Me, tied to my body and heart - Talia May - E-Book

Me, tied to my body and heart E-Book

Talia May

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Beschreibung

Jasmin Rose ist in ein Leben voller Verantwortung verstrickt. Die Idee, die Kontrolle abzugeben, scheint undenkbar! Sie hat stets ihr Bestes gegeben, um den Erwartungen ihres Vaters gerecht zu werden. Vor Kurzem hat sie sogar die Führung der Firma übernommen. Doch bereits an ihrem ersten Tag wird sie vor eine Herausforderung gestellt. Zwei einst verfeindete Familien sind plötzlich Geschäftspartner geworden. Als Jasmin auf ihre "Erzfeindin" Robin Martin trifft, erkennt sie schnell, dass Hass manchmal vergänglich ist. Eine einzige Berührung genügt, um eine Flamme zu entfachen. Jasmin beschließt, sich den Fantasien zu stellen, die sie lange Zeit unterdrückt hat, und wagt es, mit dem Feuer zu spielen und mit einer Martin.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

INHALTSWARNUNG

Eins

Zwei

Drei

Vier

Fünf

Sechs

Sieben

Acht

Neun

Zehn

Elf

Zwölf

Dreizehn

Vierzehn

Fünfzehn

Sechzehn

Siebzehn

Achtzehn

Neunzehn

Zwanzig

Einundzwanzig

Epilog

Impressum

INHALTSWARNUNG

Dieses Buch enthält Schilderungen von Kraftausdrücken, Homophobie, Sexualität und weiteren nicht jugendfreien Inhalten.

Alle Personen und Handlungen in dieser Geschichte sind frei erfunden und ausschließlich fiktiv. Alle Angaben sind ohne Gewähr von Richtigkeit und Vollständigkeit.

Eins

Mit zittriger Hand stecke ich den Schlüssel ins Schloss. Sophie schaut über meine Schulter, grinst mich breit an. Mein Herz klopft wild umher.

„Jetzt mach schon.“

Lachend drehe ich den Schlüssel um, öffne die Tür und vor uns erscheint das glänzende dunkelbraune Parkett. Begeistert treten wir ein. Der Geruch von frischen Möbeln steigt in meine Nase. Für eine Minute sind Sophie und ich still, schauen uns um, betrachten die hohen weißen Wände, die hellen Farben der Möbel und die atemberaubende Aussicht auf London. Als der Blick von Sophie meinen trifft, fangen wir an zu kreischen. Wir beide in einer Wohnung, nach all den Jahren haben wir es geschafft.

„Können wir bitte endlich einziehen?“, ruft Sophie laut.

Strahlend sehe ich sie an. In ein paar Wochen ist es so weit. Sobald wir alles Geschäftliche geklärt haben, beginnt ein neuer Abschnitt. Ich werde die Leitung der Familienfirma hier in London übernehmen und Sophie hat ihre Traumstelle bekommen. Mit einem großen Lächeln auf den Lippen sehe ich nach draußen. Die Sonne strahlt, es ist wunderschön. Für einen kurzen Moment fühle ich mich angekommen. Es hat etwas Heimisches. Hier wollte ich schon immer hin.

„Ein paar Sachen können wir schon auspacken, oder?“

Ich drehe mich zu Sophie, die ganz gespannt den Umzugskarton in ihrer Hand hält.

„Klar.“ Gerade als ich zu ihr gehen möchte, klopft es an der Tür. Skeptisch runzle ich die Stirn.

„Hast du Besuch bestellt?“

Sophie schüttelt verneinend den Kopf. Ich gehe zur Wohnungstür und öffne sie langsam. Vor mir erscheint Nick. Mein Freund. Überglücklich falle ich ihm um den Hals. Lachend erwidert er die Umarmung, haucht mir einen Kuss auf die Wange.

„Ich dachte, ich bringe euch etwas zum Anstoßen vorbei.“

Ich entferne mich von ihm, nehme dankend den Champagner. Grinsend präsentiere ich ihn Sophie, die sich auf das weiße Sofa fallenlässt.

„Perfekt“, stoßt sie aus.

Mein Blick wandert wieder zu Nick, der sich verlegen durch sein schwarzes Haar streicht.

„Noch etwas vor?“, frage ich vorsichtig.

Sein teures Parfüm steigt mir in die Nase. Ich brauche nicht lange, um zu verstehen, was er vorhat. Sein Lächeln verrät mir, dass er gleich verschwinden wird.

„Ich treffe mich mit jemandem“, antwortet er. Meine Laune verschlechtert sich, obwohl es nichts Neues ist.

„Dann wünsche ich euch einen schönen Abend“, sagt Nick laut, gibt mir noch einen flüchtigen Kuss und verschwindet. Mit dunkler Miene schließe ich die Tür und drehe mich um. Meine beste Freundin springt direkt auf.

„Nein. Wag es nicht.“

Warnend hebt sie den Zeigefinger, richtet ihren unordentlichen blonden Dutt und schnappt sich den Champagner. „Das ist unser Tag und den lässt du dir jetzt nicht versauen.“

Mit einem Knall öffnet sie die Flasche, nippt kurz daran und streckt sie mir entgegen. Zögernd trinke einen Schluck. Sie hat recht.

