Perfect Passion - Verführerisch - Jessica Clare - E-Book

Perfect Passion - Verführerisch E-Book

Jessica Clare

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Beschreibung

Der von seiner dunklen Vergangenheit gezeichnete Milliardär Hunter Buchanan lebt einsam und zurückgezogen auf dem märchenhaft großen, palastartigen Anwesen seiner Familie. Auch den Glauben an die Liebe hat er aufgegeben - bis er eines Tages eine geheimnisvolle Schönheit erblickt. Um sie zu treffen und ihr näher zu kommen, fasst er einen raffinierten Plan ...

Die Schriftstellerin Gretchen Petty braucht dringend einen Gehaltsscheck, da fällt ihr wie aus heiterem Himmel ein Auftrag in den Schoß. Sie soll für einen Verlag anhand alter Liebesbriefe ein Buch schreiben. Auch wenn es ihr merkwürdig vorkommt, dass sie dafür in dem Herrenhaus im Norden New Yorks leben soll, in dem die Briefe gefunden wurden, nimmt Gretchen den Auftrag an.

Gretchen ahnt nicht, dass der Hausherr sie nur aus einem einzigen Grund auf sein Anwesen gelockt hat - und dass sie seiner Anziehungskraft und seinem Temperament nur schwer widerstehen kann.

Unwiderstehliche Romantik: Verlieb dich in die Liebesroman-Reihe »Billionaire Boys Club« der New York Times Bestseller-Autorin Jessica Clare. Der »Billionaire Boys Club« ist ein Geheimbund von sechs Männern, die zwar unglaublich reich sind - aber nicht immer so erfolgreich, wenn es um die große Liebe geht.

Die »Billionaire Boys Club«-Romane in chronologischer Reihenfolge:

Perfect Passion - Stürmisch
Perfect Passion - Verführerisch
Perfect Passion - Sündig
Perfect Passion - Feurig
Perfect Passion - Fesselnd
Perfect Passion - Berauschend

»In dem Meer von Büchern über Milliardäre ist Jessica Clares Serie Perfect Passion ein echtes Juwel.« (freshfiction.com)

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Was zuvor geschah

1

2

3

4

5

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7

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Über die Autorin

Alle Titel der Autorin

Impressum

 

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Über dieses Buch

Der von seiner dunklen Vergangenheit gezeichnete Milliardär Hunter Buchanan lebt einsam und zurückgezogen auf dem märchenhaft großen, palastartigen Anwesen seiner Familie. Auch den Glauben an die Liebe hat er aufgegeben – bis er eines Tages eine geheimnisvolle Schönheit erblickt. Um sie zu treffen und ihr näher zu kommen, fasst er einen raffinierten Plan …

Die Schriftstellerin Gretchen Petty braucht dringend einen Gehaltsscheck, da fällt ihr wie aus heiterem Himmel ein Auftrag in den Schoß. Sie soll für einen Verlag anhand alter Liebesbriefe ein Buch schreiben. Auch wenn es ihr merkwürdig vorkommt, dass sie dafür in dem Herrenhaus im Norden New Yorks leben soll, in dem die Briefe gefunden wurden, nimmt Gretchen den Auftrag an.

Gretchen ahnt nicht, dass der Hausherr sie nur aus einem einzigen Grund auf sein Anwesen gelockt hat – und dass sie seiner Anziehungskraft und seinem Temperament nur schwer widerstehen kann.

JESSICA CLARE

PERFECTPASSION

VERFÜHRERISCH

Aus dem amerikanischen Englischvon Kerstin Fricke

Was zuvor geschah

Jemand war hier.

Als Hunter Buchanan die Stimmen hörte, blieb er im Foyer des riesigen Hauses stehen. Aus Gewohnheit schlich er in einen Alkoven, der im Schatten lag, damit ihn niemand überraschen und anstarren konnte. Obwohl er jetzt schon seit fünfzehn Jahren ein vernarbter, hässlicher Bastard war, störten ihn die Reaktionen der Menschen noch immer, wenn sie sein Gesicht zum ersten Mal sahen. Es war einfacher, mit den Schatten zu verschmelzen, bis sie wieder weg waren. Er wartete und spitzte die Ohren, um herauszufinden, wer hereingekommen war. Eigentlich hatte er nur mit Logans Assistentin und ein paar Möbelpackern gerechnet. Logans Assistentin hatte darauf bestanden hatte, ein paar Bücher abzuholen, um diese zu spenden, und die Möbelpacker wollten den Rest der Möbel abholen.

Er hatte geglaubt, das Haus wäre leer und das wäre die perfekte Zeit, um es sich in Ruhe anzusehen. Nicht im Traum hätte er damit gerechnet, dass noch jemand kommen würde, und erst recht keine zwei Frauen.

Er hörte Schritte und dann eine Kiste, die zu Boden fiel.

»Was ist das für ein Haus?«, fragte eine sanfte, angenehme Frauenstimme. »Es ist wunderschön.«

»Irgendein toter Promi hat hier gewohnt, soweit ich weiß. Ist mir auch egal.« Die Stimme der anderen Frau schien voller Lachen und Freude zu sein, aber ihr Tonfall war schneidend. »Mich interessiert nur, wie wir diese verdammten Kisten zurück nach SoHo kriegen sollen. Was zum Henker hat sich Audrey dabei gedacht?«

»Sollen wir ein Taxi rufen?«

Die Frauen näherten sich Hunters Versteck, und er erstarrte und wartete darauf, dass sie vorbeigingen, ohne ihn zu bemerken.

Die Rothaarige stand keine drei Meter von ihm entfernt und hielt den Kopf gesenkt. Ihr Gesicht konnte er nicht sehen, aber ihr Hintern besaß die perfekte Herzform, und sie war groß und kurvig und hatte feuerrotes Haar. Die andere Frau, eine hübsche Brünette mit großen Augen, balancierte zwei Kisten auf ihren Armen und wartete auf Instruktionen.

»Das mit dem Taxi wäre ziemlich blöd«, meinte die Rothaarige schließlich. »Danach wären wir pleite, und wir wollten doch heute Abend Pizza bestellen.«

»Und jetzt?«, fragte die Dunkelhaarige.

»Brontë«, erwiderte die Rothaarige gereizt. »Eines musst du über meine Schwester wissen: Sie ist kein besonders praktisch veranlagter Mensch.«

»Ist sie nicht?«

»Nein. Und wenn ich sie jetzt anrufen und so lange rumnörgeln muss, bis sie etwas unternimmt, dann ist das eben so.« Sie hielt sich das Handy ans Ohr. Einige Sekunden später stieß sie ein frustriertes Geräusch aus. »Da geht nur die Mailbox dran. Ich glaub es nicht. Sie sagte, es wären zwei Kisten und keine fünf Kisten voller Hardcover. Hält sie uns für Bodybuilder?«

»So schlimm ist es doch gar nicht«, versuchte die Brünette, sie zu beruhigen, während sie das Gewicht der beiden Kisten auf ihren Armen verlagerte. »Das schaffen wir schon irgendwie.«

»Daran ist nur Logan Hawkings schuld«, schimpfte die Rothaarige, und Hunter horchte auf. »Der Kerl glaubt wirklich, die ganze Welt gehört ihm, was?«

Die andere Frau sah auf einmal traurig aus. »Ich glaube schon.«

»Du liebst ihn noch immer, nicht wahr?«

Die Brünette blickte ihre Freundin aus traurigen Augen an. »›Ich hasse und ich liebe. Vielleicht fragst du dich, warum dem so ist. Ich weiß es nicht, aber ich empfinde so, und das schmerzt mich.‹«

»Ach, hör auf, irgendwelche Philosophen zu zitieren. Du bist ja eine richtige Drama-Queen. Er ist ein Idiot, und du wirst schon über ihn hinwegkommen.«

Daraufhin drehte sich die Rothaarige um, und Hunter konnte zum ersten Mal ihr Gesicht sehen. Sie sah sehr ungewöhnlich aus, mit runden Wangen, die von Sommersprossen übersät waren. Ihre ausdrucksvollen Augen dominierten ihr Gesicht, obwohl sie hinter einer eckigen Lehrerinnenbrille versteckt waren. Sie hatte ein spitzes Kinn und sah faszinierend aus. Klug. Und genervt. »Erspar mir diese reichen, attraktiven Alpha-Männchen. Sie halten sich alle für die Ritter aus dem Märchen. Aber sie haben ja keine Ahnung. Eigentlich sind sie eher die Bösewichte.«

»Das ist nicht fair, Gretchen«, protestierte Brontë.

