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In diesem als Lernprogramm konzipierten Ratgeber erfährt der Leser, wie sich Konflikte ohne Machtausübung oder Nachgeben lösen oder sogar vermeiden lassen. Dies bedeutet dann, dass es bei einem Konflikt weder Sieger noch Verlierer gibt, sondern eine Lösung gefunden wird, die die beiden am Konflikt beteiligten Parteien zufriedenstellt. Auf der Grundlage von Thomas Gordons "Beziehungskonferenzen" werden beziehungsfördernde und -abträgliche Vorgehensweisen bei der Lösung und Vermeidung von Konflikten ausführlich dargestellt. Dabei wird besonderer Wert auf die Darstellung, Zusammenfassung und eigenständige Überprüfung des erworbenen Wissens gelegt, so dass der Leser während der Lektüre ständig seinen eigenen Wissensstand überprüfen, und - falls erforderlich - gezielt einzelne Themengebiete noch einmal vertiefen kann. Viele Fallbeispiele, ausführliche Übungen und Empfehlungen zur Anwendung von partnerschaftlichen Methoden im Alltag dienen der fundierten Wissensvermittlung. Das Buch wendet sich an Leser, die ein besonderes Interesse an der Vermeidung und harmonischen Lösung von Konflikten haben. In Frage kommen somit Personen, die von Berufs wegen mit vorgenannten Sachverhalten zu tun haben (z. B. Erzieher oder Pädagogen), aber auch solche, die ihre Paar-, Eltern-Kind-, Freundschaftsbeziehungen oder Beziehungen im beruflichen Bereich verbessern wollen.
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Seitenzahl: 296
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Konflikte einvernehmlich lösen und vermeiden – ein Lernprogramm
Norbert Bertelsbeck
Copyright: © 2015 Norbert Bertelsbeck
Published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-7375-3930-2
Einführung
Es könnte manches viel schöner sein: Vom Nutzen eines Lernprogramms
Das Lernprogramm
Teil II Grundlagen
Konfliktbegriff
Bedürfnis- und Wertbeeinträchtigung
Wertvorstellungen für das Vermeiden und Lösen von Konflikten
Teil III Konflikte vermeiden
Vermeidung von unannehmbarem Verhalten
Beseitigung von unannehmbarem Verhalten
Umgang mit Widerstand nach Ich-Botschaften
Teil IV Konflikte lösen
Der Umgang mit Bedürfniskonflikten
Der Umgang mit Wertkonflikten
Konfliktvermittlung
Teil V Perspektivwechsel
Wenn der andere ein Problem mit mir hat
Teil VI Zum Schluss
Fazit und Ausblick
Literaturliste
Über den Autor
Dank
Dieses Buch beschäftigt sich mit der Vermeidung und Beseitigung von zwischenmenschlichen Konflikten. Es handelt sich um eine Thematik, die von erheblicher Bedeutung für das alltägliche Leben ist, denn Kontakte zu anderen Personen - und damit auch die Möglichkeit des Vorliegens von Konflikten - sind für die meisten Menschen ein wesentlicher Bestandteil des Lebens.
So wachsen Kinder zunächst in der Familie auf, wo auch heutzutage noch meist die Mütter als primäre Bezugspersonen und andere Familienmitglieder wie Väter und Geschwister von Bedeutung sind. Allmählich vergrößert sich dann die Personenzahl um den weiteren Verwandtenkreis wie Großmütter und Großväter, Tanten und Onkel, Cousinen und Cousins. Später kommen Gleichaltrigengruppen und andere Erwachsene in Gestalt von Erzieherinnen/Erziehern im Kindergarten und Lehrerinnen/Lehrern in der Schule hinzu. Kinder treffen sich ebenfalls mit ihresgleichen nach der Schule, treten Vereinen oder anderen Freizeitorganisationen bei. Es entwickeln sich länger andauernde Freundschaften zum gleichen, später auch zum anderen Geschlecht. Schließlich sind Kinder Erwachsene, die eine Ausbildung beginnen und so neue Kontaktmöglichkeiten erhalten. Sie ergreifen einen Beruf und arbeiten so mit anderen Menschen zusammen, binden sich langfristig an einen Partner in Form einer Ehe oder Lebenspartnerschaft, bekommen Kinder und darüber vermittelt wieder weitere Kontakte zu anderen Eltern, Erziehern, Lehrern, Freunden ihrer Kinder etc. Später, d. h. im fortgeschrittenen Alter, wird ggf. der vertraute häusliche Bereich mit dem Umzug in ein Alten- oder Pflegeheim verlassen, und es ergibt sich noch einmal ein veränderter Kontaktbereich.
