Lady Fargarth lädt zum Dinner - Uwe Trostmann - E-Book

Lady Fargarth lädt zum Dinner E-Book

Uwe Trostmann

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Beschreibung

Während eines Dinners auf Canoch Castle steigt ein Mann ein und wird dabei vom Butler erschossen. Der Hintergrund der Geschichte liegt 12 Jahre zurück, als der Bruder des Erschossenen in einem Streit den Tod findet. Lady Edith Fargarth hat auf ihrem kleinen Schloss Canoch Castle Freunde zu einem Dinner eingeladen. Mit dabei sind ihr Lebenspartner Steve Brennan, Chief Inspector im Ruhestand, seine beiden Töchter Judy und Miriam, Lord Alasdair Colombier, Besitzer von Dewbury Hold, der Schauspieler Steward Young, der Landarzt Arthur Peabody, Lady Diana McGregor, Freundin von Lady Fargarth, und Francis und Angela Gilmore, Freunde von Steve Brennan. Am späten Abend fällt ein Schuss. Der Butler Ernest Wright hat John Strachan beim Versuch des Einbruchs erschossen. Im Laufe der Ermittlungen stellen sich für die Polizei und den pensionierten Chief Inspector Steve Brennan mehr und mehr die Frage, ob dieser vereitelte Einbruch etwas mit dem Verschwinden von Bill Strachan, dem Bruder des Erschossenen, zu tun hat. Und, ob nicht Lord Colombier und der Arzt Arthur Peabody am Tod und Verschwinden der Strachan-Brüder beteiligt sein könnten. Am Ende planten sie einen fast perfekten Mord, aber auch nur einen fast perfekten.

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Seitenzahl: 222

Veröffentlichungsjahr: 2025

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www.tredition.de

Uwe Trostmann

Lady Fargarth lädt zum Dinner

Kriminalroman

Impressum

© 2025 Uwe Trostmann

Website: www.uwetrostmann.de

Lektorat von: Sandra Lode, www.textkontur.com

Coverdesign von: Achim Schulte, www.achimschulte.de

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung:

[email protected]

ISBNSoftcover:978-3-384-64073-4Hardcover: 978-3-384-64074-1eBook: 978-3-384-64075-8

Inhalt

Ein Dinner mit Freunden

Ein spätes Frühstück

Verschwiegene Gesellschaft

Wie es im Buch steht

Fischen gehen

Weitere Bücher von Uwe Trostmann

Wie oft wäscht nicht eine Hand die andere und beide bleiben schmutzig!

Joseph Unger (1828 - 1913), österreichischer Rechtswissenschaftler, Mitbegründer der modernen Rechtswissenschaft und Präsident des Reichsgerichts von Österreich-Ungarn.

Ein Dinner mit Freunden

Müde, aber zufrieden lenkte Steve Brennan seinen Wagen zurück nach Canoch Castle. Zwei Tage hatte er am River Beauly mit Angeln zugebracht, hatte, nach längerer Abwesenheit, in seinem Haus sauber gemacht, die gefangenen Fische ausgenommen und in die Kühltruhe gelegt. Viermal hatte er dort übernachtet. Er hörte nur das Prasseln des Feuers, den Wind in den Zweigen, das Rauschen des Flusses und gelegentlich einen Wagen, der hinter seinem Haus vorbeifuhr, wenn er nach Einbruch der Dunkelheit mit einem Bier in der Hand auf seiner Veranda saß.

Stundenlang war er bei strahlendem Sonnenschein in seinen langen Anglerhosen im Wasser gestanden, hatte die Ruhe genossen und immer wieder darüber nachgedacht, ob seine Entscheidung, seinen Wohnort nach Canoch Castle zu verlegen, richtig oder falsch gewesen war. Er liebte sein Haus am Fluss, das er vor einigen Jahren gekauft hatte. Über dreißig Jahre hatte er davor in Birmingham gelebt und gearbeitet – als Chief Inspector bei der Mordkommission. Es war immer die Stille gewesen, die er nach jedem Fall gesucht und zu Beginn seiner Pensionierung am River Beauly gefunden hatte.

Und dann hatte er vor drei Jahren Lady Edith Fargarth kennengelernt, ausgerechnet bei der Aufklärung eines Falles, bei dem ein entfernter Verwandter von ihm eine unrühmliche Rolle gespielt hatte. Wie Brennan herausgefunden hatte, war der auch nur ein Opfer von Ediths Mutter und ihrem Großvater geworden, die ihn für ihre kriminellen Machenschaften benutzt hatten. Lady Elizabeth Fargarth wurde zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt, viele andere an dem Fall Beteiligte waren bereits verstorben. So hatte dieser Fall Steve Brennan und Lady Edith Fargarth zusammengebracht, und da er mit fortschreitendem Alter gelegentlich doch die Nähe zu anderen Menschen suchte, ließ er sich zu einem Umzug in ihr kleines Schloss überreden. Es war aber auch die Sicherheit, die er als älterer Mensch suchte und dort fand.

