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Die Märchen sind eins des wichtigsten Kulturerbes der Menschheit. Sie sind eine Produktion des Menschengehirnes. Sie trägen die Spuren von tausend Jahren. Es gibt gemeinsame Elemente in ganzen Märchen auf der Welt. Meiner Meinung nach gibt es mehr Gemeinsamkeiten in den Märchen der Völker, deren Sprachfamilien gleich sind, da die Sprache und das Märschen aus derselben Quelle sprudeln. Diesbezüglich habe ich mehrere gleiche Punkte in den deutschen und kurdischen Märchen gefunden(siehe Einführung) wie z.B. die gleichen Personen, Gegenständen, Ereignissen usw. Stößen die Märchen die Grenze des Denkens? Sind sie nur die Produktion der menschlichen Phantasie oder vermitteln sie uns die Wirklichkeit über das weltliche Leben? Was ist das Märchen? Warum benötigen die Menschen die Märchen? Dieses Buch, das jetzt in ihren Händen liegt, besteht aus den zehn Märchen, die ich selbe gesammelt habe. Mein Ziel war, dass die kurdischen Märchen nicht verloren gehen und in die Weltliteratur eingehen. Die kurdischen Märchen sind von Indio-europäischem Kulturerbe. Das Buch is in einer klare Sprache geschrieben, somit jede kann es verstehen. Und für jedes Märchen ist mit einem Bild, insgesamt 22, illustrieret und Bedeutungsgemäß platziert.
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Seitenzahl: 137
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Emin Yas
Ich widme dieses Buch meinem Großvater (1928-1996) und Den Kurden, deren mündliche Überlieferung noch nicht gut verschriftet worden ist.
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Das Märchen ist ein wichtiger Nachweis dafür, dass der Mensch mit der Realität immer noch nicht Zufrieden ist.
Die Märchen kommen unmittelbar aus der Seele eines Volkes.
Die Märchen sind ein Teil eines Volksgedächtnisses.
Es ist bekannt, dass die Mündliche Überlieferungstradition bei den Kurden stark ist. Die kurdischen Märchen sind keine Ausnahme. Sie tragen in sich nicht nur viele kulturellen Elemente aber auch Lebensstil und Denkformen der Kurden. Das kurdische Märchenschätz geht bis zur archaischen Frühzeit.
In den meisten ihrer Märchen spiegeln sich gesellschaftliche und politische Strukturen der Kurden wieder. Der Agha wird in seinem Palast dargestellt, umgeben mit Dienern, Beratern und von wunderschönen Gärten; ihm gegenüber stehen die Bewohner der Städte und Dörfer, die Bauern, die Nomaden. Kurdische Märchen sind reich an Tiergeschichten, Schwänken und Zaubermärchen, wobei die Tierwelt in ihnen offensichtlich ein Hauptthema ist. Es sind wahrscheinlich geographische und anthropologische Gründe, dass Tiere und Tierfabeln einen wichtigen Platz in diesen Märchen haben, denn die Mehrheit der kurdischen Bevölkerung lebte auf dem Land, in eng zusammen mit den Tieren.
Wenn zum Beispiel der kurdische Schriftsteller und Erzähler Osman Sabri über das Gesamtbild der Kurden spricht, so schreibt er gern in Fabeln von schwachen und verfolgten Tieren. Erwähnt sei hier auch, dass Tierfabeln vor allem bei den indogermanischen Völkern vorkommen[1].
Einer der Lieblingshelden der kurdischen Volksprosa ist Mirza Mihemed, von welchem auch eines der hier niedergeschriebenen Märchen handelt. Es variiert von Region zu Region, wobei ich die hier befindliche Version des Märchens in der Region Siirt in der Türkei gesammelt habe.
Neben den bereits erwähnten Tiermärchen und Fabeln präsentiert das vorliegende Buch sowohl Legenden, Hausmärchen als auch die bei Kurden sehr häufig vorkommenden Zaubermärchen als weitere Genres der Volksprosa.
