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Die Computer und die Telekommunikation haben die Welt grundlegend verändert. Erst heute beginnt man zu realisieren, welch eine riesige Wandlung stattgefunden hat. Dieses Buch will dazu beitragen, die Entwicklung der Informatik auch für den Laien verständlich zu beschreiben. Der Autor war selber dabei. Von mechanischen Rechnern über die Lochkarte zum Röhrenrechner und dann zum Supercomputer. Vom Fernschreiber zum Internet. Von zweiadrigen Kupferdraht zum Gigabit Glasfasernetz. Vom Funker-Rekrut zum Hardware-Techniker. Vom Betriebssystem- Programmer zum Netzwerk-Spezialisten. Vom Lehrling zum Marketing Manager Die detaillierten technischen Beschreibungen werden aufgelockert durch erstaunliche, amüsante und erlebte 'Stories'. Die beim Schreiben unwiderstehlich aufkommenden Assoziationen verleiten den Autor zu persönlichen Schlüssen, Sprüchen, Fantasien, pseudo- philosophischen Ideen und Provokationen Aber er kehrt bald wieder zurück in die Realität der IT-Welt. Zu seinem Freund: dem Computer. Den er auch sehr oft zum Teufel gewünscht hatte. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge sagt er jetzt seinen 'Kumpels: "Goodbye, wir hatten eine wundervolle Zeit!". "
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Seitenzahl: 189
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Dies hier ist die zweite Ausgabe desselben Titels. Der Inhalt bleibt unverändert. Grammatikalische, stilistische und Flüchtigkeitsfehler wurden korrigiert, Doch als freier Autor behält er seine persönliche 'liberale' Schreibweise bei.
Das Buch wurde 'ausgelöst' durch Gespräch des Autors mit seinem Sohn Stephan Bodmer.
Besten Dank Stephan für Deine Motivation...
Auch danke ich meinem langjährigen Arbeitskollegen Werner
Knecht für seine wichtigen Ergänzungen.
Die 'Services' von Google und Wikipedia wurden ebenfalls sehr geschätzt.
Prolog
Vom Feilen des Eisenklotzes zum 'mechanischen' Programmieren.
Vom Kartenlocher zum mysteriösen Karten-Mischler.
Vom Tabulator zum Röhrenrechner.
Der Supercomputer CDC 6600
Mit der CDC 6600 in Minneapolis, Minnesota und in Chippewa Falls, Wisconsin.
Mit der CDC 6600 Serial Nr. 3 im CERN.
Von der Maschinensprache zum Betriebs-System-Programmierer.
Der Untergang eines Giganten.
Vom Supermini zum Laptop.
Intermezzo Bankapplikationen.
Die Telematik.
Epilog.
'Eigentlich' wird das, was jetzt kommen wird, nicht sehr viele interessieren. Es sei denn sie oder er sind richtig angefressene 'Compterfreaks'. Und möchten vielleicht sogar noch etwas mehr über die Entwicklung der, wie man heute so schön neudeutsch sagt: Informationtechnologie, kurz IT, wissen. Es werden sehr viele solche englische Begriffe vorkommen. Schliesslich ist Englisch DIE Sprache der Computerleute.
Er ist mit dem Computer und allem, was irgendwie damit zu tun hat, auf DU. Während 45 Jahre lang haben sie sich zusammengerauft. Mal Freunde, mal Feinde. Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt folgten sich in irrer Reihenfolge. Eine Art Hass-Liebe. Ein sehr enges 'Verhältnis'.
Er war dabei. Von Anfang an. Erst 2004 hat er 'abgeschaltet' oder besser: Abschalten wollen. Gelang ihm wie so vieles im Leben nur halbwegs.
An Neuem ist er nicht mehr so sehr interessiert. Er ist zum ganz normalen 'User', sprich Benutzer, geworden. Doch auch dies wird immer mehr zu einer 'Belastung'.
