Meine Wolle Kriwanek-Story - Wilfried Kriese - E-Book

Meine Wolle Kriwanek-Story E-Book

Wilfried Kriese

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Beschreibung

Wird ein Schwabe zwischen dreißig und vierzig gefragt: Kennst du Wolle Kriwanek? dann kommt meist die Antwort: Na klar! Doch will man von diesem Schwaben mehr über Wolle Kriwanek wissen, erhält man nur verwässerte Antworten. Klar ist lediglich, dass Wolles Hit - und Ohrwurmliste lang ist. Für viele Schwaben sind seine Songs schon neue Volkslieder. Der Autor, möchte mit diesem Buch den Schwäbischen Liedermacher, den Musiker der Rock, Blues und Jazz seit dreißig Jahren vereint, genauer durchleuchten.

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Seitenzahl: 92

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Zum Gedenken an Wolle Kriwanek

der am Ostersonntag 2003

überraschend verstarb.

Für mich warst du Zeit deines Lebens einer der wenigen lebenden Vorbilder.

Wilfried Kriese

Inhalt

VORWORT

EINLEITUNG

DIE ELTERN

KINDHEIT

JUGEND UND SCHULZEIT

STUDIENZEIT

DIE ERSTE RICHTIGE BAND „MULI AND HIS MISSFITS“

SCHWÄBISCHE GEHVERSUCHE

PAUL VINCENT- MEHR ALS EIN WEGGEFÄHRTE

WOLLE KRIWANEK UND VINCENTS FLIEGERNER ROCK & ROLL ZIRKUS

WOLLE ALS FILMSTAR

DIE KARRIERE LÄUFT AN

FAMILIE

DER DURCHBURCH

DIE KARRIERE HÄLT SICH MIT EINIGEN TIEFS

COMEBACK ALS LEHRER

COMEBACK AUS DER FUNKSTILLE

DER SOZIAL- UND GESELLSCHAFTLICH ENGAGIERTE

STIMMBAND

ÄLTERES UND NEUERES

QUELLEN

DISCOGRAFIE

BILDERNACHWEIS

VORWORT

Was für ein eigenartiges Telefongespräch?

Da fragt doch tatsächlich einer an und will meine Biographie schreiben.

Wen interessiert das?

Ich versuche den mir unbekannten Gesprächspartner abzuklopfen.

Will mich da jemand auf den Arm nehmen?

Der formuliert auch so eigenartig!

Nach und nach kommen die Antworten, aber meiner anfänglichen Skepsis werden nur weitere Zweifel hinzugefügt: Mein Gesprächspartner ist ein inzwischen erwachsener ehemaliger Schüler einer Schule für Lernbehinderte (heute: Förderschule), war dazu noch sprachbehindert und ist obendrein noch Legastheniker!

Die Legastheniker, die ich aus meiner eigenen Schulpraxis zur Genüge kenne, scheuen jedes zu schreibende Wort wie der Teufel das Weihwasser, aus Angst vor Rechtschreibfehlern. Sie haben große Schwierigkeiten richtig und flüssig zu lesen, und wenn sie ein Wort oder einen Satz dann mühsam buchstabiert haben, bedeutet das noch lange nicht, daß sie das Gelesene auch verstanden haben.

Und so jemand schreibt Bücher und gründet dazu noch seinen eigenen Verlag?

Und so jemand will meine Biographie zu Papier bringen!?

Entspricht seine Vorstellung einer Biographie auch meiner?

Kann ich mich in der Öffentlichkeit von einem lernbehinderten Legastheniker schriftlich repräsentieren lassen?

Nur langsam gewinnt der Lehrer und Pädagoge Oberhand über den Zweifler in mir.

Das könnte ja auch eine interessante gemeinsame Aufgabe ergeben. Wie schreibt ein lern - und sprachbehinderter Legastheniker? Schreibt er überhaupt oder diktiert er nur?

Wie sieht mich heute ein “ehemaliger Schüler”?

