Lust auf Strategie - Reinhart Nagel - E-Book

Lust auf Strategie E-Book

Reinhart Nagel

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Beschreibung

Das Workbook zeichnet den idealtypischen Verlauf der Entwicklung einer Strategie von der ersten Idee an nach. Dabei wird das Konzept der "Systemischen Strategieentwicklung" anschaulich gemacht. Fundiertes Praxiswissen und Instrumente aus der Beratungspraxis bieten konkrete Hilfestellungen für die Umsetzung des eigenen strategischen Entwicklungsprozesses.Die 3. Auflage wurde ergänzt um:- Instrumente wie Portfoliomethode, Analyse des Geschäftsmodells, Organisations-Monitor- Überblick über internetbasierte neue Geschäftsmodelle- Besondere Aspekte einer InternationalisierungsstrategieDas neue Layout erleichtert die Orientierung und die Auswahl der passenden Tools für die eigene Arbeit.

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Inhaltsverzeichnis

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Impressum

Vorwort zur dritten Auflage

1. Zum begrifflichen Verständnis einer Unternehmensstrategie

Strategie als Paradoxie zwischen Verantwortung für die Zukunft bei gleichzeitiger Unkalkulierbarkeit der Zukunft

Kernaspekte einer Unternehmensstrategie

2. Viele Wege führen zum Erfolg

Intuitive Entscheidungen

Expertenorientierte Strategieentwicklung

Evolutionäre oder zufällige Strategien

Systemische Strategieentwicklung

3. Sorgfältige Planung der Reise

Warum überhaupt Strategie jetzt?

Die Ziele der strategischen Reise klären

Ist die Unternehmensspitze mit an Bord?

Haben wir ausreichend Kompetenzen im Strategieteam gebündelt?

Befähigen und Weiterbildung der am Strategieprozess beteiligten Personen

Konzeption der Bearbeitungsarchitektur

Die Zeitplanung

Sind Umsetzung und periodische Strategieüberprüfung schon mitbedacht?

4. Die Strategieschleife als Orientierungslandkarte

Diagnose der Ausgangssituation

Die Zukunft erfinden

Entscheiden zwischen Strategieoptionen

Ein Zukunftsbild zeichnen

Organisationsumbau bei laufendem Motor

Strategisches Controlling

Implementierung

5. Den strategischen Blick für weiche Signale schärfen

Ein strategischer Sehtest

6. Navigationsinstrumente: Diagnose der Ausgangssituation

Am Beginn steht die Definition des eigenen Geschäfts

Verständnis für die Branchendynamik

Analyse des strategischen Profils (Blue Ocean Strategy)

Konkurrenzanalyse

Wargaming

Zahlen/Daten/Fakten zur Marktsituation

Berücksichtigung der Stakeholder

Diagnose der Kundenzufriedenheit

Die Portfolio-Methode

Trendanalyse

Zukunftsszenario: Eine kurze Reise in die Zukunft

Zukunftskonferenz (future search)

Stärken-Schwächen-Analyse

Analyse des Geschäftsmodells eines Unternehmens

Organisations-Monitor als Online-Standortbestimmung

Diagnose der Kernkompetenzen

7. Von großen Strategen lernen: Berühmte Landkarten der Strategieforschung

Weichenstellungen im Markt und Wettbewerb

Variationen der Wertschöpfungskette

Impulse aus der Erfolgsfaktorenforschung

Welche Basisstrategien stimulieren das Wachstum?

Neue Geschäftsmodelle

Aspekte einer Internationalisierungsstrategie

8. Navigationsinstrumente: Ein Zukunftsbild zeichnen

Kreative Optionsfindung

Kribbeln im Kopf

Profit from the Core

Erster Entwurf der strategischen Optionen

Wild Cards

»Rüttelstrecke« zur Evaluation der entwickelten Optionen

Das Commitometer

Flipchart-Tetralemma

Zusammenfassung zu einer Grundstrategie

9. Strategy at work: Fallstudie einer Internationalisierungsstrategie eines mittelständischen Unternehmens

Literatur

Über den Autor

Systemisches Management

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http:⁄⁄dnb.d-nb.de> abrufbar.

