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Das Schloss an der Hintertür war eher eine Einladung als eine Hürde für unbefugtes Eindringen. Jasper Haynes brauchte weniger als zehn Sekunden, bis es leise klickte und er im Korridor des Hauses stand. Er sah sich im vielfarbigen Zwielicht um, das der Vollmond durch das Buntglasfenster über der Tür warf, und lauschte.
Als er leises Stöhnen über sich vernahm, hoben sich seine Mundwinkel zu einem düsteren Lächeln. Osbourne nutzte offenbar die sonntägliche Abwesenheit der Hausangestellten, um sich endlich mal wieder zwanglos mit seiner Gattin zu vergnügen.
Genieße es, so lange es dauert, Compadre, dachte Haynes. Denn gleich ist der Spaß für dich vorüber - ein für alle Mal.
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Seitenzahl: 139
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Ein kalter Tod am Medicine Bow
Vorschau
Impressum
Ein kalterTod amMedicine Bow
Das Schloss an der Hintertür war eher eine Einladung als eine Hürde für unbefugtes Eindringen. Jasper Haynes brauchte weniger als zehn Sekunden, bis es leise klickte und er im Korridor des Hauses stand. Er sah sich im vielfarbigen Zwielicht um, das der Vollmond durch das Buntglasfenster über der Tür warf, und lauschte.
Als er leises Stöhnen über sich vernahm, hoben sich seine Mundwinkel zu einem düsteren Lächeln. Osbourne nutzte offenbar die sonntägliche Abwesenheit der Hausangestellten, um sich endlich mal wieder zwanglos mit seiner Gattin zu vergnügen.
Genieße es, so lange es dauert, Compadre, dachte Haynes. Denn gleich ist der Spaß für dich vorüber – ein für alle Mal.
»Ooh, mein Liebster...«
Adas Lider flatterten über den geschlossenen Augen, und ihre Lippen warfen sich auf vor Verzückung. »Ist das schön...«
Aldous Osbourne lächelte, während sich sein Hintern langsam auf und ab bewegte. Er betrachtete das gerötete Gesicht seiner Frau und genoss ihre Erregung, die er sah und spürte.
Was für ein Gottesgeschenk Ada doch war! Und wie glücklich konnte er sich schätzen, dass sie einem wie ihm das Ja-Wort gegeben hatte.
Selbst jetzt, nach fast acht Jahren Ehe, liebte er seine Frau noch wie am ersten Tag, und ihr Sexleben hatte keinen Deut an Leidenschaft verloren.
Er beugte seinen Kopf tief zwischen den Schultern hinab und küsste ihre vollen Brüste. Seine Lippen schlossen sich um ihre linke Knospe, saugten daran, bis sie sich spitz aufrichtete. Er schmeckte das Salz und roch ihren sinnlichen Duft.
Ada legte ihre Hände um seinen Kopf und strich mit spitzen Fingern durch das dunkle Haar, das allmählich lichter wurde. Ein Schauder ging durch seinen Körper, wie eine Welle zog er sich vom Nacken die Wirbelsäule hinab bis zu den Lenden. Die Seidenbezüge der Decken raschelten leise, während sie ihren innigen Liebestanz genossen, langsam und genussvoll.
Er bog den Rücken durch und drang sanft noch etwas tiefer in ihren Schoß vor, was Ada mit einem wohligen Laut goutierte. Ihre Hände wanderten über seine Schultern herab, dann weiter hinunter, bis sie sich um die Hüften ihres Mannes legten und ihn noch enger an sich zogen.
Sie musste nichts sagen, damit er wusste, dass sie es jetzt schneller wollte – also beschleunigte er sachte den Rhythmus seiner Bewegungen und spürte, wie ihre Atemzüge allmählich in ein Keuchen übergingen.
Wie er es liebte, ihre Erregung zu steigern, ihr heftig klopfendes Herz unter dem Busen an seinen Rippen zu spüren! Nun stöhnte auch er auf, weil ihre wachsende Lust seine eigene befeuerte. Die Hitze in seinen Lenden würde zu einer brodelnden Glut.
Er vergrub sein Gesicht zwischen ihren Brüsten und stieß noch etwas schneller und heftiger in ihre feuchte Höhle, gab jetzt die Beherrschung auf und ließ sämtliche Hemmungen fahren.