Sind bisher unterschiedliche Kontakte in Abhängigkeit vom Lebenslauf erwähnt worden, so lässt sich eine Vielfalt von Beziehungen auch vor Augen führen, wenn man sich an einem Tagesablauf orientiert.
So haben Personen an einem Tag, jeweils in Abhängigkeit von besonderen Lebenssituationen und Ereignissen, häufig Kontakt zu bestimmten Menschen: dem Ehepartner oder Lebensgefährten, den Kindern, Arbeitskollegen, Nachbarn, Freunden, Bekannten oder Verwandten. Darüber hinaus entstehen Kontakte zu mehr oder minder fremden Personen bei der Bewältigung spezifischer Alltagserfordernisse wie Einkaufen (andere Käufer, Verkäufer), Arztbesuche (andere Patienten, Ärzte und Sprechstundenhilfen) oder der Inanspruchnahme von öffentlichen Verkehrsmitteln (andere Fahrgäste und Fahrer). Schließlich ergeben sich Kontakte auch bei bestimmten Arten von Freizeitbeschäftigungen wie z. B. dem Besuch von Sportveranstaltungen (andere Zuschauer), der Sportausübung (andere Vereinsmitglieder) oder beim Gaststättenbesuch (andere Gäste, Kellner, Wirt) etc.
Verfügen Menschen im Allgemeinen über häufige Kontakte, so werden diese dabei als mehr oder weniger angenehm erlebt.
So kann es sein, wenn Sie berufstätig und zugleich verheiratet sind, dass Ihr ebenfalls berufstätiger Partner sich morgens allzu lange im Badezimmer aufhält, während Sie in Eile sind. Im vollen Bus auf dem Weg zur Arbeit werden Sie, während Sie stehen, von hinten angerempelt. Im Büro raucht neuerdings ein Arbeitskollege, dem Sie gegenüber sitzen; ein anderer ist ungewohnt schweigsam. Ihr Chef hat Ihnen heute schon wieder eine Sonderarbeit verpasst, die es unmöglich macht, eine Terminarbeit zu erledigen. Kommen Sie nach Hause, so sagt Ihre Frau mit stockender Stimme, dass ihre Freundin eine Verabredung nicht eingehalten habe und möchte mit Ihnen hierüber sprechen, oder die Kinder wollen sofort mit Ihnen spielen, obgleich Sie erschöpft sind. Abends würden Sie gern mit Ihrem Partner einen Film im Kino anschauen, dieser möchte jedoch zu Hause bleiben. Ihre älteren Kinder kommen spätabends nach Hause und machen Lärm, während Sie schon schlafen und dadurch aufgeweckt werden.
Wenngleich Kontakte aufgeführt wurden, die im Allgemeinen als unangenehm angesehen werden, so hat der Alltag jedoch auch eine Vielfalt von angenehmen Begegnungen zu bieten, die das Leben lebenswert machen.
Das Essen steht schon auf dem Tisch, als Sie nach Hause kommen, obwohl Sie damit nicht gerechnet haben. Der Chef teilt Ihnen mit, dass eine Beförderung ansteht. Die Tochter sagt zu Ihnen: „Vati, ich hab’ Dich lieb“. Sie sehen sich mit Ihrem Partner einen schönen Film an. Sie fahren nächste Woche mit ihrer Familie in den Urlaub und freuen sich schon darauf. Ihre Freundin bedankt sich bei Ihnen mit einem kleinen Präsent dafür, dass Sie in ihrem Urlaub für sie die Treppe geputzt haben etc.
Wird der Beziehungsalltag also sowohl positiv wie negativ erlebt, so ist es trotzdem von großer Bedeutung für das persönliche Wohlbefinden und die Qualität von Beziehungen, wie mit Verhaltensweisen von anderen umgegangen wird, die ein Problem darstellen. Damit sind wir beim Thema dieser Arbeit.
Möchte man Konflikte zum Gegenstand von Erörterungen machen, so ist dieses auf verschiedenen Ebenen möglich. Auf gesellschaftlicher Ebene lassen sich Konflikte in verschiedenen Bereichen benennen, von denen beispielhaft einige genannt werden sollen:
Die Öffentlichkeit ist bei diesen Auseinandersetzungen einerseits Zuschauer, andererseits jedoch zugleich auch Betroffene von Konfliktlösungen.
So verfolgen Sie z. B. im Radio, Fernsehen, Internet und in der Zeitung interessiert Berichte von Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen um höhere Tariflöhne, weil Sie Nutznießer von derartigen Vereinbarungen sind. Sie schauen sich des Weiteren Wahlsendungen im Fernsehen an, um bei der Bundestagswahl die für Sie richtige Partei zu wählen etc.
