Macht Platz! - Madeleine Hofmann - E-Book

Macht Platz! E-Book

Madeleine Hofmann

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Beschreibung

Madeleine Hofmann: Die Jungen an die Macht! Egoistisch, karrieregeil, unpolitisch. So lauten die Vorurteile, die sich junge Leute immer wieder gefallen lassen müssen. Sie sind die Minderheit in einem Land, in dem sich mittelalte Politiker als jung feiern und dabei Politik für die Alten machen. Doch die sind vom maroden Bildungssystem nicht betroffen, Digitalisierung kapieren sie nicht, und die explodierenden Kosten für soziale Absicherung zahlt ihr Nachwuchs. Wenn sich der jahrelange Investitionsstillstand auswirkt, legen sie längst die Füße in ihrer Altersresidenz hoch. "Schluss mit gestern!", fordert die junge Journalistin und Aktivistin Madeleine Hofmann. In ihrem Buch räumt sie mit Klischees auf und präsentiert die Fakten über ihre zurückgedrängten Altersgenossen und deren wirtschaftliche Lage. "Lasst uns übernehmen", lautet ihre unmissverständliche Botschaft. Hofmanns Forderung: Die Jungen müssen endlich gehört werden und über die Zukunft der Gesellschaft mitbestimmen.

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Seitenzahl: 234

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MADELEINE HOFMANN

Macht Platz!

Über die Jugend von heute und die Alten, die überall dick drin sitzen und über fehlenden Nachwuchs schimpfen

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Die Jungen an die Macht! Egoistisch, karrieregeil, unpolitisch. So lauten die Vorurteile, die sich junge Leute immer wieder gefallen lassen müssen. Sie sind die Minderheit in einem Land, in dem sich mittelalte Politiker als jung feiern und dabei Politik für die Alten machen. Doch die sind vom maroden Bildungssystem nicht betroffen, Digitalisierung kapieren sie nicht, und die explodierenden Kosten für soziale Absicherung zahlt ihr Nachwuchs. Wenn sich der jahrelange Investitionsstillstand auswirkt, legen sie längst die Füße in ihrer Altersresidenz hoch. »Schluss mit gestern!«, fordert die junge Journalistin und Aktivistin Madeleine Hofmann. In ihrem Buch räumt mit Klischees auf und präsentiert die Fakten über ihre zurückgedrängten Altersgenossen und deren wirtschaftliche Lage. »Lasst uns übernehmen,« lautet ihre unmissverständliche Botschaft. Hofmanns Forderung: Die Jungen müssen endlich gehört werden und über die Zukunft der Gesellschaft mitbestimmen.

Vita

Madeleine Hofmann, geb. 1987, arbeitet als Journalistin in Berlin, u. a. für das ZDF Morgenmagazin, ze.tt und Capital.de. Mit ihrer Kolumne »Die Jugend von heute« für das Magazin The European rückte sie Werte und Interessen der jungen Generationen in den Mittelpunkt politischer Debatten. Für ihr Magazin Knowing (wh)Y wurde sie ausgezeichnet, von der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen sowie von der Initiative #FreeInterrail zur Botschafterin ernannt. Als Expertin und Talk-Gast ist sie in TV und Radio zu sehen und zu hören.

Für Elina und Valentin

und für alle anderen Kinder der jüngsten Generation, für deren Zukunft dieses Buch eintritt

Inhalt

Prolog

KAPITEL 1 Generation What? Auf der Suche nach dem »Wir«

Gestatten, Minderheit

Pisa, Bologna, Iglu: Was wurde uns da eingebildet?

»Denken Sie groß« – und dann träumt weiter

Die Zukunft kommt zum Schluss

Im Leid vereint

KAPITEL 2Politikfaul, desinteressiert, zukunftsmüde? Das Erwachen der Generation Raute

Revolution im Twitter-Feed: Wenn die Alten uns die Freizeit nehmen, nehmen wir das Internet

Schluss mit heile Welt: Wie uns Brexit, Trump und Co. wachgerüttelt haben

23.6.2016, 22:04: »Brexit-Ergebnis: Briten stimmen für EU-Ausstieg«

9.11.2016, 8:35: »Donald Trump wird US-Präsident«

16.3.2017, 1:43: »Wahl in den Niederlanden: Rutte feiert, Wilders auf Rang zwei«

7.5.2017, 20:00: »Macron gewinnt Präsidentschaftswahl gegen Le Pen«

24.09.2017, 20:46: »Union verliert deutlich, SPD schwach wie nie, AfD auf Platz drei«

Jugend am Ruder: So sieht unser neues Engagement aus

KAPITEL 3Showstopper altes Establishment: Warum wir die gläserne Decke einschlagen müssen

Wie die Alten Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dominieren

Die Qual der Wahl

Unerschrocken an der Front: Junge in Parteien

Future disrupted: So alt ist die Arbeitswelt

KAPITEL 4Macht Platz! Für eine Politik mit Zukunftsaussichten

Der Traum von der perfekten Partei

Mitgestalten statt verwalten: So gelingt generationenübergreifende Demokratie

Auf die Plätze! Mit einer Quote zu jüngeren Parteien?