Aus ihrem Stöhnen wurden leise, spitze Schreie, wenn auch gedämpft, denn selbst in Momenten höchster Ekstase konnte Ada ihre strenge Erziehung in einem katholischen Mädcheninternat an der Ostküste nie völlig verleugnen – daher bestand sie kategorisch auf gedämpftes Licht im Schlafzimmer, wenn sie sich liebten, und bis auf wenige Ausnahmen beschränkte sich ihr Liebesspiel auf die klassische Missionarsstellung und ein paar Varianten davon. Oralverkehr hatte er nach der Eheschließung nur noch in seiner Fantasie erleben dürfen.
Doch Ada machte dies durch ihren Liebreiz und ihre Leidenschaft mehr als wett. Für sich dachte Aldous Osbourne öfter, dass der Sex mit seiner Frau etwas von einem saftigen Steak mit Bohnen und Bratkartoffeln hatte: Vielleicht nicht sonderlich raffiniert, dafür immer wieder delikat und auf berührende Weise vertraut.
Er fühlte, wie das Muskelspiel in ihrem Schoß den unmittelbar bevorstehenden Höhepunkt ankündigte und legte den Kopf in den Nacken, während sich auch bei ihm die Ekstase in der Körpermitte sammelte und konzentrierte wie ein Vulkan kurz vor der Eruption.
Er schloss die Augen, und ein gutturaler Laut entrang sich seiner Brust. Adas Schrei hingegen war ungewöhnlich schrill, und im selben Moment, in dem es ihm kam, riss er verblüfft die Augen auf.
Adas Augen waren noch weiter geöffnet – großen Kreisen gleich schauten sie an ihm vorbei.
»Al... Al...«, stammelte sie und hob die Hand. »Da... da...«
Aldous Osbourne stützte sich mit den Händen ab und stemmte sich hoch, als in seinem Rücken eine Stimme erklang, die ihm das Blut in den Adern stocken ließ.
»Howdy, Al. Long time no see. Ein leckeres Früchtchen hast du dir da geangelt... Respekt.« Ein amüsiertes Glucksen war zu vernehmen, bevor der Eindringling hinzufügte: »Hoffe mal, du bist noch zum Schuss gekommen.«
Langsam richtete sich Osbourne auf, bis er über dem Schoß von Ada saß. Er drehte sich nicht um, sondern versuchte stattdessen, den Blick seiner Frau einzufangen.
Ada war leichenblass geworden, ihre Augen blickten starr an ihm vorbei. Er schüttelte unmerklich den Kopf, streckte die Hand aus und strich ihr zärtlich über die Wange.
Sie schien es kaum zu bemerken.
»Runter von ihr, Compadre. Damit ich mir die Stute mal genauer anschauen kann.«
»Hör zu, ich...«, brachte Osbourne hervor, doch der Einbrecher schnitt ihm barsch das Wort ab.
»Tu, was ich sage! Und nimm die Pfoten hoch, wenn's recht ist.«
Widerstrebend schwang Osbourne sich vom Bett und kreuzte die Hände im Nacken.
»Hast ein bisschen zugelegt, nicht wahr?« Osbourne glaubte, ein Schmunzeln in der Stimme zu hören. »Umdrehen und auf die Knie!«
Osborne gehorchte, und während er nackt auf die Dielen sank, blickte er in die Mündung eines Revolvers. Die breitschultrige Gestalt vor dem Bett war so dunkel wie ein Schattenriss, doch er hatte die Stimme sofort wiedererkannt. Obwohl es viele Jahre her war, seitdem er sie zuletzt vernommen hatte.
»Wer... ist dieser... Kerl, Aldous?« Adas Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und bebte vor Grauen, und dennoch war Osbourne fast erleichtert, weil seine Frau überhaupt wieder Worte über die Lippen brachte.
»Ein guter alter Freund deines Angetrauten, Schätzchen«, kam ihm sein Gegenüber mit der Antwort zuvor. Im spärlichen Licht, das durch die halb zugezogenen Vorhänge in den Raum drang, war das Gesicht des Einbrechers nicht mehr als eine kantige Landschaft aus Schatten, doch als sich seine Lippen teilten, blitzten zwei Reihen Zähne unnatürlich hell auf. »Aber ich nehme mal an, er wird dir nichts von mir erzählt haben.«
Das Grinsen wurde breiter, als er sich Osbourne zuwandte. Auf dem Lauf des Revolvers in seiner rechten Hand tanzte ein mattes Spitzlicht. »Oder, Compadre?«
»Hören Sie zu, Haynes: Ich habe Geld, hier im Haus...«
Haynes lachte auf. Es klang wie das Bellen eines Schakals, der kurz davor war, seine Fangzähne in saftiges Fleisch zu schlagen.