Nach der vierten Nacht am River Beauly hatte er die Fische in eine Tiefkühlbox gepackt und zusammen mit seiner Reisetasche im Wagen verstaut. Er stellte die Heizung im Haus auf ein Minimum, schickte eine Notiz an seinen Freund Francis Gilmore mit der Bitte, ab und zu an seinem Haus vorbeizuschauen, machte einen Kontrollgang und schloss die Eingangstür ab. Etwas wehmütig blickte er noch einmal zurück und setzte sich dann hinters Steuer.

Jetzt hatte er noch elf Meilen zu fahren. In der Ferne sah er bereits Canoch Castle, das etwa dreihundert Jahre alte Schloss der Familie Fargarth, und als er näherkam, erblickte er auch den Schlosspark, in dem er gerne spazieren ging. Für ihn besaß das altehrwürdige Gebäude nicht die Gemütlichkeit wie sein Haus am River Beauly, doch mit seinen hohen Mauern und großen Fenstern gab es seinen Bewohnern das Gefühl, beschützt zu werden. Canoch Castle war mit seinen zwölf Zimmern über zwei Stockwerke gerade noch klein genug, dass er den Überblick behalten konnte. Wohnlich fand er den Trakt rechts vom Eingangsbereich mit seinem großzügigen Treppenhaus und dem Ess-, Wohn- und Raucherzimmer. Zu den Schlafgemächern von Edith und Brennan, den Gästezimmern, den Räumen der Bediensteten sowie seinem kleinen Büro ging man ins Obergeschoss.

Seine Sorge, dass das Gebäude den einen oder anderen baulichen Mangel aufweisen würde, verflog bald. Die Familie Fargarth hatte die finanziellen Mittel, so ein Anwesen zu unterhalten. Brennan hatte sich hier in den letzten eineinhalb Jahren gut eingelebt.

Kurze Zeit später fuhr er vor das eiserne Tor, drückte den Türöffner und lenkte seinen Wagen auf den Parkplatz vor dem Seitenflügel. Als er ausstieg, kam ihm bereits Edith in einem Sommerkleid heiter gestimmt entgegen.

„Hallo Steve, hast du erfolgreiche Tage in Beauly verbracht?“

„Unsere Kühltruhe kann wieder gefüllt werden“, erwiderte er und umarmte sie.

Dann holte er die Tiefkühlbox mit den Fischen aus dem Kofferraum und übergab sie ihrer Köchin Evelyn Milne, die ebenfalls auf den Hof gelaufen kam.

„Evelyn, die können Sie uns heute zum Dinner zubereiten.“

„Ich weiß nicht, ob die heute Abend für alle reichen.“

Brennan sah sie verwundert an. „Wieso?“

„Steve, ich habe für heute Abend ein paar Gäste eingeladen. Es wird sehr unterhaltsam werden“, klärte ihn Edith auf.

„Wer kommt denn?“, brummte er missmutig. In diesem Moment bereute er es, nicht noch länger in Beauly geblieben zu sein.

„Einige, die du kennst“, sagte sie geheimnisvoll. „Aber sämtliche Gäste sind sehr gesellig.“

„Wen kenne ich?“

„Deine Freunde Francis und Angela Gilmore.“

„Was? Die haben mir gar nichts davon gesagt. Wir haben einmal miteinander telefoniert.“

„Es sollte auch eine Überraschung sein. Und Judy und Miriam sind auch schon da.“

„Und wo stecken meine Töchter?“

„Da sie nicht wussten, wann du heute zurückkommst, haben sie einen Ausflug gemacht.“

„Und wer kommt noch?“

„Dr. Arthur Peabody, Lord Alasdair Colombier, meine Freundin Lady Diana McGregor kennst du bereits. Und Steward Young, ein Schauspieler.“

„Wie kommst du denn auf diese Leute? Dr. Peabody ist ein sehr unterhaltsamer Mensch und wir sehen ihn gezwungenermaßen ab und zu in seiner Praxis. Lord Alasdair Colombier habe ich nur einmal von Weitem gesehen. Aber ihn gleich zum Dinner einladen? Deine Freundin Diana ist bei diesen Abenden manchmal gut zu ertragen. Und dann Steward Young? Ein mittelmäßiger Schauspieler. Wie kommst du auf den?“

