Midnight Liaisons - Zur Leidenschaft bestimmt - Jessica Clare - E-Book
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Midnight Liaisons - Zur Leidenschaft bestimmt E-Book

Jessica Clare

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Beschreibung

Savannah, Werpuma und im besten Alter, will ihrem Freund die eine entscheidende Frage stellen. Doch der hat ganz andere Pläne, wie sich herausstellt: Der romantische Kinoabend endet in einer Trennung. Und es kommt noch schlimmer: Beim Verlassen des Kinos wird Savannah von einem Werwolfsrudel entführt. Es könnte besser für sie laufen.

Connor, Werwolf und Mitglied der Anderson-Sippe, liebt Savannah seit er sie das erste Mal gesehen hat. Aber leider ist sie eine Nummer zu groß für ihn. Als attraktive Werpuma-Frau nimmt sie ihn überhaupt nicht wahr. Bis der Anführer seines Rudels sie entführen lässt - und nur Connor ihr helfen kann.

Beide spüren eine kaum erträgliche Anziehung. Aber ist es mehr als körperliches Verlangen? Haben sie eine Zukunft?

Die Geschichte von Savannah und Connor ist die fünfte Folge aus der Paranormal-Romance-Reihe Midnight Liaisons von Jessica Sims.

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Inhalt

CoverWeitere Titel der AutorinÜber dieses BuchÜber die AutorinTitelImpressumKapitel einsKapitel zweiKapitel dreiKapitel vierKapitel fünfKapitel sechsKapitel siebenKapitel achtKapitel neunKapitel zehnKapitel elfKapitel zwölfKapitel dreizehnKapitel vierzehnKapitel fünfzehnKapitel sechzehnKapitel siebzehnKapitel achtzehnKapitel neunzehnKapitel zwanzigKapitel einundzwanzigKapitel zweiundzwanzigKapitel dreiundzwanzigEpilog

Weitere Titel der Autorin

Midnight Liaisons – Zur Gefährtin erwählt

Midnight Liaisons – Zum Biss verführt

Midnight Liaisons – Zur Unsterblichkeit geboren

Midnight Liaisons – Zur Liebe verdammt

Über dieses Buch

Savannah, Werpuma und im besten Alter, will ihrem Freund die eine entscheidende Frage stellen. Doch der hat ganz andere Pläne, wie sich herausstellt: Der romantische Kinoabend endet in einer Trennung. Und es kommt noch schlimmer: Beim Verlassen des Kinos wird Savannah von einem Werwolfsrudel entführt. Es könnte besser für sie laufen.

Connor, Werwolf und Mitglied der Anderson-Sippe, liebt Savannah seit er sie das erste Mal gesehen hat. Aber leider ist sie eine Nummer zu groß für ihn. Als attraktive Werpuma-Frau nimmt sie ihn überhaupt nicht wahr. Bis der Anführer seines Rudels sie entführen lässt - und nur Connor ihr helfen kann.

Beide spüren eine kaum erträgliche Anziehung. Aber ist es mehr als körperliches Verlangen? Haben sie eine Zukunft?

Die Geschichte von Savannah und Connor ist die fünfte Folge aus der Paranormal-Romance-Reihe Midnight Liaisons von Jessica Sims.

Über die Autorin

Jessica Sims ist das Pseudonym der Bestsellerautorin Jessica Clare. Sie lebt mit ihrem Mann in Texas. Ihre freie Zeit verbringt sie mit Schreiben, Lesen, Schreiben, Videospielen und noch mehr Schreiben. Ihre Serie Perfect Passion erschien auf den Bestseller-Listen der New York Times und der USA Today.

Jessica Clare

schreibt als Jessica Sims

Midnight Liaisons

Zur Leidenschaft bestimmt

Aus dem amerikanischen Englisch vonMichaela Link

beHEARTBEAT

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2016 by Jessica Sims

Titel der amerikanischen Originalausgabe: [»Alpha Ever After«]

Published in agreement with the author, c/o BAROR INTERNATIONAL, INC., Armenk, New York, U.S.A.

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Julia Feldbaum

Covergestaltung: Birgit Gitschier, Augsburg unter Verwendung von Motiven © Nik Merkulov, © shutterstock: ITALO | Roxana Bashyrova | DREAMSTRUCK

E-Book-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-8139-9

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

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Kapitel eins

Savannah

Vor sechs Monaten

Ich schaue mit leerem Blick zur Leinwand, ohne die actionreiche Handlung zu verfolgen. Stattdessen sind da nur die beiläufigen Worte meines Freundes, die mir in den Ohren widerhallen. Ich finde, wir sollten uns auch mal mit anderen treffen. Das hatte er ganz nebenbei gerade in dem Moment bemerkt, als der Film anfing.

Jetzt ist der verdammte Streifen schon halb vorbei, und ich kann nicht mal sagen, worum es überhaupt geht. Ich muss die ganze Zeit nur daran denken, dass mein blöder Freund mir den Laufpass geben will, kurz bevor ich läufig werde.

Natürlich weiß er nicht, dass es bald so weit ist. Ich habe ihm nichts gesagt. Eigentlich habe ich ja vorgehabt, heute Abend ein ernsthaftes Gespräch darüber zu führen, die Sache zwischen uns auf die nächste Ebene zu heben. Darauf warte ich schon drei Monate lang. So nach dem Motto: Lass uns endlich das volle Programm durchziehen. Aber dieses Gespräch kann ich mir ja jetzt wohl erst einmal sparen.

Mit vor der Brust verschränkten Armen schmolle ich vor mich hin und starre weiter auf die Leinwand, wo gerade ein Auto über einen leeren Highway donnert. Das Kino ist voller johlender Menschen, aber mein Freund schweigt. Hat er die Bombe absichtlich direkt vor dem Filmanfang platzen lassen, damit ich nichts dazu sagen konnte?

Ein schreckliches Timing. Das heißt, für ihn vermutlich ein ideales, schließlich ist mein Freund Chris ein ziemlicher Drecksack. Aber wir waren zwei Monate zusammen. Er war eigentlich ein netter Kerl – süß, sexy, lustig –, es hat Spaß mit ihm gemacht. Er hat mir die Tür aufgehalten, wenn wir ausgegangen sind, und er hat mich nicht bedrängt, mit ihm zu schlafen.

Er ist als Gestaltwandler außerdem ein Tiger, was bedeutet, dass er gut zu meiner Werpuma-Seite passt. Wirklich, in der Theorie ist er perfekt für mich.

In der Theorie.

Ich schäume innerlich, während der Film weiterläuft. Ich kann es nicht glauben. Schon sehr bald werde ich läufig. Und das macht mich gereizt, sexbesessen und bedürftig. Ich habe eigentlich vorgehabt, mir meine Jungfräulichkeit bis zur Hochzeit zu bewahren, aber für weibliche Gestaltwandler ist es eine große Sache, läufig zu werden. Wir haben unseren Eisprung nicht monatlich wie menschliche Frauen, sondern werden vielleicht nur ein- oder zweimal – wenn man wirklich großes Glück hat, dreimal – im Leben läufig. Es ist nichts, was man vermeiden kann, und wir sind nur dann fruchtbar, wenn wir läufig sind. Also kommt zu dem »Ich muss Sex haben«-Problem auch noch das Familiengründungs-Ding hinzu.

