Match on Ice - Allie Well - E-Book
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Allie Well

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Beschreibung

Er ist ihre zweite Chance für den Sport – kann er es auch für die Liebe sein? Für Fans von Rebekka Weiler und Ayla Dade »Du lässt mich nicht fallen, oder?« Ich hasste, wie dünn meine Stimme klang. Ich hasste, dass Mitleid in Jacks Augen zu sehen war, ehe er blinzelte und es durch Wärme ersetzte. Und trotzdem konnte ich ihn nicht für die Reaktion hassen. »Ich lasse dich nicht fallen, Romy.« Die Rivalität zwischen der Uni-Eishockeymannschaft und ihrem Eiskunstlaufteam ist Romy ziemlich egal – bis sie deswegen in der Notaufnahme landet. Zu allem Übel muss sie nun auch noch von den Trainern angeordnete Übungsstunden mit Eishockey-Star Jack absitzen, um ihre Nervosität auf dem Eis wieder in den Griff zu bekommen. Zunächst wenig begeistert von dem erzwungenen Kontakt, finden Romy und Jack jedoch bald Gefallen an der Situation und aneinander. Doch nicht alle in ihrem Umfeld sind mit den neuen Schwerpunkten im Alltag der beiden einverstanden ... »Eine rundum gelungene Wohlfühlgeschichte über Rivalitäten, dumme Streiche, Eskalationen, Eifersucht und Liebe.«  ((Leserstimme auf Netgalley)) »Von mir gibts für alle Ayla Dade-Fans eine Leseempfehlung. Auch für alle anderen, die gerne einen winterlichen Liebesroman lesen möchten, kann ich ohne schlechtem Gewissen eine Leseempfehlung aussprechen.«  ((Leserstimme auf Netgalley)) »Wow, absolut wow! Ein absolut gelungener Cozy-Sportsromance-Roman, der einlädt, ihn eingekuschelt bei einer Tasse Heißer Schokolade zu genießen. Oder alternativ in den Zuschauerrängen eines Eisstadions :-) Ich hätte jetzt richtig Lust auf ein Eishockeyspiel! Klare Leseempfehlung!«  ((Leserstimme auf Netgalley))

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© Piper Verlag GmbH, München 2023

Redaktion: Birgit Förster

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Covergestaltung: XXXXX

Covermotiv: XXXXXX

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Widmung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Danksagung

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Für Alex

Kapitel 1

Musik für eine Kür, die man eine Saison lang lief, wählte man nicht während einer Rosarote-Brille-Phase aus. Andernfalls sorgte sie für eine angespannte Stimmung, wenn die Beziehung weniger gut lief.

Was ebenfalls für eine angespannte Stimmung sorgte, war, dass Dan zehn Minuten zu spät, mit bunten Händen und einer aufgedrehten Amy, Amber oder Amanda im Arm zum Training erschienen war, sich grinsend aufgewärmt und zu mir aufs Eis gesellt hatte und jetzt zum vierten Mal den Axel stand, während ich zu wenig Rotation hatte und mich abmühen musste, mich nicht von meinem Partner abhängen zu lassen.

»Konzentriere dich, Romy«, mahnte unsere Trainerin Nadia, als wir an ihr vorbeiliefen.

»Konzentriere dich«, echote Dan und festigte seinen Griff um mich, hob mich hoch und setzte mich wieder auf dem Eis ab. Meinen Blick, der ihm eindeutig sagte, was ich von seinem Kommentar hielt, quittierte er mit einem Lachen, bevor wir uns das nächste Element vornahmen. Nadia wartete noch ab, bis wir unsere Rittberger hinter uns gebracht hatten, bevor sie uns zunickte und lobte.

»Uns« bedeutete dabei ein »Sehr gut, Daniel«.

Dan war einer der besten Eiskunstläufer, die ich kannte, in jedem Fall aber der beste, den man an der UMMH finden konnte. Als ich an der University of Massachusetts Maple Hills angenommen worden war, hatte ich Glück gehabt, dass mir mein langjähriger Sportpartner und gelegentlicher Freund gefolgt war. Und zu unserem zweifelhaften Glück waren wir an Nadia geraten, die uns seither drillte. Wie auch jetzt.

»Besser«, sagte sie, sobald wir unser Programm beendet hatten und uns schwer atmend voneinander lösten. »Sehr gut, Daniel«, lobte sie, bevor sie zu mir sah und die Augenbrauen verengte. »Wann schaffst du den Axel, Romy? Wenn du ihn nicht bald zuverlässig hinbekommst, streichen wir ihn aus dem Programm.«

Und damit machte sie den Sprung einmal mehr zum aktuell größten Problem meines Lebens. Gelegentlich war Nadia kurz davor, dem Sprung den Rang abzulaufen, aber nachdem die beiden Hand in Hand gingen, war es letztlich egal, welchen Aspekt meines Sportlebens ich gerade unangenehmer fand. Dann wiederum stellte Dan aktuell ernsthafte Konkurrenz für den Axel und Nadia dar. Dan und seine furchtbar perfekte Art, einen Sprung auszuführen, den ich ihm mit beigebracht hatte. Er war stolz gewesen, als er ihn endlich beherrscht hatte. Das war auch der Grund, aus dem ich darauf bestanden hatte, ihn in das Programm aufzunehmen. Nur, um jetzt diejenige zu sein, die seit Wochen Probleme mit der Rotation hatte.

»Sie schafft das«, kam es von Dan.

Ich warf ihm einen überraschten Blick zu. Dass er mich in Schutz nahm, war nicht ungewöhnlich. Dass er es zwei Tage nach dem Streit, der unsere Beziehung beendet hatte, tat, dagegen schon. Dan war vieles, aber kein angenehmer Ex-Freund.

»Nächstes Jahr oder so«, fügte er hinzu, und schon entsprach sein Verhalten wieder dem, was ich erwartet hatte.

»Ich kann ihn stehen, ich bekomme nur den Schwung noch nicht richtig hin. Ich übe ihn weiter, versprochen«, sagte ich, ohne auf ihn einzugehen. Die Drehung konnte ich. Jedenfalls, wenn ich im Fitnessraum am Trapez hing und weder vor noch nach dem Sprung Gefahr lief, auf das Eis zu fallen. Ich wischte mir über mein Langarmshirt, ohne die bunten Handabdrücke, die Dan hinterlassen hatte, beseitigen zu können. Wehe, wenn sie beim Waschen nicht verschwanden. Meine Auswahl an Sportshirts war zwar nicht unbedingt klein, aber das hier war mein Favorit – und sollte es auch bleiben, bevorzugt ohne neues Muster.

Nadia murmelte etwas Unverständliches und entließ uns mit einer Handbewegung. »Morgen wieder hier, pünktlich um sechs.«

»Ja, Nadia«, antwortete ich.

»Ja, Nadia«, echote Dan, und wir liefen zur Bande. »Romy, ich …«, setzte er an, als wir nacheinander vom Eis gingen und nach den Schonern griffen. Was er sagen wollte, sollte ich jedoch nicht erfahren, denn seine Begleiterin von vorhin erschien wie aus dem Nichts und hängte sich an seinen Arm.