So ganz ausser Dienst und weg vom Fenster ist er aber doch (noch) nicht. In einem intensiven Gespräch mit seinem Sohn an seinem doch schon etwas fortgeschrittenem Geburtstag wurde er so etwas wie 'angehalten' seine Siege und Niederlagen mit dem 'Ding', das ihn ein Berufsleben lang strapaziert hatte, doch einmal niederzuschreiben. Es hat seinem Sohn anscheinend sehr Eindruck gemacht, was er da zu hören bekam. Natürlich, der ist ja auch Informatiker. Mit Diplom und Auszeichnungen. Nicht so wie er. Damals gab es noch keine Anzeichen eines Studiums in Informatik. Den Begriff gab es nur vage oder gar nicht.
Also ein Diplom hat er nicht. Das einzige offizielle beglaubigte Vorzeigedokument ist sein Fähigkeitsausweis als Kleinmechaniker.
Den er erst nach der zweiten qualvollen Prüfung erhalten hat. Und nur, weil er dem Prüfungsexperten hoch und heilig versprechen musste, nie in diesem Beruf zu arbeiten. Was er ganz klar nie getan hätte.
Andere Auszeichnungen wie der 'Analyst of the year Award' (Analytiker des Jahres Auszeichnung), Bescheinigungen von besuchten Kursen und Dankesbriefe von zufriedenen Kunden sind in rauen Mengen vorhanden.
In der 'Steinzeit' der Datenübermittlung und die, man könnte heute sagen: In der 'Pfahlbauerepoche' des Computers, waren sich die Universitäten deren Zukunft noch nicht bewusst und diese wurde lange ignoriert. Darum ist sein Sohn so erpicht auf seine Erzählungen.
Aber dieses auch schriftlich zu fixieren bringt doch nichts!
Das hat er seinem Sohn dann geantwortet: "Das interessiert heute doch kein Schwein mehr". Die Milliarden die heute am Laptop, Smartphone und was immer noch kommen wird, herumfuchtelnden sind doch nur an das Foto des Geliebten oder der Geliebten, den Spielchen und an den News interessiert. Und um den anderen zu zeigen, dass Mann oder Frau 'in' ist.
"Ich bin in Facebook, darum bin ich". (Zitat Rodolfo Bodmer)
Also ein äusserst brotloses Vorhaben, ein möglichst sachliches Buch über die Entstehung des Ganzen zu schreiben. Zudem wird es äusserst anstrengend werden, sich im doch schon höheren Alter über Wochen und Monaten jeden Tag so an die zwei Stunden voll zu konzentrieren. Geschweige denn von den Dutzenden von Stunden des Recherchieren im Netz um Vergessenes zu finden, Namen zu korrigieren, Tatsachen zu verifizieren und so weiter. Und sich ja nicht ableiten lassen von den garantiert aufkommenden Assoziationen. Sich zwingen so bald, als möglich wieder auf das Thema zu kommen: auf das DU mit dem Computer.
Ja keine Fehler einschleichen lassen. Ein möglicher Leser würde das gar nicht goutieren. Fehler überlässt er lieber dem Computer.
Respektive denen, die Programme generieren. Die Leistungen eines Computers sind ja nur so gut wie der (und erst später die 'Sie') ihn programmiert hat. Der Computer ist ein Werkzeug. Wie eine Drehbank. Aber drehen muss der Dreher. Musste es früher.
Doch bald macht der Computer.
Ohne den geht nichts mehr. Aber mit dem auch ach sehr viel falsch. Sehr viel davon wird im in dem folgenden Essay zu lesen sein, dass er jetzt recht mühsam gestartet hat. Wird es einmal fertig werden? Qui vivra vera!
Zitat: "Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist schwach". (Aus dem Paulusbrief des neuen Testaments der Bibel).
Oh Entschuldigung diese Verunglimpfung des 'Homo sapiens'.
Doch die angeschuldigte Maschine hat wie alles auch sehr gute und nützliche Fähigkeiten. Zum Beispiel kann sie sehr schnell Rechnen. Arithmetik wird bald als Schulfach verschwinden. Tschau liebes altes, gutes, gefürchtetes Ein-mal-Eins. Auch müssen die Schüler heute nicht mehr Rechtschreibung büffeln. Sie haben darum mehr Zeit um zu 'SMSen' und zu 'Chatten'. Das heisst im Klartext Unsinn und unnötiges zu plappern...