E-Book ISBN 978-3-7992-6928-5

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Ver wer tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Über setzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© 2014 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht [email protected]

Einbandgestaltung: Dietrich Ebert, Reutlingen/Melanie Frasch, Stuttgart Satz: Johanna Boy, Brennberg

Juni 2014

Schäffer-Poeschel Verlag StuttgartEin Tochterunternehmen der Haufe Gruppe

Vorwort zur dritten Auflage

Wir sind heute Zeugen von weltweit beobachtbaren, gesamtgesellschaftlichen Transformationsprozessen, in deren Verlauf wesentliche Parameter für das erfolgreiche Operieren von Organisationen grundlegend auf den Kopf gestellt werden.

Wichtige Bereiche der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Kultur sind heute zu einer Weltgesellschaft zusammengewachsen. Immer unbedeutender werden die lokalen Grenzen nicht nur in der modernen Gesellschaft, sondern vor allem auch für viele Unternehmen, die mit gravierenden Veränderungen der Weltwirtschaft konfrontiert sind.

Die Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologien der letzten Jahre und Jahrzehnte haben viele Lebensbereiche beeinflusst – sei es unser Konsum-, unser Einkaufs- oder unser tägliches Kommunikationsverhalten. Wir erleben einen Strukturwandel, der auch die Wertschöpfungskette fast jedes Unternehmens beeinflusst hat oder noch verändern wird. Unbundeling, Freemium, Multi-sided Platforms, Longtail oder OpenBusinesses sind Beispiele für ganz neue Geschäftsmodelle, die traditionelle Branchen revolutioniert haben.

Die zunehmende Spezialisierung und die durch den Zwang zur Effizienzsteigerung intensivierte Arbeitsteilung zwischen Unternehmen führen verstärkt zu netzwerkförmigen und unternehmensübergreifenden Zusammenarbeitsformen. Konkurrenzfähige Lösungen werden oft erst durch enge Kooperationen zwischen Unternehmen möglich – sei es in Form von modularen Produktionsformen, strategischen Allianzen, Public-Private-Partnerschaften, Open-Innovation-Prozessen oder vielfältigen Formen der Unternehmensbeteiligungen und -verschränkungen.

Bisher war es in gewissem Maße möglich, dass Unternehmen weitgehend ungestraft die Folgekosten ihres Wirtschaftens an die Allgemeinheit externalisieren konnten. Dabei kann es sich um gesundheitliche Folgekosten, um die Schädigung der ökologischen Lebensbedingungen der nächsten Generationen oder um ein Abschieben von Versorgungsleistungen an das öffentliche Sozialsystem handeln. Eine Externalisierung, die angesichts der Sensibilität der Gesellschaft und der Konsumenten – derzeit vorwiegend noch in den Industrieländern – zunehmend schwieriger wird. Unternehmen sind daher deutlich stärker gefordert, die Folgen ihrer Wirtschaftstätigkeit bei ihren Entscheidungen mit zu berücksichtigen. Ökonomische, soziale und ökologische Nachhaltigkeit gewinnt zunehmend an Bedeutung (vgl. Wimmer 2012).

Diese hier nur angedeutete, zunehmende Komplexität der politischen, makroökonomischen und technologischen Rahmenbedingungen erhöht einerseits die Komplexität der Strategieentwicklung eines Unternehmen. Andererseits ist unschwer zu erkennen, dass die Funktion der Strategieentwicklung nach wie vor für die Orientierung und Sinnstiftung eines Unternehmens von zentraler Bedeutung ist.