„Nun komm erst mal rein. Lunch ist gleich fertig, dann können wir uns darüber unterhalten.“

Brennan mochte keine Überraschungen. Die hatte er während seiner über dreißigjährigen Karriere als Chief Inspector ständig erleben müssen. Privat hatte er sich seine Gesprächspartner immer selbst ausgesucht – er hatte nie viele gehabt. Seine Unterhaltungen bestanden aus Verhören und Besprechungen im Kommissariat. Während der letzten vier Tage hatte er es genossen, mit niemandem reden zu müssen. Es gab für ihn keinen Grund, mit irgendjemandem zu reden.

Eine halbe Stunde später hatte er sich umgezogen und war ins Esszimmer gekommen. Mit großem Hallo begrüßten ihn seine Töchter Judy und Miriam.

„Sir, darf ich Ihnen ein Bier anbieten?“ Butler Wright war an ihn herangetreten und hielt ihm mit einem leichten Lächeln ein Glas entgegen. Brennan freute sich über diese Geste, Wright hatte sich schnell mit seinen Gepflogenheiten vertraut gemacht.

Sie nahmen am Tisch Platz und Brennan schaute erwartungsvoll zu Edith. „Haben wir nicht Lord Alasdair Colombier vor circa einem Jahr zufällig bei einem Ausflug zum Kloster Carningsby getroffen?“, fragte er. „Er wohnt dort in der Nähe auf Dewbury Hold. Ich kannte ihn noch gar nicht. Er ist wohl ein Freund deiner Familie.“

„Ja, ich erinnere mich. Er hat die interessante Geschichte von der Renovierung des kleinen Schlosses und vom Wiedereinzug erzählt. Und Dr. Peabody ist uns wohlbekannt. Ich denke, auch er ist ein interessanter Gesprächspartner.“

„Solange er nicht zu viel Whiskey getrunken hat“, brummte Brennan.

„Steward Young gastiert momentan in Aberdeen und ist zu Besuch hier in der Gegend“, fuhr Edith fort. „Wir haben ihn im letzten Jahr in der Hauptrolle als Macbeth gesehen. Er hat bestimmt viel zu erzählen.“

„Hoffentlich wird er nicht den gesamten Abend Shakespeare rezitieren.“

„Daddy, es wird bestimmt interessant“, warf Miriam ein.

Brennan sah kurz zu seiner Tochter und vermied ein ärgerliches Gesicht.

„Wie war denn deine Angeltour?“, fragte sie. Alle schauten ihn neugierig an.

Brennan nahm einen Schluck Bier und räusperte sich. „Schön, ruhig und erfolgreich.“

„Wie viele Fische hast du gefangen, Steve?“ Edith wollte ihn aus der Reserve locken, viel hatte er seit seiner Rückkehr noch nicht berichtet.

„Daddy, wenn am River Beauly kein Mord aufzuklären war, kannst du doch ein wenig erzählen“, fügte Judy hinzu.

Da sie ja doch keine Ruhe geben würden, berichtete er von seinen „Kämpfen“ mit den Forellen und schilderte seine Abende am Fluss.

„Daddy, wird es dir wirklich nicht langweilig, die ganze Zeit allein dort zu sitzen?“

„Meine liebe Judy. Für mich ist das Erholung.“

„Hast du denn hier so viel zu tun? Du bist doch Pensionär und es gibt hier nicht jeden Tag einen Toten.“

„Die gibt es hier zum Glück so gut wie nie“, ging Edith dazwischen und lachte.

„Na ja, es gibt hier schon das eine oder andere zu tun.“ Brennan schaute sie an.

„Steve hat vor einiger Zeit Holz gehackt“, sagte sie grinsend. „Er hat es oben am Wald entdeckt und meinte, es müsste zerkleinert werden.“

„Damit wir den Kamin heizen können“, erklärte er.

„Habt ihr niemanden, der das für euch machen kann?“, fragte Miriam ungläubig.

„Natürlich“, erwiderte Edith. „Steve hat nur eine Beschäftigung gesucht.“

Es entstand eine Pause, bis Brennan fragte: „Edith, wie wird das Dinner heute Abend ablaufen.“ Er machte ein leicht besorgtes Gesicht.

„Nun, die Gäste werden gegen neunzehn Uhr erwartet. Nach einem Aperitif gibt es eine Vorspeise, dann den Hauptgang und dann das Dessert. Anschließend werden wir noch gemütlich beisammensitzen. Unsere Gäste möchten bestimmt etwas über dich erfahren.“

„Kriminalgeschichten gibt es heute aber keine“, brummte er.

