Minou - Hinrich Matthiesen - E-Book

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Hinrich Matthiesen

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Beschreibung

Die dramatische Geschichte einer Liebe, die das Maß nicht kennt. Und doch ist sie so wahr, wie es wahr ist, dass Menschen in außergewöhnlichen Situationen die Herrschaft über sich verlieren können. Matthiesen erzählt von der Liebe zwischen einem Lehrer und seiner Schülerin. Der menschlichen Tragik und der atemberaubenden Spannung kann sich kein Leser entziehen.

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Seitenzahl: 223

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Hinrich Matthiesen

 

Jahrgang 1928, auf Sylt geboren, wuchs in Lübeck auf. Die Wehrmacht holte ihn von der Schulbank. Zurück aus der Kriegsgefangenschaft, studierte er und wurde Lehrer, viele Jahre davon an deutschen Auslandsschulen in Chile und Mexico. Hier entdeckte er das Schreiben für sich.

1969 erschien sein erster Roman: MINOU. Dreißig Romane und einige Erzählungen folgten. Die Kritik bescheinigte seinem Werk die glückliche Mischung aus Engagement, Glaubwürdigkeit, Spannung und virtuosem Umgang mit der Sprache. Die Leser belohnten ihn mit hohen Auflagen.

Immer stehen im Mittelpunkt seiner Romane menschliche Schicksale, Menschen in außergewöhnlichen Situationen. Hinrich Matthiesen starb im Juli 2009 auf Sylt, wo er sich Mitte der 1970er Jahre als freier Schriftsteller niedergelassen hatte.

 

»Zum literarischen Markenzeichen wurde der Name Matthiesen nicht zuletzt durch die Kunst, in eine pralle Handlung Aussagen zu verweben, die außer dem aktuellen stets auch einen davon unabhängigen Bezug haben. Gedankliche Strenge, sprachliche Disziplin und ein offensichtlich unauslotbarer verbaler Fundus lassen Matthiesen zu einem Kompositeur in Prosa werden.«

Deutsche Tagespost

 

»Matthiesen ist zu beneiden um seine Fähigkeiten: Kompositionstalent, menschliche Einfühlung, scharfe Beobachtungsgabe – und vor allem um seinen Stil«

Deutsche Welle

 

»Matthiesen ist für seine genauen Recherchen bekannt. Seine Bücher weichen nicht einfach in exotische Abenteuer aus, sondern befassen sich immer wieder mit deutscher Vergangenheit und Gegenwart. Unterhaltsam sind sie allemal.«

FAZ-Magazin

Werkausgabe Romane Band 1

Herausgegeben von Svendine von Loessl

 

Der Roman

 

Die dramatische Geschichte einer Liebe, die das Maß nicht kennt. Und doch ist sie so wahr, wie es wahr ist, dass Menschen in außergewöhnlichen Situationen die Herrschaft über sich verlieren können. Matthiesen erzählt von  der Liebe zwischen einem Lehrer und seiner Schülerin. Der menschlichen Tragik und der atemberaubenden Spannung kann sich kein Leser entziehen.

 

„Form und Gehalt dieser geschlossenen, dicht gestalteten Liebesgeschichte sind zu eindrucksvoller Eindringlichkeit verschmolzen“.

Neue Bücherei München

 

 

Titelverzeichnis der Werkausgabe in 31 Bänden am Ende des Buches

Hinrich Matthiesen

Minou

Roman

:::

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Werkausgabe Romane

Herausgegeben von Svendine von Loessl

Band 1

1.

Dem deutsch-chilenischen Kaufmann Wilhelm Pagels oder Don Guillermo, wie man ihn in Valparaíso nannte, wurde wenige Minuten vor Beginn einer geplanten Konferenz eine eingeschriebene Postsendung überreicht.

Es war ein etwa daumendickes Päckchen in Aktenformat, in minderwertiges, an den Seiten aufgesprungenes Packpapier gehüllt und mit grobem Band verschnürt. Die Adresse war mit einem roten Farbstift in großen, infantilen Buchstaben auf das Packpapier mehr gemalt als geschrieben, und links oben, ganz in die Ecke gezwängt, stand in den gleichen ungelenken Buchstaben: Eilt sehr!

Das Päckchen glich in keiner Weise den zahllosen Postsendungen, die Wilhelm Pagels täglich auf dem Schreibtisch vorfand. Er dachte für einen Augenblick an seine erzgebirgische Großmutter, die aus ihrem weltabgewandten Dasein solche unseriösen Sendungen verschickt haben könnte, wenn sie nicht schon vor langer Zeit gestorben wäre. Die deutschen Briefmarken – das Datum des Stempels war nicht mehr zu entziffern – verrieten dem Kaufmann die lange Schiffsreise der Sendung.