Sicher, ich kann meinen Freund dazu bringen, ein Kondom zu benutzen. Aber bin ich wirklich bereit zu sagen: Ja, ich will im Moment auf gar keinen Fall Kinder? Oder vielleicht auch überhaupt nie? Was, wenn ich nie wieder läufig werde und meine Gelegenheit somit verpasst habe?

Nicht dass das vorher je Thema gewesen wäre. Ich habe es genossen, mit Chris zusammen zu sein. Aber jetzt … will er sich mit anderen Frauen treffen.

Und dabei war ich kurz davor, mit ihm in die Kiste zu springen. Denn wenn ich nicht mit Chris schlafe, mit wem denn dann? Die Läufigkeit wird mir keine Wahl lassen. Je länger ich es hinausschiebe, umso unwohler werde ich mich fühlen, und ich werde versuchen, jedes männliche Wesen in meinem Revier dazu zu bringen, über mich herzufallen. Mein Cousin Beau, der Anführer der Übernatürlichen Allianz, hat bereits einige linkische (aber gut gemeinte) Bemerkungen darüber gemacht, wie ich mich vorbereiten müsse.

Jede Menge weibliche Gestaltwandler verlassen übers Wochenende die Stadt. Es ist irgendwie so, wie wenn man bei Vollmond die Gestalt verändert. Man verbringt ein nettes Wochenende im Wald, abseits der Zivilisation, und bumst den Partner seiner Wahl, bis es beiden zum Hals raushängt … Und dann kommt man entweder schwanger oder nicht schwanger nach Hause. Wie auch immer, so läuft das jedenfalls.

Bei mir aber läuft das so nicht. Mein Freund will sich mit anderen treffen. Ich balle die Fäuste, und meine Krallen sind gefährlich nah daran, sichtbar hervorzutreten.

Chris sieht mich an. Er hält mir seinen Popcorneimer hin. »Willst du auch was?«

Ich stoße den Eimer zu ihm zurück und schlage heftiger dagegen als beabsichtigt. Der Eimer fliegt auf den Schoß seines Sitznachbarn, und ärgerliches Grummeln wird laut.

Durch die Reihe hinter uns läuft ein »Psst!«.

Scheiß drauf! Ich bin so stinkig. Es sind wahrscheinlich meine Hormone, die mich in ein zorniges Raubtier verwandeln, aber es ist mir egal. Ich lehne mich zu Chris hinüber. »Wir müssen reden.«

Er schielt auf die Leinwand. »Jetzt? Der Film fängt gerade an, richtig gut zu werden.«

Er kann bleiben, wenn er will. Er kann sich mit anderen treffen, wenn er will. Ich habe genug.

Ich springe auf, stapfe den Gang entlang und werfe mir meine Handtasche über die Schulter.

»He, he«, ruft Chris und folgt mir. »Was ist denn los?«

Der halbe Saal zischt aufgebracht, um uns zum Schweigen zu bringen. Ich bleibe nicht stehen – warum soll ich ihnen allen den Abend verderben? Ich stoppe erst, als ich aus dem Kinosaal draußen bin und die Tür hinter mir zugeschwungen ist. Im Vorraum steigt mir der Duft von Popcorn und Hotdogs in die Nase, und mein Magen knurrt. Ich bin in letzter Zeit andauernd hungrig.

Hungrig und gereizt. Ich kann jetzt jeden Tag läufig werden. Wahrscheinlich passiert es dieses Wochenende. Nun ja, scheiße. Ich lehne mich an die Wand, atme tief durch und warte, dass sich meine Krallen wieder zurückziehen und zu Fingernägeln werden. Ich schließe die Augen. Normalerweise bin ich ein ruhiger, gelassener Mensch. Warum stehe ich im Moment so neben mir? Offenbar lässt mich die bevorstehende Läufigkeit einfach verrücktspielen.

Die Tür zum Kinosaal wird erneut aufgerissen, Musik dröhnt heraus und verstummt wieder, als die Tür zugeht. Chris’ Duft weht mir entgegen, und im nächsten Moment höre ich seine Stimme.

»Savannah, was ist los mit dir?«

Ich öffne die Augen und funkle ihn böse an. »Du hast mir vorhin gesagt, dass du dich mit anderen Frauen treffen willst.«

Er legt den Kopf auf eine Weise schräg, die etwas ausgesprochen Katzenhaftes hat. »War da zwischen uns beiden denn irgendwas von ›Nur wir zwei allein‹? Haben wir eigentlich nie so abgemacht.«

Meine Augen weiten sich. »Willst du mich auf den Arm nehmen?«

Er zuckt die Achseln, und meine Verärgerung bereitet ihm offenkundig Unbehagen. »Ich finde einfach, weißt du …« Er kratzt sich ganz beiläufig am Hals. »Du willst die Dinge einfach superlangsam angehen und so … Das ist schwer für einen Mann.«

Schwer für ihn? Ist das sein Ernst? Ich starre ihn an, als würde ich ihn zum ersten Mal sehen. Chris ist ein scharfer Typ, aber es gibt dreimal so viel männliche Gestaltwandler wie weibliche. Ich sollte also reichlich Auswahl haben. Stattdessen führt er sich auf, als würde ich ihn am Gängelband halten. »Ich werde demnächst läufig«, zische ich ihn an.

Ein strahlendes Lächeln huscht über seine Züge. »Oh, schön, freut mich zu hören.«

Ich verschränke erneut die Arme vor der Brust, einen gefährlichen Ausdruck im Gesicht. »Warum? Heraus mit der Sprache.«

»Nun ja, es erklärt deine Laune«, gibt er zurück, und als sich meine Augen verengen, fügt er hinzu: »Außerdem, du weißt schon … wegen der Sache mit dem Sex.«

»Es geht dir also um … Sex?«

Er wirkt verwirrt. »Warum sonst sollte ich mich mit anderen treffen wollen?«

Super. Jetzt kriege ich Kopfschmerzen. Als ich angefangen habe, mit Chris auszugehen, wusste ich, dass er kein Atomwissenschaftler oder etwas dergleichen ist. Er kommt aus dem Merino-Clan, und, nun ja, der Clan der Tiger ist nicht gerade für überragende Intelligenz bekannt. Muskeln, ja. Gutes Aussehen, ja. Aber Hirn? Nein.

Ich reibe mir frustriert die Stirn. »Nun, dann kann ich wohl froh sein, dass ich das jetzt herausgefunden habe.«

»Und ich auch«, antwortet er strahlend. »Jetzt kann ich meine Verabredung für Freitagabend absagen.«

Ich starre ihn an. »Moment mal, jetzt willst du also plötzlich doch wieder nur mich allein?«

»Wenn ich bei dir zum Schuss komme, sicher.« Er zuckt die Achseln.

Ernsthaft jetzt? Wo habe ich diesen Neandertaler ausgegraben? Ich starre ihn mit offenem Mund an. »Du wolltest dich also mit anderen treffen, nur weil ich für dich nicht die Beine breitmachen wollte? Es ist aus zwischen uns, Chris.«

Er zieht die Brauen zusammen. »Aber du wirst jetzt bald läufig. Du brauchst mich.«

Ich brauche ihn so dringend wie ein Loch im Kopf. Ich stoße mich von der Wand ab. »Da werde ich schon etwas finden. Leb wohl!«

»Komm schon, Süße. Sei nicht so.« Er packt mich am Arm, und seine Berührung lässt mich für einen Moment schwach werden.