„Wird auch nicht notwendig sein. Unsere Gäste bringen sicherlich genug Geschichten aus ihrem eigenen Leben mit.“

Brennan schwieg. Er löffelte die Gemüsesuppe, die ihm sehr gut schmeckte. Als Wright eintrat, ließ er einen Dank an die Köchin ausrichten. Seine Laune besserte sich zusehends. Edith atmete auf und lächelte.

„Ich bin auf Lord Colombier gespannt“, bemerkte Brennan. „Er hat eine interessante Karriere hingelegt. Zuerst hat er sich in jungen Jahren verspekuliert, dann seinen Familiensitz verkaufen müssen, ist nach über dreißig Jahren mit Geld zurückgekehrt und hat Dewbury Hold wieder übernommen.“

Edith sah ihn verwundert an. „Woher weißt du davon?“

„Ich habe in deiner Bibliothek ein Buch über schottische Burgen und Schlösser gefunden und bin auf Dewbury Hold gestoßen. Mir sind dieser Verkauf und Rückkauf aufgefallen. Ich bin neugierig geworden und habe im Internet recherchiert.“

„Daddy, weiß man, womit sich Colombier verspekuliert hat?“, fragte Judy.

„Keine Ahnung, das kannst du ihn heute Abend selbst fragen.“

An der Tür stand diskret der Butler Wright und hörte interessiert zu.

Die Sonne schien an diesem Nachmittag von einem beinahe wolkenlosen Junihimmel, als Brennan mit Edith und seinen Töchtern einen Spaziergang durch den weitläufigen Park von Canoch Castle machte. Er wollte natürlich wissen, wie es ihnen ging und wie ihnen ihre Arbeit Spaß machte.

„Ach Daddy, das fragst du uns jedes Mal. Wir haben keinen so aufregenden Beruf wie du.“

„Als Rentner erwartete ich trotzdem nicht so viel Kriminalfälle.“

„Du hast aber offensichtlich Spaß daran, wenn du mal wieder um Unterstützung gebeten wirst“, meinte Judy.

„Wahrscheinlich liegst du damit nicht falsch, liebe Judy“, sagte Edith.

Brennan gab nur ein Knurren von sich.

„Was würdest du denn ohne die Kriminalfälle tun? Immer nur Angeln gehen wird doch mit der Zeit langweilig.“

Brennan blickte sie empört an. „Das kann ich wirklich nicht bestätigen, meine liebe Edith. Mein Hobby ist das Angeln, deines das Jagen.“

„Was du nicht so erbaulich findest.“

Er schwieg dazu.

„Und wie gefällt es dir hier auf Canoch Castle?“, fragte Miriam.

„Gut, sonst wäre ich nicht hier“, lautete die knappe Antwort. Auf Fragen nach seinem Leben auf Canoch Castle reagierte er zurückhaltend – Edith gab die Antworten, die er selten kommentierte.

„Euer Daddy fühlt sich hier wohl, das kann ich euch versichern. Und er findet immer wieder interessante Gesprächspartner.“

„Womit wir wieder beim heutigen Abend wären“, kam Brennan auf das aktuelle Thema zurück. „In der Tat Überraschungsgäste …“

Gegen siebzehn Uhr wollte er zurück ins Haus – mit der Begründung, dass er noch etwas am Schreibtisch arbeiten müsse, bevor die Gäste kämen.

„Kannst du bitte im Anzug zum Dinner kommen?“ Edith sah ihn kurz an, bevor er ins obere Stockwerk verschwand. Brennan zuckte kaum merklich, blieb eine Sekunde im Treppenhaus stehen, antwortete nicht und ging dann weiter.

Pünktlich um neunzehn Uhr trafen Francis und Angela Gilmore ein, beide waren festlich gekleidet. Brennan in einem anthrazitfarbenen Anzug und – auf Anraten ihres Butlers – mit Fliege und Edith im ebenfalls festlichen, aber nicht langen Kleid, standen am Haupteingang, während Francis den Wagen parkte. Brennan ging auf sie zu und umarmte beide herzlich.

„Steve, du hättest uns ruhig sagen können, dass du länger in Beauly sein würdest“, sagte Angela mit leicht vorwurfsvollem Ton.

„Steve wird wissen, warum er in Ruhe fischen wollte“, meinte Francis.

Jetzt kam ihnen auch Edith entgegen. Brennan stellte sie vor, da sie sich bisher noch nie getroffen hatten, und Edith begrüßte beide herzlich. Die Frauen kamen sofort ins Gespräch, Francis ging mit seinem Freund etwas abseits zum Parkplatz zurück.