An einem Tisch: Gemeinsam die Zukunft checken

Damit die Jungen nicht mehr nur die Zukunft sind: Wahlrecht für alle!

Gesucht: Persönlichkeit mit Haltung und Zukunftsblick

Epilog

Danke …

Anmerkungen

Prolog

Anfang 2018 haben sich die Deutschen für vier weitere Jahre Stillstand entschieden. Oder sagen wir besser: Ein kleiner Teil der Deutschen hat entschieden, dass der Rest der Deutschen mit vier weiteren Jahren Stillstand zu leben hat. Christian Lindner hatte die Jamaika-Koalition platzen lassen, und nur wenige Monate später stimmten etwa 239 000 Mitglieder der SPD für eine weitere Runde der Großen Koalition. Und täglich grüßt das Murmeltier.

Zur Feier der Koalitionsneuauflage gestaltete die Parteispitze der CDU – also Angela Merkel – die »Erneuerung« ihrer Partei. Immerhin einen unter 40-Jährigen erkor sie für ihr Kabinett aus: Jens Spahn, Jahrgang 1980, ist bei Antritt seines Amts als Gesundheitsminister 37 Jahre alt. Auch die SPD ließ »eine Junge« ran: Franziska Giffey, Jahrgang 1978, ist 39, als sie das Familienministerium übernimmt, mittlerweile hat sie ihren 40. Geburtstag allerdings gefeiert. Betrachtet man die gesamte Bundesregierung, sind Franziska Giffey und Jens Spahn die Teenager am Kabinettstisch. Das Durchschnittsalter des Kabinetts Merkel IV beträgt nämlich am Tag seiner Vereidigung 51,2 Jahre1 – damit sind die MinisterInnen quasi fünf Jahre älter als die deutsche Gesamtbevölkerung.

Entsprechend alt sieht die Politik aus: Die letzte große Koalition verpulverte Milliarden für die Rente mit 63, die nur wenigen half – am wenigsten aber den jungen und zukünftigen Generationen. Die Zukunft reicht bis zur nächsten Bundestagswahl. Über die Rentengeschenke der neuen GroKo bestimmt jetzt eine ExpertInnenkommission, deren jüngstes Mitglied Mitte 40 ist, die meisten aber sind über 60. Die neue GroKo setzt wie die alte auf Massentierhaltung, Kohlekraft und Dieselmotoren. Alles für den Wohlstand! Was kümmert uns die Zukunft?

Willkommen in der Altenrepublik Deutschland, wo Junge nichts zu sagen haben und graue Köpfe die Agenda bestimmen!

Wenn das so weitergeht – die Lebensrealitäten der Jungen in der Politik fehlen und Wahlprogramme nur für die alten WählerInnen geschrieben werden –, dann schnüren wir für immer teurere Rentenpakete, während für Zukunftsinvestitionen, zum Beispiel in Bildung, kein Geld übrigbleibt. Dann wird Unterricht bald in leer stehenden Fabrikgebäuden am Stadtrand abgehalten, Schulsanierung ist nämlich nicht drin im Budget – und da draußen im Industriegebiet stört sich auch niemand am Geschrei der Kinder und Jugendlichen. Die sitzen nachmittags im Grundkurs Digitalisierung, wo sie von Tageslichtprojektoren ablesen, wie das damals funktioniert hat mit diesem Online-Banking. Das echte Internet wurde nämlich längst blockiert, weil die grauen Köpfe in der Regierung beschlossen haben, dass die Gefahren, die davon ausgehen, einfach zu groß sind. Dann florieren die Bankfilialen und Tante-Emma-Läden wieder, wo es die beste Auswahl regionaler Lebensmittel und Trinkwassersorten aus dem Reagenzglas gibt. Die sind gesünder als Naturprodukte, die man einfach nicht mehr von Plastikpartikeln und Pestiziden befreit bekommt. Für andere Konsumgüter fährt man wieder in die Stadt, statt sich online mit einer viel zu großen Auswahl auseinandersetzen zu müssen. Das gibt den Alten die Möglichkeit, ihre schicken SUVs und Cabrios aus der Garage zu holen. Das mit der Elektromobilität war für die Automobilkonzerne einfach zu kostspielig – und jetzt kann man weiterhin den Klang der Motoren und den Duft von Diesel in der Luft genießen. Schön ist das.

