Mitarbeiter sind Chefsache! - Martina Obermeyer - E-Book

Mitarbeiter sind Chefsache! E-Book

Martina Obermeyer

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Beschreibung

Machen Sie sich als Chef das Leben schön und leicht! Engagierte und loyale Mitarbeiter, die sich mit ihrem Arbeitsplatz identifizieren und lange bleiben, sind der wichtigste Faktor in einem gesunden Unternehmen. Wie Sie die richtigen Mitarbeiter finden, genau aussuchen, motivieren und behalten - all das erfahren Sie detailliert in diesem Buch. Am Beispiel einer Praxis - übertragbar auf jeden anderen Betrieb oder eine Abteilung - enthält das Buch eine Fülle von praktischen Tipps, Checklisten, Werkzeugen und Beispielen, direkt aus der Praxis und zur sofortigen Umsetzung. Schritt für Schritt führt die Autorin Sie von der Anzeige, über das Vorstellungsgespräch und die Einarbeitungsphase, bis zur langfristigen Bindung und Motivation. Lernen Sie, wie Sie Ihre Mitarbeiter entsprechend Ihrem Persönlichkeitstyp gut führen können und einen Teamgeist schaffen der alle trägt.

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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Dr. Martina Obermeyer, geboren 1958, arbeitet seit 1985 als ganzheitliche Zahnärztin und Heilpraktikerin. Sie ist international als Referentin für medizinische Themen und Teamführung tätig ‒ sowie als Coach mit Einzelpersonen, für Praxen und Teamsysteme.

In ihrem Seminarhaus «Aufwind» leitet sie seit 2001 kleine, intensive Seminar-Gruppen.

www.aufwind.org

Martina Obermeyer lebt und arbeitet in Schlehdorf am Kochelsee.

Für Melanie, Katharina, Christine, Moni und Karin, die mir mit ihrer wunderbaren Unterstützung den Rücken freihalten

Dr. Martina Obermeyer

Inhalt

Mitarbeiter heute

Wo suchen auf einem leeren Markt?

Der Umgangston: Du oder Sie? Und andere Fragen

Persönliche Anteilnahme

Geschenke? Aber bitte mit Herz!

Betriebsausflug, Weihnachtsfeier und gemeinsame Zeit

Mitarbeiterwechsel: Dilemma und mögliches Drama

Anzeigen schalten

Bewerbungsunterlagen

Das Einstellungsinterview

Probearbeiten

Die Einarbeitungsphase

Rückmeldungen und Kritik

Mitarbeitergespräche

Teamwork und Besprechungen

Monatliche interne Fortbildungen (MoFos)

Höflichkeit und Kommunikation

Mobbing und andere Unannehmlichkeiten

Wenn Chefs zu gutmütig sind

Ihr persönlicher Fragebogen ‒ Wo stehe ich als Chef?

Motivation auf lange Sicht

Der Gewinn für alle Beteiligten

1 Mitarbeiter heute

Gute, beständige und vor allem loyale Mitarbeiter sind in der heutigen Zeit das wertvollste Gut ‒ für jeden Betrieb. In den nächsten 10 bis 20 Jahren wird der Erfolg eines Unternehmens, einer Praxis oder eines Handwerksbetriebs in erster Linie, sicher zu über 80 Prozent, von der Anzahl und vor allem von der Qualität und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter abhängen.

Dazu kommt, dass Angestellte heute nicht mehr so leicht zu motivieren und zu halten sind. Die Ansprüche sind hoch, es gibt zu wenig Leute auf dem Markt, und auf jeden Fall zu wenig Gute. Abhängigkeit besteht in diesen Zeiten tendenziell mehr von den Mitarbeitern als umgekehrt vom Chef. Wir können als Chefs nicht alles alleine machen, das ist weder sinnvoll noch effizient. Die Synergie macht es aus: Wir haben die Ideen, die Verantwortung, die Investition und unsere Mitarbeiter können sich ziemlich frei bewegen und innerhalb ihres Aufgabenbereichs entfalten. Dafür müssen sie nicht alles im Blick haben, so wie wir, sondern können sich auf ihre Spezialbereiche konzentrieren.

Um die Genderfrage gleich zu Beginn zu klären: Wenn ich Chef oder Chefin schreibe, meine ich alle Geschlechter, ebenso bei Azubis oder Mitarbeiter/innen. Ich werde an verschiedenen Stellen unterschiedliche Ausdrücke verwenden, um den Text sprachlich ein wenig einfacher und abwechslungsreicher zu gestalten. Diese Handhabung beinhaltet keinerlei Wertung, sie ist lediglich ein sprachliches Stilmittel.