„Sag mal, Steve, du lebst jetzt hier? In diesem Schloss? So was hätte ich mir bei dir nicht vorstellen können.“

„Ich mir auch nicht, Francis, aber es hat sich nun mal so ergeben.“

„Ich gehe aber davon aus, dass du das freiwillig tust“, neckte er ihn. Kurz meinte Francis, ein leichtes Grinsen auf Brennans Gesicht zu sehen.

„Nun, wie du weißt, hat mich ein Kriminalfall hergeführt.“

„Mit einem netten Nebeneffekt.“

Brennan kommentierte das nicht weiter.

Kaum waren die beiden zurück an der Tür, fuhr ein Range Rover auf den Parkplatz vor dem Haupteingang. Neugierig wandte Brennan den Kopf und sah, wie Lord Alasdair Colombier aus dem Wagen stieg. Er trug auch heute wieder eine Kombination aus Tweedstoff. Energisch, etwas steif, kam er ihnen entgegen. Edith war ein paar Schritte auf ihn zugegangen, Brennan folgte ihr in geringem Abstand.

„Willkommen, Lord Colombier“, begrüßte sie ihn. Mr Steve Brennan kennen Sie ja bereits.“

„Guten Abend, Chief Inspector“, grüßte der ihn mit einem Lächeln zurück.

„Im Ruhestand, Lord Colombier“, verbesserte Brennan.

Edith führte ihn zu den Gilmores.

Brennan versuchte, sich ein Bild von Colombier zu machen. Der fünf Fuß sechs große Mann mit dünnem grauem Haar, das er zur Seite gekämmt hatte, blauen Augen und ungewöhnlich heller Haut, war eine auffällige Erscheinung. Der Mann setzt sich durch, dachte Brennan. Beinahe kam er zu dem Schluss: auch über Leichen.

„Darf ich Ihnen Mr und Ms Gilmore aus Inverness vorstellen.“

Als er den Lord beobachtete, merkte Brennan sofort, dass dieser Menschen, die nicht von seinem Stand waren, von oben herab betrachtete – wenn auch dezent.

Edith geleitete die Gäste zum Eingang, wo Wright bereitstand. „Ernest, bitte führen Sie unsere Gäste ins Esszimmer.“

Kurz danach fuhr der nächste Gast mit seinem schon in die Jahre gekommenen Land Rover auf den Parkplatz, gefolgt von einem Austin-Sportwagen. Aus dem ersten stieg Dr. Arthur Peabody, der von Edith und Brennan herzlich begrüßt wurde. Er war hier der Landarzt und auch in der Vergangenheit schon nach Canoch Castle gerufen worden. Mit seiner Größe von beinahe sechs Fuß, seinem etwas schlaksigen Körperbau, war er in der Gegend sehr bekannt und gut vernetzt. Auch heute trug er wieder seine karierte Hose und sein dunkelgrünes Jackett. Er kam aus Easter Drummond. Mit seiner kumpelhaften Art war er beliebt, saß gerne mit den Einheimischen im Pub und trank manchmal zu viel. Dann wurde er redselig, wusste Brennan.

Der Sechsundfünfzigjährige war in einem kleinen Ort nahe Inverness aufgewachsen, bevor er in Edinburgh Medizin studierte und nach zweiundzwanzig Jahren an mehreren Kliniken eine Allgemeinarztpraxis in der Nähe von Whitebridge übernommen hatte. Er war ein Mensch dieser Gegend, hatte viele Kontakte und war auch beliebt bei seinen Patienten. Gerne saß er abends im Pub und beteiligte sich nicht nur an Diskussionen und Liedern, sondern trank auch manchmal etwas mehr Whiskey, als er nach dem Gesetz durfte. Zwei Verkehrsunfälle unter Alkohol und ein viermonatiger Führerscheinentzug waren die Folge gewesen. Seit dieser Zeit musste er seinen Autoschlüssel bei den Wirten abgeben, die ihm dann ein Taxi besorgten, oder er wurde von einem anderen Gast nach Hause gebracht. Alle waren sich einig, dass sie ihren Doktor noch lange behalten wollten.

Mit seinen Beziehungen war er nicht so erfolgreich. Er war zweimal verheiratet gewesen, hatte zwischendurch immer wieder Affären mit anderen Frauen gehabt, aber auch seine letzten Verbindungen hatten nicht lange bestanden. Eine davon war mit Lady Diana McGregor gewesen, die aber bereits nach sechs Monaten und heftigen Streitigkeiten wieder auseinanderging. Diana wollte sich zu sehr in sein Leben einmischen, verteidigte er sich später. In seine Freiheit, seine Praxis und seine Lebensauffassung wollte er sich grundsätzlich nicht hineinredenlassen.

