Klassiker der Erotik 7: Die Liebe in Klöstern oder Die verliebten Nonnen - Marquis d' Argens - E-Book

Klassiker der Erotik 7: Die Liebe in Klöstern oder Die verliebten Nonnen E-Book

Marquis d'Argens

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Beschreibung

Sie leben hinter streng abgeschlossenen Klostermauern, aber sie fühlen sich dort nicht wohl. Sie lieben das Leben und die Liebe, und sie wissen auch, wie sie sich die Freuden verschaffen können, nach denen sie sich so sehnen. Denn Liebe macht erfinderisch, und deshalb gelingt es den verliebten Nonnen, die sich im 18. Jahrhundert oft höchst unfreiwillig zur klösterlichen Enthaltsamkeit verdammt sahen, immer wieder das schönste Vergnügen der Welt zu genießen.

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Marquis d'Argens

Die Liebe in Klöstern

oder Die verliebten Nonnen

Passion Publishing

Impressum Hrsg.

Passion Publishing Ltd.

Vorwort

Das hier vorliegende Werk von Marquis d´Argens erfreute sich im 18. Jahrhundert in Deutschland großer Beliebtheit. Später geriet es – zu Unrecht, wie Verlag und Herausgeber glauben – in Vergessenheit. Deshalb erscheint es jetzt in der Exquisit-Reihe, die sich zur Aufgabe gestellt hat, klassische Werke der erotischen Literatur dem Leser von heute zugänglich zu machen.

Bei den „Die Liebe in Klöstern“ war zu prüfen, ob man eine neue Fassung schaffen sollte. Nach reiflichen Überlegungen siegte jedoch der Reiz des Alten. Deshalb wurde die Übersetzung von 1748 auch nur insoweit modernisiert, das heißt in diesem Fall lesbar gemacht, dass immer noch der Hauch des 18. Jahrhunderts zu spüren ist. Gerade dieses Altertümliche gibt jedoch diesem zauberhaften Buch erst den richtigen Hintergrund. Der unbekannte Übersetzer von damals hat es verstanden, Sinn und Inhalt des Werks so trefflich wiederzugeben, dass man es gar nicht mehr so gut machen könnte. Damals redeten, dachten und handelten die Menschen eben anders als heute, und all dies kommt in dieser klassischen Übersetzung zum Ausdruck. Nach einigen Seiten wird aber der Leser des 20. Jahrhunderts von dem vorliegenden Buch gefesselt sein, denn er spürt, dass er hier etwas geboten bekommt, was höchst selten geworden ist: einen unverfälschten Blick in die Vergangenheit.

Die Geschichte der Äbtissin von…

Ein Malteserritter, dessen Namen ich verschweigen will, sah bei seiner Durchreise in Burgund die Mademoiselle de Monron, die Tochter des Marquis de Jousen. Der erste Anblick dieser jungen Schönen machte gleich in seinem Herzen die zärtlichsten und stärksten Eindrücke. Er hatte nur immer mit seiner Liebe zu tun und dachte an nichts mehr, als sie derjenigen zu bekennen, durch die sie hervorgerufen worden war. Voll großer Begierde suchte er nun die Gunst des Marquis, des Vaters seiner neuen Geliebten zu erlangen.

Er brachte es auch in kurzer Zeit so weit, dass ihn eine recht feste Freundschaft mit ihm verband. Er wurde oft zu ihm zum Essen eingeladen, er spielte oft mit ihm, doch so sehr er sich auch bemühte, sich einmal mit derjenigen, der seine Zärtlichkeit galt, allein zu unterhalten, so vergingen doch wohl zwei Monate, bevor es einmal dazu kam.