Ich war nun bereit, die Zusammenarbeit unter pädagogisch - therapeutischen Gesichtspunkten und mit viel Neugier anzugehen, quasi als “Nachbetreuung” eines ehemaligen Schülers.

Wilfried Kriese kommt zum ersten Treffen mit einer fertigen Gliederung. Unsere Gespräche schneidet er auf Tonband mit als Gedächtnisstütze - für die spätere Niederschrift. Benütze ich ein Fremdwort, dann läßt er mich sofort einen deutschen Begriff dafür suchen. Namen und spezielle Ausdrücke muß ich buchstabieren. Immer wieder kommt von Wilfried Kriese die Nachfrage: “”t”? Ein hartes oder ein weiches?” Ebenso bei “k” und “p”.

Bei den folgenden Treffen liest er mir seine Interpretationen unsere Gespräche vor. Selbst lesen läßt mich Wilfried Kriese nicht. Verbessern darf ich nur falsch wiedergegebene Fakten. An seinen Schreibstil muß ich mich erst langsam gewöhnen. Einfluß nehmen darf ich jedoch in keinem Fall.

“So bin ich, so denke ich, so spreche ich, so schreibe ich,” lautet Wilfried Krieses unumstößliches Kredo.

Mit welchem Fleiß, Wille und Selbstbewußtsein Wilfried Kriese unsere Zusammenarbeit angepackt und durchgezogen hat, nötigten mir allerhöchsten Respekt ab. Ein professioneller Korrektor, aber kein Lektor, hat das Manuskript einmal grob überarbeitet. Das Layout hat Wilfried Kriese selbst in die Hand genommen.

Es ist sicherlich kein “professionelles” Buch im üblichen Sinne geworden, aber dafür ist es ein Buch von Wilfried Kriese.

Für mich war diese “sonderpädagogische Begegnung” in der Tat eine ganz “besondere” Begegnung.

Wolle Kriwanek

EINLEITUNG

Wird ein Schwab der zwischen dreissig und vierzig Jahre alt ist, gefragt: „Kennst du Wolle Kriwanek?“ Dann lautet meist die Anwort: „Ja, den kenne ich.“

Doch wird der Schwabe dann über Näheres von Wolle Kriwanek gefragt, erhält man meist nur verwässerte Antworten wie zum Beispiel: „Kriwanek sei Sonderschullehrer“. Aber was für eine Art von Sonderschullehrer er ist, steht dann oft vielleicht irgend wo im Bodensee geschrieben. Weiter heißt es dann meistens: „er sei verheiratet bis hin zu geschieden.“ Aber wie heißt seine Frau? Beziehungsweise ist er wirklich geschieden? Das weiß der Schwabe nur selten genau. „Ach ja, Hits hatte er, das mit dem „Ufo, Raggae di uf?, Bad’ wanna Blues, Mike mit dem Mountain-Bike,“ (die Hit- und Ohrwurmliste ist lang) das kommt dem Schwabe gleich in den Sinn, und fängt wenn‘s schlimm kommt zu singen an: „Wie lautet gerade noch mal die Melodie ‚Reggae, die uff no sag mirs...‘ oder?“ Und schon steht ein zweiter Schwabe dabei und beginnt womöglich zu summen... Denn schließlich könnte man so manchen Hit als vertrautes Volkslied bezeichnen, das man eben irgendwie kennt. Dann wird weiter gerätselt: „Erhielt“ der Wolle nicht mal eine Goldene Schallplatte und war oder ist er nicht immer noch vom Schuldienst beurlaubt? Klar, er ist der Erfinder des Schwäbischen Blues, er ist der Schwäbische Rocker, der Schwäbische Liedermacher, Schwäbische Mundartsänger. Sagt mal, was ist der Wolle eigentlich?“ fragt dann der Schwabe und der Nichtschwabe, sofern gerade einer da sein sollte. Er hat zwar vielleicht auch schon einiges von diesem schwäbischen Sänger gehört, aber gerade deshalb weiß auch er nur irgendetwas.