Ich schreibe dieses Buch in der Eigenschaft meines Grundberufs als Zahnärztin. Seit 1988 führe ich eine eigene Praxis und seit 2000 zusätzlich eine Seminarfirma ‒ ich habe viele Jahre in anderen Praxen mitgearbeitet und dadurch viel Erfahrung mit diesen filigranen Mitarbeiterstrukturen, auch durch meine Praxis-Coachings und Team-Trainings.

Alle Beispiele und Geschichten in diesem Buch sind authentisch und genau so passiert, selbstverständlich mit geänderten Namen und Orten. Nichts davon ist in meiner Phantasie entstanden, denn das Leben schreibt wesentlich schrägere und bessere Geschichten, als wir sie uns ausdenken könnten.

Eine Zahnarztpraxis ist als mittelständischer Betrieb mit allem zu vergleichen, was in etwa ein Team von 5 - 30 Leuten umfasst. Mit einem feinen Unterschied allerdings: Durch die unmittelbare Nähe am Behandlungsstuhl werden in der Zahnarztpraxis Unstimmigkeiten im Team sofort spürbar und für den Patienten offensichtlich.

Der arme Patient ist mit seiner eigenen Angst genug beschäftigt und kann auf jeden Fall nichts dafür, wenn zwischen der Chefin und der Assistenz eine Spannung besteht. Zu allem Überfluss muss er das zu den nicht so angenehmen Seiten eines Zahnarztbesuchs auch noch aushalten ...

In einer Zahnarztpraxis empfiehlt sich also deshalb schon eine perfekte «Teamhygiene», um für die in der Regel ängstlichen Patienten eine angenehme Behandlungsatmosphäre zu schaffen. Wenn Sie in einer Bank arbeiten und mit Ihrem Chef Zoff haben, ist das für die Kunden nicht so unbedingt erkennbar, weil Ihr Chef vermutlich eine Etage über Ihnen arbeitet und Sie durch Glasscheibe und Tresen vom Kunden «abgeschirmt» sind. Trotzdem wird sich immer Ihre Stimmung und Ihre Solidarität auch ohne Worte auf den Kunden übertragen.

Dieses Buch ist als Leitfaden für alle gedacht, die ein gutes und konstantes Team aufbauen oder schaffen möchten. Auch große Betriebe arbeiten in übersichtlichen Teams und oft ist die Zusammenarbeit unter den verschiedenen Teams nicht effizient, weil es an menschlichen Qualitäten fehlt oder Animositäten, also feindselige Äußerungen, den Informationsfluss behindern.

Es ist immer Chefsache, die richtigen Leute zu rekrutieren, sie ihren Talenten entsprechend einzusetzen und so zu motivieren, dass sie auch gerne bleiben. Das regelt sich nicht von alleine, selbst wenn die MitarbeiterInnen sich untereinander gut verstehen, sondern erfordert immer wieder das aktive Einbringen eines Chefs bzw. einer Chefin, um die Dynamik eines Teams in der richtigen Richtung zu halten und zu fördern.

Noch etwas Wichtiges: jeder von uns ist ein anderer Führungstyp. Und wir können nur so führen, wie es unsere eigene Persönlichkeitsstruktur ermöglicht. Sie finden in diesem Buch viele Anregungen und Vorschläge ‒ nehmen Sie die für sich, die Sie gerne umsetzen möchten, weil sie Ihrem Typ entsprechen. Das allein wird schon viel verändern. Und: haben Sie Geduld. Es richtet sich nicht alles innerhalb von ein paar Wochen ‒ Vertrauen, Loyalität und Kontinuität müssen auch wachsen dürfen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen und Umsetzen ‒ für Fragen oder weitergehende Beratungen stehe ich gerne zur Verfügung unter [email protected], per Zoom oder live in meinen Seminarräumen in Schlehdorf am Kochelsee, 60 km südlich von München.

2 Wo suchen auf einem leeren Markt?

Am liebsten sind uns allen doch Bewerbungen, die maximal erfolgversprechend sind. Von Menschen, denen Sie als Arbeitgeber bereits bekannt sind oder die Sie leicht kennenlernen können, zum Beispiel weil sie um die Ecke wohnen.

Wenn Sie viel Glück haben, können Sie über soziale Medien jemanden finden, der zu Ihnen passt. Allerdings brauchen Sie in der Regel jemanden aus der näheren Umgebung und kein Home Office aus Buxtehude. Aufgaben wie beispielsweise die Buchhaltung, IT-Betreuung oder auch die Steuerberatung lassen sich gut auf Distanz regeln, doch für das aktive und praktische Tagesgeschäft brauchen Sie meist jemanden aus der unmittelbaren Umgebung.

