Mordspüppchen - Sandra Busch - E-Book

Mordspüppchen E-Book

Sandra Busch

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Beschreibung

Nach den erfolgreich abgeschlossenen Fällen "Herbstfraß" und "Schlachthaus" verläuft das Leben von Robin und Bo in friedlichen Bahnen. Zumindest solange, bis Robin im Alten Elbpark über ein Mordopfer stolpert. Aber dieses Mal wollen sich die Detektive aus den Ermittlungen heraushalten und die Mörderjagd der Polizei überlassen. Doch dann setzt Robin versehentlich Kriminalhauptkommissar Oliver Mahlberg außer Gefecht. Nach Herbstfraß und Schlachthaus der dritte Teil der Detektive Amundsen und Berger.

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Sandra Busch

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2023

http://www..deadsoft.de

© the author

Cover: Irene Repp

http://www..daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© shchus – stock.adobe.com

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-585-5

ISBN 978-3-96089-586-2 (ebook)

Inhalt:

Nach den erfolgreich abgeschlossenen Fällen Herbstfraß und Schlachthaus verläuft das Leben von Robin und Bo in friedlichen Bahnen. Zumindest solange, bis Robin im Alten Elbpark über ein Mordopfer stolpert. Aber dieses Mal wollen sich die Detektive aus den Ermittlungen heraushalten und die Mörderjagd der Polizei überlassen. Doch dann setzt Robin versehentlich Kriminalhauptkommissar Oliver Mahlberg außer Gefecht.

Nach Herbstfraß und Schlachthaus

Prolog

Samstag, 18. Juni

08:03 Uhr

Den Keller hatte Elton nach dem Tod seiner Eltern – Gott hab sie selig –, mit denen er in dem alten Haus zusammengelebt hatte, für seine Zwecke umgebaut. Es war ein großer Raum mit einem winzigen angrenzenden Bad. Die Mauer zum Bad und die sanitären Anlagen hatte Elton herausgerissen, alles schalldicht isoliert und anschließend Boden und Wände komplett weiß gefliest. Die hässliche Pendelleuchte hatte zwei langen Neonröhren weichen müssen, die nun gleißendes Licht verbreiten. Ein idealer Ort, um seiner Leidenschaft zu frönen, und in dem man hinterher mit Hilfe eines Gartenschlauchs, der an das Wasserrohr der ehemaligen Dusche angeschlossen wurde, schnell saubermachen konnte.

Elton ist groß und kräftig. Seiner Gestik mangelt es an Eleganz, stattdessen fallen seine Bewegungen eher eckig aus. Mit seinen achtundvierzig Jahren ziert bereits eine handtellergroße kahle Fläche seinen Hinterkopf. Das restliche braune Haar ist dünn, fettig und wird von grauen Strähnen dominiert. Eine Brille mit dunklem Rahmen sitzt auf seiner knubbeligen Nase. Der Mund hat fleischige Lippen, wie dicke, blassrote Würmer, und ist stets ein wenig abwärts verzogen. Heute hat er sich eine weiße Gummischürze umgebunden. Seine Hände werden durch Einweghandschuhe geschützt und an seinen nackten Füßen befinden sich Gartenschuhe, die man ebenfalls leicht abwaschen kann. Angesichts seiner Aufmachung ist es kein Wunder, dass der Teenager vor ihm auf dem Seziertisch voller Furcht zittert. Zumal er ihn nackt mit breiten Lederriemen fixiert hat. Die Kleidungsstücke des Jungen, blaue Jeans mit den obligatorischen modernen Rissen in den Hosenbeinen, grau-gelb gestreifter Hoodie, Turnschuhe, eine Jeansjacke und eine gelbe Baseballmütze mit dem Logo irgendeines verrückten Modelabels, würde er später noch benötigen. Sie liegen in einer transparenten Kunststoffkiste und sind von einem Deckel geschützt.

Den wunderbaren Seziertisch hatte Elton vor fünf Monaten auf einem Flohmarkt entdeckt und ohne anstrengendes Gefeilsche gekauft. Er ist fahrbar, kann in der Höhe verstellt werden und besitzt ein nahtlos eingeschweißtes Organbecken mit Abfluss. Das fantastische Stück aus Chromnickelstahl leistet ihm hervorragende Dienste und ist sein ganzer Stolz.

Neben dem Seziertisch gibt es weitere Möbel in dem Bastelzimmer. Ein zweiter Tisch, den er im Internet bestellt hat, dient ihm als Werkbank. Auf der Arbeitsfläche liegen einige Tüten Bastelgips und eine Rolle Drahtgeflecht. Ein Hocker mit Rollen sorgt dafür, dass er sich bequem im Sitzen seinem Hobby widmen kann.

Zu guter Letzt enthält der Keller einen einzigen Farbklecks in Form eines betagten, orangefarbenen Plastikstuhls aus den siebziger Jahren, den Elton genau wie den Seziertisch auf dem Flohmarkt erworben hat. Auf dem Stuhl hockt eine alte Puppe, deren blaue Glasaugen auf den sich windenden Jugendlichen gerichtet sind.

„Was haben Sie vor?“

Nicht zum ersten Mal richtet der Bursche das Wort an ihn, doch Elton ignoriert die Frage. Im Gegensatz zu dem TV-Entertainer mit demselben Namen ist er wenig redselig. Selbst mit seiner Mutter – Gott hab sie selig – hat er nur selten längere Unterhaltungen geführt. Er ist mehr der Zuhörer, der Beobachter, der immer Schweigsame. Genau wie sein Vater – Gott hab ihn genauso selig –, der lieber zugeschlagen als diskutiert hatte.

„Was wollen Sie von mir?“ Der panische Blick des Jungen richtet sich auf den Luftkompressor, den er neben den Tisch rückt. Beinahe behutsam, als wolle er Elton nicht verärgern, versucht der Jugendliche die Fesseln zu lösen, doch die sitzen bombenfest. Dafür hat er akribisch gesorgt, schließlich ist nichts störender, als wenn sein Bastelobjekt plötzlich vom Tisch hüpft. Er achtet daher nicht weiter auf seinen Gefangenen, sondern beschäftigt sich lieber mit einem Gewirr aus grünen Schläuchen, das er an der Luftdüse des Kompressors befestigt hat.

„Hiiiiiiilfeeeeee!“

Es ist nicht der erste Hilfeschrei und entsprechend heiser klingt es mittlerweile auch. Die Brüllerei nützt allerdings nichts. Aus diesem Gemäuer dringt nicht das leiseste Geräusch. Elton ist gewiss nicht so unhöflich, die Nachbarn durch Lärm zu belästigen. Versonnen streckt er die Hand aus und streicht seinem Gefangenen eine dunkelblonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Der bemüht sich erfolglos, jeglicher Berührung auszuweichen.

„Das wird fantastisch werden“, murmelt Elton, der das zukünftige Arrangement seit Tagen genau vor seinem inneren Auge hat.

