Mord in Monticello - Rita Mae Brown - E-Book

Mord in Monticello E-Book

Rita Mae Brown

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Beschreibung

Frühling in Monticello, Wohnsitz von Präsident Thomas Jefferson: Archäologe Kimball Haynes macht einen grausigen Fund. In den alten Sklavenquartieren, wo einst die schöne Sklavin Medley Orion lebte, liegt das über hundert Jahre alte Skelett eines reichen Mannes. Sein Schädel wurde zertrümmert. Kurz darauf wird auch Haynes ermordet. Mit Tigerkatze Mrs. Murphy an ihrer Seite taucht Mary Minor »Harry« Haristeen tief in die Vergangenheit Crozets ein.   Alle Fälle der Mrs.-Murphy-Erfolgsserie gibt es jetzt als E-Books bei Ullstein!  

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Die Autoren

Rita Mae Brown, geboren in Hanover, Pennsylvania, wuchs in Florida auf. Sie studierte in New York Filmwissenschaft und Anglistik und war in der Frauenbewegung aktiv. Berühmt wurde sie mit dem Titel Rubinroter Dschungel und durch ihre Romane mit der Tigerkatze Sneaky Pie Brown als Co-Autorin.

Sneaky Pie Brown ist Co-Autorin von Rita Mae Brown. Beide leben in Crozet, Virginia.

Das Buch

Frühling in Monticello, Wohnsitz von Präsident Thomas Jefferson: Archäologe Kimball Haynes macht einen grausigen Fund. In den alten Sklavenquartieren, wo einst die schöne Sklavin Medley Orion lebte, liegt das über hundert Jahre alte Skelett eines reichen Mannes. Sein Schädel wurde zertrümmert. Kurz darauf wird auch Haynes ermordet. Mit Tigerkatze Mrs. Murphy an ihrer Seite taucht Mary Minor »Harry« Haristeen tief in die Vergangenheit Crozets ein.

 

Alle Fälle der Mrs.-Murphy-Erfolgsserie gibt es jetzt als E-Books bei Ullstein!

 

Rita Mae Brown & Sneaky Pie Brown

Mord in Monticello

Ein Fall für Mrs. Murphy

Roman

Aus dem Amerikanischen von Margarete Längsfeld

Ullstein

Die Originalausgabe erschien 1994 unter dem Titel Murder at Monticello or Old Sins bei Bantam Books, New York.

Wir wählen unsere Bücher sorgfältig aus, lektorieren sie gründlich mit Autoren und Übersetzern und produzieren sie in bester Qualität.

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ISBN 978-3-8437-1584-3

© 1994 by American Artists, Inc.Illustrationen © 1994 by Wendy Wray© für die deutsche Erstausgabe: Alle Rechte an der deutschen Übersetzung von Margarete Längsfeld© 1996 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg© für die deutsche Ausgabe: 2018 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin Umschlaggestaltung: zero-media.net, MünchenUmschlagabbildung: FinePic®, MünchenAutorenfoto: © Jerry BauerE-Book-Konvertierung powered by pepyrus.comAlle Rechte vorbehalten.

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Inhalt

Die Autoren / Das Buch

Titelseite

Impressum

Personen der Handlung

Vorbemerkung der Autorin

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66

Kapitel 67

Hinweis der Verfasserin

Stammbaum der Familie Jefferson

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Personen der Handlung

Für Gordon Reistrup,weil er uns zum Lachen bringt.

Zur Zeit der Kolonisierung gab es in dem großen Staat Virginia weniger Einwohner und dementsprechend weniger Familiennamen als heute. Viele der frühen Namen sind uns erhalten geblieben, und um jener Zeit gerecht zu werden, habe ich sie hier verwendet.

Thomas Jeffersons Enkelsohn James Madison Randolph hatte keine Kinder, »sein Zweig« der Familie Randolph, der in diesem Roman vorkommt, ist also frei erfunden; dasselbe gilt auch für alle heutigen Figuren und Ereignisse des Romans.

Kapitel 1

Lachend betrachtete Mary Minor Haristeen die Nickelmünze in ihrer Hand. Über dem Abbild von Monticello war das Motto unserer Nation eingeprägt: E Pluribus Unum. Sie reichte das Geldstück an ihre ältere Feundin, Mrs. Miranda Hogendobber, weiter. »Na, was sagen Sie?«

»Dieser Nickel ist keinen roten Heller wert.« Mrs. Hogendobber schürzte die melonenrot geschminkten Lippen. »Auf dem Nickel sieht Monticello so groß und unpersönlich aus, dabei ist das doch nur die Kehrseite der Medaille, wenn Sie mir diesen Scherz gestatten.«

Die zwei Frauen, die eine Mitte Dreißig, die andere in einem Alter, das sie auf keinen Fall preisgeben wollte, blickten von dem Geldstück hoch und zu dem westlichen Säulengang von Monticello. Die Fenster schimmerten vom Kerzenlicht des Salons, während die letzten Strahlen der Frühlingssonne hinter den Blue Ridge Mountains versanken.

Wären die Freundinnen zum Vordereingang in der Mitte des östlichen Säulengangs von Jeffersons Haus und von dort zum Rand des Rasens geschlendert, dann hätten sie ein grünes Meer vor Augen gehabt, die weite ebene Landschaft, die sich bis nach Richmond und schließlich bis hin zum Atlantischen Ozean erstreckt.

Wie die meisten, die in Albemarle County in Mittelvirginia geboren waren, konnten Harry Haristeen, wie sie genannt wurde, und Miranda Hogendobber mit einer fesselnden Führung durch Monticello aufwarten. Miranda gab zu, daß sie schon vor dem Zweiten Weltkrieg mit dem Anwesen vertraut gewesen war, aber mehr verriet sie nicht. Im Laufe der Jahrzehnte waren die Renovierungsarbeiten am Haus, an den Nebengebäuden und an den Gemüse- und Ziergärten so weit gediehen, daß Monticello nun der Stolz der gesamten Vereinigten Staaten war. Über eine Million auswärtige Besucher fuhren jedes Jahr die tückische Gebirgsstraße hinauf, um ihre acht Dollar zu entrichten, in einem kleinen Pendelbus auf einer Serpentinenstraße zur Bergspitze hinaufzukurven und von dort zu dem roten Ziegelgebäude – jeder Stein war handgefertigt, jedes Scharnier handgeschmiedet, jede Glasscheibe sorgfältig von einem schwitzenden, keuchenden Glasbläser geblasen. Das ganze Haus kündete von individuellen Fertigkeiten, Einfallsreichtum, Schlichtheit.

Die Tulpen trotzten dem frischen Westwind, und Harry und Mrs. Hogendobber gingen schaudernd um die Südseite des Geländes herum, vorbei an der erhöhten Terrasse. Ein ehrwürdiger Silberahorn stand tief verwurzelt an der Stelle, wo sie abbogen. An der Vorderseite des Hauses angekommen, blieben sie vor der großen Tür stehen.