Chris zieht den Kopf ein und wirft mir ein bezauberndes, zartes Lächeln zu. »Wenn wir jetzt ins Kino zurückgehen, können wir uns noch den Rest des Films ansehen. Danach können wir uns ein hübsches Hotelzimmer nehmen und …«

Auch wenn mein Körper »Ja, ja, ja« sagt, kontert mein Gehirn mit »Pfui, nein!«. Ich schüttele seinen Griff ab. »Niemals. Ich bin fertig mit dir. Mach’s gut.« Ich wedele geringschätzig mit der Hand. »Es steht dir jetzt frei, dich mit so vielen Frauen zu treffen, wie du willst.«

Er verzieht die Lippen zu einem hässlichen Knurren. »Prüde Zicke. Ich hätte das gar nicht nötig, wenn du mich ranlassen würdest.«

Wieder einmal scheint alles meine Schuld zu sein. Blöder Arsch. Ich zeige ihm den Mittelfinger und stapfe zur Ausgangstür hinaus.

Erst als ich draußen bin, lässt mein siedender Zorn etwas nach. Ich bin einfach unglaublich verärgert und enttäuscht – hauptsächlich über mich selbst. Warum nur habe ich geglaubt, Chris sei ein toller Partner? Habe ich mich selbst dazu überredet, dass wir zusammenpassen? Wir haben nicht viel gemeinsam, nicht mal unsere Vorlieben in Sachen Kinofilme. Vielleicht haben mich meine Hormone dazu überredet, eine feste Verbindung eingehen zu wollen?

Ähm … Ich möchte gar nicht darüber nachdenken. Ich atme die warme Nachtluft ein und schaue mich auf dem Parkplatz um. Es ist vollkommen ruhig, alle sitzen noch immer dicht an dicht im Kino und schauen sich den Film an. Mein Freund – jetzt wohl eher Ex-Freund – befindet sich nach wie vor da drin, und ich muss irgendwie nach Hause kommen. Ich hole mein Handy hervor, um einen meiner Cousins anzurufen. Vielleicht können mich Ellis oder Everett abholen. Ich würde ja Beau anrufen, aber er ist in letzter Zeit ständig mit irgendeinem Mädchen beschäftigt.

Ich wähle, doch ich bekomme keine Verbindung. Frustriert halte ich das Handy hoch und sehe, dass da kein einziger Balken ist. Verdammt. Kein Empfang. Ich gehe über den Parkplatz, strecke mein Handy gen Himmel und warte darauf, den ein oder anderen Balken erscheinen zu sehen.

Vage bekomme ich mit, wie ein Stück entfernt ein Motor angelassen wird. Aber es ist schließlich ein Parkplatz, daher achte ich nicht drauf. Zumindest erscheint ein Balken, daher trete ich vom Bordstein auf die Straße, im Bestreben, einen besseren Empfang zu bekommen.

Im gleichen Moment quietschen Reifen. Der Geruch von Benzin und Werwolf umhüllt mich, und als ich aufschaue, packen mich schon grobe Hände und zerren mich in einen schmutzigen Lastwagen.

Mein Schrei wird von einer großen behaarten Hand gedämpft, und der Gestank überwältigt mich. Ich schaue in die lüsternen Augen von Buck Anderson, ortsansässigem Proll und Werwolf.

»Komm, Kätzchen, Kätzchen«, sagt er und lacht dann. »Hübsches Kätzchen.«

Ich atme tief ein, und Zorn steigt in mir auf. Die Werwölfe haben sich nie gut mit der Übernatürlichen Allianz vertragen. Wir stellen Regeln auf, und sie brechen sie. Wenn sie glauben, sie könnten mich kidnappen, werden sie ihr blaues Wunder erleben. Meine Krallen springen wieder heraus, und ein warnendes Knurren grollt in meiner Kehle.

»Böses Kätzchen«, sagt Buck. »Wag es nicht, mich zu beißen.«

Ich blecke die Zähne, in der vollen Absicht, genau das zu tun.

»Hör auf, mit der Mieze zu spielen«, sagt der Fahrer.

Ich erkenne die Stimme. Es ist Maynard Anderson. Er hat mich im vergangenen Jahr um ein Date gebeten, und ich habe ihm eine Abfuhr erteilt. Aber darum kann es doch hier jetzt bestimmt nicht gehen, oder? Einer der beiden Männer wirft dem anderen etwas zu, dann wedelt Buck mit einer Pistole vor mir herum.

»Zwing mich nicht, von der hier Gebrauch zu machen, Süße.«

Ich erstarre.

Er tätschelt mir die Schulter und zieht mich an sich. »So ist es besser.«

»Was habt ihr mit mir vor?«, flüstere ich. Ich zermartere mir das Hirn und versuche, etwas zu finden, womit ich den Clan der Anderson-Werwölfe verärgert haben könnte, aber mir fällt nichts ein.

»Wir wollen eigentlich gar nicht dich, Schätzchen«, antwortet Buck. »Wir wollen dich nur ein Weilchen ausborgen, um deinen Cousin zu ermuntern, die Dinge auf unsere Weise zu sehen.«

»Meinen Cousin?«, stammele ich. Ich habe mehrere Cousins: Ellis, Everett, Austin, den Frauenhelden Josh, den zurückhaltenden Jeremiah …

»Beauregard«, erwiderte Maynard gedehnt. »Er versteckt eine Werwölfin vor uns, und die wollen wir haben.«

»Die eine gegen die andere, verstehst du.« Buck tätschelt mich abermals, als sei ich ein Hund. »Du siehst, wenn du nur gut mit uns kooperierst, wird dir nichts passieren.«

»Wir wollen nur, was uns zusteht«, pflichtet Maynard ihm bei.

Die Scheiße, in der ich sitze, ist gerade um eine ganze Meile angestiegen.

Kapitel zwei

Savannah

»Los, da rein«, kommandiert Buck und stößt mich blind vorwärts. Seine Hände halten meine hinter dem Rücken fest, und ein Ruck fährt durch meine Arme, als ich stolpere. Zum hundertsten Mal spiele ich mit dem Gedanken, die Gestalt zu wechseln und mich hier rauszukämpfen, aber solange meine Arme in dieser Position sind, werden sie beide brechen, sobald die Verwandlung einsetzt.

Man hat mir ein verschwitztes T-Shirt übers Gesicht gezogen, und ich kann nicht das Geringste sehen, als sie mich nun vor sich her schubsen. Ich weiß, dass wir uns im Wald befinden, und das schon seit geraumer Zeit, aber mehr kann ich nicht sagen. Sie könnten mich hierhergeschafft haben, um mich umzubringen. Allerdings auch, um mich freizulassen. Ich weiß es einfach nicht. In der Luft hängt ein schwerer Werwolfduft, was bedeutet, dass wir uns tief im Anderson-Revier befinden.

Kein Ort, an dem sich ein Russell-Werpuma aufhalten möchte.

Es hat schon immer böses Blut zwischen den Russells und den Andersons gegeben, und das Ganze ist nicht nur eine Sache zwischen Hund und Katze. Mein Cousin Beau stellt die Regeln für die Übernatürliche Allianz auf, die sämtliche Gestaltwandler einschließt. Es herrscht weithin die Überzeugung, dass wir zusammen stärker sind, daher halten sich die meisten Clans an die Regeln der Allianz, die auch ziemlich vernünftig sind. Greif keine läufige Frau und keine anderen Clans an, und dring nicht in fremdes Revier ein – Dinge in der Art.