Die oberen 2 Prozent und ihre Sprösslinge residieren dann in ihren schicken Eigentumswohnungen und Neubauten, während die anderen, die nicht vom Aktienboom profitieren konnten, sich in die wenigen verbliebenen kleinen Mietwohnungen zwängen müssen – oder in eines der leer stehenden Häuser an der Küste oder in der Nähe der Alpen, wo das Leben unsicher geworden ist, weil die Regionen regelmäßig von Hochwassern, Sturmfluten, Schnee- und Schlammlawinen heimgesucht werden. Etwas anderes können sich die Jungen nicht leisten, weil von ihren Gehältern nach Abzug der horrenden Beiträge für Renten-, Kranken-, und Pflegeversicherung gerade noch genug übrig bleibt, um die Gebühren für die Kindergarten- und Schulplätze ihrer Kinder zu bezahlen. In den Ferien fahren die Familien meistens ins Umland. Zu kompliziert ist es geworden, das Ausland zu bereisen. Ohne internationale Abkommen dauern Visavergabeprozesse Monate, und die Kinder erschrecken bei den strengen Kontrollen an den Grenzen der Nachbarländer. Besser also zu Hause bleiben, in der Bundesrepublik, wo der Ausverkauf der Zukunft in vollem Gange ist.

Ein paar Jahre hatte ich mich mit dem Engagement junger Menschen, den Vorurteilen, die Alte ihnen gegenüber haben, und den drohenden Folgen des Bevölkerungswandels schon beschäftigt, als ich erkannte, warum wir in Deutschland ein Problem mit Generationengerechtigkeit haben. Immer wieder hatte ich mich für meine Kolumnen schon beschimpfen lassen müssen, zum Beispiel, weil ich gegen die Mütterrente bin – und das heißt für viele ganz klar, dass ich meiner Oma nicht die Butter auf dem Brot gönne. (Was selbstverständlich ferner von der Realität nicht sein könnte.) Das war online. Im echten Leben, von Angesicht zu Angesicht, behaupteten die meisten inbrünstig: »Generationengerechtigkeit, ja, ganz wichtig – die Basis unserer Gesellschaft«. Bis zu diesem lauen Sommerabend im Berliner Regierungsviertel, wo ich einer exklusiven Zusammenkunft wohlhabender, einflussreicher und – ja – alter Menschen beiwohnte, die sich den Publizisten Wolfgang Gründinger eingeladen hatten, um sich mit einem Gläschen teurem Wein in der Hand mal erzählen zu lassen, wie es in Deutschland um die Jugend bestellt ist. Ich begleitete den Referenten, der es als Sprecher der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen gewohnt war zu provozieren – besonders vor älterem Publikum. Doch mit Kritik an ihnen selbst – damit hatten die Herrschaften dieses Mal wohl nicht gerechnet und waren alles andere als begeistert. Unverschämt sei es, zu behaupten, man interessiere sich nicht für die nächste Generation. Schließlich gebe man den Sprösslingen gerne Finanzspritzen, und was gebe es Besseres, als mit den Enkelkindern zu spielen, in den Zoo oder ins Museum zu gehen? Das sei schön für den Nachwuchs der Anwesenden, entgegnete Gründinger. Aber was ist mit all den anderen Kindern in Deutschland? Na, die, pikierten sich die Alten, hätten ja wohl eigene Eltern und Großeltern, die sich um sie kümmern sollten. Es sei nun wirklich zu viel verlangt, sich auch noch um die Bälger anderer Gedanken machen zu müssen.

Da ist es, das Problem mit der Gerechtigkeit: Sie endet für die meisten dort, wo für sie selbst der bestmögliche Status erreicht ist. Und für die eigenen Schäfchen. Der Rest möge sich doch jetzt bitte mal selbst bemühen.

Und so ist auch der Teil der Jugend, der keine spendablen Eltern, Großeltern oder sonstigen Gönner hat, auf sich selbst angewiesen. Aber wenn sie nicht für ihre eigenen Interessen eintreten können, weil sie wegen ihrer Jugend in der Politik nicht vorkommen, wer macht es dann?

Die Alten, damit ist eine Gruppe gemeint, die genauso schwierig zu definieren ist wie die der Jungen. In der aktuellen Debatte bilden die »Babyboomer« ihre untere Altersgrenze – also diejenigen, die heute zwischen Anfang 50 und Anfang 60 sind. Nach oben gibt es bei den Alten keine bezifferbare Grenze. Im Vergleich zu dieser Gruppe gibt es von uns Jungen zu wenige. Wir gehen in politischen Debatten gnadenlos unter. Politik wird für die WählerInnen gemacht. Und die sind in der Mehrheit alt. Auch in politischen Parteien, Organisationen, in Gewerkschaften und in der Wirtschaft fehlt der Nachwuchs – zumindest dort, wo Entscheidungen getroffen werden.