»Ich weiß nicht, ob ich das durchstehe.« Harry holte tief Luft.

»Oh, auch dem Teufel muß man sein Recht lassen. Oder sollte ich sagen, der Teufelin?« feixte Mrs. Hogendobber. »Sie hat sich sechs Jahrzehnte lang auf diese Sache vorbereitet. Sie wird sagen, vier, aber ich kenne Mim Sanburne seit Anbeginn der Zeiten.«

»Ist das nicht angeblich der Vorteil, wenn man in einer Kleinstadt lebt? Daß jeder jeden kennt?« Harry rieb sich die hochgezogenen Schultern. Die Temperatur war drastisch gesunken.

»Na schön, auf in den Kampf: Mim, die Jefferson-Expertin.«

Sie öffneten die Tür und traten in dem Moment ein, als der kleine Zeiger der großen Uhr über dem Eingang auf sieben rückte. Die Tagesanzeige, die von der Tür aus gesehen links durch ein Gewicht angezeigt wurde, lautete auf Mittwoch. Die große Uhr war eine der vielen sinnreichen Erfindungen, die Jefferson gemacht hatte, als er sein Haus entwarf. Doch auch große Geister können sich irren. Jefferson hatte die Zugkraft des Gewichtes falsch bemessen, und in der Eingangshalle war nicht genug Platz, um alle Wochentage anzuzeigen. Jeden Freitag rutschte das Tagesgewicht durch ein Loch im Fußboden in den Keller, wo es den Freitagnachmittag und den Samstag markierte. Am Sonntagmorgen, wenn die Uhr aufgezogen wurde, erschien das Gewicht dann wieder in der Halle.

Harry und Mrs. Hogendobber waren gekommen, um einer kleinen Versammlung der »Besten« von Albemarle beizuwohnen, womit diejenigen gemeint waren, deren Vorfahren schon vor der Revolution in Virginia heimisch gewesen waren, ferner jene Größen, die kürzlich aus Hollywood, von Harry Hollydumm getauft, eingetroffen waren, und natürlich die Reichen. Harry fiel in die erste Kategorie, Mrs. Hogendobber ebenso. Als Postvorsteherin – Harry zog die Bezeichnung Posthalterin vor – der Kleinstadt Crozet würde Harry wohl niemals irrtümlich für reich gehalten werden.

Marilyn Sanburne, bekannt als Mim oder Big Marilyn, rang nervös ihre perfekt manikürten Hände. Als Ehefrau des Bürgermeisters und eine der wohlhabenderen Einwohnerinnen von Albemarle hätte sie kühl und gefaßt sein sollen. Doch sie zitterte leicht, als sie den Blick über die erlauchten Anwesenden schweifen ließ, unter ihnen der Direktor von Monticello, der überschwengliche, lebenslustige Oliver Zeve. Kimball Haynes, der Chefarchäologe, mit dreißig Jahren recht jung für so einen Posten, stand im Hintergrund.

»Meine Damen und Herren« – Mim räusperte sich, während ihre Tochter Little Marilyn, zweiunddreißig, ihre Mutter mit gut gespielter Verzückung ansah –, »ich danke Ihnen allen, daß Sie sich trotz Ihrer vollen Terminkalender die Zeit genommen haben, heute abend an dieser für unser geliebtes Monticello so wichtigen Veranstaltung teilzunehmen.«

»So weit, so gut«, flüsterte Mrs. Hogendobber Harry zu.

»Dank der Unterstützung jedes einzelnen von Ihnen haben wir fünfhunderttausend Dollar für die Ausgrabung und anschließende Wiederherstellung der Dienstbotenquartiere von Mulberry Row gesammelt.«

Während Mim die Bedeutung des neuen Projekts hervorhob, sann Harry über die fortgesetzte Heuchelei in ihrem Teil der Welt nach. Dienstboten. Ach ja, Dienstboten, nicht Sklaven. Kein Zweifel, einige waren gut behandelt, sogar geliebt worden, aber das Wort überzog eine häßliche Realität mit einem hübschen Glanz – Jeffersons Achillesferse. Er war in den meisten Dingen so ungeheuer fortschrittlich gewesen, da war es vielleicht kleinlich, zu wünschen, er wäre, auch was die Herkunft seiner Arbeitskräfte betraf, fortschrittlicher gewesen. Dann wiederum fragte sich Harry, was wäre geschehen, hätte sie sich in derselben Situation befunden? Hätte sie auf tüchtige Arbeitskräfte verzichten können? Sie hätte sie unterbringen, kleiden, ernähren und für ihre ärztliche Betreuung sorgen müssen. Das alles war nicht billig, und beim heutigen Wert des Dollars würde es sich vielleicht auf mehr als das Existenzminimum belaufen. Trotzdem, das moralische Dilemma, in dem man als Weißer steckte, und Harry war weiß, machte ihr zu schaffen.

Trotz alledem war Mim die treibende Kraft hinter diesem Projekt gewesen, und daß es damit nun vorwärtsging, war ein großer persönlicher Sieg für sie. Sie hatte auch das meiste Geld beigesteuert. Ihr angebeteter einziger Sohn hatte Crozet Hals über Kopf verlassen, um ein kultiviertes Model zu heiraten, eine umwerfende New Yorkerin, die zufällig die Farbe von Milchkaffee hatte. Vier Jahre hatte Mim ihrem Sohn den Zutritt zum Haus seiner Vorfahren verwehrt, aber vor zwei Jahren hatte Big Marilyn, dank einer Familienkrise und der besänftigenden Worte von Menschen wie Miranda Hogendobber, eingewilligt, Stafford und Brenda nach Hause einzuladen. Es ist niemals leicht, mit den eigenen Vorurteilen konfrontiert zu werden, zumal wenn man so hochmütig ist wie Mim, aber sie gab sich Mühe, und die Anstrengungen, die sie für die Ausgrabung dieses Abschnitts von Monticellos Geschichte übernahm, waren durchaus lobenswert.

Harrys Blick schweifte durch den Raum. Mehrere Nachkommen Jeffersons waren anwesend. Seine Töchter Martha und Maria hatten Thomas Jefferson fünfzehn Enkelkinder beschert. Die Überlebenden jener Generation wiederum schenkten ihm achtundvierzig Urenkel. Cary, Coles, Randolph, Eppes, Wayles, Bankhead, Coolidge, Trist, Meikleham, Carr und wie sie alle hießen, trugen Jefferson-Blut in unterschiedlicher Verdünnung ins 20. und bald auch ins 21. Jahrhundert.

Seine Abstammung auf den rothaarigen Ureinwohner von Monticello zurückführen zu wollen, das war so ähnlich, als wollte man die Geschichte aller Vollblutpferde zurückverfolgen bis zu den großen Zuchthengsten: Eclipse 1764, Herod 1758 und Matchem 1748.

