Lore-Roman 17 - Regina Rauenstein - E-Book

Lore-Roman 17 E-Book

Regina Rauenstein

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Beschreibung

Als die junge Heidelore von Reinhagen dem um viele Jahre älteren Einar Fürst von Trustfels das Jawort gab, schien das Glück der beiden Menschen vollkommen. Der Fürst legte seiner Frau die Welt zu Füßen und las ihr jeden Wunsch von den Augen ab.

Doch sein plötzlicher Tod macht der Idylle ein jähes Ende, und nun muss Heidelore erkennen, wie ihr angeblich so reicher Mann wirklich gewesen ist: Trustfels steht vor dem Ruin, die Schulden des Fürsten sind ins Unermessliche gestiegen. Verschwenderisch hat er das ganze Hab und Gut durchgebracht.

Die junge Witwe steht vor den Trümmern ihres Lebens. Aber als Heidelore schon zu verzweifeln droht, streckt sich ihr unerwartet die helfende Hand des Schicksals entgegen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Jetzt weiß ich erst, was Liebe ist

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: RoNeDya/iStockphoto

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5816-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Jetzt weiß ich erst, was Liebe ist

Zwei junge Menschen im Bann ihrer Gefühle

Von Regina Rauenstein

Als die junge Heidelore von Reinhagen dem um viele Jahre älteren Einar Fürst von Trustfels das Jawort gab, schien das Glück der beiden Menschen vollkommen. Der Fürst legte seiner Frau die Welt zu Füßen und las ihr jeden Wunsch von den Augen ab.

Doch sein plötzlicher Tod macht der Idylle ein jähes Ende, und nun muss Heidelore erkennen, wie ihr angeblich so reicher Mann wirklich gewesen ist: Trustfels steht vor dem Ruin, die Schulden des Fürsten sind ins Unermessliche gestiegen. Verschwenderisch hat er das ganze Hab und Gut durchgebracht.

Die junge Witwe steht vor den Trümmern ihres Lebens. Aber als Heidelore schon zu verzweifeln droht, streckt sich ihr unerwartet die helfende Hand des Schicksals entgegen …

Heidelore Fürstin von und zu Trustfels zügelte ihre schneeweiße Stute dicht vor der großen Marmortreppe, die hinauf zum Schlossportal führte. Lässig warf sie dem herbeieilenden Stallburschen die Zügel hin, während sie ohne jede Hilfe elegant aus dem Sattel glitt.

„Tüchtig abreiben“, bat sie freundlich. Sie klopfte den schönen schlanken Hals des Tieres, das leise schnaubte und seine geblähten Nüstern an ihrer Schulter rieb. „Wir haben einen tüchtigen Ritt hinter uns, nicht wahr, altes Mädchen?“ Und zu dem Burschen gewandt: „Schneewolke war heute besonders unruhig. Ich habe das Gefühl, sie ist rossig.“

Ehe der Bursche etwas antworten konnte, tauchte der Oberstallmeister auf und trat neben die Stute. Er hatte die letzten Worte der jungen Fürstin noch verstanden und nickte zustimmend.

„Durchlaucht sind heute schon sehr zeitig ausgeritten, dass ich keine Möglichkeit fand, Ihre Durchlaucht darauf aufmerksam zu machen. Aber ich hoffe, Schneewolke hat Ihrer Durchlaucht keine allzu großen Schwierigkeiten gemacht“, meinte er besorgt.

Die junge Fürstin lachte leise auf und schüttelte den Kopf. Sie war mit Pferden groß geworden, und als Gutstochter waren ihr solche Vorgänge seit ihrer Kinderzeit vertraut.

„Nein, Sie wissen ja, Reindel, ich werde schon damit fertig.“ Ein nachdenklicher Ausdruck trat in ihre blauen Augen, während sie die Stute betrachtete. „Ich habe gehört, Graf Ohlsen soll einen prachtvollen Hengst besitzen. Vielleicht sollte man einmal mit ihm sprechen. Ich könnte mir vorstellen, dass der Nachwuchs besonders gut sein wird.“

Zustimmend nickte der Oberstallmeister.

