Love me, Professor - Lina Doe - E-Book

Love me, Professor E-Book

Lina Doe

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Beschreibung

Wenn sich dein Partyflirt als dein Professor herausstellt, lass die Finger von ihm. Studentin Samira trifft beim Feiern auf den gut aussehenden und charmanten Bryan, der ihr Herz höherschlagen und ihren Bauch kribbeln lässt. Was sie nicht weiß: Er ist ihr neuer Professor. Die Magie zwischen ihnen ist auch während der Vorlesungen ungebrochen, die Anziehung kaum auszuhalten. Je mehr sie sich einander nähern, desto stärker wird das Verlangen. Doch wenn sie auffliegen, verliert Bryan seinen Job und Samira ihre Karrierechancen.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Lina Doe

 

Love me, Professor

 

erotischer Liebesroman

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

© Oktober 2023, Lina Doe

Lina Doec/o Autorenservice PatchworkSchlossweg 6A-9020 [email protected]

 

Lektorat und Korrektorat: LibriMelior – Michael WeyerCover Design: Giusy Ame / Magicalcover

Bildquelle: Depositphoto

 

 

Lina Doe

 

 

LOVE ME,

Professor

 

 

 

Bisherige Bücher der Autorin:

Forgotten Dreams – Emilia & Adriano

Forgotten Passion – Liana & Jan

Forgotten Love – Zoe & Luke

 

Zukunftspläne

Die warme Spätsommersonne strahlt mir auf den Bauch, als ich mich rücklings auf die Ellbogen stütze und mich im Freibad umsehe. Neben mir liegt Stella und sonnt sich ebenfalls. Ihre langen, perfekten Beine und der knackige Po ziehen immer wieder die Blicke der Männer auf sich, die den sommerlichen Tag nutzen, um an der Aare zu entspannen. An einem Freitag wie heute sind es jedoch nicht allzu viele. Es ist die letzte Woche, bevor die Vorlesungen an der Uni starten, und wir wollen noch ein letztes Mal die Freiheiten genießen, bevor auch für uns wieder der Ernst des Lebens beginnt.

Leise brummt Stella. »Du sitzt mir in der Sonne.«

Ich lache auf. »Besser so. Sonst fällst du noch mehr auf und einer der Typen, die ständig hier vorbeiwatscheln, verschlingt dich noch mit Haut und Haar.«

Sie gibt ein weiteres Brummen von sich, das ich nicht einordnen kann, und setzt sich ebenfalls auf. Dabei gleitet ihr Blick zu ihrem Handy, nachdem sie die Wiese um uns herum abgesucht hat. »Sind die anderen noch nicht da?«

»Nein.« Ich drehe meinen Kopf zum Eingang des Freibades, was eigentlich unsinnig ist. Neben dem Haupteingang gibt es zwei weitere Eingänge. Der Fußweg führt in beide Richtungen an der Aare entlang mitten durch das Freibad. Die meisten unserer Mitstudenten werden wohl mit dem Fahrrad kommen und lieber am Fluss entlangfahren, als sich durch den brummenden Stadtverkehr zu kämpfen. »Vielleicht haben sie keine Lust.«

Stella zuckt mit den Schultern, so gut es ihr im Liegen gelingt. »Tabea lässt sich doch sonst keinen Anlass entgehen.«

Normalerweise nicht. »Vielleicht überlegt sie sich, wie sie den neuen Professor um den Finger wickeln kann. Seit Tagen spricht sie von nichts anderem mehr. Ehrlich gesagt bin ich nicht unglücklich, dass sie nicht hier ist. Sonst erfahren wir noch auf den Millimeter genau, wie weit ihr Shirt am Montag ausgeschnitten sein wird.«

Meine beste Freundin prustet so laut los, dass sich die beiden Männer nicht weit von uns zu uns umdrehen. Einer nickt ihr zu und hebt die Hand, der andere dreht sich sofort wieder zurück. Stella setzt sich auf. »Als würde der Ausschnitt allein helfen. Die braucht mehr Holz vor der Hütte.«

Ich grinse breit, sage jedoch nichts dazu. Für jemanden wie Stella ist es einfach, über den Körper eines anderen Menschen zu urteilen, so perfekt wie sie ist. Selbst ein gelber Bikini steht ihr. Sonnengelb. Ich kann mir niemanden sonst vorstellen, der einen gelben Bikini tragen und darin gut aussehen kann. Ein bisschen neidisch bin ich schon. Ich mag gelb. Aber ich liebe auch meine sinnlichen Kurven und die Möglichkeiten, die sie mir schenken. Aber sie vertragen sich nicht mit gelb.

»Glaubst du, sie wird es ernsthaft versuchen?«, fragt Stella in die eintretende Stille. Sie wirkt eigenartig nachdenklich, beinahe so, als würde sie sich zum ersten Mal fragen, ob sich Tabea an einen Professor ranschmeißen würde. »Die Professoren haben sicher ein Verbot, sich auf Studentinnen einzulassen. Besonders seit der MeToo-Bewegung.« Sie bewegt die Unterlippe, wie so oft, wenn ihr ein Gedanke nach dem anderen durch den Kopf schießt.