Aber die Werwölfe … sie halten sich nicht gern an die Regeln. Sie glauben, über den Dingen zu stehen. Die Andersons sind ein wie Pech und Schwefel zusammenhaltendes Rudel am Stadtrand und machen immer Ärger. Die Sache hier überrascht mich eigentlich nicht.

Mein Herz hämmert, als mich Buck nun erneut vorwärtsstößt. »Rein mit dir, Mädchen.«

Sie drängen und treiben mich blind durch ein Gebäude. Ich habe jetzt einen Holzboden unter den Füßen, und er knarzt bei jedem Schritt. Sie stoßen mich eine Treppe hinauf und bleiben dann stehen. Ich schnüffele einen schwachen, muffigen Geruch, dann werden mir die Hände mit Seilen auf dem Rücken gefesselt. Ich fauche, als sie mir einen meiner Füße wegziehen und mich umwerfen. Doch statt auf dem Boden zu landen, falle ich auf eine quietschende Matratze. Eine kaputte Feder sticht mir in die Seite.

Dann packt eine Hand mein Haar, legt mir eine Halsfessel aus Metall um und lässt sie zuschnappen.

»So«, sagt Buck, und ich höre, wie er sich den Staub von den Händen klopft. »Jetzt kann sie nicht mehr abhauen, selbst wenn sie sich verwandelt. Dabei würde sie sich selbst strangulieren.«

Ich höre eine Tür zufallen, dann ist alles still.

Haben sie mich allein gelassen? Ich wälze mich auf dem Bett und drehe den Kopf hin und her, um das ekelhafte T-Shirt loszuwerden. Es rutscht immerhin weit genug hinunter, dass ich mich umsehen kann.

Ich bin in einem Zimmer … irgendwo. Keine Ahnung, wo. Ich nehme noch mehr Moder und Schimmel wahr … irgendwie der Geruch nach Wald. Auf einer Seite des Raums befindet sich ein zerbrochenes Fenster, und in einer Ecke kommt die Decke herunter. Der Raum ist vollkommen leer, bis auf Staub und das alte Bett, an das ich gekettet bin. Wenn dieses Gebäude bewohnt ist, müssen die Andersons äußerst niedrige Ansprüche haben. Ich nehme an, dass ich mich in einer Art Geheimversteck befinde.

Was bedeutet, dass ich ziemlich im Arsch bin. Die Werwölfe sind sehr verschlossen, was ihr Revier betrifft, und es ist kein Ort, an dem mein Werpuma-Clan nach mir suchen würde, sollte ich spurlos verschwinden. Traurig, aber wahr. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich mit meinem beschissenen Ex-Freund das Weite gesucht habe, halten sie sicher für deutlich größer, als dass ich gekidnappt worden bin.

Schlechte Karten für mich und meine Leute.

Ich verrenke mir die Arme. Die Seile sind superfest geschnürt, so fest, dass meine Finger kribbeln. Ich werde mich nicht verwandeln können, ohne mir beide Arme zu brechen. Der Metallring um meine Kehle ist erstickend eng, und ich spanne meine Halssehnen an, um festzustellen, wie viel Spielraum ich habe. Gar keinen. Mist!

Ich hege keinen Zweifel daran, dass ich mir selbst das Genick breche, würde ich mich jetzt verwandeln – genau so, wie sie es gesagt haben.

Ich sitze in der Falle.

Ich kaue auf meiner Unterlippe und denke nach. Es muss doch irgendetwas geben, was ich tun kann. Ich darf nicht hierbleiben. Gott, ich werde in weniger als einer Woche läufig. Wenn das passiert, während ich von lauter Andersons umringt bin … von Tabak kauenden, prolligen Andersons? Verdammt, da kann ich mich gleich erschießen.

Connor

»Was soll das heißen: ›Ihr habt euch das Russell-Biest unter den Nagel gerissen‹?« Ich wiederhole Bucks Worte, davon überzeugt, mich verhört zu haben. Mein Cousin kann doch nicht so verdammt hirnverbrannt sein, oder?

Aber er schaut zu Maynard und Levi hinüber und kichert dann wie ein Irrer. Wyatt, Owen und Tony stoßen einander auf dem durchgekrachten Sofa mit den Ellbogen in die Rippen wie drei Volltrottel in einer Slapstick-Komödie. Daneben verdreht meine Schwester Gracie nur die Augen und fährt damit fort, vor dem kaputten Kamin ihre Zehennägel zu lackieren. Unser Rudel ist ein heruntergekommener, verwahrloster Haufen. Ist es immer gewesen und wird es auch immer sein, solange Onkel Levi das Sagen hat.

Im Allgemeinen fühle ich mich hier eher als Außenseiter – und nicht als Onkel Levis Stellvertreter, sein Betawolf, die Nummer zwei. Heute ist definitiv mal wieder so ein Tag, an dem alles schiefläuft.

»Bist du schwerhörig, Dumpfbacke?«, witzelt Maynard. Er kommt auf mich zu und tut so, als klopfe er mir auf den Kopf.

Ich stoße seine Hand weg und blecke die Fangzähne zu einem Knurren. »Verpiss. Dich.«

»Oooh, der Herr ist ja jetzt Mister Supervornehm, weil er reichen Leuten Häuser verkaufen darf und lauter so ’n Scheiß?« Er lacht spöttisch und streckt die Hand nach meinem Haar aus, um es zu zerzausen wie früher, als ich noch ein kleiner, schlaksiger Junge war.

Aber scheiß auf diesen Mist. Ich bin fünfundzwanzig, und ich bin es leid, von meinen älteren idiotischen Verwandten wie ein Kind behandelt zu werden.

»Zurück zu der Kleinen«, sage ich und winde mich aus seinem Griff. »Welches Russell-Mädchen?«

»Das hübsche«, antwortet Gracie, ohne aufzuschauen. »Die mit den langen braunen Haaren.«

Übelkeit krampft mir den Magen zusammen. »Savannah Russell?«

»Gibt es denn noch andere Russell-Mädchen, von denen wir nichts wissen?«, fragt Buck.

»Wo ist sie?«, verlange ich zu erfahren, schlüpfe aus meinem Sportmantel und werfe ihn auf den klapprigen Tisch in der Nähe. Oh, verdammt. Wenn diese Idioten getan haben, was ich glaube, sitzen wir tief in der Scheiße. Die Russells werden zusammen mit all den anderen Clans, mit denen sie sich schlauerweise verbündet haben, über uns herfallen, und dann machen sie uns die Hölle heiß.

»Er fängt schon wieder an«, stöhnt Levi mit gedehnter Stimme, und ich kann förmlich hören, wie er die Augen verdreht. »Sie ist oben, Junge. Und du wirst sie nicht freilassen. Auf keinen Fall. Verstanden?«

Es ist ein Befehl, und Levi ist mein Alphawolf. Ich verkneife mir alles Weitere und nicke ihm mit zusammengebissenen Zähnen widerstrebend zu. Einem direkten Befehl meines Alphas muss ich Folge leisten. Schon beim bloßen Gedanken bekomme ich eine Gänsehaut, auch wenn es mich rasend macht, dass sie jemanden gekidnappt haben. Vor allem diesen speziellen Jemand.