Über soziale Medien bekommt man zuhauf «gefakte» Bewerbungsunterlagen, die am Computer charmant auffrisiert wurden, von Leuten, die oft die Stelle gewechselt haben oder nie etwas Definiertes eigenverantwortlich über längere Zeit gemacht haben. Doch auch Ihre Zeit ist kostbar und es lohnt sich nicht, Ihre wertvolle Zeit mit Vorstellungsgesprächen zu vergeuden, bei denen Sie nach 15 Minuten bereits wissen, dass diese Person nicht in Frage kommt.

Selbstverständlich sollten Sie Ihre Website nutzen, um einen freien Arbeitsplatz bei Ihnen gleich auf der Startseite darzustellen, zum Beispiel als Pop-up oder in einer ungewöhnlichen Form. Und in der detaillierten Darstellung, warum es so attraktiv ist, bei Ihnen zu arbeiten. Das ist auf alle Fälle eine sehr gute Plattform, die Sie für Ihre Suche schon automatisch zur Verfügung haben. Über eine Homepage und gute Außendarstellung können potenzielle Mitarbeiter aber nur teilweise erfassen, ob Sie wirklich der richtige Arbeitgeber für sie sind. Die «Live-Vorstellung» vor Ort bei Ihnen ist immer eindeutig und klar. Hier kann ein Bewerber ein Gefühl dafür entwickeln, ob er zu Ihnen ins Team passt ‒ und vice versa.

Sofern Sie Kundenkontakt und/oder Patientenverkehr haben, können Sie das auch sehr gut für sich nutzen. Machen Sie einen richtig attraktiven Aushang mit der beschriebenen Stelle in Ihrem Geschäft, in der Praxis, im Büro oder in den Räumen, in denen Kundenkontakt stattfindet. In Praxen empfehle ich immer Stellen, an denen Patienten gar keine Chance haben, daran vorbeizuschauen: an der Rezeption, im Wartezimmer, im Röntgenraum, in der Prophylaxe. Oder drücken Sie dem Patienten oder Klienten ein Blatt mit der ausgeschriebenen Stelle in die Hand, mit der Frage, ob er vielleicht jemand Passenden kennt.

Der Vorteil hierbei: Der Kunde oder Patient ist schon bei Ihnen, daher in gewisser Weise von Ihnen und Ihrer Arbeit angetan oder begeistert. Er hat Vertrauen in Sie, dass Sie Ihre Arbeit ordentlich und zuverlässig erledigen, sowie gut mit Ihren Leuten umgehen. Zumindest auf einer persönlich-professionellen Ebene wird er mit Ihnen eine gute Verbindung haben und daher spüren, was Sie brauchen könnten. Eine Empfehlung aus seinem Freundeskreis oder der Familie ist wesentlich besser als eine Blindbewerbung, von der Sie gar nichts wissen.

Selbst wenn die Oma liest, dass ein Azubi gesucht wird, kann sie das ihre Enkel wissen lassen. Bei solchen Empfehlungen kennen Sie die Familie oder können sich zumindest erkundigen, woher ein Bewerber kommt, um sich ein konkretes Bild machen.

Marketing in der unmittelbaren Umgebung findet am allerbesten durch Sie selbst statt. Lassen Sie Ihre Visitenkarte überall «fallen», wo Sie gerade einkaufen oder etwas erledigen. Im Blumenladen, in dem Sie Ihren wöchentlichen Strauß bestellen, in der Autowerkstatt, der Reinigung, dem Delikatessenladen und so fort. Dadurch wird Ihr Name in der direkten Umgebung der Praxis bzw. des Betriebes bekannt und Sie als Persönlichkeit registriert. An diesen Stellen können Sie ebenso das Thema einer zu besetzenden Stelle streuen.

Ein Aushang für die richtige Zielgruppe am passenden Ort: Wenn Sie zum Beispiel eine Putzfee suchen, dann hängen Sie das beim Friseur, im Nagelstudio, im Kindergarten, beim Bäcker und im Supermarkt auf. Und fragen Sie Ihre üblichen Kontakte, wer jemanden kennt. Die Reinigung kann auch notfalls von einer Firma übernommen werden, doch im direkten Zusammenarbeiten sind persönliche Chemie und Vertrauen entscheidend.