Es hatte fast den Anschein, als machte sich die junge Monron ein leichtfertiges Vergnügen daraus, seine Gesellschaft zu meiden. Seine Liebe war viel zu heftig, als dass er sich durch einen so üblen Fortgang hätte abschrecken lassen. Er erfuhr, dass die Madame de Vornan (diesen Namen gebe ich der Äbtissin von...), die Vertraute seiner jungen Liebhaberin war. Er glaubte deshalb, dass es zur Erfüllung seiner Wünsche nicht undienlich wäre, wenn er dieser Dame einen Besuch abstattete. Es war nicht nötig, dass er erst lange nach einem Vorwand suchte, um Zutritt bei ihr zu erhalten. Die Höflichkeit, die er ihr schuldig war, erforderte es, ja, er glaubte sogar, er müsse sich entschuldigen, dass er seinen Besuch so lange verschoben und sich von seiner Schuldigkeit nicht eher losgemacht hatte. Er hatte Ursache, sich alles Gute zu versprechen, denn die Frau Äbtissin, die liebenswürdige Männer eben nicht ungern sah, empfing ihn überaus freundlich und man merkte wohl, dass ihr der Besuch des Ritters der angenehmste von der Welt war. Sein gutes Aussehen war durch tausenderlei andere schöne und einnehmende Eigenschaften unterstützt, er drückte sich mit der größten Annehmlichkeit aus, die Munterkeit seines Geistes brachte alle Augenblicke die glücklichsten Einfälle; dies war der Grund, dass man immer ein neues Vergnügen in seinem angenehmen Umgang fand. Nichts war gesitteter und einnehmender als seine Manieren. Bei seiner natürlichen Artigkeit zeigte er sich auch dem schönen Geschlecht ganz besonders gefällig. Wen wundert es, dass er bei so vielen Vorteilen einen Weg in das Herz der Frau Äbtissin fand, die, wie ich schon gesagt habe, die zärtlichsten und heftigsten Erregungen in demselben spürte. Sie tat auch gar nicht gleichgültig, als sie den liebenswürdigen Ritter sah. Ja, sie musste s»ich die größte Gewalt der Welt antun, um ihre Empfindungen in etwa zu verbergen.

Er war kaum einige Augenblicke bei ihr, so fragte sie gleich, woher es käme, dass sie die Ehre seines Besuches genösse? Doch ihre Neugierde fand unglücklicherweise nicht das, was sie gern hören wollte. Sie bildete sich ein, er wäre nur zu ihr gekommen, um ihre verblühten Reize zu verehren, denn ungeachtet, dass sie mit allen Mitteln

der Kunst versuchte, ihr Äußeres zu verjüngen, so sah sie doch wie eine dreißig- bis vierzigjährige Frau aus. Der Ritter, der ihr verliebtes Temperament nicht kannte, machte keine großen Komplimente, sondern sagte ihr, dass er sie bitten wollte, sie möchte doch bei der Mademoiselle de Monron ein Wort für ihn einlegen.

Was für eine verdrießliche Bitte war ihr doch dieses, und wie wenig stimmte sie doch mit ihren eigenen Wünschen überein! Inzwischen unterließ sie es jedoch nicht, dem Ritter zu versprechen, dass sie zur Erfüllung seiner Bitte alles tun werde, was in ihrer Macht stand.

»Doch, mein Herr Ritter«, versetzte sie, »ich kann es Ihnen nicht verbergen, es wundert mich sehr, dass Sie, so liebenswürdig Sie auch sind, in dem Herzen meiner Freundin nicht mehr ausgerichtet haben, und wenn ich ihr einen Verweis geben werde, so geschieht es nur deshalb, weil sie Ihren Verdiensten nicht mehr Gerechtigkeit widerfahren ließ.«

»Nein, Madame«, antwortete er, »dieses ist nicht der Grund, durch den ich mein Bestes zu befördern bitte, er kommt mir ein wenig eigenartig vor. Nein, Madame, reden Sie nur von der zärtlichen Heftigkeit meiner Liebe zu ihr. Sagen Sie ihr, dass sie nur durch sie in meinem Herzen entstanden sei, und dass sie sich durch die Gleichgültigkeit, welche sie meinem Verlangen entgegensetzt, nicht vermindern würde.«

»Oh«, antwortete die Frau Äbtissin, »das werde ich ihr bestimmt nicht sagen. Ich habe meine Freundin viel zu lieb, als dass ich sie betrügen wollte. Und würde ich sie nicht betrügen, wenn ich sie beredete, ihre Liebe würde stets dauern, ohne dass Sie dabei etwas anderes erhofften? Glauben Sie, Herr Ritter«, fuhr sie fort, »dass Ihre Glut, so heftig sie auch ist, sich wider die Beweise einer immerwährenden Gleichgültigkeit nicht lange halten wird.«

»O nein, Madame«, erwiderte er, »ich fragte mein Herz um Rat, und das antwortet mir, es könnte nichts machen, wenn ich die Ketten zerrisse, mit denen ich gefesselt bin.«