»Gut«, sagt Onkel Levi. »Verprügel sie nicht. Wir wollen sie gegen jemand anderen eintauschen. Also soll sie schön hübsch bleiben.« Er nimmt einen Schluck von seinem Bier.

Als würde ich ihr je etwas antun. Er bekommt von mir noch ein weiteres angedeutetes Nicken, dann renne ich die Treppe hinauf und folge dem fremden Duft der Werkatze, der durch das baufällige Haus zieht, das dem Wolfsrudel der Andersons als Treffpunkt dient. Es ist ein verfallenes viktorianisches Gebäude mitten im Nirgendwo, das wahrscheinlich in den 1950er-Jahren von seinen Bewohnern verlassen wurde. Es gibt weder Strom noch Wasser, und das Dach ist ein Witz, aber das Haus ist weit ab vom Schuss, auch wenn es ein Dreckloch ist. Doch das stört das Rudel nicht. Ihm gefällt die Abgeschiedenheit des Ganzen.

Mir ist das alles normalerweise völlig schnuppe, aber heute beben mir wütend die Nasenflügel, als die durchgetretenen Stufen der Treppe unter mir ächzen und knarren. Das ganze Haus ist unsicher, und sie befindet sich im ersten Stockwerk. Gottverdammt, ich bin umgeben von Idioten.

Ich stürme in den einzigen Raum mit einem Bett, der mir einfällt. Die Tür ist einen Spaltbreit geöffnet, und ich schaue hinein …

Da ist sie.

Ich verharre im Flur, benommen von ihrem Anblick. Ich bewundere das zarte Oval ihres schlafenden Gesichtes, die Rundung ihrer auf dem Bett zusammengerollten Gestalt, die langen Wimpern, die über ihren Augen liegen. Die geschmeidigen Kurven ihres Körpers. Die feingliedrigen Hände, an den Halsring um ihre Kehle geklammert. Ihr wallendes braunes Haar, in dem ich in meinen Träumen das Gesicht vergrabe. Die weiche Haut. Verdammt, allein der Katzengeruch dieser Frau. Besitzergreifendes Verlangen überwältigt mich.

Ich bin in Savannah Russell verliebt, seit ich sie in der Highschool das erste Mal gesehen habe. Sie ist in den Lesesaal gekommen, eine verschüchterte Neuntklässlerin mit großen Augen, neu an der Schule, und ich war ein aufgeblasener Zwölftklässler, der sich Wunder wie toll vorgekommen ist. Sogar jetzt, sieben Jahre später, weiß sie wahrscheinlich nicht mal, dass es mich gibt …

Und mein Rudel hat sie gekidnappt. Jesus! Ich pflüge mir mit der Hand durch mein sorgfältig gekämmtes Haar und kümmere mich nicht darum, dass es mir jetzt zu Berge steht. Savannah ist hier, und ich bin einer von den Bösen.

Ich muss irgendetwas unternehmen. Ich muss die Sache in Ordnung bringen.

Ich drücke die Tür auf, und ihr Blick zuckt automatisch in meine Richtung. Sie hat also nicht geschlafen, sondern sich nur schlafend gestellt. Ich sehe mich im Raum um. Da ist nichts zu essen, kein Wasser, keine Decken, kein gar nichts. Da ist nur Savannah, gefesselt und auf dem Rücken liegend auf einer dreckigen Matratze, die wahrscheinlich noch älter ist als ich. Ein Metallring samt Kette liegt um ihren schlanken Hals, und ihre Ballettschläppchen sind schmutzig.

Es ist spät am Abend und dunkel hier im Raum. Ihre Augen glänzen katzenartig in dem schwachen Licht, und ich bin mir sicher, dass meine eigenen Wolfsaugen ebenfalls schimmern. Ihre Nasenflügel blähen sich, während sie mich eingehend mustert. Als Gestaltwandlerin kann sie jetzt fast genauso gut sehen wie bei Tageslicht.

»Hau ab«, knurrt sie. Sie krallt die Hände in die Fesseln hinter ihrem Rücken, und ich bekomme einen schwachen Hauch von Blut in die Nase.

Onkel Levi hat mir verboten, sie freizulassen, aber ich kann etwas wegen ihrer Hände tun. »Komm, lass mich dir helfen …«

Sie zuckt auf der Matratze zusammen und wirft sich gegen die Wand zurück. »Verdammt, fass mich nicht an!«

»Hey, Connor«, ruft Buck die Treppe hinauf. »Onkel Levi sagt, du sollst sie nicht vergewaltigen …«

Gott, verdamm mich. »Verflucht, das habe ich nicht vor, du Idiot!« Ich schaue wieder zu Savannah, aber jetzt sieht sie mich mit Abscheu und auch ein wenig Angst im Blick an. »Ich tu dir nichts«, versichere ich und strecke die Hände aus, um sie zu beruhigen. »Ich wollte nur die Fesseln um deine Hände lockern, in Ordnung?«

Sie starrt mich verstört an, und ihr Atem geht stoßweise. Sie muss völlig verängstigt sein. Natürlich ist sie das. Sie ist gerade von ihren Feinden entführt worden. Ich strecke die flachen Hände in einer Geste aus, von der ich hoffe, dass sie beruhigend wirkt, und nähere mich ihr langsam. »Ist schon gut, Savannah. Ich will dir nur helfen.«

Ein leises Katzenknurren grummelt in ihrer Kehle, und sie bleckt die Zähne. Ich sehe ihre Fangzähne hervortreten, und an den Spitzen ihrer Finger bilden sich Krallen. Sie ist kurz davor, sich vor lauter Panik zu verwandeln.

Ich gehe vorsichtig ein oder zwei Schritte zu ihr, sie spannt die Muskeln an, setzt sich aber nicht zur Wehr. Ich greife hinter sie, wo die Seile ihre Hände auf dem Rücken zusammenhalten. Ihre Hände sind violett angelaufen, und sie bewegt immer wieder die Finger, im Bemühen, die Knoten zu lockern. Ich sehe Striemen und Schwellungen, wo die Seile in ihr Fleisch schneiden, und Blut an den Stellen, wo ihre Haut aufgerissen wurde. Ein Fluch zischt mir zwischen den Zähnen hervor. »Verdammt, diese blöden Arschlöcher.«

Es gibt Tage, an denen ich mich mit meinem Rudel abfinde, weil wir nun mal alle Werwölfe und miteinander verwandt sind. Die Blutsbande ketten uns fest aneinander. Und es gibt Tage, an denen ich diese Schwachköpfe kaum ertragen kann, denn ich bin nicht wie der Rest der Andersons. Und dann gibt es Tage, an denen ich mein Rudel aus vollem Herzen hasse. Heute ist einer dieser Tage.

Ich schäume vor Wut, während ich die Knoten an dem Seil löse. Gedankenlose Arschlöcher. Sie haben das absichtlich getan, während ich bis spät abends gearbeitet habe, weil sie wussten, dass ich damit nicht einverstanden sein würde, und …

Als Savannahs Arm frei ist, greift sie mich sofort an.