Konflikte sind darüber hinaus auf der Ebene des Alltagslebens angesiedelt. Dieses ist nun Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Es werden hier Konflikte zwischen jeweils zwei Personen in verschiedenen Lebensbereichen behandelt, d. h. solche in Gruppen wie z. B. der Ehe (Ehepartner), Familie (Eltern-Kind), einer Arbeitsgruppe (Arbeitskollegen oder Vorgesetzter-Mitarbeiter) oder einer Schulklasse (Lehrer-Schüler oder Schüler). Konfliktträchtige Themen lassen sich dabei für unterschiedliche Bereiche benennen:
So können Eheleute dann unterschiedlicher Auffassung darüber sein, welchen Part Mann und Frau bei der Kindererziehung übernehmen und mit welchen Inhalten überhaupt erzogen werden soll, wie die Aufteilung der Hausarbeit zwischen Ehepartnern erfolgt, wer Einkäufe oder Finanzangelegenheiten tätigt, die Gartenarbeit übernimmt und Freunde einlädt. Desgleichen können Meinungsverschiedenheiten bestehen, wie die Freizeit und der Urlaub zu gestalten sind, welche Anschaffungen erfolgen sollen und in welcher Qualität, wie häufig Eltern, sonstige Verwandte und Freunde zu besuchen sind etc.
So sind beispielsweise Arbeitskollegen unterschiedlicher Meinung hinsichtlich des zeitlichen Öffnens von Fenstern, des Ausmaßes des privaten Telefonierens, der Pausenzeiten, der Art und Weise der Kooperation etc. Und auch zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern können Konflikte hinsichtlich der Beförderung, der Urlaubszeit, der Arbeitsqualität, der Mehrarbeit, Arbeitsüberlastung, Weiterbildung, frühzeitigen Unterrichtung bei Krankheitetc. vorliegen.
Schüler ihrerseits können sich vom Lehrer bei der Zensurengebung oder der Bewertung sonstigen Schülerverhaltens ungerecht behandelt fühlen, von ihm beleidigt werden, sich im Unterricht langweilen etc.
Konnten in den fünfziger und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts Lehrer auf unannehmbares Schülerverhalten noch mit körperlicher Gewalt reagieren, ist das heute nicht mehr möglich, und Eltern achten heutzutage mehr als früher darauf, dass ihren Kindern in der Auseinandersetzung mit Lehrern kein Unrecht geschieht.
Im Alltagsleben wird das Bestehen von Konflikten zumeist negativ bewertet, als Folge von negativen Erfahrungen mit Konfliktlösungen. Der Versuch, Konflikte zu lösen, endet häufig mit psychischen Verletzungen, Niederlagen und verschlechterten Beziehungen als Folge des destruktiven Umgangs mit Konflikten.
So erleben Kinder häufig zu Hause, dass Konflikte mit den Eltern von diesen durch den Einsatz von Bestrafung gelöst werden. Solche Erfahrungen sind mit negativen Gefühlen (Wut, Ärger, Trauer, Enttäuschung, mangelnder Selbstwert etc.) verbunden. Umgekehrt können jedoch auch Eltern im Konflikt den Kürzeren ziehen und Kinder gewähren lassen, „um des lieben Friedens willen“. Dieses ist dann ebenfalls verbunden mit negativen Gefühlen den Kindern gegenüber.
Wird das Bestehen von Konflikten negativ bewertet, so scheut man sich auch, Konflikte offen auszutragen. Zu beachten ist jedoch, dass das Aussitzen von Konflikten zu einer Eskalation beitragen kann: Irgendwann platzt einem der Kragen, und es erfolgen dann (emotionale) Reaktionen, die dem aktuellen Konfliktanlass nicht angemessen sind. Wenn hingegen eine Auseinandersetzung zwischen Personen erfolgt, dann geschieht dies oft mit dem Ziel, sich im Konflikt durchzusetzen.
Liegen im Allgemeinen Erfahrungen mit der Lösung von Konflikten im Sinne von Gewinnen und Verlieren vor, sollen in dieser Arbeit Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie sich Konflikte zur Zufriedenheit aller daran Beteiligten lösen lassen. Damit soll dann zugleich auch eine positive Einstellung zur Konfliktlösung gefördert werden.
Ist das Lösen von Konflikten ein Thema, so ist deren Vermeidung ein weiteres. Gemäß dem Motto „Vorbeugen ist besser als heilen“ hat das Vermeiden von Konflikten dabei Priorität und wird deshalb hier auch ausführlich behandelt.