Lady Diana McGregor fuhr ihren Sportwagen mit Schwung auf den Parkplatz, entstieg ihm, kam mit schnellen Schritten auf Edith zu und bedankte sich bereits im Herankommen bei ihr für die Einladung. Sie trug einen naturweißen Hosenanzug, ihr dunkel gefärbtes längeres Haar lag attraktiv über dem hellen Stoff. In dieser Aufmachung sah sie in der Tat jünger als siebenundfünfzig aus.

Brennan kannte Diana, seitdem er mit Edith befreundet war. Sie war bekannt für ihr extravagantes Auftreten und stellte sich gerne in den Mittelpunkt. Diana war seit zehn Jahren verwitwet. Ihr gehörte das Anwesen Kalepeck Citadel, ein Landhaus im schottischen Stil. Edith und sie waren schon seit Schultagen Freundinnen.

Die beiden Frauen umarmten sich und Diana wandte sich dann Brennan zu, den sie ebenfalls stürmisch begrüßte. Peabody war ein paar Schritte davor stehen geblieben. Er kam offenbar direkt aus seiner Praxis – diese Hose und das Jackett trug er oft.

Diana blickte ihn an. „Schön, dich auch mal wieder zu sehen.“

Peabody reagierte nicht darauf, stellte sich an die Seite der Gastgeber und vermied es, Diana anzuschauen.

Die vier unterhielten sich angeregt, aber als nach weiteren fünf Minuten Steward Young noch nicht eingetroffen war, bat Edith sie alle zusammen ins Esszimmer, wo die anderen Gäste bereits in Gespräche vertieft waren. Einige standen um Lord Colombier herum, der für sie eine Attraktion war und offensichtlich die Aufmerksamkeit genoss. Zwei Damen, die Edith für diesen Abend eingestellt hatte, servierten den Gästen Getränke und Appetizer. Wie zu erwarten, kam Dr. Peabody mit den Gästen ebenfalls schnell ins Gespräch.

„Weiß dieser Schauspieler, dass er eingeladen ist? Wie war doch sein Name?“, fragte Brennan.

„Steward Young hat seine Teilnahme bestätigt. Vielleicht wurde er aufgehalten.“

„Oder hat seinen Text vergessen“, frotzelte Brennan.

„Steve, bitte, er wird schon noch kommen.“

Sie gingen zu den Gästen, wo Francis und Angela Gilmore Brennan sofort mit Beschlag belegten. Ihm war das ganz recht, denn er tauschte sich gerne erst einmal mit Menschen aus, die er gut kannte, und beobachtete nebenbei den Rest der Gesellschaft.

„Und du fühlst dich hier auf Canoch Castle wohl?“ Francis sah seinen Freund mit leicht verschmitzter Miene an. „Du hast doch immer die Einsamkeit gesucht. Und jetzt wohnst du in einem Schloss mit Bediensteten.“

„Also es gibt hier natürlich auch Vorteile. Einmal ist da Edith, wegen der ich hierhergezogen bin – es ist ihr Wunsch gewesen. Sie erwartet nicht von mir, dass ich immer anwesend bin, ich habe meine Freiheit.“

„Ihr lebt aber zusammen wie in einer Familie“, meinte Angela.

„Well, wir haben beide unsere Familien, tun sie aber nicht zusammen. Edith hat keine Kinder, ich habe meine erwachsenen Töchter.“

„Aber du hast auch Aufgaben hier?“, wollte Angela wissen.

„Eigentlich nicht. Edith hat Bedienstete. Sie fragt mich manchmal um Rat, wir machen zusammen Ausflüge. Ansonsten tue ich hier nicht viel. Ich gehe spazieren oder auch manchmal in einem Bach in der Nähe fischen. Viel fange ich allerdings darin nicht. Ich werde mich noch weiter in der Gegend umsehen müssen.“

„Wichtig ist, dass du dich wohlfühlst“, meinte Angela. „Und dein Haus in Beauly steht jetzt leer?“

„Wir fahren ab und zu dorthin und übernachten manchmal auch. Es ist so eine Art Ferienhaus für uns.“

„Oder ein Ort, wohin du dich zurückziehen kannst“, ergänzte Francis.