Etwas angetrunken sitzen wir im Wohnzimmer auf dem Boden und sehen uns alte Bilder an. Sophie hält ein Foto von Nick und mir hoch.

„Also, was ist mit deinem Romeo los?“

Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung, seit ein paar Wochen ist er ziemlich komisch.“

Sophie runzelt die Stirn.

„Er hat Dates. Mit anderen.“

„Was“, kreischt meine beste Freundin.

Ich nicke schnell.

„Und das macht dir nichts aus?“

„Um ehrlich zu sein, mache ich mir darüber keine Gedanken. Im Moment gibt es wichtigere Dinge in meinem Leben“, meine ich.

Sophie legt die Stirn nachdenklich in Falten. „Aber … geht es in einer offenen Beziehung nicht darum, dass ihr einander vertraut, euch an Regeln haltet und miteinander kommuniziert?“

„Was wir haben, ist … kaum definierbar.“ Und es interessiert mich wirklich kein Stück.

Ich werde durch die warmen Sonnenstrahlen in meinem Gesicht wach. Lächelnd öffne ich die Augen, richte mich auf und genieße die Aussicht aus dem großen Fenster. Der Sonnenschein ist wunderschön.

Das kalte Wasser, welches auf meine Haut trifft, weckt mich richtig auf. Energiegeladen springe ich aus der Dusche, trockne mich ab, löse mein Haar aus meiner Haarklammer und kämme es. Ich fange meinen eigenen Blick im Spiegel ein. Du siehst glücklich aus.

„Jasmin. Beweg deinen Hintern. Das Frühstück ist fertig“, ruft Sophie.

Frisch eingekleidet in einer dunkelblauen Jeans und einer weißen Bluse, trete ich in die Küche, setze mich an die Theke und nehme dankend den Teller, den sie mir entgegenstreckt, an.

„Also, was steht heute auf dem Plan?“, fragt Sophie.

Ich starre auf mein Handydisplay und die unzähligen Termine werden sichtbar. All die Erinnerungen, die ich mir eingespeichert habe.

„Wir müssen wohl oder übel demnächst zurückfliegen“, antworte ich.

Sophie macht einen Schmollmund. „Grässlich. Schon wieder erste Klasse.“

Ich lache und esse.

„Was hast du wegen Nick vor?“

Sie fängt sich einen fragenden Blick ein.

„Na, wegen eurer Beziehung!“

„Das hat mich die letzten Wochen nicht interessiert und jetzt tut es das auch nicht.“

„Sicher?“

„Ja!“

Sophie schmunzelt. „Wieso warst du dann gestern so schlecht gelaunt, als er weg ist?“

„Weil das für mich ein großer Tag war. Ich hätte mir gewünscht, dass er für ein paar Minuten bleibt und mit uns anstoßt“, erkläre ich. „Auf die ganzen Firmenveranstaltungen kann er kommen. Ich wette mit dir, dass er nachher auch wieder da ist und sich vollsäuft.“

Sophie versteht. „Ich weiß, dass das jetzt sehr weit hergeholt ist, aber meinst du, dass Nick vielleicht ein Problem damit hat, dass du deutlich mehr Vermögen besitzt?“

Mit offenem Mund starre ich meine beste Freundin an. Was will sie damit sagen? Dass Nick es nicht leiden kann, dass ich reich bin und er nicht?

„Vielleicht lebt er ja noch in den alten Rollen und denkt, dass der Mann das meiste Geld verdienen soll“, behauptet sie.

„Nein … das glaube ich nicht“, murmle ich.

Zeitverschiebung. Ich hasse sie. Fast genauso sehr wie das Fliegen. Erst ist es morgen und plötzlich schon Mittag. Seufzend verlasse ich den Flieger, starre auf das große Flugfeld und ziehe meine Sonnenbrille nach oben. Mein Herz macht einen kleinen Freudensprung, als ich meinen Bruder entdecke.

„Mark.“

Er sieht auf und schenkt mir ein breites Lächeln. „Ladys. Ihr seid pünktlich.“

Sophie und ich treten neben ihn.

„Wenn das so weitergeht, wird deine Schwester das nächste Flugzeug, welches sie sieht, vernichten“, behauptet Sophie.

Mark schaut zu mir. „Ist es dir zu anstrengend?“, fragt er.

Verneinend schüttle ich den Kopf. „Das wird schon … Ich bin einfach nur froh, wenn ich endlich einen festen Wohnsitz habe“, sage ich und wir steigen ins Auto. Die Fahrt ist wie immer. Sophie und Mark unterhalten sich, während ich fast einschlafe. Wenigstens war der Start in den Tag gut. Hoffentlich wird der Rest genauso.

Ich lasse meinen Kopf in den Nacken fallen, schließe kurz die Augen und atme durch. Die warme Hand meiner besten Freundin auf meinem Unterarm holt mich zurück in die Realität.

„Du siehst fantastisch aus“, sagt Sophie.