Strategie bleibt dennoch wichtig – möglicherweise wichtiger denn je

Denn die Grundfrage, auf die Strategie eine Antwort bietet, ist in einem solchen deutlich komplexeren Umfeld aktueller denn je: Die Entscheider müssen Zukunftsfestlegungen treffen, obwohl oder gerade weil die Zukunft ungewiss ist und auch immer bleiben wird. Aus Sicht eines Leaders geht es bei der Strategieentwicklung darum, auf Basis einer gründlichen Bestandsaufnahme die eigene Unternehmenszukunft neu zu erfinden, geleitet von den Chancen der Zukunft und nicht von den Erfolgen der Vergangenheit oder den Problemen der Gegenwart. Denn ohne bewusste Überprüfung und Entscheidung tendieren Organisationen dazu, die Erfahrungen der Vergangenheit schlicht in die Zukunft zu übertragen. Wir glauben, dass das von uns konzipierte Prozessmuster der systemischen Strategieentwicklung einen außergewöhnlich wirksamen Ansatz für eine präventive Krisenbewältigung bietet.

Warum ein weiteres Buch zur Strategieentwicklung?

In unserem Buch »Systemische Strategieentwicklung« haben wir dieses innovative Prozessmuster erstmals konzeptionalisiert. Darüber hinaus gibt es tatsächlich eine kaum mehr überschaubare Literatur zum Thema strategisches Management. Fast immer handelt es sich dabei allerdings um normative Konzepte, die versuchen, im Grunde standardisierte Modelle als Lösung für die gerade aktuellen Fragen anzubieten. Was aber vielfach fehlt, sind konkrete Hilfestellungen für Entscheider bei den praktischen Details des strategischen Entscheidungsfindungsprozesses. Dazu soll dieses Buch Antworten geben.

Wir haben in den letzten 20 Jahren zahlreiche Unternehmen bei ihrer Zukunftsausrichtung mit unserem systemischen Strategieverständnis unterstützt. Begleitend zu diesen Beratungsprozessen ist ein Workbook entstanden, das Managern bei ihren eigenen Strategievorhaben eine praxisnahe Anleitung bietet.

Das vorliegende kleine Handbuch zeichnet Schritt für Schritt den idealtypischen Verlauf der Entwicklung einer Strategie von der ersten Idee bis zu einer »fertigen« Kommunikationsunterlage für Dritte nach. Wir wissen natürlich, dass sich ein Strategieprozess im »wirklichen Leben« selten an ein Drehbuch hält. Dennoch geben eine solche Prozessarchitektur und deren Bearbeitungstools Orientierung bei der Entwicklung der eigenen Strategie. Das Arbeitsbuch versucht daher konsequent, ausschließlich bewährte Praxisanleitungen und Tools zu vermitteln. Einige Kernkonzepte der systemischen Strategieentwicklung werden zwar kurz vorgestellt, die theoretischen Ausführungen dazu finden Sie jedoch in unserem Kernbuch Systemische Strategieentwicklung (Nagel/Wimmer, 2014)

Was ist neu in der dritten Auflage?

In dieser Auflage haben wir den Begriff der Strategieentwicklung als Bewältigungsform der Paradoxie zwischen Verantwortung für die Zukunft bei gleichzeitiger Unkalkulierbarkeit der Zukunft etwas grundsätzlicher ausgeführt als in den Vorauflagen. Den Überblick über nützliche Tools im Rahmen der strategischen Diagnose haben wir mit dem Klassiker der Strategiearbeit schlechthin – der Portfoliomethode – angereichert. Zusätzlich haben wir den Business Model Canvas zur vertieften Analyse des Geschäftsmodells eines Unternehmens und die Beschreibung eines Online-Tools zur internen Analyse der organisationalen Verfasstheit eines Unternehmens in die Toolbox aufgenommen.