„Was? WAS?“

„Die Figur“, erwidert er gedankenverloren. „Das Kunstwerk.“ Er hat schon andere Skulpturen geschaffen. Eine Zeitlang hat er sein Können an Kaninchen, herumstreunenden Katzen sowie Ratten und Chinchillas aus der Zoohandlung erprobt. Sämtliche Handgriffe hat er sich selbst beigebracht, mithilfe von Büchern, Lehrvideos, Fehlschlägen und hartnäckigem Weiterüben. Mittlerweile hat er die Königsklasse erreicht: das menschliche Exponat.

Nach Ermutigung suchend dreht er sich zu dem Plastikstuhl um, auf dem die Puppe sitzt. Sie hat ein rundes Gesicht, kunststoffstarre Wangen, einen Schmollmund und leicht gelockte Haare in einem Ton, der nicht blond, nicht weiß und nicht grau oder braun ist, sondern irgendwo dazwischen liegt. Sie trägt ein Kleid, das aus einem weißen Babyshirt genäht wurde. Ihr Name ist Iris, was Elton ein bisschen putzig findet, weil Iris auch der zweite Vorname seiner Mutter war – Gott hab sie selig –, die erst vor sieben Monaten gemeinsam mit seinem Vater gestorben war.

Iris ist kurz davor in sein Leben getreten. Er fand sie auf dem Weg in den Supermarkt, wo sie vergessen auf der Bank einer Bushaltestelle lag. Alles verblasste angesichts seiner neuen Freundin. Denn die Puppe spricht mit ihm. Genau wie in diesem Moment.

„Du musst allmählich anfangen, sonst schaffst du es nicht mehr pünktlich, bis du zur Arbeit musst.“ Iris’ Stimme ähnelt der seiner Mutter – Gott hab sie selig. Ein wenig quengelig, eine Spur zu schrill.

„Ja, du hast recht“, sagt er zustimmend und greift nach dem Schlauchgewirr. Die einzelnen grünen Schläuche enden in dicken Nadeln. Die erste schiebt er ohne viel Federlesens unter die Haut am Unterarm des Teenagers. Der heult auf.

Erschrocken.

Entsetzt.

Voll Schmerz.

Weitere Nadeln folgen: am zweiten Unterarm, kurz oberhalb der Fußknöchel, an Bauch und Brustkorb. Es sind Hohlraumnadeln, die Elton online bestellt hat. Es lebe das Internet, die Welt unendlicher Möglichkeiten. Auf die Praktik mit dem Luftkompressor war er dank eines Online-Forums gekommen, die Schläuche mit den Hohlraumnadeln waren seine eigene Idee gewesen. Während seiner täglichen, regulären Arbeit hat er sich oft darüber Gedanken gemacht, was sein Hobby erleichtern könnte. Als er im Jägerforum den Chat über den Kompressor entdeckt hatte, war ihm sofort klar geworden, dass dieses Gerät die optimale Lösung darstellt, und hat ihn gleich nach der Lieferung ausprobiert. Seine ausgeknobelte Konstruktion funktioniert prima, wie er bereits festgestellt hat.

Der Gefangene schnieft, heult panisch vor sich hin. Sein nasser Blick ist starr auf die Nadel in seinem Arm gerichtet. Seine Ahnungslosigkeit vor dem Kommenden macht ihn deutlich verrückt. Selbstverständlich weiß er, dass er gleich umgebracht wird. Gut, ein gefliester Raum, eine Schlachterschürze, Gummihandschuhe und ein Seziertisch lassen für sein Schicksal nicht viele Varianten zu. Natürlich kann sein Opfer eins und eins zusammenzählen. Es stellt sich für ihn lediglich die Frage, wie er sterben wird. Elton zuckt mit den Schultern. Die Sorgen des Burschen kümmern ihn nicht.

„Bitte, lassen Sie mich gehen! Lassen Sie mich leben!“, fleht es vom Seziertisch.

„Du solltest stolz darauf sein, zu einem Kunstwerk zu werden“, tadelt Elton den Jungen.

„Mach endlich!“, quengelt Iris von ihrem Platz aus. Er nickt folgsam und schaltet das Gerät ein. Luft füllt die Schläuche, sie zucken wie schlangenartige Lebewesen. Das schmerzgepeinigte Gebrüll überhört er dabei geflissentlich. Es ist ohnehin gleich vorbei.

„Nimm es nicht persönlich“, sagt er. „Ich habe nichts gegen dich. Ich benötige nichts weiter als deine Hülle.“

Der Kompressor presst langsam Luft zwischen die Muskulatur und die Haut, sodass sich das Bindegewebe löst. Bloß nicht zu stark aufdrehen, sonst platzt nachher noch etwas. Sein Opfer wirkt, als ob es unter immensen Blähungen leidet. Elton kichert bei diesem Gedanken leise. Das Gebrüll steigert sich in ein infernalisches Kreischen höchster Todesqual. Vielleicht sollte er sich für zukünftige Spender Ohrenstöpsel besorgen. Endlich verstummt der höllische Lärm. Als Nächstes braucht er bloß mit einem scharfen Messer einen Schnitt zu vollführen, um die Haut in nahezu einem Stück abziehen zu können. Routiniert macht er sich ans Werk.

Eine Dreiviertelstunde später hat er die überflüssigen Reste des Jugendlichen mit einer Kettensäge zerteilt, in schwarze Plastiktüten verpackt und in der Gefriertruhe verstaut. Nach Feierabend würde er die Leichenteile kuttern und in den nächsten Tagen an seine beiden Dobermänner verfüttern. Nichts verkommen lassen, lautete eine Regel seiner Mutter – Gott hab sie selig.

Kapitel 1

Sonntag, 19. Juni

10:23 Uhr

Die Luft ist feuchtwarm, über mir befinden sich die breiten Blätter einer Palme und ich lümmle genüsslich auf meiner Liege. Die Lehne ist hochgestellt und ich halte einen Katalog für Bürobedarf in den Händen, den ich seit mindestens einer Woche durchblättern wollte. Mir schwebt nämlich die Umgestaltung unserer Detektei vor. Raus mit den alten, mehrfach reparierten Möbeln und her mit einer neuen und vor allem funktionalen Einrichtung. Trotz guter Vorsätze, während der Freizeit keinen beruflichen Kram zu erledigen, habe ich den Katalog in die Badetasche gepackt. Doch jetzt schaue ich gar nicht hinein, sondern über ihn hinweg. Ziel meiner Aufmerksamkeit ist Bo, der den Zehn-Meter-Turm erklimmt. Das Wettkampfbecken ist geradezu leer. Das mag an der Wassertemperatur knapp über dem Gefrierpunkt liegen und an der Tatsache, dass die Badegäste lieber im beheizten Pool paddeln. Oder es ist meinem Tweety geschuldet, den nahezu jeder anstarrt.

„Was für ein Körper“, schwärmt die junge Frau auf der Liege neben mir. Sie präsentiert sich mit brünettem, toupiertem Haar, knallroten Fingernägeln in Überlänge und einem äußerst knappen Bikini. „Ich fand Sie ja schon recht schnucklig, trotzdem wären Sie nur die zweite Wahl.“

Ach? Wie schmeichelhaft!