»Keine Ahnung. Tabea schätze ich eher als eine Frau ein, die auf jüngere Männer steht. Also in unserem Alter. Ein Professor muss doch mindestens zwanzig Jahre älter sein als wir, oder?« Zumindest sind die Professoren, die wir bis jetzt hatten, mindestens doppelt so alt wie wir, die meisten sogar deutlich älter. Dass sich eine junge Frau wie Tabea, die immer die wildesten Partys besucht und sich beim Flirten nicht zurückhält, wirklich auf einen älteren Mann einlässt, kann ich mir nicht vorstellen. Allerdings behauptet sie steif und fest, den neuen und äußerst attraktiven Professor bezirzen und heiraten zu wollen.

Stella lacht leise. »Da gibt es in unserem Semester also deutlich willigere Alternativen, meinst du? Auch für dich?«

Ich stupse den Ellbogen in ihre Richtung, verfehle sie jedoch, weil sie meinen Seitenhieb kommen sah und ihm ausweicht. Ihr Lachen hallt noch in meinen Ohren, als ich meine Sonnenbrille vom Kopf auf die Nase ziehe. Sie soll meinen schweren Blick nicht sehen, wenn ich daran denke, was mir mein Ex-Freund Marc angetan hat. »Mit Männern bin ich durch.« Kurz und knapp. Sonst will sie nur wieder darüber sprechen, obwohl es oft genug Thema zwischen uns war.

Stellas Blick brennt regelrecht auf meiner Wange, doch ich ignoriere ihn und beobachte eine Gruppe junger Männer mit flachen, braungebrannten Bäuchen, wie einer nach dem anderen ins kalte Wasser steigt.

»Wieso gibst du dir eigentlich die Schuld dafür, was mit Marc passiert ist?«

Für einen zähen Moment halte ich den Atem an, vergesse, was rund um mich herum ist. In mir ist nur die Kälte, die die Enttäuschung meines Lebens mit sich brachte. Der Mann, dem ich über alles vertraute, verließ mich. Einfach so. Ohne Vorwarnung. Doch die Wärme der Sonne schafft es, mein Inneres aufzutauen, schenkt mir einen tiefen, belebenden Atemzug. »Ich gebe mir nicht die Schuld dafür.«

Stella schweigt. Mit jeder Sekunde schöpfe ich Hoffnung, dass sie das Thema auf sich beruhen lässt, dass sie beschließt, ein andermal nachzufragen. Mir wäre es nur recht. Das Thema Marc ist schwer und tut weh. Doch den Gefallen tut sie mir heute nicht. »Seit der Trennung habe ich das Gefühl, dass du selbst an dir zweifelst. Aber schau dich doch an, Samira. Deine Kurven sind so verdammt sinnlich, dass ich am liebsten zusehen würde, wenn du tanzt. Oder ich würde mit dir tanzen. Außerdem bist du eine außerordentlich herzliche Person, die alles Glück der Welt verdient. Also, tu nicht so, als wäre das, was mit Marc war, dein Fehler.«

»Das tue ich doch gar nicht«, verteidige ich mich schwach. Schwächer als schwach.

Leise schnaubt sie. »Natürlich. Und deshalb flirtest du mit niemandem mehr.«

»Weil es wehtun könnte.« Schneller als mir lieb ist, hängen die Worte zwischen uns.

Stella schweigt.

Ich tue es ihr gleich. Es ist einfacher zu schweigen, als etwas zu sagen, von dem man nicht weiß, wie es beim Gegenüber ankommt. Irgendwann wird sich das Thema erledigt haben, dann kann ich mich wieder frei fühlen und mich nie wieder so verletzlich machen wie beim idiotischen Marc.

»Es ist nicht deine Schuld«, bekräftigt Stella erneut. »Du konntest nichts anderes tun. Er hat dich von Anfang an getäuscht.«

»Ich weiß.« Es zu sagen, schmerzt bis in mein tiefstes Inneres. Zuzugeben, dass mich die große Liebe absichtlich verletzte, dass ich diesem Mann nie so wichtig war wie er mir. Ich war nur ein Spielzeug. Ein nettes, aber billiges Accessoire, das man wegwerfen kann, wenn man es nicht mehr braucht. Eine Trophäe, die die Ehefrau einfach nie zu sehen bekommen darf. Oder die Kinder. Oder der Rest der Welt.

Aufmunternd legt mir Stella die Hand auf den Unterarm und drückt ihn leicht. »Weißt du, was das Beste ist?«, fragt sie mit einem breiten Grinsen.

Ich schüttele den Kopf. »Ich wusste gar nicht, dass es an so einer Geschichte überhaupt etwas Gutes gibt.«

Sie lacht. »Wir können wieder stressfrei Eis essen. Kein Mann nörgelt so an dir herum, dass du an einem Tag wie diesem darauf verzichtest. Ich hole uns eins. Erdbeere?«

Glücklich falle ich in ihr Lachen ein. Noch während sie aufspringt, nicke ich. »Das klingt fantastisch!«

Mit locker schwingenden Hüften geht sie samt Geldbeutel zum Kiosk und stellt sich in die Warteschlange. Ihre Bewegungen sind sinnlich, sexy. Auffallend. Sie ist Verführung pur, viele Frauen würden ihre Seele verkaufen, um einen Körper wie den ihren zu haben. Sie steht keine zehn Sekunden in der Schlange, da steht ein Mann hinter ihr, ein paar weitere folgen. Sie beginnen ein Gespräch mit ihr, Stella lacht und wirft ihre langen, blonden Locken über die Schulter zurück. Sie kann das, mit Leuten umgehen und sie um den Finger wickeln.

