Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Ich galt als ziemlich abgebrüht. Bei allem, was ich schon alles hinter mich gebracht habe – in immerhin mehr als tausend Leben, verteilt über die Jahrtausende zuvor… Sozusagen der ewige Kämpfer gegen das Böse für das Gute, manchmal mit Unterstützung durch andere Dämonenjäger oder auch mehr oder weniger starke Vereinigungen des Guten - und viel zu oft auch als Spielball zwischen Raum und Zeit, wo es unerheblich wird, wann mein derzeitiges Leben als Mark Tate begonnen hat und wann es enden wird. Wenn Jahrhunderte zu Minuten schrumpfen können, wo selbst mein normales irdisches Dasein wie ein unbedeutender Klecks in der Ewigkeit erscheint...
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 90
Veröffentlichungsjahr: 2025
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Copyright
Mark Tate in der Hölle in Schwarz: Gruselkrimi: Neuer Mark Tate Roman 16
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Bathranor Books, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
Folge auf Facebook:
https://www.facebook.com/alfred.bekker.758/
Folge auf Twitter:
https://twitter.com/BekkerAlfred
Zum Blog des Verlags!
Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!
https://cassiopeia.press
Alles rund um Belletristik!
von W. A. HARY
Ich galt als ziemlich abgebrüht. Bei allem, was ich schon alles hinter mich gebracht habe – in immerhin mehr als tausend Leben, verteilt über die Jahrtausende zuvor… Sozusagen der ewige Kämpfer gegen das Böse für das Gute, manchmal mit Unterstützung durch andere Dämonenjäger oder auch mehr oder weniger starke Vereinigungen des Guten - und viel zu oft auch als Spielball zwischen Raum und Zeit, wo es unerheblich wird, wann mein derzeitiges Leben als Mark Tate begonnen hat und wann es enden wird. Wenn Jahrhunderte zu Minuten schrumpfen können, wo selbst mein normales irdisches Dasein wie ein unbedeutender Klecks in der Ewigkeit erscheint...
*
„ Scheiße!“, murmelte Randolph T. Scott unfein vor sich hin. Ach, wie er seinen Job manchmal hasste! Kein Wunder: Wenn man ihn zu einem Tatort rief, begann stets aufs Neue das Wühlen im Dreck - im schlimmsten Dreck, den man sich denken konnte. Dafür war er schließlich da. Wie ein Kanalarbeiter, den man nur dann brauchte, wenn der Dreck zum Himmel stank und allen natürlichen Ablauf behinderte.
Gut, er hatte es sich schließlich selber ausgesucht. Nicht nur, weil es auch Kanalarbeiter geben musste, sondern weil es ihn irgendwie befriedigte, Dreck zu beseitigen. Ein Erfolgserlebnis besonderer Art halt. Auch wenn er dabei in Kauf nehmen musste, dass vielleicht immer auch ein wenig Dreck an ihm selber hängenblieb. Denn wie hieß es treffend im Sprichwort:
„ Wer im Dreck wühlt, macht sich selber schmutzig!“
Brummig stieg er aus. Wieso kamen ihm solche fast philosophischen Überlegungen ausgerechnet hier und jetzt?
Eine Ahnung vom Übel, das ihn erwartete? Eine Ahnung davon, dass es diesmal schlimmer werden könnte als jemals zuvor? Viel, viel schlimmer?
Eine Ahnung vom – wahren HORROR!
Er schloss die Wagentür nicht ab, sondern bahnte sich seinen Weg durch die Menge der schaulustigen Gaffer.
Überall war Polizei: Sie verwandelte die Nacht in eine Orgie aus Farben und Sirenen, die die Gesichter in zuckendes, unwirkliches Rot und Blau tauchten.
Schlecht geschminkt, dachte T. sarkastisch und schob eine jüngere, blonde Frau beiseite, die sich in schierer Gier, nur ja nichts zu verpassen, rücksichtslos bis fast zur Absperrung vorgedrängt hatte.
Zwei Uniformierte erkannten ihn endlich und ließen ihn hinter die Absperrung.
„Schaffen Sie mir den Mob vom Hals!“, befahl er ihnen angewidert. Sie kannten ihren Boss Randolph T. Scott nur zu gut, um zu wissen, dass es besser war, den Befehl sofort in die Tat umzusetzen.
Sie würden sich zumindest emsig bemühen!
Randolph, den Freunde eigentlich nur T. nannten, also mit dem Anfangsbuchstaben seines zweiten Vornamens, den bisher noch niemand hatte in Erfahrung bringen können, fingerte an seinem wie immer eher schlecht gebundenen Schlips herum, denn die drückende Schwüle machte ihm zu schaffen. Verflucht, es war doch die ganze Zeit über nicht so schwül gewesen?
Er schaute sich kurz um. Als wären die Hundertschaften des Mobs dafür verantwortlich.
Um seine Mundwinkel zuckte es. Er sah, dass sich seine Leute tatsächlich nach Kräften bemühten, den Mob zu zerstreuen. Der große Erfolg, wie T. es sich gewünscht hätte, blieb trotzdem leider aus.
