Cowboy Love - Bis wir uns wiedersehen - Jessica Clare - E-Book

Cowboy Love - Bis wir uns wiedersehen E-Book

Jessica Clare

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Beschreibung

Willkommen in Painted Barrel, Wyoming – dem malerischen Städtchen, in dem Herzen zueinanderfinden! Dustin & Annie: Ein unverschämter Cowboy und eine jungen Tiertrainerin, die nicht nur den Vierbeinern Manieren beibringt …

Dustin Worthington ist weit über Painted Barrel hinaus als Frauenheld bekannt. Er liebt es zu flirten, und seinem Cowboy-Charme kann keine Frau widerstehen. Für ihn ist Liebe nur Spaß. Bis er auf die smarte Annie trifft.
Annie Grissom hat nichts für Beziehungen übrig. Ihre Zeit verbringt sie lieber mit Tieren, denn die können einen weder anlügen noch enttäuschen – anders als so mancher Mann. Als sie ihr Job als Hundetrainerin nach Wyoming führt und sie dort auf den gut aussehenden Dustin trifft, lässt sie sich auf eine Affäre mit ihm ein. Es soll alles locker und unverfänglich bleiben, doch dann kommen echte Gefühle dazwischen – und eine Überraschung, mit der beide nie gerechnet hätten …

Die Wyoming-Cowboys-Reihe bei Blanvalet:
Band 1: Cowboy Love – Wo Herzen sich finden
Band 2: Cowboy Love – Bis wir uns wiedersehen
Band 3: Cowboy Love – Solange du mich hältst
Band 4: Cowboy Love – Wenn Träume wahr werden

Alle Bände können unabhängig voneinander gelesen werden.

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Seitenzahl: 435

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Buch

Dustin Worthington ist weit über Painted Barrel hinaus als Frauenheld bekannt. Er liebt es zu flirten, und seinem Cowboy-Charme kann keine Frau widerstehen. Für ihn ist Liebe nur Spaß. Bis er auf die smarte Annie trifft.

Annie Grissom hat nichts für Beziehungen übrig. Ihre Zeit verbringt sie lieber mit Tieren, denn die können einen weder anlügen noch enttäuschen – anders als so mancher Mann. Als sie ihr Job als Hundetrainerin nach Wyoming führt und sie dort auf den gut aussehenden Dustin trifft, lässt sie sich auf eine Affäre mit ihm ein. Es soll alles locker und unverfänglich bleiben, doch dann kommen echte Gefühle dazwischen – und eine Überraschung, mit der beide nie gerechnet hätten …

Die Wyoming-Cowboys-Reihe bei Blanvalet:

Band 1: Cowboy Love – Wo Herzen sich finden

Band 2: Cowboy Love – Bis wir uns wiedersehen

Band 3: Cowboy Love – Solange du mich hältst

Band 4: Cowboy Love – Wenn Träume wahr werden

Alle Bände können unabhängig voneinander gelesen werden.

Autorin

Jessica Clare lebt mit ihrem Mann in Texas. Ihre freie Zeit verbringt die »New York Times«- und »USA Today«-Bestsellerautorin vor allem mit dem Verfassen prickelnder Liebesgeschichten. Wenn sie aber nicht gerade an ihrem Schreibtisch sitzt, macht sie es sich gern mit einem guten Buch bequem oder spielt Videospiele.

Besuchen Sie uns auch auf www.instagram.com/blanvalet.verlag und www.facebook.com/blanvalet.

Jessica Clare

Cowboy Love

Bis wir uns wiedersehen

Deutsch von Christiane Meyer

Die Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel »The Cowboy and His Baby (The Wyoming Cowboy Series Book 2)« bei Berkley, New York.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Copyright der Originalausgabe © Jessica Clare 2019

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2022 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Carina Heer

Umschlaggestaltung: © Johannes Wiebel | punchdesign, unter Verwendung von Motiven von stock.adobe.com (ysbrandcosijn, m_haberstock, Vesna, Diane, Drobot Dean) und RNC/romancenovelcovers.com

JS · Herstellung: sam

Satz: KCFG – Medienagentur, Neuss

ISBN 978-3-641-26947-0V002

www.blanvalet.de

Für Cindy und Kristine – ein besseres Team kann sich ein Autor nicht wünschen.

Kapitel 1

Annie Grissom war mittlerweile seit sechs Jahren im Filmgeschäft. Man rief sie immer dann, wenn tierischen Darstellern besondere Dinge beigebracht werden mussten. Sie hatte schon Hunden antrainiert, auf ihren Hinterbeinen zu laufen, so zu bellen, dass es sich fast wie ein gesprochener Satz anhörte, einem Anführer überallhin zu folgen und sonstige Tricks zu zeigen, die mit einer Prise Kinomagie auf der Leinwand unglaublich wirken würden. Tricks, bei denen die Zuschauer in ihren Kinosesseln ein Stückchen höher rücken und einander zuflüstern würden: »Wie haben die das denn geschafft?«

Doch man hatte sie noch nie gebeten, einen Hund dazu zu bringen, durch einen unkontrollierbaren Flächenbrand zu rennen.

»Tut mir leid, Mr Sloane«, sagte sie zum gefühlt hundertsten Mal an diesem Tag. Bei diesem Film hatte sie den Eindruck, sich ständig für irgendetwas entschuldigen zu müssen – vor allem dem Regisseur gegenüber. Annie blätterte noch einmal durch das Drehbuch. »Ich glaube, ich finde die Szene mit dem riesigen Brand hier im Skript überhaupt nicht.«

»Ich hatte gestern Nacht einen Geistesblitz. Da wir einen Film drehen, der im ländlichen Milieu auf einer Ranch spielt, halte ich die Idee für perfekt. Also? Schaffen Sie es, Petey beizubringen, das zu machen, oder muss ich mir einen neuen Star für meinen Film suchen?« Er funkelte sie an, als wäre ihr Zögern für ihn ein unglaubliches Ärgernis.

»Spidey«, murmelte sie und überlegte fieberhaft, wie sie reagieren sollte, während sie so tat, als hätte das Drehbuch ihre ganz Aufmerksamkeit gefangen genommen.

»Was?«, brüllte Mr Sloane. Er brüllte ziemlich viel. Für solche Menschen zu arbeiten war am schwierigsten. Das passte, denn für gewöhnlich bekamen sie ihre Jobs durch Vetternwirtschaft oder einen Freund der Familie und nicht durch die eigenen Verdienste, und so neigten sie dazu, außergewöhnlich viel zu schreien, um sicherzustellen, dass alles so lief, wie sie es sich vorstellten. Sie hatte den Vertrag für diesen Film in dem Wissen unterschrieben, dass Mr Sloane kein sehr verdienstvoller Regisseur war, aber sie hätte nicht gedacht, dass er so schlimm sein könnte.

»Mein Hund heißt Spidey«, sagte Annie und tat ihr Bestes, um ihr Lächeln nicht zu verlieren. »Und ich will ja nicht nerven, doch er bekommt Angst, wenn Leute um ihn herum so schreien.«

»Was?«, schleuderte Mr Sloane ihr entgegen, seine Nase war schon ganz rot.