„Dieser Mann dort ist ein Gott.“ Sie seufzt hingerissen.

„Hm, ja.“ Ich beobachte, wie Bo geschmeidig wie eine Raubkatze das Sprungbrett entlangschreitet. Er lächelt mir zu, die Frau lächelt zurück und ich bin amüsiert. Bo dreht sich an der Kante um und damit uns den Rücken zu, bevor er mit einem Salto rückwärts wie ein Profiturmspringer in die Tiefe hüpft.

„Ich kenne nicht viele Männer, die eine Badehose tragen“, plappert es an meiner Seite. „Die meisten tragen schlabberige Shorts.“

Ich mustere kurz meine eigene karierte Badeshorts und entdecke an ihr nichts Verkehrtes.

„Und die, die ein Badehöschen tragen, sollten besser Shorts anziehen. Aber dieses Sahnestück … Auf dem Sixpack kann man bestimmt Parmesan reiben.“

Das Sahnestück, auf dessen Sixpack man noch ganz andere Dinge als Parmesan reiben kann, krault gerade mit der Geschwindigkeit eines Torpedos von einem Beckenrand zum anderen. Die breiten Schultern und sein Schwimmstil geben einen dezenten Hinweis darauf, dass Bo einst Kampfschwimmer gewesen ist. Die feinen Narben auf seinen Oberschenkeln, die die Badehose nicht bedeckt, zeugen leider ebenfalls davon. Im Gegensatz zu der Brünetten auf der Nachbarliege, weiß ich, dass sich die Verletzungen im Intimbereich meines Tweetys fortsetzen. Folternarben … Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, sie regelmäßig zu küssen, um ihnen den Schrecken zu nehmen.

„Dieses Grün …“, schwärmt es neben mir weiter. „Das müssen farbige Kontaktlinsen sein. Ist mir völlig egal“, sagt sie schnell. „Es passt zu ihm.“

Mäuschen, das Weintraubengrün ist echt, denke ich mir vergnügt. Der Adonis ihrer feuchten Träume hat den uns nächstgelegenen Rand erreicht und stemmt sich in die Höhe, wobei er mir einen intensiven Blick schenkt. Auf der Liege an meiner Seite seufzt es hingerissen. Erwartungsvoll richtet sich die Frau auf und strahlt Bo geradezu an, der auf uns zukommt. Schielt die oder denkt die wirklich, dass Bo sie anflirtet? Ich klappe den Katalog zu, erhebe mich von meinem Beobachtungsposten und gehe Bo entgegen.

„Was ist los, Dot?“

Ohne ein Wort zu verlieren, gehe ich um ihn herum, ziehe seine Badehose ein Stückchen herab, bücke mich und lecke ihm über den Ansatz seiner Pobacken. Dass Bo dabei regelrecht erstarrt, ignoriere ich. Dafür zwinkere ich nun der Brünetten zu und sage: „Angeleckt. Meins.“ Grinsend begebe ich mich dann auf den Weg zu den Duschen und genieße ihre entgeisterte Miene.

Bo läuft mir hinterher und zuppelt an seiner Badehose herum. Das Handtuch hat er sich unter den Arm geklemmt.

„Was sollte das?“, zischt er.

„Die geiern dich alle an. Ich habe lediglich mein Revier markiert.“

„Dot!“

„Auf dem Sixpack kann man Parmesan reiben“, äffe ich seine Bewunderin nach.

„Nein!“ Im gespielten Erstaunen reißt Bo die Augen auf.

„Doch.“

„Hat sie das wirklich gesagt?“

Ich schubse ihn, er schubst zurück. Lachend und rangelnd betreten wir die Duschen, während ich von einem sehr warmen Gefühl erfüllt bin: Bo gehört mir. Mir ganz allein.

10:44 Uhr

Ich stehe unter der Dusche und wasche mir den Schaum vom Körper. Wasser gluckst und gurgelt zu meinen Füßen in den Abfluss. Nachdem sämtliche Seife abgespült ist, stelle ich die Brause ab und verlasse nackt die Duschkabine, um das Badetuch aus dem vier Meter entfernten Regal zu holen. Haken, um die Tücher in Griffweite aufzuhängen, gibt es in diesem verflixten Schwimmbad nicht. Ein junger Mann läuft an mir vorbei, bestimmt ein Italiener oder Spanier, Knackarsch und grellrote Badelatschen am ansonsten unbekleideten Körper.

Ja, hallo, du zweibeinige Praline!

Es knallt!

Es schmerzt!

Ich mache einen erschrockenen Satz nach vorne und fasse mir an den malträtierten Hintern.

„Autsch!“

„Dot!“ Bo steht hinter mir, das eigene Badetuch, mit dem er mir den hinterhältigen Klaps versetzt hat, für einen weiteren Hieb zusammengedreht in der Hand.

„Der war hässlich“, beteuere ich hastig. „Wie ein kleiner, schmieriger Grottenolm. Niemand kommt an deine Schönheit heran. Ich liebe nur dich.“

Bo lacht. Seine nassen, blonden Locken umtanzen sein freches Gesicht und ich suche jetzt sehr, sehr eilig nach meinem Handtuch, um es in Rekordzeit dazu zu nutzen, südliche Regionen zu bedecken. Nicht dass ich wegen unzüchtigen Verhaltens in einer öffentlichen Badeanstalt verhaftet werde. Und die Gefahr besteht.

„Glaubst du, Louisa liefert Berliner hierher?“, frage ich, denn Wassertropfen rinnen aufreizend über Bos Haut, betonen seinen atemberaubenden Body und überlassen nichts der Fantasie.

Das Grinsen meines Mannes wächst in die Breite. „Was ist mit dir nicht in Ordnung?“

„Ich werde angesext. Vierundzwanzig Stunden am Tag. Nonstop.“

„Angesext?“

„Ununterbrochen. Das grenzt längst an physische und psychische Gewalt.“

„Dot!“ Bo schüttelt belustigt den Kopf.

„Ich liebe diese Art von Gewalt“, erkläre ich schmachtend.

„War klar, du dauergeiles Pünktchen.“

Dauergeil ist ein Zustand, in den nicht nur schwule Männer in Bos Nähe zwangsläufig geraten.

„Ich kann nichts dafür.“

„Und deswegen starrst du anderen Kerlen hinterher?“, fragt mein Schatz und neigt fragend den Kopf zur Seite.

„Ich habe bloß Augen für dich.“

„Und für das Long Dong dieses südländischen Typens.“

Energisch protestiere ich. „Gar nicht wahr. Ich habe weder sein Long Dong noch seine kahlrasierten Bommel angestarrt.“

„Woher weißt du dann, dass sie kahlrasiert waren?“

Hups!

Ich habe mich verraten.

„Du glotzt auf die Schwimmnudeln anderer Kerle. Unglaublich“, brummelt Bo.