Das hier dargestellte Modell der Konfliktlösung und -vermeidung wird als partnerschaftlich bezeichnet. Es grenzt sich ab von Versuchen, Konflikte zu lösen oder zu vermeiden durch Einsatz von Macht, indem in einer Zweierbeziehung die andere Person mittels Belohnung oder Bestrafung zu einem bestimmten Verhalten veranlasst werden soll. Hierauf ist weiter oben schon eingegangen worden. Stattdessen sollen Personen freiwillig zu Lösungen gelangen.
Personen können darüber hinaus auch mittels eines strategischen Verhaltens, d. h. eines solchen, das die wahren Absichten verdeckt, versuchen, zu einer für sie günstigen Konfliktlösung zu gelangen. Stattdessen sollen Konflikte in einem offenen Gespräch gelöst werden.
Wird bei der Lösung von Konflikten und deren Vermeidung auf Freiwilligkeit und Offenheit im Gespräch Bezug genommen, so sind dieses Merkmale, die dem partnerschaftlichen Beziehungsmodell von Thomas Gordon zugrunde liegen.
Thomas Gordon wurde 1918 in einer amerikanischen Kleinstadt mit dem Namen der Weltstadt Paris geboren und verstarb im Jahr 2002. Er studierte zunächst Medizin und anschließend Psychologie, u. a. bei Carl Rogers, dem Vater der Gesprächspschotherapie, zu dem er auch viele Jahre eine freundschaftliche Beziehung unterhielt. Das Studium wurde zwischenzeitlich unterbrochen durch Gordons Einberufung in die Armee während des Zweiten Weltkriegs. Nach dem Studium arbeitete er zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität. Danach wurde er Unternehmensberater, zunächst in abhängiger Stellung, dann als Selbstständiger. Neben dieser Tätigkeit war Gordon später auch als Therapeut tätig. Unzufrieden mit seiner therapeutischen Tätigkeit wandte er sich seit 1962 vornehmlich dem Thema zu, wie sich Beziehungen zwischen Personen verbessern lassen. Gordon hatte sich schon in früheren Jahren mit diesem Thema beschäftigt und zwar in Bezug auf demokratisches Führungsverhalten in Organisationen. Später wurde das Modell partnerschaftlicher Beziehungen auch auf andere Personengruppen übertragen (vgl. Breuer, Karlpeter Hrsg.: Das Gordon-Modell).
Das Beziehungsmodell wird dabei in verschiedenen Veröffentlichungen in deutscher Sprache dargestellt: Neben Publikationen, die das partnerschaftliche Beziehungsmodell in allgemeiner Weise darstellen, gibt es auch solche, die das Modell auf bestimmte Personengruppen anwenden.
Das Gordonsche Beziehungskonzept ist nun Grundlage dieses Buches. Dabei wird auf Veröffentlichungen Bezug genommen, die das partnerschaftliche Beziehungsmodell in allgemeiner Weise zum Gegenstand haben, das heißt sich nicht mit bestimmten Personengruppen befassen.
Welche Inhalte sind nun Gegenstand des Gordon-Modells? In allgemeiner Weise lässt sich sagen, dass sich Gordon mit der Lösung verschiedenartiger Probleme beschäftigt:
Da sich diese Arbeit mit dem Vermeiden und einvernehmlichen Lösen von Konflikten beschäftigt, wird auf nachfolgende Gordonsche Themen Bezug genommen:
Ein Konflikt mit einer anderen Person kann vermieden werden, indem es mir gelingt, ein unannehmbares Verhalten einer anderen Person zu beseitigen (c) oder indem ein unannehmbares Verhalten erst gar nicht auftritt (d).
Das einvernehmliche Lösen eines Konflikts kann sich einmal darauf beziehen, dass ich einen Konflikt mit einem anderen habe, ich also in der Auseinandersetzung Partei (Betroffener) bin (e), als auch darauf, dass andere einen Konflikt miteinander haben, ich also nicht Betroffener, sondern Außenstehender bin, der eine Vermittlungsfunktion übernimmt (b).
Nicht Bestandteil dieser Arbeit ist so der Sachverhalt, dass eine andere Person ein Problem hat (a).
Wenn diese Arbeit nun Bezug nimmt auf die Gordonschen Lösungen des Umgangs mit und des Vermeidens von Konflikten, so handelt es sich um Problemlösungsmethoden, die (mittlerweile) auch Bestandteil von anderen Konzepten sind, die sich mit dieser Thematik befassen (vgl. hierzu die Literaturliste). Darüber hinaus lässt sich die Niederlagelose Methode der Konfliktlösung, ein Kernelement des Umgangs mit Konflikten, ableiten aus einem allgemeinen Problemlösungsmodell.