»Das Leben ist nicht fair«, erwiderte Gretchen mit ebenso fröhlicher wie sarkastischer Stimme. »Ich würde einen Mann vorziehen, der nicht in sein eigenes Spiegelbild verliebt ist. Besser als einer, der Haarpflegeprodukte und Designerklamotten braucht.« Sie beugte sich vor, sodass ihr herzförmiger Hintern in seine Richtung zeigte, und Hunter bekam eine Erektion.

»Dann hättest du also lieber einen vogelgesichtigen Pizzalieferanten mit einem Ritterkomplex?«

»Ja«, bestätigte Gretchen energisch, und ein Grübchen zeichnete sich auf ihrer Wange ab. »Sein Aussehen ist nur halb so wichtig wie das, was er im Kopf hat.«

Was sie nicht sagte. Hunter wusste aus Erfahrung, dass Frauen, die so etwas sagten, ihre Worte schnell wieder vergaßen, wenn sie einen unattraktiven Mann kennenlernten. Trotzdem war er fasziniert von dieser Frau. Sie war frech und clever und auch ein wenig schnippisch, als würde sie die Welt mit ebenso skeptischen Augen sehen wie er. Er beobachtete, wie die beiden Frauen diskutierend und lachend mit den Kisten voller Bücherspenden, die er für Logans Assistentin stehen gelassen hatte, das Haus verließen.

Ihr Name war Gretchen. Gretchen. Er zermarterte sich das Hirn und überlegte, wer diese Gretchen wohl kennen würde. Eine wundervolle Rothaarige mit einem auf charmante Weise ungewöhnlichen Gesicht und einer spitzen Zunge. Er musste unbedingt mehr über sie in Erfahrung bringen …

Hunter strich sich über die gezackten Narben, die auf der linken Seite seines Gesichts verliefen, und runzelte die Stirn. Würde sie ihn ebenso abstoßend finden, wie es der Rest der Welt tat? Vermutlich. Aber sie hatte auch behauptet, dass das Äußere nicht so wichtig wäre. Dass sie weniger an dem Gesicht interessiert war, sondern vielmehr an dem, was ein Mann im Kopf hatte.

Es wäre interessant, herauszufinden, ob sie die Wahrheit gesagt hatte.

Nicht, dass es von Bedeutung war. Immerhin war sie gerade aus der Tür gegangen, und er würde sie wahrscheinlich nie wiedersehen.

Während er die geschlossene Haustür anstarrte, regte sich auf einmal eine Erinnerung. Die andere Frau hatte einen ungewöhnlichen Namen. Brontë. Den hatte er doch irgendwo schon mal gehört.

Logan. Genau … Logans neue Freundin hieß Brontë. So häufig konnte es diesen Namen eigentlich nicht geben, und die Brünette schien auch wegen irgendetwas traurig zu sein.

Er wählte Logans Nummer, und die ungewöhnliche Rothaarige spukte weiter durch seine Gedanken.

»Was gibt’s?«, fragte Logan. »Ich bin gerade auf dem Weg zu einem Meeting.«

»Es werden doch nicht zwei ›Brontës‹ durch New York laufen, oder?«, wollte Hunter wissen. »Der Name kommt mir eher ungewöhnlich vor.«

Einige Sekunden lang herrschte Schweigen in der Leitung. »Brontë?«, hakte Logan dann nach. »Hast du sie gesehen? Wo ist sie?«

Hunter starrte die Tür an und wünschte sich beinahe, die Frauen würden wieder hereinkommen, während er gleichzeitig erleichtert war, dass sie es nicht taten. »Sie ist gerade mit einer Rothaarigen namens Gretchen gegangen. Ich möchte mehr über sie wissen.«

»Über meine Brontë?« Logans Stimme war nur noch ein Knurren.

»Nein, über Gretchen. Die mit den roten Haaren. Ich will sie.«

»Oh.« Ein lang gezogenes Seufzen. »Tut mir leid, Mann. Ich habe selbst keine Ahnung, wo sie steckt. Sie hat mich verlassen, und ich habe schon alle Hebel in Bewegung gesetzt, um sie zu finden.« Logan klang angespannt und müde. »Wo bist du?«

»In einem Haus an der Upper East Side.« Ein recht berühmter Produzent und enger Freund von Reese wollte das Haus kaufen, nachdem der vorherige Besitzer gestorben war. Daher kümmerte sich Hunter hier momentan um alles. Außerdem langweilte er sich und war ruhelos. Und verdammt einsam.

Doch jetzt war er nicht mehr einsam. Die Rothaarige ging ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf. Gretchen mit der großen Brille, den frechen Sprüchen und dem herrlich runden Hintern.

»Deine Assistentin ist nicht vorbeigekommen, um die Bücher abzuholen«, sagte Hunter nach einem Moment. »Stattdessen war diese Gretchen mit deiner Brontë hier.«

»Ich muss los«, meinte Logan. »Ich werde Audrey anrufen und fragen, wen sie vorbeigeschickt hat.«

»Schick mir alle Informationen, die du über diese Gretchen beschaffen kannst«, beharrte Hunter. Ich will sie.

»Geht klar. Und danke.« Logans Tonfall klang auf einmal triumphierend und nicht mehr deprimiert. »Ich schulde dir was.«

»Das kannst du laut sagen«, stimmte ihm Hunter zu. »Besorg mir einfach die Informationen über ihre Freundin, dann sind wir quitt.«

Sein Leben war auf einmal sehr viel … interessanter geworden. Hunter sah sich lächelnd in dem leeren Haus um und musste an die ungewöhnliche Rothaarige denken, die nur wenige Minuten zuvor noch hier gewesen war.

1

Hunter Buchanan glaubte nicht an Liebe auf den ersten Blick. Eigentlich glaubte er überhaupt nicht an die Liebe.

Aber seitdem er die groß gewachsene Rothaarige mit einer Kiste Bücher in den Armen und einem skeptischen Ausdruck im Gesicht in einem seiner leer stehenden Häuser gesehen hatte, spürte er … irgendetwas. Ihre Worte klangen frech und furchtlos, was er als Mann, der sich lieber im Schatten hielt, sehr anziehend fand.

Und als sie ihrer stilleren Freundin gestanden hatte, dass die meisten Männern sie langweilten und dass sie in einer Beziehung etwas anderes erwartete als nur ein hübsches Gesicht, da wusste Hunter, dass sie wie für ihn geschaffen war.

Sie war attraktiv, jung und Single. Sie besaß einen scharfen Verstand und eine spitze Zunge. Das gefiel ihm an ihr. Außerdem wirkte sie furchtlos und hatte Humor. Inzwischen waren Tage vergangen, seitdem er sie gesehen hatte, und noch immer ging sie ihm nicht aus dem Kopf. Sie suchte ihn sogar in seinen Träumen heim.

Hunter war klug, reich und nur wenige Jahre älter als sie. Eine Beziehung war also durchaus denkbar.

Unbewusst berührte er die tiefen Narben in seinem Gesicht und zog mit den Fingern die dicke Linie an seinem Mundwinkel nach, an der das beschädigte Gewebe neu aufgebaut worden war.

Das war das Hauptproblem, das Hunter daran hinderte, eine Frau zu umwerben. Sein Gesicht. Sein abstoßendes, vernarbtes Gesicht. Die Narben auf seiner Brust und seinem Arm konnte er unter seiner Kleidung verbergen, und wenn er seine Hand ballte, fiel niemandem auf, dass ihm ein Finger fehlte. Aber sein Gesicht ließ sich nicht verstecken. Wenn er sich mal dazu entschied, das Haus zu verlassen, dann wechselten manche Menschen die Straßenseite, nur um ihm aus dem Weg zu gehen. Männer runzelten die Stirn, als hätte er etwas Beunruhigendes an sich, und Frauen wandten den Blick ab.

So wie es die Frau tat, die in diesem Moment neben ihm saß.

