Mein kleines Geheimnis #1 - Nike Maria Vassil - E-Book

Mein kleines Geheimnis #1 E-Book

Nike Maria Vassil

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Beschreibung

Aus dem Leben einer Intersexuellen: Elisabeth wird von dem stets gleichen Albtraum geplagt, den sie nur schwer interpretieren kann. Wehmütig muss sie dabei an ihre letzte Affäre denken. Michael, der es bislang nie lange bei einer Frau aushielt - oder war es umgekehrt?- knallte in ihr Leben. Ein attraktiver Schauspieler, Mitte vierzig, ohne festes Engagement, dafür mit einem wohlgeformten Adonisglied. Bereits mit seiner Stimme zwang er sie auf die Knie. Doch das Leben spielt manchmal anders, und so ist es Kostas, der sie vor den Traualtar führt. Elisabeth hatte mit diesem Akt eher ihrer Mutter Eleni als sich selbst eine Gunst erwiesen. Auch wenn er ihr materielle Sicherheiten bieten konnte, eins war ihr klar, sie würde nicht für den Rest ihres Lebens mit ihm zusammen bleiben. Im Bett bleibt sie bei ihrem Ehemann meist unbefriedigt zurück. So kommt es, wie es kommen muss, sie gibt sich in schnell wechselnden Liebesaffären ihren Liebhabern in frivoler Weise hin.

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Seitenzahl: 53

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Nike Maria Vassil

Mein kleines Geheimnis

Episode 1

Impressum:

Cover: Karsten Sturm, Chichili Agency

© 110th / Chichili Agency 2015

EPUB ISBN 978-3-95865-610-9

MOBI ISBN 978-3-95865-611-6

 

Urheberrechtshinweis:

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors oder der beteiligten Agentur „Chichili Agency“ reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Kapitel 1.

Heute Morgen ist Elisabeth wieder früh aufgewacht. Sie ist immer eine gute Einschläferin gewesen und selten von den Monstern der Nacht gejagt worden. Schon beim Berühren des Kopfkissens fielen ihr die bleiernen Augen unbeschwert, fast leichtsinnig, zusammen. Doch in letzter Zeit ist es zur Gewohnheit geworden, dass ihre Lider morgens zwischen vier und fünf Uhr wieder aufklappen und sie hellwach im Bett liegt, ohne offensichtlichen Grund.

Weder der Wecker, noch ein kurz aufschnarchendes, brummendes Geräusch in ihre Ohrmuschel, noch ein ‚Guten Morgen Kuss‘, gegen den sie nichts einzuwenden hätte, sind an diesem Trieb Schuld. Ein unruhiger Strom reißt ihr plötzlich die Augen auf, und sie wird in wenigen Sekunden zu einem wachsamen Adler, der in null Komma nichts hoch konzentiert auf seine Jagdbeute hinunterfliegt, sie greift und zerfleischt. Jeder Versuch in den Schlaf zurückzukehren, ist vergeblich.

Zugegeben, heute ist es ihr Lieblingstraum. Ein Traum, der sogar einen Morgenmuffel schneller in den Tag katapultiert. Ein Todestraum mit glücklicher Wendung, der sie öfters aufsucht, und der ihren Adrenalinspiegel steigen lässt, während sie sich beim Träumen des glücklichen Endes gewiss ist. Es kommt ihr vor, als ob die naive Hälfte des Gehirns den Traum als die einzige Realität akzeptiert, während die nüchterne Hälfte die Täuschung erkennt und belächelt. Es ist immer der gleiche Traum.

Sie sitzt auf dem Beifahrersitz eines roten Opel Kadetts und fährt mit ihren drei besten Freundinnen, Marie, Cristina und Brigitte eine Serpentinstraße entlang, irgendwo im Süden. Es könnte Südfrankreich, Italien oder Griechenland sein. Ganz unerwartet geschieht es. Cristina, die am Steuer sitzt, greift reflexartig nach etwas Belanglosem, das auf den Boden fällt, und während sich ihr Blick darauf fixiert und ihr Fuß noch auf dem Gaspedal klebt, verselbstständigt sich das Steuer für maximal eine oder zwei Sekunden, nicht länger. Auf der nächsten Linkskurve gerät das Auto außer Kontrolle. Es hat dem festen Boden 'Adieu' gesagt und befindet sich nun in freier Atmosphäre. Dabei wird jede Lenkratsdrehung, die sich von den Reifen abgekoppelt hat, beliebig. Paradoxerweise erscheinen nun die Reifen wie vom Abschleppdienst festgeklemmt. Die weiteren Sekunden verlaufen im Zeitlupentempo.

Alle vier Frauen stoßen einen kurzenTodeschreiaus, bevor der Anblick nach unten sie in einen Trancezustand versetzt und ihre Panik erstickt. Vermutlich erkennen sie ihren neuen Gastgeber Hades, wie er ihnen seine Tore öffnet, sie schadenfroh angrinst, aber dem sie keine Genugtuung einräumen möchten. Nur hundert Meter unter ihnen, den steilen Abhang hinunter, nähmen sie von dieser Welt Abschied, um in den Tunnel der unbekannten Reise, ins Universum, geschleudert zu werden.