»Das ist eine der Vorschriften, die in dem ›Vertrag zum Wohle des Tieres‹ stehen«, fuhr sie fort. »Kein Geschrei am Set, kein Mensch außer dem Trainer darf das Tier berühren, kein Mensch außer dem Trainer darf das Tier füttern. Ansonsten stört das meine Arbeit mit dem Tier.«

Er verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und starrte sie an. »Wollen Sie mir erklären, wie ich meinen Job zu erledigen habe, Miss …«

»Grissom«, rief sie ihm in Erinnerung. »Und das würde ich niemals tun. Nein. Ich bin nur die Hundetrainerin. Aber ich kenne meinen Hund, Sir, und er bekommt Angst, wenn in seiner Nähe jemand laut wird.«

Mr Sloane knurrte, verschränkte die Arme vor der Brust und hielt das dicke Drehbuch an sich gedrückt, an das er sich offenbar nicht halten wollte. »Sie wollen mir also damit sagen, dass Sie ihn, wenn ich meine Stimme senke, dazu bringen können, die Szene zu drehen?«

Sie biss sich auf die Unterlippe. Das war ebenfalls ein Teil des Problems. »Komplizierte, umfangreiche Stunts einzuüben dauert eine Weile. Ich brauche Zeit, um die Szene mit ihm durchzugehen, damit er sich mit allem, was um ihn herum geschieht, möglichst wohlfühlt. Doch selbst wenn mir das gelingen sollte, kann ich nicht sagen, wie er reagieren wird, wenn um ihn herum alles in Flammen steht.«

»Also benötigen Sie noch mehr Zeit«, stellte er knapp fest. »Wie immer. Warum überrascht mich das nicht?« Er massierte sich die Nasenwurzel. »Das hier ist eine Filmproduktion, Miss Grissom. Sie wissen doch, dass Zeit Geld ist.«

»Ja, das weiß ich.« Und Annie wusste auch, dass solche Dinge ihr eigentlich im Vorhinein gesagt werden sollten, damit sie Spidey darauf vorbereiten konnte. So eine Szene ihr – und dem Hund – im letzten Moment einfach so hinzuknallen nützte niemandem etwas. »Und ich verstehe wirklich, dass Zeit hier Geld ist. Ich glaube nur nicht, dass der Hund so souverän darauf reagieren wird, wenn er plötzlich und vollkommen unerwartet mit einem riesigen Flächenbrand konfrontiert wird.«

»Sie wollen mir also sagen, dass Sie ihn nicht zu der Szene werden bewegen können.« Mr Sloane warf ihr einen finsteren Blick zu und stand auf im Versuch, ein wenig eindrucksvoller und Achtung gebietender zu wirken. »Ich habe eine Hundetrainerin engagiert. Wenn Sie den verfluchten Hund nicht trainieren, wozu brauchen wir Sie dann überhaupt?«

Annie ignorierte seine Gemeinheiten. Er hatte keine Wahl, und sie wusste das. Sie hatten die meisten Szenen bereits abgedreht, und er konnte die Hunde nicht so einfach austauschen. Er hatte darauf bestanden, einen fast weißen Boston Terrier mit einem schwarzen Ohr für den Film zu verwenden, und es hatte eine Ewigkeit gedauert, ein Tier mit der richtigen Färbung zu finden. Erst in einer Auffangstation für Hunde war sie fündig geworden. Tatsächlich hatte Spidey kein schwarzes Ohr, sondern war schneeweiß, aber mit ein bisschen Make-up konnte diese Kleinigkeit schnell behoben werden. Jetzt lag Spidey einige Meter entfernt unter einem Sonnenschirm, hatte den Kopf zwischen seine Pfoten gelegt und beobachtete sie.

So ein guter Junge. Er hatte Besseres verdient als diesen Film und besonders diesen Regisseur. Sie änderte ihren Tonfall und sprach beruhigend weiter, um vielleicht etwas besser mit Mr Sloane zurechtzukommen. »Ich weiß, dass es sehr schwierig und stressig werden kann, mit Tieren zusammenzuarbeiten, Mr Sloane. Sie verstehen sehr gut, wie kompliziert Tiere sein können.« Es konnte nicht schaden, auch mal ein Kompliment einzustreuen – auch wenn es eine glatte Lüge war. »Doch wenn wir neue Szenen ansetzen, muss ich vorher darüber informiert werden, damit ich Spidey darauf vorbereiten kann. Das hier ist nämlich keine Kleinigkeit.«

Der Regisseur blickte sie finster an und schüttelte den Kopf. »Das wird die wichtigste Szene im gesamten Film. Sie muss gedreht werden. Wenn es Ihnen nicht gelingen sollte, das Tier dazu zu bringen mitzuarbeiten, sind Sie gefeuert.«

Annie biss sich wieder auf die Unterlippe. Sie wusste, dass es leeres Geschwätz war – in diesem Stadium der Dreharbeiten konnte er weder sie noch den Hund so einfach austauschen. Aber ihre Verunsicherung wuchs, denn je mehr dieser Kerl herumbrüllte, desto schwieriger wurde der Dreh der Szene für sie. Spidey reagierte bereits ängstlich auf laute Stimmen, und wenn er diese Angst mit Sloane und dem Set verknüpfte, würde sie ihm diese Furcht nicht mehr abgewöhnen können – egal, mit wie vielen Leckerlis sie ihn davon zu überzeugen versuchte, dass er keine Angst zu haben brauchte.

»Gibt es ein Problem?« Eine Frau mit einem Clipboard in der Hand und einem freundlichen Lächeln auf den Lippen trat zu ihnen.

Annie hätte vor Erleichterung beinahe laut geseufzt. Die Vertreterin der American Humane Association war an diesem Tag am Set, um sicherzustellen, dass die Tiere angemessen behandelt wurden. Sie war gerade rechtzeitig aufgetaucht. Selbstverständlich konnte Annie nicht offen über den Regisseur lästern – das war der sicherste Weg, um von diesem Set geworfen und auch für zukünftige Filme nie wieder gebucht zu werden –, doch sie konnte ihren Standpunkt noch einmal deutlich machen.

»Mr Sloane und ich haben gerade über eine bevorstehende Szene diskutiert.« Annie tat so, als würde sie das Skript durchblättern, obwohl sie sich alles sehr genau gemerkt hatte. »Ich habe Spideys Training sehr genau geplant, Mr Sloane.« Gott, heute schwindelte sie wirklich das Blaue vom Himmel herunter. »Wenn wir zusätzlich eine Szene mit einem großen Flächenbrand einfügen, muss ich wissen, welche anderen Szenen dafür wegfallen, damit ich alles planen und organisieren kann.«

Die Vertreterin der American Humane Association zog die Augenbrauen hoch. »Eine Flächenbrandszene?« Als Sloane nur knapp nickte, machte sie eine ausholende Handbewegung. »Mit all den Pferden, die sich hier am Set befinden? Halten Sie das wirklich für eine gute Idee? Außerdem war es in den vergangenen Tagen extrem trocken.«

»Es ist alles ganz sicher«, bellte Sloane und plötzlich hatte er ein neues Ziel gefunden, auf das er seinen Zorn richten konnte.

Annie murmelte, dass sie sich jetzt mit Spidey an die Arbeit machen würde. Und damit schlich sie sich davon. Sie ging zu den Sonnenschirmen, die am Set aufgebaut waren. Wyoming schien aus nichts anderem zu bestehen als aus weiten, hügeligen Ebenen, auf die der nie enden wollende Sonnenschein herunterknallte. Das war super, wenn man einen Film drehen wollte, aber schrecklich, wenn man ein kleiner weißer Hund mit kurzem Fell war, der im Handumdrehen einen Sonnenbrand bekam.

Wie der arme Spidey.

Ihr kleiner Freund lag geduldig im Schatten eines der Sonnenschirme. Spidey liebte die Sonne, doch er wurde unter dem weißen Fell schnell krebsrot, und deshalb hatte sie ihm beigebracht, dass er unter den Sonnenschirmen auf sie warten musste. Sie liebte diesen kleinen Kerl. Schon an einige der Hunde, mit denen sie in der Vergangenheit gearbeitet hatte, hatte sie ihr Herz verloren – aber so verliebt wie in Spidey war sie bisher in keinen von ihnen gewesen. Er war schlau, lustig, versuchte, es allen recht zu machen … und hatte eine schräge Persönlichkeit. Spidey liebte Menschen und Pferde und er genoss es, an einem Filmset zu sein. Allerdings bekam er Panik, wenn Menschen die Stimme erhoben und laut wurden, und beim Anblick gewisser Gegenstände wurde er zu einem kläffenden Untier. Das konnte zum Beispiel … ein Ball sein. Wenn sie ihm einen Ball vor die Schnauze hielt, schien er den Verstand zu verlieren und fing an, zu bellen und zu knurren, bis sie den Ball wieder aus seinem Blickfeld entfernte. Es war unglaublich seltsam und kaum zu erklären.

Wenigstens mochte der kleine Kerl Käse.