„Okay, okay. Vielleicht habe ich ein winziges Bisschen in seine Richtung gelinst, weil der arme Wicht dir bei Weitem nicht das Wasser reichen kann und ich ihn deshalb mit purer Verachtung strafen wollte.“

„Ja, ja. Wer’s glaubt.“

Gleich nach dem Verlassen der Umkleide werden wir vom Bademeister abgefangen und wenig höflich in sein winziges Büro zitiert, wo er uns eine Aufnahme der Überwachungskamera vorführt: die Poableck-Szene bei den Liegen.

„Wir sind ein seriöses Bad und erwarten von unseren Gästen ein Mindestmaß an Benehmen“, erklärt er uns streng. „Daher freuen wir uns, dass Sie zukünftig ein anderes Schwimmbad aufsuchen werden. Sie haben nämlich ab sofort Hausverbot.“

„Hausverbot?“, wiederholt Bo schwach und starrt mich giftig an.

Herrje!

Das Bäderland St. Pauli ist sein Lieblingsschwimmbad und nun bin ich schuld, dass er sich woanders austoben muss, wenn ihn der Drang zu schwimmen überkommt.

„Dot!“, knurrt Bo wütend.

„Kann ich von der Aufnahme eine Kopie bekommen?“, erkundige ich mich beim Bademeister und keine Minute später werden wir regelrecht aus dem Bad geworfen.

Mein Liebster fletscht die Zähne wie Oma Jansens Kater Sniggle, wenn er nach einem Ausbruch aus der heimatlichen Wohnung von Bo gejagt wird. „Deine verdammte Aktion schreit nach Vergeltung.“

Zu Fuß machen wir uns auf den halbstündigen Rückweg nach Hause. Als wir den Alten Elbpark durchqueren, halte ich es nicht länger aus.

„Wie stellst du dir die Sanktion vor?“

„Burger King. Du zahlst.“

Ürrgs!

Ich hätte es ahnen müssen, da Bo schon seit Tagen einen Heißhunger auf Fast Food schiebt.

„Das Zeug ist total ungesund. Wenn das jemand wie der da isst …“ Ich deute auf einen jungen Mann mit gelbem Basecap, der auf einer Bank sitzt. Einen Fuß hat er locker auf seinem Skateboard abgestellt und die Arme vor der Brust verschränkt. „… mag das ja okay sein. Aber wie passen schlabberige Brötchen mit fetttriefenden Pattys und viel zu viel Soße zu einem Sixpack wie deinem?“

„Glaub mir, das passt.“ Bo tätschelt zufrieden sein nicht vorhandenes Bäuchlein.

„Ich denke mir etwas aus, damit du zurück ins Bäderland darfst. Schließlich warst du ja nichts weiter als ein Opfer meines Besitzanspruchs.“

„Das habe ich als selbstverständlich betrachtet. Trotzdem kommst du um Burger King heute nicht herum.“

„Lass uns zu Daniel Wischer gehen oder wenigstens zu Wurst und Durst.“

„Burger King“, beharrt mein Mann stur.

Och menno! Während die Kalorien bei ihm sofort Reißaus nehmen, werde ich mir diese bösartigen Dinger mit etlichen extra Joggingrunden mühsam abtrainieren müssen.

12:22 Uhr

Wir sitzen bei Burger King auf einer dieser roten Kunstlederbänke. Vor uns haben wir zwei Tabletts mit ketchupgetränkten Servietten sowie Zwiebel- und Gurkenstücken, die beim Reinbeißen in die Brötchen auf der anderen Seite fröhlich herausgeschossen kamen. Bo saugt voller Wonne am Strohhalm seines Vanillemilchshakes. Ich hätte ihm zu Hause einen personifizierten Strohhalm samt einem ähnlich cremigen Genuss anbieten können. Ja, ich fühle mich außerordentlich bestraft. Und warum? Weil er so attraktiv ist, dass ich regelrecht gezwungen bin, seinen Körper als mein Eigentum zu markieren. Schuld an diesem ganzen Debakel ist diese dämliche Kuh aus dem Schwimmbad. Was muss die meinen Tweety angeiern?

Angesäuert starre ich auf die Tabletts und frage mich, ob ich die 27,01 €, die ein paar pappige Brötchen mit zu viel Soße, Nuggets und eine Handvoll Pommes kosten, als Betriebsessen von der Steuer absetzen kann. Ich sehe bereits jetzt, wie sich der Finanzbeamte vor Lachen über meinen Unterlagen krümmt.

„Und?“, fragt Bo. „Hast du inzwischen eine Idee, wie du dich beim Bäderland wieder lieb Kind machst?“

„Natürlich hab ich bereits eine Lösung parat.“

„Ach? Und was für eine?“

„Lass dich überraschen.“ Da ich mir denken kann, was er von meinem Einfall halten wird, will ich erst einmal nichts verraten. Seltsamerweise verdreht Bo die Augen und stöhnt. Wahrscheinlich sind ihm die Burger nicht bekommen.

„Mach’s bitte nicht noch schlimmer“, ermahnt er mich.

„Das mache ich nie.“

Er schüttelt lediglich den blondgelockten Kopf.

„Können wir gehen?“ Ich deute auf die Tabletts. „Oder möchtest du womöglich einen Nachschlag?“

Hätt’ ich man lieber nicht gefragt. Bo holt sich tatsächlich eine weitere Portion Chili Cheese Nuggets für unterwegs.

„Du wirst platzen“, spreche ich meine Befürchtung aus, als wir die Filiale auf der Reeperbahn verlassen und aufs Neue den Alten Elbpark ansteuern, um nach Hause zu gelangen. Statt einer Antwort hält mir Bo die Tüte mit den frittierten Käseteilchen entgegen. Da ich längst unter Völlegefühl leide, lehne ich ab.

Langsam spazieren wir durch den Park und nehmen dieselbe Strecke wie vorhin, als wir aus dem Bäderland kamen. Dabei kommen wir erneut am Bismarck-Denkmal vorbei. Majestätisch steht der alte, überdimensionierte Reichskanzler auf seinem Sockel, lässig auf sein Schwert gestützt und starrt seit Ewigkeiten den Elbstrom hinab. Zu seinen Füßen befinden sich acht Sockelfiguren, die die germanischen Stämme darstellen sollen, sowie die Bank mit dem Teenager, der dort unverändert mit verschränkten Armen hockt. Selbst sein Fuß steht nach wie vor auf dem Skateboard.

„Na, der hat ja Sitzfleisch“, murmle ich und halte unwillkürlich an. Irgendetwas an der Haltung des jungen Mannes ist seltsam. Sein Gesicht liegt im Schatten seiner Basecap und er sieht nonstop in eine Richtung. Ich drehe mich um, weil ich wissen will, was ihn dermaßen interessiert, kann allerdings nichts Spannendes entdecken.

„Dot?“

„Irgendetwas stimmt nicht. Hallo?“ Ich laufe schnurstracks auf den Teenie zu, der sich selbst bei meiner Annäherung nicht rührt. Keine drei Meter von dem Typen entfernt, rieche ich es. Als wäre ich gegen eine Mauer gerannt, bremse ich ab. Dieser Geruch ist unverwechselbar. Der süßliche Gestank des Todes. Langsam drehe ich mich zu Bo um.