Die Eigentümlichkeit der kurdischen Märchen sei sehr klar, sagt Frau Luise-Charlotte Wetzel, die gute Arbeit zum Thema kurdischer Märchen geleistet hat, obwohl man in kurdischen Märchen fremde Einflüsse finden kann, wie die arabische Fabulierkunst[2], die Verwandtschaft mit einigen türkischen Schwankerzählungen oder die in allen orientalischen und auch europäischen Märchen zu findenden Motive. Ein Beispiel für diese Eigentümlichkeit ist die Rolle der Frau in kurdischen Märchen, welche unvergleichlich aktiver dargestellt wird. Sie ist Kampfgefährtin des Mannes, ihre Intelligenz und ihr Verhalten werden hochgeschätzt[3].
Erwähnt werden sollen hier auch Ordichane und Celile Celil[4], welche kurdische Märchen, vor allem Volksmärchen, gesammelt, aufgezeichnet und kommentiert haben. Ein anderer bekannter kurdischer Märchensammler ist Cemal Nebez[5]. Er war Lektor zwischen 1971–78 an der Freien Universität von Berlin im Institut für iranische Philologie und leistete besonders im Bereich der kurdischen Linguistik sehr wichtige Arbeiten.
Fast alle von mir selbst gesammelten und hier aufgeschriebenen Märchen haben ein so genanntes „Happy End“, ein allgemeines Charakteristikum der Weltmärchen. Das Böse wird am Ende bestraft und das Gute belohnt, die Protagonisten finden ihr Glück und der Wunsch geht immer in Erfüllung. Die kurdischen Märchen haben meist eine feste Floskel für den Anfang und das Ende.
Am häufigsten beginnen die Märchen mit den Worten: „Çarekî ji çaran rehmet li dê û bavê gûhdaran, li warek x hebû“, was wortgetreu übersetzt heißt: „Ein Mal von vielen Malen, mögen die verstorbenen Mütter und Väter der Zuhörer in Frieden liegen, an einem Ort gab es X[6]“ oder auch „Hebû tinebû, x hebû“, zu Deutsch „Es war einst, es war ein X“.
Zum Abschluss eines Märchens heißt es dann: „Ihre Wünsche sind ihnen erfüllt worden, mögen auch Eure Wünsche in Erfüllung gehen.“ Wenn von einem Glück die Rede ist, heißt es: „Sieben Tage und sieben Nächte tönten die Trommeln und spielte die Sonar. Sie mögen sich ihres Glückes freuen, freut Ihr Euch des euren.“ Neben diesen Abschlussfloskeln wird besonders in der Region Siirt immer folgender Vers gesagt: „Çiroka me ço nav deviya, rehmel li dê û bavê we hemiyan”, zu Deutsch: „Unser Märchen ist zu Ende (wortgetreu: ‚in die Büsche’) gegangen und mögen alle eure Verstorbenen in Frieden liegen.“
Dieses Buch enthält die Märchen, die mir mein Großvater während meiner Kindheit in der Region Siirt zuerst erzählt hatte. In meiner Zeit auf dem Gymnasium hatte ich dann schon manche davon niedergeschrieben. Sie standen seitdem in meinen Tagebüchern, bis ich einigen Leuten begegnete, deren Dörfer Anfang 1990er Jahre aus Sicherheitsgründen evakuiert worden waren, und die sich daraufhin in unserem Dorf niederließen. Zu jener Zeit wohnte ich in der türkischen Stadt Adana, als ich jedoch im Jahr 1993 unser Dorf besuchte und mich mit diesen Familien unterhielt, habe ich mich wieder mit den Märchen beschäftigt. So konnte ich beispielsweise von den zwei Familien Abdulkadir (Qado) Schen, der Sohn Ibrahims, und Ibrahim Schen aus der Region Botan einige Märchen sammeln und sie meinen Märchen hinzufügen. Darüber hinaus konnte ich durch Gespräche über die Märchen diese mit denen meines Großvaters vergleichen und dort notwendige Veränderungen vornehmen.
Für die Richtigkeit der Märchenversionen habe ich nochmals einige Verwandten und Freunde in meiner Heimat befragt. Trotz all meiner Bemühungen konnte ich manche Lücke in einem Märchen nicht ausfüllen. Vor allem das erste Märchen ist nicht vollständig, da es verschiedene Versionen des Märchenteiles gibt. Viele der anderen Märchen habe ich verbessert, einige konnten wiederum unverändert blieben.