Die Leute taten es trotzdem. Mim Sanburne glaubte felsenfest, daß sie mütterlicherseits über die Linie Wayles-Coolidge mit dem großen Mann verwandt war. Angesichts ihres Reichtums und ihres gebieterischen Wesens machte niemand Mim diesen dürftigen Anspruch in Virginias großem Spiel der Ahnenverehrung streitig.

Harrys Vorfahren waren 1640 an der Küste Virginias gelandet, aber eine Verbindung mit Jeffersons Stammbaum hatte nie jemand für sich in Anspruch genommen. Tatsächlich schien sowohl die Familie ihrer Mutter, die Hepworths, als auch die ihres Vaters sich damit begnügt zu haben, hier und heute harte Arbeit zu tun, statt sich einer glorreichen Vergangenheit zu rühmen.

Harrys Verwandte hatten in allen Auseinandersetzungen, von denen mit den Franzosen bis hin zum Golfkrieg, gekämpft und waren der Meinung, dieser Beitrag spräche für sich. Wenn sie sich überhaupt etwas zuschulden kommen ließen, dann war es ein umgekehrter Snobismus, weswegen Harry täglich den Drang bekämpfen mußte, über Mim und ihresgleichen die Nase zu rümpfen.

Sobald Mim ihre Nervosität überwunden hatte, fand sie es so berauschend, im Rampenlicht zu stehen, daß sie nur ungern wieder abtrat. Schließlich begann Oliver Zeve zu applaudieren, aber Mim sprach weiter, bis der Lärm sie schließlich doch übertönte. Sie lächelte verkniffen, nickte zum Dank – nicht ein einziges Haar war verrutscht – und setzte sich.

Die Hauptopfer von Mims Geldsammelaktion, Wesley Randolph mit seinem Sohn Warren, Samson Coles und Center Berryman, applaudierten heftig. Wesley, durch Thomas Jeffersons geliebte ältere Tochter Martha ein direkter Nachkomme von Jefferson, hatte über die Jahrzehnte regelmäßig großzügig gespendet. Samson Coles, über seine Mutter, Jane Randolph, mit Jefferson verwandt, spendete mit Unterbrechungen, je nachdem, ob seine Immobiliengeschäfte florierten oder nicht.

Wesley Randolph, der seit einem Jahr mit Leukämie zu kämpfen hatte, verspürte ein starkes Bedürfnis nach Kontinuität, nach Fortbestand der Familienbande. Als Züchter von Vollblutpferden war dies für ihn vermutlich ein natürlicher Wunsch. Obwohl der Krebs im Augenblick vorübergehend zum Stillstand gekommen war, wußte der alte Herr, daß seine Uhr bald abgelaufen sein würde. Er wollte die Vergangenheit seines Volkes, Jeffersons Vergangenheit, bewahrt wissen. Vielleicht war dies Wesleys bescheidener Griff nach Unsterblichkeit.

Nach der Feier gingen Harry und Mrs. Hogendobber noch mit zu Oliver Zeve nach Hause, wo Harrys Tigerkatze Mrs. Murphy und ihr Welsh Corgi Tee Tucker auf sie warteten. Oliver besaß einen wuscheligen weißen Perserkater, Erzherzog Ferdinand, der ihn eine Zeitlang nach Monticello zur Arbeit begleitet hatte. Aber Kinder, die das Heiligtum besichtigten, hatten Erzherzog Ferdinand zuweilen dermaßen gepiesackt, daß er sie angefaucht und gekratzt hatte. Obwohl der Erzherzog als Katze im Recht war, hielt Oliver es für besser, ihn zu Hause zu lassen. Das war sehr bedauerlich, denn eine Katze sieht ein Nationalheiligtum mit schärferen Augen als ein Mensch.

Erzherzog Ferdinand glaubte zudem an erblichen Adel, was in krassem Gegensatz zu Jeffersons Ansichten stand.

In diesem Augenblick beobachtete der Erzherzog von einem Aussichtspunkt auf dem hohen Feigenbaum in Olivers Wohnzimmer Mrs. Murphy.

Kimball, der mitgekommen war, rief aus: »Weibchen verfolgt Männchen. Also, das gefällt mir.«

Mrs. Murphy wandte sich ab. »Aber ich muß doch sehr bitten, Erzherzog Ferdinand ist nicht mein Typ.«

Der Erzherzog murrte: »Ach, aber Paddy ist dein Typ? Der ist so nutzlos wie Zitzen an ’nem Eber.«

Mrs. Murphy, mit den Fehlern ihres Exgatten wohlvertraut, verteidigte ihn trotzdem: »Wir waren damals sehr jung. Er ist ein anderer geworden.«

»Ha!« stieß der Erzherzog hervor.

»Jetzt ist es genug, Mrs. Murphy. Du übertreibst es mit deiner Begrüßung.« Harry bückte sich und hob die widerstrebende Tigerkatze auf, die sich am Unbehagen des Erzherzogs weidete.

Oliver klopfte Harry auf den Rücken. »Hat mich gefreut, daß Sie an der Feier teilnehmen konnten.«

»Mich aber nicht. Wir haben überhaupt nichts gesehen«, knurrte Harrys kleiner Hund.

Mrs. Hogendobber hängte sich ihre voluminöse Handtasche über den linken Unterarm und war schon aus der Tür.

»Mims Scheck wird wohl eine Menge Gutes bewirken.«

Kimball lächelte, als Harry in Mrs. Hogendobbers Ford Falcon stieg, der erstklassig in Schuß war.

Kimball würde noch Gelegenheit haben, diese Bemerkung zu bereuen.

Kapitel 2

Eines von den Dingen, die Harry am Wechsel der Jahreszeiten in Mittelvirginia so faszinierten, war das unterschiedliche Licht. Wenn es Frühling wurde, leuchtete die Welt, doch noch behielt sie etwas von dem außergewöhnlichen Winterlicht zurück. Mit der Tagundnachtgleiche des Frühjahrs verschwand das diffuse Licht und wich strahlender Helligkeit.

Harry ging oft zu Fuß von ihrer an der Yellow Mountain Road gelegenen Farm zum Postamt. Ihr in die Jahre gekommener supermannblauer Transporter mußte geschont werden. Der frühmorgendliche Spaziergang erfrischte sie nicht nur für den Tag, sondern weckte ihre Sinne für die Wunder des alltäglichen Lebens, von denen Autofahrer im Vorbeirasen nur einen Blick erhaschen, sofern sie sie überhaupt wahrnehmen. Eine schwellende Ahornknospe, ein verlassenes graues Wespennest von der Größe eines Fußballs, die frechen Schreie der Raben, der süße Geruch der Erde, wenn die Sonne sie wärmte, diese auf die Sinne einstürmenden Herrlichkeiten hielten Harry geistig gesund. Sie konnte nicht verstehen, wie Menschen auf Straßenpflaster spazieren gehen konnten, während ihnen der Smog in die Augen stieg, Hupen tuteten, Ghettoblaster plärrten. Ihre täglichen Begegnungen mit anderen Menschen waren von Rücksichtslosigkeit geprägt, wenn nicht gar regelrecht gefährlich.