Doch ohne den Textprozessor mit all seinen 'Features' und Tücken hätte das Folgende nie geschrieben werden können. Es wird ja heute nichts mehr von Hand aufs Papier gebracht. Ausser es wird explizit verlangt: zum Erstellen des Testaments.
'Eigentlich' wollte er FEAM erlernen. Ein in den späten Fünfzigerjahren sehr begehrter Beruf. Heute würde man sagen: Top modern und 'in'. Also ein Beruf mit grosser Zukunft.
FEAM steht für: Feinmechanik und Elektro-Apparate Monteur.
Wohlverstanden: Mechanik und 'Elektro'. Nicht Elektronik. Von der war erst sehr vage die Rede. Auch die Wissenschaft war noch ein grosses Stück davon entfernt.
Geschweige dann von elektronischer Datenübermittlung. Zum Steuern eines ferngelenkten Spielzeugautos brauchte es damals beinahe eine Funklizenz und eine Prüfung im Morsen.
Ist Morsen nicht das Erste so etwas wie 'halb-digitales' Übermittlungs-System überhaupt? Die Rauchzeichen der Indianer und der alten Eidgenossen waren analog...
Es wurde nichts aus dem FEAM. Er hatte, wie bis jetzt schon so oft in seinem noch kurzen Leben, wieder einmal kein Glück. Die Lehrstellen waren sehr rar. Und die stärker als er waren, hatten die ergattert. Ein wenig 'Helligkeit' kam doch noch. Eine Firma, die FEAM ausbildetet, bot ihm eine Lehrstelle als Kleinmechaniker an.
Mit der Option die theoretische Ausbildung der FEAMs absolvieren zu können. Oder besser: Zu dürfen.
Was nichts anderes als ein leeres Versprechen war, um die unpopuläre Lehrstelle doch noch zu besetzten. Also würgte er sich durch diese ihm äusserst unbeliebte Tortur. Wochenlanges Feilen an einem Eisenklotz. Die Masse auf den Hundertsteln von einem Millimeter genau. Die Fläche topfeben wie geschliffen. Und der Eisenklotz war äusserst hart. Als er es dann schweiss- und nerven treibend geschafft hat, 'haute' der Lehrmeister mit einem spitzen Hammer eine riesige Kerbe rein. Und die Sisyphusarbeit begann von Neuem.
Das einzig Positive in der vierjährigen Lehrzeit war dies:
Ein Arbeitskollege, zwei Lehrjahre älter als er, macht einmal die Bemerkung, dass er nie im Beruf bleiben wird. Er gehe zu einer der jetzt immer stärker aufkommenden Firmen, die elektronische Rechenmaschinen bauen. Computer war zu dieser Zeit noch ein sehr vager Begriff.
Ein Begriff waren aber Namen wie Burrougs, Honeywell und noch andere. Selbstverständlich auch die grösste und die 'führende' von allen: IBM.
Die Aussage seines Kollegen blieb tief in ihm sitzen. Es war ein Fingerzeig einer höheren Macht. An die er 'eigentlich' nicht glaubt.
Ist es 'nur' eine Illusion?
Zitat: "Ohne Illusionen wird das Leben zum Existieren". (Mark Twain)
Doch es war definitiv ein Tipp, der sein Leben massgebend beeinflussten sollte.
Die Wirklichkeit sah dann viel düsterer aus. Zum Beispiel die Rekrutenschule. Als Übermittlungsgerätemechaniker bei den Fliegertruppen. Die betreuten die antiken Siemens Fernschreiber Baujahr 1939 mit einer Datenrate von sage und schreibe 50 Baud (Bits pro Sekunde. 'Baud' ist ein Begriff abgeleitet von Jean Maurice-Émile Baudot). Die Datenausgabe wurde auf einen 8 Millimeter breiten und 10 Meter langen Papierstreifen gedruckt.