Klar ist, dass viele jüngere und ältere Menschen Wolle Kriwanek im deutschsprachigem Raum kennen, aber eben nur irgendwie.

Der Autor möchte mit diesem Buch den schwäbischen Liedermacher, den Musiker, der Rock, Blues und Jazz in seinem einmaligen Musikstil vereint, genauer durchleuchten. Um dies anschaulicher zu gestalten, Biografie, Bilder, Plakate, Eintrittskarten, Liedertexte aus längst vergangenen Tagen sowie aus jüngster Zeit verwendet.

Doch wie kam ich auf die Idee, ausgerechnet über den Schwäbischen Mythos- Star eine Biografie zu schreiben?

Nun, ich sah, so glaube ich zumindest, Wolle Kriwanek das erste Mal etwa 1977-78. Richtig bewußt erlebte ich ihn aber 1981, bei einer Tournee, bei der er mit den „Schulz Bros.“, neben „Message“ und „Country Joe McDonald“ auftrat.

Von da an war ich während meiner jungen Jahre ein absoluter Kriwanek- Fan. Kein Konzert ließ ich aus und keine LP durch die Finger.

Heute denke ich gerne an die Zeit zurück, in der Kriwanek in aller, und nicht nur schwäbischen, Munde war. Mit dieser Zeit sind auch viele andere Erinnerungen verbunden...

Da ich als Schriftsteller schon vom Kinderbuch bis hin zum Sachbuch alles geschrieben habe, dachte ich irgendwann im Jahre 1995: „Schreib doch mal eine Biografie“. Da lag es natürlich nah über die Persönlichkeit zu schreiben, zu der ich am ehesten einen Bezug finden konnte.

Bis ich dann endlich die Zeit fand, mich mit Wolle in Verbindung zu setzen, war es schon Mitte 1998. Damals rief ich ihn an, stellte mich kurz vor und unterbreitete ihm meine Idee, er hörte mir aufmerksam zu und stimmte spontan zu. Bis allerdings unsere beiden Terminkalender zu vereinigen waren, verstrich nochmals ein geschlagenes Jahr, bis zum ersten gemeinsamen Treffen in seiner Wohnung in Backnang. Dort tauchten wir in seinem chaotischen Kellerraum unter und suchten nach alten Plakaten, Zeitungsberichten, Bildern und Sonstigem. Dabei fuchtelte Wolle doch allen Ernstes mit einem Staublappen umher, damit ja keiner von uns beim Herumwühlen und Tragen der Zeitgegenständen schmutzig wird, obwohl ich es im Keller nicht großartig staubig empfand. Na ja, im Punkt Sauberkeitswahn unterscheiden wir uns eben, und das, obwohl wir beide Schwaben sind.

Was meine Vergangenheit betrifft, habe ich mit ihm aber eines so richtig gemeinsam. Denn ich ging genauso wie er auf die Lernbehinderten Schule. Zwar nicht als Lehrer wie er, sondern als Schüler, aber das sind nun mal eben die feinen Unterschiede im Leben, die bei den Leuten zu den „irgend – wie – weiss – ich- oder kenne - ich“ Aussagen führen.

Zumindest ist jetzt geklärt, dass Wolle Kriwanek, oder genauer gesagt Wolfgang Kriwanek, ein Sonderschullehrer in einer Sonderschule war und wieder ist.

Nun möchte ich Sie, lieber Leser, weiter einladen, in „Meine Wolle Kriwanek- Story“ einzutauchen und wünsche Ihnen dabei gute Unterhaltung.

Wilfried Kriese

Morgasonn (aus der CD „Gute Unterhaltung“ 1995 Bell Records)

Die Nacht isch lang,

die Nacht isch hart,

am Kinn schtoht scho

der neue Bart.

Was i nie glaubt han,

heut isch’s passiert,

i han die Nacht

no net kapiert.