»Pass auf, dass du ihre Kleidung nicht auch noch färbst«, meinte ich. Weiter auf die Vervollständigung seines Satzes zu warten, wenn er in Gesellschaft war, war zwecklos, also machte ich mich auf den Weg in die Umkleidekabine, wo ich mein Shirt wechselte und auf links drehte, damit es mir den Rest meiner Ausrüstung nicht bunt gestaltete. Dass Dan hin und wieder ohne Handschuhe lief, war nicht weiter ungewöhnlich. Dass er aber einen rosafarbenen und einen hellblauen Abdruck auf meiner Kleidung hinterlassen hatte, war alles andere als der Normalfall. Ich wusste nicht, ob mich die Abdrücke oder die Tatsache, dass Dan unvorsichtig genug war, sie zu machen, mehr störte. Bisher hatten wir es noch nach jeder Trennung geschafft, unsere Differenzen nicht mit auf das Eis zu nehmen. Wie es aussah, war diesmal alles anders.

Als ich die Umkleide verließ, hatte Dan den Arm um Amy, Amber, oder wie auch immer sie hieß, gelegt und lachte über etwas, das sie gesagt hatte. Wenn er wollte, konnte er charmant und lustig sein. Ein gut aussehender, erfolgreicher Sportler aus gutem Hause. Kein Wunder, dass er keine zwei Tage brauchte, um eine neue Freundin zu finden. Offensichtlich war Paarlauf nicht das Einzige, das einfacher war, wenn man ein Mann war. Zum einen war es nicht seine Verantwortung, mehr grüne Lebensmittel als leckere zu essen, weil ihn niemand mehrmals am Tag vom Boden pflückte und durch die Gegend warf, zum anderen musste er nur zweimal blinzeln und konnte sogar verschwitzt und mit ungewaschenen Händen auf Kuschelkurs gehen, ohne abgelehnt zu werden.

Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare und zerstörte damit wahrscheinlich, was von meinem Zopf noch übrig gewesen war. Heute war es wieder einmal großartig gelaufen. Nicht. Ein Blick zu Dan bestätigte mir, was ich schon den ganzen Tag über geahnt hatte: Ich wollte nicht nach Hause. Nicht, wenn mein Zuhause auch Dans Zuhause war.

Bis vorgestern hatte unser Arrangement perfekt funktioniert. Jeden Freitag und Dienstag hatte ich unsere Mahlzeiten geplant und vorbereitet, während Dan mir alles von den oberen Regalfächern geholt hatte, was ich nicht selbst hatte erreichen können. Dass das Gebäude seinem Onkel, einem kinderlosen Apotheker, gehörte, war ebenfalls ein Pluspunkt … gewesen. Für den Moment funktionierte unser Zusammenleben; vermutlich vor allem, weil wir ohnehin getrennte Schlafzimmer gehabt hatten. Trotzdem wollte ich weder im Wohnzimmer sitzen, während Dan Damenbesuch hatte, noch unsere Fotos an den Wänden sehen.

Stattdessen schlug ich den Weg zu Maia ein. Maia war vieles – Programmiererin, Laienschauspielerin und meine beste Freundin –, aber keine Eiskunstläuferin. Kurz nachdem wir uns kennengelernt hatten, hatte sie mich aufs Eis begleitet, es aber mit einem gebrochenen Steißbein und einer ordentlichen Abneigung gegen alles, was kalt und glatt war, wieder verlassen. Gerade diese Eigenschaft machte sie zur perfekten Person für heute Abend. Dan hatte genug Bereiche meines Lebens eingenommen, jetzt wollte ich vor allem Abstand. Unterwegs schrieb ich Maia eine kurze Nachricht, ob sie zu Hause war. Zwei Minuten später hatte sie mir einen Standort geschickt, der definitiv nicht ihrem Wohnheim entsprach. Wo auch immer es war, es war besser als die Alternative.

Ich ließ mir von meinem Handy den Weg zeigen – dass ich nach den Jahren an der UMMH noch immer nicht ortskundig war, war eine Schande, wie Maia nicht müde wurde, zu betonen – und stand wenig später vor einem eher unscheinbar wirkenden Imbiss. Unscheinbar und alt.

»Da«, tippte ich in unseren Chat und lächelte, als die Haken neben der Nachricht sofort auf »gelesen« umschalteten.

»Romy, hi!« Maia kam aus dem Gebäude und breitete die Arme aus.

Ich ließ mich in die Umarmung ziehen und erwiderte den Gruß. »Wie geht’s?«

Sofort verdrehte sie die Augen. »Wenn ich das nächste Mal auf die Idee komme, einen Zusatzkurs zu belegen, nur weil ich sonst Wartezeiten habe, erschieß mich vorher.«

»So schlimm?« Hatte sie heute ihren Kreativkurs gehabt? Als begeistertes Mitglied einer der Schauspielgruppen an der Uni hatte sie sich entschieden, einen Kurs in kreativem Schreiben zu belegen, und kämpfte sich seither durch die wöchentlichen Sitzungen.

»Schlimmer.« Sie verdrehte die Augen. »Und sag bloß nicht, dass du mich gewarnt hast.«

Ich zuckte mit den Schultern. Dann dachte ich es mir eben nur. Man sollte meinen, sie hätte aus meinen Fehlern gelernt. Als Dan zu Beginn des Studiums kurzzeitig in Erwägung gezogen hatte, eine Autobiografie zu schreiben, hatte er denselben Kurs besucht. Als seine treue Freundin hatte ich ihn begleitet. Weil ich mir letztlich aber treuer gewesen war als ihm und abgesehen davon die Veranstaltung gehasst hatte, war ich nach zwei Wochen wieder ausgestiegen. »Du bist bei der MacConnel, oder?«

»Bin ich.«

»Mein Beileid.« Mrs MacConnel, die sich selbst für fantasievoll genug hielt, außer Literatur auch kreatives Schreiben zu dozieren, war ein bisschen wie ein Endgegner im Semester. Ihre knappe »Bestanden«-Quote bekam sie nicht durch unerfüllbare Aufgaben, sondern durch die Masse an unsinnigen, mit denen sie einen Großteil ihrer Kursteilnehmer vergraulte – was erfahrungsgemäß gut funktionierte. Wahrscheinlich war sie faul und korrigierte nicht gern. »Müsst ihr auch die Essays zu euren Emotionen schreiben, wenn ihr Bilder betrachtet?«

»Ja.« Sie verzog das Gesicht. Zu Recht. Diese Textaufgaben waren verschwendete Zeit. Man suchte sich ein Bild, sah es sich an, schrieb, was man warum wie fühlte, und gab es ab. Ohne Note.

Ich hatte den Mund schon geöffnet, um Dans alte Essays anzubieten, bis mir auffiel, dass mir das nicht mehr zustand. Ich schloss ihn wieder und kam mir vor wie ein Fisch. Stumm und nutzlos. »Mein Beileid«, wiederholte ich nur.

»Wie auch immer.« Sie klatschte in die Hände. »Wollen wir?«

Ich sah zum Imbiss. Allein vom Hinsehen nahm ich schon zu, und wie ich Dan kannte, würde er es morgen wissen und ansprechen. Plötzlich war ich mir nicht mehr sicher, ob Abstand und ein Abend hier die richtige Wahl waren. Morgen früh musste ich den Axel trainieren. Fast Food, Völlegefühl, zu wenig Schlaf und ein schlechtes Gewissen, weil Dan derjenige war, der mich heben musste, klangen nicht mehr attraktiv.

»Romy?«

Mit einem tiefen Atemzug schüttelte ich den Gedanken ab. Ich konnte einfach etwas trinken und später etwas anderes essen. Ein oder zwei Stunden mit Maia und Abstand waren wahrscheinlich klüger, als schlecht gelaunt in der Wohnung zu sitzen.

»Ich komme.« Ich folgte ihr ins Innere. Bei den ersten Schritten war ich beinahe überrascht, nicht am Boden kleben zu bleiben oder ein Geräusch des Loslösens zu hören, wann immer ich einen Schritt machte. Die Lederpolster der Tischnischen platzten an mehr Stellen auf als nicht. Vielleicht waren sie auch deshalb kaum besetzt.