Diese Arbeit unterscheidet sich von dem in den Gordon-Büchern dargestellten Beziehungskonzept dadurch, dass bei vielen Themen zusätzliche Informationen eingefügt wurden, die zu einer vertiefenden Darstellung führen.
So wurden z. B. neben dem Vorliegen von starken Bedürfnissen weitere Konfliktursachen benannt und damit auch zusätzliche Möglichkeiten der Beseitigung von Konflikten.
Darüber hinaus wurden neue Themen hinzugefügt und damit der Anwendungsbereich erweitert:
Ganz allgemein lässt sich sagen, dass dem partnerschaftlichen Beziehungskonzept eine handlungstheoretische Perspektive zugefügt wurde.
Gleichzeitig wurden Aussagen präzisiert und systematisiert, und letztlich wird die Darstellung des Beziehungskonzepts durch zahlreiche eigene Beispiele angereichert.
Die vorliegende Arbeit stellt Möglichkeiten dar, wie sich Konflikte vermeiden und lösen lassen. Neben der Wissensvermittlung und -kontrolle erhalten Leser die Gelegenheit, Übungen durchzuführen und werden darüber hinaus ermuntert, partnerschaftliche Beziehungstechniken im Alltag anzuwenden. Die Arbeit gliedert sich entsprechend in einen Wissens-, Übungs- und Anwendungsteil:
Wenngleich die Gordonschen „Beziehungskonferenzen“ mit Ausnahme der „Familienkonferenz“ (dort werden im Anhang vier Übungen präsentiert) ausschließlich das partnerschaftliche Beziehungskonzept (mit vielen Erfahrungs-/Fallbeispielen) thematisieren, so gibt es gleichwohl die Möglichkeit, partnerschaftliches Beziehungsverhalten systematisch in entsprechenden Trainingsseminaren einzuüben.
So werden (Stand 2012) von der Akademie für personenzentrierte Psychologie in Bonn, die die Lizenz für Gordon-Trainings für Deutschland hat, an Ausbildungen angeboten:
Familientraining für Eltern und Erzieher (klassische und erweiterte Version)
Effektivitätstraining für Lehrer
Leader Effectiveness Training für Führungskräfte
Führungstraining für medizinische Berufe
Gordon-Konfliktlösungstraining für pflegende Berufe
Training zur Beziehungskonferenz
Die angegebenen Ausbildungen beziehen sich auf die im Text genannten Beziehungsbereiche. Darüber hinaus bietet die Akademie weitere Trainings an.
Da derzeit das Wissen um partnerschaftliche Beziehungsmethoden, dargelegt in den Gordon-Beziehungskonferenzen, getrennt ist von deren Einüben außerhalb eines Trainingsseminars (mit Ausnahme des Parent Effectiveness Trainings, wo ein Training innerhalb der Familie erfolgt), schließt dieses Buch diese Lücke. Es wendet sich an Leser, die - aus welchen Gründen auch immer - ein Trainingsseminar nicht besuchen möchten, gleichwohl aber Interesse haben, Methoden in Eigenregie einzuüben.
Die Arbeit wendet sich an Leser, die ein besonderes Interesse an der Vermeidung und dem befriedigenden Lösen von Konflikten haben. In Frage kommen so Personen, die von Berufs wegen mit vorgenannten Sachverhalten zu tun haben (Erzieher, Pädagogen), aber auch solche, die ihre Paar-, Eltern-Kind-, Freundschaftsbeziehungen oder Beziehungen im beruflichen Bereich verbessern wollen.
Die Arbeit ist in verschiedene Teile aufgegliedert:
Teil I beschäftigt sich zum einen mit dem Nutzen, den dieses Buch für den Leser hat (I, 1.). Sodann wird der Gedanke, dass es sich bei diesem Buch um ein Lernprogramm handelt, noch einmal näher erläutert (I, 2.).
Sollen in dieser Arbeit Methoden des zufriedenstellenden Lösens und Vermeidens von Konflikten vermittelt werden, so behandelt Teil II einige theoretische Grundlagen hierfür:
Teil III wendet sich dem Vermeiden von Bedürfniskonflikten zu. Als Mittel der Konfliktvermeidung werden dabei primär bestimmte Kommunikationsformen vorgestellt, die sich beziehen auf
Teil IV widmet sich dem Lösen von Konflikten.
