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Führungskräfte stehen oft im Spannungsfeld von Kooperation, Konflikt und Konkurrenz. Mitarbeiter sollen einerseits gute Einzelleistungen erbringen, andererseits kooperativ im Team zusammenarbeiten. In der Praxis kann jedoch vielfach ein Überwiegen von egoistischen Einzelinteressen und das Verfolgen gegensätzlicher Ziele beobachtet werden. Konfliktsituationen sind daher häufig die Kehrseite der Kooperation. Zusätzlich erhöhen interkulturelle Zusammenarbeit, divers zusammengesetzte Teams, Führung auf Distanz, virtuelle Teamstrukturen, ständige Veränderungen und Umstrukturierungen das Konfliktpotenzial und stellen an die Führung und Zusammenarbeit erweiterte Anforderungen. Um Eskalationen und Energieverluste zu vermeiden, sind Führungskräfte und Teams deshalb gefordert, Konflikte konstruktiv zu nutzen und effiziente Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Dieses Buch hilft dem Leser, Konfliktentstehung und -verhalten besser zu verstehen. Hierzu werden Modelle zur Entstehung, Dynamik und Handhabung von Konflikten erläutert und anhand von typischen Konfliktkonstellationen konkrete Hinweise zu Intervention und effizienten Bewältigungsstrategien sowie praktisch verwertbare Anregungen zum Verhalten in Konfliktsituationen gegeben.
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Konflikt und Kooperation
Praxis der Personalpsychologie
Human Resource Management kompakt
Band 14
Konflikt und Kooperation
von Prof. Dr. Erika Regnet
Herausgeber der Reihe:
Prof. Dr. Heinz Schuler, Dr. Rüdiger Hossiep,
Prof. Dr. Martin Kleinmann, Prof. Dr. Werner Sarges
Konflikt und
Kooperation
Konflikthandhabung in
Führungs- und Teamsituationen
von
Erika Regnet
Prof. Dr. Erika Regnet, geb. 1962.
Studium der Psychologie und Betriebswirtschaftslehre in München und Bayreuth. 1991 Promotion. 1987-1992 Dozentin und Projektleiterin am USW Universitätsseminar der Wirtschaft, Schloss Gracht. 1992-1995 Leiterin der Personalentwicklung bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau. 1995-1996 Geschäftsführerin des VÖB-Berufsbildungs-Service, Bonn. Seit 1997 Professorin für Personalwirtschaft und Allgemeine BWL an der FH Würzburg-Schweinfurt. Schwerpunkte: Forschung, Lehre und Beratung zu Fragen der Personalentwicklung, Führung und Zusammenarbeit, Demografische Entwicklung, Weibliche Fach- und Führungskräfte.
© 2007 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG
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Rohnsweg 25, 37085 Göttingen
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Umschlagbild: © Getty Images