Wir steuerten einen der unbeliebten Tische an, und ich nutzte die eine Hälfte der Sitzbank dazu, meine Sporttasche abzustellen.

»Ich glaube, ich bin damit an der Reihe, die Getränke zu holen«, meinte Maia. »Ich bin gleich wieder da, okay?«

»Ja, danke.« Während sie sich anstellte, um unsere üblichen Softdrinks zu bestellen, scrollte ich auf meinem Handy herum. Ich öffnete Instagram und schloss die App sofort wieder, als Dans Story ganz vorn angezeigt wurde. Auf Schnappschüsse mit seiner neuen Flamme hatte ich keine Lust.

»Einmal Cola light für dich.« Maia kam zurück und stellte den Becher vor mir ab. »Sorry, Pepsi haben sie nicht.« Sie stellte ihren eigenen Becher neben meinen und warf ihre Tasche auf ihre Bank. Leider beschränkte sich ihre sportliche Pechsträhne nicht auf Eiskunstlauf, und sie traf stattdessen eine halb tote Pflanze, die einen Moment lang gefährlich schwankte, bevor sie sich stabilisierte.

»Das hat niemand gesehen«, murmelte sie und schaffte es, meinen Blick fünf Sekunden lang zu erwidern, bevor wir losprusteten.

»So«, sagte sie, sobald wir uns wieder gefangen hatten, »du gehst freiwillig mit mir in ein Fast-Food-Restaurant. Was hat er angestellt?« Das Kinn auf die Hände gestützt, sah sie mich an.

»Wer?«, fragte ich, um nicht sofort antworten zu müssen. Was hatte er angestellt? Im Grunde genommen nichts. Wir waren kein Paar, es konnte mir egal sein, was Dan wann mit wem tat. Es sollte mir egal sein.

Maias Blick verdeutlichte mir, wie wenig sie davon hielt, dass ich mich dumm stellte. »Romy.«

Ich zuckte mit den Schultern. »Nichts«, antwortete ich schließlich und zog einen Mundwinkel nach oben, als Maia zu Protest ansetzte. »Erst kam er zu spät zum Training, dann hatte er seine neue Freundin dabei und …« … und er hatte mein Lieblingsshirt schmutzig gemacht. Ich brach ab, als mir klar wurde, wie kindisch ich klang. Im Grunde genommen waren wir mehr oder weniger erwachsene Menschen. Gefühle hatten auf dem Eis nichts verloren.

»Und?«, hakte Maia nach. »Hat er dich fallen gelassen?«

»Nein!« Gefühle hin oder her, dieses Risiko würde Dan niemals eingehen. Die Tatsache, dass er sich sogar mit gebrochener Nase noch darum gekümmert hatte, mich auf dem Boden abzusetzen, hatte das mehr als deutlich gezeigt. Dan war zu verantwortungsbewusst, um etwas passieren zu lassen, was er verhindern konnte. Die Leistung, die er von mir einforderte, brachte er selbst auch. »Er steht den Axel perfekt, und jetzt sitzen er und Nadia mir im Nacken.«

»Das ist der mit der Drehung, ja?« Maia nahm einen Schluck von ihrem Getränk und legte den Kopf schief.

»Genau, der mit der Drehung.«

Meine beste Freundin nickte langsam, dann schüttelte sie den Kopf. »Kein Plan, welchen Sprung du meinst. Ist er schwer?«

War er objektiv schwer? Vielleicht, aber objektiv betrachtet war er meinem Leistungsniveau angemessen. Fand ich ihn schwer? Ja. »Ich muss ihn einfach üben«, meinte ich. »Was macht dein Programm?«

»Welches?«

»Das, mit dem du gerade arbeitest. Für die Uni.«

Maia schnaubte. »Introduction to Game Development? Oder meinst du Penny?«

Ich blinzelte. Hatte sie Penny nicht in Game Development erstellt? »Penny, glaube ich.«

»Im Moment ist sie ja noch ein Baby, aber mein Prof denkt auch, dass ich diesmal auf dem richtigen Weg bin, was ihre Lernfähigkeit angeht.« Ein Lächeln, das allein für das Thema Penny reserviert war, breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Würde irgendjemand, der sie nicht kannte, zuhören, läge der Verdacht nahe, Penny wäre ein echtes Kind. Für Maia war sie das, schätzte ich. Trotzdem würde es nie aufhören, ungewohnt zu sein, jemanden von einem Baby sprechen zu hören, wenn die Rede von einer künstlichen Intelligenz war.

»Es klingt auf jeden Fall gut.« Wie viel ich von Programmieren und Technik verstand, war egal. Wenn Maias KI langsam, aber sicher wuchs und sich von der Baby-KI zum Kleinkind entwickelte, konnte ich mich freuen, auch ohne zu wissen, was genau sie tat. Und den Gruselfaktor, den künstliche Intelligenz für mich hatte, ausblenden.

»Ja, ich …« Sie riss die Augen auf. »Ist sie das?«

»Wer ist was?«

Maia zog die Augenbrauen nach oben und sah über meine Schulter hinweg in Richtung eines der beliebteren Tische. »Ich fasse es nicht!«

Ich machte Anstalten, mich umzudrehen, wurde aber von Maia ausgebremst.

»Sieh nicht hin.«

Ihr Ernst? Ich verdrehte die Augen und sah dennoch über die Schulter. Okay, Maia hatte recht gehabt. Nicht hinzusehen wäre besser gewesen.

»Wie ein Unfall, oder?«, sagte Maia. »Grausam, aber wegsehen kann man auch nicht.«

Ich nickte nur. Zu sehen, wie Dan seine Zunge dazu benutzte, die Zähne seiner Begleiterin zu putzen, war nicht, was ich mit Abstand im Sinn gehabt hatte.

»Tu dir das nicht an.« Maia griff nach meiner Hand und drückte sie. »Der Kerl ist es nicht mal wert, dass du ihn ansiehst.«

Langsam drehte ich mich wieder zu ihr zurück und atmete tief durch. Es war nicht so, als hätten Dan und ich den Kreislauf von Paar und Trennung nicht schon oft genug durchlaufen. Ganz egal war es mir trotzdem nie.

»Es ist mies von ihm, zwei Tage nach eurer Trennung einen schlechten Abklatsch von dir herumzuzeigen.« Sie rümpfte die Nase, nahm einen weiteren Schluck von ihrem Getränk und sah mich direkt an. »Wie ich ihn kenne, fällt ihm in spätestens einer Woche auf, dass Blondie nicht du ist, und er steht mit Blumen auf dem Eis.«

»Diesmal nicht«, murmelte ich und wagte noch mal einen Blick auf die beiden. Nein, das sah nicht danach aus, dass Dan und ich in absehbarer Zukunft mehr als Sportpartner sein würden. Mehr, als hätte er die Absicht, möglichst schnell mit unserer gemeinsamen Zeit abzuschließen. Und als wäre ihm Amy oder Amber oder Amanda eine große Hilfe dabei. Wenn ich nur auf Äußerlichkeiten achtete, war offensichtlich, dass Dan seinem Typ treu blieb. Wie es aussah, war niemand unersetzlich.