»Selbst schuld«, hört man abschätzig aus den Reihen der Alten. Sie tun weiterhin so, als suchten sie händeringend NachfolgerInnen, denn es gebe ja einfach nicht genügend motivierte junge Menschen. Wenn wir Jungen dann zur Stelle sind, spüren wir ganz schnell den Ellbogen, der uns von der Gruppe der EntscheiderInnen fernhalten soll. Er gehört den Alten, die ihr Revier verteidigen. In Wahrheit heißt es nämlich: Nachwuchs ja, aber erst, wenn die Alten selbst keine Lust mehr haben zu entscheiden. Und das kann dauern. In der Zwischenzeit sollen die Jungen lieber mal auf die Straße gehen – habe man früher ja auch gemacht. Der Jugend von heute gehe es eben zu gut, deshalb sei nichts mehr mit ihr los.

Aber »wir Jungen« sind nicht alle gleich. Woher sollen wir also das Gemeinschaftsgefühl nehmen, um an einem Strang zu ziehen und unsere Zukunft zu verteidigen? In irgendeiner Form finden einige von uns immer zusammen – sei es in einer Initiative, einer Partei, bei einer Demonstration, einer Unterschriftensammlung oder weil wir zur im letzten Bundestagswahlkampf viel diskutierten Gruppe der »jungen NichtwählerInnen« gehören. Trotzdem ist unsere größte Gemeinsamkeit – egal ob in Unternehmen oder der Politik –, dass das alte Establishment unserer Zukunft (die im Übrigen noch länger dauert als die der Etablierten) im Weg steht.

Von ihnen – also den Alten – gibt es heute schon so viele mehr als von den Jungen, dass auch eine wieder ansteigende Geburtenrate so schnell nichts am Ungleichgewicht ändert. Und in den nächsten Jahren wird sich diese Entwicklung fortsetzen. Wie aber können wir das Ruder noch herumreißen und endlich neben den Alten am Verhandlungstisch Platz nehmen, um unsere Demokratie zukunftsfest zu machen?

Von »den Alten« wird auf den nächsten Seiten noch häufig die Rede sein. Einigen, die zu dieser Gruppe gehören, wird das nicht gefallen. An dieser Stelle sei deshalb gesagt, dass wie für die Jungen natürlich auch für sie gilt: Nicht alle »Alten« sind gleich.

Dieses Buch zeigt, wie es um die Jungen in Deutschland bestellt ist, es räumt mit Klischees auf, und vor allem macht es deutlich, dass sich die Alten eine Welt geschaffen haben, in der sie munter ihren Status quo verwalten können – während die Jungen vergeblich versuchen, an den eingeschworenen Netzwerken, den Ellbogen und den ausgrenzenden Gesetzen der Alten vorbeizukommen. Eine entscheidende Gruppe der deutschen Gesellschaft – nämlich diejenige, die ihre Zukunft bildet – wird in unserem demokratischen System nicht repräsentiert. Deshalb ist es an der Zeit, dass wir uns holen, was uns zusteht: unsere Stimme, unser Recht auf Repräsentanz und Mitbestimmung, unsere Zukunft.

Macht Platz!

rufen wir den Alten entgegen, die an ihren Chefsesseln klammern, die uns Junge belächeln, statt mit uns zu diskutieren, für die das Morgen nicht zählt, weil sie noch immer am Gestern hängen, die Angst vor Fortschritt haben und ihn deshalb verhindern, die meinen, Demokratie sei etwas für eine kleine Gruppe Privilegierter statt für alle; wir rufen es denen entgegen, die keine Lust auf Innovationen haben, die abwarten, was passiert, statt sie zu gestalten, die Zukunft, die uns allen gehört.

KAPITEL 1 Generation What? Auf der Suche nach dem »Wir«

»Please don’t tell anyone this, but wanna be happy.«

Lena Dunham (*1986) als Hannah in der US-Serie Girls, Staffel 2, Folge 5

Die Jugend hatte es nie leicht. 24/7 mit der eigenen Identitätskrise beschäftigt, kann sie auch den nachfolgenden Generationen nichts recht machen – das war schon zu Aristoteles’ Zeiten so: »Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt«, soll der Philosoph gesagt haben, und weiter: »Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen.« Das war etwa 384 vor Christus.2

Heute, im 21. Jahrhundert, sind die Jungen den Alten zu angepasst, zu harmoniesüchtig, zu faul, zu anspruchsvoll, zu egoistisch, zu spießig oder einfach nicht so ganz geheuer. So suspekt jedenfalls, dass sie den Teil von uns, der zwischen 1985 und 2000 geboren wurde, einfach mit einem Buchstaben bezeichnen, dem »Y«.