»Und Sie, mein Herr, bilden sich vielleicht ein«, gab sie ihm zur Antwort, »dass solche Ausdrücke mich fangen sollten? Nein, keineswegs, denn das sind die üblichen Reden aller Liebhaber. Doch die Zeit verändert Ihre Gedanken gar bald. Trotzdem«, setzte sie hinzu, »ich habe Ihnen versprochen, bei meiner Freundin ein Wort für Sie einzulegen, ich will meine Zusage auch halten. Ich kann Ihnen aber im Übrigen nicht versprechen, dass mein Vorspruch von gar zu glücklichen Folgen sein sollte, doch will ich wenigstens von Herzen gern alles für Sie tun. Morgen können Sie wieder zu mir kommen und dann erfahren, ob mein Vorhaben die Wirkung, die ich wünschte, gehabt hat.«

Der Ritter war vor Freude ganz außer sich, weil seinen Wünschen mit einer so angenehmen Hoffnung geschmeichelt wurde. Er stattete deshalb der Frau Äbtissin den allerverbindlichsten Dank ab. Er hätte jedoch gegen sie weniger Danksagungen nötig gehabt, als er sich einbildete. Der Leser wird unten sehen, dass sie gar nicht daran dachte, ihr gegebenes Wort zu halten. Sie hatte vielmehr selbst vor, sein Herz zu erobern, und dachte nicht daran, von diesem Vorhaben abzulassen. Sie nahm sich deshalb vor, mit der Mademoiselle de Monron über gleichgültige Dinge zu reden, um so den Ritter zu täuschen.

In einem Brief, den sie an ihre Freundin schrieb, bat sie diese, sie möchte doch zu ihr kommen und den Nachmittag mit ihr verbringen. Und damit sie bald kam, schrieb

sie, sie hätte ihr sehr wichtige Sachen mitzuteilen. Die junge de Monron begab sich auf die Einladung ganz eilig zu ihrer Freundin, der Frau Äbtissin,

»Der Brief, den ich von Ihnen empfangen habe«, sagte sie gleich bei ihrer Ankunft, »gibt mir Nachricht, dass Sie mir sehr wichtige Neuigkeiten zu erzählen hätten. Oh, haben Sie doch die Güte und sagen Sie mir gleich, ob es glückliche sind.«

»Sehr glückliche«, antwortete ihr die Frau Äbtissin. »Aber Sie wissen wohl, mein Kind«, setzte sie hinzu, »dass ich Ihnen große Verweise zu geben habe?«

»Mir, Madame?« rief sie aus.

»Ja, ja, Ihnen!« erwiderte die Äbtissin. »Und Sie werden selbst gestehen, dass Sie es verdienen. Denn das werde ich Ihnen zeitlebens nicht verzeihen, dass Sie mich Ihrer Vertraulichkeit nicht besser gewürdigt haben.«

»Ei, ei, Madame, erklären Sie sich, ich bitte Sie darum«, antwortete die Mademoiselle de Monron, »denn ich versichere Sie, dass ich Sie ganz und gar nicht verstehe.«

»Ei, mein Kind«, versetzte sie, »sagen Sie lieber, dass Sie sich nur so stellen und dass Sie mich nicht verstehen wollen. Aber glauben Sie nur, ich weiß ein bisschen mehr um Ihre Geheimnisse als Sie denken. Und um Sie davon zu überzeugen«, fuhr sie fort, »wollen Sie einmal, dass ich Ihnen sage, was in Ihrem Herzen vorgeht. Gestehen Sie nur, dass ein liebenswürdiger Kavalier über dasselbe gesiegt hat, wenigstens macht er kein Geheimnis aus Ihrer Empfindlichkeit.«

»Aber Madame«, erwiderte die junge Monron, indem sie rot dabei wurde, »wollten Sie wohl die Güte haben und mir den Namen dieses Kavaliers sagen?«

»Ei, mein Gott«, rief die Frau Äbtissin, »wie können

Sie sich verstellen! Sie bilden sich vielleicht ein, dass ich nicht die Ehre habe, den Herrn Ritter zu kennen?«

Bei diesen Worten wurde die junge Monron erneut im ganzen Gesicht rot, denn sie war für den Ritter wirklich mit der zärtlichsten Liebe erfüllt, und es hatte sie viele Mühe gekostet, ehe sie gelernt hatte, dieselbe in ihrem Herzen verborgen zu halten und keinem Menschen etwas davon merken zu lassen. Es geschah also gar nicht aus Unempfindlichkeit, dass sie sich stellte, als meide sie seine Gegenwart. Die einzige Furcht, ihre Liebe zu zeigen und vielleicht gar zu zärtlich zu scheinen, war schuld, dass sie denjenigen mied, den sie doch gern sah.