„Das wäre wirklich eine wundervolle Verbindung, Durchlaucht. Ich kenne den Hengst, den Graf Ohlsen von einem Rennstallbesitzer für einen beträchtlichen Preis erstanden hat, nachdem er durch einen bösen Sturz für kein Rennen mehr zu gebrauchen war. Die Verletzung ist gut verheilt, und heute gibt es außer Schneewolke weit und breit kein Pferd, das es mit dem Hengst aufnehmen könnte.“ Er fuhr der Stute zärtlich über die weichen Nüstern. „Das wäre gewiss ein Liebhaber nach deinem Herzen, nicht wahr, Schneewolke?“

Die Stute warf wiehernd den edlen Kopf zurück und begann, ungeduldig mit den Hufen zu scharren.

Die junge Fürstin lachte auf.

„Mir scheint, Sie haben Schneewolkes Einverständnis, Reindel. Dann sollten wir sehen, dass die Sache so schnell wie möglich über die Bühne geht.“

Der Stallmeister grinste breit.

„Wollen Ihre Durchlaucht selbst mit dem Grafen Rücksprache nehmen, oder soll ich mich bei ihm melden lassen?“, wollte er wissen.

„Ich mache das schon, Reindel. Ich werde mich gleich nach dem Frühstück mit ihm in Verbindung setzen. Nun muss ich mich aber beeilen. Vater hasst es, wenn man unpünktlich ist. Sie kennen das ja“, sagte sie und zwinkerte ihm vergnügt zu.

Ja, das kannte er. Die preußische Pünktlichkeit saß dem früheren Oberst noch in den Gliedern, war ihm förmlich zur zweiten Natur geworden. Nichts konnte den sonst so gutmütigen Mann so in Harnisch bringen wie Unpünktlichkeit, da konnte er sogar seiner sonst so geliebten Tochter gegenüber sehr grantig werden.

Mit einem Lächeln sah der Oberstallmeister hinter der zierlichen Frau her, die leichtfüßig die Treppe hinaufeilte und im Haus verschwand.

***

Unterdessen war die junge Fürstin in ihr Zimmer geeilt, das sie schon als Kind bewohnt hatte und nach dem plötzlichen Tod ihres Gatten wieder bewohnte. Hierher war sie geflohen, in die Geborgenheit ihres Elternhauses, als hätte sie nach langer Irrfahrt endlich wieder heimgefunden.

Ja, eine Irrfahrt schien ihr heute ihre kurze Ehe an der Seite des Fürsten, der es in seiner charmanten, weltmännischen Art verstanden hatte, ihr junges unberührtes Herz zu wecken. Obwohl er fünfzehn Jahre älter gewesen war als sie, hatte sie die feste Überzeugung gehabt, dass er der einzige Mann war und auch bleiben würde, der jemals ihrem Herzen nahestehen konnte.

Und Fürst Einar verliebte sich auch auf den ersten Blick in das blutjunge, reizende Geschöpf, und er, der eingefleischte Junggeselle, der immer geschworen hatte, nie zu heiraten, er warb um ihre Hand und schien selbst überrascht, als Heidelore einwilligte.

Die ersten Monate vergingen der jungen Frau an der Seite des welterfahrenen Mannes wie ein einziger Rausch. Sie, die das Gut ihres Vaters nie verlassen hatte, lernte plötzlich alle Schönheiten der großen Welt kennen. Es bereitete dem Fürsten sichtliches Vergnügen, mit ihr herumzureisen und ihr alles zu zeigen.

Und dann kam das böse Erwachen. Bei einer Jagd verunglückte der Fürst tödlich. Zuerst nahm man einen Unfall an, aber dann, als alles über der jungen Frau zusammenbrach, wurde das Gerücht eines Selbstmordes immer lauter. Fassungslos stand die junge Fürstin, mit harter Faust aus ihrer Märchenwelt herausgerissen, der grausamen Wirklichkeit gegenüber. Sie musste erkennen, dass ihr Gatte weit über seine Verhältnisse hinaus gelebt hatte. Sie stand vor dem Nichts und einem Berg von Schulden gegenüber, von dem sie nicht wusste, wie sie ihn jemals abtragen konnte.

So schien es ihr wie eine Fügung des Himmels, als sich plötzlich eine entfernte Verwandte ihres Mannes meldete, eine Tante, und sich bereit erklärte, das Schloss zu erwerben und dafür die Schulden des Toten zu übernehmen.

So blieb Trustfels wenigstens im Besitz der Familie und ging nicht in wildfremde Hände über. Damit glaubte die junge Frau, ihre Pflicht dem Toten gegenüber nach bestem Wissen erfüllt zu haben. Sie kehrte der großen Welt den Rücken und kehrte zurück zu ihren Eltern auf Gut Reinhagen.