Dort breitet sich das dunkelblaue tiefe Meer wie ein kobaltblauer Teppich aus.

Sie fallen, und diese Sequenzen einzelner Lebensabschnitte, ,von denen viele Überlebenden in todesähnlichen Momenten berichten, wollen einfach nicht erscheinen. Stattdessen beginnt Elisabeth das hintere Fenster herunterzukurbeln. Der Blitz eines klitzekleinen Hoffnungsschimmers?

Oft liegt sie mit ihrer medialen Vorahnung richtig. In diesen Sekunden spürt sie, wie unbeschwert und konzentriert ihre Reaktionen erfolgen. Zum Denken fehlt die Zeit und diese Zeitlosigkeit verwandelt panische Angst in geschmeidige, zielstrebige und fließende Bewegungen.

Das Auto taucht ins Meer ein und Elisabeth kurbelt unbeirrt das Fenster herunter. Nur noch ein paar Zentimeter bis der Spalt breit genug ist, damit sich die Körper hindurchwinden können. Der Aufprall ins Wasser hat wie ein Wunder alle unverletzt gelassen. Kaum ist das Innere des Wagens mit Wasser gefüllt, gelingt Elisabeth die Flucht aus dem eisenblechartigenGefängnis und alle übrigen drei Frauen folgen mit gefasster Disziplin, bis sie gierig nach Luft schnappend an die Wasseroberfläche geschwemmt werden.

Das Tief- undTürkisblaue wechseln sichab, ein bis zum Grund kristallklares Wasser möchte in sie eindringen, wie die Heilkraft einer Quelle und die Frische des Morgentaus. Nicht mehr weit entfernt strahlt sie eine feinsandige Bucht an, während alle vier heil und erschöpft daraufzuschwimmen.

Elisabeth schaut auf die Uhr. Es ist 4.50 Uhr. Ein unbeschwerter, leichtsinniger Moment im Auto mündet in einen gleitenden Sturz, dessen Wende überraschender nicht hätte sein können. Soll sie es als eine Vorahnung oder nur als Metapher für ihren unstillbaren Durst nach Leben und Improvisationsmut auffassen?

Sie atmet auf. Saubere Gewässer, gutes Omen. Das hat sie von ihrer Mutter und diese wieder von ihrer, deren Mutter es von ihren Ahnen genauso in die Wiege gelegt bekommen hatte. Dafür braucht sie kein Traumlexikon aufzuschlagen, das neben ihrem Bett griffbereit liegt.

Sie hat nur fünf Stunden geschlafen. Erstaunlicherweise fühlt sie sich fit, ausgeruht und ausgeschlafen. Der Regelfall ist es nicht, nur eine phasische Gewohnheit. In anderen, heiteren Zeiten, wenn die Monster ihre Gedanken nicht belangen, sie nicht mit existenziellen Horrorvisionen irritieren, gönnt ihr die Schlaf-Fee auch eine acht- oder zehnstündige Ruhepause. So gesehen verlängern die Frühaufstehmonster ihren Tag, vor dessen Leere es ihr allerdings nicht selten graust.

In Schweiß gebadet und mit einem erleichterten Seufzer steht sie auf, noch bevor die Stimme ihrer Mutter sie, mit Sätzen wie 'Du Unglücksrabin, nichts haftet an dir' oder ähnlichen Schmeicheleien, einholt und fährt mit ihren morgendlichen Jogaübungen fort, die etwa dreißig Minuten dauern. Dann bereitet sie ihren Tee vor.

Während sie sich fürs Joggen anzieht, schlürft sie aus der heißen Tasse, und verbrennt sich die Zunge dabei. Sie muss nicht in Eile sein, aber es passiert einfach. Ungezügelte Gier. Andere schlitzen sich die Haut auf. Auch nicht immer bewusst und gewollt. Es passiert einfach. Die Zunge regeneriert sich dennoch schnell und die Geschmacksnerven geben den Mut nicht auf. Erfreulicherweise bleiben dabei keine augenscheinliche Narben zurück.

Sie weiß, sie braucht einen disziplinierten Tagesablauf, denn sonst würde sie an manch einem Tag nicht wissen, warum sie aufstehen soll. Wie den verflixten Tag in Zeiten absoluter Dürre herumkriegen, wenn sich keiner rührt, weder Regisseure, Tonstudios, Besetzungsbüros noch ihre letzte Hoffnung, ihre Agentin?

Entweder sie melden sich alle auf einmal, oder dieses Telefon schweigt wie verhext in der Ecke. Traut sich ein Dramaturg oder Regisseur ihr ein Projekt anzubieten, folgen wie bei einer Gedankenübertragung auch andere Schäfchen nach. Ob es für dieses Phänomen eine mathematische Formel gibt?