Mitarbeiterkontakte sind ebenfalls sehr interessant. Vielleicht kennt eine Ihrer Damen (mit der sie gerne und gut zusammenarbeiten) jemanden, der in seiner jetzigen Stelle nicht so glücklich ist. Sei es aufgrund der Bezahlung, des Teams oder der örtlichen Gegebenheiten. Ihre Mitarbeiterin wird den Grund kennen und Sie haben eine Vorabinformation. Ein weiterer Vorteil: Freunde Ihrer guten Mitarbeiter ticken ähnlich und das Verständnis innerhalb des Teams wird leichter sein, wenn ein Kontakt auf der privaten Ebene schon funktioniert.

Azubis aus anderen Betrieben: Sollte eine Auszubildende während der Lehrzeit wechseln wollen, schauen Sie sich die junge Dame ganz genau an. Lassen Sie sie mindestens zwei Tage Probearbeiten und spüren Sie genau hin, ob sie ins Team und vor allem zu Ihnen passt. Oft erzählen die Youngsters haarsträubende Geschichten über ihren Betrieb, die nicht zwangsläufig ganz der Wahrheit entsprechen. Manchmal fehlt es jungen Leuten noch an Erfahrung, was es im Leben alles geben kann. Den Spruch „Jetzt im Nachhinein weiß ich erst, wie gut meine Ausbildungspraxis gewesen ist“, habe ich mindestens 100-mal in meinem Leben gehört. Manche Auszubildende haben noch nie etwas eigenverantwortlich ausführen müssen und sind dadurch zu Beginn Ihrer Ausbildung oft heillos überfordert. Doch dazu im Detail später bei der Einarbeitung.

Azubis im 3. Lehrjahr sind besonders interessant, da sie nicht alle von ihren Ausbildungsbetrieben übernommen werden. Fragen Sie in der Berufsschule nach, wer gut ist, oder unterrichten Sie am besten selbst ‒ z.B. zwei Stunden in der Woche - da haben Sie den besten Überblick über den Nachwuchs. Beschäftigen Sie selbst einen Azubi im dritten Jahr, fragen Sie ihn nach Kollegen in der Schulklasse, die vielleicht für Ihren Betrieb geeignet sind.

Meine Vorschläge und Ideen hierzu mögen Ihnen vielleicht konservativ oder banal erscheinen, doch es ist genau das, was sich in meiner beruflichen Tätigkeit bis heute, wie auch bei meinen Coachees als die wirksamsten und nachhaltigsten Methoden erwiesen haben.

3 Der Umgangston: Du oder Sie? Und andere Fragen ...

Das «Du» hängt von Ihrem persönlichen Führungsstil ab und von Ihrer eigenen Fähigkeit, sich gut abzugrenzen. Ein «Du» im persönlichen Umgang schafft auf jeden Fall Raum für mehr Nähe ‒ wenn Sie das möchten.

Sollten Sie Probleme haben, sich rechtzeitig abzugrenzen und dazu neigen, sich in langen, persönlichen Gesprächen zu verlieren, würde ich Ihnen die Höflichkeitsform «Sie» empfehlen. Ebenso, wenn Ihre Mitarbeiter einer wesentlich jüngeren oder älteren Altersgruppe angehören.

Eine «Übergangslösung» oder etwas dazwischen ist die Anrede mit Vornamen und «Sie». Das hängt auch ein wenig von der Berufssparte ab, in der Sie arbeiten. In Praxen ist die Anrede mit Vornamen und «Sie» durchaus üblich, in Banken oder anderen Bereichen weniger. Deshalb bleibt der Chef trotzdem der Herr Doktor. Ein wenig hat es auch mit regionalen Verhältnissen zu tun. In Bayern und Österreich, besonders im ländlichen Bereich, wird zum Beispiel immer noch Wert auf den Titel gelegt, in Frankfurt oder Berlin kann das anders aussehen.

Wichtig ist, dass Sie sich mit dem persönlichen Umgang wohl fühlen! Sie geben die Marschrichtung für Ihr Team vor und deshalb auch den Umgang untereinander. Und: Erwarten Sie von Ihren Damen und Herren nichts anderes als das, was Sie selbst auch vorleben.

Wenn ein Chef oftmals schlecht gelaunt oder brüsk reagiert, kann er von seinen Mitarbeitern nicht annehmen, dass sie Diplomatie und perfekte Höflichkeit «performen». Sie sind in jedem Fall das Vorbild, nach dem sich alle ausrichten. Ähnlich wie bei der Kindererziehung: Das meiste wird durch Kopieren eines anderen Verhaltens gelernt. So können Sie von Ihren Kindern keine perfekten Tischmanieren erwarten, wenn Sie sie selbst nicht praktizieren, und genauso verhält es sich mit den Umgangsformen im Beruf.