Nun trifft mich doch ein kleiner Stich der Eifersucht, als wollte sie mir klarmachen, dass ich mit meinem Körper so zufrieden sein kann, wie ich will, ich werde niemals eine Ausstrahlung haben wie Stella. Manchmal wünsche ich mir das. Das Leben scheint so viel einfacher. Und dennoch weiß ich auch um Stellas Sorgen und Gedanken, wie sehr sie darum bemüht ist, keine verletzliche Seite zu zeigen, weil sie sich nicht sicher sein kann, ob die Männer sie ihretwegen wollen oder nur, weil sie gut aussieht. Im Grunde fürchtet sie sich vor denselben Fehlern, die ich mit Marc machte.

Als Stella wiederkommt, trägt sie zwei Eis in den Händen. Ihr übermütiges Lächeln entlockt auch mir eines. »Waren nette Jungs. Die haben uns das Eis spendiert.« Mit der freien Hand deutet sie zur Warteschlange, die noch länger wird. »Ich habe sie morgen ins Pacifico eingeladen.«

Wenig überrascht grinse ich. »Hast du sie eingeladen oder haben sie einfach gefragt, wo man dich finden kann?«

Sie zuckt mit den Schultern, als wüsste sie es nicht mehr genau, doch das breite Lächeln in ihrem Gesicht verrät sie. »Sie waren nett.«

»Die stehen morgen alle an der Bar und hoffen, von dir bedient zu werden.« Ich nehme mein Eis entgegen und lecke an der rosafarbenen Kugel. Der Erdbeergeschmack prickelt mit der Kälte um die Wette. Handgemachtes Eis mitten an einem wunderschönen Nachmittag, was gibt es Besseres? Ich lehne mich nach hinten, stütze mich mit der freien Hand ab und genieße den Tag. Wer weiß denn schon, wann ein nächster wieder so schön und entspannend wird? Das nächste Semester werden wir uns vermutlich mehr mit einer liebestrunkenen Tabea und ihrem Traumprofessor befassen. Allerdings schließt auch das gute Unterhaltung nicht aus.

Prickelnder Tanz

Langsam schwingen meine Hüften im Takt der Musik, leicht, befreit, als würden sie schweben. Ich halte die Augen geschlossen und gebe mich ganz der Musik hin. Die Melodie trägt mich durch den Abend. Leise Klänge, die hinter dem schweren Bass und der vollen Stimme der Sängerin kaum zu hören sind. Doch sie sind da, wie die Schweißtropfen auf meinem Rücken, die mit jedem Schwung ein bisschen weiter nach unten perlen.

Meine Hände liegen an meinem Nacken und lösen ein angenehmes Prickeln aus, wenn sie über die Haut fahren. Strähnen kleben an den Fingern, doch um nichts in der Welt würde ich meine leicht gewellten, dunkelbraunen Haare zusammenbinden. Nicht jetzt, nicht wenn die Spitzen meinen freiliegenden Rücken zwischen den Schulterblättern kitzeln, wenn ich den Kopf von der einen Seite auf die andere lege. Sie verwöhnen mich auf eine Art und Weise, wie es kein Mann der Welt jemals könnte.

Mit den Fingern fahre ich am Halsansatz nach vorn, streiche über meine Schlüsselbeine und weiter die Seiten hinab. Ich nehme jede noch so zarte Berührung wahr, jedes Zittern meiner Fingerspitzen, das durch den tiefroten, glänzenden Stoff dringt. Der untere Rand des BHs. Meine Taille. Die Hüfte. Ich lenke die Hände zum Bauch, schiebe das kurze Kleid etwas hoch, sodass der Saum über die Oberschenkel streicht. Lasse es gehen.

Jemand berührt mich, flüchtig nur. Hüfte an Hüfte, vielleicht war es auch ein Arm. Es bringt mich nicht aus meiner Faszination für diese wundervolle Musik, die mich und meinen Körper einnimmt. Ich liebe es, allein zu tanzen, der Welt zu entfliehen. Meinem Körper die Führung zu überlassen. Er weiß genau, was mir guttut. Dabei fühle ich mich so unendlich leicht, als würde ich mit offenem Herzen und wachen Gedanken träumen.

Hin und wieder trifft eine Hand auf meinen Arm, ein Oberschenkel drückt sich gegen meinen Po. Der kühle Stoff meines Kleides verstärkt die Berührung, sodass es mir jedes Mal ein Schaudern entlockt.

Ich schlucke, die Lippen leicht geöffnet. Inmitten der tanzenden Menge, in der jeder seinen eigenen Gedanken nachgeht, der Musik und dem Ruf in seinem Herzen folgt, gehorche ich meinem Körper und dem berauschenden Gefühl, mich zu verlieren. Ich lasse mich fallen. Gleite. Schwebe.