Mit einem Röcheln signalisierte der Strohhalm, dass Maias Becher leer wurde. »Ist wahrscheinlich besser so«, meinte sie. »Du findest einen besseren Typen. Vorzugsweise einen, der weiß, was er an dir hat.«

Im Moment wusste ich nicht einmal, ob ich einen anderen Typen wollte. Dan und ich … wenn wir funktionierten, waren wir wie zwei Puzzlestücke, die zusammenpassten. Auf dem Eis, um das Eis herum und allgemein. Aber Puzzlestücke nutzen sich ab und unser Zusammenhalt damit wohl auch. Wir hängten uns aneinander, drifteten auseinander, und manchmal versuchten wir es erneut. Das Maia zu erklären, war unmöglich. Ich zuckte nur mit den Schultern und versuchte mich an einem Lächeln. »Ich hoffe, er bringt sie nicht mit nach Hause.«

»Oh.« Maia runzelte die Stirn. »Du kannst bei mir schlafen, wenn du willst. Ich glaube, du hast noch eine Garnitur Sportsachen in meinem Schrank, dann kannst du morgen früh raus. Oder wir waschen deine Sachen von heute mit der Hand.« Ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Und während wir sie trocken föhnen, schauen wir einen Film und essen Eis.« Sie stockte. »Oder Gurken mit Frischkäse, wenn das deiner Sportlerseele weniger widerspricht.«

Ich hatte keine Ahnung, womit ich eine Freundin wie Maia verdient hatte. »Danke.«

Sie zuckte nur mit den Schultern. »Nichts zu danken. Sag mal, kann es sein, dass Dan heute hingefallen ist? Seine Hand ist irgendwie blau.«

»Die andere ist rosa. Die Abdrücke habe ich auf der Kleidung, also bin ich mir sicher, dass es nur Farbe ist.«

»Hm.« Sie musterte ihn einen Moment lang. »Ich hätte ihn nicht für einen Künstler gehalten. Egal, ich hole mir noch mal etwas zu trinken. Willst du auch was?«

»Nein, danke.« Ich sah auf meinen Becher, der bisher wenig von seinem Inhalt eingebüßt hatte. »Aber ich hole dir was. Sprite?«

Sie nickte, und ich stellte mich hinter zwei junge Männer, die jeweils größere Bestellungen aufgaben. Einer der Tische mit Holzstühlen hatte mittlerweile einen Bevölkerungszuwachs erfahren, den ich mit meinem auf Maia und Dan gerichteten Fokus nicht mitbekommen hatte. Die Gesichter kannte ich nicht, dem Aussehen nach konnten sie aber Studenten sein. Mit ihrer Größe wirkten sie beinahe deplatziert, wie sie sich um den Tisch drängten. Kurz darauf war ich an der Reihe und bestellte Maias Sprite.

Kapitel 2

Als ich die paar Schritte zu unserem Sitzplatz zurückging, war mein Platz von einem jungen Mann besetzt. Wie die anderen auch trug er eine Sportjacke. Ich atmete geräuschvoll aus. Von allen Abenden, an denen ich Maia in einen Fast-Food-Imbiss begleitete, musste heute ausgerechnet der Tag sein, an dem nicht nur mein Ex-Freund mit seiner neuen Freundin vorbeikam, sondern auch irgendeines der Teams unserer Uni ein Mannschaftsessen veranstaltete. Und dabei meinen Platz in Beschlag nahm. Als gäbe es nicht genug freie Tische hier. Dann blieb mein Blick an Maia hängen, mit der sich der Sportler unterhielt. Sie lachte.

Für einen Moment überlegte ich, ob ich einfach genug hatte und doch auf gut Glück nach Hause gehen sollte, wollte aber das Risiko nicht eingehen. Wenn ich sie darum bat, würde Maia auch jetzt mit mir gehen, aber ich wollte sie nicht loseisen, wenn sie gerade Spaß hatte. Den Becher in der Hand, blieb ich außerhalb ihres Sichtfelds stehen, bis sich jemand neben mir räusperte und meine Überlegungen beendete.

»Ja?«, fragte ich und sah dem jungen Mann auf die Brust. Huch. Etwas groß geraten, der Gute. Vermutlich Basketball oder so.

»Meine Augen sind hier oben«, sagte er und grinste. »Und ich habe eine Freundin.«

Ich verdrehte die Augen, sah ihm aber ins Gesicht. »Ja?«, wiederholte ich. »Kann ich helfen?«

Der Mann lächelte mich an. »Ich wollte dir einen Sitzplatz bei uns anbieten.«

»Danke, aber nein danke. Ich bin nicht allein hier.« Wie zum Beweis hielt ich Maias Getränk hoch. Diese schien es aber nicht zu vermissen. Gerade lachte sie über etwas, das der brünette Mann, der sich meinen Sitzplatz unter den Nagel gerissen hatte, sagte.

»Ich weiß. Setz dich trotzdem zu uns.«

»Hast du eine Wette verloren und musst mich fragen? Andernfalls finde ich es unhöflich, nach einem Nein nicht aufzugeben.« Vorsichtshalber machte ich einen Schritt auf den nächsten Tisch zu, sodass zumindest ein Holzstuhl zwischen uns stand. Nicht, dass mir das im Ernstfall viel bringen würde. Immerhin war ich nicht allein im Restaurant. Ich ließ den Blick über den Mann gleiten. Groß, augenscheinlich nicht unsportlich, nah. Nachts würde ich ihm nicht allein auf der Straße begegnen wollen.

Er lachte und kratzte sich am Hinterkopf. »Ich mache nur meinen Job«, sagte er, als würde das alles erklären. Tat es nicht.

»Aha.«

Ein Seufzen.

»Du siehst den Kerl mit den braunen Haaren, richtig?«, fragte er.

»Bei Maia, ja.« Sie unterhielten sich. Maia wirkte nicht so, als würde sie sich unwohl fühlen.

»Brandon versucht seit einem Jahr, sie auf ein Date einzuladen, ist aber abwechselnd zu schüchtern, zu verplant oder von ihren Freunden eingeschüchtert.«

Und heute war Tag X. »Ich gehe recht in der Annahme, dass du dich berufen fühlst, mich zu unterhalten? Ich hätte ihn nicht daran gehindert, mit ihr zu sprechen.«

»Wahrscheinlich nicht. Aber sie wirkt nicht so, als würde sie ihre Freundinnen allein herumsitzen lassen.«

»Das stimmt.« Ich seufzte. »Okay, von mir aus. Mit wem habe ich das Vergnügen?«

Eiskunstläufer waren die Typen schon mal nicht. Sie mochten vielleicht Kommilitonen sein, aber innerhalb der Sportarten hatte mein höfliches Desinteresse bisher auf Gegenseitigkeit beruht. Ich war hier, um zu studieren und zu trainieren, nicht um Freunde zu finden. Maia war die Ausnahme.

»Nash.« Er hielt mir die Hand, mit der er sein Tablett nicht balancierte, hin.

»Romy.« Ich schüttelte sie. »Hat die Basketballmannschaft einen Cheat Day?« Genügend Pommes und Burger hatten sie dafür jedenfalls angeschleppt.

Die Miene, die er zur Schau stellte, rangierte irgendwo zwischen empört und belustigt. »Eishockey. Setz dich auf den Stuhl neben Reed.«

Eishockey. Na wunderbar. Selbst in der Freizeit verfolgte mich das Eis. »Sofort.« Ich tauschte Maias Getränk gegen mein eigenes und gab ihr einen Daumen nach oben, damit sie wusste, dass ich gut aufgehoben war, dann besah ich mir die Auswahl der freien Plätze am Tisch. Drei Stühle waren unbesetzt. Und welchen davon sollte ich nehmen? »Seid ihr normalerweise nicht beschriftet?«, beschwerte ich mich.

»Shit, sorry, ja.« Nash schnitt eine Grimasse. »Reed!«

Einer der Eishockeymenschen sah auf.