Die Idee jedoch, daraus ein Buch zu machen, stammt von meinem Bruder Lokman, welcher Germanistik studierte. Als ich auf die Zulassung für die Doktorarbeit an der Freien Universität Berlin wartete, habe ich mich wieder hingesetzt und mit Lokmans Hilfe alle zehn Märchen neu bearbeitet und zusammengestellt. Mein Bruder kannte sie besser, da er längere Zeit mit unserem Großvater verbracht hatte und sogar neben ihm war, als dieser im Jahr 1995 starb. Mein Großvater hatte keinen Schulabschluss, aber anstelle des Schulbesuches ging er in eine Medresse, wo er bei einem Gelehrten eine religiöse Ausbildung erhielt und so das heilige Buch „Koran“ lesen konnte. Die arabische Schrift schreiben oder Arabisch sprechen hatte er jedoch nicht gelernt. Außer für seinen Militärdienst und einer Pilgerfahrt nach Mekka war er nirgendwohin gereist. Er war sehr gläubig und las uns immer die religiösen Hymnen, Märchen, Erzählungen und Geschichten vor.
Eigentlich hätte ich dieses Buch „Die Märchen meines Großvaters“ nennen sollen, da ich aber ich viele Veränderungen vornahm und neue Märchen eingefügte, wovon viele zu den kurdischen Volksmärchen gehören, habe ich den Titel „Die kurdischen Märchen“ gewählt.
So bedanke ich mich zuerst bei meinem Großvater (Gott möge ihn in Frieden ruhen lassen), dass er mein Interesse für die Märchen geweckt hatte. Ich danke meinem Bruder Lokman für seine viele Hilfe und den Mut, den er mir gab, dieses Buch zu schreiben. Des Weiteren gebührt der Familie Ibrahims und Qados und all den anderen, die aus dem Gebiet Botan in unser Dorf einwanderten, großer Dank.
Ein Freund, bei dem ich mich besonders bedanken möchte, ist Christian Schröter. Wir haben zusammen Iranistik studiert. Er kennt sich sehr gut mit dem Thema Märchen aus und hat sogar einige Erfahrung als Märchenerzähler für Kinder in Berlin und seiner Heimat Thüringen gesammelt. Er erledigte die deutsche Korrektur, nahm nötige Veränderungen vor und brachte die Arbeit auf den letzten Stand. Für die viele Arbeit, die er für dieses Buch geleistet hat, bin ich ihm sehr dankbar.
Die jeweiligen zugehörigen Abbildungen geben einen wirklich wunderbaren Eindruck von den einzelnen Erzählungen und wecken das Interesse bei den Lesern. Vielen Dank an den irakischen Kurden Fehmi Balayi für diese Illustrationen. Bei Roni Ozmen bedanke ich mich für die kurdische Redaktion. Außer diesen Personen gehört mein Dank alle jenen, die mir ihre Zeit gaben und mir die Märchen wieder und wieder erzählten. Zu letzt noch ein Dank an meine Freunde und Verwandte für ihre Hilfe.
[1] Luise-Charlotte Wentzel, 1978, Kurdische Märchen, s. 271, Köln, Duseldorf, Diederichs.
[2] Das Rahmen-Motiv aus „1001 Nacht“, dass Geschichten-Erzählen vor drohendem Unheil bewahren kann, wurde auch von den Kurden übernommen.
[3] siehe hierzu das Buch von Eva Savelsberg, Siamend Hajo und Carsten Borck, 2000, „Kurdische Frauen und das Bild der kurdischen Frau“ , Kapitel Phantasie: Die weiblichen Heldin, Seite 39.
[4] Ordichane und Celile Celil, 1978, „Kurdische Volksmärchen“, Jerewan/Armenien (mit einem Vorwort in kurdischer Sprache mit kyrillischer Schrift)
[5] Cemal Nebez „Kurdische Märchen und Volkserzählungen“ (1972), Bamberg.
[6] „X“ bedeutet hier einen Menschen, ein Tier oder eine Sache.