Format: EPUB
Konvertierung: Brockhaus/Commission
EPUB-ISBN: 978-3-8444-1737-1
Inhaltsverzeichnis
1 Konflikt und Kooperation
1.1 Einordnung des Themas
1.2 Definitionen
1.2.1 Die Gruppe
1.2.2 Was ist ein Konflikt?
1.3 Kooperation im Betrieb
1.3.1 Wann und warum ist Gruppenarbeit effizienter?
1.3.2 Zusammenarbeit im Team – Was behindert die Gruppe?
1.4 Anforderungen an die Führungskraft
2 Modelle zum Konfliktverhalten
2.1 Konfliktentstehung, Ursachen
2.2 Konfliktwahrnehmung
2.3 Analyse der Konfliktsituation
2.4 Erleben von Konflikten
2.5 Der Umgang mit Konflikten
2.5.1 Konflikthandhabungsformen
2.5.2 Empirische Analysen zum Einsatz verschiedener Konflikthandhabungsstile
2.5.3 Konfliktdynamik
2.5.4 Eskalation – die nicht gelungene Konfliktlösung
2.5.5 Konfliktvermeidung und -unterdrückung
2.5.6 Phasen der Konfliktbewältigung
3 Ausgewählte Konfliktkonstellationen
3.1 Konflikte in Gruppen
3.2 Konflikte zwischen Gruppen
3.3 Konflikte zwischen Vorgesetzten und Gruppen
3.4 Demografische Entwicklung und Konflikte zwischen den Altersgruppen
3.5 Führung auf Distanz und virtuelle Teams
3.6 Interkulturelle Zusammenarbeit
3.7 Mobbing
3.8 Ständige Veränderungen
4 Die Intervention zur Konflikthandhabung
4.1 Einschalten einer weiteren Person/Partei
4.2 Das Konfliktgespräch
4.3 Teamorientierte Interventionsstrategien
4.3.1 Diagnostische Verfahren für Teams
4.3.2 Förderung des Gruppenzusammenhalts, der Gruppenkohäsion
4.3.3 Teamentwicklungsmaßnahmen
4.4 Vorgesetztenbeurteilung – Feedback zum eigenen Führungs- und Teamverhalten
4.5 Diversity-Management
4.6 Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Altersgruppen
4.7 Zusammenfassende Hinweise zum Konfliktmanagement
5 Weiterführende Literatur
6 Literatur
Karten:
Karte 1: Checkliste zur Einschätzung der Effizienz in der Arbeitsgruppe Kennzeichen guter und schlechter Kommunikation
Karte 2: Hinweise zum Konfliktgespräch Konfliktmanagement als Führungsaufgabe
In der modernen Führungspraxis wird immer weniger allein und immer mehr in Teams gearbeitet (vgl. z. B. Antoni, 2000; Spieß, 1998, 2003). Entspricht nun Gruppenarbeit lediglich einem Zeittrend, oder ist man tatsächlich bei dieser Arbeitsform gegenüber der Einzelarbeit im Vorteil, d. h. effizienter? Man kann heute schon fast von einer Teameuphorie sprechen – von dieser Arbeitsorganisation wird oft der entscheidende Fortschritt, der Produktivitätszuwachs erwartet.
Zwar gilt: Menschen sind „soziale Wesen“, die sich in Gruppen organisieren. Wir sind (Klein-)Gruppenwesen, die auf den Kontakt mit anderen fast lebensnotwendig angewiesen sind. Gleichzeitig wird aber berichtet, dass viele Gruppen mehr schlecht als recht zusammenarbeiten. Die Ergebnisse aus der Praxis sind durchaus widersprüchlich – ein genereller Leistungsvorteil der Gruppe zeigt sich nicht (z. B. Grunwald, 1996; Antoni, 2000; Gebert & v. Rosenstiel, 2002, S. 141 ff.; Gebert, 2004).
Bedeutung von Gruppenarbeit
Einerseits benötigen wir in Organisationen den Teamplayer, da komplexe Tätigkeiten nur im Zusammenspiel der Experten erfüllt werden können. Kein Einzelner kann ein Aufgabengebiet noch vollständig überblicken. Kooperation ist eine Anforderung bei arbeitsteiligen und hoch spezialisierten Organisationsformen. In vielen Fällen gibt es deshalb zur Teamarbeit keine Alternative: Komplexe Aufgabenstellungen, knappe Zeitressourcen, Innovations- und Kostendruck erfordern die effiziente Zusammenarbeit von Spezialisten (z. B. Gebert, 2004). Die Folge von Kooperation sind Interdependenzen – zwischen kooperierenden Kollegen wie Organisationseinheiten.
Gleichzeitig sprechen wir von einer zunehmenden Individualisierung, immer mehr Kinder wachsen als Einzelkinder ohne Geschwister auf, in Schulen und Hochschulen wie später im Unternehmen wird die Einzel- und gerade nicht die Teamleistung bewertet und gefördert. Auch gesellschaftlich wird stärker Eigenverantwortung verlangt, wechselseitige Solidarität scheint vergangenen Zeiten anzugehören.