Die hier vorgestellte partnerschaftliche Form der Konfliktlösung lässt sich nur bei gleichberechtigten Beziehungen anwenden und bei hierarchischen, wenn Ranghöhere die Initiative ergreifen. Es wird so in diesem Kapitel zusätzlich dargelegt, welche anderen Formen der Konfliktlösung noch in Betracht kommen, wenn Rangniedere Konflikte lösen wollen.
Teil V (12.) nimmt schließlich noch einen Perspektivwechsel vor: Behandelt Thomas Gordon, wie Personen sich verhalten können, wenn sie unannehmbarem Verhalten von Dritten ausgesetzt sind, so wird zum Schluss der Arbeit zusätzlich die Frage beantwortet, wie sie reagieren sollen, wenn sie selbst Dritten gegenüber ein unerwünschtes Verhalten zeigen.
Schließlich wird das Lernprogramm in Teil VI abgerundet mit einem Fazit und Ausblick (13.)
Das vorliegende Buch ist eine Erweiterung der veröffentlichten Arbeit „Konflikte einvernehmlich lösen und vermeiden“:
Eine Arbeit, die davon handelt, wie Konflikte einvernehmlich gelöst und vermieden werden können, verspricht einen hohen Nutzen für den Beziehungsalltag. Im ersten Kapitel wird deshalb hierauf noch einmal eingegangen.
Das Buch thematisiert die einvernehmliche Konfliktlösung und -vermeidung in Form eines Lernprogramms. Dessen Merkmale werden in einem weiteren, d. h. zweiten Kapitel, dargestellt.
Haben Sie schon einmal überlegt, wieviel Zeit Sie am Tag mit anderen Menschen verbringen und mit welchen Personen? Machen Sie die Probe aufs Exempel und lassen Sie beispielsweise einmal den gestrigen Tag an sich vorbeiziehen:
„Wie war das noch gestern Morgen …, und hatte ich da nicht auch noch abends Kontakt mit …?“ Lassen Sie sich dabei Zeit, und trinken Sie währenddessen ruhig auch eine Tasse Kaffee (oder Tee?). ... Sind Sie überrascht darüber, mit wie vielen Personen Sie Kontakt hatten?
Sie können sich nun weiter fragen: Welche Kontakte waren befriedigend und welche waren belastend? Wenn Sie Interesse an dem Fragespiel gefunden haben, können Sie nun fortfahren und sich mit den für Sie belastenden Verhaltensweisen beschäftigen. Wählen Sie (zunächst) nur ein Verhalten aus, das Sie auch heute noch beschäftigt, während Sie weiter sinnieren:
Konnten Sie z. B. zum wiederholten Male morgens nicht frühzeitig ins Badezimmer, weil Ihr Ehepartner noch mit der Maniküre beschäftigt war?
Haben Sie dadurch z. B. Ihren Bus zur Arbeit verpasst und sich eine Rüge Ihres Chefs eingehandelt?
Waren Sie deshalb wütend auf Ihren Partner, traurig, enttäuscht etc.
Haben Sie Ihrem Gegenüber gar nichts gesagt, ihm Vorwürfe gemacht, ihn beleidigt oder ihm negative Konsequenten angedroht etc.?
Hat er Einsicht gezeigt und versprochen, sein Verhalten zu ändern, hat er sich gerechtfertigt, war er beleidigt oder gar ärgerlich?
Haben Sie sich unverstanden oder verstanden gefühlt? Ist ein vorliegender Ärger verstärkt oder schwächer geworden? Haben Sie sich geschworen, Ihrem Gegenüber keine Gefälligkeiten mehr zu erweisen oder ihm die „kalte Schuler“ zu zeigen etc.?
Wenn Sie weiterhin noch Ausdauer haben, können Sie nun Ihre Erkundungen auch für andere, Sie belastende Verhaltensweisen fortsetzen. Schließlich sollten Sie zum Schluss dann für sich ein Fazit ziehen, mittels welcher Verhaltensweisen Sie (im Allgemeinen) auf Beeinträchtigungen durch andere reagieren.
Reagieren Sie häufig mit Vorwürfen oder dem Androhen von Konsequenzen, so befinden Sie sich in bester Gesellschaft mit vielen anderen Zeitgenossen. Derartiges Verhalten löst beim anderen zumeist Ärger, Schuldgefühle, Feindseligkeit oder Scham aus, das zu Rechtfertigungen, Gegenangriffen, Verweigerung oder Schweigen führt, selten jedoch zu Einsicht und dem ernsthaften Willen zur Verhaltensänderung.