»Natürlich hast du das, Al! Ist aber nur einer der Gründe, weshalb ich dich besuche.«
»Sie bekommen alles, was da ist. Aber lassen Sie Ada aus dem Spiel, okay? Sie hat Ihnen doch nichts getan.«
»Al...« Adas Stimme war nurmehr ein tonloses Flüstern. »Was will der Mann von uns?«
»Zu dir komme ich gleich, Herzchen«, erwiderte Haynes mit heiterer, fast beschwingt klingender Stimme, die Osbourne zum Frösteln brachte. Er hob den Kopf und sah, wie die Augen des Banditen unheilvoll funkelten, als seine Blicke über Adas nackten Körper wanderten. Auch Ada schien es zu bemerken; beklommen zog sie sich die Bettdecke über ihre Blößen.
Haynes warf dem am Boden knienden Osbourne einen Beutel vor die Füße, aus dem Hanfseile herausfielen. »Setz dich auf den Stuhl da unter dem Fenster, und dann bindest du dir die Füße fest.«
Als Osbourne ein paar Sekunden zögerte, war Haynes mit zwei Schritten bei ihm. Er verpasste ihm einen Schlag gegen die Schläfe, der ihn auf die Bretter schickte und sekundenlang Sterne sehen ließ.
Es war Adas verzweifeltes Wimmern, das ihn rasch wieder zu Bewusstsein brachte. Haynes packte ihn unter der Achsel und schleifte ihn zu dem Stuhl, der neben der Kommode stand, in der sich neben Unterwäsche und Bettbezügen auch ein 22er Navy Colt befand.
Eine Chance zur Gegenwehr, die ihm so weit entfernt erschien wie das Sheriff's Office eineinhalb Meilen die Straße hinauf. Er hatte die Waffe zuletzt vor drei Jahren in der Hand gehabt und wusste nicht einmal, ob Patronen in der Trommel waren.
Sein Schädel pochte, und als er zu Haynes aufschaute, tanzten zwei Gesichter über ihm hin und her wie ein geisterhaftes Paar dämonischer Zwillinge.
»Setz dich auf den Stuhl, verdammt«, knurrte der doppelte Haynes unwillig. »Oder ich verpass dir eine Kugel in die Eier. Wäre blöd, dann verblutest du nämlich und verpasst die Show. Aber wenn du es drauf anlegst...«
Osbourne umklammerte die Kante der gepolsterten Sitzfläche. Er schmeckte Blut auf der Zunge, und als er ausspuckte, färbte sein Speichel das helle, gestreifte Polster mit dunklen Sprenkeln.
Der teure Stoff ist ruiniert, ging es ihm absurderweise durch den Kopf. Sobald Ada das sieht, wird sie mir den Kopf abreißen.
Irgendwie gelang es ihm, sich auf den Stuhl zu hieven. Als er die Lehne im Rücken spürte und die Augen öffnete, drehte sich plötzlich der Raum, und er sackte stöhnend nach vorn.
Nur Haynes' ausgestreckte Hand an seiner Brust verhinderte, dass er vom Stuhl kippte.
»Gottverdammt! Was bist du nur für ein verweichlichter Schwächling, Al.« Haynes' Stimme drückte Häme und vorgetäuschtes Mitleid aus, wobei Ersteres eindeutig die Oberhand hatte. »Okay, dann muss ich wohl selbst dafür sorgen, dass du so sitzen bleibst, damit du auch ja nichts verpasst.«
»Lassen Sie ihn doch in Ruhe«, hörte Osbourne seine Frau protestieren, und er wollte ihr sagen, dass es besser sei, die Klappe zu halten. Doch dafür fehlte ihm die Kraft. Nur ein paar undefinierbare Laute kamen ihm über die Lippen.
»Bleib ja, wo du bist, und halt dein Maul«, ermahnte Haynes Ada wenig freundlich, während er einige der Stricke aus dem Beutel nahm und Osbournes Knöchel damit an die Stuhlbeine fesselte. Es ging so rasch, dass der kaum etwas davon mitbekam. Kurz darauf kamen die Unterarme an die Reihe und wurden fest auf den Lehnen des massiven Stuhls fixiert.