Wenn wir über etwas reden, das schwer zu glauben ist, sagen wir: „Das kommt nur im Märchen vor“, oder: „Das passiert nur im Märchen“. Was sind eigentlich Märchen? Warum erfand der Mensch die Märchen? Haben alle Völker der Welt Märchen? Stoßen die Märchen an die Grenze des Denkens? Dies sind vielleicht schwierige Fragen, ich möchte mich dennoch einigen Punkten kurz zuwenden.
2a. Die Definition von Märchen
Nach der Definition des Wahrig Wörterbuchs (2005) ist das Märchen „fantasievolle Erzählung ohne räumliche und zeitliche Bindung, in der die Naturgesetze aufgehoben sind und das Wunder vorherrscht.“ Das Brockhaus Lexikon (2006) schreibt: Das Märchen ist „eine mündlich oder schriftlich tradierte Prosaerzählung, in der die Bedingungen der Wirklichkeit aufgehoben zu sein erscheinen.“
Märchen hatten immer einen wichtigen Platz in unserem Leben. Sie halfen dabei, dass wir unsere Nächte mit Freude verbrachten. Sie waren ein unentbehrlicher Bestandteil unseres Lebens. Mit ihnen haben wir unsere Kinder beruhigt, so dass sie leise wurden oder schlafen konnten. Sogar heute haben die Märchen nichts von ihrer Bedeutung verloren, denn der Mensch braucht sie noch immer, um mittels ihrer Art seine unerfüllten Wünsche zu befriedigen. Vielleicht haben genau deshalb die Fantasy-Romane „Herry Potter“[1] der Lehrerin Joanne K. Rowling mit all den Zaubereien darin so viele Rekorde gebrochen.
Das Märchen hat die Besonderheit, über die Grenze der Wirklichkeit hinaus zu gehen. Es stellt dar, wie der Mensch auf besondere Weise versuchte, die Erfüllung seiner eigenen Wünsche zu erlangen. Märchen sind wie Musik, Sprache, Essen, Kleidung etc. ein Teil des Volksschatzes, sie weisen zugleich dessen Mentalität auf. Zugleich tragen sie die Spuren der Menschheit von tausenden Jahren. Die meisten mündlich überlieferten Märchen wurden seit dem Ende des 19. Jahrhunderts verschriftlicht[2].
Märchen haben die Grenze zwischen unserer Wirklichkeit und den Träumen[3] bezogen. Sie zeigen unsere Nichtzufriedenheit mit der Realität auf, sie haben sich in unserer Sprache, unserer Denkweise und unserer Kultur angereichert. Die Bedeutung der Märchen war enorm, besonders bis zur Zeit der industriellen Revolution ab dem 19 Jahrhundert, als der Mensch begann, andere Unterhaltungsmedien wie z.B. Radio oder Fernsehen zu erfinden. Märchen haben meiner Meinung nach sogar viel dazu beigetragen, dass sich das Genre der Science-Fiction-Filme so gut und schnell etablieren konnte, denn auch diese sind Produkte der Träume, der Fantasien und zeigen, dass der Mensch sich immer weitreichenden Gedanken macht; nämlich läßt er den Horizont für sich selbst immer erweitern. Nicht wenige Elemente von Science-Fiction-Filmen wurzeln in der Literatur, die aus der Verschriftlichung ehemals mündlich tradierter Geschichten und Märchen stammt.
Zwischen Märchen und den anderen Literaturgattungen wie Prosa, Poesie oder Theaterstücken besteht eine vertikale Beziehung. In fast allen Kulturen[4] entstanden lange schon vor dem 19. Jahrhundert Gedichte, Theaterstücke und Romane.
Man kann sagen, dass unsere heutige visuelle Unterhaltung, welche sich seit Beginn des 19 Jahrhunderts rasend entwickelt hat, auf dieser Etablierung der Literaturgattungen basiert. Ich denke, es besteht auch eine enge Beziehung zwischen den Träumen und den Märchen. Märchen und Träume, besonders beim Betreten der Nicht-Realität, weisen zu einem großen Maße Parallelitäten auf. Beide können eine übernatürliche Welt präsentieren. Der einzige Unterschied besteht jedoch darin, dass die Märchen üblicherweise glücklich, mit einem „Happy End“ enden. In Träumen hingegen begegnet man manchmal unerwünschten Dingen bzw. negativen Ereignissen wie z.B. Horror, Abstützen, Abenteuern, Kriegen, Tod…usw. Ein Traum kann zu einem Albtraum werden.