„Dot?“ Er hat seine leere Chili Cheese Nuggets-Tüte in einem Mülleimer entsorgt und schaut fragend zu mir herüber.

„Tweety“, bringe ich kläglich hervor. Unter seiner Sonnenbräune wird er blass. Ich möchte nicht wissen, was er in dieser Sekunde aus meinem Gesicht abliest. Stumm deute ich auf den Skater.

„Sag mir bitte nicht, dass du gerade eine Leiche gefunden hast!“ Bos Stimme klingt ahnungsvoll und alarmiert. Mit hastigen Schritten kommt er an meine Seite gelaufen und schneidet prompt eine Grimasse. Er riecht es also ebenfalls.

„Scheiße“, flüstert er und nähert sich dem Reglosen. „Du bleibst da stehen“, kommandiert er, bevor er sich zu dem jungen Mann hinabbeugt. Gleich darauf wird Bos Körper ganz starr. Wie in Zeitlupe richtet er sich wieder auf und kommt dann zu mir, wobei er sein Handy aus der Hosentasche fischt.

„Er ist … Nicht wahr?“ Inzwischen habe ich mich ein wenig gefasst und den ersten Schrecken abgeschüttelt.

Bo nickt. „Geh nicht an ihn ran. Bleib hier. Der größte Teil der Leiche fehlt.“ Er wählt den Notruf, ohne weiter auf mich zu achten. Ich mustere den Toten. Was sollte an dem denn fehlen? Natürlich entfachen Bos Worte die pure Neugier und ich schleiche mich hinter seinem Rücken an die Leiche heran.

„Herrje!“, entfährt es mir leise, als ich begreife, was mein Liebster meint. Vor mir hockt eine Art Skulptur. Eine Gruselkabinettpuppe. Von dem Toten ist nur die Haut vorhanden. Unter der Basecap starren mich Glasmurmelaugen an. Eines ist ein bisschen verrutscht und ich kann erkennen, dass die Haut über irgendeine Modelliermasse gezogen wurde. Aus einer Fingerspitze ragt ein winziges Stück Draht.

„Irre!“

Wie in Trance taste ich nach meinem Handy und fotografiere diese skurrile, erschreckende Figur aus verschiedenen Perspektiven. Dieser Anblick gehört auf jeden Fall in die Ermittlungsakten. Und vielleicht lässt sich später auf den Fotos irgendetwas erkennen, was Rückschlüsse auf den Täter gibt.

„Tobi! Tooobi! Da bist du ja! Hey! Was machen Sie da?“

„Robin! Was soll das?“

Ich befinde mich plötzlich im Kreuzfeuer. Bo stürzt sich auf mich, genauso wie eine junge Frau mit knallroten, kurzen Haaren, die mich von dem Toten fortschubst. Sie berührt den Skater an der Schulter und will ihn zu sich herumziehen. Dabei rutscht der Leiche die Basecap vom Kopf. In Erwartung des Kommenden halten Bo und ich gemeinschaftlich den Atem an.

„To…?“ Als sie erkennt, was da tatsächlich vor ihr hockt, fängt sie zu schreien an und weicht zurück. Spaziergänger werden aufmerksam und bleiben stehen. In der nächsten Sekunde stürzt sich die fremde Frau wie eine Furie auf mich, um wie wild auf meine Brust einzuschlagen.

„Was haben Sie getan?“, brüllt sie.

Ich weiß überhaupt nicht, wie mir geschieht. Mühsam versuche ich, ihre Hände einzufangen, ohne dabei das Smartphone fallen zu lassen.

„Lediglich Spurensicherung betrieben“, sage ich, in dem Bemühen, sie über den Grund meiner Fotografiererei aufzuklären.

„Robin!“, knurrt es.

„Perverses Schwein!“, kreischt es mir entgegen und ich kassiere einige fiese Hiebe. In letzter Sekunde gelingt es mir, mit dem Oberschenkel einen Tritt in meine Nüsse abzuwehren. Die junge Dame prügelt gnadenlos auf mich ein, bis sie dazu übergeht, mir gegen die Schienbeine zu latschen.

„He! Lassen Sie die Frau los!“

Es kommt, wie es kommen muss: Andere Parkbesucher mischen sich ein. Und selbstverständlich bin ich der Böse. Zum Glück eilt mir Bo endlich zu Hilfe und hält die übrigen Leute von mir und der Berserkerin fern. Ich höre ihn etwas von Polizei und Tatort sagen, während ich die Windmühlenflügel abwehre, die meine Angreiferin statt Arme zu besitzen scheint.

„Wir haben ihn … Uff! … so gefunden. Ich wollte … Hrrg! … Beweisfotos machen. Und wir haben … Au! … die Polizei informiert.“ Entweder dringe ich langsam zu ihrem Verstand vor oder sie wird müde. Völlig unerwartet stellt die Frau ihre Schläge ein und sieht mich aus nassen Augen an.

„Er ist tot, nicht wahr?“, flüstert sie.

Ich mustere die Leiche kurz. Nein, da ist definitiv nichts mehr zu machen. Daher nicke ich. Aufschluchzend wirft sie sich mir an die Brust und schlingt ihre Arme um meinen Hals. Will sie mich jetzt etwa erwürgen? Nein, sie klammert sich bloß fest und heult mir das T-Shirt nass. Ein wenig unbeholfen tätschle ich ihr den Rücken.

„Tut mir leid“, brumme ich, obwohl sich meine Beine wie gebrochen anfühlen. „Kannten Sie sich gut?“

Sie nickt, das Gesicht weiterhin in meinem Shirt vergraben. Ich glaube, sie nuschelt etwas von einem Freund. Na großartig! Wenn ich mir vorstelle, ich würde Bo als abartige Puppe auf einer Parkbank vorfinden, wird mir ganz flau im Magen. Behutsam drücke ich die Weinende an mich, reibe verstohlen die eine oder andere Prellung und bin recht froh, als endlich die Polizei eintrudelt.

13:10 Uhr

Rotweißes Absperrband zäunt den Tatort ein. Etliche Gestalten in weißen Schutzanzügen, bewaffnet mit Kameras, Nummernschildchen, Pinzetten und Spurensicherungsbeuteln wuseln um den Toten herum. Polizisten halten Gaffer und Pressefritzen fern. Milla, Bo und ich sitzen auf dem Rasen und warten, dass die Polizei uns weitere Fragen stellt oder endlich entlässt.

„Der hat uns gerade noch gefehlt.“ Mein Mann deutet auf eine Person, die mit langen Schritten am Tatort erscheint und sich kurz mit einem der Uniformierten unterhält. Es ist Oliver Mahlberg, der Schmusi unserer Bürohilfe Louisa und nebenbei Kriminalhauptkommissar. Suchend sieht er sich um, bis er uns entdeckt. Seine Miene sagt bereits alles. Er gibt dem Gesetzeshüter irgendwelche Anweisungen und kommt danach zu uns herüber. Höflich erheben wir uns und klopfen Grashalme von den Hosen.