Ich mache ihr keine Vorwürfe deswegen. Wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde ich dasselbe tun. Aber ich bin auch auf ihren Angriff vorbereitet, und ich sitze am längeren Hebel. Ihr Arm schlägt nach mir, und ich stoße ihn zur Seite. Sie mag ein Werpuma und sehr stark sein, aber ich bin ein männlicher Werwolf in der Blüte seiner Jahre. Ich schleudere ihren Arm nach unten, und als sie den anderen hebt und die Krallen durch die Luft sausen, werfe ich sie um, und sie landet flach auf dem Rücken im Bett.

Meine Hand fährt automatisch an ihre Kehle. Nicht, um sie zu würgen, sondern um sie festzuhalten. Das ist das Alphatier in mir. Ich kann nicht dagegen an. Ich reagiere auf eine Herausforderung, indem ich die Leute festhalte, sodass sie sich nicht mehr rühren können. Ich drücke die Hand flach auf ihren Halsring, und sie klatscht aufs Bett zurück, als hätte ich sie geschlagen.

Ihre Augen weiten sich, und ihre Nüstern beben. Ihr Rücken wölbt sich vom Bett hoch, und für einen Moment ist es beinahe so, als … als sei sie erregt. Es ist eine sexuell aufgeladene Bewegung, und zum ersten Mal bemerke ich die steifen Brustwarzen unter ihrem T-Shirt, die geweiteten Pupillen und den Schweißfilm auf ihrer Stirn.

Und dann rieche ich ihre Erregung. Schwach, aber moschusartig und so berauschend, dass ich sofort einen Ständer bekomme.

Ich fahre von ihr zurück und taumele nach hinten. Mein Körper reagiert automatisch auf den ihren, obwohl wir unterschiedliche Arten von Gestaltwandlern sind. Ich bin ein Mann und heißblütig genug, um zu erkennen, wann ein Frau dabei ist, läufig zu werden.

Ich will sie nicht gegen ihren Willen berühren. Ich weiche gleich noch mal einen oder zwei Schritte zurück, bis ich mit dem Rücken zur Wand stehe. Mein Schwanz wölbt meine Hose hoch, nur von dieser einen kleinen Berührung steif geworden, und als sie sich nun im Bett aufrichtet und an der Fessel um ihren Hals zerrt, sehe ich, dass auch sie schwer atmet.

Ihre Brustwarzen zeichnen sich deutlich unter ihrem T-Shirt ab, ein Perlenpaar, das förmlich nach meinem Mund bettelt. Sie zieht noch einmal an der Kette, dann schaut sie zu mir herüber und beißt sich auf die Unterlippe. »Befreist du mich?«

Ein dicker Kloß bildet sich in meiner Kehle. Ich würde es sofort tun, wenn ich hier selbst entscheiden dürfte. Ich würde mich auf die Knie werfen und sie anflehen, ob ich sie berühren dürfe, während ich ihr die Ketten öffne. Ich wäre schmelzendes Wachs in Savannahs herrlichen Händen.

Aber Levis’ Rudelführerschaft hängt mir wie eine Galgenschlinge um den Hals. Ich kann mich nicht gegen seinen Willen wenden. Jede Faser meines Wesens will sich gegen das Joch seiner Herrschaft auflehnen, aber ich bin nicht stark genug. Noch nicht. »Ich kann nicht.«

»Du meinst, du willst nicht«, sagt sie voller Verbitterung.

»Nein, ich meine, ich kann nicht.« Ich werfe einen raschen Blick hin zur Tür, wo ich unten an der Treppe meine Cousins hören kann. Sie lachen und unterhalten sich miteinander. Sie amüsieren sich bestens und gratulieren sich gegenseitig zu der bevorstehenden baldigen Ankunft eines neuen Wolfsweibchens zur Ergänzung des Rudels. Idioten! Hilfloser Zorn erfüllt mich. Wissen sie überhaupt, in welchen Schwierigkeiten Savannah da gerade steckt? Vermutlich nicht. Wenn sie es wüssten, würden sie diese Information mit Sicherheit als Druckmittel gegen den Russell-Clan einsetzen.

Oder noch schlimmer … sie würden Savannahs Situation ausnutzen. Einem läufigen Weibchen fällt es schwer, Nein zu sagen, ganz gleich, wer der Mann ist. Bei dem Gedanken, dass einer meiner brutalen Cousins sie noch einmal anrühren könnte, balle ich die Fäuste. »Ich werde jetzt nach unten gehen und ein ernstes Wort mit meiner Familie reden. Brauchst du irgendetwas?«

»Die Freiheit?«

Ich übergehe ihre Antwort. »Wasser? Etwas zu essen? Ein Kissen?« Hilfreiche Unterstützung bei deiner Läufigkeit? Ich unterdrücke den Gedanken, sobald er mir in den Kopf kommt und mich heiß macht. Savannah ist das Idol meiner feuchten Träume, aber sie ist verängstigt, und im Moment hasst sie alle Wölfe, und ich kann ihr keinen Vorwurf daraus machen.

Nein, meine beschissene Familie hat meine Chancen bei Savannah restlos ruiniert. Nicht dass je ein Wolf bei den hochmütigen Russell-Pumas zum Zuge kommen würde, aber ein Mann darf träumen. Jetzt kann ich nicht einmal mehr das.

Sie wirft mir nur einen bösen Blick zu und lehnt sich wieder an die Wand. »Ich will nichts von dir. Ich will, dass du mich gehen lässt.«

»Ich halte dich nicht fest.«

»Ach nein?« Ihre dunklen Augen sehen mich hasserfüllt an.

Ich kann das, verdammt noch mal, nicht ausstehen. »Ich bin nicht wie die anderen.«

Sie schnaubt verächtlich.

Für Savannah bin ich genau wie sie. Mein Zorn wächst. Meine Fäuste krampfen sich zusammen. Es ist Onkel Levi, der das Kommando über das Anderson-Rudel führt, aber weil ich zum Rudel gehöre – auch wenn ich nichts zu sagen habe –, bin ich für sie der Feind. Und sie hat recht – ich muss etwas unternehmen. Ich suche schon seit Längerem nach einem Vorwand, um meinen Onkel herauszufordern. Seine Methoden gefallen mir nicht. Sie haben mir nie gefallen, aber ein Wolf allein ist machtlos.

Ich bin ein Alpha, ein geborenes Alphatier. Das weiß ich schon mein Leben lang. Aber bis jetzt war ich ein Alpha ohne Macht und ohne einen Grund, um Macht zu kämpfen.

Doch für Savannah werde ich kämpfen.

Es tut nichts zur Sache, dass sie mir nicht vertraut und nicht verstehen wird, warum ich das mache. Jeder Instinkt in meinem Körper schreit danach, sie zu verteidigen, sie vor jenen zu beschützen, die ihr Böses wollen – selbst wenn sie zu meinem eigenen Rudel gehören.

Doch zuerst muss ich dafür sorgen, dass mit ihr alles in Ordnung ist. Ich gehe wieder zum Bett hinüber und finde es furchtbar, wie sie vor mir wegrutscht. Der besitzergreifende Wolf in mir will, dass sie sich mir zärtlich hingibt, nicht dass sie voller Entsetzen vor mir zurückweicht. Ich schnuppere mit geweiteten Nüstern und fange die kleinsten Details ihres Duftes auf, als ich mich über das Bett beuge. Ich sehne mich danach, sie zu berühren, aber ich werde es nicht tun. Stattdessen mustere ich sie eingehend und halte Ausschau nach Verletzungen. Sie hat blaue Flecken an den Armen, und der Halsausschnitt ihres T-Shirts ist überdehnt, als hätte sie jemand daran gepackt …

Oder als hätte jemand versucht, es ihr vom Leib zu reißen.

