Kuhrios 4 - Marie L. Thomas - E-Book

Kuhrios 4 E-Book

Marie L. Thomas

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Beschreibung

Maria Banani ist Schriftstellerin und lebt in einem kleinen Kaff namens Bombs. Eigentlich ist dort nichts los, nur manchmal, da entflieht ein Bär aus dem Zoo und Onkel Eckart aus dem Seniorenheim, da treiben Maulwürfe ihr Unwesen in Marias Garten und im zehnten Stock eines Hochhauses, da schreibt Maria ein Buch über eine Butterkeksin …

Dieses Mal:

"Die Schorle des Charly" - Warum Filiberta Michi attackierte und wieso Maria ihre Mission am Ende nicht erfüllt hatte

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Veröffentlichungsjahr: 2018

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Marie L. Thomas

Kuhrios 4

Die Schorle des Charly

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Die Schorle des Charly

An einem regnerischen Tag Post aus dem sonnigen Südfrankreich zu erhalten, konnte schon ziemlich deprimierend sein; vor allem, wenn man erfuhr, dass der Absender des Briefes – in diesem Fall Charly, ein ehemaliger Klassenkamerad – auf dem Weingut seines steinreichen Vaters lebte, während man selbst spartanisch wie eine Kirchenmaus in einem kleinen Häuschen im letzten Winkel, um nicht zu sagen: am Arsch dieser Welt, vor sich hin vegetierte.

Nachdem ich Charlys Nachricht gelesen hatte, stieg mein Stimmungsbarometer allerdings wieder stark an. Zum einen lag das daran, dass er mit dem Schreiben seine gesamte damalige Schulklasse – mich eingeschlossen – zu einem Klassentreffen auf das Gut einlud. Zum anderen sollte das Ganze unter dem Motto »Papa zahlt« ablaufen, was bedeutete, dass ich mich weder um Flug, noch um Unterkunft, noch um Verpflegung sorgen musste.

Kaum eine halbe Stunde später hatte ich meine Schulfreundin Fibi an der Strippe. Sie war ziemlich aufgeregt und es fiel mir ernsthaft schwer, zu verstehen, was sie am anderen Ende der Leitung so eifrig in den Hörer plapperte. Offensichtlich hielt auch sie ihren Freifahrtschein ins einwöchige Kostenfrei bereits in den Händen.

Die Aussicht auf den bevorstehenden Urlaub animierte sie zum Fantasieren über französische Restaurants und französische Strände und französische Maler, und das baldige Wiedersehen unserer Mitschüler dazu, Erinnerungen an unsere Schulzeit hervorzukramen.

Wir hatten unsere Klassenkameraden nun schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gesehen und ich fragte mich, ob ich sie wohl auch alle wiedererkennen würde. Vor meinem inneren Auge trat ein wildfremder Jemand vor mich und rief entzückt aus: »Maria! Mensch, ist das lange her!« Ich sehe ihn ratlos an, da fragt er: »Ja, sag mal, erinnerst du dich nicht an mich?« Und ich stammle: »Äh, … ja, doch, klar … Ich meine, ja, klar erinnere ich mich an dich.« Und dann wende ich mich heimlich an Fibi, die neben mir steht, und flüstere: »Wer in aller Welt ist das?«

Fibi nämlich, eigentlich hieß sie Filiberta, besaß die eigenartige Veranlagung, sich jedes Gesicht merken zu können, das ihr vor die Augen kam. Ja, ich war mir sicher, sie würde sich an jeden Clown erinnern, den sie als Dreijährige im Zirkus gesehen hatte – selbst wenn dieser heute ein anderes Kostüm trug als damals oder sich ihr gar gänzlich ungeschminkt präsentierte. Auch Asiaten konnte sie ohne Schwierigkeiten voneinander unterscheiden. – Eine Fähigkeit, für die ich sie sehr bewunderte, zumal ich meinen alten chinesischen Freund Li Chung bei jeder Gelegenheit mit seinem Vetter Chow Fang verwechselte. – Ja, ich konnte mir sicher sein: Sollte ich tatsächlich, ich glaubte es zwar nicht wirklich, aber es konnte ja sein, in die Verlegenheit geraten, Charly oder einen der anderen nicht wiederzuerkennen, Fibi würde es ganz bestimmt …

 

Wir saßen im Flieger. Meine Freundin hatte den Fensterplatz ergattert, ich residierte in der goldenen Mitte und eine betagte, zierliche Dame wurde von einer der Stewardessen auf den Sitz rechts neben mir manövriert. Auf den ersten Blick wirkte die Seniorin gebrechlich, ihre Augen aber versprühten eine Menge Lebenslust.

Sie fragte nach meinem Namen – fünfmal; dann erkundigte sie sich nach unserem Reiseziel. »Fliegen wir nach Paris?«

»Nein, wir fliegen nach Toulouse.«

»Der Süden, wie schön …« seufzte sie, lehnte sich zurück und legte einen wohligen Blick auf – einen, den ältere Damen für gewöhnlich nur dann auflegten, wenn auf dem Konzert ihres Lieblingsschlagersängers derselbige besonders langsam an ihnen vorbeiflanierte, um ihnen seine schmalzigen Zeilen direkt ins Gesicht zu dichten.

»Warum fliegen wir nach Süden?«, fragte sie plötzlich.

»Ich weiß nicht, was mit Ihnen ist«, erwiderte ich. »Aber wir …« Ich deutete auf Fibi und auf mich. »… wir sind auf dem Weg zu ’nem Klassentreffen.«

»Ein Klassentreffen? Wie aufregend! Bei einem meiner Klassentreffen habe ich meinen Herbert kennengelernt. Das heißt, nein, gekannt habe ich ihn ja vorher schon – Aus der Schule, wissen Sie? –, aber bei dem Treffen, da haben wir uns auf der Stelle verliebt und er hat mir einen Antrag gemacht. Vor der gesamten Klasse!«

Fibi beugte sich über meinen Schoß. »Sie haben einen Ihrer alten Schulkameraden geheiratet? Wie romantisch!«

Trudi, so hieß die alte Dame, schüttelte den Kopf. »Nein, Herbert war mein Lehrer.«

»Ihr Lehrer?« Filiberta lehnte sich noch weiter über mich.

An sich hatte ich nichts dagegen, dass die beiden sich in ein Gespräch vertieften, doch sie verloren sich so völlig im Jahre neunzehnhundertsonstwann, dass sie zum einen den Ententanz, den die Stewardessen im vorderen Teil des Flugzeugs nun aufführten, überhaupt nicht registrierten und zum anderen durch ihr lebhaftes Geplapper und durch den Umstand, dass Fibi mir permanent die Sicht versperrte, auch verhinderten, dass ich nur das geringste davon mitbekam. Dies hätte mich wohl nicht weiter beunruhigt – hätte es sich nicht um meinen ersten Flug gehandelt.

Während ich noch darüber nachsann, was Schwimmwesten in einem Flugzeug zu suchen hatten, bekamen wir auch schon verordnet, uns anzuschnallen.

Fibi und Trudi trennten ihre bis eben zusammengesteckten Köpfe voneinander und setzten sich auf, um sich die Gurte umzulegen.

»Jetzt geht’s los«, gurrten sie. Voller Vorfreude. Ganz so, als hätten sie sich gerade vor dem Fernseher niedergelassen, um sich einen Liebesfilm aus dem Jahre neunzehnhundertsonstwann anzuschauen.