Die Modelle der Strategieforschung haben wir mit einem Überblick über die oben schon angedeuteten internetbasierten Geschäftsmodelle und um die besonderen Aspekte einer Internationalisierungsstrategie ergänzt. Das Buch wird mit einem neuen Praxisbeispiel zur internationalen strategischen Ausrichtung eines Unternehmens abgeschlossen.

Lust auf Strategie machen

Dieses Buch richtet sich an Berater und Entscheider. Beiden Zielgruppen ist gemeinsam, dass sie ihre knapp bemessene Zeit sehr selektiv und zielgenau einsetzen müssen. Der Verlag Schäffer-Poeschel hat uns daher ermutigt, dem Wunsch der Leser nachzukommen, in diesem Buch kompaktes und praxisnahes Erfahrungswissen zusammenzufassen. Denn dieses Buch soll ja Lust machen, – Lust, sich mit Konzepten und Instrumenten der Strategie auseinanderzusetzen, vor allem aber Lust, im eigenen Verantwortungsoder Anwendungsbereich strategische Diskussionen anzuzetteln und zu stimulieren. Die erste Auflage dieses Workbooks widmete der Autor seinem Freund, Förderer und Lehrer Prof. Dr. Rudolf Wimmer zu seinem sechzigsten Geburtstag.

Wien, im Frühjahr 2014

1. Zum begrifflichen Verständnis einer Unternehmensstrategie

Strategie als Paradoxie zwischen Verantwortung für die Zukunft bei gleichzeitiger Unkalkulierbarkeit der Zukunft

Moderne Unternehmen sind dadurch geprägt, dass die Komplexität und Dynamik im wirtschaftlichen Umfeld die individuellen Wahrnehmungs- und Entscheidungskapazitäten einzelner Führungskräfte oft überfordern.

Dies gilt in besonderem Ausmaße für alle Entscheidungsfragen, die mit der Zukunft des Unternehmens verbunden sind. Denn hier ist das Management unweigerlich mit der Paradoxie konfrontiert, das Unternehmen, für das man Verantwortung hat, möglichst erfolgreich auf die Zukunft auszurichten, obwohl die für das Unternehmen relevanten Entwicklungen unsicher und nicht berechenbar sind. Für Führungskräfte ergibt sich daraus die Herausforderung, mit einer Paradoxie des Wechselspiels von Zukunftsverantwortung bei gleichzeitiger Unkalkulierbarkeit des Marktumfeldes einen Umgang finden zu müssen.

Das Wesen einer solchen Paradoxie besteht nun bekanntermaßen darin, dass dieser Widerspruch unternehmerischen Handelns grundsätzlich nicht auflösbar ist. Die Funktion von Strategie besteht u.a. also darin, einen klugen Umgang mit dieser konstitutiven Paradoxie zu finden.

Abb. 1: Die Paradoxie des Wechselspiels von Zukunftsverantwortung und Unkalkulierbarkeit der Zukunft

Kernaspekte einer Unternehmensstrategie

Trotz oder vielleicht gerade wegen der großen Popularität dieses Begriffs und seiner breiten Anwendung sowohl in der Unternehmenspraxis als auch in der Managementliteratur hat sich bis heute keine allgemeinverbindliche Definition von »Strategie« durchgesetzt. Dennoch lassen sich für uns einige Aspekte erkennen, die als ein gemeinsamer Nenner des Verständnisses von Strategie betrachtet werden können (vgl. dazu auch die Überlegungen von Glatzel/Wimmer 2009, S. 194 f.):