Forsche Hände streichen an meinen Seiten hinab, halten über der Hüfte inne und fahren nach oben bis zum Ansatz meiner Brüste. Die Berührung entlockt meiner Haut ein Prickeln, das sich von den unbekannten Fingerspitzen ausbreitet und in meinem Bauchnabel sammelt. Wieder gleiten die Hände hinab, ziehen ein wenig fester am Stoff, als würden sie das Kleid bitten, mich nicht mehr zu lange zu verhüllen. Zitternde Wärme glüht bei meinen Hüften auf, als die Hände sie umfassen und sanft, aber bestimmt in neue Bewegungsmuster drängen. In die Knie, schwingend wieder hinauf. Noch einmal.

Heißer Atem an meinem Ohr. »Du trägst kein Höschen«, murmelt Stella mit einem verruchten, verführerischen Unterton in der Stimme.

Mit einem Lächeln folge ich den Bewegungen, die sie mir vorgibt. Sie tanzt sinnlich, manchmal berauschend anzüglich. Ich liebe es, ihr dabei zuzusehen, und noch mehr liebe ich es, mit ihr zu tanzen. Es ist anders, sich vollkommen in die Hände eines anderen Menschen zu begeben und zu erfahren, wie er den eigenen Körper sieht. Was sich für ihn gut anfühlt oder an mir gut aussieht. Stella spielt mit mir, reizt mich allein mit der Vorstellung, dass sie ihren Blick über meine Kurven schweifen lässt.

»Dafür einen BH – ganz im Gegensatz zu dir«, entgegne ich und drehe mich zu ihr um.

Ihre blauen Augen strahlen unter dem blonden Pony. Auch sie hat sich für heute herausgeputzt. Das glitzernde Top ist so tief ausgeschnitten, dass sich selbst meine Augen zum Tal zwischen ihren Brüsten verirren. Der Minirock und hohe Absatzschuhe vollenden das Bild von der wunderschönen, hochgewachsenen Blondine mit dem Schmollmund.

Sie zeigt in Richtung Bar. »Durst?«

Ich nicke und quetsche mich hinter ihr durch die Menschenmenge. Samstagabend. Kein Wunder, dass der Klub rappelvoll ist. Auch wenn ich das Tanzen und die zufälligen Berührungen liebe, so bewege ich mich zu Hause manchmal ganz allein zur Musik. Ich konzentriere mich nur auf mich selbst, auf meinen Körper, der mir mit leisen Zeichen zu verstehen gibt, was er braucht und will.

An der Bar steht ein braun gebrannter Mann, der vom Barkeeper ein Bier und zwei Cocktails entgegennimmt. Als er sich umdreht und meine Freundin erblickt, leuchten seine Augen auf. Er beugt sich zu Stella und küsst ihre Wange. Den einen Cocktail überreicht er ihr mit einem strahlenden Lächeln, den anderen gibt er mir.

»Das ist Julio«, stellt Stella ihre neueste Eroberung vor und himmelt ihn mit einem atemberaubenden Augenaufschlag an. Ihre Schwäche für Latinos tritt an einem Abend wie diesem besonders hervor, wenn wir uns unter die Menge mischen, um Spaß zu haben. Insgeheim wünscht sie sich selbst einen knackigen Latinoarsch, um die Männer reihenweise um den Finger zu wickeln. Nicht, dass ihr das ohne einen solchen nicht gelingen würde.

Ich lächele ihrem neuen Lover zu und frage mich gleichzeitig, wie lange diese Beziehung halten wird. Immerhin, er hat mir einen Sex on the Beach spendiert, ohne einen dummen Spruch abzugeben, also kann er nicht allzu schlecht sein.

Ich hebe den Drink etwas an. »Danke.« Der Cocktail ist lecker, schmeckt nach Sonne und Abenteuer. Kein Wunder, dass mich meine Freundin von der Tanzfläche geholt hat. Sie weiß, wie sehr ich Cocktails liebe.

Stella kichert wie ein Mädchen, das sich eben erst seinen ersten Schwarm angelacht hat. »Wir sollten so was öfter machen!«

Obwohl ich nicke, weiß ich, dass ich während des Semesters keine Zeit für viele Partys haben werde. Als Studentinnen verdienen wir kein Vermögen und verkatert lernt es sich unheimlich schlecht. Wir haben so ziemlich alles schon ausprobiert. Auch weiterzutrinken. Oder am Morgen danach einen ganzen Fruchtsaftcocktail hinunterzuwürgen. Mit und ohne Alkohol. Noch heute kann ich keinen Fruchtsaft mit Banane darin trinken, ohne dass mir davon übel wird.

Julio beugt sich zu mir, um mir etwas ins Ohr zu schreien, das nicht in der Musik untergeht. »Schöner Tanzstil. Eigenwillig.«

»Danke«, rufe ich zurück, unentschlossen, ob eigenwillig ein Kompliment sein soll.

Meine beste Freundin zwinkert mir zu. Wir wippen im Takt, sehen den Tanzenden bei ihren Verrenkungen zu, und ich wünsche mir, es ihnen gleichzutun. Hier zu stehen und nicht zu tanzen fühlt sich wie reine Zeitverschwendung an. Wenn ich mich schon einmal hübsch gemacht habe, will ich das auch nutzen. Ich will tanzen, mich gehen lassen und nicht daran denken müssen, was die anderen in mir sehen.