Eine wunderbare Patientin von mir, die lange Jahre ein sensationell erfolgreiches Trachtengeschäft mit einem unglaublich engagierten Team geführt hat, habe ich mal nach ihrem Erfolgsrezept gefragt. Mir schien es unfassbar, 20 Damen, alle in Teilzeit, auf einem gleichmäßigen Level an ausgesuchter Höflichkeit und Zuvorkommenheit zu halten. Auch die Absprachen innerhalb des Teams schienen immer zu funktionieren. Nie war jemand ungeduldig oder gestresst, egal bei welchem Trubel, der Kundenservice war gleichbleibend empathisch, mit viel Zeit und Fürsorge. Sie lächelte nur fein und antwortete mir: «Mit unerbittlicher Milde».

Das ist ein absoluter Erfolgsschlüssel: Bleiben Sie in Ihrem Tonfall möglichst immer ruhig und sanft, doch trotzdem konsequent in dem, was Sie sich vorstellen und von Ihren Mitarbeitern wünschen. Manche Dinge werden Sie gefühlt 198-mal erklären oder erwähnen müssen, bis es allen in Fleisch und Blut übergegangen ist.

In gewisser Weise müssen Sie Ihr Team auf Ihren persönlichen Stil einnorden, ohne dem Einzelnen seinen individuellen Charme in der Kommunikation zu nehmen. Darunter verstehe ich, dass Sie die Ebene an Höflichkeit, Kundenbetreuung und Service vorgeben, ohne dem Einzelnen vorzuschreiben, mit welchen Mitteln er das umsetzt. Da ist vom Wimpernklimpern bis zum spontanen Wortwitz alles möglich ‒ jeder hat andere Stärken.

Das empfinde ich sowieso als die wichtigste Aufgabe eines Chefs und einer Chefin: Setzen Sie Ihre Mitarbeiter nach ihren Fähigkeiten ein! Jeder bringt Talente mit, auch wenn sie manchmal nicht sofort erkennbar sind. Es nützt nichts, jemanden mit Rechnungen schreiben zu plagen, wenn seine Begabung in der manuellen Geschicklichkeit oder im menschlichen Umgang liegt. Es ist die größte Herausforderung für uns als Chefs herauszufinden, wo die wirklichen Stärken der Mitarbeiter liegen. Ungeachtet der Bewerbungsunterlagen oder der Selbsteinschätzung von einer Neuen im Team.

Manchmal glauben Menschen auch, etwas zu beherrschen, obwohl sie es noch nie in ihrem Leben vorher gemacht haben. Hier ist es notwendig, eine realistische Einschätzung für alle Beteiligten zu erreichen. Das erfordert allerdings viel Fingerspitzengefühl von Ihrer Seite, das heißt eine vorsichtige Wortwahl und besonders das Aufzeigen einer anderen Perspektive für den Betroffenen.

Ein Beispiel aus der Praxis:Bei mir war eine Stelle im Büro zu besetzen. Wir hatten uns für eine äußerst sympathische und attraktive Dame entschieden, die allerdings noch nie konkret in einem Büro gearbeitet hatte. Aufgrund ihrer privaten Affinität zu Computern und den sozialen Medien glaubte sie, dass alles, was bei uns im Büro zu machen wäre kein Thema für sie sei. Nun ‒ das war de facto anders. Doch man muss es sich erst anschauen und erleben. Fehlende Orthografie, fehlender Blick für ein Schriftbild und Ähnliches können Sie auch mit viel Üben nicht ausgleichen. Ihre Stärke liegt definitiv im direkten, persönlichen Umgang mit Menschen, doch nicht im schriftlichen Bereich. Darauf verständigten wir uns dann auch und da wir für diesen Zweck zu dem Zeitpunkt niemanden brauchten, orientierte sie sich neu. Sie ist heute in ihrer neuen Stelle, einer Praxis mit viel Patientenkontakt genau dort, wo ihr Talent liegt.

Von Chefs wird allgemein erwartet, dass sie stabil, gut gelaunt und souverän sind ‒ immer in der Lage, schwierige Situationen oder Krisen abzupuffern und den Überblick zu behalten. Doch wir sind auch nur Menschen, mit einem eigenen Privatleben, und es kann vorkommen, dass man mal selbst keinen guten Tag hat. Falls Sie einmal selbst nicht auf der Höhe sind, weil es Ihnen nicht gut geht, dann sprechen Sie das offen an.