Sie setzte sich neben ihn ins Gras und streichelte sein weiches, ungefärbtes Ohr. »Na, wer ist mein Lieblingshund?«

Sein Schwanz war ihm vom Vorbesitzer kupiert, also eingekürzt worden, und deshalb gab es nichts mehr, womit er hätte wedeln können. Doch sein gesamtes Hinterteil wackelte jetzt vor Aufregung, und er japste glücklich. Voller Hingabe streckte er ihr seine kurze Schnauze entgegen.

Annie saß im Schatten und kuschelte und schmuste mit dem Hund. Sie bemühte sich, auf diese Weise all die Angst, die der Kleine wegen Sloanes Gebrüll entwickelt hatte, abzubauen. Dann zog sie die Sonnenmilch für Hunde hervor und rieb ihn großzügig damit ein. Währenddessen zermarterte sie sich das Hirn, wie sie Spidey dazu bringen sollte, durch ein Flammenmeer zu rennen, obwohl Tiere Feuer instinktiv hassten.

Sie seufzte tief. Mit ein paar Wochen Vorbereitungszeit wäre es vielleicht möglich … Aber sie hatten keine Wochen.

Vielleicht würde der Regisseur es sich ja noch einmal anders überlegen. Immerhin änderte er ständig seine Meinung über irgendetwas. Sie hoffte, dass sie einfach nur abwarten musste.

In der Zwischenzeit streichelte sie Spidey über das kurze, drahtige Fell und sagte ihm immer wieder, was für ein guter Junge er sei.

Warten machte einen Großteil der Zeit am Set aus. Szenen mussten aufgebaut werden, das Licht musste ausgerichtet werden, Tiere mussten vorbereitet und an ihren Platz im Set gebracht werden – genau wie die Schauspieler, die manchmal noch sturer als ein Hund oder ein Pferd sein konnten. Der Hauptdarsteller von Der beste Freund des Menschen war ein netter Kerl namens Chad Weathers. Chad hatte in den späten 90ern in einer Reihe von recht erfolgreichen Superhelden-Filmen mitgespielt. Seitdem hatte er nur noch Flops zu verbuchen. Er war gezwungen, Rollen wie diese zu übernehmen – er spielte einen Cowboy mit einem sprechenden Hund, der versuchte, ihm bei der Suche nach der Liebe zu helfen. Das Skript war kitschig, und die Hundetrainerin in Annie konnte nicht verstehen, warum ein ungezähmter Cowboy im Wilden Westen ausgerechnet einen Boston Terrier an seiner Seite hatte und keinen robusteren Hund. Doch, hey, sie wurde nicht fürs Denken bezahlt.

Der Regisseur hatte nach seiner Unterhaltung mit ihr richtig miese Laune. Dazu kam, dass Chad gegen einige der Szenen im Drehbuch Einwände vorbrachte. Das bedeutete, dass die Mitarbeiter am Set sich nur noch auf Zehenspitzen bewegten. Annie tat ihr Bestes, um allem Ärger aus dem Weg zu gehen, und arbeitete mit Spidey an einigen Kommandos auf Stichwörter, die in den Szenen fallen würden. In einer der Szenen sollte der Hund eine Schatulle mit einem Ehering aufnehmen und sie dann vorsichtig vor Chad Weathers’ Füße stellen. Also brachte sie Spidey diesen besonderen »Apportier-Trick« bei und überhäufte ihn mit Leckerlis und Belohnungen, sobald er es richtig machte.

Es gab noch eine kurze Szene, in der Spidey Chad folgen sollte, während sie durch das Set liefen, dann brüllte Chad den Regisseur an und stürmte wutentbrannt in seinen Trailer. Sloane tat es ihm gleich, und das war das Ende des Drehtages.

Annie seufzte und schmierte ihren Schützling Spidey noch einmal großzügig mit Sonnenmilch ein. »Kein Wunder, dass wir das Budget längst überschritten haben«, murmelte sie leise. »Es ist auf jeden Fall nicht deine Schuld, Spidey.«

»Definitiv nicht«, erklang in dem Moment eine andere Stimme, und Annie blickte hoch und sah, dass Katherine auf sie zukam. Die Frau grüßte und ließ sich dann im Schneidersitz gegenüber von Annie und ein gutes Stück von Spidey entfernt ins Gras sinken. »Diese beiden Dummköpfe sorgen dafür, dass sämtliche Terminpläne durcheinandergeraten. Die Tiere sind nicht schuld daran, das ist mal sicher.«

Katherine war der einzige Mensch, mit dem Annie am Set so etwas wie eine Freundschaft verband. Annie selbst hielt sich für gewöhnlich im Hintergrund und war ein Einzelgänger. Die meisten der Eltern, die in der Unterhaltungsindustrie Hollywoods tätig waren, neigten nach Jahren, in denen sie von Filmset zu Filmset geschleift wurden, dazu, entweder besonders theatralisch und laut zu sein oder eben introvertiert. Für Annie galt Letzteres. Katherine dagegen stammte aus Boston, sprach diesen unglaublichen Akzent und für sie gab es keine Fremden. Sie war die Assistentin des Pferdetrainers. Das hieß, dass sie hauptsächlich Pferdeäpfel aufsammeln und Botengänge machen musste, aber sie verlor dabei nie ihre fröhliche Art und sie liebte Tiere. Mehr noch: Sie respektierte die Regeln, die am Set galten, und hatte noch nie versucht, Spidey zu streicheln oder zu füttern. Annie war sehr dankbar dafür. Die großen Schauspieler glaubten immer, dass die Regeln für sie nicht gelten würden, und es war nicht ganz leicht, mit einem Oscar-Preisträger, der Millionen verdiente, zu diskutieren und ihm klarzumachen, dass er dem süßen Hündchen nicht über den Kopf streicheln durfte.

Katherine hatte von dem Blödsinn, der am Set passierte, genauso die Schnauze voll wie Annie auch. Sie zog ihre Handschuhe aus und legte sie in den Schoß, um im Schatten des Sonnenschirms eine Pause zu machen.

»Machen die mit der Feuerszene jetzt wirklich ernst?«, wollte Annie von ihr wissen.

Katherine schüttelte den Kopf. »Diese Zulassungstante von der Association hat ihm die Sache ausgeredet. Sie meinte, es wäre einfach zu gefährlich für die Pferde.«

Annie erwiderte nichts, doch ihre Mundwinkel zuckten ein bisschen. Sie streichelte noch einmal über Spideys runden Kopf. Hunden wurde am Filmset nie so viel Respekt entgegengebracht wie Pferden.

»Jetzt diskutiert er gerade über eine lange Einstellung, in der er das Einfangen eines Rindes drehen will«, sagte Katherine. »Er wünscht sich ein Highlight für den Schluss. Viele Pferde, die über die Hügel und durch die Landschaft galoppieren.«

Annie wurde bleich. »Soll Spidey in der Szene auftauchen?« Als Katherine nickte, seufzte Annie. »Der Hund ist kurzköpfig. Er kann keine längeren Strecken rennen, ohne zu überhitzen. Er ist für so etwas nicht gemacht.« Wie sie es den Machern schon unzählige Male erklärt hatte, als sie darauf bestanden hatten, einen Boston Terrier für den Film zu nehmen und keinen Treibhund. Tja, und nun hatten sie den Salat.

Katherine zuckte die Achseln. »Vielleicht können sie, wenn sie eine Aufsicht drehen, ja einen Stunthund benutzen.«

»Ja, vielleicht.« Es würde allerdings schwierig werden, den Regisseur davon zu überzeugen, dass es nicht anders gehen würde.