Brontë, Logans etwas naive Freundin, saß neben ihm am Pokertisch der Bruderschaft. Der dunkle Kellerraum war voller Zigarrenrauch, und es roch nach Alkohol. Normalerweise saßen hier auch noch seine fünf besten Freunde, aber sie waren nach oben gegangen, um mit Logan darüber zu diskutieren, dass er seine neue Freundin zu einem geheimen Treffen ihrer Gruppe mitgebracht hatte. Brontë war bei Hunter geblieben, jedoch ganz offensichtlich nicht aus freien Stücken. Sie saß schweigend am Tisch, nippte an ihrem Wein und bemühte sich, nicht so auszusehen, als würde sie am liebsten weglaufen, wenn sie ihm ins Gesicht sah. Ihr Blick wanderte zu seiner deformierten Hand und zurück zu seinem Gesicht.

Er war an derartige Reaktionen gewöhnt. Und er fragte sich, ob die Rothaarige, mit der sie befreundet war, ebenso auf seinen Anblick reagieren würde.

Aus Erfahrung wusste er, dass die Wahrscheinlichkeit sehr groß war. Aber er erinnerte sich auch an das sarkastische Grinsen und das Kopfschütteln der Rothaarigen. Und an ihre Worte.

Erspar mir diese reichen, attraktiven Alpha-Männchen. Sie halten sich alle für die Ritter aus dem Märchen. Aber sie haben ja keine Ahnung. Eigentlich sind sie eher die Bösewichte.

Und ihm wurde klar, dass er mehr über diese Frau wissen musste.

»Ihre Freundin«, sagte er zu Brontë. »Die Rothaarige. Erzählen Sie mir von ihr.«

»Sie meinen Gretchen?«

»Ja.« Er kannte ihren Vornamen bereits, aber das reichte ihm noch lange nicht. »Wie lautet ihr Nachname?«

»Warum? Was wissen Sie über Gretchen?«

»Ich habe sie neulich mit Ihnen zusammen gesehen. Erzählen Sie mir mehr über Gretchen.«

Sie sah ihn mit gerunzelter Stirn an. »Warum soll ich Ihnen von Gretchen erzählen? Damit Sie sie stalken können?«

Hunter senkte den Blick auf die Karten in seiner Hand und versuchte, seine Verärgerung über ihre Zugeknöpftheit zu ignorieren. Durfte man denn nicht mal eine einfache Frage stellen? »Ich bewundere sie … aus der Ferne.«

»Wie ein Stalker.«

»Ich bin kein Stalker. Ich möchte nur gern mehr über sie wissen.«

»Das würde ein Stalker auch sagen.«

Er knirschte mit den Zähnen und starrte sie wütend an. Sie zuckte automatisch zurück, und ihre Miene wirkte alarmiert, als sie seine Narben musterte. Er beschloss, das zu ignorieren. »Ihre Freundin hat keinerlei romantisches Interesse von mir zu befürchten. Ich würde nur gern mehr über sie erfahren.«

Welche Frau wollte denn auch schon mit einem Mann ausgehen, dessen Gesicht derart entstellt war? Nur die Frauen, die hinter seinem Geld her waren, und an denen hatte er kein Interesse. Er wollte eine Gefährtin, keine Hure.

»Oh«, murmelte Brontë und starrte in ihr Weinglas, als gäbe es dort etwas sehr Interessantes zu sehen. »Petty«, sagte sie dann. »Ihr Nachname ist Petty. Sie schreibt Bücher.«

Jetzt machten sie endlich Fortschritte. Im Stillen merkte er sich die Informationen. Gretchen Petty, Autorin. Das konnte er sich gut vorstellen. »Was für Bücher?«

»Bücher, in denen die Namen anderer Leute stehen.«

Er starrte sie ungeduldig an und ärgerte sich, als sie ein wenig auf ihrem Stuhl zusammenschrumpfte. »Sie ist Ghostwriterin?«

Brontë nickte. »Genau. Und Cooper ist in sie verliebt.«

»Cooper? Wer ist Cooper?« Wer immer das auch war, Hunter hasste ihn schon jetzt. Vermutlich sah er gut aus, war eingebildet und bei Weitem nicht gut genug für sie. Verdammt.

»Cooper ist ein Freund. Aber das ist okay, er wird keine Annäherungsversuche machen. Er weiß, dass Gretchen kein Interesse an ihm hat. Sie mag andere Männer. Sie sehnt sich nach einer Herausforderung.«

Er schnaubte. Tja, mit Hunter Buchanan würde sie die definitiv bekommen.

Sie plauderten noch eine Weile, aber ihre Unterhaltung war angestrengt. Brontë sah immer wieder zur Tür und wartete zweifellos darauf, dass Logan zurückkehrte. Logan war ein gut aussehender Mann, groß, kräftig und ohne Narben. Auch wenn Brontë eine sanfte, süße Frau war, bezweifelte Hunter, dass sie jemandem wie ihn je mit etwas anderem als Abneigung oder Mitleid begegnen würde.

Und von Mitleid hatte er beileibe genug.

»Gretchen Petty«, murmelte er leise. Ghostwriterin. Jemand, der Bücher für andere Menschen schrieb und sich hinter ihrem Namen versteckte. Der Grund dafür hätte ihn sehr interessiert. Sie schien gar nicht der Typ zu sein, der sich hinter einem anderen Menschen versteckte. Und das faszinierte ihn. Was könnte eine Frau wie sie dazu bringen, sich für ihn zu interessieren? Wollte er es überhaupt versuchen? Wollte er wirklich wissen, ob sie ihn ebenso erschrocken ansehen würde, während sie verzweifelt versuchte, es um der Höflichkeit willen zu verbergen, wie es Logans Freundin tat? Oder würde sie den Menschen hinter den Narben sehen und beschließen, dass er ebenso interessant war wie jeder andere Mann?

Er erinnerte sich noch sehr gut daran, wie er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Sie hatte im Foyer der leeren Villa gestanden und gesagt: »Ich würde einen Mann vorziehen, der nicht in sein eigenes Spiegelbild verliebt ist. Besser als einer, der Haarpflegeprodukte und Designerklamotten braucht.«

Und so langsam nahm der Plan in seinem Kopf Gestalt an.

Es war weder ein sehr netter noch ein besonders ehrlicher Plan. Aber er musste auch nicht nett oder ehrlich sein, wenn er reich war. Das Gute am Geld war, dass es einem ermöglichte, die Kontrolle über die meisten Situationen zu übernehmen, und Hunter hatte vor, genau das zu seinem Vorteil auszunutzen.

***

Die Bruderschaft pokerte bis spät in die Nacht, während Hunters Bodyguard vor der Tür stand und jeden fernhielt, der sie stören wollte. Sie tranken, rauchten Zigarren und spielten Karten. Abgesehen von der schlafenden Frau, die in einer Ecke des Raums auf der Couch unter Logans Jackett als Decke lag, war dies ein ganz normales Treffen. Dabei sprachen sie über Geschäfte, tranken jede Menge Alkohol und machten sich Notizen, die sie am nächsten Morgen analysieren würden. Tipps wurden ausgetauscht, ebenso wie Investitionsmöglichkeiten und dergleichen.

Die Bruderschaft traf sich seit der Collegezeit einmal pro Woche und hatte geschworen, dass sie einander immer helfen würden. Damals war es ihnen wie ein idealistisches Versprechen vorgekommen: dass jene, die in eine reiche Familie hineingeboren worden waren, die anderen unterstützten, sodass sie letztendlich alle weit oben auf der Karriereleiter landen würden.

Hunter war dieser Eid sehr leicht gefallen. Als er sich im BWL-Kurs mit Logan angefreundet hatte, war er überaus erleichtert gewesen, endlich einen Freund gefunden zu haben. Er war die meiste Zeit zu Hause unterrichtet worden, daher kam ihm Dartmouth wie ein einziger Albtraum vor. Überall Menschen, die sein hässliches Gesicht und seinen vernarbten Arm anstarrten, als ob er ein Freak wäre. Er hatte keinen Zimmergenossen und auch sonst niemanden, der ihm seine Kommilitonen auf dem Campus vorstellen konnte, daher hielt er sich in der geschäftigen Campusgemeinde meist im Hintergrund, mied jeglichen Blickkontakt und schwieg.