Als Generation X bezeichnet man gemeinhin die Post-Babyboomer, und der Buchstabe X symbolisiert eine Haltung der Verweigerung und Widerständigkeit. Das »Y« hingegen hat nur zufällig eine Bedeutung bekommen: Im Englischen wird es »Why« ausgesprochen, was »Warum?« bedeutet und damit passenderweise darauf hinweisen soll, dass diese jungen Leute heutzutage immer alles hinterfragen. Tatsächlich ist das »Y« ein Ausdruck der Ideenlosigkeit. Denn in erster Linie wurde es herangezogen, weil es auf das »X« folgt.

Die nachfolgenden Geburtenjahrgänge, 2000 bis 2015, hat es noch einfältiger erwischt: Sie bekamen kurzerhand ein »Z«. Ohne englische Übersetzung. Einfach des Alphabets wegen. Ein Begriff, der die Zeit bzw. die Gesellschaft beschreibt, in der die entsprechenden jungen Menschen aufgewachsen sind, wie bei den Babyboomern3 oder der Generation Golf4, fiel wohl niemandem ein. Dabei wäre zum Beispiel »Generation Krise« ganz passend gewesen, angesichts der katastrophalen Verhältnisse in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt, mit denen wir aufgewachsen sind. Aber dann hätten sich die Alten natürlich eingestehen müssen, dass sie irgendwann, während sie abgefeiert haben, wie gut es ihnen selbst geht, den Karren gegen die Wand gefahren haben.

Die Buchstaben »Y« und »Z« sind völlig nichtssagend, und dazu werden »die Jungen« – egal ob sie nun 1987 oder 2001 geboren wurden – bei jeder Gelegenheit gelabelt – zum Beispiel als Generation Praktikum, Generation Beziehungsunfähig oder Generation Ego. Gemeint ist dabei nie wirklich eine Generation im soziologischen Sinn, sondern nur eine Gruppe unter den Jungen, auf die mal wieder ein Etikett geklatscht wird. Der Begriff »Generation« glättet dabei die verschiedenen sozialen Hintergründe von uns Jungen einfach weg.

Wir sind unterschiedlich gut ausgebildet, leben teilweise in Großstädten, teilweise in der Provinz. Mehr als vier Millionen von uns sind in Deutschland armutsgefährdet. Manche arbeiten schon lange, andere gehen zur Schule oder an die Uni. Einige von uns haben Kinder, andere sind selbst noch welche. Die einen machen schon beim Aufwachen ein Selfie: #wokeuplikethis, happysmiley, Filter Slumber, Snap. Die anderen sind zu Zeiten aufgewachsen, in denen Hornbrillen keine Accessoires für Hipster, sondern eine Zwangsmaßnahme der Augenheilkunde waren, mit der versehen man für immer den Spitznamen Steve Urkel trug.

Obwohl die Alten es gerne so hätten, weil das Schimpfen dann leichter fällt: Wir Jungen sind nicht eine Generation. Wir sind ihnen vielleicht noch nicht begegnet, den großen Themen unserer Zeit, für die einige wenige von uns sich einsetzen und dafür für immer im Gedächtnis der Geschichtsbücher bleiben – wie die sogenannten Achtundsechziger. Und wir sind auch nicht alle aus einer großen Welle der Gebärfreude entstanden – wie die Babyboomer.

Was uns Junge ausmacht: Wir haben in der Regel noch gut zwei Drittel unseres Lebens vor uns, die Zukunft ist für uns voller Träume, Ziele und Hoffnungen. Die größte gemeinsame Konstante in unseren Leben ist Angela Merkel. Irgendwie war sie immer da, als Kanzlerin oder Kanzlerkandidatin. Einige von uns können sich dunkel an Gerhard Schröder erinnern, dann aber meistens im Zusammenhang mit exzessiven Partys mächtiger Russen oder weil uns seine Photoshop-Fratze breit vom Titel eines Klatschmagazins angrinst.

Auf den ersten Blick haben wir wenig gemeinsam. Deswegen fällt es vielen von uns schwer, sich mit all den anderen Jungen zu identifizieren oder gar ein Wir-Gefühl zu entwickeln. Manchmal wissen wir nämlich nicht so genau, wer wir selbst eigentlich sind. Was kümmern uns da die anderen?

Dieses Kapitel begibt sich auf die Suche nach den Jungen in der Bundesrepublik: Wo und wie leben und arbeiten wir, welche Probleme und Wünsche beschäftigen uns?

Wer ist eigentlich dieses »Wir«?

Gestatten, Minderheit

Man ist immer so jung, wie man sich fühlt. Sich das einzureden beruhigt. Manchmal. Ich bin mir sicher, ein 50-Jähriger kann sich sehr jung fühlen, wenn er zum Beispiel das Amt des US-Präsidenten antritt – wohlwissend, dass er immer noch etwa 20 Jahre jünger ist als manche seiner Mitstreiter und Vorgänger. Ich weiß aber aus eigener Erfahrung, dass man sich oft auch älter fühlen kann, als man ist. Zum Beispiel, als wäre man 70 statt 25, wenn man sich mit seinem Großvater über die besten Maßnahmen zum Überstehen eines Hexenschusses austauscht. Allein deshalb liegt es mir fern, jemandem vorzuschreiben, wie alt er sich fühlen soll.