Ergibt die Summe von individualistischen Einzelleistungen tatsächlich das gute Teamergebnis? Führt die Verfolgung egoistischer Einzelinteressen zum Gemein- und Unternehmenswohl, weil sich jeder dann besonders stark einsetzt? Ist es damit lediglich eine Führungsaufgabe, die Mitarbeiter geschickt einzubinden und einzusetzen?
„Wir fordern Teamarbeit, doch wir befördern Stars.“
Einzelinteresseoder Gesamtziel?
Dies kennzeichnet das Dilemma, in dem viele Organisationen sich befinden. Sie benötigen Teamarbeit und damit auch das Zurückstellen individueller Interessen, um die stringente Verfolgung des Gesamtziels zu ermöglichen. Jedoch wird häufig ein anderes Verhalten belohnt: Gemessen wird die Einzelleistung und damit erhalten diejenigen Zulagen und Beförderungen, die sich von den anderen abheben, bessere Leistungen als ihre Kollegen erzielen.
Kooperation meint sowohl die Zusammenarbeit innerhalb eines Teams und zwischen Abteilungen, als auch die zwischen einzelnen Personen, beispielsweise zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Man kann einen Konflikt als die Kehrseite der Kooperation betrachten. Ein interpersonaler Konflikt kann nur dort entstehen, wo Menschen miteinander agieren, Interessen haben, die sich beeinflussen, oder Ziele verfolgen, die nicht gleichzeitig zu realisieren sind. Der Konflikt ist in diesem Sinne die nicht gelungene Kooperation.
Mit diesem Spannungsfeld von Einzel- und Gruppenleistung, also mit Kooperation, Konflikt und Konkurrenz beschäftigt sich dieses Buch. Dabei sollen Praktiker konkrete Hinweise für die Führung von Gruppen und für geeignetes Verhalten in Konfliktsituationen erhalten. Wissenschaftlern und Studierenden bietet dieses Buch einen komprimierten Überblick über den Stand der anwendungsorientierten Konfliktforschung.
Definition Gruppe
Von einer Gruppe spricht man, wenn verschiedene Kriterien erfüllt sind:
Mehrere Personen, dieüber einen bestimmten Zeitraumin Interaktion (in wechselseitigem Austausch und Beeinflussung)zur Erreichung eines gemeinsamen Zielesunter Entwicklung eines „Wir-Gefühls“ undunter Einhaltung bestimmter „Spielregeln“, Normen, Werte und Rollendifferenzierungen zusammenarbeiten (Antoni, 2000, S. 21 f.; Comelli & v. Rosenstiel, 2003, S. 167).Gruppen sind die Möglichkeit zur gemeinsamen Befriedigung individueller Bedürfnisse (z. B. dem Bedürfnis nach Anerkennung, sozialem Kontakt, Sicherheit). Dies trifft auf alle Arten unterschiedlicher Gruppen zu: Auf die Arbeitsgruppe ebenso wie auf die Ehe, eine Religionsgemeinschaft, ein Wirtschaftsunternehmen oder einen Fußballclub. Gruppen stellen für ihre Mitglieder ein Feld für Erfolgserlebnisse dar oder lassen sie an den Erfolgen der Gruppe teilhaben.
Wird das subjektiv wahrgenommene Kosten/Nutzen-Verhältnis positiv erlebt, dann steigt die Wahrscheinlichkeit des Verbleibens in der Gruppe.
Abbildung 1:
Kennzeichen von Gruppen (nach Antoni, 2000, S. 21)
Dies ist die Situation, wenn man glaubt, für seinen eigenen Input (Anstrengung, Zeit, Wissen, Energie) einen gleichwertigen oder sogar (subjektiv) höheren Output zu erzielen. Wird das Input/Output-Verhältnis dagegen negativ erlebt, so sinkt das Zugehörigkeitsgefühl zur Gruppe. Der Einzelne hat das Gefühl, dauerhaft mehr zu investieren als er zurückerhält. Arbeitsleistung und -zufriedenheit gehen in der Folge zurück, andere Gruppen werden attraktiver. Die Gruppenmitglieder reagieren mit innerer oder äußerer Kündigung, Resignation oder Aggression.