Doch in welche Verwunderung wurde sie versetzt, als sie vernahm, dass ihre Empfindlichkeit kein Geheimnis mehr sei, und — was sie am meisten beunruhigte —, dass die Äbtissin ihr sagte, der Ritter schiene öffentlich darüber zu triumphieren.

Aus ihrer furchtsamen Unruhe und aus der Verwirrung, von der sie voll zu sein schien, mutmaßte die Frau Äbtissin, dass der Ritter in dem Herzen ihrer Freundin ebensoviel Eindruck gemacht hatte wie in dem ihren. Sie wollte unterdessen in ihrem Verdacht gewiss sein, deswegen brachte sie durch tausenderlei Kunstgriffe die junge Monron soweit, dass sie ihr das verlangte Bekenntnis ablegte.

»Ja, Madame«, sagte sie, »ich kann es Ihnen nicht verbergen, der Ritter ist mir liebenswert vorgekommen, und meine Gleichgültigkeit hat sich gegen die Menge seiner reizenden Eigenschaften, die ich an ihm bewunderte, nicht halten können; doch es versetzt mich in das größte Erstaunen, dass er meine Schwachheit gemerkt, und, was mich fast zur Verzweiflung bringt, dass er sie öffentlich kund getan hat. Nein«, fuhr sie fort, »dem Zorn soll nichts gleich sein, mit dem ich mich gegen diesen Verwegenen auflehnen will. Er soll bald erfahren, dass diese hervorkeimende Liebe, die mich närrischerweise eingenommen, dem unversöhnlichsten Hass Platz gemacht hat. Ich will ihn noch vor dem Abend aus seinem Irrtum herausholen und ihm sagen, wie sehr er sich vergebens geschmeichelt und wie grausam er mich beleidigt hat.«

»Und gerade das«, sagte die Frau Äbtissin, »sollen Sie am wenigsten unternehmen. Wollen Sie aber meinem Rat folgen, so glauben Sie mir und dringen Sie in seiner Gegenwart auf keine andere Erklärung. Meiden Sie ihn lieber, wo Sie können. Nichts wird seinen Stolz mehr demütigen als diese verächtlichen Begegnungen. Und wenn Sie wollen«, fuhr sie fort, »dass ich Ihnen meine rechte Herzensmeinung sagen soll, so gestehe ich Ihnen, dass mir des Ritters Charakter verhaßt scheint, wie liebenswürdig auch seine Gestalt ist. Die spitzigen Reden, die er über Personen hält, die ihm lieb sein sollten, lassen mich so über ihn urteilen.«

Sie war so boshaft, dass sie viel Nachteiliges über den Ritter sagte, so dass die leichtgläubige Monron, die nichts Übles von der Frau Äbtissin Absichten vermutete, den Entschluss fasste, denjenigen recht nachdrücklich zu hassen und verächtlich zu begegnen, dem sie ihre Liebe nicht abschlagen konnte.

Doch es musste ihrem Herzen ein Gegenstand gegeben werden, an den es sich halten könnte. Die Sorge dafür nahm die Frau Äbtissin selbst auf sich. Sie hatte einen liebenswürdigen Vetter, der Baron de Mizon hieß. Sie wußte, dass er eine sehr hohe Meinung von der Mademoiselle de Monron hatte, doch er hatte teils aus einer ihm angeborenen Blödheit, teils aus Gram, dass seine ersten Liebeserklärungen nicht eben allzu gut aufgenommen worden waren, schon einige Monate die Bemühungen um seine junge Liebste unterlassen. Seine Tante machte ihm nun aufs neue Hoffnung, denn sie versprach ihm, dass sie alle Macht aufwenden wollte, die sie über das Herz ihrer Freundin hatte, damit sie seinen Wünschen entgegenkomme.

Sie sprach wirklich mit ihr darüber, und die junge Monron sagte ihr nicht nur aus Gefälligkeit, sondern auch aus Rache gegen den Ritter zu, dass sie es niemals abschlagen würde, wenn ihr der Baron de Mizon seine Aufwartung machen wollte.