»Das ist Reed. Reed, Romy; Romy, Reed.«

»Hey«, grüßte er und zog mir den Stuhl zurück, damit ich mich setzen konnte. »Cool von dir, dass du Brandon das nicht versaust. Pommes?« Er schob sein Tablett in meine Richtung.

»Nein, danke.« Die Pommes rochen gut, und zwischen essenden Menschen zu sitzen tat nichts dafür, mein Hungergefühl schweigen zu lassen, aber am Ende des Tages war ich ohne die Absicht, hier zu Abend zu essen, gekommen, und dabei würde ich bleiben. Auch wenn ich zwischen zwei Riesen von Sportlern eingeklemmt vor Fast Food saß. Ich lächelte. Wenn ich ehrlich war, hatte ich nicht erwartet, dass diese grobschlächtig wirkenden Jungs einander zum Anbahnen eines Dates verhalfen.

»Diät?«, fragte Nash zwischen zwei Bissen.

»Die Frage ist unangemessen«, teilte ich ihm mit, »und ich werde sie nicht beantworten.« So nett die Date-Aktion auch war, ich hoffte, dass Brandon etwas mehr Taktgefühl hatte.

Nash zuckte nur mit den Schultern und schob sich das letzte Stück seines Burgers in den Mund.

»Wann kommt Frost?«

Wer sollte kommen? Manche Eltern gaben ihren Kindern schon merkwürdige Namen.

»Sobald er das in der Halle geklärt hat«, meinte Reed und sah zu mir. »Irgendwelche dieser Fransenfritze haben unsere Halle eingefärbt.«

Ich blinzelte. »Wer hat was?«

Reed machte eine wegwerfende Handbewegung. »Primaballerinen on Ice, das Glitzerkampfgeschwader.«

»Er meint die Eiskunstlaufclique«, mischte sich Nash ein.

Fransenfritze? Ich nickte langsam. Wenn man uns so nennen wollte … »Und was ist das Problem?«

Mit einem Seufzen wischte Reed sich die Finger an seiner Jacke ab und zückte sein Handy. Er hielt mir ein Bild unter die Nase. »Das.«

Eine Sekunde lang weigerte sich mein Gehirn, die Verbindung zwischen dem, was ich sah, und dem, was es bedeutete, herzustellen. Die Eisfläche, den Markierungen nach ein Spielfeld, war erschreckend wenig weiß. Stattdessen waren wilde Flecken und Muster in Blau und Pink auf dem Eis verteilt und augenscheinlich auch etwas tiefer gesunken.

»Was … wie …?« Ich sah von Nash zu Reed.

»Lebensmittelfarbe.« Reed fuhr sich durch die Haare. »Der Eismeister ist sauer, unser Trainer droht mit Suspendierungen, und unser Kapitän versucht gerade, das zu klären.« Er machte eine Geste, die das Restaurant mit einschloss. »Deshalb sind wir heute hier und nicht im Training.«

»Verständlich. Das ist nicht zu fassen.«

»Ja.« Nash nickte. »Typisch Eiskunstläufer.« Er drehte sich zu mir. »Fang bloß nichts mit einem von denen an. Der da hinten sieht die ganze Zeit zu dir.«

Ich imitierte Nashs Kopfhaltung und sah zu Dan und seiner Begleitung. Unsere Blicke trafen sich, und ich beeilte mich, mich wieder auf die beiden jungen Männer neben mir zu fokussieren.

»Wenn er dir unangenehm ist, sag Bescheid.« Reed drückte seine Finger zusammen, bis die Knöchel knackten.

Ja, danke, aber nein danke. Ich bevorzugte meine Sportpartner intakt. »Nicht nötig, danke. Wir kennen uns.«

Reed schnaubte. »Solange du ihn nicht anhimmelst wie sie.«

Dans Gesellschaft legte ihm gerade eine Hand auf die Brust und lehnte ihre Stirn gegen sein Schlüsselbein. Direkt auf die Platte, die ihm unser erster und letzter Ausritt eingebracht hatte. Er sah nicht so aus, als würde er sich wohlfühlen. Der Unfall war vier oder fünf Jahre her, aber er mochte es noch immer nicht, wenn jemand die Stelle berührte. Einen Moment tat er mir leid. Dann fiel mein Blick auf seine noch immer gefärbten Hände, und das Gefühl schwand ein Stück. Was hatte er sich nur dabei gedacht?!

»Hatte ich nicht vor«, murmelte ich.

»Gut.« Nash klatschte in die Hände und lehnte sich zurück, nur um seinen Arm in großer Geste über die Lehne meines Stuhls zu drapieren. »Wenn du Eissportler willst, nimm Eishockeyspieler.«

»Und warum sollte ich das tun?« Ich zog eine Augenbraue nach oben. Sollte ich noch mal etwas mit einem Sportler anfangen, war jemand, den ich kannte und der meinen Sport verstand, keine schlechte Wahl.

»Weil Eishockey nicht einfach Hockey auf dem Eis ist, sondern mit Respekt zu tun hat«, erklärte Reed.

»Seid ihr nicht diejenigen, die einander umfahren?« Entweder wir sprachen von unterschiedlichen Sportarten, oder sie waren sehr abgebrüht, was den Umgang mit ihren Konkurrenten betraf.

Nash winkte ab. »Vor dem Eis. Respekt vor dem Eis.«

Ich blinzelte. »Aha.«

»Auf dem Eis passiert wenig, was nicht rückgängig gemacht werden kann. Die Halle macht unseren Sport möglich, wir zeigen den nötigen Respekt.« Ich musste sehr verwirrt ausgesehen haben, denn er nickte langsam und fuhr dann fort: »Wir färben es beispielsweise nicht ein. Oder hacken Löcher in die Oberfläche. Das Eis gehört zu uns. Wenn die tanzenden Prinzessinnen unser Eis beschädigen, haben sie ein Problem.«

Reed hielt ihm die Hand hin und ließ ihn abklatschen.

»Den Fehler machen sie kein zweites Mal«, meinte Nash, dann zwinkerte er mir zu. »Wenn du Eissportler willst, die außerdem nicht albern aussehen, sind wir die bessere Wahl. Reed zum Beispiel …«

Weil gepolsterte Rowdys die bessere Wahl waren. Verstanden. Ich verdrehte für beide sichtbar die Augen und pflückte Nashs Arm von meinem Stuhl. Für freundschaftliche Gesten wie diese kannten wir uns entschieden zu wenig. »Danke, kein Bedarf.«

Der junge Mann zuckte nur mit den Schultern und behielt seine Arme anschließend bei sich. Ich lächelte ihn an und unterdrückte den Impuls, mich dafür zu bedanken. Nash, Reed und ein paar weitere Spieler begannen ein Gespräch über Reihen und einen offenbar abwesenden Kommilitonen, der angesichts des bunten Eises emotional geworden und nach Hause gefahren war, um den Schreck zu verdauen. Inmitten eines Eishockeyteams zu sitzen, war eine seltsame Erfahrung. Faktisch kannte ich die Worte, die fielen, aber ihre Bedeutung in diesem Kontext erschloss sich mir nicht. Ich kannte Sonderausgaben von Büchern, die für zu viel Geld verkauft wurden und ideale Geschenke für meine Mom abgaben, aber warum jemand Sonderreihen auf das Eis stellen wollte, war mir ein Rätsel. Einen Becher Cola und jede Menge neuer Wortverwendungen später hatte ich die Toilette bitter nötig. Ich tippte Reed auf die Schulter, damit er mich aufstehen ließ.