Betrachten wir die gesamte Bevölkerung, gelten aber diejenigen als »jung« und »der Nachwuchs«, die naturgemäß noch den längsten Teil ihres Lebens vor sich haben. In Deutschland ist das nicht die Mehrheit. 2016 standen dem statistischen Bundesamt zufolge 30 383 299 unter 35-Jährige 35 998 418 über 50-Jährigen gegenüber. Die unter 18-Jährigen machen an der deutschen Bevölkerung einen Anteil von 16 Prozent aus. Diese Zahl ist wichtig, denn sie spiegelt den Anteil derer wider, die zwar jung sind, aber nicht wählen dürfen. Zählt man alle Deutschen unter 30, sind es 30 Prozent, alle unter 35-Jährigen bilden einen Anteil von 36 Prozent der Gesamtbevölkerung. Dagegen waren 2017 allein 28 Prozent unserer Bevölkerung 60 Jahre oder älter, haben die Vereinten Nationen errechnet. Damit liegt Deutschland übrigens ganz weit vorne im Ranking der grauesten Bevölkerungen der Welt: Nur Japan, Italien und Portugal sehen ähnlich alt aus.5

29440 000 unter 35-Jährige entsprechen 35,7 % der Gesamtbevölkerung. 

37 699 000 über 50-Jährige entsprechen 45,8 % der Gesamtbevölkerung.

Laut Vereinten Nationen hat Deutschland nach Japan und Italien die älteste Bevölkerung der Welt. Das Durchschnittsalter liegt 2020 bei 46,6 Jahren.

19357 000 unter 35-Jährige entsprechen 80,4 % der Gesamtbevölkerung. 

2 127 000 über 50-Jährige entsprechen 8,8 % der Gesamtbevölkerung.

Laut Vereinten Nationen hat das westafrikanische Land Niger die jüngste Bevölkerung der Welt. Das Durchschnittsalter liegt 2020 bei 15,1 Jahren.

4391 969 000 unter 35-Jährige entsprechen 56,3 % der Gesamtbevölkerung. 

1 884 802 000 über 50-Jährige entsprechen 24,2 % der Gesamtbevölkerung.

Die Weltbevölkerung wird 2020 durchschnittlich 30,9 Jahre alt sein. Staaten, in denen das Durchschnittsalter ungefähr dem der Weltbevölkerung entspricht, sind Jamaica, Guam, der Libanon, Oman, Kasachstan, die Malediven und Israel.

Quelle: United Nations, Population Division, World Population Prospects, esa.un.og, aufgerufen am 27.4.2018

Und da wären wir beim unausweichlichen Thema: dem demografischen Wandel. Ich wollte diesen Begriff vermeiden, ehrlich, aber man kommt um ihn einfach nicht herum. Der demografische Wandel ist sozusagen der Voldemort der Bundesrepublik: der, dessen Name nicht genannt werden darf und von dem keiner so genau weiß, in welcher Ecke er lauert. Trotzdem, jetzt bitte nicht panisch das Buch zuklappen und in die Ecke werfen! Ich mach es auch ganz kurz. Versprochen.

Es ist nicht verwunderlich, dass der Begriff »demografischer Wandel« vielen Deutschen Herzrasen beschert, denn er beinhaltet das Wort »Wandel«, und das steht für Veränderung. Veränderung ist nicht gerade beliebt in der Bundesrepublik, die meisten finden es ganz gut, wenn alles so bleibt, wie es ist. Wie sonst kann man erklären, dass seit 2013 eine Große Koalition den Stillstand verwaltet und Angela Merkel seit nunmehr 13 Jahren über den Status quo wacht?

Jetzt aber erst mal aufräumen mit den Vorurteilen: Für die meisten Menschen bedeutet der demografische Wandel nichts als Fortschritt. Denn er bezeichnet eine neue bevölkerungspolitische Situation – die Veränderung der Altersstruktur, nämlich von »es gibt etwas mehr alte als junge Menschen« hin zu »es gibt deutlich mehr alte als junge Menschen«.

Zunächst einmal heißt das: Die meisten von uns leben länger als ihre Vorfahren. Im Jahr 2020 liegt die wahrscheinliche Lebenserwartung für Frauen bei 84,1, für Männer bei 79,1 Jahren. Noch 1970 durften sich die Deutschen durchschnittlich nur auf ein Leben bis 73,4 bzw. 67,2 Jahre freuen.6 Wir werden also älter! Großartige Neuigkeiten! Bis hierhin war die Veränderung doch zu verkraften, oder?