„Mir bleibt wohl gar nichts erspart.“ Oliver seufzt und fährt sich durchs Haar.

„Wir hätten uns an diesem Tag auch etwas anderes vorstellen können, als ausgerechnet eine Leiche zu finden“, entgegne ich ein wenig patzig. „Und vielleicht wäre eine etwas freundlichere Begrüßung angebracht, schließlich bin ich schwer traumatisiert. Mein Tag ist nämlich total scheiße verlaufen. Erst haben wir Hausverbot im Bäderland erhalten, dann musste ich Burger essen und nun das.“

„Es tut mir ausgesprochen leid, dass du über einen Toten gestolpert bist, mein lieber Freund. Dafür habe ich es inzwischen mit einem gewaltigen Problem zu tun.“

„Das da wäre?“, erkundigt sich Bo.

„Es nennt sich Robin Berger.“

Mühsam widerstehe ich dem Drang, ihm die Zunge rauszustrecken.

„Arsch“, grummle ich. Allerdings grummle ich es sehr leise.

„Der junge Mann dort ist mittlerweile der zweite Tote. Hier agiert offenbar ein Serientäter.“ Oliver nickt in Richtung des Skaters, der vom Trupp der Spurensicherung vorsichtig in einen glanzverzinkten Transportsarg bugsiert wird. „Was den Druck, den Täter zu finden, unwesentlich erhöht.“

Sarkasmus steht ihm nicht. Aber dass er schlechte Laune hat, kann ich verstehen.

„Jetzt gilt es zu verhindern, dass der Killer einem dritten Opfer die Haut abzieht.“ Unser Hauptkommissar lockert seine Krawatte und atmet einmal tief ein. Na klar, der Zustand des Toten geht ihm ebenfalls an die Nieren. Millas Hand stiehlt sich in meine und sie knibbelt mit den Zähnen an ihrem Lippenpiercing herum. Trotz der Sommerwärme sind ihre Finger eiskalt. Kein Wunder, bei dem Schock, den sie erlitten hat.

„Und Sie sind?“ Oliver schaut sie fragend an.

„Milla Nohrmann“, antwortet sie leise.

„Wir haben sie gerade kennengelernt“, ergänze ich, während Bo beobachtet, wie der Sarg mit der Leiche fortgeschafft wird.

„Einen guten Rat, Frau Nohrmann“, sagt Oliver. „Halten Sie sich von diesen beiden Typen fern. Die geraten nämlich dauernd in irgendwelchen Ärger.“

„Vielen Dank“, murmle ich angesäuert.

„Ich überschütte dich mit Komplimenten, wenn du in dieser Angelegenheit nicht herumschnüffelst.“ Olivers Gesicht ist streng. „Haltet euch beide aus den Ermittlungen heraus.“

Mein Schatz winkt ab. „Kein Problem. Ich gehe davon aus, dass die Polizei ihre Fälle zur Abwechslung auch ohne unsere Hilfe lösen kann.“

„Ich meine das ernst“, zischt Oliver.

„Prima. Genau wie ich.“

Sie starren sich an, als wollten sie gleich ihre Waffen zücken und sich gegenseitig wie in einem schlechten Western erschießen.

Endlich nickt Oliver. „Gut“, sagt er. „Wir sind uns also einig.“

Demonstrativ dreht sich Bo zu mir um und streckt die Hand aus. „Handy her!“

„Was? Wieso?“

„HANDY HER!“

Oho! Der Ton wird gefährlich. Knurrig reiche ich ihm das Smartphone und frage mich, welcher Teufel mich geritten hat, dass ich seinen Fingerabdruck zum Entsperren meines Handys eingespeichert habe. Denn Bo löscht gerade die Tatortfotos.

„Ich hab’s ja geahnt“, murmelt Oliver. „Du neugieriges Frettchen wolltest doch wieder …“

„Ja, hallo! Welcher Detektiv würde nicht auf so etwas anspringen?“, verteidige ich mich.

„Zumindest nicht die Detektei Amundsen & Berger“,“ grollt Oliver. „Und nicht in dieser Angelegenheit.“

„Ihr seid Detektive?“, fragt Milla erstaunt, woraufhin Bo nickt.

„In erster Linie sind die beiden eine Katastrophe, insbesondere was Robin angeht.“

„Also bitte! Erinnere mich daran, dass ich dich nie mehr in einem Supermarkt anquatsche und mit meiner Louisa verkupple“, sage ich stinkig. „Ohne unsere Hilfe hättest du weder den Bunker-Mord noch die Voodoo-Sache aufgeklärt, und schon gar kein Goldstück an deiner Seite.“

„Ohne deine Einmischung wäre mein Undercover-Einsatz im Voodoo-Fall nicht aufgeflogen“, empört sich Oliver.

Okay, das stimmt. Dass ich ihn als Polizisten geoutet habe, war wirklich keine Glanzleistung von mir gewesen.

„Und wenn ich nicht gewesen wäre, würdest du tot im Bunker liegen.“

Mist! Damit hat er erneut recht. Obwohl mein Liebster der eigentliche Held ist.

„Solltest du uns nicht länger brauchen, würden wir allmählich gehen wollen“, meldet sich Bo zu Wort, der wahrscheinlich einen richtigen Streit vermeiden und deswegen den Rückzug antreten will.

„Habt ihr was gesehen oder jemanden bemerkt?“ Oliver kehrt professionell zur Routine zurück.

„Nein. Wir haben diesen Tobi dort auf der Bank sitzen sehen. Und nachdem wir ein zweites Mal an ihm vorbeigelaufen sind und er sich in der Zwischenzeit nicht bewegt hat, haben wir nachgeschaut, was mit ihm los ist. Danach wählte ich gleich den Notruf. Und weil wir Profis sind, haben wir nichts angefasst und keine Beweise mitgehen lassen, sondern brav auf dein Eintreffen gewartet.“ Bos Kurzbericht hat etwas von einer militärischen Meldung und er steht dabei wirklich stramm. Fehlt bloß, dass er zum Abschluss salutiert, was er sich zum Glück verkneift. Da tauchte wohl gerade für einen Moment der Kampfschwimmer in ihm auf.

„Benötigt ihr psychologischen Beistand?“, erkundigt sich Oliver ruhiger, wobei er lediglich mich anblickt.

„Nein.“ Bo schüttelt den Kopf. „Und Robin ist ohnehin seit einiger Zeit in Behandlung.“

Louisa hat unserem Hauptkommissar bestimmt längst erzählt, dass ich regelmäßig zu einem Psycho-Doc schlappe, weil mich seit der Folter im Haakewald-Bunker Flashbacks piesacken. Es sind anstrengende Sitzungen, jede Woche muss ich mich neu überwinden und eigentlich gehe ich nur Bo zuliebe hin. In der Therapie werde ich nämlich mit dem Erlebten konfrontiert und lerne dann, mich durch eine Berührung, ein Summen oder eine Augenbewegung aus der aufkeimenden Panik herauszuholen. Es ist furchtbar, mich dauernd daran zu erinnern, wie ich gefoltert und beinahe umgebracht worden bin. Wäre Bo nicht gewesen … Ich drücke Millas Hand, als wäre es die meines Tweetys und lächle ihn dabei ihn an.