Der Zorn flammt in mir auf wie ein Streichholz, das auf Benzin trifft. Mit einem letzten Blick auf die gefangene Frau drehe ich mich um, stürme aus dem Raum und die Treppe hinunter, befeuert von der siedenden Hitze meiner Wut.

Ich dulde diese Scheiße nicht mehr. Nicht, wenn ich etwas ändern kann. Der Wolf in mir heult, dass Savannah mir gehört. Und sie haben das, was mir gehört, angerührt.

Kapitel drei

Connor

Als ich nach unten komme, sitzen alle immer noch da, wo ich sie verlassen habe. Das fast leere, baufällige Haus bietet nicht viele Annehmlichkeiten, aber auf fast jedem Zentimeter der zerschlissenen Couch fläzt sich irgendwer, und daneben wälzt sich Buck in Wolfsgestalt. Mein Onkel spielt mit Wyatt auf einem Klapptisch Domino, und auf dem Tisch stehen ein paar Bierdosen, und auch eine leere Chipstüte liegt dort.

Wie nett von ihnen, hier eine kleine Party zu feiern, während oben eine verängstigte Frau angekettet ist. Gekidnappt, um als ein Pfand zu dienen, das sie einlösen können. Ich koche vor Wut.

Onkel Levi schiebt wie nebenbei einen Dominostein über den Tisch hin zu Wyatt. Er schaut mich an, spuckt etwas Kautabak aus und nickt dann. »War sie ein braves Mädchen?«

»Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragt mich Gracie mit leiser Stimme. Sie hat sich nicht von ihrem Platz am Kamin wegbewegt, und ich sehe die vibrierende Anspannung, die durch ihren Körper geht. Gracie und ich stehen uns innerhalb des Rudels am nächsten, auch wenn sie ein allzu großes Mundwerk hat und zum Flirten neigt. Klar ist das so: Sie ist schließlich meine Schwester. Wir sind beide Außenseiter hier bei meinen Cousins – Gracie, weil sie das einzige Mädchen ist, und ich, weil ich kein solcher Rüpel sein möchte wie meine Cousins.

»Wahrscheinlich regt er sich nur unnötig über die Sache mit dem Mädchen auf«, ätzt Wyatt und schiebt einen Dominostein über den Tisch. »Du hättest sehen sollen, wie …«

Der siedende Zorn, den ich bisher zurückgehalten habe, kocht über. Ich packe den Tisch an der Kante und werfe ihn um, sodass er gegen die Wand dahinter prallt.

Wyatt wirft sich zurück, und der Klappstuhl kippt unter ihm weg. Mein Onkel Levi springt auf und fletscht knurrend die Zähne.

»Was zum Teufel ist dein Problem?«, herrscht er mich an.

»Es ist nicht richtig, sie festzuhalten. Es ist der reinste Schwachsinn.« Ich balle die Hände zu Fäusten. »Ich will nichts damit zu tun haben.«

Levi legt kaum merklich den Kopf schräg. Ein raubtierhafter Glanz erscheint in seinen Augen. »Soll das heißen, du willst mich herausfordern, mein Junge?«

Diese Worte wählt er bewusst, um mich zu reizen. Ich bin größer als er, ich kann zweihundert Kilo stemmen, und ich bin kein Junge. Jedenfalls nicht sein Junge. »Ja, das will ich.«

»Wusst’ ich doch, dass es so kommen würde«, sagt Levi ungerührt, aber ich sehe die Anspannung in seinem Körper. Er bereitet sich vor. Wartet darauf, dass ich angreife. »Aber ich werde nicht zulassen, dass du eine Frau über deine Familie stellst. Das Rudel kommt als Erstes.«

»Das Rudel baut Scheiße.«

»Das wirst du nicht mehr sagen, sobald du ein appetitliches neues Wolfsweib zum Vögeln hast. Aber nur zu.« Er wedelt mit der Hand und lädt mich ein, ihn anzugreifen. »Mach schon.«

Ich stürze mich auf ihn, rasend vor Wut. Er macht sofort einen Schritt zur Seite, eine feige Aktion. Aber so ist mein Onkel eben – ein Feigling. Ein gerissener Feigling, aber trotzdem ein Feigling. Ich bleibe ruckartig stehen, dann drehe ich mich um und gehe erneut auf ihn zu. Ich drücke die Fäuste gegen die Brust und nehme eine Boxstellung ein, schließlich habe ich Boxunterricht genommen.

Ich habe mich mein Leben lang darauf vorbereitet, ihn herauszufordern. Denn der Clan sollte besser sein, als er es ist. Wir sollten kein Haufen degenerierter, schwachsinniger Versager sein, die um Essensabfälle kämpfen und sich wegen Kleinigkeiten zanken. Wir sollten intelligent und mächtig sein und einander helfen, statt uns gegenseitig mit in den Abgrund zu ziehen. Und unter der Fuchtel meines Onkels werden wir niemals besser werden.

Er grinst, als ich eine Gerade antäusche und er meinen Schlag abwehrt. Das ist in Ordnung, ich teste ihn nur aus. Ich täusche links an, und als er den Angriff ein weiteres Mal abwehren will, versetze ich ihm einen heftigen rechten Haken, und meine Faust trifft sein Kinn.

Jetzt lacht er nicht mehr. Mit einem Knurren packt er mich am Hemd, und dann kämpfen wir wirklich. Die Fäuste fliegen, Schläge überall, Tritte, Finger, die sich tückisch in Haut krallen – jeder noch so kleine Vorteil zählt. Er wirft mich zu Boden, aber ich rappele mich sofort wieder hoch, rolle mich herum und springe auf. Ich lande einen Treffer in seine Rippen, und er schnappt keuchend nach Luft, dann schlägt er zurück. Wieder und wieder dreschen wir aufeinander ein, und ich kann sehen, dass mein Onkel langsamer wird. Ich jedoch bin immer noch ungestüm und entschlossen. Immer noch stark und voller Energie.

Ich habe ihn.

Sein nächster Hieb kommt nur langsam, als sei er erschöpft, und ich wehre den Angriff mühelos ab und ducke mich weg. Etwas trifft mich hinten am Bein direkt in der Kniekehle, und ich falle der Länge nach zu Boden.

Irgendein Arschgesicht von Cousin hat mir einen Tritt gegeben und mich umgeworfen, während ich ihm den Rücken zugewandt habe. Sie wollen nicht, dass ich gewinne.

Und das werde ich auch nicht, denn im nächsten Moment habe ich Levis Fuß auf der Kehle, und er drückt mich auf den Boden. »Ergibst du dich?«

Ich überlege lange. Wilde Wut strömt durch meine Adern, aber ich habe keine große Wahl. Wenn ich mich nicht ergebe, wird er mir die Luftröhre zerquetschen.

Ich antworte mit einem schnellen, grimmigen Nicken.

Er sieht mich kopfschüttelnd an. »Du musst noch viel lernen, Junge. Ich habe hier das Sagen.« Er schlägt mir sacht auf die Wange, schaut zu meinen Cousins hinüber, schnippt mit den Fingern und zeigt auf mich.