Oder in schmalen Lochstreifen gelocht. Um wieder eingelesen zu werden. Oder um verbrannt zu werden, damit ja keine militärischen Geheimnisse in falsche Hände gelangen könnten.
Das Betriebspersonal, im Militärjargon der BP2 (Betriebspersonal 2), schnitten die bedruckten Papierstreifen zusammen und klebten sie auf ein normales Blatt Papier. Das wurde dann als Telegramm an den Adressaten, den diensthabenden Offizier, streng vertraulich übergeben. Die UEMGTMs (Übermittlungsgerätemechaniker) schrieben dann spasseshalber in der Freizeit Liebesbriefe an die jeweilige Freundin auf die eben besagten Papierstreifen und schickten denen die Papierröllchen.
Dann musste er sich mit laut klapperigen mechanischen Chiffriergeräten in schusssicheren schweren Eisenkisten herumschlagen.
Und als Telefonsoldat kilometerweise Drähte an Dachhaken aufhängen. Dann in der 150 kg schweren halbwegs mobilen Telefonzentrale mit über hundert Stöpseln die Verbindungen durchschalten. Zum Spass wird dann ab und zu der Kompanie Kommandant mit dem Irrenhaus verbunden.
Und musste sich selbstverständlich auch durch die üblichen soldatischen Disziplinen wie Wachordonnanz, Gewehrgriff und Stechschritt würgen. Dazu auch noch Gewaltmärsche in Nagelschuhen, im Jargon 'Zahnradsandalen', auf harten Strassen und steinigen Wegen. Er fasste noch den hölzernen Karabiner 48.
Ein sehr genaues Schiesseisen. Wenn man es richtig bedienen konnte. Er konnte es nur sehr schlecht. Dafür spürte er den gewaltigen Rückstoss nach jedem Schuss. Das ergab eine geschwollene Schulter und ein wundes Schlüsselbein. Eine Qual diese RS. Ein gelebter Albtraum. Von deren Zeit er bis ins jetzige höhere Alter hinein 'alpträumt'...
Doch, wie alles, die RS ging vorüber. Zurück in die Wirklichkeit.
Wegen der lausigen Lehrabschlussprüfung war an eine Stelle in der Schweiz nicht zu denken. Und er wollte ja 'eigentlich' sehr gerne ins Ausland. Doch wohin? Als eine der wenigen Möglichkeiten bot sich Schweden an. Einigermassen auf demselben Lohnniveau wie die Schweiz. Also erkundigte er sich an bei der schwedischen Botschaft in Bern über die Möglichkeit in Schweden zu arbeiten. Und erhielt auch prompt eine Arbeitsbewilligung als sogenannter 'Staginär' und auch eine Stelle bei der Firma L. M.
Ericcson in Stockholm. Die bauten ja alles Mögliche an Elektrogeräte, Telefone, etc. Und natürlich das lukrativste: Waffensysteme.
Die erste Zeit in Schweden war sehr hart. Nicht so sehr die Arbeit.
Diese war noch mehr oder weniger machbar. Aber das Klima!
Besonders der Winter mit meteorololgisch bewiesenen 1.5 Stunden Sonnenschein im ganzen Januar in der Stadt. Auch die Ernährung war alles anderes als ein Vergnügen. Tiefe Depression war angesagt und traf auch voll ein.
Seine Arbeit bestand im Wesentlichen im Reinigen von Chassis für geheime Peilgeräte in Flugzeugen. Diese waren aus Magnesium, damit sie bei einem Absturz sofort verbrennen, um keine Geheimnisse preiszugeben.
Es war Arbeit im Akkord. Eher gemütlich, denn die ausgezeichnet organisierten schwedischen Gewerkschaften waren sehr gut im Verhandeln von Arbeitsbedingungen. Dafür musste er beim selbst kärglichsten Lohn denen beitreten.