Der demografische Wandel, der uns in Deutschland übrigens nicht bevorsteht, sondern längst erwischt hat, ist auch auf die Gebärfreudigkeit verschiedener Jahrgänge zurückzuführen. Während es keine Generation gibt, die so groß ist wie die unserer Eltern, die »Babyboomer«, mit 1,4 Millionen Geburten allein im Jahr 1964, haben ebendiese Rekordkinder nicht so viel Freude an Fortpflanzung empfunden wie ihre eigenen Eltern. Das hat mit der Verbreitung der Antibabypille zu tun, aber auch damit, dass es einfach nicht mehr so attraktiv war, viele Kinder zu bekommen. Der erste Tiefpunkt des Geburtenrückgangs war Mitte der Achtzigerjahre erreicht, und auch in den folgenden Jahren war an einen Geburtenboom nicht mehr zu denken.7 Und genau da, in diesen Jahrgängen mit unter einer Million Geburten, sind wir zu finden: die Enttäuschung der BevölkerungswissenschaftlerInnen, der Schrecken der Rentenkasse, die Folge der modernen Lebensführung, und aufgrund der sorgfältigen Abwägung unserer Eltern darüber, ob sie uns haben wollen oder nicht, wohl auch die am besten umsorgten Kinder, die die Bundesrepublik je gesehen hat. Ja, das sind wir, gestatten: die U35er, die kleinste Wählergruppe des Landes.

Weil wir so wenige sind, tendieren wir dazu, uns zu anderen Mitgliedern unserer Minderheitengruppe zu gesellen. Auf diese Weise konnten wir einige Orte der Landkarte doch noch für uns gewinnen. Trotzdem: Die jüngsten Städte sind im Durchschnitt immer noch 39,8 bzw. 39,9 Jahre alt – es sind die Universitätsstädte Freiburg und Heidelberg.

Rund achtundzwanzig Prozent der Bevölkerung in Freiburg sind unter fünfundzwanzig, nur 21,4 Prozent sind über 60 Jahre alt.8 Platz drei und vier der jüngsten Städte und Kreise nach Freiburg und Heidelberg belegen die niedersächsischen Orte Vechta und Cloppenburg – beide zu groß, um eine Kleinstadt, zu klein, um eine Großstadt zu sein. Zu den Top Ten der jüngsten Orte Deutschlands gehören übrigens auch die Städte Trier, Frankfurt am Main, Münster, Darmstadt und Offenbach am Main. Generell finden sich viele junge Menschen in Universitätsstädten, weshalb auch in Regensburg, Erlangen und Eichstätt das Durchschnittsalter relativ niedrig ist. Außerdem beliebt bei jungen Leuten: das Einzugsgebiet von München – in Freising beträgt das Durchschnittsalter 40,5, in Erding 41,3 Jahre.

Und bevor hier jemandem der Gedanke kommt, die Jugend von heute lebe allein in den Städten: Auch in der Provinz gibt es einige bei den Jungen beliebte Regionen: Teile Bayerns, Baden-Württembergs und des Nordwestens zum Beispiel – Regionen, also, in denen es ein gutes Angebot an Bildungseinrichtungen und Arbeitsplätzen gibt. Das zeigt sich auch beim Vergleich des Altersdurchschnitts der Bevölkerung der einzelnen Bundesländer: Am »jüngsten« sind die Stadtstaaten sowie die Bundesländer mit der größten Wirtschaftskraft. Die ersten beiden Plätze belegen Hamburg und Berlin mit einem Durchschnittsalter von 42,3 bzw. 42,7, dicht gefolgt von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Bremen und Nordrhein-Westfalen, deren Bevölkerung ebenfalls noch jünger ist als der landesweite Durchschnitt von 44,2 Jahren.9

Das Bundesland mit der ältesten Bevölkerung hingegen ist Sachsen-Anhalt (47,4 Jahre). Dort liegt auch Dessau-Roßlau – mit 49,5 Jahren die Stadt mit dem höchsten Durchschnittsalter. Fast 30 Prozent der Bevölkerung sind hier 65 oder älter, während nur 12,8 Prozent unter 18 Jahren sind. Ebenfalls zu den ältesten Städten bzw. Gemeinden Deutschlands zählen der Landkreis Altenburger Land (49,39) und die Stadt Suhl (49,13) – beide in Thüringen.10

Die jüngste Bevölkerung Deutschlands haben die Städte Heidelberg und Freiburg. Die »jüngsten« Bundesländer sind Hamburg und Berlin. Am ältesten ist die Bevölkerung in Dessau-Roßlau.