Als ich mich zur Tanzfläche umdrehe, um den Tanzenden zuzusehen, stoße ich mit jemandem zusammen. Etwas Kühles schwappt über meine Schulter, mein Schlüsselbein und in meinen Ausschnitt. Mir entkommt ein erschrockenes Keuchen, das sich mit der Entschuldigung mischt, die mir auf der Zunge liegt. Die Kälte wandert weiter bis zu meinem Bauch. Langsam drehe ich mich zu der Person um, die ich angerempelt habe.

Vor mir steht ein Mann mit dunklen, vor Schreck geweiteten Augen. Seine Lippen sind leicht geöffnet, und er starrt mich an, als wäre ich der Geist seiner verstorbenen Großmutter, der ihm mitteilt, dass Kondome eine Erfindung des Teufels sind. Um seine Augen sind feine Fältchen zu sehen – Lachfältchen.

Er blinzelt und räuspert sich. »E-es tut mir leid.« Er versucht sich an einem Lächeln, das ihn trotz der Situation erstaunlich charmant wirken lässt. Seine tiefe Stimme vibriert in meinem Brustkorb, als hätte sie sich dort eingenistet, um mir den Hals enger zu schnüren.

»Ich muss mich entschuldigen.« Ohne meine Augen von den seinen zu lenken, schlucke ich. »Ach herrje. Tut mir leid.« Knapp bringe ich ein Lächeln zustande.

Überraschend vehement schüttelt er den Kopf. »Einer Dame kippt man doch nicht einfach seinen Drink samt Eiswürfel in den Ausschnitt.« Er hebt beide Hände an und zwinkert mir zu. »Oder über die Schulter. Falls du möchtest, kann ich auch nach dem Eiswürfel suchen.«

»Du könntest sie ja etwas wärmen. Die Schulter meine ich.« Ich trinke einen Schluck von meinem Cocktail, ohne den Mann aus den Augen zu lassen. Wie faszinierend die seinen im schummrigen Licht glühen, obwohl sie dunkel sind.

Das Zucken seiner Mundwinkel kann er nicht verbergen, als er ergeben mit den Schultern zuckt und die Hand an meinem Kreuz platziert. Unter seiner sanften Berührung wird meine Haut noch wärmer. Starke Finger streicheln am Rand des Stoffes entlang, gleiten gar einmal darunter und lassen mich schaudern. Ich habe nicht den Eindruck, dass er sich besonders beeilt.

»Aber gerne doch.« Seine Stimme klingt ein Stück tiefer als zuvor. Rauer. »Wenn ich möchte, kann ich sehr gut wärmen. Auch andere Orte.«

Mein Blick versinkt in dem seinen, so tief und warm ist er. Wie ein See aus purer Faszination, aus Wärme und … verbotenen Sünden. Ich kann mich nicht davon lösen. »Wenn ich möchte, lasse ich mich auch gerne wärmen.« Auf meine Lippen tritt ein Lächeln, das sich verwegener und mutiger anfühlt als ich bin. »Auch an anderen Orten.«

»Vielleicht kann ich dich ein wenig … darauf vorbereiten.« Der Mann hebt sein leeres Glas, wirft mir einen flüchtigen Blick zu und dreht sich zur Bar um. »Ich brauche ohnehin einen neuen Drink. Wenn ich dir einen Cocktail mit Eis bestelle, kühlt er dich, und ich komme eher dazu, dich wärmen zu dürfen.« Zu dem Aufblitzen in seinen Augen gesellt sich ein warmes Lächeln, das mir selbst eines entlockt. Er fasst es wohl als Zustimmung auf, denn er führt mich zur Bar und bestellt sich einen frischen Scotch und für mich einen weiteren Sex on the Beach. Als hätte ich heute nicht schon genug getrunken.

»Für die Unannehmlichkeiten.« Als er mir den Drink in die Hand drückt, lächelt er so offen, dass es mir als Entschuldigung auch gereicht hätte. Er hebt das Glas, ich stoße mit meinem dagegen, und er zwinkert. »Und vielleicht mit ein wenig Trickserei.«

»Wieso musst du so tricksen, wenn du doch so gut im Wärmen bist?«, frage ich und sauge am Strohhalm.

Er zuckt mit den Schultern, lenkt den Blick für einen Moment auf den Drink in seiner Hand und sieht mich dann warmherzig an. »Bei einer schönen Frau wie dir will ich kein Risiko eingehen.«

Es ist der dümmste Anmachspruch aller Zeiten. Weil du so schön bist, nur in abgewandelter Form. Jeder kann das sagen, vor allem jeder Mann, der Hoffnungen auf eine heiße Nacht hegt. Aber aus seinem Mund klingt es ehrlich und auch etwas unbeholfen. Irgendwie süß.

Ich trinke einen großen Schluck, wahrscheinlich, um mir selbst Mut zu machen. »Bei mir gehst du am wenigsten Risiko ein, wenn du mich um einen Tanz bittest.«

Obwohl seine Augenbraue nach oben zuckt, scheint er nicht im Mindesten überrascht, sondern eher erfreut. Sein starker Arm legt sich sanft um meine Schultern und zieht mich ein kleines Stück weg von der Bar, wo die Leute dicht gedrängt stehen.