Aber aus dem fröhlichen unbekümmerten Mädchen war eine ernste reife Frau geworden, die sich aber trotz allem noch ihre herzenswarme, freundliche Heiterkeit erhalten hatte. Ohne noch einen Blick in den Spiegel zu werfen, verließ sie jetzt ihr Zimmer und eilte die Treppe hinunter.

In der Halle traf sie mit ihrem Vater zusammen.

„Morgen, Paps“, begrüßte sie ihn fröhlich und gab ihm einen Kuss auf die bärtige Wange. „Ich hatte schon befürchtet, mich zu verspäten.“

Nichts in ihren Zügen verriet noch etwas von den trüben Gedanken, die sie eben noch gequält hatten. Die junge Fürstin zeigte sich ihren Eltern gegenüber meist sehr ausgeglichen und zufrieden. Sie wusste doch, wie sie sich um sie sorgten, und sie wollte ihnen keinen Kummer machen. Sie taten alles, was in ihrer Macht stand, um sie vergessen zu lassen. Aber das, wonach sie sich am meisten sehnte, nach einem Menschen, der ihr all die Liebe und Zärtlichkeit gab, nach der ihr junges Herz hungerte, das konnten sie ihr nicht geben.

„Ich fürchte, auch ich bin heute etwas spät dran“, entgegnete der Graf schmunzelnd. „Mutter wird schon warten.“

Gräfin Donata saß bereits am Frühstückstisch, als die beiden eintraten. Heidelore begrüßte sie mit einem Kuss auf die Wange und setzte sich dann auf ihren Platz.

Lautlos trat der Diener ein und servierte das zweite Frühstück, das die Familie zusammen einzunehmen pflegte, da die Gräfin es nicht liebte, so früh aufzustehen.

Die Gräfin wartete, bis der Diener das Zimmer verlassen hatte, dann wandte sie sich an ihre Tochter.

„Du siehst blass aus, Kind“, sagte sie mit einem besorgten Blick. „Du solltest dich etwas mehr schonen. Ist es denn unbedingt nötig, dass du schon beim ersten Hahnenschrei aufstehst und ausreitest?“

„Aber Mutter, ich bin doch schon als Mädchen jeden Morgen um diese Zeit ausgeritten, und du hast nichts dagegen einzuwenden gehabt. Warum sollte es mir denn heute auf einmal schaden?“

Die Gräfin zog es vor, nur schweigend die Schultern zu zucken.

Graf Dietrich beteiligte sich nicht an der Unterhaltung. Er war damit beschäftigt, die Post durchzusehen. Nun hielt er ein Kuvert in der Hand, drehte es verwundert nach allen Seiten, schüttelte dann den Kopf und schob es der jungen Fürstin zu.

„Für dich, Heide. Hoffentlich nichts Unangenehmes, davon hast du in der letzten Zeit gerade genug abbekommen. Aber etwas Erfreuliches wird es kaum sein“, schloss er daraufhin grimmig.

Verwundert nahm die junge Frau den Brief entgegen. Halblaut las sie den Absender:

„Notar Dr. Dr. Engelhardt.“

Jähe Blässe breitete sich über ihre Züge aus. Der Vermögensverwalter und Rechtsbeistand ihres Gatten. Was konnte er denn jetzt noch von ihr wollen? Sie hatte doch schon alles hergegeben, um den Namen des Toten reinzuhalten? Aber nun war sie am Ende. Sie besaß nichts mehr, denn selbst ihre Mitgift war bis auf den letzten Heller in dem gierigen Schlund der Gläubiger gelandet.

Angst war in ihr, grauenvolle Angst. Sie hatte einfach nicht den Mut, den Brief zu öffnen, schob ihn mit zitternden Händen dem Vater zu, der sie nicht aus den Augen gelassen hatte und genau zu wissen schien, was nun in ihr vorging.

„Öffne ihn, Heidelore“, befahl er hart. „Es hat keinen Sinn, krampfhaft die Augen zu verschließen. Du kannst damit nicht deinem Geschick entkommen.“

Beschämt öffnete die junge Frau den Brief und las den Text halblaut vor. In knappen Worten teilte ihr der Anwalt mit, dass Frau Brown, geborene von Trustfels, verstorben sei, und ihr Vermögen, das aus Wertpapieren und einem großen Schlosshotel bestünde, zu gleichen Teilen an die Witwe ihres Großneffen, Heidelore Fürstin von und zu Trustfels, geb. von Reinhagen, und an ihren Pflegesohn Falk Norden vermacht hätte. Da aber einige Bedingungen, die im Testament eingetragen wären, einer persönlichen Aussprache bedürften, bat der Notar die junge Fürstin, ihn in seiner Kanzlei aufzusuchen, damit sie alles besprechen könnten.