»Ich komme gleich wieder.«

Er nickte nur und zog seine Jacke aus, um meinen Stuhl damit zu besetzen.

Zwei Minuten später kam ich zurück und hielt ein Gähnen zurück. Der Tag hatte früh begonnen, und morgen würde nicht besser werden. Ich drehte mich in Maias Richtung, um zu sehen, wie ihr Überraschungsdate lief, aber an dem Tisch, an dem wir gesessen hatten, stand nicht einmal mehr meine Tasche.

Stattdessen winkte Nash, um auf sich aufmerksam zu machen, und hielt meine Tasche nach oben. Ich setzte mich zurück zu meinen neuen Bekannten, falls sie nur kurz an der frischen Luft war, aber als sie auch eine knappe halbe Stunde später nicht auftauchte, zückte ich mein Handy und schickte ihr eine Nachricht. Das war das Gegenteil dessen, wie der Abend hätte laufen sollen.

Kurz darauf rief Maia mich zurück. »Romy, hey«, sagte sie. Zwischen den beiden Wörtern atmete sie schwer, und der Wind rauschte im Hintergrund.

»Hi. Wo bist du?«

Reed half mir, zwischen den Spielern herauszuklettern, sodass ich zu Maias und meiner Nische gehen und dort telefonieren konnte.

»Spazieren. Mit Brandon.« Ein Auto fuhr an ihnen vorbei. »Dem Typen von vorhin.«

Na wunderbar. »Denkst du, du kommst noch mal zurück?« Ich bemühte mich, weder schnippisch noch genervt zu klingen. Maia war nicht verpflichtet, Babysitter für neu beziehungslose Eiskunstläuferinnen zu spielen. Besonders, nachdem die Eishockeyspieler Brandon die Sache erst hatten ermöglichen müssen. Und Maia hatte ein nettes Date oder Spontan-Date mehr als verdient.

»Eher nicht.«

»Okay.« Als wäre der Tag nicht schon unangenehm genug gelaufen. Ich drehte eine Strähne aus meinem Zopf um den Finger und atmete langsam aus. »Dann viel Spaß euch.«

»Danke, Romy!« Sie klang peppiger als sonst. »Wir schreiben morgen?«

»Wir schreiben morgen«, bestätigte ich und wartete, bis sie aufgelegt hatte, bevor ich seufzte und den Kopf auf die Tischplatte sinken ließ. Also doch keine Filme mit Maia. Stattdessen konnte ich zurück zum Stadion laufen, wo ich parkte, nur um dann zurück zu Dans und meiner Wohnung zu fahren, zu der ich nicht wollte.

»Hey, alles okay?«, rief Nash von seinem Tisch aus.

Anstelle einer Antwort zeigte ich ihm nur einen Daumen nach oben und rappelte mich auf. Ohne Maia hierzubleiben war reizlos. Nash und Reed waren zwar oberflächlich nett, aber über ein bisschen Small Talk hinaus hatten wir uns nichts zu sagen. Ich hatte nicht die Absicht, ihnen zu erzählen, dass ich Mitglied des Glitzerkampfgeschwaders war, und an ihren Hockeyregeln war ich auch nicht interessiert. Den Tag abzuschreiben und zu beenden war wahrscheinlich das Beste, was ich heute noch tun konnte.

»Gehst du schon?« Reed schob einen anderen jungen Mann, der hinter ihm stand, zur Seite und legte den Kopf schief, als ich mit geschulterter Tasche zu ihnen kam, um mich kurz zu verabschieden.

»Eure Aktion war ein voller Erfolg«, meinte ich. »Maia ist mit Brandon losgezogen, und ich muss irgendwie nach Hause kommen.« Vielleicht fuhr auch ein Bus in die richtige Richtung.

»Ihr habt Brandon dazu bekommen, das Mädchen anzusprechen?«, mischte sich Reeds Gesprächspartner ein.

»Indem wir sie«, Reed deutete auf mich, »zur Seite genommen haben, ja.«

Der Mann, groß, blond, athletisch, nickte. Ob er mehr amüsiert oder beeindruckt war, war schwer zu sagen. Er sah zu mir und lächelte schief. »Ihr wart zusammen hier, und diese Helden haben euch getrennt?«

Ich zuckte mit der Schulter, von der keine Tasche rutschen konnte. »So ungefähr. Maia sah zufrieden aus, und ich finde schon einen Weg nach Hause.« Zumindest wenn ich mein Handy benutzte und zurück zum Stadion lief.

»Kommt nicht infrage.« Reed sah auf die Uhr. »Ich kann dich fahren.«

Nash, der bis eben in ein Gespräch mit seinem Sitznachbarn vertieft gewesen war, schreckte auf. »Auf keinen Fall. Du fährst furchtbar. Egal, ob auf dem Eis oder auf der Straße.« Sein Blick fiel auf den Neuankömmling. »Hi, Frost.«

Dieser hob die Hand zum Gruß.

»Ich fahre effizient.« Reed verschränkte die Arme vor der Brust.

»Du bist nicht grundlos im Tor geparkt.«

Reed lachte und trat halbherzig nach Nash, traf aber nur den Stuhl, der quietschend über den Boden schrammte.

»Und jetzt weiß Romy auch, warum du Tore lieber hältst als schießt. Du zielst wie meine Schwester.«

Mein Name war wohl das Stichwort gewesen, denn plötzlich hatten alle drei Spieler den Blick wieder auf mich gerichtet. Abwehrend hob ich die Hände. Wenn Reed kein vertrauenswürdiger Fahrer war, würde ich so oder so nicht in ein Auto steigen, das er fuhr. »Ich komme zurecht, danke. Viel Spaß beim Eishockey und alles.«

Mit einem Winken in die Runde ging ich in Richtung Tür und nach draußen. Die Route von vorhin war noch in meine Navigationsapp eingegeben, sodass ich nur Start und Ziel tauschen musste, um einen Weg zurück zum Stadion gezeigt zu bekommen. Ich war keine zwanzig Meter weit gekommen, als mich ein »Romy!« innehalten ließ. Reflexartig tastete ich alle Taschen ab. Handy, Schlüssel, Geld … alles dabei. Was konnte ich noch vergessen haben?

Ich drehte mich um, und der Neuankömmling von eben kam mir hinterhergejoggt. Ein Autoschlüssel baumelte an seinem Finger, und er kratzte sich am Hinterkopf, als er vor mir stehen blieb.

»Hi. Sorry, falls dir das creepy vorkommt, aber ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn du wegen der Jungs abends allein nach Hause laufen musst. Wenn du möchtest, fahre ich dich nach Hause oder wohin du willst.« Er lächelte und biss sich dabei leicht auf die Unterlippe.

Nur ein bisschen creepy. Wirklich gefährlich kam er mir nicht vor, aber was hieß das schon? Das Risiko wollte ich trotzdem nicht eingehen. »Danke für das Angebot, aber ich passe.«

Ich winkte auch ihm ein letztes Mal zu und ging in Richtung Eisstadion davon.

Kapitel 3

Aus Erfahrung wusste ich, dass die anderen Eiskunstläuferinnen auf dem Eis unsere Musik mindestens so satt hatten wie wir. Das, oder sie beneideten mich darum, mit Dan laufen zu dürfen. Oder auch beides. Fairerweise lagen sie richtig, wenn sie dachten, mit Dan hätte man den Jackpot gewonnen. Wenn er nicht gerade fremde Eisflächen einfärbte oder neue Flammen mit in die Wohnung brachte, war er ein ausgezeichneter Sportpartner und man konnte sich glücklich schätzen, ihn an seiner Seite zu haben.