»Auf jeden Fall hat sich Sloane für den Rest des Tages mit den Drehbuchautoren und Chad zurückgezogen. Wir können zurück in die Stadt fahren.« Sie strahlte Annie an. »Ein paar von uns wollen sich in der Bar treffen, um etwas zu trinken. Du solltest auch mitkommen. Um zu feiern, dass wir mit diesem Film fast fertig sind und anschließend bei einem echten Film mitarbeiten können. Ich habe gehört, dass eines der großen Studios für den Sommer einen Blockbuster-Western plant und demnächst mit dem Casting beginnt. Vielleicht brauchen sie ja auch Hunde.«

Annie lächelte Katherine an, denn es war lieb von der jungen Frau, auch an sie zu denken. Es erinnerte sie daran, dass nicht alle Leute an einem Set schlechte Menschen waren. Und dass der Regisseur schwierig war, bedeutete nicht, dass es insgesamt keine gute Erfahrung war. »Ich weiß nicht, ob ich heute Abend ausgehen sollte«, sagte Annie zögerlich. »Ich trinke sowieso kaum Alkohol, und Spidey könnte etwas Aufmerksamkeit gebrauchen …«

»Wir bleiben ja nicht lange weg«, wandte Katherine ein. »Und Chads Assistent kommt auch. Du könntest versuchen, ihm einzureden, dass eine lange Totale Chad nicht annähernd so heroisch aussehen lassen würde wie ein paar Close-ups.«

»Du weißt, welche Knöpfe du drücken musst, damit ich nachgebe, oder?«

»Das stimmt«, entgegnete Katherine stolz. »Wir nehmen den Bus, fahren nach Hause und ziehen uns um. Und dann wollen wir mal sehen, was das Nachtleben dieses Nests so zu bieten hat.«

Annie verkniff sich ein Seufzen und betrachtete Spideys kleines Gesicht. Liebevoll strich sie mit dem Finger über seinen Kopf. Er hatte die Augen geschlossen und sah müde aus. Ihm würde es nichts ausmachen, wenn er einige Zeit allein in seinem Körbchen verbringen müsste. »Ich könnte ihm ja etwas Käse mitbringen, wenn wir schon mal in der Stadt sind.«

»Nachdem wir uns betrunken haben«, erwiderte Katherine entschieden.

»Gut. Danach«, stimmte Annie zu.

Kapitel 2

»Ich sehe Kinomenschen«, wisperte Jordy grinsend und hob die Bierflasche an seine Lippen. »Sie sind überall. Und sie wissen nicht, dass sie doof sind.«

Dustin schnaubte nur und schüttelte den Kopf. Er spielte mit dem Etikett seiner Bierflasche und nahm Jordys Worte zum Anlass, um sich im winzigen Painted Barrel Saloon umzusehen. Für einen Ort mit knapp zweihundert Einwohnern herrschte in der Bar erstaunlich reger Betrieb. Dank der Filmleute, die heute Abend gekommen waren, um etwas zu trinken, war die Bar mehr als gut besucht. Anders als Eli, der sich mit seiner hübschen Ehefrau lieber auf der Ranch verschanzte, genoss Dustin es, neue Menschen kennenzulernen. An den meisten Tagen war Painted Barrel eben nur ein verschlafenes Nest, und fremde Leute brachten frischen Wind in das Örtchen. Und neue Frauen … Tja, er hatte wirklich nichts gegen ein paar neue Gesichter in der Stadt.

»Du solltest dir ein hübsches Stadtmädchen suchen und flirten«, sagte Old Clyde zu Jordy. »Eine Frau, die eher … einfach gestrickt ist, sodass sie nicht sofort bemerkt, dass du nur Unsinn im Kopf hast.«

Jordy grinste nur und fühlte sich nicht im Geringsten beleidigt. »Ich hätte nichts dagegen, eine Frau kennenzulernen«, sagte er und betrachtete interessiert die anwesenden Damen. »Es ist schon lange her, dass ich zuletzt ein Date hatte. In der Stadt gibt es ja nicht so viele Frauen.«

»Du hattest ein Date?«, fragte Old Clyde lachend.

Dieses Mal grinste Dustin. »Das hübscheste Ding auf vier Hufen, das man je gesehen hat.«

Jordy lachte und wies mit einem Kopfnicken auf Dustin. »Du bist doch hier im Ort der Herzensbrecher. Willst du mir nicht mal ein paar Tipps geben, wie du sie rumkriegst? Dann mache ich es einfach nach.«

»Das kann ich gern tun«, entgegnete Dustin, trank sein Bier aus und stellte die Flasche auf den Tisch. Er schob sie Jordy entgegen. »Aber wenn ich das mache, geht die nächste Runde auf dich.«

Der Cowboy sprang sofort auf und drängte sich durch die Menschenmenge. Eine Hand am Hut bewegte er sich auf die Bar zu, um Bier zu holen. Old Clyde, der neben Dustin saß, schnaubte leise. »Ich wüsste nicht, welchen Ratschlag du ihm geben solltest – außer vielleicht: ›Hör auf, so ein verdammter Idiot zu sein!‹«

Dustin schüttelte nur den Kopf. »Er ist einfach nur ein bisschen zu ungeduldig. Irgendwann ist er gelassen genug, um sich nicht mehr so idiotisch zu verhalten.« Hoffentlich. »Jordy ist eben noch jung. Alles ist für ihn ganz neu.«

»So neu nun auch wieder nicht«, widersprach Old Clyde. »Er ist doch nur … fünf Jahre jünger als du, oder?«

Ha. Das stimmte wohl, aber Jordy benahm sich noch sehr viel jünger. »Er ist eben sehr behütet aufgewachsen«, meinte er. Er selbst war dagegen seit seinem sechzehnten Lebensjahr auf sich allein gestellt und hatte keine Familie gehabt, die ihn vor den Härten des Lebens beschützt hätte. In gewisser Hinsicht beneidete er Jordy sogar. Es war zwar nicht so, dass Dustins Leben besonders hart war – es war nur so, dass er ganz genau wusste, was er nicht wollte. Jordy hingegen ging noch mit großen erstaunten Augen durch die Welt, war begierig und unschuldig und deshalb wirkte er noch jünger, als er es eigentlich war.

Bei diesem Gedanken schnaubte Dustin über sich selbst, denn Jordy war ungefähr so unschuldig wie jeder andere junge Mann, der nur Frauen im Sinn hatte. Gerade sprach er eine wunderschöne hochgewachsene Frau mit dunklem Teint und einem langen schwarzen Zopf an, die jedoch ganz offensichtlich kein gesteigertes Interesse an einem unreifen Cowboy hatte.

»Er muss erst noch begreifen, dass Frauen nicht darauf stehen, wenn man sie zu sehr anschmachtet«, bemerkte Dustin und zupfte das letzte Stück des Etiketts seiner Bierflasche ab. »Das ist eine todsichere Methode, um sie in die Flucht zu schlagen.«

»Damit kenne ich mich nicht aus. Ich bin zu alt für Frauen und diesen Mist«, sagte Old Clyde. »Ich will mich nur mit meinen Hunden entspannen.«

»Aus dir spricht der eingefleischte Junggeselle.«

Old Clyde zuckte mit den Schultern. »Ich war mal verheiratet. Wir sind beide glücklicher, wenn wir so tun, als würde es den anderen nicht geben. Wann willst du eigentlich endlich mal sesshaft werden?« Er stieß Dustin freundschaftlich an. »Du kommst langsam in das Alter, in dem ein Mann über eine eigene Familie nachdenkt.«

Mit neunundzwanzig? War das das Alter, in dem sich alles änderte? »Ich werde so schnell nicht sesshaft werden. Vermutlich nie«, sagte er zu seinem Freund.

»Niemand arbeitet für immer auf einer Ranch. Na ja, außer mir vielleicht … Allerdings komme ich auch nicht weiter, weil ich mit Idioten wie Jordy geschlagen bin.« Clyde schnaubte. »Der arme Junge ist ein Dummkopf.«

Dustin blickte zur Bar. Jordy hatte einen bestürzten Ausdruck auf dem Gesicht, als die Schönheit mit den Augen rollte und sich unauffällig von ihm wegbewegte. Autsch. Entsprechend niedergeschlagen kam Jordy mit drei Flaschen Bier zurück an ihren Tisch. »Ich werde übrigens nicht für immer auf der Ranch arbeiten«, sagte Dustin gerade zu Clyde. »Ich habe Pläne gemacht.«

»Hier sind heute echt viele heiße Frauen«, bemerkte Jordy und ließ sich gegenüber von Dustin und Clyde auf einen der Stühle fallen, die an dem kleinen Tisch standen. Er schob ihnen die Bierflaschen rüber. »Allerdings scheinen sie nicht auf Cowboys zu stehen.«

»Das stimmt so nicht ganz«, entgegnete Dustin. »Jede Frau steht auf Cowboys. Es kommt nur darauf an, wie man sich gibt.«

»Ach, wie auch immer …« Jordy nahm einen Schluck von seinem Bier und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Er war sichtlich frustriert.