Als uns der Bass der Musik einhüllt, bleibt der Mann stehen und führt seine Hand bis zu meinem Schulterblatt. Ich lege meine Hand auf seine Schulter, er zieht mich näher zu sich, sodass mein Herz seinen Takt beschleunigt. Sanft wiegt er sich von der einen Seite auf die andere. Der Geruch nach sonnengetränkter Erde und warmem Sommerwind steigt mir in die Nase. Ist er das?

Ich folge seinem Rhythmus. Es ist einer, der ruhiger ist als der der anderen, der den Bass ignoriert und den Puls dahinter wiedergibt. Er ist kräftig und sanft zugleich. Faszinierend.

Als ich den Blick hebe, hat der Fremde die Augen geschlossen. Er wirkt entspannt und doch vollkommen da, als wüsste er genau, wie vergänglich dieser Moment ist. Er genießt ihn in vollen Zügen.

Erst jetzt fallen mir sein langärmeliges Hemd und die schwarze Anzughose auf. Irgendwie wirkt er deplatziert. Er würde besser in einen Schuppen mit vielen Sitzen, Jazzmusik und wenigen Gästen passen. Dennoch ist er in diesem Moment genau am richtigen Ort, und sein Arm, der mich in seine Welt zu holen versucht, ebenfalls.

Und ich.

Ich lasse mich fallen. Seine Bewegungen schenken mir Sicherheit. Sie fangen mich auf, wo ich keinen Halt mehr finde, und folgen meinem Weg, wenn mein Herz hüpfend davonrauscht. In seinen Händen fühle ich mich wie eine Göttin, die er nach seinem Willen bewegt. Sexy, verspielt oder verführerisch, aber immer voller Achtung.

Er dreht mich, sodass ich mit meinem Rücken gegen seine Brust tanze. Sanfter Druck bittet mich, näher zu kommen. Meine Haut berührt sein Hemd. Bei jedem Schwingen meiner Hüfte, in diesem unglaublich langsamen, betörenden Takt sinke ich tiefer und tiefer. Er folgt mir ein Stück, lässt seine freie Hand über meine Schulter und den Arm streichen und kehrt zurück.

Als ich mich wieder nach oben bewege, kitzeln seine Finger über mein Schulterblatt und zeichnen einen prickelnden Weg von meiner Seite bis zu meinem Bauch. Von dem Gefühl gefangen, gerade die begehrenswerteste Frau zu sein, so sanft und behutsam, wie er mich berührt, hebe ich meine Arme. In meinem Bauch kribbelt es, als er bei meinem Bauchnabel ankommt und ihn umrundet. Seine Hand legt sich flach auf den Bereich unter dem Nabel und zieht mich zu ihm hin. Ich lande an seiner starken Brust, die sich in meinem Rhythmus bewegt. Wann hat er sich mir angepasst?

Die Hand an meinem Bauch streicht hinauf. Vor freudiger Erwartung richten sich meine Nippel auf und begehren gegen ihr Gefängnis aus Stoff auf. Meine Rundungen wünschen sich seine sanften Berührungen herbei, wollen verwöhnt, gewärmt werden.

An meinem Hals spüre ich einen zaghaften, fragenden Kuss. Er hält inne, küsst mich wieder, diesmal länger und fester. Eine zärtliche Spur führt vom Ansatz meines Halses bis zu meinem Ohrläppchen. Überwältigt von dem leichten Sog, den seine Berührungen in mir auslösen, lege ich den Kopf zur Seite und genieße dieses Spiel in vollen Zügen.

Er nimmt mein Ohrläppchen in den Mund und lässt seine Zähne darüberstreichen. Mir entkommt ein leises Stöhnen.

Endlich erreichen seine Finger die Rundungen meiner Brüste. Ein Teil von mir will sich ihm entgegenstrecken und ihm zeigen, dass mir gefällt, was er tut, ein anderer Teil will nicht, dass er mit seinen Küssen und dem Knabbern aufhört. Ich will mich in seinen Armen verlieren, vergessen, träumen.

»Samira?« Wie kaltes Wasser dringt Stellas Stimme durch meinen Kopf in mein Bewusstsein.

Widerwillig öffne ich die Augen. Meine beste Freundin steht direkt vor mir, an ihrer Hand Julio, dessen wilder Glanz in den Augen eine ganz eigene Geschichte erzählt. Die beiden wollen nach Hause. Jetzt.

Für einen Moment überlege ich mir, mich dagegen zu sträuben. Allerdings habe ich keine Chance. Immerhin haben Stella und ich abgemacht, dass wir uns immer gegenseitig zu unserer neuen Eroberung begleiten. So weiß die andere, wo der Angebetete wohnt und wenn am nächsten Tag bis um elf Uhr kein Lebenszeichen eintrudelt, wird Terror gemacht.

Ich nicke. »Ich komme gleich.« Noch will ich einen Moment, um mich von dem einnehmenden Fremden zu verabschieden, der diesen Abend unerwartet zu etwas Schönem und Besonderem werden ließ.

Stella nickt und zieht Julio hinter sich her. Wenn ich mich nicht beeile, fallen sie schon übereinander her, noch bevor ich aus dem Klub komme.