Sie wiederum sind möglicherweise von derartigen Reaktionen enttäuscht und verstärken den Druck auf den anderen, sich zu ändern. Letztendlich enden derartige Auseinandersetzungen in der wechselseitigen Einschätzung, dass der andere einen nicht versteht mit der Folge eines (zeitlichen) Rückzugs.
Trägt man häufig Auseinandersetzungen in dieser Form aus, so werden Beziehungen belastet und ein in funktionierenden Beziehungen wechselseitiger Austausch von positiven Belohnungen versiegt. Irgendwann stellt sich dann die Frage, ob man derartige Kontakte aufrechterhalten sollte, sofern man Alternativen hat.
Obwohl diese Aussagen insbesondere für Paar- oder Freundschaftsbeziehungen gelten, so ist eine vorgenannte Auseinandersetzung auch im Verhältnis zu Kindern und Arbeitskollegen unerfreulich: Das Verhältnis zu Kindern wird getrübt, wie auch das zu den Arbeitskollegen.
Legt man Wert darauf, dass Beziehungen intakt bleiben, dann sollten Formen der Auseinandersetzung gepflegt werden, die es ermöglichen, dass andere Personen dem Anliegen des Veränderns von unerwünschtem Verhalten verständnisvoll gegenüberstehen. Dies ist deshalb so wichtig, weil Menschen immer wieder einmal unannehmbares Verhalten als Folge der Befriedigung ihrer Bedürfnisse zeigen.
Es ist so zunächst einmal ein Einstellungswechsel notwendig, der das Bestehen von Konflikten als etwas Normales ansieht und nicht als ein Unglück: Das gemeinsame Thematisieren von Konflikten bietet die Möglichkeit, den anderen in seiner Verschiedenheit wahrzunehmen. Das gemeinsame Lösen von Konflikten bietet die Chance, mit der Verschiedenheit fruchtbar, d. h. zu einem Gewinn für alle Seiten, umzugehen. Das beinhaltet dann auch, dass Lösungen gefunden werden, die für alle Beteiligten akzeptabel sind. Das ist nicht immer, jedoch häufig möglich.
Die im vorliegenden Lernprogramm beschriebenen Möglichkeiten des Vermeidens von und des Umgangs mit Konflikten beruhen auf letztgenannten Überlegungen:
Wird ein in dieser Arbeit vorgestelltes partnerschaftliches Konfliktverhalten praktiziert, so hat das mehrere Vorteile:
In Bezug auf einzelne Beziehungsbereiche lassen sich darüber hinaus noch weitere Aussagen formulieren:
Kinder ihrerseits nehmen auch das Elternverhalten als ein Modell wahr, wie sie selbst besser mit unangenehmem Verhalten von anderen umgehen können. Eine höhere soziale Kompetenz macht sie dann auch bei anderen Kindern beliebter.
Nachdem ich Sie hoffentlich vom Nutzen des Lernprogramms überzeugen konnte, möchte ich nun einige Aussagen zum Programm selbst machen:
Die Inhalte des Lernprogramms beziehen sich auf eine Verbesserung des Verhaltens zur Konfliktlösung und Konfliktvermeidung. Das Lernprogramm lässt sich dabei in einzelne Lernblöcke unterteilen:
Zunächst werden mit der Festlegung der Bedeutung des Konfliktbegriffs, der Unterscheidung von Bedürfnis- und Wertbeeinträchtigung und der Darlegung der dem Programm zugrunde liegenden Wertvorstellungen Sachverhalte behandelt, die als
Grundlagenthemen
anzusehen sind.
Darauf aufbauend behandeln dann weitere Lernblöcke, wie sich unannehmbare Verhaltensweisen beseitigen (vermeiden) und Konflikte partnerschaftlich lösen lassen. So geht es um den Umgang mit
Das vorliegende Lernprogramm bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihr Verhalten zu ändern: Ein gegenwärtiger unbefriedigender Zustand wird mittels des Lernprogramms in einen zukünftigen befriedigenden Zustand überführt. Dabei werden aufeinander aufbauend verschiedene Verfahrensweisen angewandt: Wird zunächst Wissen vermittelt, so werden anschließend Übungen bereitgestellt, die die Gelegenheit bieten, die erworbenen Kenntnisse auszuprobieren. Schließlich werden Leser ermutigt, die neuen Methoden auch in ihrem Alltag anzuwenden. Nachfolgend sollen einige Erläuterungen zu den verschiedenen Verfahrensweisen erfolgen.