Logan war beliebt, reich, gut aussehend und extrovertiert. Er wusste, was er wollte, und setzte alles daran, es auch zu bekommen. Die Frauen umschwärmten ihn, und andere Männer mochten ihn. Daher hatte es Hunter überrascht, als Logan ihn eines Tages in ein Gespräch verwickelte. Niemand sprach mit dem vernarbten Außenseiter. Aber Logan hatte Hunters Narben nur einige lange Sekunden angestarrt und war dann direkt zur ihren Hausaufgaben übergegangen und hatte über den Lehrplan gesprochen und darüber, dass die Klasse seiner Meinung nach einige sehr wichtige Konzepte ausließ, die sie für ihren Erfolg brauchen würden. Hunter hatte ihm zugestimmt, da er einiges über die Geschäfte seines Vaters wusste, und sie hatten Ideen ausgetauscht. Nachdem sie sich ein oder zwei Wochen lang immer wieder zwanglos unterhalten hatten, war Logan eines Tages auf Hunter zugekommen und hatte ihn zu einem Treffen eingeladen, das er organisierte.

Es war ein geheimes Treffen, wie sie auf den Campus der Ivy-League-Universitäten legendär waren, über die man nur hinter vorgehaltener Hand sprach. Hunter wurde sofort misstrauisch. Sein Vater gehörte zu den reichsten Männern des Landes und war schon allein wegen seines unfassbar großen Landbesitzes eine Legende unter den Unternehmern. Die Immobiliengeschäfte hatten seinen Vater zum Milliardär gemacht, und Hunter war sein einziger Erbe. Daher hatte er schon vor langer Zeit gelernt, anderen immer niedere Motive zu unterstellen.

Aber Logan war auf seine Weise ebenfalls unermesslich reich und brauchte Hunters Geld nicht. Außerdem war Hunter einsam, auch wenn er das nie zugegeben hätte. Daher war er zu dem Treffen gegangen, auch wenn er vermutete, dass es ein Trick oder ein Witz … oder schlimmstenfalls ein Erpressungsversuch war.

Stattdessen war er überrascht worden. Die sechs Männer, die an dem Treffen teilnahmen, kamen aus ganz verschiedenen Gesellschaftsschichten und waren an den unterschiedlichsten Fakultäten eingeschrieben. Reese Durham ging dank eines Stipendiums aufs College und trug schlecht sitzende Kleidung aus zweiter Hand. Er wurde von anderen wohlhabenden Studenten als Almosenempfänger verspottet und hatte schon einige Schlägereien hinter sich. Ähnliches galt für Cade Archer, allerdings war dieser dank seines lockeren, offenen Benehmens und seiner freundlichen Art sehr beliebt auf dem Campus. Seine Familie gehörte nicht zum alten Geldadel und hatte sich in Schulden gestürzt, damit Cade aufs College gehen konnte. Griffin Verdi, den einzigen Ausländer, kannte Hunter schon. Der Europäer mit Adelstitel hatte in irgendeinem obskuren kleinen Land gute Verbindungen zur Krone und besaß noch immer Ländereien, die schon seinen Vorfahren gehört hatten. Außerdem war da noch Jonathan Lyons, dessen Familie zwar mal wohlhabend gewesen war, das Geld jedoch bei einem desaströsen Geschäft verloren hatte.

Es war eine handverlesene Gruppe, und Hunter hatte sofort Verdacht geschöpft. Doch als Logan das Wort ergriffen hatte, wurde Hunter klar, was er vorhatte: Logan Hawkings wollte eine Geheimgesellschaft gründen. Eine Bruderschaft aus geschäftsorientierten Männern, die einander unterstützen, um in ihrem jeweiligen Bereich an die Spitze zu gelangen. Er glaubte, dass diejenigen, die Macht hatten, diesen Vorteil nutzen sollten, um ihren Freunden zu helfen. Damit könnten sie gleichzeitig ihr eigenes Imperium erweitern. Logan hatte Leute ausgewählt, die ähnlich dachten wie er selbst, in der Hoffnung, dass sie alle vergleichbare Ziele anstrebten.

Anfänglich hatte Hunter nur widerstrebend an den Treffen teilgenommen, da seine Familie von allen die wohlhabendste war. Die anderen waren natürlich ähnlich skeptisch gewesen. Aber dann hatten sie sich unterhalten, Ideen ausgetauscht, und schnell waren Konzepte und Strategien entstanden. Da hatte Hunter begriffen, dass es diese Männer gar nicht auf das Geld seiner Familie abgesehen hatten, sondern selbst welches verdienen wollten.

So war er Logans Geheimgesellschaft beigetreten. Sie gründeten die Bruderschaft, und mit der Zeit war er von einem Menschen ohne Freunde zu einem geworden, der fünf Männer an seiner Seite hatte, die ihm näher standen, als es Brüder hätten tun können.

Und obwohl seitdem Jahre vergangen waren, trafen sie sich noch immer jede Woche (es sei denn, sie waren auf Geschäftsreise), brachten sich auf den neuesten Stand und tauschten Tipps aus.

Bis zu diesem Abend hatte noch nie eine Frau daran teilgenommen. Die anderen waren ziemlich sauer gewesen, dass Logan Brontë mitgebracht hatte, aber Hunter machte es nichts aus. Tatsächlich freute er sich darüber, hatte sich jedoch nichts anmerken lassen.

Da Brontë nun in ihr Geheimnis eingeweiht war, würde sie auch öfter herkommen. Und Brontë war eng mit der geheimnisvollen Rothaarigen befreundet: Gretchen.

Diese Informationen konnte Hunter ausnutzen. Daher protestierte er nicht, als Logan sie hereinführte. Sie hatte ihm schon jetzt wichtige Informationen gegeben. Seine Gretchen war Autorin. Ghostwriterin. Es musste doch eine Möglichkeit geben, Kontakt mit ihr aufzunehmen. Zeit mit ihr zu verbringen, ohne dass sie Verdacht schöpfte. Er wollte einfach nur in ihrer Nähe sein. Mit ihr reden. Ihre Gesellschaft genießen.

Natürlich wollte er auch mehr, aber ein Mann wie er kannte seine Grenzen. Er wusste, dass sein Gesicht kein schöner Anblick war. Er hatte gesehen, wie Frauen bei seinem Anblick die Lippen verzogen. So jemanden wie Gretchen, eine kluge, schöne, witzige Frau, konnte er nicht für sich gewinnen, wenn sie nicht an seinem Geld interessiert war. Aber allein der Gedanke daran stieß ihn schon ab.

Er würde sich mit der Freundschaft zu einer wunderschönen Frau zufriedengeben, wenn er nicht mehr von ihr haben konnte.

2

Gretchen Petty fischte die Zitronenscheibe aus ihrem Wasserglas. »Glaubst du, ich kriege ein gutes Abendessen zusammen, wenn ich genug davon mit nach Hause nehme?«

Kat Garvey, die ihr gegenübersaß, streckte die Hand aus und nahm Gretchen die Zitronenscheibe aus der Hand. »Hör auf damit. So pleite bist du gar nicht.«

»Es wird aber nicht mehr lang dauern«, erwiderte Gretchen mit finsterer Miene, steckte einen Strohhalm in ihr Glas und trank einen Schluck Wasser. »Der Kühlschrank ist leer, und ich muss noch Wochen auf die nächste Zahlung warten.«

»Dann muss ich das Essen also heute bezahlen?«, fragte Kat trocken.

Gretchen stellte das Glas ab und klimperte mit den Wimpern. »Ach, Kat, das ist so lieb von dir.«

»Dank mir nicht. Ich werde es dir direkt von deinen nächsten Tantiemen abziehen.«

»In dem Fall bestelle ich mir lieber noch einen Nachtisch.«

Kat schüttelte nur grinsend den Kopf, und Gretchen warf ihr eine Kusshand zu. Sie hatten als Agentin und Klientin begonnen, waren in den letzten Jahren aber Freundinnen geworden. Das passte Gretchen sehr gut. Da sie den Großteil des Tages vor dem Computer saß, um ihre Abgabetermine einhalten zu können, traf sie ihre wenigen Freunde sowieso nur noch bei Geschäftsessen.

»Wie kommst du denn mit dem Buch voran, Gretchen? Als deine Agentin muss ich dich das fragen.« Kat steckte sich eine Gabel voll Nudeln in den Mund. »Ich weiß, dass es nicht grade dein Lieblingsprojekt ist.«

»Das wäre auch eine gewaltige Übertreibung«, entgegnete Gretchen mürrisch und stocherte in ihrem Salat herum. »Etwas wie ›schlimmste Folter in der Geschichte der Menschheit‹ wäre da schon zutreffender.«

Kat schnitt eine Grimasse. »Ist es so schlimm?«

Gretchen schüttelte den Kopf und überlegte, wie viel sie ihrer Agentin anvertrauen konnte. Sie waren eng befreundet, aber sobald sie wusste, was Gretchen mit diesem Projekt für Schwierigkeiten hatte, konnte es knifflig werden. Letzten Endes würde Kat auf der Seite des Verlags und nicht auf Gretchens Seite stehen. Sie war eine nette und gute Freundin, doch wenn es um die Arbeit ging, war Kat immer der Meinung der Geldgeber.