„Captain!“, rief der nächstdiensthöchste Officer ihm zu. „T., komm doch bitte mal hier herüber.“
Konnte es sein, dass er sich gerade davor regelrecht - drückte? Sonst hätte er nicht so viel Wert auf den Mob gelegt. Der störte ihn doch sonst nicht so sehr. Also bei weitem nicht in solchem Maße...
Als hätte er - Angst vor dem Kommenden!
Der dunkelhaarige und übernächtigt aussehende Officer, Mitte Dreißig, geschieden, und seit mehr als zwölf Jahren beim New Yorker Morddezernat, kannte T. schon seit vielen Jahren, war sogar am Anfang mit ihm Streife gefahren.
„'n Abend, Jerry, gib mir bitte einen Bericht. Ich bin müde und habe schlechte Laune, also mach's bitte kurz...“, sagte T. mürrisch.
„Wird Dir nicht gefallen, T.“
„Kann ich mir sowieso nicht anders vorstellen...“
„Also gut. Wir erhielten gegen 23:48 Uhr einen NEUN EINS EINS. Der zuständige Dispatcher beorderte uns hier zur Ostseite des Central-Parks. Nahe der Brücke hatte eine nächtliche Spaziergängerin mit ihrem Hund eine Kiste im Wasser treibend entdeckt. Ihr Hund gebärdete sich wie verrückt, und die Frau hatte Mühe, ihn von der Kiste da hinten fernzuhalten. Sie wurde von ihrem Hund regelrecht der Kiste hinterher gezerrt. Die Kiste blieb schließlich an einem der künstlich angelegten Felsvorsprünge hängen, und die Zeugin zog sie ans Ufer - äh, nachdem es ihr gelungen war, ihren Hund irgendwo festzubinden. Die Kiste war nicht verschlossen, und so öffnete sie die Riegel und...
Nun, das, was sie zu sehen bekommen hat, solltest Du Dir besser selbst anschauen.“
Da war sie wieder: die Angst vor dem Bevorstehenden! Verdammt, wenn es eine Leiche war - und davon musste er ja wohl ausgehen... Ja, wenn es eine Leiche war, dann war es wahrhaftig nicht seine erste. Was hatte er schon alles gesehen und erlebt... Nein, eine Steigerung war einfach nicht mehr möglich.
Dachte er jedenfalls - und machte sich damit selber Mut.
T. vergrub die Hände in die Hosentaschen und begann, noch mehr zu schwitzen.
„Geschlecht, Alter?“, fragte er routinegemäß, bevor er einen Blick hineinwarf.
Jerry sagte stockend:
„ Die Leiche eines Kindes. Etwa vier bis sechs Jahre alt, vermutlich männlich.“
„Ein... Kind? Verdammt!“
Ja, verdammt! Das war nämlich das Schlimmste von allem. Gott, wie er seinen Job hasste. Andererseits... Leute zur Strecke bringen, die solches taten... Einer musste schließlich die Drecksarbeit machen, und er galt darin als besonders gut. Ja, manchmal glaubte er das selber. Dann kam er wieder über die Runden und schmiss seinen Vorgesetzten den ganzen Kram doch nicht vor die Füße.
T. blieb vor der Kiste stehen. Sie war bedeckt. Die Spurensicherung war wieder abgezogen, der Gerichtsfotograf hatte seine Arbeit abgeschlossen. Er sah ganz blass um die Nase aus. Ein so abgebrühter Bursche?
„Was, zum Kuckuck, Jerry, meinst du mit 'vermutlich männlich'?“, herrschte T. den Officer an - härter als beabsichtigt. „Gibt's denn noch was anderes außer männlich oder weiblich?“
Jerry reagierte gar nicht darauf. Er zog die Plane beiseite und zerrte vorsorglich ein frisches Taschentuch aus seiner Hosentasche.
Wieso eigentlich?
T. kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und trat vorsichtig einen weiteren Schritt nach vorn. Später bereute er, das getan zu haben.
Jerry trat zur Seite. Seine Augen waren starr auf T. gerichtet und vermieden es, den Inhalt der Kiste noch einmal anschauen zu müssen.
T. hatte in New York wirklich schon eine ganze Menge gesehen, doch beinahe hätte ihn der Anblick dessen, was die Kiste beinhaltete, von den Beinen gehauen. Es würgte ihn. Er rang nach Atem.
Jerry reichte ihm das frische Taschentuch, damit er es sich vor Mund und Nase pressen konnte, um wenigstens den Verwesungsgestank zu mildern.
Gott, was hatten die mit dem kleinen Körper denn angestellt...? Nein, da war wirklich nicht mehr feststellbar, ob männlich oder weiblich... So etwas Grausiges... Einfach unbeschreiblich.
In den Ekel mischte sich... Hass auf die Täter!
T. taumelte zurück. Vor seinem geistigen Auge erschien seine schwangere Freundin Ellen. Sie würde ihr gemeinsames Kind bald bekommen.
Das Bild von der schwangeren Freundin vermischte sich mit dem Anblick vom Kisteninhalt. T. dachte an Gott, der dies hier zugelassen hatte, an das unendliche Leid der unbekannten Eltern, an Ellen, an ihr eigenes Kind, das bald auf eine solche gottverlassene Welt kommen sollte...