Haynes legte seine Hand unter Osbournes Gesicht und hob es an, dann schob er sein eigenes so dicht nach vorn, bis Osbourne glaubte, das Aroma von Orangen im Atem seines Peinigers zu riechen. Doch vielleicht spielten ihm seine von Todesangst in Alarmzustand gebrachten Sinne auch nur einen eigentümlichen Streich.
»Wie steht's, Kumpel«, flüsterte Haynes, und seine Augen zwinkerten verschmitzt. »Bist du bei Bewusstsein? Ganz im Hier und Jetzt? Bist du bei uns, bereit, mir und deiner Schlampe dabei zuzusehen, wie wir Spaß haben?«
Osbourne knirschte mit den Zähnen, bevor er erstickt antwortete: »Was zur Hölle wollen Sie? Der Safe ist unten hinter dem Bild von General Lee. Und der Schlüssel steckt in meiner Hosentasche, da drüben auf dem Kleiderständer. Nehmen Sie's sich und verschwinden Sie einfach.«
Haynes nickte, und im schwachen Licht des Mondes, das ins Zimmer fiel, sah sein Gesicht aus wie eine mit Pech bestrichene Maske. »Das tue ich, versprochen. Ich nehme mir, was ich will, und dann bin ich weg.«
Er erhob sich und warf Ada einen langen Blick zu. Die Augen der Frau wurden groß und größer, und als ihr bewusst wurde, was Haynes vorhatte, füllten sie sich mit Tränen.
»Dreh dich um, Schätzchen«, brummte er. »Gesicht zur Wand, und den Hintern hübsch in die Höhe. Ich hab ein weiches Herz, weißt du? Ich kann es einfach nicht mit ansehen, wenn Frauen heulen.«
Er kicherte. »Nein. Eigentlich stimmt das ganz und gar nicht.« Sein Blick wandte sich Osbourne zu.
»Du allerdings solltest jetzt genau hinsehen, mein Freund. Dann kannst du nämlich noch etwas lernen.«
✰
»Warten Sie, Lassiter!«
Der korpulente Mann im eleganten Dreiteiler ließ dem Agenten der Brigade Sieben kaum die Wahl, seiner Forderung nicht nachzukommen. Denn er sprang vom Sidewalk hinab direkt vor die Hufe von Lassiters Braunem, der das mit empörtem Wiehern quittierte.
Lassiter straffte die Zügel und schaute verblüfft am Pferdehals vorbei auf den Advokaten, der sich ihm in den Weg stellte.
»Mr. March? Was zum Teufel ist denn los?«
Am gestrigen Abend hatte er sich in der Kanzlei von Lewellyn March, dem Kontaktmann der Brigade Sieben im Wyoming-Territorium, ordnungsgemäß abgemeldet, ohne den Notar allerdings persönlich anzutreffen. Lediglich dessen Sekretärin, eine aparte junge Frau, die auf den vielversprechenden Namen Holly Skye hörte und ihm versprochen hatte, die Informationen weiterzuleiten.
Seine Mission – die Eskorte eines kleinen Siedlertrecks, der als unverfängliche Tarnung gedient hatte, um eine nicht unerhebliche Menge Goldmünzen in die aufstrebende Region zu transportieren – hatte sich als erfreulich ereignislos erwiesen, und nun standen ihm sechs Wochen freie Zeit zu – so war es jedenfalls mit der Brigade in Washington vereinbart.
Daher war er nun im Begriff, Wyoming und seinem schlechten Wetter auf schnellstem Wege zu entkommen und ein paar erholsame Tage in südlicheren Gefilden zu verbringen.
»Ich flehe sie an, Lassiter. Sie müssen mir helfen.«
March stand knöcheltief im Schlamm, und seine Anzughose war vermutlich ruiniert. Er starrte zu Lassiter hinauf wie ein mutterloser Hundewelpe. Der Agent der Brigade Sieben legte die Stirn in Falten und knurrte: »Fordern Sie einfach jemand anderen an, Mr. March. So weit ich weiß, halten sich Oswald und Vickers noch in Laramie auf – die brauchen mit dem Zug nicht länger als einen Tag nach Cheyenne.«
Der Notar schüttelte den Kopf. »Es ist... etwas Inoffizielles. Und ich brauche Sie dafür.«
Inoffiziell, dachte Lassiter, waren Missionen der Brigade immer. Also meinte March wohl eher einen Auftrag, der nicht von oben abgesegnet war.
Lewellyn March bemerkte den unwilligen Ausdruck in Lassiters Gesicht und rang mit den Händen.