Ich wusste, dass er wusste, dass ich wusste, was er mit der bunten Eishockeyeisfläche zu tun hatte. Ich bemerkte es an der Art, wie er mir auf die Stirn sah, nicht aber in die Augen. Oder daran, wie er betont distanziert nach meinen neuen Freunden gefragt hatte. Im Training heute Morgen hatte ich es geschluckt, schließlich hatte er mich faktisch mit der gegnerischen Partie des Kleinkriegs, den einige Mitglieder der Eisk… des Glitzerkampfgeschwaders und das Eishockeyteam führten, gesehen. Als er abends aber noch immer beleidigt wirkte, hatte ich das Theater satt. Wir waren zwei erwachsene Menschen, irgendwie eine Einheit, und unser gemeinsamer Job war es, auf dem Eis eine solide Leistung zu bringen. Wenn ich dafür früher aufstand, um noch vor dem Training mit Nadia den Axel zu üben, erwartete ich einen ähnlichen Respekt vor dem Sport von Dan. Wenn wir schon keinen Respekt vor dem Eis hatten.

»Besser«, ließ Nadia sich zu einem Lob herab, als ich meinen Axel beinahe ausreichend rotiert stand und diesmal kaum von Dan abgehängt wurde. Ich nahm mir die Zeit für ein kurzes Lächeln, hechtete aber im nächsten Moment wieder hinter meinem Partner her, um für die Hebung in der richtigen Position zu sein. Dan bohrte mir seine Finger in die Seiten, und ich zwang mich, meinen Protest aufzuschieben, bis wir unseren Durchlauf beendet hatten.

»Was sollte das eben?«, fuhr ich ihn an, als wir zu Nadia glitten. »Das tat weh!«

Er verdrehte nur die Augen. »Wäre es dir lieber gewesen, ich hätte dich fallen gelassen?«

»Bevor du meine Organe aufspießt? Dann lass mich lieber auf dem Boden stehen.«

»Was ist eigentlich dein Problem?« Dan verschränkte die Arme vor der Brust.

Ich zog eine Augenbraue nach oben. »Deine Aktion gestern war total daneben. Was hast du dir dabei gedacht?«

»Ich?« Er schnaubte. »Was haben die sich dabei gedacht, Glitzer auf meinen Sachen zu verteilen? Die können froh sein, dass wir gute Laune hatten!«

»Dir ist klar, dass die dich rausschmeißen, wenn das aufkommt?«, zischte ich und griff nach seiner Schulter. »Denk mit! Wenn du vor der Saison wegen unsportlichen Verhaltens oder Vandalismus gehen musst, ist es für uns beide aus!«

Dan schüttelte meine Hand ab. »Wie sollten sie das herausfinden?«

Indem sie scharf nachdachten, wer einen Grund haben könnte, die Eisfläche der Hockeyspieler in Mitleidenschaft zu ziehen. Nash und Reed hatten sofort gewusst, in welcher Sparte die Übeltäter zu suchen waren, und ich bezweifelte, dass dieser Kapitän und die anderen Entscheidungsträger weniger gut schlussfolgern konnten.

Mein Schweigen schien ihm Antwort genug zu sein, denn er lief zu Nadia und bremste vor ihr ab. Sie sah von ihm zu mir und zurück zu Dan, dann schüttelte sie den Kopf. Allein diese Geste sorgte dafür, dass ich ein schlechtes Gewissen bekam, das Thema auf dem Eis angeschnitten zu haben. Das zwischen Dan und mir war emotional geladen, und eigentlich sollte ich meine Gefühle mit dem Betreten der Eisfläche abschütteln und mit den Schonern auf trockenem Boden lassen. Ich strich mir eine lose Strähne aus dem Gesicht.

»Dein Axel wird besser, Romy«, sagte Nadia und nickte mir zu. »Aber du musst dich mehr konzentrieren.«

»Ja.« Ich nickte. Mehr Konzentration auf den Sprung, weniger Fokus auf Dans Aktionen. Das hier war wichtig, verdammt.

»Daniel, du läufst deiner Partnerin davon. Wenn du zu weit von ihr entfernt bist, musst du fester zugreifen, wenn du sie holst und hebst, und das tut ihr weh. Ihr seid ein Team, keine Kollegen.«

»Es ist ihre Aufgabe, in der richtigen Position zu sein«, warf er ein und stemmte die Arme in die Seiten. »Was soll ich denn machen, wenn sie den Sprung nicht ordentlich landet und dann irgendwo auf dem Eis bleibt?«

Ein Teil von mir wollte widersprechen und Dan daran erinnern, dass ich daran arbeitete und besser wurde. Ein anderer, größerer, Teil wusste, dass es zwecklos war, jetzt mit ihm zu diskutieren. Besonders, wenn wir nicht die Einzigen auf dem Eis waren – dafür gerade diejenigen mit der musikalischen Hoheit.

»Ich gebe mir Mühe. Wir versuchen es noch mal, okay, Nadia? Ich versuche, schneller zu sein, und vielleicht kannst du trotzdem ein bisschen vorsichtiger sein?«

Nadia schenkte mir ein seltenes Lächeln. »Das ist eine gute Idee.« Sie wedelte mit den Händen, um uns zurück zur Mitte der Eisfläche zu scheuchen, dann startete sie die Musik erneut. Diesmal konzentrierte ich mich darauf, nicht zurückzufallen und die Elemente dennoch ordentlich auszuführen. Die erste Hebung funktionierte besser, auch wenn Dans Finger zielsicher die Stellen trafen, die nach dem Griff eben ohnehin schon unangenehm waren. Dann wiederum war im Eiskunstlauf immer irgendetwas unangenehm, angefangen bei dauerempfindlichen Knöcheln.

Dan dabei zuzusehen, wie er sich auf dem Eis bewegte, war faszinierend. Manchmal vergaß ich für einen Moment, wie viel Technik und Übung dahintersteckten oder dass er Schlittschuhe trug. Manchmal war es, als würde er über das Eis schweben, als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Vielleicht war es das auch. Als Dan seinen Axel vorbereitete, war seinem Gesicht nichts in Richtung Anspannung anzumerken. Ich brauchte keinen Spiegel, um zu wissen, dass meine Miene das Gegenteil zur Schau stellte. Ich atmete den Takt unserer Musik mit, und schon als ich mich vom Eis abstieß, wusste ich, dass irgendetwas nicht stimmte.

Aus dem Augenwinkel sah ich Nadia die Bande umklammern, den Blick auf unsere Musikanlage gerichtet. Wahrscheinlich kam eine der Läuferinnen wieder erschreckend nah an die Anlage heran. Ich drehte mich um meine eigene Achse u…

Das Klavier unserer Musik brach ab, als es von E-Gitarren und Schlagzeug übertönt wurde. Noch in der Luft zuckte ich zusammen und wusste damit, was Nadia vorausgesehen hatte. Ich hatte zu viel Zeit, um den Aufprall nicht kommen zu sehen, aber zu wenig, um zu reagieren. Ich konnte nicht einmal die Arme hochnehmen, um den Schwung abzufangen, bevor ich auf dem Eis aufkam und darauf entlangrutschte.

Hart. Kalt. Nass. Im ersten Moment wagte ich nicht, mich zu bewegen. Konnte ich damit etwas kaputt machen? Ich wollte mir einen Augenblick Zeit nehmen, um das Gefühl für meinen Körper wiederzubekommen, aber die Musik stoppte abrupt, und schon raste Dan auf mich zu.

»Romy!«, rief auch Nadia und glitt zu uns.

Ich rappelte mich auf und zog die Mundwinkel nach oben.