Zwei Faktoren wirken sich hauptsächlich auf negative Träume aus: jedes für einen Menschen wichtige Geschehen sowie verschiedenste Reize wie Hunger, Durst etc.
Betrachtet man andererseits die positiven Träume, lassen sich zwei Gruppen bilden. Die erste beinhaltet unmögliche Fähigkeiten, wie fliegen können, sich retten, einen Krieg gewinnen, die zweite beinhaltet einfache Wünsche wie Reichtum, Erfolg, Gewinn, ein schönes Leben.
Hierbei sei an die Aussagen der klassischen Theorie der Psychoanalyse erinnert, die annahm, dass es sich bei Träumen um verdeckte Wunscherfüllungen handelt. Sigmund Freud sagte, dass die Wunscherfüllung sowohl mit dem inneren Wesen des Traumes als auch mit den substantiellen Bestimmungsstücken, die zu jedem Traum gehören, verbunden ist. Seiner Ansicht nach waren alle Träume Wunscherfüllungen. Anders gesagt, die Wünsche, die verdrängt und tabuisiert wurden, zeigen sich in symbolisch verkleideter Form in den Träumen. Nach seiner Ansicht versucht der Wunsch nach Erfüllung in das Bewusstsein zu gelangen, das Bewusstsein jedoch wehrt sich gegen diese. Darüber hinaus nahm Freud an, es gäbe einen Traum-Arbeitsmechanismus oder Zensor, damit sehr starke, sozial nicht akzeptierte Wünsche in symbolische, nicht direkt verständliche Bilder umgewandelt werden.
Gibt es ein Volk auf der Welt ohne Märchen? Die Antwort ist höchstwahrscheinlich „Nein“, jedes bekannte Volk scheint Märchen zu haben. Man kann davon ausgehen, dass Märchen mit den unterschiedlichsten Inhalten existieren, je nach den Gegenständen, die einem Volk oder einer Volksgruppe zur Verfügung stehen sowie ihre Umgebung und geografische Lage. Zum Beispiel kann es sein, dass ein Element wie die Hexerei in europäischen Märchen sehr häufig vorkommen als in afrikanischen Märchen[5] oder umgekehrt.
Über den Ursprung der Märchen gibt es einige Thesen. Zaubermärchen gehören demnach zum ältesten Märchentypus. Theodor Benfey (1809-1881)[6], ein prominenter deutscher Orientalist und Sprachforscher vertrat die These[7], dass die europäischen Märchen aus Indien stammen. Sicher war der Einfluss indischer Märchen auf die Entstehung europäischer Märchen groß, ob jedoch der Ursprung der europäischen Märchen in indischen Märchen liegt, wird kontrovers diskutiert. Da manche Dinge in der Wissenschaft schwer zu beweisen sind, existiert stets auch ein Gegen-Argument. Obwohl ich der ersten Diskussion zustimme, ist es weiterhin forschenswert.
Märchen sind meiner Meinung nach so alt wie die Menschheitsgeschichte.
Zur Gemeinsamkeiten der Märchen äußerten sich einige verschiedene Wissenschaftler. Der russische Philologe Wladimir Jakowlewitsch Propp nahm Anfang des 20. Jahrhunderts mit seiner strukturalistischen Untersuchung im Bezug auf die Morphologie des Märchens[8] eine signifikante Darstellung für die Literaturwissenschaft vor. In seiner Arbeit, welche eine wichtige Rolle in der Märchenforschung spielt, bemerkt er: „Allen Märchen liegt eine feste Handlungsstruktur zu Grunde, unabhängig von ihrem Inhalt. Diese Struktur erfüllt bestimmte Funktionen, die mit „archetypischen“ Akteuren verbunden sind (zum Beispiel Held, Gegenspieler, Helfer etc.)“.