Er sah bald, dass seine Tante Wort gehalten hatte. Seine Geliebte empfing ihn aufs allerfreundlichste. Sie nahm ihm keineswegs durch unbillige Gleichgültigkeit den Mut, nein, sie machte ihm vielmehr Vorwürfe, dass er sich hatte so leicht abschrecken lassen. Der Baron, der vor Freude ganz außer sich war, glaubte, er könne diese glückliche Veränderung nur seinen Verdiensten oder der Fürbitte seiner Tante zuschreiben, doch er verdankte sie in Wahrheit der Begierde seiner Liebsten, sich öffentlich an dem Ritter zu rächen.

Doch ehe wir hier weitererzählen, muss erst der Ritter wissen, was die Frau Äbtissin bei seiner jungen Liebsten durch ihre Vorsprache ausgerichtet hatte.

Seine zärtliche Liebe veranlasste ihn, dass er noch vor der angesetzten Stunde zu ihr ging, in welcher er sein Schicksal erfahren sollte. Doch es waren mehr als verzweiflungsvolle Neuigkeiten, die sie ihm zu machen hatte. Die traurige und mitleidige Miene, die die Frau Äbtissin bei seinem Eintritt machte, prophezeite ihm, dass sie nichts Gutes zu sagen hatte.

»Wie ärgerlich ist es mir, Herr Ritter«, sagte sie zu ihm, »dass ich Ihnen nicht so, wie Sie es verlangten, habe dienen können. Allein, Sie kennen den unbilligen Eigensinn der Liebe. Ich gestehe«, setzte sie hinzu, »wenn Ihre Wahl nur nach den Verdiensten ginge, so hätte keiner einen so guten Anspruch auf ein glückliches Schicksal wie Sie.«

»Ei, nicht doch«, unterbrach der ungeduldige Ritter ihre Rede, »ich habe schon einmal die Ehre gehabt, Ihnen zu sagen, dass ich die Hoffnung, mit der ich mir schmeichle, gar nicht auf meine Verdienste gegründet habe. Verbergen Sie mir aber doch endlich mein großes Unglück nicht. Es ist wohl so, dass meinen Wünschen nicht die geringste Hoffnung bleibt?«

»Vielleicht tue ich Unrecht«, antwortete sie ihm, »dass ich Sie nicht betrüge, doch ich will nicht, dass Sie sich einem Irrtum hingeben und ich daran schuld bin. Ich entschuldige meine Freundin gar nicht«, versetzte sie weiter, »allein ihr Herz muss schon von einer anderen Liebe eingenommen sein, weil sie bei Ihren Vorzügen so blind ist.«

»Aber«, erwiderte der Ritter, »kann ich denn nicht wenigstens hoffen, dass sie es duldet, dass ich mich um sie bewerbe, ehe sie mich einem glücklicheren Nebenbuhler opfert und sie davon überzeugt wird, dass der Heftigkeit meiner zärtlichen und ehrfurchtsvollen Liebe nichts gleich kommt?«

»Ei, nicht doch, mein Herr«, gab sie ihm zur Antwort, »glauben Sie mir, bestehen Sie nicht darauf, ihre unbillige Gleichgültigkeit überwinden zu wollen. Und wenn Sie sich Ihrer Liebe nicht erwehren können, so lassen Sie sich dieselbe doch wenigstens nicht anmerken. Stellen Sie sich, als hätten Sie Ihre Absichten auf eine neue Liebhaberin gerichtet; vielleicht wird meine Freundin dadurch eifersüchtig, und vielleicht erhalten Sie dadurch den Vor- teil, dass sie ihre Meinung ändert. Ich weiß wohl, mein Rat wird Ihrer Liebe nicht recht sein, aber bedenken Sie nur, dass dieser zur Festigung Ihres Glücks recht nötig ist. Und wenn Sie mir glauben wollen«, fuhr sie fort, »so besuchen Sie den Marquis nicht öfter, als es der Anstand erfordert.«

Sie schlug ihm zugleich vor, dass er den Nachmittag bei ihr verbringen möchte, und versprach ihm, er sollte eine Gesellschaft finden, die am besten geeignet wäre, um ihm seinen Ärger zu nehmen.

Der Ritter nahm ihre höfliche Einladung mit Dank an und entschloss sich, sich diese zu Nutzen zu machen. Er ging wirklich am anderen Tag zur Frau Äbtissin, bei der er drei bis vier recht liebenswürdige Nonnen antraf.

Eine vor allem aber, die Girnan hieß und eine Verwandte der Frau Äbtissin war, zog seine Blicke auf sich. Er hatte auch noch niemals etwas Reizenderes gesehen. Dieser Anblick war schuld daran, dass er sich diejenige, von der er glaubte, er müsse sie ewig lieben, völlig aus den Gedanken schlug. Seine Komplimente verbieten seine Bewunderung, von der er eingenommen schien, er war aber nicht so einfältig, dass er sich die Ursache hätte anmerken lassen, denn jede von diesen jungen Nonnen konnte sich dieser Ehre anmaßen.