»Alles okay?« Sämtlicher Biss war aus Dans Stimme verschwunden. Er hatte die Augen weit aufgerissen und streckte die Hand nach mir aus, nur um sie im nächsten Moment wieder sinken zu lassen.

Ich ertappte mich dabei, zu nicken, ohne zu wissen, ob es die Wahrheit war. »Alles gut«, schob ich hinterher und atmete tief durch. Stehen konnte ich, und auch so fühlte sich nichts gebrochen an. Einen Atemzug später wusste ich auch, dass meine Rippen in Ordnung waren. War ich überhaupt auf die Rippen gefallen? So klar ich die Sekunde, in der ich realisiert hatte, dass ich aus dem Gleichgewicht gekommen war und stürzen würde, in Erinnerung hatte, so wenig hatte ich von dem Aufprall selbst mitbekommen. »Was«, ich räusperte mich, »was war das?«

Nadia verengte die Augen zu Schlitzen und sah einmal mehr in Richtung Musikanlage. Dass das Gerät von sich aus die Musik geändert hatte, stand für uns alle außer Frage. »Darum kümmere ich mich später«, entschied sie. »Ist dir etwas passiert?«

So sanft hatte ich Nadia noch nie erlebt, und es war eine Mischung aus Überraschung und dem Nachhall des Sturzes, dass ich sie gewähren ließ, als sie mein Gesicht nahm und es drehte und begutachtete, bis sie anscheinend überzeugt war, dass ich keine größeren Verletzungen davongetragen hatte.

»Ich glaube nicht«, bestätigte ich meine Einschätzung von eben und schüttelte mir das Eis aus den Haaren, nur um zusammenzuzucken.

Sofort fixierte Dan mich, und ich zog einen Mundwinkel nach oben, um ihn zu beruhigen. Dan hasste es, nicht vollkommen sicher zu sein, dass mir nichts fehlte. Auf dem Eis hatte er das Bedürfnis, sicherzustellen, dass ich das Training intakt verließ. Private Differenzen hin oder her, gerade war er nicht mein Ex-Freund, sondern mein Partner.

»Alles okay«, formte ich mit den Lippen. Nur eine Beule, damit würde ich leben können. Ich hob die Hand, um Dan den Arm zu tätscheln, ließ sie aber wieder sinken, als ich sah, wie sehr sie zitterte. Es war ein bisschen, als würde ich ein Alien betrachten. Die Hand zitterte, und ich war ganz ruhig.

»Gut«, sagte Nadia. »Kannst du laufen?«

Ich nickte. »Ja.«

Den ersten Schritt machte ich mit so viel Entschiedenheit, wie ich konnte, beim zweiten begann ich, das Zittern meiner Hände zu spüren, und ab dem dritten hatte sich die Anspannung auf meinen gesamten Körper übertragen. Ich blinzelte und atmete tief ein und aus, um mich in den Griff zu bekommen, aber es war, als wäre ich ein Kind im Geisterhaus, das hinter jeder Ecke den nächsten Schreck erwartete.

»Romy …«, setzte Dan an und fuhr langsam neben mir her, einen Arm ausgestreckt, damit ich mich festhalten konnte, sollte ich die Stütze brauchen. »Ich denke, du solltest eine Pause machen.«

Ich schüttelte den Kopf. Wenn ich jetzt vom Eis ging, ohne eine Runde gelaufen zu sein, würde ich es morgen nicht mehr betreten.

Dan folgte mir noch ein paar Meter, und als ich plötzlich das Gefühl bekam, selbst mit den Kufen keinen Halt mehr auf dem Eis zu finden, war ich froh, dass er mich fing, bevor ich meine Beziehung zur Eisfläche vertiefte. Ich umklammerte seinen Arm und revanchierte mich wahrscheinlich für die Fingerabdrücke, die er bei der Hebung vorhin hinterlassen hatte.

»Das reicht für heute.« Nadias Stimme zerschnitt die Stille und ließ keinen Raum für Widerspruch.

Trotzdem öffnete ich den Mund – schloss ihn aber wieder, sobald ich ihrem Blick begegnete.

Nadia formte ihre Lippen zu etwas, was wohl ein tröstendes Lächeln sein sollte, jedoch auf halbem Weg verkümmerte und in einer Grimasse endete. Neben mir erstarrte Dan, und die Muskeln in seinem Arm verhärteten sich.

»Runter vom Eis«, befahl unsere Trainerin.

Ehe ich michs versah, hatte Dan einen Arm um meine Taille gewickelt und mich in einem Schraubstockgriff vom Eis und direkt in Nadias Arme geschoben.

»Was ist los?«, fragte ich und hielt Nadias Hand fest, bevor sie meinen Kopf ein weiteres Mal begutachten konnte. »Redet mit mir!« Dass Dan die Nerven verlor, war ungewöhnlich, aber vielleicht dem Schreck geschuldet. Nur weil man nicht selbst fiel, bedeutete es nicht, dass man nicht auch erschrak. Nadia dagegen … vor heute hatte ich sie genau einmal beunruhigt gesehen, und das hatte einen gebrochenen Arm eines ihrer anderen Schützlinge involviert. Wenn sie für ihre Verhältnisse geradezu panisch aussah, musste mehr passiert sein.

»Romy, du blutest«, kam es von Dan, und er fasste sich seitlich an den Kopf. Meine Hand kopierte die Bewegung, und als ich meine Haare berührte, zuckte ich zurück. Ich ließ den Arm sinken und sah auf meine Finger.

»Oh«, machte ich wenig intelligent und schloss die Augen, als mir angesichts meiner roten Fingerkuppen schwindelig wurde.

Sofort hatte ich Nadias Hände an den Ellenbogen, und nur einen Moment später löste Dan sie ab. »Romy«, sagte er leise, »ich helfe dir ein paar Schritte weg und setze dich auf die Bank hier, okay?«

»Ich bin nicht dumm«, entgegnete ich. »Du kannst normal mit mir reden.«

»Wie schön, dass du deine charmante Persönlichkeit nicht verloren hast«, mischte Nadia sich ein, und allein die Tatsache, dass sie Dans und meinem Zanken überhaupt Beachtung schenkte, zeigte, wie sehr sie aus dem Konzept gebracht worden war. »Daniel trägt dich.«

»Ich kann gehen«, sagte ich, auch wenn ich mir damit nicht mehr sicher war.

»Du hast keine Schoner an den Kufen. Bereit?« Dan wartete meinen erhobenen Daumen ab, bevor er mich ohne viel Aufhebens auf die Bank setzte. Er setzte sich neben mich und legte mir einen Arm um die Schulter. »Damit du nicht nach hinten kippst und noch mal fällst.«

Ich rümpfte die Nase. Nadia kam mit einem Notfallset zu uns und begann, Dan halb geöffnete Materialien zu reichen. Sein Arm um mich wurde von der Stütze zum Griff, und er kam mit einem in Desinfektionsmittel getränkten Bausch in Weiß näher an mich heran.

»Stopp.«

Er hielt inne und zog beide Augenbrauen nach oben. Eine allein konnte er nicht koordinieren, wie wir eines Abends herausgefunden hatten. »Tut mir leid, das muss sein.«

Theoretisch wusste ich das, und trotzdem konnte ich nicht sagen, was mir unangenehmer war: dass mir jemand am Kopf herumwischen wollte oder dass dieser Jemand mein Ex-Freund war. Letzteres konnte ich beheben, also rückte ich so weit von ihm weg, wie ich es mir zutraute, ohne ins Schwanken zu geraten, und sah zu Nadia. »Kann sie das machen?«