Strategie befasst sich mit überlebensrelevanten Fragestellungen

Als »strategisch« werden oft solche Themen bezeichnet, die für die Entwicklung des Unternehmens von besonderer Relevanz sind. Damit dieser Aspekt nicht zu unscharf bleibt und zu einer inflationären Verwendung in der Anwendung führt, schlägt Nicolai (2000, S. 54 f.) fünf Leitunterscheidungen für das »Strategische« vor, die uns für eine Schärfung dieses Relevanzkriteriums hilfreich scheinen: Für ihn sind strategische Entscheidungen langfristig (und nicht kurzfristig), sie sind folgenreich (und nicht beliebig), sie betreffen mehrere Funktionen (und sind nicht spezifisch) und sind komplex (also nicht trivial). Peter Drucker (1986) bringt diesen Kerngedanken der Relevanz strategischer Themenstellungen in seiner unvergleichlich prägnanten Art auf den Punkt, indem er die Frage stellt: »Tun wir die richtigen Dinge?«

Strategie definiert ein Set an geschäftspolitischen Prämissen

Die Strategie eines Unternehmens besteht aus Festlegungen, die den alltäglichen operativen Entscheidungen einer Organisation einen Orientierungsrahmen geben (Luhmann 2000, S. 222f.). Diese strategischen Entscheidungsprämissen legen den Spielraum fest, innerhalb dessen die Mitglieder und Subsysteme frei entschieden können. Luhmann benennt diese strategischen Entscheidungsprämissen »Programme«. Durch ein solches Set an geschäftspolitischen Programmen wird in sachlicher Hinsicht die programmatische Positionierung der Organisation vorgenommen: Wozu gibt es uns als Organisation? Mit welchen Aufgaben beschäftigen wir uns? Was ist unsere künftige Ausrichtung, die wir anstreben?

Strategie schafft die Orientierung für eine wünschenswerte Zukunft

Strategie hat die Funktion, eine Organisation in die Lage zu versetzen, die eigenen Festlegungen aus der Vergangenheit zu relativieren. Es wird das Zukunftsbild einer Welt geschaffen, in der sich das Unternehmen in fünf oder zehn Jahren bewähren soll. Strategie löst so die Organisation von den Mustern der Vergangenheit und von den aktuellen Tagesproblemen. Die Vergangenheit verliert ihre prägende Kraft, in dem die Orientierung an einer wünschenswerten Zukunft in den Vordergrund tritt. Künftige Handlungsmöglichkeiten werden aufgezeigt und so eine die Komplexität reduzierende Orientierung auf die Zukunft konstruiert.

Strategie markiert einen Unterschied

Neben der Zukunftsorientierung steht die Unterscheidung des Unternehmens von anderen Marktteilnehmern. Die Beschäftigung mit der Strategie eines Unternehmens stellt immer auch die Frage, wie eingefahrene Wege und Muster auch anders betrieben werden könnten – anders als es das Unternehmen bisher gemacht hat oder anders als dies die Konkurrenten des Unternehmens praktizieren. Eine strategische Organisation stellt so die eingefahrenen Routinen und liebgewordenen Erfolgsmuster der Vergangenheit in Frage (Baecker 2003, S. 177). Oder wie es Michael Porter (1996) prägnant auf den Punkt bringt: »Strategie ist der Unterschied«.

Strategie als Auseinandersetzung mit seiner Umwelt

Jede Organisation entwickelt in ihrer Geschichte ihre eigenen Routinen und neigt dazu, sich gegenüber der Umwelt und deren neuen Impulsen ein Stück zu immunisieren. In der Kommunikation über die Strategie muss die Organisation den vertrauten Schutzpanzer dieser eingeübten Gewohnheiten und Interpretationsmuster ablegen. Denn eine Strategie lässt sich ohne Bezug zu der Umwelt und deren Veränderungen nicht erfolgreich entwickeln. Die grundlegenden Prämissen des eigenen Geschäftes und die Wahrnehmung der Umwelt müssen hinterfragt und zur Disposition gestellt werden. Die Leistung eines Strategieprozesses besteht daher auch darin, die unternehmerischen Festlegungen der Vergangenheit vor dem Hintergrund der aktuellen Markt- und Umweltentwicklungen kritisch zu reflektieren und gegebenenfalls neu zu erfinden.