Harry, die bei ihren Mitschülerinnen auf dem Smith College als Versagerin gegolten hatte, lag es fern, sich oder andere aufgrund von Äußerlichkeiten zu beurteilen. Sie hatte mit siebenundzwanzig eine Krise durchgemacht, als sie Gleichaltrige unaufhörlich von beruflichem Aufstieg, Fremdfinanzierung und, sofern sie verheiratet waren, der Geburt des ersten Kindes reden hörte. Sie selbst war damals mit dem Tierarzt Pharamond Haristeen verheiratet gewesen, ihrer alten Liebe aus der Schulzeit, und eine Weile war es gutgegangen. Sie war nie dahintergekommen, ob die Versuchungen durch die reichen, schönen Frauen auf den riesigen Farmen in Albemarle County die Charakterstärke ihres großen, blonden Ehemannes gebrochen hatten oder ob sie sich sowieso mit der Zeit auseinandergelebt hätten. Sie hatten sich scheiden lassen. Das erste Jahr war schmerzlich gewesen, das zweite schon weniger, und jetzt, zu Beginn des dritten Jahres ohne Fair, hatte sie das Gefühl, daß sie langsam Freunde würden. Ihrer besten Freundin, Susan Tucker, vertraute sie an, daß sie ihn jetzt sogar lieber mochte als damals, als sie mit ihm verheiratet war.

Mrs. Hogendobber hatte Harry anfangs wegen der Scheidung die Hölle heiß gemacht. Als sie sich schließlich beruhigte, warf sie sich mit Feuereifer auf die Aufgabe der Heiratsvermittlerin. Sie versuchte, Harry mit Blair Bainbridge zu verkuppeln, einem göttlich aussehenden Mann, der auf Harrys Nachbarfarm eingezogen war. Blair befand sich jedoch zur Zeit zu Modeaufnahmen in Afrika. Als Model war er sehr gefragt. Blairs Abwesenheit trieb Fair wieder in Harrys Umfeld – aus dem er sich allerdings nie weit entfernt hatte. Crozet, Virginia, bot seinen Einwohnern das niemals endende Schauspiel von gefundener Liebe, eroberter Liebe, verlorener und wiedergefundener Liebe. Das Leben war nie langweilig.

Vielleicht fühlte sich Harry deswegen nicht als Versagerin, auch wenn man ihr auf den Ehemaligentreffen des Smith College Fragen stellte, die für andere möglicherweise peinlich gewesen wären. Für sie war das viel Lärm um nichts. Doch jeden Morgen, wenn sie aus dem Bett sprang, freute sie sich auf den neuen Tag, sie war glücklich mit ihren Freunden und zufrieden mit ihrer Arbeit im Postamt. So klein das Postamt war, alle kamen vorbei, um ihre Post abzuholen und ein Schwätzchen zu halten, und Harry genoß es, im Mittelpunkt des Treibens zu stehen.

Mrs. Murphy und Tee Tucker waren auch dort tätig. Harry konnte es sich nicht vorstellen, acht bis zehn Stunden am Tag ohne ihre Tiere zu verbringen. Dazu waren sie zu spaßig.

Als sie die Railroad Avenue entlangging, sah sie Reverend Herb Jones’ Transporter vor der lutherischen Kirche stehen.

»Er hat einen Platten und keinen Ersatzreifen«, sagte sie vor sich hin.

»Die zahlen ihm nicht genug«, stellte Mrs. Murphy altklug fest.

»Woher weißt du das, Klugscheißerin?« wollte Tucker wissen.

»Ich habe meine Quellen.«

»Deine Quellen? Du hast mit Lucy Fur getratscht, und die tut nichts als Hostien fressen«, sagte Tucker hämisch, begeistert, weil nun bewiesen schien, daß Herbies neue Katze das heilige Sakrament schändete.

»Tut sie gar nicht. Das macht nur Cazenovia von St. Paul. Du glaubst wohl, alle Kirchenkatzen fressen Hostien. Dabei mögen Katzen gar kein Brot.«

»Ach ja? Und was ist mit Pewter? Ich hab sie schon einen Doughnut futtern sehen. Allerdings, Spargel hab ich sie auch schon essen sehen.« Tucker staunte über den gigantischen Appetit von Market Shifletts Katze. Da sie in dem Lebensmittelgeschäft neben dem Postamt tätig war, wurde das graue Tier ständig verwöhnt. Pewter sah aus wie eine pelzige Kanonenkugel mit Beinen.

Mrs. Murphy sprang auf das Trittbrett des alten Vehikels, während Harry den platten Reifen in Augenschein nahm.

»Das zählt nicht. Die Katze frißt einfach alles.«

»Ich wette mit dir, daß sie mampfend am Fenster sitzt, wenn wir am Laden vorbeikommen.«

»Hältst du mich für blöd?« Mrs. Murphy ging nicht auf die Wette ein. »Aber ich wette mit dir, daß ich schneller auf den Baum da vorn geklettert bin, als du hinlaufen kannst.« Damit war sie auf und davon. Tucker zögerte eine Sekunde, dann stürmte sie zu dem Baum, den Mrs. Murphy schon halb erklommen hatte. »Ich hab dir ja gesagt, ich gewinne.«

»Jetzt mußt du rückwärts wieder runter.« Tucker wartete unten, die Schnauze weit aufgerissen, um die Wirkung ihrer Worte zu verstärken. Ihre weißen Fangzähne blitzten.

»Oh.« Mrs. Murphy riß die Augen auf. Ihre Schnurrhaare zuckten vor und zurück. Sie machte ein ängstliches Gesicht, und der Hund triumphierte. Im Nu sprang Mrs. Murphy kopfüber vom Baum, sie machte einen Satz über den Rücken des Hundes hinweg und raste zu dem Transporter. Tucker, die das Nachsehen hatte, bellte sich die Seele aus dem Leib.

»Tucker, jetzt reicht’s«, schimpfte Harry und setzte ihren Weg zum Postamt fort, während sie sich im Kopf notierte, Herb zu Hause anzurufen.

»Du bist schuld, daß ich Scherereien kriege. Du hast angefangen«, warf der Hund der Katze vor. »Schrei mich nicht an«, sagte Tucker winselnd zu Harry.

»Hunde sind doof. Doof, doof, doof«, verkündete die Katze mit lauter Stimme, den Schwanz hochgereckt, dann rannte sie vor Tucker her, die natürlich die Verfolgung aufnahm.

Mrs. Murphy sprang in die Luft und setzte hinter Tucker auf. Harry mußte so lachen, daß sie nicht weitergehen konnte. »Ihr seid verrückt, ihr zwei.«

»Sie ist verrückt. Ich bin vollkommen normal.« Tucker setzte sich beleidigt hin.

»Ha.« Mrs. Murphy machte einen weiteren Luftsprung. Sie hatte Frühlingsgefühle und war erfüllt von der Hoffnung, die diese Jahreszeit stets begleitet.