Doch dann gab es ein Lichtblick. Noch lange nicht der so sehr erwartete Frühling, aber in der Form eines neuen Jobs. Die Firma Burrough AB in der Innenstadt von Stockholm suchte Servicetechniker für ihre mechanischen Rechenmaschinen. Techniker ist bei Weitem übertrieben. Es war reine feine handwerkliche Justier- und Montagearbeit. An recht komplizierten mechanischen Tischrechner.
Die sind sehr langsam und sehr teuer. Mit dutzenden von winzigen Draht-Federn, Zahnrädchen, kleinsten gebogen Bügeln, fein gedrehte Stiften und so weiter. Das Ding hiess: Then-Keys. Weil es zehn Tasten hatte, um die Operanden einzugeben. Die dann laut ratternd zusammengezählt wurde. Es waren nur Additionen möglich. Doch diese recht primitive Rechenmaschine verkaufte sich gut. Mangels etwas besseren auf dem Markt.
Wenigstens war das Arbeiten an denen nie langweilig und oft eine echte Herausforderung. Solche liebt er doch. Manchmal war er aber überfordert. Sein Lieblingsspruch war dann: Kann man dies nicht einfacher machen! (Auf Schwedisch: Ska man det inte jöra enklare).
Der Herbst nahte. Einen zweiten Tortur-Winter in Schweden wollte er nicht wieder durchmachen.
Er hat es bis zum Hals hinaus: Belegte Brötchen (Smörgos), Blutwurst mit Rosinen, rote gezuckerte Würstchen (grillard Korv), nicht gerade sehr erbaulich riechender Weihnachts-Fisch, schwaches Bier (Fatöl) und dem sehr starken Kartoffelschnaps.
Den man zudem besonders bevor den Feiertagen nur nach langem Warten und nur im staatlichen Geschäft (Statlic Bolaget) kaufen konnte.
Also zurück in die Heimat. Ohne Geld. Denn da war eine weitere Illusion den Bach hinuntergelaufen. Irgendjemand hat ihm gesagt, dass er die Beiträge, die er für die Altersvorsorge in Schweden bezahlte, bei der Ausreise zurückerstattet bekomme. Dem war aber nicht so. Erst später in der Heimat wurde ihm dann gerade einmal ganze 127 Kronen und 50 Öre überwiesen
Also zurück nach Zürich per Autostopp und Brot und Wasser.
Zuhause war gar nicht so willkommen. Dann suche nach Arbeit. Mit den, gelinde gesagt, nicht unbedingt besten Zeugnissen.
Doch für einmal hatte er ein kleines Quäntchen Glück. Wenigstens anscheinend. Die Firma Burrough, wieder die, suchte Programmieren für ihre Buchhaltungsautomaten. So stand es im Inserat.
Er bekam den Job dann auch. Wäre sehr interessant gewesen Programme zu machen für diese mechanischen Ungeheuer. Zehn Kilo schwer. Wie eine riesige Schreibmaschine mit über hundert Tasten.
Programme machen, wohlverstanden. Nicht etwa schreiben. Die Befehle für die Steuerung der Abläufe geschah mittels kleinen Eisenplättchen, die auf einem 50 Zentimeter langen Rahmen, der sich unterhalb des hin und her sich bewegenden Wagen oben an der Maschine befand und aneinander gereiht wurden. Unten an den Plättchen gab es so zehn 5x5 Millimeter grosse quadratische Scheibchen. Je nach Befehl des auszuführenden Programmes wurden die dann mit einer Zange weggeknipst oder stehen gelassen.
Der Wagen bewegte sich beim Betrieb relativ schnell. Unter dem tasteten Stifte die vorhanden oder nicht vorhandenden Plättchen ab und so werden die gewünschten buchhalterischen Rechenoperationen gesteuert. Diese Art der Programmierung war äusserst anspruchsvoll, herausfordernd und spannend.
Also genau das, was er sich als Arbeit gewünscht hatte .
Nur leider sah die Realität dann viel unangenehmer und düsterer aus. Keine 5 Prozent der Arbeitszeit durfte er als Programmierer 'geniessen. Die übrigen 95 musste er als Vertreter (oder zutreffender: 'Klinkenputzer') von mechanischen Rechenmaschinen, eben den 'Then-Keys', die er von Schweden her kannte, über die Runden bringen.