War Dustin je so jung gewesen? Er hatte sich schon mit sechzehn Jahren alt gefühlt. Mit einem Lächeln griff er nach der neuen Flasche und fing an, das Etikett abzuzupfen. »Wenn du meinen Rat nicht hören willst, sag es einfach.«

Jordy stieß einen ungeduldigen Laut aus. »Alle wissen, dass du jede Frau bekommst, die du haben willst. Also, ja, ich möchte deinen Rat hören.«

Vielleicht bekam er tatsächlich jede Frau, die er haben wollte, doch vielleicht war gerade das auch der Grund dafür, dass er so gelangweilt von allem war. Hier konnte nichts mehr sein Interesse fesseln, und das war das sichere Zeichen dafür, dass es für ihn an der Zeit war, schon bald seine Sachen zu packen und zu verschwinden. Er sollte sich eine neue Ranch suchen, in einer neuen Stadt, mit neuen Abenteuern. Vielleicht würde er dieses Mal wirklich seine Ersparnisse angreifen und sich ein Boot kaufen. Er war sich noch nicht sicher. »Also gut. Der erste Schritt ist, sich erst einmal darüber klar zu werden, was man von einem Mädchen erwartet, Jord, mein Freund. Suchst du nach einer Beziehung, oder willst du nur ein bisschen Spaß haben? Du musst dir die Frauen dementsprechend aussuchen.« Er deutete in Richtung der Bar. »Du kannst nicht einfach auf irgendein hübsches Gesicht zusteuern und dich der Frau an den Hals werfen.«

Jordy wirkte verwirrt. »Was zur Hölle meinst du damit?«

»Ich meine, wenn du nur ein bisschen Spaß haben willst, musst du dir ein Partygirl suchen. Du kannst dich nicht an eine Frau ranschmeißen, die etwas Ernsthaftes sucht, und von ihr erwarten, dass sie sich mit einer kurzen Affäre zufriedengibt. Nehmen wir zum Beispiel die Frau, die du an der Bar angesprochen hast … Sie ist auf der Suche nach einer ernsthaften Beziehung und weiß das auch. Deshalb hat sie dich stehen lassen.«

Wie ein Welpe legte Jordy den Kopf leicht schräg. »Woher weißt du das? Kannst du den Frauen das ansehen?«

Dustin zuckte die Achseln. »Ich weiß es einfach. Ich weiß es immer.« Vielleicht erkannte er die Partygirls, weil er selbst nicht auf der Suche nach etwas Festem war. Er war nicht bereit, sesshaft zu werden, und suchte nur nach einem kleinen Flirt. Alle Frauen, die nicht in die Kategorie »Partygirl« fielen, waren auf der Suche nach der wahren Liebe und einer festen Beziehung und waren aus dem Grund tabu. Denn er wollte das alles nicht.

»Gut, was ist dann mit der Blonden, die neben ihr sitzt?« Jordy wies mit einem Kopfnicken auf die Frauen, die an der Bar standen und saßen.

Dustin sah in die entsprechende Richtung. »Partygirl.«

»Woran kannst du das erkennen?«

Dustin zuckte wieder mit den Schultern. »Es ist die Art, wie sie sich gibt.« Während Dustin noch sprach, streckte die blonde Frau den Arm aus, zog den Mann, der zufällig neben ihr stand, an sich heran und küsste ihn. Er sah verdattert aus.

»Also gut. Dann musst du dir die infrage kommenden Frauen für mich ansehen und einschätzen. Was ist mit Nina?«, fragte Jordy unvermittelt.

»Die Nina, die im Lebensmittelmarkt arbeitet?«, wollte Dustin wissen. Jordy nickte. »Partygirl«, erklärte Dustin. »Sie geht viel aus und hat gern Spaß.« Er hatte sich einmal mit ihr verabredet. Sie hatten ein bisschen rumgeknutscht, waren jedoch nicht weiter gegangen – sehr zu Ninas Missfallen. Dustin genoss bei alldem eher die Jagd. Er mochte es, Zeit mit Frauen zu verbringen, flirtete gern, aber wenn die Frauen mehr wollten als nur ein bisschen Knutschen, machte er einen Rückzieher. Er wollte ihnen keinen falschen Eindruck vermitteln. Leider hatte er, weil er viele Dates hatte, bereits den Ruf eines Aufreißers – doch zumindest hinterließ er keine Spur von Kindern und gebrochenen Herzen. Es war nicht richtig, einer Frau etwas vorzumachen, wenn er kein Interesse daran hatte, ihr mehr zu geben.

Und Dustin hatte bereits Pläne für seine Zukunft geschmiedet.

Jordy wirkte ein bisschen frustriert. »Ich glaube, ich bin eher daran interessiert, eine Frau zu finden, die eine ernsthafte Beziehung möchte.«

»Das erste Mädchen war eine Frau auf der Suche nach etwas Festem«, warf Old Clyde ein.

»Sie war allerdings nicht auf der Suche nach etwas Festem mit mir«, gab Jordy mit einem schiefen Grinsen zu. »Ich will ein Mädchen, das mich so mag, wie ich bin. Ich wünsche mir eine bodenständige Frau, mit der ich eine richtige Beziehung führen kann. Eine Frau, deren Hand ich am Sonntag in der Kirche halten kann.«

Ja, Dustin war sich ziemlich sicher, dass er nie so jung und unschuldig wie Jordy gewesen war. »Ich verstehe. Na ja, vermutlich wirst du das richtige Mädchen nicht unbedingt in einer Bar finden. Ich glaube auch nicht, dass bei den Filmleuten die passende Frau für dich dabei ist.« Er entdeckte unglaublich viele Partygirls unter den Gästen.

»Was ist mit der Rothaarigen in der Ecke?«, sagte Jordy auf einmal. »Die zierliche?«

Dustin sah sich um, konnte die Rothaarige jedoch nicht finden. Allerdings war die Bar auch sehr voll. An guten Tagen gab es im Painted Barrel Saloon fünf bis sechs Tische, die üblicherweise auch besetzt waren. Heute Abend mussten die meisten Leute sogar stehen, und der Barkeeper eilte hin und her, um den Wünschen der Gäste nachzukommen. »Welche Rothaarige?«

»An der Bar in der Ecke sitzt eine. Mit sehr vielen Sommersprossen«, sagte Jordy grinsend. »Sehr süß. Aber sie lächelt nicht viel.«

»Ich habe sie nicht gesehen. Ich müsste sie mir eine Weile ansehen, um sagen zu können, in welche Kategorie sie fällt.« Dabei ging es nie darum, wie die Frau äußerlich aussah oder was sie für Kleidung trug. Er hatte vor langer Zeit gelernt, dass Frauen ihre Kleider danach auswählten, andere Frauen zu beeindrucken – nicht unbedingt die Männer. Wichtiger war, wie eine Frau sich verhielt, wie sie lachte. Darin zeigte sich ihre Sicht auf das Leben.

»Du siehst sie sofort, wenn du an der Bar bist.« Jordy zog sein Portemonnaie hervor, legte zehn Dollar auf den Tisch und schob den Geldschein zu Dustin. »Geh hin, sprich mit ihr und finde heraus, ob sie mein Typ ist.«

Er stöhnte innerlich. Er wollte Jordy sagen, dass er nur Unsinn geredet hatte. Albernes Geschwätz, auf das man nach ein paar Bierchen kam. Und dass Jordy, wenn er eine feste Beziehung suchte, schon selbst losgehen und eine Frau finden musste. Dass Dustin die Frauen und ihre Wünsche nur erkannte, weil er mit so vielen Frauen geflirtet und so viele Frauen gedatet hatte, dass er eine rastlose Seele erkennen konnte. Doch dass er sie nicht halten und in der Hinsicht auch keine Ratschläge geben konnte.