Lächelnd öffne ich die Augen. „Und du siehst heiß aus.“

Sie beginnt zu grinsen, wirft ihr Haar über die Schulter und legt den Schlitz an der Seite frei. „Das will ich doch hoffen.“

Lachend lege ich meine Hand auf ihre. Der Wagen kommt zum Stehen und wir beiden wissen, was auf uns zukommt. Es sind Veranstaltungen über Veranstaltungen, zu denen wir gehen. Für das Image der Firma. Meinen Eltern ist es wichtig und ihnen zuliebe mache ich das hier immer wieder. Außerdem hat Sophie Spaß dabei. Zusammen steigen wir aus, gehen die Steintreppe nach oben und betreten das Gebäude. Die Musik ertönt, Gäste erscheinen und der Champagner wird uns entgegengestreckt. Ich lehne dankend ab, meine beste Freundin nimmt ihn an. Mein Blick fährt durch den Raum, bleibt bei ihm stehen.

„Habe ich doch gesagt“, flüstere ich Sophie zu. Sie zieht die Augenbrauen hoch. Nick ist hier.

„Ich gehe mal rüber“, nuschle ich und laufe durch die Menschenmasse. Lächeln, Hände schütteln, nett sein. Als ich bei meinem Freund ankomme, entdeckt er mich schnell. Ein nervöses Lächeln legt sich auf seine Lippen. Überraschenderweise gibt er mir zur Begrüßung einen Kuss. Wahrscheinlich für das Image.

„Du siehst wundervoll aus“, flüstert Nick in mein Ohr.

Ich lächle. „Erzähl mir etwas, das ich noch nicht weiß.“

Sein Grinsen wird breiter. Ich gebe ihm unsere Zimmerkarte für nachher, falls er mir Gesellschaft leisten will. „Wir sehen uns“, sage ich und beginne meinen altbekannten Ablauf durchzugehen.

Ich betrete den großen Saal, der überfüllt ist und laufe langsam durch die Masse. Als ich gegen einen Mann stoße, entschuldige ich mich schnell, hoffe, dass er mich nicht anmeckern wird, was er zum Glück auch nicht macht. Im Gegenteil, er lächelt mich freundlich an. Neben ihm steht eine Mitarbeiterin von mir. Erleichterung macht sich in mir breit. Ein vertrautes Gesicht. Sophie ist irgendwo verschollen.

„Gut siehst du aus, Chefin“ ruft meine Mitarbeiterin.

Lächelnd bedanke ich mich bei ihr und mustere flüchtig ihre Begleitung.

„Chefin? Sind Sie Frau Rose?“, fragt der Mann.

Ich nicke.

„Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen. Ich bin Harry.“

Wir schütteln einander die Hand. Meine Mitarbeiterin bittet ihn, ihr noch ein Glas Champagner zu besorgen. Kaum verschwindet er aus unserem Blickfeld, tritt sie neben mich.

„Er ist ein Martin.“

Das Blut in meinen Adern gefriert. Die Familie der Martins ist seit Beginn unserer Firma der größte Konkurrent. Zwischenmenschlich herrscht ebenfalls Krieg. Das bedeutet, ich meide sie so gut es geht.

„Was macht er hier?“, frage ich.

„Er scheint an unserem neuen Arbeitsmodell interessiert zu sein.“

Skeptisch runzle ich die Stirn. „Schau, was du aus ihm rausbekommst. Ich muss noch mit anderen Geschäftspartner*innen sprechen“, erkläre ich.

„Klar, kein Problem.“

Dankbar lächle ich sie an und gehe weiter.

Stunden später

Gähnend sitze ich an der Bar, nippe an meinem Glas und versuche mich etwas zu entspannen. Sophie amüsiert sich prächtig. Ich betrinke mich. Obwohl selbst das nicht funktioniert.

„Jasmin, willst du noch einen Drink haben oder darauf warten, dass sich das Glas von allein füllt?“, fragt mich der Barkeeper. Ich richte meinen Blick auf, sehe in seine braunen Augen und lächle leicht.

„Wenn du es mir schon so nett anbietest.“

Er erwidert mein Lächeln, nimmt das Glas vor mir. Mein Blick gleitet erneut durch die Masse. Ich entdecke Nick, der in meine Richtung kommt. Seine blauen Augen treffen meine. Ich zwinge mich zum Lächeln.

„Ich dachte mir, dass ich dich hier treffe“, sagt er.

Der Barkeeper gibt mir mein neues Glas und sieht zwischen uns her.

„Wie laufen die Gespräche?“, fragt mein Freund.

Flüchtig sehe ich ihn an. „Ganz gut und deine?“

Ich lüge. Es interessiert ihn ohnehin nicht.

Nick zuckt mit den Schultern. „Ich treffe mich gleich mit einem großen Fisch. Beatrice.“

Meine Laune rutscht in den Keller, denn ich weiß, dass er mit ihr schlafen wird. Es ist nicht der Fakt, dass er Sex haben wird, sondern der, dass er Spaß hat, während ich linksliegen bleibe.

„Ah, okay.“

Er legt seine Hand auf meine Schulter. „Du warst mit der Entscheidung einverstanden, das bist du doch immer noch, oder?“

Das ist es wirklich nicht.

„Natürlich. Alles gut“, murmle ich und trinke einen Schluck.

Bevor Nick noch etwas sagen kann, tritt Beatrice neben ihn. Ich winke ab, er versteht und verschwindet mit ihr. Mein Blick trifft den des Barkeepers.

„Ist schon okay, ich bin damit einverstanden.“

Er nickt langsam.