Im heissen Sommer, im unbequemen schweisstreibenden Polyesteranzug, weissem langärmeligem Hemd und roter Krawatte muss er die Bahnhofstrasse 'abklopfen'. Um immer wieder von den Sekretärinnen hinausgeworfen zu werden. Bis ihm eine solche eines Tages sagte: "Sie, junger Mann, gehen Sie besser arbeiten!".
Das genügt ihm. Verkauft hat er nichts. Sein Vorgesetzter bekam so etwas wie Mitleid mit ihm (das gibt es auch...). Der hielt ihm ein Kunde in einem fernen Kaff zu, der ein Occasion-Apparat gebrauchen könnte. Er hat ein solchen auch verkaufen können. Das einzige, was er je in seinem Leben verscherbelt hat. Der kostete 100.-Franken.
Er schämt sich noch heute diesen 'Deal' getätigt zu haben. Und leidet noch immer an einem schlechten Gewissen und wird in den Träumen heute noch davon geplagt
Also war dieser versprochene Programmierer-Job und dann in veraltete Apparate-Verkäufer resultierende Hausierer-Arbeit absolut nichts für ihn.
Es muss schleunigst eine andere Tätigkeit gesucht werden. Etwas, das endlich einmal befriedigt und motiviert. Und die sollte auch noch einigermassen richtig bezahlt sein.
War gar nicht so einfach. Zwar war die 'allgemeine Konjunkturlage' damals gar nicht so schlecht. Und es gab auch noch Zeitungen, die mit Stellen-Inseraten dosiert waren. Ein solches hat dann seine höchste Aufmerksamkeit geweckt. Eine ihm damals noch unbekannte französische Firma mit dem Hauptsitz in Paris, die 'Compagnie des Machines Bull', sucht Servicetechniker für ihre Produkte. Das waren hauptsächlich Maschinen zur Verarbeitung von Lochkarten. In direkter Konkurrenz mit der berühmt-berüchtigten IBM. Und in vielen der überlegen. Wie es bei Produkten aus Frankreich es so oft der Fall war: Caravelle, Concorde, Citroen, TGV und anderen.
Er meldete sich und wurde prompt nach der Einsendung der wie üblich verlangten Volks- und Gewerbeschulnoten, dem nur mit viel Glück errungen Fähigkeitsausweis als Kleinmechaniker, den Zeugnissen seiner bis anhin sehr dürftigen und äusserst erfolglosen beruflichen Laufbahn zu einer Tauglichkeitsprüfung aufgeboten.
In der Nähe des Zürcher Hauptbahnhofes. In einem trockenen Bürogebäude im sechsten Stock. In einem eng bestuhlten Saal.
Vorne an einem Tisch die streng in die Welt blickenden zukünftigen Chefs und solche, die wahrscheinlich Experten für die psychologische Eignung der Kandidaten waren und als Berater des Auftragsgebers für die Prüfung der für diese Stellen benötigen Fähigkeiten der Bewerber angestellt und verantwortlich gemacht wurden.
Dahinter an kleinen Tischen reihten sich jetzt die Bewerber für den attraktiven Job ein. Alle, wie es sich gehört, im Anzug und Krawatte.
Dies im Hochsommer. Geputzt, gewaschen und gekämmt wie Chorknaben.
Im strengen Befehlston wurde jetzt angekündigt, dass zur Lösung der vorliegenden Aufgaben genau eine Stunde und keine Minute länger Zeit gegeben wird. Diese Stunde wurde nach Ansage mit einem schrillen Gongschlag eingeläutet.
Er legte los. Es war das erste Mal, dass er einem solch strengen und so wichtigen psychologischen Eignungs-Test unterzogen wurde.
Es war mäuschenstill im Saal. Nur gestört von den Experten, die prüfenden Blickes durch die Reihen schlichen. Klar: Es musste kontrolliert werden, ob nicht abgeschrieben oder sonst wie betrogen wird.