»Bleibt es wenigstens dabei, dass du Ende des Monats abgibst?«

»Hmmmmm, sicher.« Gretchen zuckte kaum merklich mit den Achseln und hielt den Blick gesenkt. »Oder vielleicht auch eine Woche später. Oder zwei.«

»Gretchen«, sagte Kat verärgert. »Ist das dein Ernst? Das ist schon das vierte Projekt, das du dieses Jahr verspätet abgibst.«

Gretchen schnitt eine Grimasse, da sie mit dieser Reaktion gerechnet hatte. Ihr fiel auch keine gute Ausrede ein. Sie hatte sich zu Hause eingeschlossen und den ganzen Tag geschrieben, aber die Projekte, die sie bekamen, wurden immer … langweiliger. Und aus diesem Grund fiel es ihr umso schwerer, sich jeden Tag hinzusetzen und daran zu arbeiten. »Ich musste sehr viel wissenschaftliche Recherche betreiben«, murmelte Gretchen.

»Für ›Astronaut Bill und die Weltraumhexen des dunklen Planeten‹? Willst du mich auf den Arm nehmen? Das ist Trash, Gretchen! Okay, es gibt viele Menschen, die diese Bücher lesen, aber es bleibt immer noch Trash. Schreib einfach.«

»Mach ich ja, aber hast du diese Bücher mal gelesen?«

Kat schnaubte. »So was lese ich nicht.«

»Tja, dann sind wir ja schon zwei. Ich musste jedenfalls ein paar lesen, und weißt du, was in ›Astronaut Bill besiegt die Mondmaiden‹ passiert? Er zerstört alle Pflanzen auf dem Planeten! Alle, Kat! Wie zum Teufel sollen sie denn atmen, wenn es nichts mehr gibt, das Sauerstoff produziert?«

»Das ist doch Weltraum-Fantasy.« Kat wedelte mit einer Hand durch die Luft. »Schreib irgendwelche Roboter-Sauerstoffproduzenten oder so was rein.«

»Aber es muss doch auch einen Sinn ergeben«, beharrte Gretchen seufzend. »Ich kann mir doch nicht einfach irgendwas ausdenken und solche Löcher in der Geschichte hinterlassen.«

Ihr war selbst nicht klar, warum ihr das so viel ausmachte, aber der Gedanke, dass diese dummen Mondmaiden mit den großen Brüsten ersticken könnten, solange sie die Fäden der Geschichte in der Hand hielt, ärgerte sie sehr. Details waren wichtig. Und wenn sich bei den Details irgendein Fehler einschlich, würden ihr die unzähligen Fans vorwerfen, dass sie schlechte Arbeit geleistet hatte. Und wenn sich die Bücher schlecht verkauften, ging Astronaut Bill an einen anderen Ghostwriter.

»Ich weiß nicht, warum du dich über diesen frauenfeindlichen Scheiß so aufregst, Gretchen. Schreib das Buch einfach zu Ende, und lass die Redakteurin die restlichen Lücken füllen. Dafür ist sie schließlich da.«

Gretchen kaute nur und sagte nichts.

»Du weißt, dass sie deinen Vertrag nicht verlängern, wenn du wieder zu spät abgibst. Und du brauchst diesen Vertrag.«

»Ich weiß. Es ist nur … schwierig.« Jede Seite von »Astronaut Bill« war die Hölle. Das Buch sollte nur fünfzigtausend Wörter dick werden, und die Geschichten waren einfach gestrickt. Bill bekommt eine Mission vom Hauptquartier. Bill fliegt los und erkundet einen neuen Planeten. Dort trifft er auf vollbusige Frauen, die er retten muss. Am Ende ist Bill der Held, nachdem er einige spektakuläre Schießereien mit der Laserkanone und einige sexuelle Abenteuer überstanden hat. Ein Kinderspiel.

Dummerweise hielt sie sich viel zu sehr mit den Details auf. Und sie mochte Bill nicht, was es ihr erschwerte, sich jeden Tag mit ihm zu beschäftigen. Aber mit Bill verdiente sie Geld, und nicht gerade wenig, also quälte sie sich weiter.

»Sag ihnen einfach, ich wäre krank. Oder behaupte, ein Familienmitglied wäre gestorben und ich hätte die Stadt verlassen müssen, um zur Beerdigung zu fahren.«

Kat starrte Gretchen wütend an. »Ich werde nicht lügen und etwas Derartiges behaupten. Ich sage ihnen nur, dass du maximal eine Woche länger brauchen wirst.«

»Zwei?«

»Eine Woche«, erwiderte Kat standhaft. »Aber du weißt auch, dass sie unter Termindruck stehen und nicht gerade begeistert davon sein werden.«

»Ich weiß«, gestand Gretchen niedergeschlagen. Die Miete war fällig, und jetzt war nicht gerade der beste Zeitpunkt, um eine Sinnkrise zu bekommen. »Ich kriege es rechtzeitig fertig, das verspreche ich dir.«

»Gretchen, du weißt, dass ich dich bewundere. Du bist meine Lieblingsklientin. Aber, und das sage ich in aller Freundschaft: Du musst dich wirklich mal zusammenreißen.«

»So gut wie geschehen. Versprochen.«

Kat wiegte skeptisch den Kopf. »Soll ich dir dann überhaupt von einem weiteren Ghostwriting-Vertrag erzählen? Man hat speziell nach dir gefragt.«

»Nach mir?« Gretchen setzte sich gerade hin und sah überrascht aus. »Ist das dein Ernst?«

»Ja. Ich weiß auch nicht, wie das kommt. Kennst du jemanden bei einem Verlag, ohne dass ich etwas davon wüsste?« Sie verzog amüsiert den Mund. »Insbesondere bei einem brandneuen?«

»Bei einem brandneuen?«

»Ja, jemand baut einen kleinen Verlag auf. Ich weiß nicht viel darüber, nur dass sie sich einen der besten Verleger gesichert haben, der ihn leiten soll, und für den ersten Titel möchten sie dich an Bord haben.«

Das war … merkwürdig. Schmeichelhaft, aber merkwürdig. »Das begreife ich nicht.«

»Ich auch nicht. Aber sie haben mir eindeutig zu verstehen gegeben, dass sie dich für dieses Projekt haben wollen. Sie sagten, du hättest einen guten Ruf als Ghostwriterin und dass sie dich mit an Bord haben wollen.«

Gretchen schob sich noch eine Gabel voll Salat in den Mund und dachte nach. Sie hatte zugegebenermaßen einen Ruf, aber sie war nicht davon überzeugt, dass er besonders gut war. Sie übernahm viele Projekte, einfach um ihre Rechnungen bezahlen zu können, aber sie gab auch häufig zu spät ab. Oftmals war sie nicht besonders inspiriert, und das Schreiben war ein verdammt schwerer Job, wenn man eigentlich gar keine Lust dazu hatte.