Strategie ist eine Kernaufgabe von Führung

Die im Zuge einer Strategiediskussion bewusste Beschäftigung mit den Chancen und Bedrohungen einer ungewissen Zukunft und der eigenen Überlebensfähigkeit ist eine Kernaufgabe der Führung einer Organisation. Zur Sicherstellung der Zukunfts- und Überlebensfähigkeit eines Unternehmens ist daher eine effektive Wahrnehmung dieser Führungsaufgabe unverzichtbar.

2. Viele Wege führen zum Erfolg …

Die heutigen Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Überleben am Markt sind ständig in Bewegung. Unternehmen müssen ihr Überleben in einem Umfeld sichern, das nicht mehr wirklich durchschaubar ist. Sie müssen sich an einer Zukunft orientieren, die ungewiss ist und bleibt. Unter solchen Bedingungen ist eine erfolgreiche Vergangenheit kein Garant für das zukünftige Überleben. Im Gegenteil: Je größer der eigene unternehmerische Erfolg in der Vergangenheit, desto schwieriger wird es, seine immunisierende Kraft zu überwinden. Wir gehen bei unseren Überlegungen davon aus, dass es in der Frage der Zukunftsorientierung von Organisationen nicht die einzig ideale Methode gibt. Jedes Unternehmen hat im Verlauf seiner Geschichte seine eigene Art entwickelt, sich mit Zukunftsfragen auseinanderzusetzen.

Wir haben nach tiefer liegenden Entscheidungsstrukturen gesucht, mit denen ein Unternehmen seine Identität schafft. Dabei haben wir ganz unterschiedliche Muster gefunden, wie ein Unternehmen die wichtigsten Weichen für seine Existenz und sein Überleben in der Zukunft stellt.

In diesem Sinne kann man zum einen implizite von expliziten Formen der Strategieentwicklung unterscheiden. Beantwortet die Organisation Fragen der Zukunftsbewältigung eher auf implizite Weise oder bezeichnet sie ihre Entscheidungsprozesse ausdrücklich als Strategieentwicklung?

Zum andern spielt es eine Rolle, wo und durch wen diese grundlegenden Zukunftsfragen entschieden werden. Geschieht dies durch den Unternehmer oder durch Strategieexperten, die sich selbst gleichsam außerhalb der Organisation wähnen? Oder wird Strategieentwicklung als integrierter Teil der Unternehmensentwicklung betrachtet?

Setzt man diese beiden Grundunterscheidungen in einer Matrix miteinander in Beziehung, so kann man die vier Spielarten der Strategieentwicklung definieren, die jeweils spezifische Vor- und Nachteile für die Zukunftsbewältigung aufweisen.

Abb. 2: Spielarten der Strategieentwicklung

Intuitive Entscheidungen

Das erste und in der Praxis bedeutsame Muster der Strategiefindung ist durch intuitive Entscheidungen einer oder weniger Schlüsselpersonen, gleichsam »aus dem Bauch heraus«, geprägt. Aus der intimen Kenntnis des jeweiligen Geschäfts und durch intensive Kontakte zu den Kunden und zum Marktgeschehen entsteht ein »unternehmerisches Gespür«, ein implizites Wissen, mit dem häufig weitreichende Entscheidungen für das Unternehmen getroffen werden. Nichtbeteiligte staunen oft über die Treffsicherheit und den Weitblick, der vielfach solchen scheinbar einsamen Entscheidungen zugrunde liegt.

Bei dieser Variante findet kein expliziter strategischer Dialog im Unternehmen statt. Die Unternehmensspitze hat die Verantwortung für die Zukunft geradezu monopolisiert. Das Mittelmanagement agiert dabei in erster Linie als Vermittler der strategischen Entscheidungen des Spitzenmanagers, der häufig auch zu den Eigentümern gehört.

Pionierunternehmen und Familienbetriebe sind Organisationstypen, in denen die Spielart der intuitiven Strategiefindung häufig zu beobachten ist.