Ich weiß nicht, ob der Ritter es schon wahrgenommen hatte, dass die Frau Äbtissin eine zärtliche Regung für ihn fühlte. Damit er sie jedoch nicht zur Eifersucht reizte, verbarg er den Eindruck aufs beste, den die junge Girnan in seinem Herzen gemacht hatte. Allein sie war nicht die letzte, die dieses merkte, und einige Blicke, die sie dem Ritter verstohlen zuwarf, gaben ihm zu erkennen, dass sie ihm nicht ungeneigt war.

Man machte ein kleines Spiel, doch hierdurch legte sich die zärtliche Unruhe, die den Ritter eingenommen hatte, nicht im Geringsten. Seine Gedanken wurden immer zerstreuter. Man machte ihm deshalb Vorwürfe, doch er nahm sich sehr wohl in Acht, dass er die wahre Ursache nicht verriet. Die Frau Äbtissin war vielleicht einfältig genug, dass sie sich einbildete, es gelte ihr, und niemand versuchte, ihr diesen Irrtum auszureden.

Sie war unterdessen durch die Gewalt ihrer Liebe soweit, dass sie versuchte, den guten Eindruck, den sie im Herzen des Ritters machen wollte, zu beschleunigen. Er musste zum Abendessen bei ihr bleiben. Er nahm ihre Einladung in der Hoffnung an, dass er nur länger das große Vergnügen hätte, die schöne Girnan zu sehen, denn er zweifelte nicht daran, dass sie nicht auch ein wenig gerührt sei. Er hatte auch wirklich Recht; ja er war weit glücklicher, als er hoffen konnte.

Die Frau Äbtissin war durch ihre Amtsgeschäfte verhindert, deshalb bat sie ihre junge Nichte, dass sie inzwischen dem Ritter einige Augenblicke Gesellschaft leisten sollte. Diese Augenblicke waren ihm viel zu kostbar, als dass sie sich seine zärtliche Liebe nicht hätte zunutze machen sollen. Er durfte seinen Augen nicht mehr Gewalt antun, er ließ sie all das Feuer ausdrücken, welches sein Herz entflammt hatte. Doch bald danach begnügte er sich nicht einmal mehr mit der Sprache dieser stummen Dolmetscher.

»Werde ich Sie nicht verärgern, Mademoiselle«, sagte er zu der liebenswürdigen Girnan, »wenn ich Ihnen ein Geständnis mache? Doch geben Sie die Schuld daran nur Ihren Reizen, die mir nicht erlauben, Ihnen die zärtliche und lebhafte Liebe, die mein Herz entzündet hat, zu verbergen.«

»Ihrer Ehre zuliebe werden Sie mir erlauben, mein

Herr«, antwortete sie ihm, »wenn ich glaube, dass Ihr Herz selbst Ihr Geständnis missbilligt, denn sicher wollen Sie nicht gern, dass eine Geliebte, die Sie verehrt haben, Ihnen Vorwürfe der Untreue machen müsste. Und wenn Sie es nicht wissen«, setzte sie hinzu, »so ist es mir eine Freude, Ihnen zu sagen, dass die Mademoiselle de Monron meine gute Freundin ist.«

»Ich glaube es wohl, Mademoiselle«, erwiderte er, »doch vielleicht wissen Sie auch noch nicht, dass ich große Ursache habe, mich über diese Freundin zu beklagen, da ich weiß, dass sie nicht mehr den geringsten Anteil an meiner Person nimmt. Und ich gestehe es Ihnen, wenn ich mir um sie Mühe gegeben habe, so ist es deshalb geschehen, weil ich geglaubt habe, dass ihr Herz frei von aller Liebe wäre.«

»Und Sie denken also, mein Herr«, antwortete ihm die junge Nonne, »dass Sie einen Nebenbuhler haben, welcher schwer von dem Posten zu vertreiben wäre, den Sie einnehmen wollen?«

»Ach!« versetzte er, »ich bin ganz zufrieden, dass sie diesen Posten, von dem Sie glauben, dass ich missgünstig darüber bin, besetzen mag, mit wem sie will und wer etwa Anspruch darauf hat. Doch, Mademoiselle«, fügte er hinzu, »lassen Sie mich einen Platz in Ihrem Herzen gewinnen, Sie sollen sehen, dass meine Liebe denselben behaupten wird.«