Old Clyde trat unter dem Tisch gegen Dustins Schienbein. Verflucht. Mit einem finsteren Blick auf Clydes wettergegerbtes Gesicht stand Dustin auf, schnappte sich die zehn Dollar und begann dann, sich durch die Menschenmenge zu drängeln. Es war sehr voll, also nahm er seinen Cowboyhut ab, damit nicht irgendjemand die Krempe ins Gesicht bekam, und hielt ihn schützend an die Brust gedrückt. Während er in Richtung Bar ging, sah er sich um. Es waren viele Männer und Frauen aller Altersstufen da. Die meisten Gesichter kannte er nicht – also musste es sich um Fremde handeln, genauer gesagt um die Filmleute. Einige waren anscheinend verheiratet und nur hier, um etwas zu trinken, weil es sonst in Painted Barrel nicht viel zu tun gab. Sie saßen an einem der Tische, wirkten gelangweilt und starrten auf ihre Handys. Andere waren offensichtlich hier, um zu feiern. Man konnte es der Menge, die sich um die Bar drängte, deutlich ansehen. Die Leute standen sehr dicht beieinander, lachten und sprachen mit– und übereinander. Die Menschen sammelten sich immer dort, wo es den Alkohol gab – als würden sie, wenn sie an einem Tisch säßen, keinen Drink bekommen. Auch gut. Er sah sich die Frauen an und versuchte herauszufinden, welche wohl Jordys Typ sein mochte. Jordy war ein guter Junge. Okay, gut, genau genommen war er kein Junge mehr. Er war nur ein paar Jahre jünger als Dustin, aber sehr viel unschuldiger. Na klar. Ein junges, unschuldiges Ding wäre für einen Typ, der so idealistisch wie Jordy war, die perfekte Wahl.

Und sie müsste das Leben auf einer Ranch lieben, denn etwas anderes konnte Jordy nicht. Verdammt, für sein erstes Jahr auf der Ranch konnte er nicht einmal das besonders gut. Dustin sah sich die Leute an der Bar an und suchte nach einer zierlichen Frau mit roten Haaren. Und tatsächlich saß, ganz versteckt am hintersten Ende der Bar, eine Frau, auf die die Beschreibung passte. Die Rothaarige drückte sich praktisch gegen die Wand, um einem wild gestikulierenden Mann auszuweichen, der mit dem Rücken zu ihr neben ihr stand und sich gerade angeregt mit einer anderen Frau unterhielt. Also gut. Er konnte sie aus ihrer derzeitigen Lage befreien und ihr gleichzeitig für Jordy auf den Zahn fühlen.

Er machte ein paar Schritte nach vorn und schaffte es, sich an der Bar neben sie zu quetschen. Er legte seinen Hut auf den Tresen. »Ma’am.«

Sie lächelte ihm höflich zu und wandte den Blick wieder ab. Sie schaute sich an der Bar um, als wäre sie auf der Suche nach einem Bekannten, der sie vielleicht retten könnte.

»Ich bin nicht hier, um Sie zu belästigen. Ich dachte nur, ich sage mal Hallo und lasse Sie wissen, dass mein Freund Ihnen gern ein Bier ausgeben würde.« Wenn er schon einmal hier bei ihr stand, konnte es nicht schaden, Jordy zu erwähnen. Die Frau gefiel ihm. Unter all den Filmleuten wirkte sie noch am normalsten. Die Filmschaffenden bildeten einen Schmelztiegel der unterschiedlichsten Kulturen und Menschenschläge. Das bedeutete jede Menge frischen Wind für Painted Barrel. Doch die meisten von ihnen schienen dabei auch ziemlich ausgeflippt und wild zu sein. Er war sich sicher, dass die Frau, die auf seiner anderen Seite stand, an den unangemessensten Körperstellen Leder trug. Heute Abend sah man wirklich extrem viel Dekolleté in der Bar, außergewöhnlich viele sehr kurze Röcke und unfassbar enge Hosen – bei den Frauen wie auch bei den Männern. Daran war eigentlich nichts verkehrt, aber dadurch stach diese Frau noch mehr heraus.

Zum einen trug sie einen Pullover, der so hässlich war, dass selbst seine Oma die Nase gerümpft hätte. Das Teil war orange und braun und hatte Ärmel mit Karomuster sowie Zickzackstreifen auf den Schultern. Das Stück sah aus wie etwas, das man nur trug, wenn man eine Wette verloren hatte. »Ich … äh … ich mag Ihren Pullover.«

Sie warf ihm einen mörderischen Blick zu.

Dustin musste grinsen. Für eine Frau, die in dieser Umgebung so normal wirkte, hatte sie doch einen wahrhaft tödlichen Blick drauf. Abgesehen davon sah sie sehr unschuldig aus. Ihr karottenrotes Haar war in der Mitte gescheitelt und hing ihr in dicken Locken über die Schultern. Ihre Augenbrauen waren genauso rotorange, ihre Wimpern blass und jeder Zentimeter ihrer Haut schien von Sommersprossen bedeckt zu sein. Sie sah bezaubernd aus, obwohl sie nur einen Hauch von Lipgloss aufgetragen hatte. Es war klar, dass sie sich nicht aufgestylt hatte, um irgendjemanden zu beeindrucken.

Das gefiel ihm.

Außerdem schien sie nicht im Geringsten an ihm interessiert zu sein – sie war definitiv eine Frau, die sich eine feste Beziehung wünschte. Er wirkte vor allem auf Partygirls faszinierend. Sie fühlten sich durch seinen Hut, sein gutes Aussehen und sein lässiges Lächeln angezogen. Ihm begegnete nicht oft eine solche Herausforderung. Und obwohl er sie eigentlich für Jordy ansprechen sollte, konnte er einem kleinen Flirt nicht widerstehen – nur um zu schauen, wie sie darauf reagierte. »Mein Name ist Dustin. Sie sind nicht von hier, oder?«

»Nein.« Sie warf einen verzweifelten Blick in Richtung des Barkeepers, aber der stand am anderen Ende des Tresens und unterhielt sich gerade mit einer hübschen blonden Frau.

»Hat die Dame mit dem schönen Pullover auch einen Namen?«

»Klar.«

Dustin lachte, denn sie hatte offensichtlich nicht vor, es ihm leicht zu machen. Doch als sich ihre Mundwinkel ganz zaghaft ein winziges Stückchen nach oben bewegten, musste er es einfach weiter versuchen. Er beugte sich näher zu ihr und nahm einen scharfen, seltsamen Geruch wahr, den er nicht deuten konnte. Was um alles in der Welt trank sie da? Ist ja auch egal. Er straffte die Schultern und startete seine Charmeoffensive. Er wusste, wie man flirtete, und Frauen sprangen für gewöhnlich auf ein offenes Lächeln und einen Typ an, der sie zum Lachen brachte. »Wenn ich ihn errate, werden Sie mir dann vielleicht Antworten geben, die aus mehr als nur einem einzigen Wort bestehen?«

»Unwahrscheinlich.« Ihre Mundwinkel zuckten verdächtig, als würde sie versuchen, sich ein Lachen zu verkneifen.

»Hm. Ich schätze, ich werde das Risiko mal eingehen.« Er legte den Kopf schräg und musterte sie eindringlich. »Ich könnte es natürlich auf die kitschige Art versuchen und sagen, dass Ihr Name bestimmt Angel lauten muss, weil der Himmel Sie geschickt hat, aber ich schätze, dann springen Sie mir an die Gurgel.« Er sah sie an. »Sie scheinen nicht zimperlich oder besonders etepetete zu sein, also vermute ich, dass es kein alberner Name wie Chandelier oder so etwas ist.«

Sie sah ihn mit leicht zusammengekniffenen Augen an.