Auswirkungenvon Gruppenkohäsion
Gruppen werden im betrieblichen Kontext unter Leistungsaspekten gebildet. Teams mit Gruppenkohäsion, d. h. Zusammenhalt, verfolgen gemeinsame Ziele. Jedoch muss nicht zwangsläufig die von außen (z. B. durch den Vorgesetzten) geforderte Gruppenleistung auch zum Gruppenziel werden. Eine hohe Gruppenkohäsion führt zu geringeren Fehlzeiten und abnehmender Fluktuationsneigung (z. B. Gebert & v. Rosenstiel, 2002, S. 143). Man fühlt sich der Gruppe zugehörig und im Team wohl, man möchte die Kollegen nicht im Stich lassen. Von daher ist es aus Organisationssicht erstrebenswert, eine hohe Gruppenkohäsion zu erreichen. Doch nur wenn die Gruppe bei einem hohen Zusammenhalt gleichzeitig hohe Leistungsnormen verfolgt, schlägt sich dies auch in einem hohen Output nieder. Bei einem starken Zusammenhalt, aber niedrigen Leistungsnormen ist dagegen mit einem (unter-)durchschnittlichen Ergebnis zu rechnen (ebd.).
Konsequenzen eines hohen Gruppenzusammenhalts
Informelle Gruppen
Informelle Gruppen
Neben den formellen bestehen in Organisationen gleichzeitig immer informelle Gruppen. Während formelle Gruppen aufgrund bestimmter betrieblicher Erfordernisse zusammengestellt wurden, bilden sich andere Gruppierungen spontan. Dies geschieht z. B. aufgrund gemeinsamer Interessen, Sympathie, ähnlicher Zielsetzungen oder verbindender Erlebnisse und Erfahrungen. Kollegen gehen gemeinsam zum Mittagessen, tauschen sich aus, treffen sich in der Freizeit, treiben zusammen Sport. Für informelle Gruppen gilt, dass ihre Mitglieder häufigen Kontakt zueinander haben, sich wechselseitig beeinflussen, gemeinsame Zielsetzungen entwickeln etc. Informelle Gruppen haben eine wichtige ergänzende Funktion in Organisationen, soweit sie keine gegen die Organisationsinteressen gerichteten Ziele verfolgen. Im Extremfall können Mitarbeiter auch eine „Notgemeinschaft“ gegen den Vorgesetzten bilden.
Systematisierung von Konflikten
Der Begriff Konflikt stammt aus dem Lateinischen: „confligere“ bedeutet „zusammenstoßen, kämpfen“. In unserem Sprachgebrauch wird „Konflikt“ mehrdeutig und z. T. sehr unterschiedlich verwendet. Es werden darunter
innere psychische Zustände, – Verhaltens- und Zieldiskrepanzen zwischen zwei oder mehr Personen,aber auch Auseinandersetzungen auf einer kollektiven Ebene verstanden.Konflikte lassen sich dementsprechend danach systematisieren, ob sie sich innerhalb eines geschlossenen Systems bzw. zwischen Systemen abspielen und ob Einzelne oder mehrere Personen/Gruppen beteiligt sind. Als System werden beispielsweise verschiedene Hierarchieebenen einer Organisation gesehen. Tabelle 1 zeigt die sich ergebenden möglichen Konfliktformen.
Tabelle 1:
Verschiedene Konfliktformen
Im organisationalen Kontext sind als kollektive Auseinandersetzungen Konflikte in einer Arbeitsgruppe (Intra-System) bzw. solche zwischen einer Arbeitsgruppe und der Führungskraft oder zwischen verschiedenen Abteilungen (Inter-System-Konflikte) zu verstehen. Individuelle Konflikte spielen sich in der Person oder zwischen zwei Beteiligten ab.
Im Rahmen dieses Buches werden Inter-System-Konflikte sowie Intra-System-Konflikte auf der kollektiven Ebene behandelt.