Ich habe gesagt, dass sich der Graf mit der größten Geschicklichkeit ausdrückte. Zu dieser kamen die allerverliebtesten und zärtlichsten Empfindungen, von denen sein Herz eingenommen war. Man darf also nur nach diesen urteilen, ob es ihm schwer geworden sein kann, seine neue Geliebte von der großen Heftigkeit seiner Liebe zu überzeugen. Sie mochte wohl bereits daran glauben, obwohl sie sich nichts anmerken ließ. Doch der Ritter spürte, dass ihm keine allzu große Gleichgültigkeit entgegengebracht wird, denn sie riet ihm, dass er der Frau Äbtissin gegenüber ein Geheimnis daraus machen sollte.

»Ich habe verborgene Ursachen«, sagte sie zu ihm, »die mich nötigen, Ihnen diesen Rat zu geben, und wenn ich von Ihrer Verschwiegenheit überzeugt bin, so werde ich Ihnen dieselben auf decken.«

Die vertrauliche und aufrichtige Art, mit welcher sie diese Worte hervorbrachte, war für den Ritter ein neuer Beweggrund zur allerangenehmsten Hoffnung. Er versprach der Mademoiselle von Girnan, dass, obwohl er sich Gewalt antun müsse, um seine Liebe zu verbergen, er es doch tun werde, damit die eifersüchtige Äbtissin nicht den geringsten Argwohn deswegen haben sollte.

Sie war kaum wieder zurückgekommen, als man sich zur Tafel setzte. Während der Mahlzeit wurde der Ritter erst recht davon überzeugt, dass die gute Dame ernsthafte Absichten auf sein Herz hatte.

Damit er ihre völlige Gewogenheit gewinnen möchte, so stellte er sich, als ob er die Sprache ihrer zärtlichen und häufigen Blicke, die sie ihm zuwarf, sehr wohl verstünde. Er zwang sich sogar, auch sie verliebt anzusehen, und die Frau Äbtissin merkte dies sehr wohl.

Sie wurde von ihrer Liebe sogar so weit getrieben, dass sie Zuflucht zu gewissen Anreizungen nahm, welche die Sinne leicht in Unordnung bringen konnten, und welche man auch gegen sein Verlangen zu beantworten schien. Vielleicht hätte sie sich in ihren Manieren und Reden noch weniger Zwang angetan, wenn sie es nicht hätte wegen der Anwesenheit des Direktors der Abtei hätte tun müssen, denn dieser hatte die Gewohnheit, an ihrer Tafel zu speisen. Sie war sehr scharfsinnig, sich selbst zu schmeicheln, deswegen bildete sie sich ein, dass sich de* Ritter nur wegen der Gesellschaft dieses Gastes nicht besser anstellte/und sie beschloss augenblicklich, dass der Pater Alexander (das ist der Name des guten Direktors) dazu verdammt wurde, in seinem Zimmer zu essen.

Die Mahlzeit dauerte noch eine Weile, und sobald die Äbtissin von der ungelegenen Gegenwart des Paters Alexander befreit war, gab sie dem Ritter gleich zu verstehen, dass sie diesen lästigen Mönch nicht mehr an ihrer Tafel leiden wollte.

»Seine Person missfällt mir«, sagte sie, »und vielleicht gefällt sie Ihnen ebenso wenig wie mir.«

»Nun, Madame«, antwortete der Ritter, »warum gehen Sie noch so glimpflich mit dem Mann um, könnten Sie ihm nicht sagen, dass Sie ihm die Mühe, Ihnen Gesellschaft zu leisten, erließen?«

»Ach«, erwiderte sie, »das ist eine Mühe, die er gern auf sich nimmt und die er nicht so leicht auf geben wird.«

»Madame«, versetzte der Ritter, »vergönnen Sie mir, dass ich ganz allein Sie von einer so beschwerlichen Last befreie. In weniger als zwei Tagen, an denen ich die Ehre habe, bei Ihnen zu speisen, sollen Sie sehen, dass der Mönch, über den Sie sich so beklagen, Ihnen nicht mehr lästig sein wird. Ich will schon auf eine solche Art sticheln, dass er selbst seinen Abschied nehmen wird, den Sie ihm sonst geben müssten.«