Expertenorientierte Strategieentwicklung

Der expertenorientierte Strategieansatz ist durch ausdrückliches Delegieren wesentlicher Aspekte des strategischen Suchprozesses an interne Stäbe und/oder externe Berater geprägt. Ergebnis dieser Prozesse ist meist ein ausgefeiltes »Papier«, das dem Topmanagement als Hilfe zur Auswahl zwischen genau ausgearbeiteten Optionen dient. Dieses Grundmuster unternehmerischer Zukunftsbewältigung stützt sich auf zwei problematische Basisannahmen: Geht man nur »richtig« vor, dann kann man sich auch das erforderliche Wissen und die notwendigen Informationen für Strategieentscheidungen beschaffen; zudem folgt das Markt- und Wettbewerbsgeschehen erkennbaren Gesetzmäßigkeiten, die erlauben, künftige Entwicklungen richtig einzuschätzen. Beide Grundannahmen suggerieren Sicherheiten und zielen damit am Grundproblem, das ein Unternehmen im Umgang mit Zukunft zu lösen hat, vorbei.

Die expertenorientierten Ansätze unterstützen unternehmensintern die ohnehin vorhandene Neigung der Linienverantwortlichen, sich auf die Erfordernisse des Tagesgeschäfts zu konzentrieren und auf eine eigene, intensive Auseinandersetzung mit der Unternehmenszukunft zu verzichten. Mit anderen Worten: Eine Kernaufgabe von Führung – die Beschäftigung mit den Chancen und Bedrohungen einer ungewissen Zukunft und mit der eigenen Überlebensfähigkeit – wird an interne oder externe Experten delegiert.

Evolutionäre oder zufällige Strategien

Im Unterschied zu den beiden vorherigen Varianten werden hier strategische Festlegungen nicht von der Unternehmensspitze allein getroffen. Diese entstehen mehr oder weniger zufällig in einem freien Spiel der Kräfte auf verschiedenen Ebenen einer Organisation. Autonome Organisationseinheiten greifen ohne explizite strategische Steuerung die zufällig sich ergebenden Marktchancen auf. Das Topmanagement unterstützt allenfalls die Initiativen einzelner Unternehmenseinheiten und bündelt die sich evolutionär durchsetzenden Erfolgsmuster der Teilsysteme. Häufig werden diese Erfolgsmuster im Nachhinein als gewollte Strategie interpretiert und umgedeutet.

Die Verfechter dieser in der Praxis recht häufigen Spielart vertrauen auf die eingebaute evolutionäre Anpassungsfähigkeit des Unternehmens. Wenn man den marktnahen Einheiten die unternehmerische Möglichkeit lässt, die oft unvermutet auftauchenden Chancen eigenverantwortlich zu nutzen, dann bietet dieses dezentrale Mitschwingen mit den ohnehin nicht vorhersehbaren Marktentwicklungen die beste Gewähr für ein Überleben in der Zukunft.

Systemische Strategieentwicklung

Diese vierte Spielart der Zukunftsbewältigung ist jüngeren Datums und eine Reaktion auf die einschneidenden Veränderungen, mit denen Unternehmen seit den späten Achtzigerjahren immer häufiger konfrontiert sind (beispielhaft seien hier nur die plötzlichen Brüche bislang scheinbar stabiler Marktkonstellationen und die Technologieschübe genannt). Vor diesem Hintergrund ist zu verstehen, dass sich in Unternehmen neue Formen der Strategieentwicklung herauskristallisieren, die auf diese veränderten Gegebenheiten unternehmensintern wie auch in den relevanten Umwelten zu antworten versuchen.

Wir nennen diese neuen Form der Unsicherheitsbewältigung »systemische Strategieentwicklung«; systemisch deshalb, weil damit eine gezielt zu entwickelnde Fähigkeit des Unternehmens als System (organizational capability) gemeint ist.