„Wir sind uns also einig?“, hakt Oliver nach. „Keine neugierigen Schnüffelnasen in meinem Fall.“

„Wer war denn das erste Opfer?“, erkundige ich mich und überhöre seine Worte dabei gekonnt.

„Eine Rentnerin“, rutscht es ihm heraus, bevor er stutzt und sich gleich darauf lautstark empört: „Hast du mich eben nicht verstanden?“

„Sorry. War ein Reflex.“

„Macht einen Abflug.“ Der Herr Kommissar wedelt mit den Händen, als wären wir lästige Insekten. „Und sagt Isa, dass es bei mir heute später wird.“

Wir nicken wie die Wackeldackel und begeben uns brav auf den Heimweg. Milla bemerkt, dass sie die ganze Zeit über meine Hand hält, und lässt mich los.

„Detektive, ja?“, fragt sie wie beiläufig.

„Hmm“, brummt Bo.

„Erfolgreich?“

„Mmhmm.“

„Und bestimmt teuer?“

„Zu teuer für dich.“ Er lächelt Milla lieb an. Prompt stolpert sie über ihre eigenen Füße, sodass ich schnell zufassen muss, damit sie nicht stürzt. Bos Lächeln und seine weintraubengrünen Augen haben häufig diesen Effekt. Umso größer ist mein Stolz, dass dieser kernige Kerl mir gehört.

15:17 Uhr

„Was hat er erzählt? Raus mit der Sprache! Ich habe genau gehört, dass du mit ihm telefoniert hast.“ Ich stehe vor Louisas Schreibtisch und starre auf sie hinab.

„Ich weiß nichts“, fiept mein Supergirl und hält mir eine Akte entgegen, als wäre ich ein Vampir und der Ordner ein Knoblauchzopf.

„Isa, Liebes.“ Ich werde brutal und erinnere gnadenlos an gewisse Fakten: „Wer bezahlt deinen Lohn?“

„Du“, antwortet sie und seufzt.

„Und wer ist der Häuptling dieser Detektei?“

„Bo?“ Das klingt hoffnungsvoll.

„Du hast einen zweiten Versuch, Schätzchen.“

Ein weiteres Seufzen. „Robin, er hat mir nicht viel berichtet.“

„Das kann ich sogar nachvollziehen. Er ist ein heißer Typ und sicherlich hattet ihr Besseres zu tun, als über Tote zu schwatzen. Telefonsex, zum Beispiel.“

„Robin!“

„Also, WAS hat er gesagt?“

„Ich kann nicht glauben, wie du über Olli redest.“ Sie tut, als wäre sie stinkig, wobei mir klar ist, dass sie damit bloß vom Thema ablenken will.

„Was? Er ist attraktiv. Das werde ich doch wohl noch erwähnen dürfen. Einem solchen Mann hält bestimmt jeder gern die Stange. Und jetzt kommen wir zu meiner Frage zurück. I-saaaaa!“ Ich beuge mich zu ihr herab, die Hände auf den Schreibtisch gestützt.

„Herrgott, ja! Vor einer Woche haben Schulkinder eine Rentnerin an einer Bushaltestelle gefunden. Genauer gesagt, lediglich ihre Haut, die auf einem selbstgebastelten Gestell angebracht wurde. Der Mörder hat dieser Art Puppe anschließend die Kleidung der Ermordeten angezogen und sie auf der Wartebank platziert. Auf den ersten Blick wirkte sein Kunstwerk wie ein lebender Mensch. Eventuelle Hinweise auf den Täter wurden leider vernichtet, weil eine der Schülerinnen genau auf die Leiche gekotzt hat. Die KTU war extrem begeistert.“

Das kann ich mir denken.

„Außerdem scheint der Mörder sehr sauber gearbeitet zu haben. Keine Fasern, Haare oder ähnliches.“

„Was ist denn mit Oliver nicht in Ordnung, dass er dir so etwas mitteilt?“, schimpfe ich.

„Was?“ Verwirrt schaut mich Hamburgs süßeste Mitarbeiterin an.

„Weiß er nicht, dass du ein zartbesaitetes Gemüt hast?“

„Bitte? Erst quetschst du mich wie eine Zitrone aus, weil du unbedingt etwas über seinen Ermittlungsstand wissen willst. Und danach putzt du ihn runter, obwohl du die gewünschten Infos erhalten hast?“

Ich schüttle den Kopf. „Lenk nicht vom Thema ab. War die Haltestelle in der Nähe vom Alten Elbpark?“

„Ja. Die Tote wurde an der Bushaltestelle St. Pauli entdeckt. Arbeiten wir etwa auch an diesem Mord?“ Misstrauisch runzelt sie die Stirn.

„Nein, nein“, murmle ich und denke dabei an Bos Reaktion im Elbpark.

„Gut so. Ansonsten würde Olli bestimmt einen Schlaganfall bekommen.“

Ich lächle sie beruhigend an. „Das wollen wir gewiss nicht riskieren.“

In diesem Moment schneit Bo herein. „Ah! Wie schön, dass ihr bereits fleißig seid. Isa, was will Faravelli von uns?“

Ich kann Louisas Erleichterung förmlich greifen, als sich Bo nach dem Auftrag erkundigt, der uns heute Morgen ins Haus geflattert ist.

„Die Faravelli GmbH vertreibt Zutaten und Rohstoffe für die Nahrungsmittel- sowie für Nutraceuticals-, Pharma- und Feinchemie-Industrie“, berichtet sie uns. „Ergänzend betreibt die Firma ein Forschungs- und Entwicklungslabor, um Produkte zu testen und zu optimieren. In diesem Labor sitzt Lutz Biermann, dreiundvierzig Jahre alt, seit einem Jahr geschieden, zwei Kinder. Sein Steckenpferd ist die Rubrik Nahrungsergänzungsmittel und Sporternährung. Die Firmenleitung hat ihn in Verdacht, Testergebnisse zu beschönigen und dafür Geld einzustecken.“

„Und worauf begründet sich der Verdacht?“, frage ich und lasse mich an meinem eigenen Schreibtisch nieder.

„Er hat seinen alten Polo gegen einen nagelneuen Mercedes C 200 getauscht“, antwortet Louisa.