Ich drehe mich zum Unbekannten um. In seinen Augen liegt ein wissendes Schimmern. »Es tut mir leid, ich muss nach Hause.«

»Aber ich konnte mich noch nicht richtig entschuldigen«, erwidert er so leise, dass ich es bei all der Musik und dem Lärm kaum verstehe.

»Dann halt ein andermal.« Auch wenn ich befürchte, dass es ein anderes Mal nicht geben wird. Vermutlich ist es nur einem Zufall zu verdanken, dass wir uns heute hier getroffen haben. Er wirkt nicht wie jemand, der öfter einen Klub wie das Pacifico besucht.

Er nickt, obwohl ich in seinen Augen sehen kann, dass er dasselbe denkt. »Ich werde mich noch richtig entschuldigen. Versprochen.«

Ein Versprechen, das er wohl nie einlösen kann. Wie all die Versprechen von Marc.

Ich nicke knapp und setze mich in Bewegung. »War schön, dich kennenzulernen.« Auch wenn ich ihn noch immer nicht kenne. Noch nicht einmal seinen Namen. »Bis dann.«

Er lächelt, allerdings wirkt es traurig. Oder ist das mein Wunschdenken? »Auf Wiedersehen.«

Professor

»Guten Morgen.« Ich lasse mich neben Stella auf einen Stuhl sinken, ziehe mein Tablet hervor und öffne die Vorlesungsunterlagen. Wenn das neue Semester beginnt, möchte ich bereit sein. Zudem lernen wir heute den neuen Professor kennen, der uns etwas über Beziehungen beibringen soll. Den Professor, in dem Tabea ihren Traummann sieht. Passt also. Schon als ich das Fach auf dem Stundenplan sah, fragte ich mich, was genau damit gemeint ist.

Seit Samstag habe ich Stella nicht mehr gesehen. Nachdem wir die Party verließen, begleitete ich sie zu Julio nach Hause und kehrte in unsere Wohnung zurück. Ich hätte noch einmal ins Pacifico gehen können, doch allein der Gedanke, dass der Unbekannte nicht mehr da war, verdarb mir die Lust darauf. Außerdem hätte es gegen unsere Abmachung verstoßen: Stella und ich wissen immer, wo die andere ist. Zumindest, was den Ausgang betrifft und wenn wir jemand Neues kennenlernen.

Mit einem Seufzen streicht sich Stella die Haare aus dem Gesicht. »Hey. Wie war dein Sonntag?«

»Gut. Entspannend. Meine Mitbewohnerin war gestern so ruhig, als wäre sie gar nicht da.« Ich grinse, als ich das Leuchten in ihren Augen entdecke. »Und deiner?«

Sie will mich zappeln lassen, doch ich kenne sie zu gut, um die Wahrheit in ihrem Blick nicht zu sehen. »Auch entspannend. Und anstrengend.« Abermals seufzt sie, doch diesmal klingt es alles andere als erschöpft. »Ich sage dir, Julio ist ein ausgezeichneter Liebhaber, dem könnte ich mich stundenlang hingeben.«

Ich lache auf. »Nun ja, so wie du wirkst, könntest du nicht nur, sondern hast es auch.« Wenigstens war ihr Wochenende in der Hinsicht erfreulicher als meins.

Stellas Leuchten versteckt sich hinter einer Schleierwolke. »Tut mir leid wegen Samstag. Ihr habt ausgesehen, als hätte es bei euch gepasst. Du hättest ihn ja mit zu uns nach Hause nehmen können.« Sie zwinkert mir übermütig zu, sodass ich ihr nicht böse sein kann, selbst wenn ich es wollte.

»Nein«, erwidere ich möglichst ruhig. Das mit Marc ist noch zu frisch, um einen Unbekannten mit nach Hause zu nehmen, der auf den ersten Blick nur ein zweiter Marc ist: charmant, ein Stück älter als ich und aufmerksam. »Bei deiner Sauordnung nehme ich doch keinen Gentleman mit nach Hause.« Ich versuche, mein Grinsen in meinem Inneren zu verwahren, doch es kämpft sich locker nach draußen.

Sie knufft mich in die Seite. »Fiesling!«

Bevor ich etwas erwidern kann, fliegt die Tür zum Vorlesungssaal auf und ein Mann Anfang vierzig tritt ein. Er schreitet wie ein Gott herein, lässt seinen Blick durch den Raum schweifen und bringt die Studenten zur Ruhe, ohne etwas zu sagen.

Der Typ aus dem Klub!

Mein Flirt ist mein Professor!

Um mich braucht er sich also keine Sorgen zu machen. Ich werde ein ganzes Semester nichts sagen, nur damit er mich nicht entdeckt. Wie peinlich!

Am liebsten würde ich im Boden versinken. Ich habe mit meinem Professor geflirtet! Wie viel Pech kann ein Mensch haben?

Stella lehnt sich zu mir herüber. »Der kommt mir bekannt vor.«

»Ja«, knurre ich. Ich weiß, dass sie ihn auch erkannt hat.