Auf der Rückseite des Päckchens stand als Absender der Name Peter Kuhlmann, der ihm nichts sagte. Aber unter dem Namen stand »Städtische Strafanstalt Lauerhof, Lübeck«, und das erschien ihm so merkwürdig, dass er beschloss, die Sendung sofort zu öffnen. Sicherheitshalber las er die Anschrift noch einmal Wort für Wort, um überzeugt zu sein, dass die Sendung wirklich für ihn bestimmt war.

»Eine Schere, bitte«, sagte er zu seiner Sekretärin.

Er zerschnitt die Schnur, entfernte die Papierhülle und hielt dann einen Stapel mit Bleistift beschriebener Blätter in der Hand, an deren erstem mit einer Büroklammer ein kleiner Briefbogen befestigt war. Er las zuerst den kurzen Begleitbrief:

Sehr geehrter Herr Pagels!

Ich bin Wärter im Zuchthaus Lauerhof, und mein Häftling Richard Thorsten hat mir diese Blätter gegeben, damit ich sie Ihnen schicke. Das ist eigentlich verboten. Aber weil er der netteste Häftling ist, den ich bis jetzt hatte, habe ich die Blätter mit nach Hause genommen, um sie Ihnen zu schicken, wie er es möchte.

Er hat lebenslänglich, und auch darum hab ich es getan. Und auch, weil er schwer krank ist. Ich hoffe, dass das Paket nicht verlorengeht.

Mit freundlichem Gruß

Peter Kuhlmann

Don Guillermo hatte diese wenigen Zeilen im Stehen gelesen. Nun setzte er sich hinter seinen Schreibtisch, legte den Begleitbrief beiseite und beugte sich über das Bündel der vielen eng beschriebenen Blätter.

»Die Konferenz, Don Guillermo«, sagte die Sekretärin. »Sie haben sie auf zehn Uhr angesetzt. Es ist zwei Minuten nach zehn.«

»Ja, ich weiß.« Er stützte seine Arme auf den Schreibtisch und legte sein Gesicht in die offenen Hände. Als er wieder aufsah, sagte er:

»Margarita, sagen Sie den Herren, sie möchten eine Weile warten, mir sei etwas dazwischengekommen. Ich setze die Konferenz neu an auf 10.30 Uhr. Und lassen Sie bitte in der nächsten halben Stunde niemanden zu mir!«

»Sehr wohl«, sagte die Sekretärin mit dem höflichen, etwas servilen Lächeln, wie es südamerikanische Angestellte ihrem europäischen Chef gegenüber gern zeigen.

Don Guillermo rief der hinausgehenden Sekretärin noch nach: »Und bitte auch keine Telefongespräche!«

2.

Mein Lebensplan ist zusammengeschmolzen zu der Aufgabe, ein Buch der Rechenschaft und des Abschieds zu schreiben. Ein Buch? Es ist eigentlich ein Brief. Aber es ist so viel zu berichten, dass am Ende ein starkes Bündel Blätter vorliegen wird.

Ich habe nicht viel Zeit. Das Urteil ist gesprochen worden. Es lautet: lebenslänglich Zuchthaus. Lebenslänglich, das könnte in einem anderen Falle bedeuten: zwanzig Jahre, dreißig Jahre. Aber bei mir? Es wird ein Ringen geben zwischen meinem Willen und meiner Kraft, und ich lebe in diesem Augenblick einzig der Hoffnung, dass mein Körper an diesem Tisch und auf diesem Schemel aufrecht bleibt und nichts meine Gedanken verwirrt, bis der letzte Punkt gesetzt ist. Der letzte Punkt aber wird ein Lächeln auf meine Lippen legen. Dann mag man mich hinaustragen aus diesem groß gewordenen Zimmer und dieser klein gewordenen Welt. Ein Buch der Rechenschaft. Ich möchte, dass meine beiden Kinder, meine achtzehnjährige Tochter und mein sechzehnjähriger Sohn, erfahren, was sich in den letzten Monaten um ihren Vater zugetragen hat. Ich halte das für notwendig, damit sie sich, nachdem so viel aufgeblähtes Gerücht sie gedemütigt hat, wieder aufrichten an der Wahrheit. Es ist notwendig, damit sich, wenn sie an ihren Vater als an einen Mörder denken, immer auch gleich der Gedanke einstellt: Aber er bleibt unser Vater.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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