Es lässt sich nicht pauschal sagen, dass die Jungen alle weg vom Land und rein in die Städte ziehen. In einer Leserumfrage des Jugendportals ze.tt stimmten 68 Prozent der rund 3 600 Teilnehmer für »Raus in die Natur und das Landleben genießen!«. Nur 17 Prozent klickten »Auf in das Großstadtgetümmel!« an. Der Rest konnte sich nicht entscheiden.11

Die Beweggründe, ob man in der Provinz, in der Metropole oder irgendwo dazwischen wohnt, sind unterschiedlich. Ich persönlich bin auf dem Land aufgewachsen. Mein Heimatdorf hat weniger als 300, die gesamte Gemeinde knapp über 3 000 Einwohner. Als ich Schülerin war, gab es für gewöhnlich zwei Einschulungsklassen mit jeweils 17 bis 30 SchülerInnen. In der Grundschule nahm ich Flötenunterricht bei meiner Religionslehrerin, für den Keyboardunterricht später mussten meine Eltern und die meiner Freundin eine Fahrgemeinschaft in die nächste Kleinstadt bilden. Wollte man sich sportlich betätigen, konnte man sich für Fußball oder Tennis entscheiden – wenn man ein Junge war. Für Mädchen gab es nur Letzteres. Als ich auf das Gymnasium wechseln wollte, hatte ich die Wahl zwischen dem in der nächsten Kleinstadt und dem in einer Stadt, an deren Nahverkehr mein Dorf keinen direkten Anschluss hatte. Ich wählte den praktischeren Weg: zwölf Kilometer in die nächste Kleinstadt, der Bus fuhr dreimal am Tag. Spätestens in der Kollegstufe hatte man keine Chance, den Stundenplan mit dem Fahrplan des öffentlichen Nahverkehrs zu vereinen. Man brauchte ein Auto oder FreundInnen mit einem Auto und demselben Schicksal. Das galt auch für Wochenendbeschäftigungen: Wer keinen Führerschein hatte, brauchte fahrfreudige Eltern oder FreundInnen, um zum Einkaufen, ins Schwimmbad oder zum Feiern zu kommen. Mir war das zu eng, ich wollte raus in die Stadt. Ich zog zum Studium nach Erlangen, für Praktika nach Hamburg und New York, zum Arbeiten nach Berlin. Und die Provinz fehlte mir nie.

Viele meiner ehemaligen MitschülerInnen zog es zum Arbeiten oder Studieren auch in die Stadt – die meisten nach München, einige nach Würzburg, die nächstgelegene Universitätsstadt. Viele hatten sich jahrelang nach dem Leben in der Stadt gesehnt: dem Kulturangebot, den vielen Jobmöglichkeiten, Nahverkehr nach 19 Uhr, Bars, in denen man nicht schon jedes Gesicht am Tresen kannte. Für andere war die Stadt nur eine notwendige Übergangsphase für die Ausbildung, bevor es zurück ins Heimatdorf geht.

Beispiel

Pro Land

Tobi ist Anfang 30 und hat sein ganzes Leben im selben Dorf verbracht. In den Vereinen, in die er als Kind eingetreten ist, wirkt er mittlerweile als Vorstand. Bei dem Betrieb in der nächsten Kleinstadt, bei dem er als Jugendlicher seine Ausbildung machte, arbeitet er noch heute. Was hält ihn als jungen Menschen hier in der Provinz, wo es nicht einmal ein Kino oder eine Imbissbude gibt? »Die Dorfgemeinschaft«, erklärt er lächelnd. Langweilig wird ihm nie, und er liebt es, jeden in seinem Umfeld zu kennen.

Julia fand ihren ersten Job nach dem Studium in einer Großstadt 130 Kilometer von ihrem Heimatdorf entfernt. Jede Woche, manchmal sogar mehrmals, nahm sie die zweistündige Autofahrt in ihre alte Heimat auf sich, um im Musikverein Klarinette zu spielen – so wie sie es tat, seit sie Grundschülerin war. Sobald sie einen Partner und einen Job in der Nähe ihrer Heimat fand, zog sie zurück.

Anna ist ein Dorfkind. Einen Ausbildungsplatz fand sie in der nächsten Großstadt, circa 40 Kilometer von ihrer Heimat entfernt. Als sie von ihrem Arbeitgeber übernommen wurde, zog sie mit einer Freundin in die Stadt. »Es war toll, einfach feiern gehen zu können, ohne eine/n Fahrer/in zu brauchen, nach der Arbeit noch schnell shoppen zu gehen und abends um zehn einen Döner zu essen«, schwärmt sie. Einige Jahre später baute sie ein Haus in einem 1 000-Einwohner-Dorf und gründete eine Familie. »Ein Kind in der Stadt großziehen möchte ich nicht. Da gefällt es mir im Dorf besser: Man findet schnell Anschluss, die Vereine stellen viel auf die Beine, und bei Dorffesten kommen alle zusammen. Man kennt jeden, das ist toll.«

Dem Jugendmagazin ze.tt erzählte die 27-jährige Christina