»Bitte, Lassiter. Geben Sie mir wenigstens eine halbe Stunde.«
Seufzend lenkte Lassiter ein, obwohl er es für äußerst unwahrscheinlich hielt, dass er Cheyenne in dreißig Minuten verlassen würde, wenn er erst einmal wieder aus dem Sattel gestiegen war. Doch er hatte March einiges zu verdanken, deshalb konnte er dem offenbar verzweifelten Rechtsanwalt seine Bitte kaum abschlagen.
»Also gut...«
Zehn Minuten waren bereits verstrichen, als sie in Marchs Büro Platz nahmen und Holly ihnen einen frischen Kaffee servierte. Der Duft des dunklen Gebräus besänftigte Lassiter ein wenig, denn was man ihm in der Pension als Kaffee serviert hatte, war eher eine milde Form von Körperverletzung gewesen.
Nachdem er einen kräftigen Schluck genommen und sich einen Zigarillo angezündet hatte, breitete er auffordernd die Arme aus.
»Also, Mr. March – schießen Sie los.«
»Hm, ja...« March strich sich bedächtig über den Spitzbart, offenbar auf der Suche nach den richtigen Worten. »Es geht um meinen Schwager, Lassiter. Aldous Osbourne. Er... also, vielmehr sie wurden überfallen, Al und seine Frau, meine Schwester Ada...«
March schluckte und schien plötzlich um Fassung zu ringen. Lassiter beugte sich vor und runzelte die Stirn.
»Was zur Hölle...«, murmelte er, »ich hoffe, die beiden sind wohlauf.«
March senkte den Blick und schüttelte den Kopf. Dann kam ein erstickter Laut über seine Lippen, der fast wie ein Wimmern klang. Lassiter war schockiert, denn er hatte March immer als recht hartleibigen Burschen erlebt, den so leicht nichts umhaute.
»Warten Sie, Sir.«
Er sprang auf und ging zur Bar neben dem wuchtigen Schreibtisch des Advokaten. »Schätze, Sie brauchen jetzt etwas Stärkeres als Kaffee.«
Als er March einen doppelten Whisky reichte, hatte dieser Mühe, das Glas zu halten und an die Lippen zu führen, doch nach zweimaligem Nippen schien er sich ein wenig zu beruhigen.
Lassiter wartete geduldig ab, bis der Anwalt sich wieder gefangen hatte und ihm aus geröteten Augen einen Blick zuwarf, der verschämt wirkte. »Es... tut mir leid, Lassiter. Aber... es ist erst eine Woche her, und ich bin immer noch... noch nicht darüber hinweg.«
Lassiter verzog die Lippen. »Ist Ihre Schwester etwa...?«
»Sie ist tot«, bestätigte March leise. »Und Aldous wäre wohl auch nicht mehr am Leben, wenn dieses Schwein nicht geglaubt hätte, ihn umgebracht zu haben.«
Lassiter nahm einen Zug von seinem Zigarillo und lehnte sich zurück. »Was genau ist passiert? Bitte erzählen Sie mir alles von Anfang an.«
March nickte und fuhr sich mit den Fingern durch das schüttere Haar. Er atmete zweimal tief durch, bevor er fortfuhr.
»Der Kerl ist nachts in ihr Haus eingebrochen. Sonntags haben die Angestellten meines Schwagers ihren freien Tag, deshalb waren Aldous und Ada allein zu Haus. Er... er hat sie im Schlafzimmer überrascht und mit einem Revolver bedroht. Dann hat er Aldous an einen Stuhl gefesselt, und er musste zusehen, wie... wie...«
Marchs Stimme stockte und erstarb. Er rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Augen und schüttelte wieder den Kopf, als könne er damit die grauenhafte Vorstellung der Ereignisse vertreiben.
»Okay, schon gut, Sir«, sagte Lassiter. »Ich denke, diesen Teil müssen Sie mir vorerst nicht erzählen – ich ahne, was vorgefallen ist.«
»Er hat Ada auf grausamste Art geschändet!«, brach es aus March hervor. »Geschändet, gefoltert und ihr schließlich mit einem Messer die Kehle durchschnitten.« Der Anwalt rollte mit den Augen, und ein feiner Sprühregen aus Speichel kam über seine Lippen. »Es dauerte fast eine Stunde, Lassiter. Und als es endlich vorbei war, hat er auf Aldous eingeschlagen. Wieder und immer wieder, bis der sich nicht mehr rührte.«