»Damit bin ich einverstanden«, sagte die Äbtissin hierauf. »Es beunruhigt mich aber noch etwas anderes: Wir werden geheime Gespräche miteinander führen, sollte ich die aber nicht unterlassen, denn Sie scheinen mir in der Tat ein gefährlicher Kavalier zu sein?«

»Ei, warum, Madame?« antwortete er ihr. »Warum wollten Sie dieselben unterlassen? Was für Unheil könnte Ihnen wohl daraus entstehen? Es ist wahr, Sie werden anhören müssen, dass ich Sie anbete, ich werde es Ihnen tausendmal wiederholen, dass mein Herz ewig für Sie brennen wird, dass Sie allein jederzeit der Gegenstand meiner zärtlichen Wünsche sein werden, und dass mein Glück nur durch den Sieg, den ich über Ihr Herz erringen werde, vollkommen sein wird.«

»Das sind Reden«, erwiderte die Äbtissin, »die Sie tausendmal umsonst sagen werden, denn ich halte sie nicht für aufrichtig.«

»Wie, Madame«, fuhr er auf, »können Sie mir wohl das Unrecht antun, an meiner zärtlichen und ehrfurchtsvollen Liebe zu zweifeln? Ach, dass Sie doch nicht die Beschaffenheit meines Herzens sehen können! Von welcher Liebe würden Sie es nicht entflammt sehen, und wenn es etwas bereut, so ist es nur die Tatsache, dass es so lange an einen Gegenstand geheftet gewesen, zu dessen Besitz es nicht würdig genug ist.«

Diese letzten Worte fingen allmählich an, die leichtgläubige Äbtissin zu überzeugen, dass die Gesinnung des Ritters aufrichtig war. Sie war so einfältig, dass sie sich einbildete, die Gleichgültigkeit ihres neuen Geliebten habe sich bei dem Anblick ihrer Reize nicht länger halten können, denn sie bildete sich viel darauf ein. Sie glaubte nun ganz gewiss, dass er die Ketten zerbrochen, mit welchen ihn seine vorige Geliebte gefesselt hatte.

Unter dergleichen schmeichelnden Hoffnungen antwortete sie dem Ritter, sie ließe die Bemühung, sie von der Beständigkeit seiner Liebe zu unterrichten, der zukünftigen Zeit anheim gestellt sein. Sie ihrerseits wollte ihm schon beweisen, dass sie seine Bemühungen, die er sich um sie machte, ohne Widerwillen annehmen würde.

Die junge Girnan hatte sich, um ihrer lieben Tante in der Unterredung mit dem Ritter völlige Freiheit zu lassen und um sich ihre Liebe nicht anmerken zu lassen, gleich nach dem Essen auf ihr Zimmer zurückgezogen. Da sie eine Vertraute von den Geheimnissen ihrer Tante war, so sah sie schon den zärtlichen Anfang, den sie mit ihrem neuen Liebhaber machen würde, voraus, doch sie zweifelte auch nicht, dass es ihm schwer fallen würde, bei diesem Beginn ganz fruchtlos zu sein. Sie wußte in der Tat genau, dass die Sachen, die sie dem Ritter zu hinterbringen hatte, die Liebe, zu der man ihn verleiten wollte, nicht gleich in Hass und Verachtung umkehren könnten. Doch sie wußte, dass sie eine intime Unterredung mit ihm brauchte, und sie beschloss diese nicht aufzuschieben. Damit sie die Zeit dazu beschleunigte, schrieb sie am folgenden Morgen dem Ritter dieses Briefchen:

Bedanken Sie sich dafür, mein Herr, dass ich Ihnen mein gegebenes Wort auch halte. Ich sagte Ihnen, dass ich Ihnen wichtige Geheimnisse mitzuteilen hätte. Wenn Sie mich in drei Stunden mit Ihrem Besuch beehren können, so sollen Sie durch die Neuigkeiten, die ich Ihnen aufdecken  werde, erfahren, wie ich schon anfange, Anteil an Ihrem Besten zu nehmen. Da ich voraussehe, dass die Gegenwart der Frau Äbtissin uns beiden, einem wie dem anderen, nur Last sein würde, so bezeichne ich Ihnen eine Stunde, von der ich gewiss weiß, dass die Äbtissin uns da in unserem höchst nötigen Gespräch wird nicht stören können. Leben Sie wohl! Ich erwarte Sie mit einer Ungeduld, die größer ist als Sie glauben. Denken Sie daran, damit Sie mich nicht vergebens warten lassen.