Es lässt sich feststellen, dass geografisch nahe zu einander stehende Völker mit hoher Wahrscheinlichkeit entweder ähnliche Märchen in unterschiedlichen Fassungen haben oder zumindest dieselben Elemente in ihren Märchen auftauchen, wie Zauberer, Drachen, Feen, Hexen. Meiner Meinung nach stammen die Märchen genau wie die Sprachen aus denselben Quellen, haben sich aber aus verschiedenen Gründen voneinander entfernt oder wurden verstreut. Je älter sowie je verbreiteter ein Volksmärchen ist, desto mehr zeigt es Unterschiede, in seinen jeweiligen Ausformungen/Varianten. Durch gesellschaftlichen und technologischen Wandel haben sich die Volksmärchen inhaltlich und auf der Ebene ihrer Elemente geändert. So gehörten die Kurden beispielsweise bis zur Islamisierung(der Islam kam im 7. Jahrhundert n. Chr. nach Kurdistan), dem zoroastrischen Glauben an. Infolge der Islamisierung drangen islamische Elemente wie z.B. Rosenkränze, Beten…usw. in die kurdischen Volksmärchen ein, das Thema bzw. der Ablauf der Handlung des Märchens blieben wahrscheinlich jedoch erhalten. In der Geschichte des Elimamo konnte ich so etwas auffinden. Das Thema Islamisierung war ein großes Ereignis für die Kurden, da dadurch wurden nicht nur Sprache und Literatur mit arabischen Elementen gefüllt sondern es betraf die ganzen Ebenen der kurdischen Kultur, bis hin zur Kleidung und zur Kochkunst.
Ein anderes Bespiel: Die Rolle des damaligen Hofs in Frankreich, infolge der sozio-politischen Konstruktion, hat die Veränderungen ausgelöst, die im Märchen Rotkäppchen wahrscheinlich früher nicht drin waren wie z.B.: der Wolf war im menschlichen Kleidung bekleidet, Rotkäppchen liegt schön im Bett, ein Gedicht ist angehängt, um sie Sittenstrolchen zu warnen. Man sagt, dass Charles Perrault das Märchen zu jener Zeit angepasst hat, besonders in der moralischen Hinsicht.
Die Eigenschaften der Märchen lassen sich auch unter folgenden Gesichtspunkten zusammenstellen: Der Böse wird bestraft, der Gute wird belohnt. Sie tragen damit häufig eine didaktische belehrende Funktion. Zudem vermitteln sie soziale Werte wie beispielsweise das kleine kurdische Mädchen Dendiknare im gleichnamigen Märchen, das ihrer Mutter gehorchen sollte, ein in der kurdischen Kultur aus unterschiedlichen Gründen wichtiges Verhalten.
Der Ort ist meistes nicht bekannt, nur in den Kunstmärchen finden sich teilweise Angaben über den Ort. Mit göttlichem und teuflischem Subjekt wird oft erzählt, übernatürliche Vorfälle kommen häufig vor. Obwohl viele verschiedene Märchenarten existieren, sind die Zaubermärchen am meisten verbreitet.
Unterteilt werden Märchen zumeist in zwei Kategorien, in Volksmärchen und in Kunstmärchen. Der Unterschied zwischen beiden besteht darin, ob der Autor oder die Entstehungszeit bekannt ist oder nicht. Das Volksmärchen ist Volksdichtung, hingegen sind im Kunstmärchen Gestaltung und Struktur verändert, obwohl man Motive und Struktur der Volksdichtung finden kann. Die ursprünglichste Form, also die älteste Art aller Märchen der Welt ist mündliche Tradition. Kunstmärchen wurden dagegen nach der Verschriftlichung der Volksmärchen verfasst, sie sind daher wie eine Art der Fiktion entstanden (auch sind Volksmärchen eine Art von Fiktion). Der Autor Wilhelm Hauff beispielsweise schuf im 19. Jahrhundert viele Kunstmärchen, die unter den Lesern sehr beliebt waren und noch heute sind.
Bevor die europäischen Märchensammler vom Ende des 17. bis zum Ende des 19 Jahrhunderts(die größten waren Franzose Charles Perrault, die Brüder Grimm, Ernst Moritz Arndt, Benedikte Naubert und Ludwig Bechstein sowie der Schweizer Pädagoge Otto Sutermeister