»Kennst du ihn etwa auch?« Sie kichert. Wahrscheinlich findet sie die Situation tatsächlich zum Lachen. »Wenn er ein guter Kerl ist, darfst du das nächste Mal zu ihm, und ich gehe nach Hause. Bei einem Professor mache ich mir weniger Sorgen als bei einem skrupellosen Geschäftsmann.«

»Haha, sehr großzügig von dir.« Ich weiß nicht, ob ich froh sein soll, ihm wieder zu begegnen. Er ist unser Professor. Allerdings habe ich mir gestern den ganzen Tag Gedanken darum gemacht, was er getan hätte, wenn uns Stella nicht getrennt hätte. Und ob er eine Beule hatte. Bei der Vorstellung von meiner Hand an seiner Lust werde ich ganz wuschig. Vehement schiebe ich die Gedanken von mir und konzentriere mich auf unser Fach.

Beziehungen.

Verdammt! Und das gleich am frühen Montagmorgen.

Der Professor lässt seinen Blick über die Studenten schweifen und lächelt einseitig. »Guten Morgen, geschätzte Damen und Herren. Ich freue mich sehr, Sie heute hier begrüßen zu dürfen und mit Ihnen dieses Semester zu bestreiten. Mein Name ist Bryan Zumthor. Meine Eltern sind riesige Fans von Bryan Adams, aber der hat einen besser passenden Nachnamen als ich. Darum ist er wohl auch berühmter. Vielleicht auch, weil er besser singt, wer weiß das schon.« Bryan – Herr Zumthor – zwinkert in die Menge, und ich rutsche ein Stück tiefer, damit er mich nicht sieht. »Dafür bin ich ein Experte in Beziehungen. Seit meinem Abschluss an dieser Universität in Biochemie habe ich mich den biochemischen Reaktionen in Beziehungen verschrieben. Falls Sie also den oder die oder das Angebetete nicht erreichen, fragen Sie mich. Höchstwahrscheinlich kenne ich einen der Stoffe, den Sie beim Gegenüber nicht in die Blutbahn freisetzen.«

Ein verhaltenes Lachen dringt aus vielen Kehlen der Studenten, nur meins bleibt mir im Halse stecken.

»Und wie soll ich es anstellen, wenn mein Traummann noch gar nicht auf mich aufmerksam geworden ist?«, ruft Tabea durch den ganzen Saal. Wenigstens sitzt sie nicht in meiner Nähe, sodass Herrn Zumthors Blick weit über mich hinweggeht.

Er grinst. »Das müssen Sie ihn schon selbst fragen. Spätestens dann haben Sie seine Aufmerksamkeit gewonnen.«

Ob er weiß, dass sie es mit dieser Frage gerade getan hat? Er ist der Professor, von dem sie ständig schwärmt. Keine andere Professorenstelle wurde neu besetzt.

Noch ein Grund mehr, mich nicht in seiner Nähe aufzuhalten. Tabea geht über Leichen, wenn ihr etwas Lebendes im Weg zu ihrem Ziel steht.

Stella knufft mich in die Seite. »Wenn sie keinen Erfolg hat, wirst du es dann versuchen?«

Langsam wende ich ihr den Kopf zu und starre sie an, als hätte sie einen Frosch bei lebendigem Leib geschluckt. »Er ist mein Professor!«

»Uhuu, schon deiner!« Sie grinst so frech, dass ich mir einen Moment überlege, dafür nicht zur nächsten Party zu erscheinen. Oder sie danach so früh zu wecken, dass sie für ein halbes Jahr nicht mehr versuchen wird, mich mit einem Professor zu verkuppeln.

»Das ist ja wie Lehrer und Schülerin.« Ich wende den Blick wieder Herrn Zumthor zu, der so gut tanzen kann, dass ich dahinschmelze und mir wünsche, komplett in seinen Armen zu zergehen. Doofe Gedanken. »Außerdem warst du diejenige, die mich am Samstag aus seinen Armen riss.«

»Das war, bevor ich wusste, dass er ein Professor ist. Und vermutlich anständig. Außerdem ist er ein Beziehungsexperte.« Leise lacht sie und wackelt mit den Augenbrauen, dann wird sie ernst. »Ich wäre am Samstag vermutlich länger geblieben, wenn er mich da nicht so sehr an Marc erinnert hätte. Ich dachte wirklich, du hättest dir einen zweiten Idioten geangelt. Manchmal habe ich das Gefühl, dass du seit der Trennung etwas von der Rolle bist, und ich möchte nicht, dass dir das noch einmal passiert.«

Ausgerechnet von Marc fängt sie an. Der Gedanke an den gut aussehenden Anwalt mit den schulterlangen, zusammengebundenen Haaren, dem charmanten Lächeln und der Ehefrau lässt meine Aufregung auf einen historisch kalten Tiefpunkt sinken. Angesichts der Tatsache, dass ich vor zwei Tagen intensiv mit meinem Professor getanzt habe, ist das keine schlechte Entwicklung. »Das weiß ich ja. Und das mit Marc ist vorbei. Ich bin darüber hinweg.« Obwohl ich manchmal selbst daran zweifle.

Wie auch immer er es macht, Herr Zumthor gewinnt die Aufmerksamkeit des ganzen Saals, als hätte er Schokolade für das aktivste Mitmachen versprochen. So gespannt habe ich meine Mitstudenten seit Beginn unseres Studiums nicht erlebt.

Er umrundet den Tisch und lehnt sich mit seinem Hintern dagegen.

---ENDE DER LESEPROBE---