Harry putzte sich am Haupteingang des Postamts die Füße ab, nahm den Messingschlüssel aus ihrer Tasche und schloß auf, während Mrs. Hogendobber gleichzeitig dasselbe Ritual am Hintereingang vollzog.

»Schönen guten Morgen«, riefen sie sich gegenseitig zu, als sie auf der jeweils anderen Seite des kleinen Fachwerkhauses die Tür zugehen hörten.

»Punkt halb acht«, rief Miranda, erfreut über ihre Pünktlichkeit. Mirandas Ehemann war jahrzehntelang Posthalter von Crozet gewesen. Nach seinem Tod hatte Harry die Stelle bekommen.

Obwohl keine Staatsangestellte, war Miranda George seit dem 7. August 1952, dem Tag, als er seine Stellung angetreten hatte, zur Hand gegangen. Als er starb, trauerte sie zunächst um ihn, was natürlich war. Dann erklärte sie, der Ruhestand gefalle ihr. Am Ende gab sie zu, sich zu Tode zu langweilen, weswegen Harry sie aus Höflichkeit einlud, ab und zu vorbeizukommen. Harry hatte nicht geahnt, daß Miranda hartnäckig jeden Morgen um halb acht vorbeikommen würde. Mit der Zeit und nach einigem Murren entdeckten die zwei, daß es ganz angenehm war, Gesellschaft zu haben.

Draußen hupte das Postauto. Rob Collier tippte an seine Orioles-Baseballkappe und warf die Säcke durch den Vordereingang. Er brachte die Post vom Hauptpostamt am Seminole Trail in Charlottesville. »Spät dran«, sagte er nur.

»Rob verspätet sich selten«, bemerkte Miranda. »Schön, packen wir’s an.« Sie öffnete einen Leinensack und begann, die Post in die Fächer zu sortieren.

Auch Harry sichtete den Morast aus Gedrucktem, eine Flut von Versuchungen zum Geldausgeben, denn die Hälfte von dem, was sie aus ihrem Sack zog, waren Versandhauskataloge.

»Iiih!« kreischte Miranda und zog die Hand aus einem Postfach.

Mrs. Murphy eilte sofort herbei, um das anstößige Fach zu inspizieren. Sie angelte mit der Pfote darin herum.

»Was gefunden?« fragte Tucker.

»O ja!« Mrs. Murphy warf eine dicke Spinne auf den Boden. Tucker sprang zurück, die zwei Menschen ebenso, dann bellte sie, was die Menschen tunlichst unterließen.

»Gummi«, sagte Mrs. Murphy und lachte.

»Wessen Fach war das?« wollte Harry wissen.

»Das von Ned Tucker.« Mrs. Hogendobber runzelte die Stirn. »Das war bestimmt Danny Tucker. Ich sage Ihnen, die jungen Leute heutzutage haben keinen Respekt. Meine Güte, ich hätte einen Schlaganfall bekommen oder zumindest mit meiner Atmung aus dem Takt geraten können. Wenn ich den Jungen zu fassen kriege!«

»Jungen sind eben Jungen.« Harry hob die Spinne auf und wedelte damit vor Tucker herum, die Gleichgültigkeit vortäuschte. »Huch, der erste Kunde, und wir sind noch nicht halb fertig.«

Mim Sanburne stürmte durch die Tür. Ein blaßgelber Kaschmirschal vervollständigte ihr Bergdorf-Goodman-Ensemble.

»Mim, wir sind noch nicht soweit«, informierte Miranda sie.

»Oh, ich weiß«, sagte Mim affektiert. »Ich habe Rob auf dem Weg in die Stadt überholt. Ich wollte nur hören, wie ihr die Feier in Monticello fandet. Ja, ja, ihr habt mir gesagt, daß sie euch gefallen hat, aber mal ganz unter uns, wie fandet ihr sie wirklich?«

Harry und Miranda mußten sich nicht durch Blicke verständigen. Sie wußten, daß Mim beides brauchte, Lob und Klatsch. Miranda beherrschte letzteres besser als ersteres, was sie auch jetzt bewies. »Du hast eine gute Rede gehalten. Ich glaube, Oliver Zeve und Kimball Haynes waren schlankweg begeistert, jawohl, begeistert. Ich hatte allerdings den Eindruck, daß Lucinda Coles eingeschnappt war, wenn ich mir auch absolut nicht denken kann, warum.«

Mim schnappte nach dem Köder wie ein Klippenbarsch und senkte die Stimme. »Sie hat sich so hochnäsig benommen. Es ist ja nicht so, daß ich sie nicht in mein Komitee eingeladen hätte, Miranda. Sie war die zweite, die ich gefragt habe. Zuerst habe ich Wesley Randolph gefragt. Aber er ist einfach zu alt, der Ärmste. Als ich dann Lucinda fragte, hat sie gesagt, sie hätte genug davon, sich für gute Zwecke zu engagieren, auch wenn es darum ginge, den Ruf der Vorfahren reinzuwaschen. Ich mußte mich schwer beherrschen, ihrem Mann nichts davon zu sagen. Ihr kennt ja Samson Coles. Je öfter sein Name in die Zeitung kommt, desto mehr Leute werden in seine Immobilienagentur gelockt, auch wenn sich im Moment nicht viel verkaufen läßt, stimmt’s?«

»Wir haben gute Zeiten gesehen, und wir haben schlechte Zeiten gesehen. Das geht vorüber«, erklärte Miranda weise.

»Da bin ich nicht so sicher«, warf Harry ein. »Ich glaube, wir werden eine sehr, sehr lange Zeit für die achtziger Jahre bezahlen müssen.«

»Blödsinn«, widersprach Mim knapp.

Harry ließ das Thema wohlweislich fallen und kam wieder auf Lucinda Payne Coles zu sprechen, die auf keine besondere Abstammung verweisen konnte, außer daß sie mit Samson Coles verheiratet war, einem Nachkommen von Jane Randolph, der Mutter von Thomas Jefferson. »Wie bedauerlich, daß Lucinda aus Ihrem großartigen Projekt ausgestiegen ist. Es gehört sicher zum Besten, was Sie je getan haben, Mrs. Sanburne, und Sie haben in unserer Gemeinde schon so viel getan.« Obwohl Harry eine leichte Abneigung gegen die snobistische ältere Frau hegte, meinte sie dieses Lob ernst.

»Finden Sie? Oh, das freut mich aber.« Big Marilyn verschränkte die Hände wie ein Geburtstagskind, das über die vielen ausgepackten Geschenke aus dem Häuschen gerät. »Ich arbeite gern, wirklich.«

Dabei fiel Mrs. Hogendobber eine Bibelstelle ein: »›So wird eines jeglichen Werk offenbar werden: der Tag wird’s klar machen. Denn es wird durchs Feuer offenbar werden; und welcherlei eines jeglichen Werk sei, wird das Feuer bewähren. Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen.‹« Sie nickte weise und fügte hinzu: »1. Korinther, 3,13–14.«

Mim liebte die äußeren Erscheinungsformen des Christentums, die Inhalte dagegen besaßen für sie weit weniger Reiz. Besonderes Unbehagen bereitete ihr der Spruch, daß ein Kamel leichter durch ein Nadelöhr gehe, als daß ein Reicher ins Himmelreich komme. Immerhin war Mim so reich wie Krösus.