Formen von intrapsychischen Konflikten
Exkurs
Mit intrapsychischen, sog. inneren Entscheidungs-Konflikten, hat sich vor allem Lewin (1963) beschäftigt. Er unterscheidet:
a) Annäherungs-/Annäherungskonflikte
In dieser Situation sind zwei positive, jedoch nicht gleichzeitig realisierbare Ziele attraktiv. Es kommt zu einem Spannungszustand, da eine Entscheidung für eine der Alternativen gleichzeitig ein Nicht-Realisieren der anderen, ebenfalls positiven Handlungsmöglichkeit bedeutet. Der Betreffende hat die „Qual der Wahl“.
Beispiel: Man erhält die Möglichkeit zum beruflichen Aufstieg in eine attraktive Position. Jedoch hat der Betreffende in den letzten Jahren auch als zweites Standbein seine nebenberuflichen Tätigkeiten ausgebaut und spielt mit dem Gedanken, sich selbstständig zu machen. Beides – der berufliche Aufstieg wie die Selbstständigkeit – sind hoch attraktiv, doch nicht gleichzeitig zu realisieren.
b) Annäherungs-/Vermeidungskonflikte
Wenn das positiv bewertete Ergebnis nur erreicht werden kann, indem unangenehme Konsequenzen in Kauf genommen werden, also ein negativer und ein positiver Reiz gleichzeitig vorhanden sind, entsteht im psychischen Erleben eine Ambivalenz. Man möchte sein Ziel erreichen, doch dieses hat seinen Preis. Vor- und Nachteile sind abzuwägen.
Beispiel: Man würde gerne die angebotene Chance zum Auslandsaufenthalt wahrnehmen und sieht darin eine notwendige Voraussetzung für den weiteren Aufstieg. Gleichzeitig besteht die Angst, ob man den Anforderungen gewachsen ist. Und man befürchtet eine ablehnende Reaktionen der Familie sowie berufliche Probleme bei der Wiedereingliederung einige Jahre später bei der Rückkehr in die Muttergesellschaft.
c) Vermeidungs-/Vermeidungskonflikte
Hier handelt es sich um zwei Alternativen, die beide nicht gewünscht werden und die Vermeidungstendenzen auslösen. Der Betreffende hat lediglich die Möglichkeit der „Wahl der Qual“.
Beispiel: Man möchte weder in seiner jetzigen Position verbleiben, da man für sich dabei eine Sackgasse befürchtet, noch bei der schlechten Arbeitsmarktlage eine neuen Arbeitgeber suchen. Die attraktiven Möglichkeiten fehlen, man muss sich zwischen ungeliebten Alternativen entscheiden, es geht lediglich um die Wahl des kleineren Übels.
Intrapsychische Konflikte haben einen großen Einfluss auf das Entscheidungsverhalten Einzelner. Im Rahmen dieses Buches werden sie aber nicht weiter thematisiert. Interessierte Leser, die Anregungen zur eigenen Entscheidungsfindung suchen, seien auf die entsprechende psychologische Literatur verwiesen (z. B. Kehr, 2002).
Konflikte lassen sich nach den Streitgegenständen, den Erscheinungsformen der Auseinandersetzung und den Eigenschaften der Konfliktparteien unterscheiden (Tabelle 2).
Eine solche Analyse hilft, Konflikte und ihren Verlauf besser zu verstehen. Darüber hinaus gibt sie erste Anhaltspunkte für die Strategie zur Konfliktbewältigung: Handelt es sich z. B. um persönliche Differenzen, so kann man diese ansprechen und zu klären versuchen oder – sollte dies nicht fruchten – Arbeitsbereiche trennen und Versetzungen überlegen. Bei Verteilungskonflikten dagegen sind insbesondere die Kriterien der Entscheidung zu verdeutlichen und ggf. zu überprüfen. Erst nach entsprechender Diagnose kann situationsadäquat reagiert werden (siehe Kapitel 2.3).
Tabelle 2:
Klassifikation von Konflikten
Inhaltliche Schwerpunktsetzung verschiedener Wissenschaftler
Auf spezifische Konfliktursachen wird in Kapitel 2.1 näher eingegangen.