Strategieentwicklung wird von den Entscheidungsträgern gemeinschaftlich und zusätzlich zu ihrer operativen Verantwortung betrieben. Das heißt, das Führungsteam (ergänzt um wichtige Schlüsselpersonen aus der Organisation oder von außen) muss sich ausreichend Zeit für Klausuren, Projektarbeit und anderes reservieren, um diesen gemeinsamen Reflexions- und Entscheidungsprozess in einem überschaubaren Zeitraum zu bewältigen.

3. Sorgfältige Planung der Reise

Schon bei den ersten Überlegungen, die Strategiearbeit im Unternehmen zu intensivieren oder neu aufzustellen, werden wichtige Weichen für den späteren Erfolg der Strategie gestellt. Daher lohnt es sich, schon früh der organisationsspezifischen Verankerung genauso viel Augenmerk zu widmen wie den inhaltlich-strategischen Fragen. Frühzeitige Auseinandersetzung mit wichtigen vorbereitenden Schlüsselfragen schafft die Voraussetzungen, damit die Strategie das Unternehmen später voranbringt.

Warum überhaupt Strategie jetzt?

Die Führungskräfte eines Unternehmens sind fast immer in Zeitdruck. Deshalb muss die Beschäftigung mit der strategischen Ausrichtung des Unternehmens gerade für diese zentralen Personen einen Sinn ergeben. Nur dann kann die entsprechende interne Energie für den Prozess freigesetzt werden.

Deshalb ist die Auseinandersetzung mit dem Sinn und Zweck der Strategiearbeit am Beginn eines Strategieprozesses von herausragender Bedeutung. Die Forderung nach einer strategischen Neuorientierung ist schnell erhoben, aber wenn die Verhältnisse in einem Unternehmen oder in einer Geschäftseinheit ohne erkennbare Gefahr für das wirtschaftliche Überleben der Organisation und für die handelnden Personen bestehen bleiben können, ist die Prognose für den Erfolg des Strategieprozesses in der Regel schlecht. Nur wenn die Unternehmensspitze den Prozess und die Chance einer Neuorientierung innerlich mitträgt, wird die notwendige Energie für die Strategieentwicklung und -umsetzung frei.

Die folgenden Fragen sollen helfen, den Blick für den Handlungsbedarf zu schärfen:

Was passiert, wenn nichts passiert?

Warum sind die Dinge noch immer so, wie sie sind – das heißt: Worin besteht der Sinn des Bestehenden?

Gibt es eine »strategische Lücke« oder einen wirtschaftlichen Korrekturbedarf für uns, der eine Neuorientierung notwendig macht?

Welche »Not« gilt es durch die Strategie zu wenden?

Wer sind die Nutznießer des Status quo – wer wäre vermutlich Nutznießer einer Veränderung?

Sind sich Initiatoren und Betroffene in der Einschätzung einig, dass man die Strategie wirklich braucht – oder gibt es Meinungsunterschiede?

Die Ziele der strategischen Reise klären

Neben der Klärung der Motive der wichtigsten Verantwortungsträger ist eine Verständigung über die zu erreichenden Ziele für die konkrete inhaltliche und organisatorische Planung des Strategieprozesses substanziell. Denn davon auszugehen, dass alle Beteiligten dieselben Erwartungen an die Strategiediskussion haben, wäre reichlich naiv. Daher empfiehlt es sich, vorab die Zielsetzungen zu klären.

Dabei helfen die folgenden Fragen, um die Erwartungen an den bevorstehenden Strategieprozess zu klären:

Welches konkrete Ergebnis soll der Strategieprozess haben?

Was wäre dabei ein gutes und was ein schlechtes Ergebnis?

Woran wollen Sie den Erfolg dieses Strategieprozesses festmachen?

Was wird nach dem Strategieprozess anders sein als heute?

Was soll im Strategieprozess auf keinen Fall passieren?