Es trat eine atemlose Stille ein. Ungläubig starrte die junge Frau auf das Schreiben in ihrer Hand, sah dann ihre Eltern an, die genauso fassungslos waren.

„Habe ich geträumt, oder steht es hier wirklich schwarz auf weiß?“, brachte die junge Fürstin endlich mühsam hervor und reichte ihrem Vater das Schreiben.

Es kam selten vor, dass Graf Dietrich aus der Fassung geriet, aber auch ihm zitterten die Hände, als er den Brief sinken ließ.

„Es ist so, Kind – mein Gott, geschehen denn wirklich noch Wunder in unserer nüchternen Zeit?“ Er fuhr sich über die Augen, als wollte er sich selbst davon überzeugen, dass er das alles nicht nur träumte.

Mit blassem Gesicht sah die Gräfin ihre Tochter an.

„Brown – das klingt so amerikanisch, Kind. Hast du sie gekannt?“

„Es war leider nur eine sehr kurze Begegnung, Mutter. Damals, kurz nach Einars Tod, als alles über mir zusammenschlug und mir nur noch der einzige Ausweg blieb, auch das Schloss zu verkaufen, tauchte sie plötzlich auf. Mit keinem Wort aber hat sie mir verraten, dass sie hier in Deutschland ein Hotel besitzt“, schloss die Fürstin verwundert und schüttelte den Kopf.

„Na, weißt du, ich finde es eine starke Zumutung, zu erwarten, dass du, eine Fürstin von Trustfels, womöglich noch selbst in das Hotelgewerbe eintrittst.“ Empört sah die Gräfin von einem zum anderen.

Graf Dietrich wehrte gelassen ab.

„Das bleibt abzuwarten, Donata. Aber selbst wenn es so sein sollte, so vertrete ich die Ansicht, dass Arbeit noch keinem geschadet hat. Zudem scheint es sich hier nicht um irgendein Hotel zu handeln, sondern hier steht Schlosshotel.“

„Und wo soll da der Unterschied liegen?“, fragte die Gräfin hitzig. „Allein darin, meine Liebe, dass ein gut geführtes Schlosshotel für einen wenig betuchten Gast kaum erschwingliche Preise hat. Die Gäste, die dort wohnen, müssen schon sehr gut bei Kasse sein.“ Er legte den Brief sorgfältig zusammen und schob ihn in den Umschlag zurück. „Aber lassen wir das. Es ist noch verfrüht, sich darüber schon den Kopf zu zerbrechen. Zuerst wird Heidelore den Notar aufsuchen, um alle Einzelheiten zu erfahren. Dann werden wir weitersehen“, entschied er energisch.

Die junge Frau saß wie eine Träumende und sah aus dem Fenster. Sie dachte an die alte weißhaarige Frau, die sie auf den ersten Blick lieb gewonnen hatte. Drei Jahre waren seitdem vergangen, und Heidelore hätte geschworen, dass noch ein langes Leben vor dieser so gesund wirkenden Frau lag! Nun war sie tot.

Es schien Heidelore einfach unfassbar. In diesem Augenblick dachte sie nicht an das Erbe, das die Tote ihr hinterlassen hatte, sondern sie dachte nur voll ehrlicher Trauer an die Frau, die ihr damals in ihren schweren Stunden beigestanden hatte wie eine gute Freundin.

„Am besten ist, du rufst den Notar unverzüglich an und triffst eine Verabredung mit ihm“, schlug ihr Vater vor.

„Ja, Paps, das werde ich tun.“ Die junge Frau stand auf und blieb dann einen Moment zögernd hinter ihrem Stuhl stehen. „Paps, würdest du mich begleiten? Ich bin in solchen Dingen so unerfahren. Mir wäre es eine Beruhigung, wenn du mir mit Rat und Tat zur Seite stündest“, bat sie und sah den Vater flehend an.