Die Aufgaben waren erstaunlicherweise 'relativ' einfach. Logische Zusammenhänge von Zahlenreihen und Symbolen, auf Englisch 'pattern recognition', wurden heftig und überbetont verlangt. Dann einfache Rechenaufgaben, Fragen zur Elektrotechnik. So, über Ohm, Volt, Ampere, Watt, Hertz, usw. Dann noch das Zeichnen von einfachen elektrischen Schemen und das Skizzieren von Schaltungen und dergleichen. Dann noch das Erkennen von Zahlen in einem Farbmuster. Von wegen des Erkennens und Unterscheiden der verschiedenen farbigen Drähten in den Apparaten. Und dann noch alltägliches, allgemeines geschichtliches, gesellschaftliches und politisches 'Zeug'. Also Allgemeinwissen.
Stille wie auf einem Friedhof im Raum. Konzentriertes Denken war ja angesagt.
Nach so etwa 40 Minuten hatte er es hinter sich. Er schaute in die Richtung der Experten und gab Zeichen, dass er fertig ist.
Erstaunte Reaktion von denen. Er wurde mit einer Handbewegung von dem der wahrscheinlich der oberste Chef in diesem Gremium ist nach vorne zitiert und ganz leise durch die Hand angesprochen: "Haben sie auch alles nochmals überprüft?"
Hat er. "Sind sie auch sicher?". Er ist es.
Dann wurde ihm zugeflüstert, höflich und schon fast etwas anerkennend, dass er bald von der Firma 'Compagnie des Machines Bull' benachrichtigt werde.
Die Benachrichtigung kam sehr bald. Endlich wieder einmal etwas doch sehr Positives: Eine Einladung zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch. Das dann bald stattfand. Lief sehr gut für ihn.
Also: Er bekommt eine Stelle als Servicetechniker angeboten.
Bedingung: Bereit zu sein ein halbes Jahr nach PARIS in die Schulung zu gehen.
Ganz super. Er liebte ja das Reisen und fremde Länder. Der Lohn war ihm eigentlich Nebensache. Doch der stimmt auch noch: Fr.
1400.- im Monat. So viel hatte er noch gar nie verdient. Natürlich gebe es eine Probezeit. Und wenn die Noten während der Ausbildung ungenügend sind, gibt es die sofortige Entlassung.
Er bekam die Koordinaten des Ausbildungszentrums im Osten von Paris. In der Avenue Gambetta, um genau zu sein. Dazu eine Liste von sich in der Nähe befindlichen günstigen Hotels. Auf Wunsch kann die Bull die Buchung arrangieren. Das Bahnbillett Zürich-Paris, natürlich zweiter Klasse, ist auch bereit. Die ganze Trainingsphase in Paris wird, wie gesagt, 6 Monate dauern. Jeden Monat gibt es einen zweitägigen 'Urlaub' für einen Besuch nach Hause. An den Samstagen finden Prüfungen statt. Deren Resultate werden sofort nach Zürich geschickt. Von wegen Entlassung.
Er konnte es kaum erwarten loszufahren. Der Zug nach Paris, mit umsteigen in Genf, brauchte fast acht Stunden. Es war schon viel früher, als dann später der legendäre TGV nach Paris zischte.
Es ist ein grauer Januarabend. Ankunft in einem ebenso grauen, trostlosen Bahnhof: Dem 'Gare de l' Est'. Das Hotel war in der Nähe des 'Butte Chaumont' gelegen. Die Rolltreppe von der Metro hoch auf die Strasse ist dort sehr lang und steil.
Das Hotel eher schäbig. Kein Speisesaal war zu entdecken. Nur ein kleines zurzeit menschenleeres Bistro gleich neben dem Eingang.
Die Dame im 'Entree' ist recht mürrisch. Sie muss ja auch sonntags arbeiten. Das Einchecken verläuft problemlos: Sie hatte ja alle seine Daten. Rauchen im Zimmer verboten. Damenbesuche sind nicht erlaubt. Die Hausordnung und der Weg zum Notausgang seien im Zimmer angeschlagen. Natürlich auf Französisch. Dass er nur sehr rudimentär beherrscht: Drei lausige Jahre Sekundarschule.