Er hob die Hände. »Ich spüre hier eine gewisse Ablehnung. Ich wollte nur rüberkommen und Hallo sagen und Ihnen mitteilen, dass mein Freund Sie aus der Ferne anhimmelt.«

»Ihr Freund«, wiederholte sie. »Welcher Freund?« Als er zu Jordy zeigte, warf sie ihm einen vielsagenden Blick zu. »Als er vorhin an die Bar kam, hat er meine Freundin Michele angegraben. Danach war Katherine dran. Dann Mandy. Und jetzt hat er mich auserkoren?« Sie nahm Blickkontakt zum Barkeeper auf und legte Geld auf den Tresen, um ihre Rechnung zu bezahlen. »Nein, danke.«

Sie stand auf, um zu gehen, und zog ihren Pullover glatt, der sich nun eng an ihre Brüste schmiegte. Dustin bemerkte die Umrisse von etwas, das aussah wie ein viereckiger Block, und nahm wieder diesen seltsam durchdringenden Geruch wahr … Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sie vertrieben hatte. Er hätte sich gern woanders ein bisschen mit ihr unterhalten. Sie schien einen wachen Verstand und einen Sinn für Ironie zu haben – das fand er sehr anziehend. Na ja. Dustin gab dem wartenden Barkeeper ein Zeichen. »Drei Flaschen Bier, bitte.«

Der Platz der Rothaarigen war kaum frei geworden, da drängte sich schon wieder jemand an den Tresen, um sich auf den Barhocker zu setzen. Eine Frau. Sie hatte kurzes braunes Haar und ein umwerfendes Lächeln. Sie warf ihm einen sexy Blick zu. »Hallo, Fremder.«

Dustin erwiderte ihr Lächeln – aus reiner Höflichkeit. Normalerweise sprang er auf solche Eröffnungen an. Sie wollte heute Abend offensichtlich ein bisschen Spaß haben. Ein weiteres Partygirl, das die Nacht mit einem Gleichgesinnten verbringen wollte. Er wusste, wie der Hase lief. Sie würden eine Weile reden. Er würde ihr ein Getränk ausgeben oder auch zwei. Der Flirt würde an Fahrt aufnehmen. Dann würden sie auf die Tanzfläche gehen, und es würde noch heißer werden. Anschließend würden sie bis zum Morgengrauen durch die Gegend fahren, Spaß haben und sich einen Platz suchen, an dem sie den Sonnenaufgang beobachten konnten. Vielleicht würde sie dann mit zu ihm kommen wollen – doch er lehnte das immer ab. Vielleicht würden sie noch ein oder zwei Dates haben. Nie mehr als das. Wenn sie dann durchscheinen lassen würde, dass sie langsam mehr wollte, würde er … Na ja, er genoss eigentlich nur die Jagd.

Plötzlich fühlte er sich sehr müde. Es war alles so wahnsinnig vorhersehbar. Die Rothaarige war vor allem interessant gewesen, weil sie überhaupt keine Lust auf einen Flirt mit ihm gehabt hatte. Das war zumindest mal etwas Neues.

»Darf ich dir einen Drink ausgeben, Cowboy?«, fragte die hübsche Frau an der Bar und sah ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an.

Und er stutzte. Seit wann empfand er einen zwanglosen Flirt als so … langweilig?

Kapitel 3

Dustin gelang es, sich von der Schönheit an der Bar zu lösen, ohne ihre Gefühle zu verletzen. Er musste viel reden und ihr ein Getränk ausgeben, aber als er ging, lächelte sie, und er war erleichtert. Für gewöhnlich wäre er auf das, was ihr Lächeln versprach, zurückgekommen, doch heute Abend erinnerte es ihn nur daran, dass er schon alles ausgelebt hatte, was dieser Ort zu bieten hatte. Er fühlte sich seltsam gefangen, eingesperrt. Er war bereit weiterzuziehen.

Er fühlte sich noch gefangener, als plötzlich eine Blondine vor ihm stand, die er sehr gut kannte.

»Sieh an, sieh an«, sagte Theresa und wischte ihm einen unsichtbaren Fussel vom Kragen. »Wen haben wir denn hier? Bist du mir aus dem Weg gegangen?«

»Ich?« Dustin bemühte sich, freundlich zu klingen, obwohl ihm vielmehr danach zumute war, frustriert zu seufzen. »Wie kommst du denn darauf?«

»Sei vorsichtig, sonst verletzt du noch meine Gefühle.« Sie sah ihn mit übertrieben geschürzten Lippen an. Ihre leuchtend roten vollen Lippen waren in der Tat beeindruckend. Theresa trug ein hautenges schwarzes Kleid, das in Painted Barrel doch sehr fehl am Platze wirkte. Nicht, dass sie solche Überlegungen jemals in ihrer Kleiderwahl beeinflusst hätten. Sie war heiß, und er hatte sich ein paarmal mit ihr verabredet, ehe ihm klar geworden war, wie gefährlich sie war. Inzwischen verbrachte er viel Zeit damit, den Kontakt mit ihr bewusst zu vermeiden.

»Ich habe im Augenblick einfach sehr viel zu tun«, sagte er mit einem höflichen Lächeln, während er versuchte, an ihr vorbeizugehen.

»Du scheinst vor allem viel zu tun zu haben, wenn es um mich geht.« Sie schob die Unterlippe vor und kam ihm noch näher. »Ich dachte, wir wären zusammen.«

»Ich weiß nicht, wie du auf diese Idee kommst«, erwiderte er möglichst freundlich und nahm ihre Hand weg, die sie auf seine Brust gelegt hatte. »Wir haben uns letztes Jahr zweimal getroffen. Das war’s.«

»Aber du hast dich seitdem mit keiner anderen mehr verabredet.«

Woher wusste sie denn das? »Spielt das eine Rolle?«

»Für mich schon«, entgegnete Theresa mit einem durchtriebenen Blick. »Wenn du auf mich wartest – ich bin hier.«

»Ich warte nicht.« Und bevor sie wieder einen Schmollmund ziehen konnte, ging er weiter. Theresa und ihr selbstverliebter Wahnsinn waren noch ein Grund, warum er sich in Painted Barrel in der letzten Zeit eingesperrt und gefangen fühlte. Es stimmte ihn traurig, dass er weiterziehen würde. Er arbeitete gern auf der Price-Ranch. Er mochte Old Clyde und Jordy – und Eli und Cass, die heute Abend nicht hier waren, weil Cass sich nicht ganz wohlfühlte. Sie alle waren wie eine kleine Familie für ihn, und vielleicht war das sogar der Grund, warum Dustin den Drang verspürte, wegzugehen und etwas Neues zu beginnen. Mit Familie konnte er nicht gut umgehen.

Er stellte die Bierflaschen vor Jordy und Old Clyde ab und entschuldigte sich. Er erklärte ihnen, nicht in Feierlaune zu sein, und sagte, dass er schon mal allein zur Ranch zurückkehren würde. Wie genau er das bewerkstelligen wollte, wusste er noch nicht, doch es war noch nicht spät und einer der Feuerwehrmänner im Ort hatte in seiner Freizeit mit Uber oder Lyft angefangen – oder wie diese Fahrdienste hießen. Vielleicht würde Dustin ihn einfach bitten, ihn zur Ranch zu bringen. Es kam ihm nicht richtig vor, Clyde und Jordy den Spaß zu verderben. Sie hatten alle einen langen Frühling hinter sich. Die Abkalb-Saison ging gerade erst zu Ende. Es war ihr erster entspannter Abend seit einer gefühlten Ewigkeit, und er würde ihn den beiden nicht versauen, nur weil er schlechte Laune hatte. Also klopfte er den Cowboys auf die Schultern und ging zur Tür, um draußen Ruhe und Frieden zu finden.

Die frische Luft war unglaublich belebend. In dem Moment, als er aus der überfüllten Bar trat, fühlte er sich schon besser. Das war eines der Dinge, die er am Leben auf einer Ranch am meisten mochte und schätzte: die ruhige und friedliche Umgebung. Ihm kam es vor, als hätte sich ganz Painted Barrel in dem kleinen Saloon zusammengefunden. Hier draußen klang die Musik gedämpft, und obwohl es am Tag schon ziemlich warm war, war die Luft jetzt herrlich kühl – dank der Berge. Über ihm leuchteten die Sterne am Himmel, und einen Moment lang hatte er das Gefühl, er hätte die Zivilisation hinter sich gelassen.