„Natürlich begleite ich dich, Kind. Mutter kann auch mitkommen. Sie klagt doch immer darüber, dass sie hier förmlich versauert. So können wir das Nützliche mit dem Schönen verbinden. Während Mutter ihre Einkäufe macht und die Geschäfte ausräumt, sprechen wir beide beim Notar vor.“

Gräfin Donata sprang auf und stieß fast vor Eifer ihren Stuhl um.

„Dann werde ich gleich mit dem Packen beginnen.“

Herzlich lachte die junge Fürstin auf.

„Aber Mutsch, noch weißt du doch gar nicht, wann ich beim Notar erwartet werde.“

„Das ist doch gleichgültig, Kind. Dann sind wir eben schon ein paar Tage früher dort. Schließlich lohnt sich die weite Reise nicht für ein oder zwei Tage. Eine Woche oder zwei das muss dabei schon herausspringen. Selbst wenn das andere, ich meine, das bei dem Notar nicht unseren Erwartungen entspricht. Oder?“ Sie wandte sich unsicher geworden ihrem Mann zu. „Glaubst du, dass es zu teuer wird?“

Der Graf trat schnell auf sie zu und legte den Arm um sie. Obwohl er seit dem Tod seines Schwiegersohnes zu kämpfen hatte, da er versucht hatte, seiner Tochter zu helfen, bis an die Grenze des gerade noch Möglichen, hätte er jetzt nicht das Herz gehabt, seine Frau zu enttäuschen.

„Nein, nein, Liebes, zwei Wochen können wir uns schon leisten, wenn du nicht alle Geschäfte plünderst“, versicherte er und sah sie augenzwinkernd an, da er ihre Schwäche kannte, wenn sie erst einmal in Fahrt geriet.

„Ich werde mich hüten“, schwor sie. „Aber einmal nach Herzenslust in all den schönen Dingen herumwühlen, das habe ich mir schon solange wieder einmal gewünscht.“

Vater und Tochter sahen sich lächelnd an.

„Siehst du, Mutter, so hat der Brief des Notars auch sein Gutes. Hoffen wir nur, dass von heute an für uns alle wieder eine bessere Zeit beginnt.“

Ernst winkte der Graf ab.

„Erwarte nicht zu viel, Kind. Wer weiß, welche Bedingungen die Tote stellt, und ob du bereit sein wirst, sie zu erfüllen.“

„Ich erwarte nichts, Vater, aber ich hoffe, dass mir endlich eine Chance geboten wird, dir deine Hilfe wenigstens teilweise zu lohnen. Ich weiß doch, wie sehr du Gut Reinhagen belasten musstest, damit kein Makel auf den Namen fiel, den ich heute trage.“

Fast heftig wehrte der Graf ab. Er mochte keinen Dank. Was er getan hatte, das hatte er für sein Kind getan, und das schien ihm selbstverständlich.

„Lassen wir das, es ist vorbei. Schau zu, dass du den Notar noch heute sprechen kannst Je eher, umso besser. Ich mag solche Ungewissheit nicht.“

Gehorsam verließ die junge Fürstin das Zimmer, um sich mit dem Notar der Familie von Trustfels in Verbindung zu setzen.

***

Dr. Engelhardt, ein bereits ergrauter Mann, kam der jungen Fürstin mit ausgestreckten Armen entgegen, als sie seine Kanzlei betrat. Er hatte die junge Fürstin sehr in sein Herz geschlossen, und ihre Tapferkeit rang ihm Hochachtung und Respekt ab.

Umso mehr freute er sich, dass er diesmal der Überbringer einer guten Nachricht sein durfte. Es war ein beträchtliches Erbe, das ihr und dem Pflegesohn der Verstorbenen zufiel. Nur, wenn er an die eigenartigen Bedingungen dachte, welche die Verstorbene daran geknüpft hatte, kamen ihm leise Zweifel, ob die junge Fürstin bereit war, darauf einzugehen.

Nachdem er auch den Grafen begrüßt hatte, bat er beide, Platz zu nehmen. Umständlich begann er, in den Akten zu blättern, räusperte sich erst, ehe er zu sprechen begann.

„Ich weiß nicht, Durchlaucht, ob es Ihnen bekannt ist, dass die Verstorbene nach dem Erwerb von Trustfels, das Schloss in ein Hotel umbauen ließ, weil es ihr die einzige Möglichkeit schien, die hohen Unkosten, die der Erhalt eines solchen Bauwerks nun einmal mit sich bringt, rentabel zu gestalten.“

Die junge Fürstin saß wie erstarrt und sah ihn an, als habe sie ihn nicht verstanden.