Erwerb von Wissen über beziehungsfreundliche Konfliktlösungs- und -vermeidungsmethoden
Die Wissensvermittlung über einzelne Methoden des Umgangs mit Konfliktlösung und -vermeidung erfolgt in einer bestimmten Art und Weise:
Durchführen von Übungen
Weiß der Leser, in welcher Weise er unannehmbarem Verhalten anderer Personen begegnen kann bzw. wie er Konflikte löst, so erfolgt als Nächstes eine Anwendung von Wissenselementen in schriftlichen Übungen.
Anwendung von Methoden in der Praxis
Dienen die Übungen dazu, ein wenig mit den Methoden vertraut zu werden, so sollte anschließend das Wagnis ihrer Umsetzung in die Praxis unternommen werden. Zur gewissenhaften Vorbereitung bzw. Strukturierung derartiger Praxisanwendungen stehen zum Ende der entsprechenden Kapitel Empfehlungen zur Vorgehensweise zur Verfügung.
Wenngleich das Buch dazu verhelfen möchte, partnerschaftliche Methoden des Umgangs mit unannehmbarem Verhalten anzuwenden, ist damit nicht zugleich eine Garantie gegeben, dass eine derartige Anwendung erfolgreich sein wird. Zugleich gilt, dass dieses Trainingsprogramm eine Beziehungsberatung wie Eltern- oder Paarberatung nicht ersetzen kann, sollten Beziehungen zerrüttet sein.
Allgemeine Aussagen
Das Lernprogramm lässt sich vollständig oder auch nur teilweise durchführen. So kann eine Person nur Interesse an den theoretischen Ausführungen haben, Übungen ohne Anwendungen machen oder nur ein bestimmtes Konfliktlösungs- und Konfliktvermeidungsverhalten verändern wollen.
Sollte eine Person die Absicht haben, das gesamte Programm zu absolvieren, dann ist es ratsam, sich an den hier vorgestellten Ablauf zu halten:
Es wird hier bewusst darauf verzichtet, Zeitkorridore für die Verwendung der Beschäftigung mit den einzelnen Lernblöcken vorzugeben, da Personen sich darin unterscheiden, in welcher Geschwindigkeit sie lernen, welches Vorwissen sie mitbringen hinsichtlich des Lernprogramms und welchen zeitlichen Aufwand sie willens und fähig sind, auf sich zu nehmen. Zugleich lassen sich Gelegenheiten zur Anwendung von partnerschaftlichen Methoden häufig nicht genau vorhersehen.
Nichtsdestotrotz wird zum einen geraten, sich nicht nur sporadisch mit dem Lernprogramm zu beschäftigen, sondern kontinuierlich. Die Bildung von präzisen Absichten kann hierbei eine Hilfestellung sein (vgl. 5.)). Daneben sollte zum anderen eine einzelne Methode erst einmal eine Zeitlang ausprobiert werden, bevor man sich einer neuen Methode zuwendet.
Das Lernprogramm kann alleine oder mit einer anderen Person, z. B. dem Lebenspartner, durchgeführt werden. Letzteres ist zu empfehlen, da dann die Motivation zu dessen Durchführung gesteigert wird (vgl. 5.)).
Lernstufen
Wenn Sie das hier dargestellte Lernprogramm durcharbeiten, so durchlaufen Sie einen Veränderungsprozess, der auch dann noch anhält, wenn das Lernprogramm abgeschlossen ist:
Das Lernprogramm lässt sich in einen handlungsbezogenen Rahmen einfügen. Hierauf soll nun (skizzenhaft) verwiesen werden. Derartige Überlegungen nehmen dabei ihren Ausgang von dem Sachverhalt, dass Handeln auf der Grundlage bestimmter Faktoren erfolgt: Ausgangspunkt zur Ausführung einer Handlung ist zunächst das Vorliegen eines Wunsches. Dessen Stärke hängt dabei von dem Ausmaß einer erwarteten Bedürfnisbefriedigung ab.
Beispiel:
Sie lieben Geselligkeit und ein entspanntes Liegen am Strand in Ihrer Freizeit. Sie wünschen sich deshalb einen Urlaub auf Mallorca, weil Sie der Ansicht sind, dass dieser Ort für Sie optimal ist, um Ihre Bedürfnisse befriedigen zu können. Sind Sie sodann auf Mallorca, so kann die tatsächliche Bedürfnisbefriedigung der erwarteten entsprechen oder aber nicht. Im letzten Fall sind Sie dann enttäuscht und werden demnächst nicht wieder Mallorca besuchen.
Das Vorliegen eines Wunsches reicht nicht aus, soll es zu einer Handlung kommen. Vielmehr müssen Sie in der Lage sein, diesen Wunsch auch verwirklichen zu können