„Ehrlich“, sage ich mit Nachdruck.

„Sie ist frustriert, dass sie arbeiten muss.“

Mir zischt ein Schauer über den Körper. Eine dunkle, raue, tiefgehende Frauenstimme. Wohlriechendes Parfüm steigt mir in die Nase. Ich sehe zur Seite und fange den Blick einer Fremden ein. Strahlende Augen, verziert mit dunklem Make-up. Ein langer Eyeliner Strich, roter Lippenstift. Sie ist eingekleidet in einem schwarzen Kleid.

„Woher nehmen Sie sich das Recht, über mich zu urteilen?“, frage ich.

Sie lächelt und schüttelt den Kopf. „Das habe ich nicht. Ich habe nur etwas vermutet und anscheinend liege ich richtig.“

Sprachlos sehe ich die Fremde an.

„Möchtest du etwas trinken?“, fragt der Barkeeper.

„Gerne und vielleicht möchte die Dame neben mir auch noch etwas trinken?“

Blickkontakt. Sie lächelt leicht, hebt die Augenbraue.

Ich schüttle den Kopf. „Nein danke.“

„Oh, ich sehe schon. Sie möchten lieber allein hier sitzen und so tun, als würde es Sie nicht interessieren, dass Ihr Freund gerade seinen Spaß hat, während Sie hier sind und Ihren Job unfassbar lieben.“

Normalerweise würde ich mich beleidigt fühlen oder finden, dass ihre Art unausstehlich ist, doch etwas in ihrem Blick zieht mich an. Ich muss schmunzeln. Ihr Tonfall ist sarkastisch. Das Lächeln nicht distanziert. Oder es liegt am Alkohol, der meine Sichtweise sabotiert.

„Kennt ihr euch?“, fragt der Barkeeper.

„Jetzt schon“, antwortet die Fremde. Sie nimmt ihren Drink in die Hand und sieht mir tief in die Augen.

„Der wievielte Versuch von Ihnen bin ich heute Abend?“, frage ich und streiche durch mein Haar.

Sie grinst. „Der Erste und ich hoffe ein Volltreffer.“

Ich muss auflachen und sehe zu Boden.

„Also, ich bin Elena und Sie sind?“

Wieder Blickkontakt.

„Amelia“, lüge ich.

Auf ihren Lippen entsteht ein neugieriges Lächeln. Die Anziehung zwischen ihr und mir ist greifbar. Ich erwidere das Lächeln und nehme einen Schluck von meinem Drink.

„Amelia“, wiederholt sie leise.

Verlegen sehe ich zu Boden.

„Was muss ich über dich wissen, außer dass du eine … interessante Beziehung mit deinem Freund führst?“

Ich lache auf. „Kommt darauf an, was du wissen möchtest?“

Erneut sehe ich sie an. Unerwartet kommt mir Elena näher. Ich ziehe stark die Luft ein. Ihr Duft wird intensiver, ihre Nähe versetzt mich in einen magischen Zustand.

„Vielleicht alles oder gar nichts“, flüstert sie.

Mein Herz fängt an zu rasen, als ich ihre Hand auf meinem Knie spüre. Wir wissen gar nichts voneinander und trotzdem bin ich in Versuchung.

„Darf ich?“, fragt sie leise.

Ich nicke. Ihre Hand fährt langsam über den Stoff meines Kleides, welchen meinen Oberschenkel bedeckt.

„Du denkst also, ich bin nur für eine Nacht zu haben?“, raune ich.

Elena hebt ihre linke Hand, streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihre Finger auf meiner Haut lassen sie brennen.

„Ich glaube, du bist für so viel mehr zu haben“, wispert sie.

Ich kann ihren heißen Atem auf meinen Lippen spüren. Mein Mund wird staubtrocken, ich schlucke schwer, fühle den Blitz, der durch meine Adern zischt. Ihre Augen funkeln dunkel, sie scheint in Versuchung zu geraten, fixiert mit ihrem Blick meine Lippen. Ich lasse mir die Chance nicht nehmen, beiße quälend langsam auf meine Unterlippe. Elena sieht mir augenblicklich in die Augen und lächelt.

„Du spielst also“, haucht sie in mein Ohr und legt ihre Lippen auf meine Wange.

Lächelnd sehe ich sie an. Es ist spät. Die Gäste sind angetrunken und ich will Spaß haben.

„Wie wäre es, wenn du mit mir tanzt, bevor du versuchst, mich ins Bett zu bekommen?“, frage ich keck.