In letzter Zeit ging es ihr oft so, aber sie brauchte schließlich Geld, denn die Miete bezahlte sich nicht von alleine. Ihre Schwester Audrey schüttelte dann immer den Kopf und schlug vor, dass Gretchen sich Geld von ihrer berühmten Schwester Daphne borgen sollte, aber Gretchen wollte das nur tun, wenn ihr gar nichts anderes mehr einfiel. Wenn man bei Daphne Schulden hatte, bekam man letzten Endes mehr Ärger, als es die Sache wert war. Nachdenklich spießte Gretchen ein Salatblatt auf. »Was für ein Job ist es denn, und wie viel wollen sie zahlen?«

»Dafür gibt es dreihundert Riesen.«

Gretchen erstarrte mit der Gabel auf halbem Weg zum Mund. »Drei … hundert Riesen? Im Ernst?«

»Hat man mir zumindest gesagt. Es ist schließlich der Spitzentitel.«

»Und das ist wirklich ein richtiger Verlag? Wieso legen die so viel Geld auf den Tisch?«

»Das weiß ich auch nicht. Die Bedingungen sind ebenfalls seltsam. Zehn Prozent im Voraus, neunzig Prozent nach Annahme des abgegebenen Manuskripts. Und es wird noch abgefahrener.«

Die meisten Verlage bezahlten die Hälfte der Summe bei Vertragsunterschrift. Aber dreißigtausend Dollar waren mehr, als sie für ihr letztes Buch insgesamt bekommen hatte, daher war es in Anbetracht aller Umstände noch immer lohnenswert für sie, selbst wenn zwischendurch irgendetwas schieflief. »Was gibt es denn noch?«

Kat machte auf einmal eine betretene Miene und griff nach ihrem Weinglas. »Nun ja, die Arbeitsbedingungen sind ziemlich ungewöhnlich.«

»Oh, oh. Das, was du gleich sagst, wird mir bestimmt nicht gefallen.«

»Vermutlich nicht, darum habe ich es auch nicht sofort erwähnt, als wir uns getroffen haben. Es ist wirklich seltsam, Gretch. Richtig seltsam. Offenbar wollen sie, dass du eine Art Briefroman schreibst. Es geht um einige alte Briefe, die auf dem Dachboden eines sehr alten und sehr berühmten Herrenhauses gefunden wurden. Laut Verlag sind diese Briefe sehr romantisch, daher sehen sie es als eine Art Kombination aus ›Anne Frank‹ und ›Wie ein einziger Tag‹. Sie glauben, dass das Buch richtig einschlagen kann. Aber es gibt einen Haken: Sie können die Briefe nicht transportieren.«

»Okay, das ist vielleicht ein wenig pingelig, aber das kriegen wir schon hin.« Langsam erwärmte sie sich für dieses Projekt. Eine Kombination aus »Anne Frank« und »Wie ein einziger Tag«? Das erste Buch eines neuen Verlags? Bei einem solchen Vorschuss war das mehr als vielversprechend. »Unter wessen Namen soll ich schreiben?«

»Das weiß ich noch nicht. Sie wollen das erst verraten, wenn der Vertrag unterschrieben ist.«

»Wo steht denn dieses Haus?«

»Es ist ein Herrenhaus«, korrigierte sie Kat. »Und es steht in Hyde Park.«

Gretchen bekam einen trockenen Mund. »Etwa … die Vanderbilt-Villa?«

»Nicht ganz. Kennst du das Haus mit den weißen Säulen und dem irren Rosengarten?«

»Du liebe Güte! Natürlich kenne ich es. Das Buchanan-Haus.«

»Genau das. Und dort befinden sich unsere Briefe.«

»Das ist ja cool«, sagte Gretchen fasziniert. »Ich bin völlig begeistert von diesem Projekt.«

»Ich finde, du solltest dir das noch mal überlegen.«

»Warum? Es wird gut bezahlt, das Haus ist faszinierend, und es ist ein Spitzentitel. Was verschweigst du mir?«

»Es geht um das Haus. Ich sagte doch bereits, dass die Briefe das Haus nicht verlassen dürfen, oder?«

»Ja, aber wo ist das Problem? Ich fahre einfach für ein paar Tage hin und mache Fotos davon. Ich habe kein Problem damit, vor Ort zu recherchieren, wenn die Bezahlung stimmt, und das tut sie.«

»Du sollst vor Ort bleiben. Wenn du den Job annimmst, dann wollen sie, dass du für die Dauer des Projekts dort wohnst. Sie wollen nicht, dass du nur hin und wieder da reinschneist. Der Besitzer ist wohl ein halber Einsiedler, und er mag keine Unruhe, daher besteht er darauf, dass der Ghostwriter bei ihm auf dem Anwesen lebt.«

»Wie bitte?«

»Dass er bei ihm wohnt. Dem Besitzer. Er will nicht, dass die Briefe das Haus verlassen.«

»Das ist schon ein wenig …«

»Skurril, nicht wahr? Das habe ich auch gesagt, und aus genau diesem Grund bin ich der Meinung, dass du den Job nicht annehmen solltest.«

Gretchen dachte einen Moment lang nach. Die Bezahlung war gut, und das Haus war faszinierend, aber die Vorstellung, dort mit einem Fremden zusammenzuwohnen, war nicht nur exzentrisch, sondern ausgesprochen bizarr. »Um wie viele Briefe geht es hier genau?«

»Um mehrere Hundert.« Kat sah sie neugierig an. »Du denkst doch nicht etwa darüber nach, oder?«

»Nicht ernsthaft«, gab sie zu. »Aber es wäre schon cool, das Haus mal von innen zu sehen und sich einige Zeit darin aufzuhalten. Und es gibt gutes Geld. Aber …«

»Genau dieses Aber bereitet mir Kopfzerbrechen. Soll ich ihnen absagen?«

Gretchen spielte mit ihrer Gabel herum und überlegte, dass sie den teuren Salat auf ihrem Teller eigentlich nicht einmal bezahlen konnte, solange sie nicht wieder Geld bekommen hatte. »Noch nicht.«

Kat zuckte mit den Achseln. »Wie du willst.«

Sie schob einen Croûton auf ihrem Teller herum. Dreihundert Riesen bedeuteten mehrere Jahre finanzielle Sicherheit, selbst im teuren New York. »Und sie haben speziell nach mir gefragt?«

»Allerdings. Vielleicht ist der Einsiedler ein großer Fan von Astronaut Bill.«

Ja, klar. Vielleicht war sie aber auch die einzige Idiotin, die überhaupt in Erwägung zog, einen solchen Job anzunehmen. Gretchen seufzte und tippte Kats fluffiges Weizenbrötchen an. »Isst du das noch?«

***

»Mach dir keine Sorgen, Uranea. Ich werde sie mit meinem bewährten Laserschwert aufhalten.« Astronaut Bill legte eine Hand auf die Schwertscheide an seiner Hüfte.

Uranea keuchte und schlug ihre kleinen Hände vor den Mund. Ihr Busen zitterte vor Aufregung. »Oh, pass bitte auf dich auf, Astronaut Bill.«

»Sie werden nicht wissen, was über sie gekommen ist«, sagte Bill grimmig und zog sein riesiges Schwert aus der Scheide. Wieder keuchte Uranea und war von dessen Größe offenbar sehr beeindruckt. »Ich werde sie in die Sterne schicken, auf dass sie niemals wiederkehren …«

Gretchen verdrehte die Augen über das, was sie gerade geschrieben hatte, und trank einen Schluck aus der Wasserflasche. Das war Müll. Nichts als dämliches Geschwafel. Würde Uranea Cooper’s Cuppa betreten und etwas bestellen, dann würde Gretchen sie vermutlich über den Tresen schleifen und sie verprügeln.

Hmm. Sie beschloss, sich das zu merken: Uranea im nächsten Kapitel verprügeln lassen.

Dieser blöde Astronaut Bill. Diese dämliche Uranea. Sie hoffte immer wieder auf ein schwarzes Loch, das sie in eine andere Dimension ziehen würde, damit sie nicht mehr über die beiden schreiben musste, aber so viel Glück hatte sie natürlich nicht.

Gretchen sah wieder auf die Uhr am Ofen. In zehn Minuten waren die nächsten Kekse fertig. Sie konnte also noch ein bisschen weiterschreiben. Nachdem sie sich für einige weitere Absätze gewappnet hatte, tippte sie weiter. Die Glocke auf dem Tresen bimmelte, und sie sah von ihrem Tablet auf, an dem sie die nächsten Szenen schrieb, wenn sie nicht gerade Kunden bedienen musste.

Cooper ging an ihr vorbei, bevor sie aufstehen konnte, und sein weißes Hemd und die hellrote Schürze verschwammen vor ihren Augen. »Ich mach das schon, Gretch. Du bist ja beschäftigt.«

Sie war … beschäftigt? Sie sah ihm mit hochgezogener Augenbraue nach. Das war ja unglaublich. Sie saß hier und machte nicht den Job, für den er sie bezahlte, und er ließ ihr das auch noch durchgehen? Er war entweder der netteste Boss der Welt oder … Ach, verdammt. Brontë hatte recht gehabt, als sie Gretchen neulich zu verstehen gegeben hatte, dass Cooper total verliebt in sie war.

Na, wenn das die Sache nicht noch komplizierter machte.