»Miranda, deine Bibelkenntnisse erstaunen mich immer wieder!« Mim hätte lieber »langweilen« statt »erstaunen« gesagt, aber sie hielt sich zurück. »Und das Zitat paßt genau, wenn man daran denkt, daß Kimball die Fundamente der Dienstbotenquartiere ausgraben wird. Ich bin ja so aufgeregt. Es gibt so viel zu entdecken. Ach, ich wünschte, ich hätte im achtzehnten Jahrhundert gelebt und Jefferson gekannt.«

»Ich hätte lieber seine Katze gekannt«, mischte Mrs. Murphy sich ein.

»Jefferson war Hundeliebhaber«, fügte Tee Tucker rasch hinzu.

»Und woher willst du das wissen?« Die Tigerkatze schlug mit dem Schwanz und spazierte auf Zehenspitzen über das Sims unter den Schließfächern.

»Das sagt die Vernunft. Er war ein vernünftiger Mensch. Intuitive Menschen bevorzugen Katzen.«

»Tucker!« Mrs. Murphy war so sprachlos angesichts des Scharfblicks der Corgihündin, daß sie nur noch ihren Namen ausrufen konnte.

Die Menschen redeten unbekümmert weiter, ohne etwas vom Gespräch der Tiere mitzubekommen, das viel interessanter war als ihr eigenes.

»Vielleicht haben Sie ihn ja wirklich gekannt. Vielleicht stammt daher Ihre Leidenschaft für Monticello.« Harry hätte um ein Haar einen Haufen Versandhauskataloge zum Abfall geworfen, aber dann besann sie sich.

»Den Unsinn glauben Sie doch selber nicht.« Mrs. Hogendobber rümpfte die Nase.

»Ich schon, ausnahmsweise.« Mim verzog keine Miene.

»Du?« Miranda konnte es anscheinend nicht fassen.

»Ja. Hast du das noch nie erlebt, daß du etwas wußtest, ohne daß man es dir erzählt hatte, oder daß du in Europa in ein Zimmer gekommen bist und das sichere Gefühl hattest, da bist du schon mal gewesen?«

»Ich war noch nie in Europa«, lautete die trockene Antwort.

»Dann wird es höchste Zeit, Miranda, wirklich allerhöchste Zeit«, hielt Mim ihr vor.

»Ich bin in meinem ersten Collegejahr mit dem Rucksack durch Europa gewandert.« Harry lächelte in Erinnerung an die netten Leute, die sie in Deutschland kennengelernt hatte, und wie aufregend es war, in ein damals kommunistisches Land zu kommen, nach Ungarn. Sie hatte sich der Zeichensprache bedient, und irgendwie hatte die Verständigung immer geklappt. Wohin sie auch kam, überall waren die Menschen freundlich und hilfsbereit gewesen. Sie nahm sich vor, eines Tages dorthin zurückzukehren, um alte Freunde wiederzusehen, mit denen sie sich noch schrieb.

»Wie abenteuerlich«, sagte Big Marilyn trocken. Sie konnte sich nicht vorstellen, zu wandern oder, schlimmer noch, in Jugendherbergen zu übernachten. Als sie ihre Tochter in die Alte Welt geschickt hatte, hatte Little Marilyn eine große Luxusrundreise gemacht, obwohl sie alles darum gegeben hätte, mit Harry und ihrer Freundin Susan Tucker auf Rucksackwanderschaft zu gehen.

»Wirst du bei den Ausgrabungen dabeisein?« fragte Miranda.

»Wenn Kimball mich läßt. Wißt ihr, wie sie das machen? Sie sind äußerst genau, geradezu pingelig. Sie stecken Raster ab, sie fotografieren alles, sie zeichnen es sogar auf Millimeterpapier – um sicherzugehen. Dann durchforsten sie gewissenhaft Raster für Raster, und alles, absolut alles, was sich bergen läßt, das wird auch geborgen. Tonscherben, Gürtelschnallen, verrostete Nägel. Oh, ich kann’s noch gar nicht glauben, daß ich dabeisein werde. Wißt ihr, das Leben ist damals besser gewesen als heute, davon bin ich überzeugt.«

»Ich auch«, tönten Harry und Miranda wie im Chor.

»Ha!« maunzte Mrs. Murphy. »Ist dir das schon mal aufgefallen? Immer, wenn die Menschen sich in die Geschichte zurückversetzen, bilden sie sich ein, damals wären sie reich und gesund gewesen. Die sollten mal rausfinden, wie das war, wenn man im achtzehnten Jahrhundert Zahnschmerzen hatte.« Sie sah zu Tucker hinunter. »Na, ist das etwa kein vernünftiger Gedanke?«

»Manchmal bist du ’ne richtige Kratzbürste. Bloß weil ich gesagt habe, daß Jefferson Hunde lieber mochte als Katzen.«

»Aber das weißt du doch gar nicht.«

»So? Hast du irgendwelche Hinweise auf Katzen gelesen? Alles, was der Mann je geschrieben oder gesagt hat, kennt hier jeder auswendig. Da kommt kein Pieps über Katzen vor.«

»Du hältst dich wohl für überschlau. Hast du vielleicht zufällig eine Liste von seinen Lieblingshunden?«

Tucker senkte verlegen den Kopf. »Hm, das nicht gerade – aber Thomas Jefferson hat Pferde geliebt, vor allem große Füchse.«

»Schön, das kannst du zu Hause Tomahawk und Gin Fizz erzählen. Sie werden sich vor Stolz nicht einkriegen können.« Mrs. Murphy sprach von Harrys Pferden, die sie sehr gern hatte. Sie behauptete steif und fest, daß Katzen und Pferde wesensverwandt seien.

»Glauben Sie, daß wir die Ausgrabungsstätte von Zeit zu Zeit besichtigen können?« Harry beugte sich über den Schalter.

»Warum nicht?« erwiderte Mim. »Ich rufe Oliver Zeve an und frage ihn, ob das in Ordnung geht. Ihr jungen Leute müßt euch unbedingt engagieren.«

»Was gäbe ich darum, noch mal in Ihrem Alter zu sein, Harry.« Miranda wurde wehmütig. »Dann würde mein George noch Haare haben.«

»George hatte mal Haare?« Harry mußte kichern.

»Werden Sie nicht frech«, warnte Miranda, aber ihr Tonfall drückte Zuneigung aus.