Zwei

Ihr Grinsen wird breiter. Mit einer Handbewegung signalisiert sie mir, dass ich vorgehen soll. Ich erhebe mich und gehe in Richtung Tanzfläche. Der Fußboden vibriert, das gedämmte Licht lässt alles mysteriös wirken. Und während ich dort stehe, diese fremde Schönheit mir näherkommt, spüre ich, wie mein Blut zu kochen beginnt. Das schwarze Kleid, eng an der Haut, der Körper, der fast in Flammen steht. Elena kommt mir nah. Sehr nah. Ich spüre bei ihr etwas, das passt. Nicht das Typische, ich kann es nicht einschätzen oder beschreiben. Doch das kann ich. Das hier ist Anziehung. Pure Chemie. Ich sehe in ihre Augen und weiß, was sie mir sagen will. Vorsichtig lege ich meine Hand auf ihre Hüfte. Sie weiß, dass ich mir sicher bin. Es ist nicht der Alkohol, der für mich spricht. Mein Kopf ist frei. Lächelnd berührt sie mich und die Musik treibt uns davon, wir bewegen uns im Rhythmus. Ich schließe meine Augen. Ihre Hände liegen auf meiner Hüfte. Unsere Körper berühren sich. Heißer Atem. Warme Luft. Eine glühende Umgebung. Ich lasse los. Meine Hände finden Platz auf ihren, ich führe sie zwar, trotzdem hat sie die Kontrolle. Unsere Lippen sind einen Zentimeter voneinander entfernt. Sie spielt mit mir, gibt mir alles und dann wieder gar nichts. Eine schnelle Umdrehung, ihre Hand auf meinem Bauch, die andere am Arm, wie sie mit ihrer Fingerspitze darüber streicht. Über meine freie Haut, mein Schlüsselbein, eine Sekunde an meinem Hals, was mich zum Keuchen bringt. Das Herz tobt umher. Serotonin, Dopamin, Noradrenalin. Flammen auf meiner Haut. Die Stimme von Elena in meinem Ohr. Sie flüstert den Text des Liedes. Ich lehne meinen Hinterkopf gegen ihre Schulter und nehme jedes noch so kleine Gefühl in mich auf, solange, bis ich brenne.

Elena verausgabt sich mit mir, bis wir gemeinsam die Tanzfläche verlassen. Ihre Hand liegt in meiner. Sie führt mich durch die Flure und ich folge ihr. Vor dem Aufzug bleiben wir stehen, lassen einander los, doch die Verbindung zerbricht nicht. Wir fangen die Blicke einander ein, beginnen zu lächeln.

„Kaum zu glauben“, flüstert sie.

Ich hebe kokett eine Augenbraue. „Dass du eine wildfremde Frau mit auf dein Zimmer nehmen wirst?“

Ihr Blick wird dunkel und ich mag es. Lust. Verlangen. Feuer. Elena streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Dass du mich direkt ins Bett bekommst.“

Ich lache. Die Aufzugtür öffnet sich und plötzlich verfliegt mein Gefühl. Erschrocken sehe ich in die Augen von Nick.

„Da bist du ja. Ich wollte gerade nach dir sehen“, sagt er.

Der Blick von Elena entgeht mir nicht. Tatsächlich bringt sie mich fast erneut zum Lachen, denn ich kann sehen, wie sie sich ihres verkneifen muss.

„Das trifft sich super … wollte sowieso gerade hochfahren.“

Ich betrete den Aufzug und als ich mich zu ihr umdrehe, sieht sie mich mit einem vielsagenden Blick an. Wir tauschen keine Nummern, nur Blicke und wir sagen kein einziges Wort. Kein auf Wiedersehen. Nichts. Das braucht es auch gar nicht. Die Türen schließen sich und sie ist verschwunden. Schmunzelnd denke ich an das Gefühl und an ihre Hände auf meiner Haut.

Nick und ich betreten unser Zimmer. In Sekundenschnelle feuere ich meine Schuhe in die Ecke und schmeiße mich aufs Bett. Es dauert keine Minute, da liegt Nick über mir und möchte mich küssen. Der Geruch von Alkohol und Zigaretten lässt mich mit Ekel zurück. Mit einer Bewegung verschwinde ich von ihm. Seufzend setzt er sich auf die Bettkante.

„Ach komm schon, ich dachte, dass wir heute ein wenig Spaß haben.“

Ich verdrehe die Augen, will zur Minibar gehen und entdecke einen schwarzen BH. Das darf nicht wahr sein. Er hat mit ihr HIER geschlafen? In meinem Bett? Ungläubig nehme ich ihn in die Hand. Das Gesicht von Nick verändert sich schlagartig.

„Jasmin, hör mir zu … “, beginnt er, doch ich hebe warnend die Hand. Ich werfe ihm den BH entgegen und versuche durchzuatmen. Kaum zu glauben.

„Hör-“

„Nein.“

Wir sehen einander an.

„Ich habe wirklich kein Problem damit, dass du mit ihr schläfst. Aber … hier? In dem Bett, in dem ich schlafen wollte? Gehts noch?“, zische ich.

Nick steht auf, doch ich trete einen Schritt zurück.

„Das wird nicht noch mal vorkommen. Versprochen.“

Gerade kotzt er mich an. Ich kann es nicht anders beschreiben.

„Na klar … “, nuschle ich.

„Du könntest mir wenigstens danken.“

Empört reiße ich den Mund auf. Mein Freund zuckt mit den Schultern. „Das ist gutes Geld, welches ich besorgt habe. Du bist mir was schuldig.“

Okay, jetzt treibt er es zu weit.

„Ich schulde dir etwas? Dafür, dass du mit dieser Tusse in meinem Bett schläfst? Die Tusse, die mich abgrundtief hasst? Denkst du, ich weiß nicht, was sie erzählen wird?“

Jetzt ist er still. Gut so. Ich schnappe mir meine Tasche, die zweite Zimmerkarte und verschwinde.