Edith hatte die meiste Zeit bei den anderen Gästen gestanden, wandte sich aber jetzt ihnen zu. „Steve, wollt ihr nicht zu uns kommen? Wir unterhalten uns hervorragend.“

„Chief Inspector Brennan. Ich freue mich sehr, Sie einmal persönlich kennenlernen zu dürfen.“ Lord Colombier hatte sich zu ihm gedreht und gab ihm die Hand. „Wir haben uns zwar einmal in der Nähe des Klosters gesehen, es freut mich aber, Sie hier wiedertreffen zu dürfen.“

Die Familie Colombier war seit über dreihundert Jahren im Besitz des kleinen Schlosses Dewbury Hold. Nachdem Lord Alasdair Colombier es vor über drei Jahrzehnten hatte verkaufen müssen, lebte er mit seinen Söhnen seit einigen Jahren wieder dort.

Der Lord war als eigensinniger Mensch bekannt. Seine Frau Priscilla war vier Jahre nach Geburt des zweiten Sohnes verstorben und seine Söhne hatten es nie geschafft, sich aus der Abhängigkeit von ihrem Vater zu lösen – sie waren zum Gehorsam erzogen worden. Besonders der ältere, Charles, führte sämtliche Anordnungen seines Vaters aus. Charles hatte ein Auktionshaus und war auf alte Bücher spezialisiert. Er war einmal verheiratet gewesen, seine Frau hatte ihn aber bereits nach wenigen Jahren verlassen. Spätere Bekanntschaften gingen ebenfalls schnell wieder in die Brüche – er war seinem Vater zu ähnlich.

Der jüngere, Michael, wollte zweimal eine Familie gründen, was aber jedes Mal an der Ablehnung seines Vaters scheiterte – die angehenden Schwiegertöchter kamen nicht aus standesgemäßem Haus. Nach langen Auseinandersetzungen hatte sich Michael bei der Berufswahl gegen seinen Vater durchgesetzt und war Schauspieler geworden. Wegen seiner Depression trat er allerdings kaum auf – er hatte nur wenige Engagements und wurde zum Gespött seines Vaters und seines Bruders.

Edith war zu der Zeit des Verkaufs von Dewbury Hold noch jung gewesen, konnte sich aber noch an Lord Colombier, seine Frau und die Kinder erinnern. Das meiste, was sie von der Familie hörte, waren Gerüchte.

Das Haus wurde an den National Trust verkauft, das dazugehörende Land hatten Bauern aus der Umgebung erworben. Nachdem Colombier wieder zu Geld gekommen war, hatte er das zum Teil gut unterhaltene Gebäude zu einem für ihn günstigen Preis wieder zurückgekauft, ebenso wie das dazugehörige Land. Der umtriebige Lord hatte sofort die Renovierungsarbeiten organisiert.

Edith kannte das Familienoberhaupt seit dem Rückkauf von Dewbury Hold näher. Er war gelegentlich zu Besuch auf Canoch Castle gewesen und hatte längere Gespräche mit ihrer Mutter, Lady Elizabeth Fargarth geführt. Seit die im Gefängnis saß, hatte er sie dort mehrfach besucht.

„Lord Colombier, das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite. Ich habe recht viel über Ihre Familie gehört und bin beeindruckt, dass Sie Dewbury Hold wieder bewohnbar gemacht haben.“

„Das war mein Anliegen seit vielen Jahren. Es hat mich auch einiges an Kraft gekostet, die Banken von meinem Plan zu überzeugen.“

„Das kann ich mir vorstellen, nachdem die Preise für Immobilien in den letzten Jahren so gestiegen sind.“

„Das war in der Tat nicht einfach. Allerdings hat der National Trust einen recht annehmbaren Betrag gefordert.“

„Da haben Sie Glück gehabt“, sagte Brennan.

„Waren Sie schon einmal in Dewbury Hold?“

„Nein, ich habe es noch nie besucht. Wie Sie vielleicht wissen, lebe ich erst seit wenigen Jahren hier in Schottland.“

„Dann lade ich Sie hiermit dazu ein.“

„Das kann ich Ihnen nur empfehlen“, sagte Dr. Peabody. „Ich hatte einmal die Gelegenheit. Zuvor kannte ich nur einen Teil des Gebäudes als Museum. Ich hatte immer wieder beim Trust nachgefragt, ob das gesamte Gebäude für Besucher geöffnet werden könnte. Es fehlte aber offensichtlich am Geld.“

„Das stimmt wahrscheinlich“, erklärte Colombier. „Während der dreiundzwanzig Jahre des Leerstandes ist nichts renoviert worden. Zum Glück hat das alte Gemäuer nicht zu sehr darunter gelitten. Zerstört wurde nichts.“ Colombier erzählte mit einem Schmunzeln, dass kurz nach seinem Einzug eine Person dort wahrscheinlich im Moor verschwand, die Leiche aber nie gefunden wurde. Brennan hörte aufmerksam zu, wollte aber keine Fragen dazu stellen.