„Ist das alles?“, fragt Bo. „Den kann er ja auch auf Raten gekauft haben.“

Louisa blättert in den Unterlagen. „Nö, er hat den kompletten Kaufpreis in einer Summe überwiesen. Außerdem ist er gesehen worden, wie er am Steuer einer kleinen Motoryacht stand und die Elbe hinaufgeschippert ist. Und er hat den Kollegen gegenüber angedeutet, dass er nach den Sommerferien eine Kreuzfahrt machen will. Diese Ausgaben passen nicht zu seinem bisherigen Lebensstil und der Verpflichtung, Unterhalt für seine Ex und die Kinder zu zahlen. Natürlich ist er darauf angesprochen worden, wie er sich den Luxus leisten kann. Angeblich stammt das Geld aus einer Erbschaft. Seinem Arbeitgeber ist allerdings aufgefallen, dass zwei Stammkunden explizit nach Herrn Biermann fragen, wenn es um ihre Produktanalysen geht, und dabei selbst längere Wartezeiten in Kauf nehmen. Und das ist wirklich ungewöhnlich. Normalerweise sollen neue Konsumgüter möglichst schnell auf den Markt.“

„Okay.“ Bo schnappt sich seinen Autoschlüssel. „Ich fahre zu Faravelli und bohre dort ein wenig nach. Es muss sich ja klären lassen, ob Biermann falsche Ergebnisse abgeliefert hat oder nicht. Klärt ihr das Finanzielle, ja?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, verschwindet er.

„War ja klar“, maule ich. „Sobald es um Computerarbeit geht, überlässt er den Mist uns.“

„Hast du vergessen, dass die Festplatte in der Sekunde abstürzt, in der Bo den Rechner einschaltet? Der Computer und er pflegen überhaupt kein gutes Verhältnis.“ Louisa grinst.

Ich erinnere mich spontan an meinen Katalog über Bürobedarf. „Vielleicht müssen einfach neue PCs her. Irgendetwas Moderneres.“

„Wie? Sollte es eine Zukunft geben, in der ich nicht mehr Hammer und Meißel nutzen muss, um eine Notiz zu schreiben?“

Ich wühle auf meinem Schreibtisch herum, bis mir einfällt, dass der Katalog noch in der Sporttasche beim nassen Badezeug liegt. Also renne ich kurz in die Wohnung hoch, um ihn zu holen und feierlich Louisa zu überreichen.

„Geh den mal durch, ob du nicht was Passendes für uns findest. Neue Stühle, Tische und EDV. Ich geb’s ungern zu, weil es teuer werden wird, aber unser Equipment muss dringend gepimpt werden.“

„Tische auch?“ Louisa staunt, während ich an meinen Arbeitsplatz zurückkehre.

„Ich dachte an welche, die man rauf- und runterleiern kann. So rückenfreundliche Dinger. Du wirst schließlich nicht jünger.“

Ein Radiergummi kommt geflogen. Ich armes Opfer kann mich jedoch rechtzeitig hinter den Monitor ducken.

„Frechheit!“

„Und bevor du den Katalog wälzt, will ich alles über Biermann wissen, was du herausfinden kannst.“

„Und was treibst du?“, erkundigt sich die Süße.

„Ich rufe meinen Kontakt im Finanzamt an und frage mal lieb, ob er mir versehentlich Biermanns Steuerbescheid zumailen kann. Und danach frage ich den Kontakt im Nachlassgericht über eine Erbschaft aus.“

„Kontakte …“ Louisa schmunzelt vielsagend.

„Oh ja. Wir hatten ziemlich engen Kontakt. Bevor ich Bo kennenlernte.“ Jetzt bin ich es, der grinst, und zwar ziemlich dreckig.

„Irgendwann werde ich dich abfüllen und dir jedes deiner schmutzigen Geheimnisse entlocken“, wird mir gedroht. Na, da wird sie sich freilich anstrengen müssen.

21:32 Uhr

Mit dem Laptop auf den Knien sitze ich auf dem Sofa und schaue mir erneut Büroeinrichtungen an, ohne wirklich inspiriert zu werden. Bo hockt an meine Beine gelehnt auf dem Teppich und zappt von einem Fernsehsender zum nächsten. Als er sich endlich für Unternehmen Petticoat und damit für ein rosafarbenes U-Boot entscheidet, klicke ich auf das Symbol für meine Cloud. Nacheinander rufe ich die Bilder von der Leiche aus dem Alten Elbpark auf, die ich glücklicherweise dort abspeichern konnte, bevor Bo sie aus meiner Fotogalerie gelöscht hat. Mit morbider Faszination starre ich auf das, was von dem Gesicht eines jungen Mannes übriggeblieben ist. Bis auf das verrutschte Auge ist das abartige Werk des Mörders eigentlich recht gut gelungen. Ein gewisses Basteltalent kann man ihm nicht abstreiten. Ich frage mich, auf welche Weise das Opfer sterben musste. Leider, oder vielleicht eher zum Glück, reicht meine Fantasie dafür nicht aus. Rasch vergewissere ich mich, dass sich Bo weiterhin von Cary Grant und Toni Curtis unterhalten lässt, bevor ich das Bild vergrößere. Das weggedriftete Auge wirkt ziemlich echt und ich bezweifle, dass man ein solches in einem Laden für normalen Hobbybedarf erhält. Und worüber hat der Killer die Haut drapiert? Was für ein Material hat er als Grundgerüst genutzt? Es muss etwas sein, dass sich gut formen lässt, weil der Mörder sein Opfer ja gewissermaßen nachbauen will. Und es sollte auf jeden Fall die Größe stimmen, wobei ich mir vorstellen kann, dass das furchtbare Exponat etwas kleiner als das Original ist. Denn die Haut wird sich nach der Ablösung vom Körper sicherlich ein bisschen zusammenziehen. Ich muss Louisa unbedingt fragen, ob die Haut in einem Stück abgelöst oder auf den Kunstkörper gestückelt wurde. Wegen der Kleidung, die die Skulptur trägt, ist das nicht zu erkennen. Bo dreht den Kopf und lächelt mich an, daher beende ich die Cloudnutzung ganz schnell. Mein schlechtes Gewissen regt sich ein wenig in seinem tiefen Schlaf. Schon wieder habe ich Geheimnisse vor meinem Tweety. Aber was muss der ständig den übervorsichtigen Beschützer hervorkehren? Ich studiere die Narben an meiner Hand, woraufhin sich das schlechte Gewissen streckt, ausgiebig gähnt und dann die Augen aufklappt.

„Alles okay, Dot?“ Bo greift nach meiner Hand und streichelt sie.

„Klar. Warum fragst du?“

„Du hast für einen Moment ziemlich merkwürdig ausgesehen. Hattest du einen Flashback?“

Ich schüttle den Kopf. „Nein. Ich bin in Gedanken bei der Büroausstattung“, flunkere ich. „Wusstest du, dass dein Rechner qualmt, wenn man ihn einschaltet?“

„Jupp.“

„Warum sagst du mir so etwas nicht?“, frage ich fassungslos.

„Das macht das dämliche Ding bloß, um mich zu ärgern.“

„Möglicherweise ist es auch einfach nur defekt. Genau wie die Heizung in deinem Wagen.“

Mein Tweety tätschelt mir das Knie. „Bis zum nächsten Winter habe ich das repariert.“

„Das höre ich seitdem wir uns kennen.“

Er dreht sich um, sodass er nun vor mir kniet. Seine Hände wandern über meine Oberschenkel und er sieht mich hungrig an.

„Wie wäre es, wenn ich ein bisschen an dir herumschraube?“

Ich klappe den Laptop hastig zu und schiebe ihn unters Sofa. Keine Sekunde später habe ich mir das Shirt vom Leib gezerrt.