»Willst du einen Mann mit einem Kopf voll Haare? Dann nimm meinen.« Mim trommelte mit den Fingern auf den Schalter. »Alle anderen hatten ihn schon.«

»Na hör mal, Mim.«

»Ach, Miranda, ich gräme mich nicht mal mehr deswegen. All die Jahre meiner Ehe habe ich gute Miene zum bösen Spiel gemacht – jetzt ist es mir einfach egal. Ist mir zu anstrengend. Ich habe beschlossen, für mich zu leben. Es lebe Monticello!« Damit winkte sie und ging.

»Ich muß schon sagen, ich muß schon sagen.« Miranda schüttelte den Kopf. »Was ist bloß in sie gefahren?«

»Wer ist bloß in sie gefahren?«

»Harry, das ist ungezogen.«

»Ich weiß.« Harry bemühte sich, in Mrs. Hogendobbers Gegenwart den Mund zu halten, aber manchmal entschlüpfte ihr doch eine Bemerkung. »Da muß was vorgefallen sein. Oder vielleicht ist sie schon als Kind so gewesen.«

»Sie war nie ein Kind.« Miranda senkte die Stimme.

»Ihre Mutter hat sie auf eine öffentliche Schule geschickt, aber Mim wäre lieber auf Miss Porters Privatschule gegangen. Sie trug jeden Tag Klamotten, die so teuer waren, daß sie einen Durchschnittsmann bankrott gemacht hätten, und das war wohlgemerkt am Ende der Depression und am Beginn des Zweiten Weltkriegs. Als wir die Crozet High School besuchten, gab es zwei Klassen von Schülern. Marilyn und den Rest.«

»Sagen Sie – haben Sie eine Ahnung, was es sein könnte?«

»Nicht die leiseste.«

»Ich weiß, was es ist«, bellte Tucker. Die Menschen sahen sie an. »Frühlingsgefühle.«

Kapitel 3

Fair Haristeen, ein blonder Riese, betrachtete das Bild auf dem kleinen Monitor. Er machte im Zuchtstutenstall auf Wesley Randolphs Gestüt Eagle’s Rest eine Ultraschallaufnahme von einem ungeborenen Fohlen. Die Verwendung von Ultraschall zur Ortung von Lage und Zustand des Fötus gewann für Tierärzte und Züchter gleichermaßen an Bedeutung. Dieses sogar in der Humanmedizin relativ junge Verfahren war für Pferde noch später eingeführt worden. Fair zentrierte das gewünschte Bild, drückte auf einen kleinen Knopf, und das Gerät spuckte das Bild des werdenden Fohlens aus.

»Da haben wir ihn, Wesley.« Fair reichte dem Züchter den Ausdruck.

Wesley Randolph, sein Sohn Warren und Ansley, Warrens kleine, aber hinreißende Frau, warteten gespannt auf die Worte des Tierarztes.

»Das Hengstfohlen im Mutterleib ist gesund. Halten wir die Daumen.«

Wesley gab das Bild an Warren weiter und verschränkte die Arme über dem schmächtigen Brustkasten. »Der Deckhengst für dieses Fohlen war Mr. Prospector. Ich muß es haben!«

»Sie können fast nichts Besseres tun, als für die Claiborne Farm zu züchten. Wenn man mit so guten Leuten zusammenarbeitet, kann man kaum Fehler machen.«

Warren, stets darauf bedacht, seinen dominierenden Vater zufriedenzustellen, sagte: »Dad wünscht sich höchstes Tempo, gepaart mit Ausdauer. Ich denke, dieses Fohlen könnte das beste werden, das wir bisher hatten.«

»Dark Windows – die war einmalig«, schwärmte Wesley. »Die verflixte kleine Stute hat ihr Bein über eine Trennwand gesetzt, als wir sie nach Churchill Downs transportierten. Sie bekam ein dickes Knie, und danach ist sie nie wieder Rennen gelaufen. Sie war was Besonderes, die kleine Stute – wie Ruffian.«

»Ich werde den Tag nie vergessen, als Ruffian eine Sekunde im Lauf stockte – wegen eines Vogels oder was weiß ich – und sich den Fesselkopf brach. Gott, es war furchtbar.«

Warren erinnerte sich an den schicksalhaften Tag, an dem das Galopprennen eine seiner bis heute glänzendsten Stuten und vielleicht eines der größten Rennpferde überhaupt verlor, in Belmont Park, im Rennen gegen Foolish Pleasure, den Sieger des Kentucky Derbys.

Fair ergänzte die Erinnerungen an die Verletzung der schwarzen Stute durch die Sachkenntnis des Veterinärs: »Sie war zu wild, konnte einfach nicht liegenbleiben, als ihr Bein eingerenkt war. Sie brach es sich ein zweites Mal, als sie aus der Narkose aufwachte, und hätte es sich ein drittes Mal gebrochen, wenn man versucht hätte, den Bruch wieder einzurenken. Sie einzuschläfern war das einzige, was man tun konnte, um ihr weitere Schmerzen zu ersparen.«

Wesley schüttelte den Kopf. »Ein Jammer, verdammt, so ein Jammer. Sie hätte eine erstklassige Zuchtstute abgegeben. Ihre Besitzer hätten vielleicht sogar versucht, sie von dem Hengst decken zu lassen, gegen den sie lief, als es passierte. Foolish Pleasure. Als Zuchthengst ist er nicht so gut wie als Rennpferd, das wissen wir jetzt, wo wir seinen Nachwuchs gesehen haben.«

»Ich werde nie vergessen, wie die Öffentlichkeit auf Ruffians Tod reagiert hat. Die schöne schwarze Stute mit dem ungeheuren Mut – sie gab immer zweihundert Prozent. Als sie eingeschläfert werden mußte, hat das ganze Land getrauert, sogar Leute, die sich nie was aus Pferderennen gemacht haben. Es war ein sehr, sehr trauriger Tag.« Ansley war sichtlich ergriffen von dieser Erinnerung. Sie wechselte das Thema.

»Dark Windows hat einige großartige Sieger hervorgebracht. Das war auch eine fabelhafte Stute«, lobte Ansley ihren Schwiegervater, der Beachtung so nötig hatte wie ein Fisch das Wasser.

Er lächelte. »Ja, doch, da waren einige.«

»Ich komme nächste Woche wieder vorbei. Rufen Sie mich an, wenn was ist.« Fair ging zu seinem Transporter, um zu seinem nächsten Patienten zu fahren.

Wesley folgte ihm hinaus; sein Sohn und seine Schwiegertochter blieben im Stall. Hinter einer kleinen Anhöhe jenseits des Fahrwegs war ein See. Wesley wollte später mit seinem Fernglas dorthin gehen, um Vögel zu beobachten. Vögel zu beobachten beruhigte sein Gemüt. »Darf ich Ihnen einen Rat geben?«

»Schätze, den kriege ich so oder so, ob ich will oder nicht.« Fair öffnete die Klappe des Laderaums, der in Sonderanfertigung auf seine Bedürfnisse zugeschnitten war und alles enthielt, was ein Tierarzt braucht.