Das Zimmer ist der dritten Etage. Kein Lift, dafür mit einer knorrigen abgelaufenen Holztreppe. Das 'Chambre' klein und das Bett auch.
Die Beleuchtung halb düster. Durch das unsaubere Fenster ist ein kleiner baumloser Kies-Platz zu sehen. Daneben eine Art verkommenes Gärtchen. Umgeben von fensterlosen grauen hohen Mauern der nebenstehenden scheusslichen und schon leicht heruntergewirtschafteten Bauten.
Doch was soll's. Er ist ja nur dort zum Schlafen hier. Um die wahrscheinlich sicher anfallenden Hausaufgaben zu machen, genügt auch der kleine runde Tisch mit der verstaubten Tischlampe mit einer 40 Watt Glühbirne.
Koffer auspacken, die nötigen Papiere, Fachbücher und Schreibutensilien bereit machen für morgen.
Dem D-Day...
Doch trotz schon vorgeschrittener Zeit und schon bald dunkel will er jetzt noch hinaus. Um den zukünftigen Ort der Ausbildung zu suchen. Damit er am nächsten Morgen nicht in die Irre geht und schon am ersten Tag zu spät erscheint.
Die Avenue Gambetta ist zum Glück in der Nähe und zu Fuss erreichbar. Wird ihm den mühseligen Metrostress am Morgen jeweils ersparen. Das Gebäude des Training-Zentrums ist noch recht imposant. Hoch und mit kleinen Fenstern mit geschlossenen Jalousien. Umgeben von einem hohen Eisenzaun. Mit einer kleinen Eingangstüre, ebenfalls sehr einschüchtern schmiedeeisern, wirkt das Ganze so etwas wie ein Gefängnis. So richtig angeschrieben ist auch nichts. Wohl aus Angst vor Ausschreitungen, Randalierer, Sabotage oder dergleichen?
Das kann ja gut werden!
Zurück zum Hotel. Er genehmigte sich noch ein Glas Bier. Ein 'Demi' wie es dort heisst. In der immer noch menschenleeren Bar. Nach langem Warten versteht sich. Und die Wirtin, dieselbe 'Hexe' wie am Empfang, will sofort Cash.
Der Schlaf ist sehr auf der unruhigen Seite. Das Aufwachen auch.
Rasch das Gesicht flüchtig mit kaltem Wasser benetzt. Dann sich anziehen. Die Krawatte richtig korrekt binden. Die schwarzen Schuhe noch etwas mit dem Tischtuch polieren und hinunter zum Frühstück in der jetzt hell beleuchteten Stübchen neben dem Bistro.
'Croissants' ohne Butter und schaler lauwarmer Milchkaffee in einer grossen Tasse. Ist eigentlich auch nicht anders zu erwarten.
Er ist fast eine halbe Stunde vor acht am Ort. Ein streng aus der Uniform schauender Portier prüft seine mitgebrachten Papiere und den Reisepass. Er müsse in der Eingangshalle warten, bis der zuständige Instrukteur kommt.
Es kommen drei junge Herren so in seinem Alter hinein. Auch sehr chic angezogen. Sie gehen auch zur Aufsichtsperson. Untereinander sprechen sie schweizerdeutsch. Also sind sie sicher seine zukünftigen Klassenkollegen. Dann noch zwei blonde, stämmige Kerle. Die plaudern auf Schwedisch.
Er nickt wortlos allen zu.
Jetzt erscheinen noch viele mehr. Die sind aber nicht neu, denn sie gehen sofort die Treppe hoch in ihre Schulzimmer. Um Punkt 0800h ,wird das Eingangstor vom Portier zugemacht und mit dem grossen Schlüssel abgeschlossen. Zu spät Kommende haben keine Chance auf ein weiterkommen und werden sowieso sofort gefeuert.