Barfuß gehe ich den Flur entlang, wähle die Nummer von Sophie. Natürlich hebt sie nicht ab. Genervt seufze ich auf, will gerade die Nummer meines Bruders wählen, da höre ich, wie sich jemand räuspert. Als ich aufsehen, entsteht ein Lächeln auf meinen Lippen. Elena steht dort an der Wand angelehnt, den Blick zu mir gerichtet.

„So schnell sieht man sich wieder“, sagt sie und kommt einen Schritt näher.

Zwischen uns schwebt etwas.

„Nun, ich hatte gedacht, dass mein Abend anders verläuft“, gestehe ich.

Elena grinst. „Also … Amelia, Lust auf einen Drink?“

Zusammen sitzen wir auf dem Boden in ihrem Hotelzimmer, teilen uns eine Weinflasche und erzählen einander irgendwelche belanglosen Geschichten. Ich mag es. Sie lässt mich vergessen, dass ich vor ein paar Minuten meinen Freund wahrscheinlich verlassen habe. Sophie hat mir zurückgeschrieben und sich entschuldigt, dass sie nicht erreichbar war. Sie meinte, ich könne zu ihr aufs Zimmer kommen, doch gerade mag ich meine Gesellschaft.

„Also, deine wievielte Veranstaltung war das heute?“, fragt Elena.

Ich lache auf. „Heute die Erste. In den vergangenen Wochen … keine Ahnung.“

Sie legt den Kopf leicht schief und sieht mich durchdringend an.

„Du bist keine Partygängerin?“

Nachdenklich runzle ich die Stirn. „Kommt darauf an. Das hier, dieses ganze Businesszeug, mag ich eher weniger.“

Elena zieht die Augenbrauen nach oben. „Du bist also dazu verpflichtet, hier zu sein?“

Ich nehme ihr die Weinflasche ab, trinke einen Schluck und grinse. „Es wirkt so, als wäre es bei dir nicht anders“, werfe ich ein.

Sie nickt. „Da hast du mich durchschaut“, sagt Elena. Als ich ihr die Flasche wieder entgegenstrecke, berühren sich unsere Fingerspitzen. Es ist wie ein kleiner Stromschlag, der mich wach macht.

„Willst du noch was trinken?“, fragt sie plötzlich und steht auf.

Etwas verwirrt erhebe ich mich ebenfalls, sehe sie an, während sie zur Minibar geht. Ihr Angebot lehne ich jedoch ab. Elena sieht erneut zu mir. Sie schaut mich auf eine Art und Weise an, die mir unter die Haut geht.

„Ich werde ab jetzt wohl nie wieder die Gleiche sein“, flüstert sie, steht dort im Schein der Abendlicher und beobachtet mich. Langsam gehe ich auf sie zu.

„Du hast mich berührt. Dir war klar, dass du heute nicht allein sein wirst“, flüstere ich zurück und stehe direkt vor ihr, so nah, dass ich ihr Parfüm einatmen kann. Sie schluckt schwer. Im nächsten Moment packt sie mich, drückt meinen heißen Körper gegen die kalte Glaswand. Mir entfleucht ein Keuchen. Gierig, wollend, fordernd, sehe ich in die Augen von Elena. Ihre Hände liegen auf meinen Wangen.

„Worauf wartest du?“, flüstere ich.

Sie leckt sich die Lippen, fährt mit ihrem Zeigefinger von meiner Wange zum Hals, stoppt an meinem Schlüsselbein. Meine Haut brennt. Ich stehe wieder in Flammen. Ihr Gesicht kommt meinem näher. Mein Herz beginnt zu rasen und bevor sie mich küssen kann, klingelt mein Handy. Das kann doch nicht wahr sein. Entschuldigend sehe ich Elena an. Sie versteht, lässt ihre Hände nach unten gleiten und ich nehme den Anruf entgegen.

„Was gibts?“

„Du solltest in die Lobby kommen, dein Freund bereitet Probleme“, erklärt Sophie.

Ich seufze laut auf. „Gib mir fünf Minuten … und hol Mark.“

Sophie beendet das Telefonat. Als ich mich zu Elena drehe, scheint sie schon zu wissen, dass das unser Abschied ist. Aber irgendwie macht sie es nicht … komisch. Sondern leicht. Sie lächelt, streckt mir einen Zettel entgegen.

„Hier, meine Nummer. Ich bin noch zwei Tage hier, falls du noch mal mit jemandem etwas trinken willst.“

Belustigt ziehe ich die Augenbraue nach oben, nehme den Zettel, so, dass ich absichtlich ihre Finger streiche.

„Ohne Hintergedanken?“, stichle ich.

Elena lacht. Wir gehen zur Tür und ich bedauere. Das hier ist nicht das erste Mal, dass eine Gelegenheit vergeht, weil etwas dazwischenkommt.

„Schlaf gut, Elena“, sage ich und hauche einen federleichten Kuss auf ihre Wange.

Sie schenkt mir ein atemberaubendes Lächeln, welches mein Zeichen zum Gehen ist. Ich verlasse ihr Zimmer, drehe mich nicht noch einmal um und gehe hinunter in die Lobby. Was ich dort sehe, ist nichts Neues. Nick sitzt stockbesoffen in einem Sessel, während die Frau an der Rezeption mit meinem Bruder diskutiert. Ich bin es leid.