»Erobern Sie Mary Minor Haristeen zurück.«

Fair stellte seine Sachen in den Wagen. »Seit wann spielen Sie Amor?«

»Amor?« brüllte Wesley. »Der dicke Knirps mit Köcher, Pfeil und Bogen und den Flügelchen an den Schultern? Der? Geben Sie mir noch ein bißchen Zeit, dann werde ich ein richtiger Engel – oder aber ich fahre nach dem Tod in die Hölle.«

»Wesley, nur gute Menschen sterben jung. Sie werden uns ewig erhalten bleiben.« Fair machte es Spaß, ihn aufzuziehen.

»Ha! Ich glaube, Sie haben recht.« Anspielungen auf seine wildbewegte Jugend hörte Wesley gern. »Ich bin alt, ich kann reden, was ich will und wann ich will.« Er atmete tief durch. »Hab ich übrigens immer getan. Das ist der Vorteil, wenn man stinkreich ist. Und drum sag ich Ihnen, holen Sie sich die Kleine zurück, die Sie dämlicherweise, und ich betone dämlicherweise, aufgegeben haben. Mit ihr ziehen Sie das große Los.«

»Seh ich so schlimm aus?« fragte Fair. Langsam war ihm nicht mehr zum Spaßen zumute.

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Personen der Handlung

Mary Minor Haristeen (Harry), die junge Posthalterin von Crozet, die mit ihrer Neugierde beinahe ihre Katze und sich selbst umbringt

Mrs. Murphy, Harrys graue Tigerkatze, die eine auffallende Ähnlichkeit mit der Autorin Sneaky Pie aufweist und einmalig intelligent ist

Tee Tucker, Harrys Welsh Corgi, Mrs. Murphys Freundin und Vertraute, eine lebensfrohe Seele

Pharamond Haristeen (Fair), Tierarzt, ehemals mit Harry verheiratet

Mrs. George Hogendobber (Miranda), eine Witwe, die emphatisch auf ihrer persönlichen Auslegung der Bibel beharrt

Market Shiflett, Besitzer von Shiflett’s Market neben dem Postamt

Oliver Zeve, der überschwengliche Direktor von Monticello, dem Reputation alles bedeutet

Kimball Haynes, der tatkräftige junge Chefarchäologe in Monticello. Er ist Workaholic und lebt nach dem Motto »Je tiefer geschürft, desto besser«

Wesley Randolph, Besitzer von Eagle’s Rest, leidenschaftlicher Züchter von Vollblutpferden

Warren Randolph, Wesleys Sohn. Er versucht, in die Fußstapfen seines alten Herrn zu treten

Ansley Randolph, Warrens hübsche Ehefrau, die klüger ist, als man denkt

Samson Coles, Immobilienmakler aus gutem Hause, der sein Augenmerk nicht nur auf Grundstücke richtet

Lucinda Payne Coles, Samsons Ehefrau, die sich gründlich langweilt

Heike Holtz, Assistentin im Archäologenteam in Monticello

Rick Shaw, Bezirkssheriff von Albemarle County

Cynthia Cooper, Polizistin

Paddy, Mrs. Murphys Exmann, ein kesser Kater

Simon, ein Opossum, das auf Menschen nicht gut zu sprechen ist

Vorbemerkung der Autorin

Monticello ist ein Nationalheiligtum, dem Daniel P. Jordan, sein gegenwärtiger Direktor, vortrefflich dient. Einige von Ihnen werden sich erinnern, daß Mr. Jordan und seine Frau Lou den neu gewählten Präsidenten Clinton durch Thomas Jeffersons Haus geführt haben.

Architektur und Landschaft habe ich so genau geschildert, wie ich konnte. Die Personen sind natürlich erfunden, und Oliver Zeve, in diesem Roman der Direktor von Monticello, ist nicht nach dem Vorbild von Mr. Jordan gestaltet.

Während ich an diesem Roman schrieb, kam es zu einer unheimlichen Begebenheit. Im Buch werden in einer Sklavenhütte Scherben feinen Porzellans ausgegraben. Am 18. Oktober 1992, vier Tage nachdem ich meinem Verleger die erste Fassung dieses Buches geschickt hatte, erschien in The Daily Progress, der Lokalzeitung von Charlottesville, Virginia, ein Artikel, in dem berichtet wurde, daß William Keso, der Chefarchäologe von Monticello, in dem Sklavenquartier, wo vermutlich Sally Hemings wohnte, feines Porzellan gefunden hat. Dieses Sklavenquartier befand sich in der Nähe von Jeffersons Heim. Oft waren die Sklavenquartiere weit entfernt vom Herrenhaus, deswegen ist Miss Hemings’ Hütte bemerkenswert. Der Porzellanfund war vom Leben imitierte Fiktion. Wer weiß, aber mir hat sich das Fell gesträubt.

Das einzige, was ich an Mr. Jordan und dem großartigen Personal von Monticello auszusetzen habe, ist, daß sie der Rolle der Katzen in Jeffersons Leben keine Beachtung schenken. Wer hat denn wohl Jeffersons Pergament gegen die Mäuse verteidigt? Und meine Vorfahren waren es, die die Maulwürfe aus dem Garten und die Nagetiere aus den Ställen vertrieben haben. Zweifellos hat eine Katze den großen Mann inspiriert, als er die Unabhängigkeitserklärung verfaßte. Wer ist unabhängiger als eine Katze?

Die Menschen in Amerika machen ein großes Tamtam um Multikulturalismus. Und wie steht es um Multispezismus? Denken Sie etwa, die Welt dreht sich um Menschen?

Beim Geschichtsunterricht sollten die Amerikaner ihr Augenmerk auf die Beiträge von Katzen, Hunden, Pferden, Rindern, Schafen, Hühnern richten – ja von sämtlichen Haus- und auch einigen wilden Tieren. Was wäre aus unseren Gründervätern und -müttern geworden, wenn sie keine wilden Truthähne zu essen gehabt hätten? Also geben Sie Ihre auf Menschen fixierte Sicht der Dinge auf.

Was mich betrifft, so sind meine Katzenahnen im Jahre 1640 an den Gestaden Ostvirginias gelandet. Die erste Amerikatze war eine gescheckte Kätzin, eine gewisse Tabitha Buckingham. Ich bin daher eine EKV – Erste Katze Virginias. Natürlich bin ich stolz auf mein Erbe, aber ich glaube, jede junge Katze, die in dieses Land kommt, ist so sehr Amerikanerin wie ich. Es ist ein Glück für uns, hier zu sein.

Was die menschliche Einschätzung der Vergangenheit betrifft, möchte ich nur sagen, daß die Geschichte ein von der Zeit geheiligter Skandal ist. Da die Menschen nun mal sind, wie sie sind, bringt jedes Volk, jedes Land genügend Skandale hervor. Wenn Sie sich alle vernünftig verhalten würden, worüber könnte ich dann schreiben?

ImmerIhre SNEAKY PIE