Doch es goht weiter, immer weiter,

denn draußa stoht am Horizont

die neue Morgasonn.

Mir hen no plant,

hen fantasiert,

hen viel no gar net

z’samma ausprobiert.

Mir zwei nach Kalifornia

Oder Schottland irgendwo,

doch jetzt hock i alloi

mit unsere Zukunft do.

Doch es goht weiter,...

Die Luft im Raum

riecht no nach dir,

i seh di no

direkt vor mir.

I han im Ohr

Dein letztes Wort,

doch mit jeder Stond

bisch du weiter fort.

Doch es geht weiter,...

DIE ELTERN

Wolle Kriwaneks Mutter wurde 1928 in eine Schwäbische Friseur-Familie hineingeboren und auf den Namen Marianne Betz getauft. Der Betrieb wurde von ihrem Großvater gegründet. Dort arbeitete sie mit.

Der Vater, Walter Kriwanek, wurde 1926 geboren in Morchenstern (Tschechei), und war Sudetendeutscher. Mit siebzehn Jahren wurde er zum Militärdienst eingezogen und später in Mehrstetten stationiert. In den letzten Kriegstagen lernte er dort Marianne Betz kennen und heiratete sie 1949 in Stammheim.

Am 29.12.1949 wurde ihr Sohn Wolfgang Kriwanek in Stammheim auf dem Sofa geboren.

1957 kam dann die Tochter Susanne zur Welt.

Walter Kriwanek war von Beruf Fotograf und arbeitete tagsüber in einem Fotogeschäft und baute sich nebenberuflich ein eigenes Geschäft auf.

Am Anfang war das Atelier im Wohnzimmer und die Dunkelkammer in der Veranda. Anfang der 50er Jahre war es dann so weit und er eröffnetet das eigen Geschäft. Von dieser Zeit an arbeitete nun auch seine Frau im eigenen Betrieb mit.

Wolle hatte von frühester Kindheit an einen sehr engen Bezug zu seiner Mutter. Es gab nichts, was er mit ihr hätte nicht besprechen können. So gehörte am Nachmittag das gemeinsame Kaffeetrinken zur Tagesordnung. Dabei besprach er immer alle Probleme, die ihn als jungen Buben beschäftigte.

Nach dem Mittagessen sang Wolfgang oft mit seiner Mutter beim Spülen und Abtrocknen zweistimmig, sie konnte fantastisch singen, was den Sohn natürlich inspirierte.

Der Vater war dagegen in seinem Geschäft voll eingespannt. Denn die Zeiten waren hart und das Geld zum Überleben schwer zu verdienen. Oft gab es bei Kriwaneks die ganze Woche über nur Kartoffeln zu essen, oder wenn die Mutter Maultaschen gekocht hatte, gab es dann danach oft mehrere Tage nur Maultaschen. Aber Gott sei Dank hat Wolle nie Hunger erfahren müssen. Der Vater war für seinen Jungen nur selten direkt ansprechbar. Erst später entwickelte sich zum Vater eine engere Beziehung. Das war zu der Zeit, als die Kunden zu ihm in den Laden kamen und fragten, ob das sein Sohn sei, der da im Radio zu hören war?

Sein Vater ging dann auch hin und wieder mit auf ein Konzert und sah, was dort abging, was ihn faszinierte, und natürlich freute er sich über den Erfolg seines Sohnes.

Doch die Mutter sah Wolle nie auf der Bühne, weil sie einfach auf keines seiner Konzerte gehen wollte, denn sie war der Meinung „daß das doch etwas für die jungen Leute ist und nicht für die Alten und zudem ist es viel zu laut...“

In den letzten zehn Jahren im Leben von Walter Kriwanek wurde das Verhältnis zu seinem Sohn immer enger, ja es wurde sogar freundschaftlich. Das lag sicherlich daran, daß er nicht mehr so im Betrieb eingespannt war und etwas später als Rentner viel mehr Zeit hatte, das Versäumte nachzuholen.