Cooper war ein alter Freund, den sie noch vom College kannte. Sie waren etwa zur gleichen Zeit nach New York gezogen – er wollte ein Café eröffnen und sie Karriere als Journalistin machen. Da war es ihnen nur natürlich vorgekommen, dass sie zusammenhielten und Freunde blieben, und wenn sie knapp bei Kasse war und Geld brauchte, ließ Cooper sie in seinem Café arbeiten.

Aber jetzt war er wirklich etwas zu verständnisvoll.

Brontë hatte vor einigen Wochen versucht, ihr zu sagen, dass Cooper in sie verliebt war, aber Gretchen hatte es abgestritten. Cooper war nur ein Freund. Sie waren Freunde. Sie unternahmen manchmal etwas zusammen und halfen einander. Mehr war da nicht. Aber langsam begann sie sich zu fragen, ob sie Coopers Gefühle wirklich richtig einschätzte oder ob an der Sache mehr dran war, als sie dachte. Sie warf ihm einen besorgten Blick zu, während er den Milchkaffee zubereitete und den wartenden Kunden reichte. Als das Café wieder leer war, drehte er sich zu ihr um und sah sie mit einem Lächeln an, das für ihren Geschmack viel zu breit war.

»Wie kommst du mit dem Buch voran?«, erkundigte er sich. »Macht es dir noch immer Probleme?«

Es gab nur einen Weg, um herauszufinden, ob Cooper ihr Leben komplizierter machen würde oder nicht. »Ach, ich kämpfe hier mit einer Liebesszene«, sagte sie beiläufig. »Du weißt ja, wie das ist.«

Cooper wurde knallrot, und sein blödes Grinsen wurde noch breiter und noch blöder.

Verdammt.

Sie speicherte die Datei ab und beendete die App. Vielleicht sollte sie in Zukunft etwas weniger Zeit in Cooper’s Cuppa verbringen. Normalerweise machte sie nur eine Schicht pro Woche, um sich etwas dazuzuverdienen, aber seitdem ihre letzte Mitbewohnerin ausgezogen war, kam sie beinahe jeden Tag hierher. Sie brauchte das Geld, und so hatte sie außerdem eine gute Ausrede, um sich nicht mit Astronaut Bill und Uranea beschäftigen zu müssen.

Doch ganz offensichtlich war der Schuss nach hinten losgegangen.

»Ich muss diese Szene unbedingt noch fertig schreiben«, meinte sie zaghaft und schob sich das Tablet unter den Arm. »Wenn das für dich okay ist, mache ich heute früher Feierabend.«

»Kein Problem«, erwiderte Cooper. »Aber ich wollte noch etwas mit dir besprechen.«

Die Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf. Oh Gott. Cooper war ein Freund, aber das war auch schon alles. Er war für sie eher wie ein Bruder. Ein kleiner Bruder mit einer abstehenden Tolle am Hinterkopf, der nur wenige Zentimeter größer war als sie und Flecken auf seinen hellen Hemden hatte. Cooper war süß, aber auf gar keinen Fall ihr Typ. Wenn er mit ihr ausgehen wollte, dann würde das die lockere Freundschaft ruinieren, die sie bisher verbunden hatte.

Ihr kam es vor, als wäre sie jetzt schon ruiniert, und das deprimierte sie.

Sie zerrte an den Bändern ihrer Schürze und wandte ihm den Rücken zu, damit er ihre Miene nicht sehen musste. »Kann das nicht warten, Coop? Ich muss wirklich los. Die Kekse sind in ein paar Minuten fertig, dann kannst du sie rausholen.«

»Mach ich. Ich wollte dir auch nur sagen, dass du dich über deinen nächsten Gehaltsscheck freuen wirst.«

Sie drehte sich zu ihm um. »Warum?«

Er strahlte sie an. »Ich habe dein Gehalt erhöht.«

»Was? Warum? Ich bin doch deine schlechteste Angestellte.«

»Sag das nicht. Du bist meine Lieblingsangestellte.« Bei diesen Worten wurde sein Lächeln sanfter.

Gretchens Unbehagen wuchs. Wann hatte sich Cooper bloß in sie verliebt? Und warum war ihr das nicht früher aufgefallen? Das machte ihren Umgang miteinander unglaublich kompliziert. »Du solltest mein Gehalt nicht erhöhen, Coop. Jeder andere hätte mich schon längst gefeuert. Ich komme ständig zu spät, ich bin faul, und ich arbeite an anderen Dingen, wenn ich eigentlich Kunden bedienen sollte.«

»Ja, aber deine Kekse sind unglaublich lecker. Die Kunden lieben sie.«

Sie schnaubte. »Hast du den Teil, in dem ich sagte, dass ich zu spät komme und faul bin, nicht mitbekommen?«

»Doch, aber du arbeitest hart.«

»An meinen Büchern, aber nicht in deinem Café.«

Er kicherte. »Du solltest mir so etwas nicht sagen. Schließlich bin ich dein Boss.«

»Du bist mein Freund«, sie betonte das Wort absichtlich und kam sich wie ein Arschloch vor, als sie sah, wie sein Lächeln verblasste. Kann sich nicht einfach der Boden auftun und mich verschlucken? »Eigentlich wollte ich dir auch noch sagen, dass du mich ein paar Wochen lang nicht sehen wirst«, hörte sie sich auf einmal sagen. Dieses verrückte Projekt, das Kat vorgeschlagen hatte, hörte sich immer besser an. Ein Monat, in dem Cooper und sie sich nicht sahen, war vielleicht genau das Richtige, damit sich seine Gefühle wieder abkühlten und sie in der Zeit gutes Geld verdiente. »Ich habe gerade einen neuen Vertrag unterschrieben, und er erfordert, dass ich eine Weile vor Ort arbeite.«

»Echt?« Er sah erschüttert aus. »Du wirst mir fehlen.«

»Tja.« Sie zuckte mit den Achseln und wäre am liebsten weggerannt. »Tut mir leid. Aber Debbie wollte ja ohnehin gerne mehr arbeiten. Kannst du ihr meine Schichten geben?«

»Hey«, sagte er und drückte ihren Oberarm, als müsse er sie trösten. »Kein Problem. Tu, was du tun musst. Du weißt, dass ich immer für dich da sein werde.«

Gretchen nickte. »Danke, Cooper. Du bist ein guter Freund. Und das meine ich ehrlich.«

»Ich weiß.« Klang seine Stimme jetzt etwa traurig?

Nun fühlte sie sich noch schlechter. Das Letzte, was sie wollte, war, Cooper wehzutun. Okay, das stimmte nicht ganz. Das Letzte, was sie wollte, war, mit Cooper auszugehen. Das Zweitletzte war, ihm wehzutun. »Danke, Cooper. Tut mir leid, dass ich dich hängen lasse.«

»Wir kriegen das schon hin«, meinte er fröhlich.

Sie starrten sich einige betretene Sekunden lang an, und dann klingelte die Glocke auf dem Tresen und ersparte ihnen weitere Peinlichkeiten.

»Ich geh dann mal«, erklärte Gretchen und nahm die Schürze ab. »Man sieht sich, Cooper.«

Er nickte und nahm die Bestellung eines Kunden entgegen, als wäre alles in Ordnung und als hätten sie sich nicht gerade sehr seltsam benommen.

Aber sie spürte seinen Blick im Rücken, als sie hinausging.

Sobald Gretchen vor der Tür stand, holte sie ihr Handy aus der Tasche und rief ihre Agentin an.