„Also, was ist los?“

Ich trete neben Mark, der direkt zu Nick zeigt.

„Sorg dafür, dass er von hier verschwindet.“

Mark sieht mich überrascht an.

„Ich soll ihn raus schmeißen lassen?“, fragt er.

„Mehr als das. Ich will ihn die nächsten zwei Tage nicht sehen, verstanden?“

Mein Bruder nickt und geht rüber zu Nick. Keine Sekunde später nimmt Sophie meine Hand in ihre.

„Komm, wir sollten uns etwas Schlaf besorgen.“

Erschöpft, frisch geduscht und neu eingekleidet, werfe ich mich ins Bett. Der Blick meiner besten Freundin entgeht mir natürlich nicht.

„Also, wo warst du vorhin?“

Ich sehe zu ihr. „Nicht so wichtig.“

Sie runzelt die Stirn. „Sicher?“

Ich lächle beruhigend. „Sicher.“

Hellwach liege ich im Bett, denke nach, über sie, ihre Lippen, der Moment, wo ich sie auf meiner Haut gespürt habe, ganz leicht, sanft. Augenblicklich fängt mein Körper an zu brennen. Diese Frau hat mir den Verstand geraubt. Nur mit ihrer Anziehung, ihrem Auftreten. Schmunzelnd starre ich auf mein Handydisplay. Ihre Nummer. Schlussendlich sende ich eine kleine Nachricht. Überraschenderweise dauert es nicht lange, bis ich eine Antwort bekomme.

Elena:

Gut zu wissen, dass nicht nur ich noch wach bin. Ich glaube, heute habe ich meine Lieblingsbar gefunden

Ihre Nachricht bringt mich zum Lächeln. Stückweise kommt mir unsere Unterhaltung immer wieder in den Sinn. Es war schön, jemandem von meinen alltäglichen Hobbys erzählen zu können. So belanglose Dinge, über die wir meist nie sprechen.

Amelia:

Geht mir genauso

Mein Traum ist einer dieser, die dafür sorgen, dass wir mit rasendem Herz wach werden und uns wünschen, niemals aufgewacht zu sein. Eine heiße Fantasie. Ich richte mich auf und bin verschwitzt. Ich habe jede Berührung auf meiner Haut gespürt. Den Druck des Körpers der anderen Person auf meinem. Die Härte der Worte, die geforderte Disziplin, das Brennen, das Anziehen und gleichzeitig Abstoßen. Meine Gedanken schweifen zurück. An einen Ort, den ich schon immer verdrängt habe. Ich spüre das magische Ziehen, welches durch meinen Unterleib zischt. Augenblicklich stehe ich auf und dusche so kalt wie möglich.

Ich lasse mich neben Sophie auf dem Sofa nieder und sehe mir das Frühstück an. Wie immer hat sie übertrieben. Es stört mich nicht, denn ich weiß, dass sie es nur gut meint. Sophie und ich haben uns vor Jahren kennengelernt, als wir zusammen studiert haben. Beinahe ironisch, wenn ich an unsere Richtungen damals denke und jetzt sehe, was wir beruflich machen. Oder besser gesagt ich. Mein eigentlicher Traum war es, ein eigenes Kunstmuseum zu errichten. Aber daraus ist bis jetzt nichts geworden. Ich habe noch nicht den Mut aufgebracht, mit meinen Eltern über die nächsten Jahre zu sprechen. Eine Familientradition abgeben zu wollen oder mit der besagten Firma eine neue Richtung einzuschlagen, ist nicht gerade einfach zu erklären.

„Also, was hat Nick gestern noch angestellt?“, fragt Sophie und beißt in ihr Brötchen. Ich erzähle ihr von Beatrice, vom BH und meiner „Trennung“. Sie nickt, trinkt einen Schluck Orangensaft, bevor sie mich ansieht und die Beine überschlagt.

„Was denkst du, temporär oder langfristig?“

Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht“, gestehe ich und nehme mir das Müsli, welches vor mir steht.

„Du bist eine tolle Frau, das weißt du, oder?“

Überrascht hebe ich die Augenbrauen, sehe sie an. „Wo kommt das denn her?“

Sophie lächelt sanft. „Ich will einfach nicht, dass du es vergisst.“

In der hintersten Ecke des Restaurants entdecke ich meinen Bruder. Mit schnellen Schritten gehe ich zu seinem Tisch.

Ich sitze im Sessel, das Weinglas in der linken Hand, die Beine überschlagen und die rechte Hand fährt über das Leder.

„Und hast du eine gute Nacht gehabt?“, frage ich ihn. Eigentlich rhetorisch. Er sieht aus, als hätte er kein Auge zugemacht.

„Sehr witzig.“

Ich grinse.

„Hattest du gute Gespräche gestern?“, fragt er.

Gestern. Mir springt das Bild von Elena und mir ins Gedächtnis und ich muss mein Lächeln unterdrücken.

