen. Sie wollte sich und dem Typen neben ihr die morgendliche Peinlichkeit ersparen, sich zu begegnen. Am besten wäre es wohl, wenn sie sich heimlich, still und leise aus dem Bett verdrückte und bei Clarissa anklopfte. Die würde ihr bestimmt vorübergehend Asyl gewähren. Sie würde den Typen neben ihr noch nicht einmal ansehen und diese „Begegnung“ so schnell wie möglich aus ihrem Gedächtnis streichen.
Ganz vorsichtig schob sie ein Bein über die Bettkante und zog ihren Oberkörper nach. Im nächsten Moment landete ein Arm mit voller Wucht auf ihrem Bauch und sorgte dafür, dass ihr die Luft aus den Lungen gepumpt wurde. Der Arm zog sie näher an sich heran, bis sie schließlich einen warmen Körper hinter sich spürte. Gut. Eklig und ungepflegt fühlte sich der Kerl neben ihr schonmal nicht an. Da waren ... Bauchmuskeln. Und eine durchtrainierte Brust. Langsam glitt ihr Blick an sich selbst hinunter bis zu der Hand, die sie immer noch fest an sich drückte. Dann fiel sie aus allen Wolken. Dieser Arm ... es rankte sich ein großes, tätowiertes Ornament darum, das sie am Vorabend genau unter die Lupe genommen hatte. Und zu dessen Herkunft und Bedeutung der Besitzer schon vor fünfzehn Jahren nichts hatte sagen können. Er habe es wohl einfach aus einer Laune heraus als Rebellion gegen seine Eltern machen lassen, hatte er ihr in jenem Sommer in Kalifornien erzählt, als sie ihn gefragt hatte, was die Tätowierung bedeuten sollte.
„Guten Morgen, sexy“, hörte sie nun eine ihr nur zu vertraute Stimme hinter ihr hauchen. Im nächsten Moment wurde der warme Körper hinter ihr fest an sie gepresst, sodass sie eine ausgewachsene Morgenlatte an ihrem Po spürte. Mia sprang auf und drehte sich zu ihrem Bettgenossen um. Natürlich war es Connor.
„O nein. O nein. O nein. O nein“, war das einzige, das sie herausbrachte. Obwohl sie sich gerade am Tiefpunkt ihres Lebens befand, hatte sie nun als krönenden Abschluss tatsächlich mit Connor Kingsbury geschlafen.
„Also früher hat sich das definitiv positiver angehört“, grinste Connor verschlagen. Ohne es überhaupt zu wollen, glitt ihr Blick zu der immensen Beule unter der Decke. Connor war immer schon sehr gut bestückt gewesen – und er wusste mit dem, was ihm gottgegeben war, erstklassig umzugehen.
„Wie konnte das nur passieren?“, rief Mia. „Ich meine, wie schlimm kann es eigentlich noch kommen? Dazu, dass ich mir meine Beförderung aufmalen kann, finanziell am Abgrund stehe und einen Kater habe, der sich gewaschen hat, habe ich jetzt auch noch mit dir geschlafen?“ Sie konnte es kaum glauben und wünschte sich, eine Zeitmaschine zu haben, mit der sie den vergangenen Abend, oder noch besser, die vergangenen fünfzehn Jahre ungeschehen machen konnte. Sie war sich ganz sicher, dass ihr Leben völlig anders verlaufen wäre, hätte sie Connor damals nicht im Zuge ihres Sommerjobs kennengelernt. Connor grinste sie an. Sie hasste ihn dafür, dass er immer noch so gut aussah. Das Schicksal war schon manchmal ungerecht. Es gab Kerle, die wirkten mit fünfundzwanzig wie ihre eigenen Großväter und dann gab es Connor Kingsbury. Den größten Mistkerl unter der Sonne, der aussah wie das blühende Leben.
„Mein Gott, komm wieder runter, wir haben nicht miteinander geschlafen“, sagte Connor.
„Natürlich. Ich soll dir abkaufen, dass du das Bett mit einer Frau teilst, aber sie nicht vögelst? Das ist doch lächerlich.“ „Ich habe nicht mit dir geschlafen, Mia. Du warst gestern so weggetreten, dass es mehr als nur schräg gewesen wäre, hätte ich dich ... nein. Das ist nicht meine Art. Obwohl es schon etwas merkwürdig war, in der Hochzeitsnacht nicht mit seiner frischgebackenen Ehefrau zu schlafen.“ Er grinste. Und wusste genau, dass er sie damit aus allen Wolken schlug.
„Was redest du für Blödsinn“, sagte Mia, verspürte aber plötzlich ein schwer nach unten ziehendes Gewicht an ihrem linken Ringfinger. Sie trug für gewöhnlich überhaupt keinen Schmuck bis auf ein zartes Halskettchen, das ihre Großmutter ihr kurz vor deren Tod geschenkt hatte. Aber mit Ringen, Armreifen, Ohrsteckern und allem anderen konnte sie nichts anfangen.
„Während du gestern Abend kaum noch Herrin deiner Sinne warst, Mia, habe ich unsere Probleme auf einen Schlag gelöst. Wir haben geheiratet.“ Er wedelte mit seiner linken Hand vor seinem Gesicht herum, an deren Ringfinger Mia ebenfalls einen Ring erkennen konnte. Sie sank auf dem Bett zusammen und ihr wurde schwarz vor Augen. Sie betete, dass das alles hier nur ein übler Scherz war. Ein richtig richtig richtig richtig übler Scherz.