Ein Hund winselte.

»Guter Junge«, murmelte eine liebliche Stimme.

Dustin blickte an der Holzfassade der Bar entlang. Das Gebäude war alt, und da es ein »Saloon« war, hatten die Besitzer ihr Bestes getan, um dem Ganzen ein bisschen Wild-West-Charme zu verleihen. Vor dem Haus verlief eine lang gestreckte überdachte Holzveranda, auf der ein paar Schaukelstühle standen. Und neben dem Parkplatz für die Autos stand tatsächlich ein Anbindebalken, da der eine oder andere alte Knacker noch immer nicht im Hier und Jetzt angekommen war und mit dem Pferd in die Kneipe ritt. Old Clyde und Dustin waren in Jordys Jeep in die Stadt gefahren, und Dustin hatte fast vergessen, dass Clyde auch seine Hunde mitgenommen hatte. Sie begleiteten ihn überallhin. Gerade saßen die beiden angeleint am Ende der Veranda, wo Clyde sie zurückgelassen hatte.

Und neben den Hunden auf dem Boden hockte seine temperamentvolle Rothaarige.

Tja.

Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen die Fassade. Einen Moment lang beobachtete er die Frau. Sie hatte ihn noch nicht bemerkt. Die Hunde wedelten mit dem Schwanz, als sie ihn erblickten – aber sie wedelten noch stärker, als die Rothaarige nun etwas aus ihrem Pullover holte und es in die Höhe hielt.

»Da wollen wir doch mal schauen, ob euer Besitzer euch gut erzogen hat«, sagte sie leise zu den Hunden. »Wer gibt mir mal Pfötchen?«

Sofort hoben beide Hunde eine Pfote, und sie lachte. Es war ein reizender, fröhlicher Klang. Verdammt, allein dieser Klang weckte in Dustin den Wunsch, ihr auch Pfötchen zu geben.

Sie gab ihnen ein Häppchen. Die Hunde kauten, und er hörte das Knistern einer Plastikverpackung.

»Brave Jungs«, sagte sie wieder und streichelte ihnen über den Kopf. »Ich würde euch glatt mitnehmen, wenn ich nur könnte.«

»Ich glaube, ihr Besitzer hätte etwas dagegen«, sagte Dustin gedehnt und trat einen Schritt nach vorn, um sich bemerkbar zu machen und ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

Er hätte eigentlich damit gerechnet, dass sie erschrocken und mit schuldbewusster Miene nach Luft schnappen und zusammenzucken würde, weil sie erwischt worden war, aber sie grinste nur und drehte den Kopf, um ihn über die Schulter hinweg anzublicken. »Ich mag Ihre Hunde mehr, als ich Sie mag.«

Dustin konnte nicht anders – über diese Ehrlichkeit musste er einfach lachen. Er ging weiter und setzte sich ihr gegenüber auf die Brüstung der Veranda, während sie zuerst den einen und dann den anderen Hund hinter den Ohren kraulte. In der Bar war sie eine interessante, zurückhaltende, seltsam einsam wirkende Frau zwischen all den Feierwütigen gewesen. Hier draußen und mit den Hunden zusammen, die sie vollhaarten und ihr das Gesicht ableckten, schien sie von innen heraus zu strahlen.

Er war gefesselt. Ihr Haar wehte ihr um das Gesicht. Während er sie beobachtete, kletterte der größere der beiden Hunde – Gable – auf ihren Schoß und stieß sie dabei fast um. Wieder lachte sie herzhaft. Es kam ihm vor, als wäre sie ein ganz anderer Mensch, und das verzauberte ihn. Nichts war anziehender als eine Frau, die es genoss, ein Tier zu streicheln.

Wenn es in Painted Barrel mehr Frauen wie diese geben würde, dann wäre er bestimmt nicht so gelangweilt von allem. Als sie ihn nun erwartungsvoll anblickte, während Gable ihr noch immer über die Sommersprossen leckte, legte er die Beine übereinander und lehnte sich lässig an einen Pfosten der Verandabrüstung. »Ich lenke Ihre Antipathie ja nur sehr ungern auf jemand anders um, aber das sind gar nicht meine Hunde.«

»Oh.« Sie wirkte überrascht. »Die beiden scheinen Sie allerdings gut zu kennen.«

»Ja. Sie gehören meinem Freund.«

Sie verzog das Gesicht. »Dem Freund, der in der Hoffnung, vielleicht flachgelegt zu werden, allen Frauen in der Bar ein Getränk ausgibt?«

Die Bemerkung war unglaublich bissig. Er liebte es. Und sie hatte damit nur zum Teil Unrecht. »Nein. Meinem anderen Freund. Dem Achtzigjährigen, der am Tisch sitzt und über den Jungen lacht, der in der Hoffnung, vielleicht flachgelegt zu werden, allen Frauen in der Bar ein Getränk ausgibt.«

Das Lächeln der Frau wurde breiter. »Tja, wenn Sie es nicht sind und auch nicht Ihr Freund, ist es wohl in Ordnung.« Sie streichelte einem der Hunde übers Ohr. »Sieht so aus, als würde er sich gut um dich kümmern, oder, Kumpel?«

»Sie mögen Hunde?« Verdammt, was war nur los mit ihm? Als Nächstes würde er ihr eine dämliche Frage stellen wie: »Ist das Wetter nicht schön?« Normalerweise war er in der Gegenwart von Frauen ganz lässig und locker, doch das lag daran, dass diese Frauen auch wussten, wie der Hase lief – genau wie er. Aber er hatte den Eindruck, als wüsste diese Frau nicht, dass es dieses Spielchen überhaupt gab. Das faszinierte ihn einerseits, während es ihn andererseits sprachlos machte. Er könnte ihr Komplimente für ihr Äußeres machen oder ihre Kleidung und könnte etwas Charmantes sagen – ihm kamen unzählige Gedanken, die er jedoch gleich wieder verwarf. Er wollte nicht, dass sie zumachte und ihn finster anfunkelte.

»Wenn ich Hunde nicht mögen würde, hätte ich echte Probleme in meinem Job«, entgegnete sie leicht spöttisch. Als der kleinere Hund – Leigh – unvermittelt den Kopf in den Halsausschnitt ihres Sweaters steckte, wurde sie weder wütend noch kreischte sie vor Schreck. Sie lachte, schob den Hund behutsam zurück und streichelte über das dichte weiße Fell. »Dein Herrchen muss noch ein bisschen an deiner Erziehung arbeiten. Ich glaube, sie würde alles tun, um an meinen Käse zu kommen.«

Er runzelte die Stirn und war sich nicht sicher, ob er richtig gehört hatte. »Ich … äh … Entschuldigung? Wie bitte?«

Sie blickte ihn wieder an, als wäre er an diesem schönen Abend, den sie hier mit den Hunden verbrachte, eher zweitrangig. »An meinen Käse. Er steckt unter meinem Pullover.« Sie griff vorn in ihren Pullover und zog ein riesiges eckiges Stück Cheddar heraus, das sie offensichtlich in ihrem BH transportiert hatte. »Ich war noch kurz einkaufen, ehe ich in die Bar gezerrt wurde, und meine Handtasche ist im Hotel, also habe ich den Käse unter meinen Pulli gesteckt.«

»Tja, das ist eine … ganz neue Idee.« Er rieb sich fasziniert übers Kinn. »Ich glaube nicht, dass ich so etwas schon mal gehört habe.«

Sie lachte nur leise.

Was sollte man zu so etwas noch sagen? »Sind Sie großer Käse-Fan?« Super, Dustin, super!

Die Frau brach in Gelächter aus. Sie lachte so laut und so fröhlich, dass er ein noch schlechteres Gewissen bekam, weil sie sich seinetwegen in der Bar so unwohl gefühlt hatte. Es war klar, dass sie nicht die angespannte, einsilbige Frau war, für die er sie in der Bar gehalten hatte … Ihm gefiel diese lachende Frau immer besser.

»Ja, ich schätze, das klang irgendwie dämlich, oder?«, brummte er.