Abgrenzung – Was ist kein Konflikt?
Konflikte sind alltäglich und natürlich in Interaktionsbeziehungen, doch nicht jede Situation mit unterschiedlichen Interessen oder Persönlichkeitsstrukturen entwickelt sich automatisch zum Konflikt. Begriffe wie Verhandeln/Aushandeln, Konkurrenz und Aggression sind davon abzugrenzen.
Faktoren zur Kennzeichnung von Konflikten
• Konflikt und Verhandlungen
Der Prozess des Aushandelns, Verhandelns beginnt im Geschäftsleben jeden Tag von neuem. Bei Verhandlungen besteht zwar durchaus ein Interessengegensatz zwischen den Beteiligten – z. B. je nach Sichtweise einen möglichst hohen bzw. niedrigen Preis zu erzielen. Andererseits gibt es aber auch gemeinsame Ziele, insbesondere die Fortführung der Zusammenarbeit oder den erfolgreichen Abschluss des gemeinsamen Projektes. So mündet nur eine Teilmenge von Verhandlungen in einen Konflikt, vor allem dann, wenn ein gemeinsamer Nenner nicht mehr erreichbar scheint oder einer der Beteiligten Gewinner-Verlierer-Strategien (s. im Einzelnen dazu Kapitel 2.5) verfolgt. Man sollte deshalb erst bei einem Scheitern der Verhandlung bzw. ab einem gewissen Hochschaukeln (wenn sich beispielsweise einer der Geschäftspartner von dem anderen übervorteilt fühlt) von einem Konflikt sprechen.
• Konflikt und Konkurrenz/Wettbewerb
Wettbewerb kann als positives Ordnungssystem, durch das Leistung stimuliert wird, verstanden werden. Dies enthält durchaus ein gewisses Konfliktpotenzial, z. B. wenn zwei Arbeitsgruppen um das beste Ergebnis konkurrieren, oder wenn zwei Abteilungsleiter sich wechselseitig übertrumpfen wollen, um ihre Chance auf eine Beförderung zu erhöhen. Eine Wettbewerbssituation muss aber nicht zwangsläufig in einen Konflikt münden – das zeigt beispielsweise das Ideal des fairen, sportlichen Wettkampfes. Zudem sind auch Konflikte ohne zu Grunde liegenden Wettbewerb (z. B. intrapsychische Entscheidungskonflikte, Auseinandersetzungen aufgrund von Persönlichkeitsunterschieden, Wertkonflikte) denkbar. Konkurrenz und Konflikt können deshalb nicht von vornherein gleichgesetzt werden. Man kann sie jedoch als graduelle Abstufung des gleichen Phänomens bezeichnen.
• Konflikt und Aggression
Insbesondere Rüttinger und Sauer (2000) legen Wert darauf, Aggressionen losgelöst vom Konfliktgeschehen zu sehen. Denn „es ist sogar eine zentrale Frage der Konfliktforschung, darauf hinzuwirken, dass Konflikte nicht aggressiv ausgetragen werden“ (S. 14). Darüber hinaus seien Aggressionen auch ohne die Merkmale eines Konflikts vorstellbar – z. B. plötzliche verbale Ausfälligkeiten oder Vandalismus. Allerdings sind „Konflikte häufig mit Aggression verbunden – als Folge, als Austragungsform und als Ursache“ (ebd.).
Untersuchungen zeigen, dass Teamarbeit insbesondere bei Schätz- sowie bei Problemlöseaufgaben überlegen ist (z. B. Gebert & v. Rosenstiel, 2002, S. 148 ff.). Der Grund für die höhere Effizienz von Gruppen liegt in folgenden Prozessen:
• Fehlerminimierung
Vorteile von Gruppenarbeit
Allein durch die Bildung eines Mittelwertes in der Gruppe lässt sich bei Schätzaufgaben ein besserer Wert erzielen, als dies die Einzelnen erreichen. Denn die nach unten und oben besonders stark abweichenden Werte gleichen sich wechselweise aus.