»Kat Garvey.«

»Ich bin’s. Steht dieser komische Job im Buchanan-Haus noch immer im Raum?«

»Du überlegst doch nicht ernsthaft, dich darauf einzulassen, oder?«

»Und ob.« Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr schien es eine gute Idee zu sein. Gut, es war schon ziemlich unorthodox. Aber die Vorstellung, für eine Weile von Astronaut Bill und seiner Gespielin wegzukommen, war überaus reizvoll. Und wo sie gerade bei unangenehmen Liebesbekundungen war … Ihr Unbehagen Cooper gegenüber würde bestimmt auch nachlassen, wenn sie ihn eine Zeit lang nicht sah. Außerdem war die Bezahlung ein sehr angenehmer Bonus. »Ich könnte eine Ablenkung gebrauchen, und dieses Projekt klingt nach der perfekten Lösung. Wann kann ich anfangen?«

»Sobald der Vertrag unterschrieben ist. Bist du dir wirklich sicher, dass du das machen willst, Gretchen? Du musst dafür in diesem Haus leben.«

»Ja, aber ich habe das Haus schon von außen gesehen. Es ist riesig.«

»Was ist, wenn darin nur Särge und geköpfte Puppen stehen?«

»Um Himmels willen, Kat. Hast du dich in letzter Zeit zu oft in der Horrorecke rumgetrieben? Das ist ein Herrenhaus. Mir wird da schon nichts passieren. Es ist vermutlich so riesig, dass mir nie ein Mensch über den Weg läuft. Wahrscheinlich sitze ich den ganzen Tag in einer staubigen Bibliothek, und das ist auch schon alles.«

Kat seufzte hörbar ins Telefon. »Okay, als deine Freundin muss ich dir mitteilen, dass du verrückt bist. Aber als deine Agentin danke ich dir für die Provision.«

»Gern geschehen. Denke ich zumindest. Könntest du jetzt meine Redakteurin von Astronaut Bill anrufen und sie um eine Verlängerung bitten?«

3

Gretchen blickte ehrfürchtig durch das Taxifenster auf die Buchanan-Villa, als sie die Auffahrt hinauffuhren. »Großer Gott, das ist ja ein Wahnsinnshaus. Ich kann es nicht fassen, dass ich den nächsten Monat hier wohnen werde.«

»Ich auch nicht.« Die Stimme ihrer Schwester Audrey, die neben ihr saß, klang spröde und missbilligend. »Du verdienst zwar gutes Geld, aber ich halte dich trotzdem für verrückt, dass du diesen Job angenommen hast.«

Gretchen war da ganz ihrer Meinung. »Der Job ist wirklich lukrativ, Audrey. Und du hättest nicht mitkommen müssen.«

Audrey schnaubte abfällig. »Oh doch, das musste ich tun. Du bist Buchanan noch nie begegnet, ich schon. Er ist mürrisch und ein unangenehmer Zeitgenosse, und dieses Haus ist ein Mausoleum. Es ist schlimm genug, dass du einen Job annimmst, der dich zwingt, im Haus eines anderen Menschen zu wohnen, und es ist mir völlig egal, ob er Mr Hawkings’ bester Freund ist: Ich lasse dich erst in diesem Haus schlafen, nachdem ich mich dort umgesehen habe. So wissen sie wenigstens, dass es jemanden gibt, der auf dich aufpasst. Ich will nicht, dass du einen Monat lang verschwindest und wir dann über die Medien nach dir suchen und den Garten umgraben lassen müssen.«

Gretchen verdrehte die Augen. »Ich werde diesen Mann vermutlich nicht einmal zu Gesicht bekommen.«

Audrey sah sie nur streng an. »Widersprich mir nicht. Du weißt, dass ich die Verantwortungsbewusste in unserer Familie bin.«

Da sie damit recht hatte, grinste Gretchen nur.

Der Wagen fuhr langsam die gewundene Auffahrt hoch, und sie kamen an kunstvoll beschnittenen blühenden Büschen in fantastischen Formen vorbei. Spiralen, Monde und Sterne zierten den farbenfrohen herbstlichen Garten. »Ich bezweifle, dass sie mich einfach so verscharren würden, Audrey. Hast du dir den Garten mal angesehen? Die Pflege kostet vermutlich mehr, als wir beide zusammen in einem Monat verdienen.«

»Wenn du Geld brauchst …«, setzte Audrey zum millionsten Mal an diesem Tag an.

»Es geht nicht nur ums Geld«, unterbrach Gretchen sie. »Es ist ein Abenteuer. Hast du dich noch nie nach einem Abenteuer gesehnt?«

»Zumindest nach keinem, bei dem ich mit einem Fremden zusammenleben muss.«

Spielverderberin. Es war ja nicht so, als würden sie und der Hausbesitzer im Schlafanzug Kissenschlachten machen, im selben Bett schlafen oder etwas in der Art. »Sieh dir doch nur mal an, wie riesig das Haus ist. Vermutlich laufen wir uns nicht einmal über den Weg.«

Die Buchanan-Villa war so groß wie ein Einkaufszentrum, und das war nicht übertrieben. Gretchen versuchte, die Fenster an der Vorderseite des Gebäudes zu zählen, aber es waren einfach zu viele. Spitze, dunkelgrüne Giebeldächer thronten über einem eierschalenfarbenen Haus. Überall waren Fenster, durch die man auf den spektakulären Garten hinausblicken konnte. Wenn sie richtig gezählt hatte, gab es vier Stockwerke. Großer Gott, wie viele Zimmer brauchte ein Milliardär denn? Er hätte eine ganze Schule in diesem Gebäude unterbringen können.

Das Taxi hielt auf der mit Kopfsteinpflaster bedeckten Auffahrt, und Audrey bezahlte den Fahrer, während Gretchen ausstieg und Igors Katzentransportbox festhielt. Der Kater miaute wütend, und sie versuchte, ihn zu beruhigen. Dabei konnte sie ihren Blick kaum von dem Haus abwenden.

Sie trug eine Jeans und ein Sweatshirt und fühlte sich fürchterlich underdressed. Dabei war das schon eines ihrer besseren Outfits. Da sie das Haus normalerweise nicht besonders oft verließ, trug sie die meiste Zeit Jogginghosen. Aber bei diesem Haus bekam sie den Eindruck, dass man nur mit einem steifen Kragen und einem Tweedsakko wirklich adäquat gekleidet wäre. Gretchen schluckte schwer, als der Fahrer ihre Koffer auf die Auffahrt stellte. »Jetzt wird mir doch ein bisschen mulmig.«

Audrey schulterte ihre kleine Reisetasche und musterte Gretchen mit eigentümlicher Miene. »Wo ist dein ganzer Mut geblieben?«

»Mir war nicht klar, dass ich in Hogwarts wohnen würde. Ich …«

Die gewaltige Holztür wurde geöffnet, und ein großer, dünner Mann mit Glatzkopf und langem Hals kam aus dem Haus. Die beiden Frauen sahen ihn schweigend an, als er näher kam. Gretchen musterte ihn interessiert. Er trug eine schmale, karierte Krawatte und ein Tweedsakko mit Ellenbogenflicken. Faszinierend. War das der Besitzer, der sie begrüßen wollte? Der sah ja nicht besonders freundlich aus.

»Guten Tag«, sagte der Mann mit einer sonoren Stimme. »Wer von Ihnen ist Miss Gretchen Petty?«

Sie hob die Hand. »Hier.« Dann senkte sie sie schnell wieder und kam sich dumm vor. Sie war hier doch nicht in der Schule. »Ich bin in Begleitung meiner Schwester, die das Wochenende hier verbringen und mir bei der Eingewöhnung helfen wird. Ich hoffe, das geht in Ordnung?«

Er starrte sie durchdringend an, als hätte sie ihn zutiefst beleidigt.

Audrey räusperte sich und ging mit ihrem iPad in der Hand auf den Mann zu. »Ich arbeite für Logan Hawkings, der mit Mr Buchanan befreundet ist. Als ich Mr Hawkings sagte, dass wir das Wochenende zusammen hier verbringen wollten, sagte er mir, dass er das mit Mr Buchanan geklärt hätte und dass es kein Problem sei, wenn ich meine Schwester für ein paar Tage begleite.« Audreys Tonfall war direkt, knackig und absolut geschäftsmäßig, obwohl der Mann sie missbilligend anstarrte.

Gretchen hätte ihrer Schwester am liebsten einen Kuss gegeben, weil sie diesen Mann an seinen Platz verwiesen hatte. Er konnte unmöglich Mr Buchanan sein. Gott sei Dank. Schließlich sah er aus, als hätte er einen gewaltigen Stock im Hintern. Mit solchen Menschen konnte Gretchen nicht besonders viel anfangen.

Nach einem langen Moment nickte der Mann. »Ich wurde über Mr Hawkings’ Beteiligung informiert. Wenn Sie mir bitte folgen würden, dann zeige ich Ihnen Ihr Zimmer.«

Er drehte sich um und ging die Treppe wieder hinauf, ohne ihnen anzubieten, ihnen mit ihrem Gepäck zu helfen.

Wie nett. »Nein, nein«, sagte Gretchen laut. »Machen Sie sich keine Mühe. Ich kann meinen Koffer schon alleine tragen. Schließlich stammen wir von Amazonen ab. Ich bin stark wie ein Bulle.« Sie spannte spielerisch die Muskeln an.