„War ganz gut, ja.“

Mark wirkt zufrieden. „Sehr schön … entschuldige mich eine Minute.“

Unerwartet steht er auf. Mein Blick folgt ihm und schnell wird mir klar, dass er zu einer Frau geht. Ich kenne sie. Mark und sie haben eine on off Geschichte. Wirklich durchgestiegen bin ich da noch nie. Ich löse meinen Blick von den beiden und lasse ihn im Restaurant herumschweifen. Plötzlich bleibt er an diesem blonden Haar und der kurvigen Figur hängen. Mein Herz macht einen kurzen Sprung, denn es ist Elena. In Begleitung. Neben ihr sitzt eine äußerst attraktive Frau, die sich nicht einmal anstrengt, ihr Interesse zu verheimlichen. Ich weiß nicht wieso, aber ein komisches Gefühl breitet sich in meinem Magen aus, als sie ihre Hand auf den Unterarm von Elena legt. Ich kann es ihr nicht verübeln. Elena sieht in ihrem schwarzen Anzug unfassbar gut aus. Mein Blick bleibt auf ihnen liegen. Anspannung breitet sich in mir aus. Die Hand, die gerade noch über das Leder gefahren ist, vergräbt sich nun darin. So wie immer beginne ich auf meiner Unterlippe zu kauen.

„Möchten Sie etwas zu Essen bestellen, Frau Rose?“

Überrascht sehe ich die Bedienung an und winke freundlich ab. Ich stelle das Weinglas zur Seite.

„Entschuldigen Sie mich kurz“, nuschle ich, stehe auf und gehe in Richtung Toilette. Ich lasse es mir nicht nehmen, drehe mich kurz um und tatsächlich sieht sie mich an. Perfekt. Schnell betrete ich die Toiletten, Mein Herz pocht heftig. Es dauert vielleicht eine Minute, da kommt sie durch die Tür getreten. Mit dunklen Augen sehe ich Elena an.

„Ich wusste nicht, dass du hier bist“, sagt sie.

Ich streiche mein Haar hinter die Schulter und mustere sie. Unfassbar attraktiv.

„Amelia.“

Mein Blick trifft ihren.

„Was hast du gesehen?“

Wieso fragst du? Ich zucke mit den Schultern, drehe mich weg, hole meinen Lippenstift aus der Tasche und beginne, die Konturen meiner Lippen nachzufahren. Erschrocken keuche ich auf, als ihre eiskalte Hand auf meine nackte Haut trifft und sie über meinen Rücken fährt. Gänsehaut.

„Was hast du gesehen?“, haucht sie gegen meinen Mund.

Ich sehe auf ihre Lippen, spüre, wie ich wieder glühe. „Ihr scheint euch gut zu verstehen“, sage ich leise.

Elena nickt, fährt mit ihrer Hand tiefer.

„Was noch?“

„Sie mag dich. Sehr sogar.“

Auf ihre Lippen legt sich ein Lächeln. „Ach ja?“

Ich nicke und schlucke schwer.

„Was ist mit dir?“

Kurz sehe ich in ihre Augen. „Was soll mit mir sein?“

Elena legt ihre freie Hand auf meine Wange.

„Magst du mich?“

Jetzt beginne ich zu lächeln. So leicht bekommt sie keine Antwort von mir. Provozierend lehne ich mich zu ihr, sodass sich unsere Nasenspitzen berühren.

„Ich kann dich nicht ausstehen“, raune ich und im nächsten Moment entferne ich mich von Elena.

Sie sieht fasziniert zu mir.

„Entschuldige mich, aber ich habe eine Verabredung“, behaupte ich.

„Sehe ich dich heute noch einmal?“, fragt Elena schnell.

Ich schaue über die Schulter zu ihr. „Wir können keine Versprechungen machen, nicht wahr?“

Sie strahlt und ich verlasse die Toilette. Das ist wohl das breiteste Grinsen, welches ich seit Langem auf den Lippen trage.

Zusammen mit Mark und Sophie sitze ich im Meetingraum. In einer Minute wissen wir, ob dieser Ausflug etwas bringt. Angespannt laufe ich auf und ab.

„Beruhig dich, das wird schon“, versichert mir mein Bruder.

„Versuch es erst gar nicht. Das bringt bei ihr nichts“, wirf meine beste Freundin ein.

Ich zeige zu ihr. „Sie hat recht.“

Mark nickt. Der Benachrichtigungston seines Laptops erfüllt den Raum. Mit großen Augen sehe ich ihn an.

„Und?“

Eine Last fällt von meinen Schultern, als sein triumphierendes Lächeln erscheint.

„Wir sind wieder die Nummer eins.“

Ich sehe mir die Tabelle an und würde am liebsten in Tränen ausbrechen. Die Arbeit lohnt sich. Die Gespräche, die Partys, der Alkohol. Alles. Erleichtert setze ich mich in einen der Bürostühle.

„Das bedeutet, wir können früher nach London?“, fragt meine beste Freundin.

Grinsend sehe ich zu Sophie. „Morgen früh sind wir in London, Baby.“

Sie springt auf und fällt mir um den Hals.

Mein Blick liegt auf der Landschaft, während ich meinem Vater zuhöre. Er redet und redet. Immer über das Geschäft. Er fragt nicht, wie es mir geht. Das ist alles zweitrangig. Für einen kurzen Moment überlege ich, am Zigarettenautomaten vor mir eine Packung zu ziehen, doch den Gedanken werfe ich schnell weg.

---ENDE DER LESEPROBE---