Sofort stürmen sie alle los. Alle bis auf Gracie, die mit einem Stirnrunzeln im Gesicht vom Kamin aus zuschaut, die Arme um die Knie geschlungen.

Sie treten mich und dreschen mit den Fäusten auf mich ein, bis mein ganzer Körper zerschunden ist und schmerzt, und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich spüre, wie eine Rippe bricht. Ich lasse es als die gerechte Strafe für mein Versagen über mich ergehen.

Sie prügeln mich, weil ich es gewagt habe, meinen Onkel herauszufordern. Es ist nicht das erste Mal gewesen, und es wird auch nicht das letzte Mal sein. Ich werde nicht aufgeben, bis zu dem Tag, da meine Hand an der Kehle meines Onkels liegt.

Bald, sage ich mir, als ein weiterer Stiefel in meine Rippen kracht. Bald.

Nachdem es einige Minuten so gegangen ist, scheint Levi beschwichtigt. »Lasst ihn aufstehen.«

Sie unterbrechen ihre Schläge lange genug, dass ich mich taumelnd erheben kann. Als ich mich aufrappele, schmerzt mein ganzer Körper, und Blut rinnt mir aus Mund und Nase. Auch wenn ich unterlegen bin, schäume ich immer noch vor kaum bezähmtem Zorn. Wenn ich noch die Kraft dazu hätte, würde ich Levi erneut herausfordern, jetzt auf der Stelle.

»Zeig mir deine Kehle«, knurrt Levi.

Es lässt mich innerlich nur noch mehr kochen, aber ich weiß, wenn ich ihn innerhalb so kurzer Zeit noch einmal herausfordere, werden sie versuchen herauszufinden, was mich so aufbringt. Sie werden erfahren, dass es um Savannah geht, und sie werden alles daransetzen, mich – oder sie – dafür zu bestrafen. Und ich muss ihr nahe sein, um sie zu beschützen. Meine Nasenflügel beben, und ich neige das Kinn ein wenig zur Seite. Gerade genug, um mich unterwürfig zu zeigen. Vorläufig.

Wieder tätschelt er mir sachte das Gesicht. »Braver Junge.«

Ich beiße die Zähne zusammen. Es ist mir zutiefst zuwider, dass ich mir das gefallen lassen muss.

»Da du so verliebt in unsere Gefangene bist, bist du ab jetzt für sie zuständig«, entscheidet Levi. »Du übernimmst die Nächte. Tagsüber lasse ich einen der Jungs auf sie aufpassen.«

Ich nicke zögerlich. Für ihn klingt das wahrscheinlich wie eine Strafe, aber ich finde die Lösung hervorragend. Wenn ich Savannahs Gefangenenwärter sein muss, wird nachts um drei zumindest sonst niemand bei ihr herumhängen. Ich wende mich zum Gehen.

»Wo willst du hin?«, fragt Levi. »Ich habe gesagt, dass du sie bewachen musst. Das fängt gleich heute Abend an.«

»Habt ihr der Frau schon was zu essen gegeben?« Ich drehe mich nicht um. Meine Fäuste sind so fest geballt, dass ich mir Wunden in die Handflächen grabe, aber das schert mich nicht.

»Nein.«

»Dann werde ich ihr etwas zu essen besorgen. Nur weil wir sie als Geisel halten, bedeutet das nicht, dass sie zu hungern braucht.«

Levi schnaubt verächtlich.

»Du hast gesagt, dass du sie unversehrt und gesund haben willst, damit wir den Tausch vornehmen können, nicht wahr?«

Er sieht mich nur an und zieht die Augenbrauen hoch.

Wieder zeige ich ein Stückchen meiner Kehle, nur um ihn zu beschwichtigen. »Ich bin gleich wieder da.«

Unmittelbar danach bin ich draußen, atme tief durch und ramme meine frustrierten Fäuste in die Rinde eines Baumes.

Savannah

Ich muss wohl träumen, denn ich rieche Pommes frites und Hamburger. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen, und ich richte mich auf, dann blinzle ich einige Sekunden lang den Schlaf aus den Augen, bis Connor Anderson wieder in den dunklen Raum kommt.

Ich habe ihn vorhin sofort erkannt. Der einzige Anderson, der es meinen Cousins zufolge »nicht verdient hat, dass man ihm den Hals umdreht«. Connor ist der Einzige aus seinem renitenten Rudel, der jemals den Kontakt mit der Allianz gesucht hat. Ich habe gehört, dass er mehrmals abgewiesen wurde, und es ist nie etwas daraus geworden, aber ich kenne ihn von einigen Veranstaltungen der Allianz her. Er ist ein ruhiger Typ, hat dunkle Augen und dunkles, gelocktes Haar. Sieht dem Schauspieler Henry Cavill sehr ähnlich. Stark und schweigsam, mit kantigem Kinn.

Unsere Pfade haben sich nie groß gekreuzt. Er ist Teil des Wolfsrudels, und sie geben ihr Bestes, sich von allem fernzuhalten, was mit der Allianz zu tun hat. Und da mein Cousin Beau der Anführer der Allianz ist, nun ja … Wir bewegen uns in unterschiedlichen Kreisen.

Der Mann, der nun den Raum betritt, ist nicht mehr der, der er vor einigen Stunden gewesen ist. Sein gebügeltes Leinenhemd ist regelrecht zerfetzt und voll mit Schmutz und etwas, das wie Blut riecht. Seine Hose ist am Knie aufgerissen, und sein sonst so gepflegtes kurzes Haar ist völlig zerzaust. Auch sein Gesicht hat ordentlich etwas abbekommen.

Ich hätte am liebsten mitfühlend das Gesicht verzogen, da ich mir ziemlich sicher bin, dass er es ist, dem sie vorhin unten die Abreibung verpasst haben; ich habe es bis hier hoch gehört. Er hat versucht, ein Wort für mich einzulegen, und dafür bin ich ihm dankbar. Doch ich versuche, unbeteiligt auszusehen, bis ich herausgefunden habe, ob er seinen Frust jetzt womöglich an mir auslassen wird. Er ist ein Anderson – ich würde ihm alles zutrauen.

Stattdessen hält er mir jedoch die Tüte mit Essen hin. Als ich nicht danach greife, geht er an mir vorbei, stellt die Tüte auf eine Ecke der Matratze und stapft dann auf die andere Seite des Raums hinüber, wo er sich auf den Boden setzt. Er lehnt sich an die Wand und sieht mich einfach an, seine Wolfsaugen glühen in der Dunkelheit.

Ich habe seit dem Mittagessen nichts mehr zu mir genommen, und das war wahrscheinlich vor deutlich über zwölf Stunden. Der Stoffwechsel von Gestaltwandlern verläuft irrsinnig schnell, und ich bin halb verhungert. Ich schaue in die Tüte, und der Geruch von Fast Food erfüllt die Luft. Ich werfe ihm einen Blick zu, dann stopfe ich mir ein paar Fritten in den Mund.

Er reibt sich nur das Gesicht. »Entschuldige, dass es nichts Besseres ist. So spät haben nicht mehr viele Lokale geöffnet.«

»Alles prima«, sage ich zwischen zwei Bissen. Unten in der Tüte befindet sich eine Wasserflasche, und ich öffne sie und nehme einen riesigen Schluck. Herrlich.

»Danke.«

Er grunzt eine Antwort und sieht mir einfach nur zu.