Gott?
Ja, vielleicht war der ja gar nicht so allmächtig wie man es ihm allgemein unterstellte? Vielleicht brauchte er Leute wie ihn, T., um wenigstens den gröbsten Dreck zu beseitigen? Vielleicht waren Menschen wie T. deshalb so unersetzbar, weil es nicht nur die Macht Gottes, sondern auch... die Macht des Bösen gab? Beide Mächte in Konkurrenz zueinander, und der Mensch... mittendrin, als permanentes Opfer!
„Scheiße!“, fluchte T. und hatte überhaupt keine Gewissensbisse darum, dass er sich als erfahrener Captain der Mordkommission hier so gehenließ.
Nein, diesem Kind hier konnte niemand mehr helfen. Jedenfalls kein Mensch mehr. Es war an Gott, sich der gepeinigten Seele anzunehmen.
Er runzelte die Stirn. Falls Gott wenigstens das ohne fremde Hilfe schaffte...?
He, was waren das eigentlich für verrückte Gedanken? Gab es denn noch Schlimmeres für einen Menschen - wie hier, für dieses Kind - als einen solchen Tod?
Nein, ich kann ihm nicht mehr helfen!, redete er sich ein. Aber ich schwöre, diesen Fall zu lösen und diesen Tod zu sühnen...
Und die Seele?, drängte sich ihm schon wieder dieser Gedanke auf. Was ist mit der Seele dieses Kindes? Wie sollte sie das Erlebte jemals vergessen, wenn niemand sich bemühte, sie zu läutern?
Ich werde verrückt!, konstatierte T. verwirrt und schaute sich nach Jerry um. Der Officer betrachtete ihn voller Mitgefühl. Natürlich, der Officer war für den Fall sozusagen nur in zweiter Linie verantwortlich. In erster Linie war es sein Captain. Und jetzt wartete er auf die ersten Anordnungen, denen er folgen konnte, den Tatort betreffend und überhaupt...
Ja, was war jetzt zu tun?
T. durfte es auf keinen Fall zugeben, als der zuständige Captain bei der Mordkommission, als der Mann für die besonders scheußlichen Fälle: Aber er hatte keinen blassen Schimmer im Moment!
Er schaute zum Himmel hinauf, als könnte er dort eine Antwort finden, irgendein Zeichen, einen Hinweis…
Wieso dachte er nicht mehr an die scheußlich verstümmelte Leiche in der Kiste, sondern nur noch an... die Seele des so grausig geschundenen Kindes, die es zu läutern galt?
Ein Ritualmord!, durchfuhr es ihn. Ja, keines der üblichen Dreckschweine, die sich an Kindern vergehen, sondern eine Tat, die anders motiviert ist!
Wer waren die Täter?
Ja, er war auf einmal endgültig überzeugt davon, dass es sich um mehrere handelte. Wieso? Nun, sein Instinkt. Sonst hätte er niemals die Karriere geschafft, die hinter ihm lag: Eine Karriere, in der der absolute Dreck der Gesellschaft die Hauptrolle spielte, eine Karriere, die sich stets um Mord und Totschlag drehte. Bis jetzt war seine Erfolgsquote verdammt hoch gewesen, und er wollte dafür sorgen, dass dies auch so blieb.
Ja, sein Instinkt...
Jetzt konnte er in die Kiste schauen, ohne dass es ihm übel wurde. Er sah die grausam verstümmelten sterblichen Überreste und sah sie dennoch nicht. Vor seinem geistigen Auge war auch nicht mehr seine schwangere Freundin, sondern das lebendige Gesicht des Kindes da, das ihn flehentlich anschaute.
Es bettelte um Hilfe, denn mit dem Tod war die grauenvolle Tat noch längst nicht abgeschlossen. Es galt, keine Zeit zu verlieren...
Es war verrückt, und T. hätte zurecht an seinem Verstand zweifeln müssen.
Aber er zweifelte nicht, denn er wusste, dass auf seinen Instinkt Verlass war. Bisher jedenfalls war das immer der Fall gewesen. Also - warum diesmal eigentlich nicht, auch wenn alles noch so verrückt erschien?
Sein Blick ging wieder zum Himmel, der von schwarzen, Unheil kündenden Wolken bedeckt wurde, und dann zur Seite. Er betrachtete das Dakota-Building, das hinter den vom Wind gepeitschten, hohen Bäumen hervorschaute, als würde es neugierig auf die grausige Szene herab starren.
*
„ Forensik, feststellen, wo die Kiste ins Wasser gelangte! Außerdem Gelände noch weiträumiger abriegeln und bewachen!“, waren endlich seine Anordnungen. Er hatte sich gefangen. Wenigstens äußerlich.
Er schaute zum Mob hinüber. Trotz aller Bemühungen wurde der kaum weniger. Hatten die Leute zur nachtschlafenden Zeit denn nichts Besseres zu tun, als sich am Elend anderer zu ergötzen?
Er spürte den aufkeimenden Zorn und konnte ihn kaum unterdrücken.