„Das ist hier in Schottland nichts Besonderes“, kommentierte Dr. Peabody. „Solche Geschichten werden hier oft erzählt.“

„Lord Colombier?“, fragte Miriam. „Wir sind noch zwei Tage hier. Könnten wir Sie in diesem eindrucksvollen Schloss besuchen? Es sieht beinahe wie eine kleine Burg aus.“

„Das würde mich und meine Söhne freuen. Wenn Sie möchten, kommen Sie alle morgen gegen elf Uhr. Dann erhalten Sie schon einmal einen ersten Eindruck.“

Brennan brummte etwas wie „Das muss doch nicht sein“, doch Judy sagte: „Das möchte ich mir gerne ansehen.“

„Steve, wir machen alle morgen einen Ausflug dorthin, nicht wahr?“, fragte Edith. „Francis und Angela, ihr bleibt doch auch noch eine Nacht länger?“

„Das wird leider nicht möglich sein“, erwiderte Francis. „Ich habe morgen Mittag einen wichtigen Termin.

„Das ist wirklich schade.“

„Wenn du nichts dagegen hast, komme ich auch mit.“ Diana McGregor hatte die Unterhaltung mit angehört und stellte sich jetzt zu ihrer Freundin.

„Natürlich kommst du auch mit.“

„Mylady, Ladys and Gentlemen. Mr Steward Young ist eingetroffen.“

Wright führte einen etwa vierzigjährigen Mann ins Zimmer. Auffallend war sein dunkler Anzug, als besonderen Akzent trug er eine bunte Fliege am Hals. Er brachte einen Strauß Rosen mit, den er der Gastgeberin überreichte.

„Lady Fargarth, es ist mir eine Ehre, heute Abend Ihr Gast sein zu dürfen“, begrüßte er sie theatralisch mit einer Verbeugung.

Edith zeigte ihm ein Lächeln, im Hintergrund war leises Gekicher von Brennans Töchtern zu hören. Ihr Vater sah mit einem Grinsen zu ihnen. Angela ertappte ihn dabei und stieß ihn leicht in die Seite.

„Mr Young, es ist uns eine Ehre, einen so bekannten Schauspieler heute Abend in unseren Reihen zu haben.“ Edith blickte sich um. „Da wir nun vollständig sind, wollen wir zum Dinner Platz nehmen. Es gibt keine Sitzordnung. Steve, möchtest du neben mir sitzen?“

„Also eine Sitzordnung für mich“, brummte er und nahm den Stuhl neben ihr.

Während die Gäste sich einen Platz aussuchten und Edith mit einem leichten Kopfnicken ihre Zustimmung dazu gab, stand Wright etwas abseits und behielt die Situation im Auge. Judy und Miriam setzten sich neben ihren Vater, während Colombier gegenüber von Brennan, Young gegenüber von Edith, Peabody neben Colombier, McGregor ihm gegenüber und Francis und Angela Gilmore gegenüber von Judy und Miriam Platz genommen hatten. Dann setzte sich die Hausherrin.

„Ernest, bitte lassen Sie servieren.“

Wright läutete eine kleine Glocke und sagte: „Das Dinner kann serviert werden.“

Sofort erschien Aleen Steel mit der Vorspeise.

„Avocado-Carpaccio mit geräucherter Entenbrust“, verkündete der Butler und servierte den passenden Wein.

Jeder äußerte lobende Worte über die Vorspeise und sogleich wurden die Gespräche wieder aufgenommen. Irgendwann kam Francis Gilmore auf Brennans letzten Fall zu sprechen, der sich auch in Canoch Castle zugetragen hatte. Er fasste kurz zusammen und kam dann zu dem Teil, wo Brennan einem Mordanschlag auf einer unbewohnten Insel im River Beauly ausgesetzt gewesen war.

„Steve, mir ist immer noch nicht klar, wie du unverletzt von der Insel heruntergekommen bist.“

„Well, Francis, da war auch viel Glück dabei. Ich musste mich auf mein Überlebenstraining besinnen, das ich vor etwa dreißig Jahren absolviert hatte. Ich hatte nur meine Anglerkleidung an, die immerhin wattiert war, aber keine Decken und auch keine Streichhölzer eingepackt.“

Alle hatten ihr Besteck zur Seite gelegt und lauschten gespannt, nur Peabody schnitt an seiner Entenbrust herum.