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Mord im Konfettiregen - ein pferdiger Krimi. Zum Wiehern komisch! Namaste am Arsch, meinen Bella und Blacky, die beiden charmant-kriminellen Minishettys aus Meisenwald. Sie wollen endlich mehr vom Leben - mehr Nervenkitzel, mehr Beute, weniger Emotionscoaching, was Bella aktuell im Nebenjob betreibt. Zur gleichen Zeit hat Freizeitpferd Pfridolin, unfreiwilliger Ermittler mit einer Vorliebe für Chillen und Essen, ganz andere Sorgen: Er soll beim Kostümreiten mitmachen. In einer Verkleidung. Und nicht nur in der Abgeschiedenheit des heimischen Reitstalls, nein, vor aller Augen in Meisenwald-City. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, stolpert er auch noch über eine Leiche. Außerdem dabei: Blackys eigensinnige Ex-Freundin und eben Bella und Blacky - zwei Minishettys, die offensichtlich kein Gewissen, aber dafür jede Menge kriminelle Energie haben. Zwischen Helau und Alaaf passt immer noch ein Mord. Und mindestens ein Minishetty. Zumindest in Meisenwald, wo die Uhren anders gehen und der Karnevalsgruß Pieps-pieps ist. Achtung: Kann Spuren von Heu, Sarkasmus und Ponyintrigen enthalten.
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Seitenzahl: 216
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Für alle Freizeit- und Sportpferde. Sie haben es nicht leicht mit den Menschen.
Disclaimer: Dieses Buch ist ein Roman. Das heißt, in manchen Punkten hat Pfridolin schamlos gelogen übertrieben oder Sachverhalte dargestellt, die man nicht zuhause nachmachen sollte, weder mit eigenen Pferden oder Ponys noch mit fremden. Ganz wichtig: Alle Pferde und Ponys sind sehr empfindlich, was das Futter betrifft, und dürfen nicht ohne Erlaubnis des Besitzers gefüttert werden, egal, wie hungrig sie gucken.
Die Hauptdarsteller:
Pfridolin Pferd
Der Star. Von Beruf ist er Freizeitpferd, mit Betonung auf Freizeit, und zugleich Meisterdetektiv.
Faxe
Sein bester Freund und gelegentlicher Assistent. Ein Tinker.
Der Lutschi
heißt eigentlich Lucero. Oder: das spanische Mähnenwunder. Gehört ebenfalls Pfridolins Besitzerin.
Else
lebt mit Pfridolin in einer On-Off-Beziehung mit mehr Off als On.
Companero
Gelsenkirchener Mähnenwunder. Spricht Ruhrpott-Slang.
John-Boy
Der Senior. Mag Meedchen und kitschige Lieder.
Blacky
Kleinkriminelles Minishetty, schwer zu verstehen.
Bella
Ebenfalls ein kleinkriminelles Minishetty, aber sehr hübsch und mit langen Wimpern ausgestattet.
Flo
Blackys Ex-Freundin. Sehr charakterstark.
Auch wichtig:
Dana Dirksen
Pfridolins sogenannte Besitzerin. Er nennt sie auch „die Frau".
Melanie Schmitz
Danas beste Freundin. Ihr gehört Faxe.
Gerdi Gohskamp Sandra Gohskamp
die Leiche vom Nachbarhof ihre Tochter
Lisa Bertram
angestellt bei Gohskamps. Kann Stall und Büro.
Kalle Lehmann
Lisas Kollege, zuständig für Stall und Treckerfahren. Ein Mann mit vielen Talenten.
Lutz Rosenfeld
der Gärtner
Die Polizei:
POK Guntram Fritz
Danas Partner und somit „der Mann". Mittlerweile ist ihm sein Vorname nicht mehr peinlich.
PKin Susanne Bremer
Guntrams Ex-Freundin. Nimmt Guntram so einiges übel.
POM Siggi Wollmeier
Polizeiobermeister Wollmeier ist nach eigener Einschätzung der beste Mann der Meisenwalder Polizei.
Die Hauptdarsteller
1: Dienstag. Gut Adelina
2: Mittwoch. Auf dem Petershof
3: Immer noch auf dem Petershof
4: Gut Adelina
5: Immer noch Gut Adelina
6: Währenddessen auf dem Gruppenpaddock des Petershofs
7: Immer noch auf dem Gruppenpaddock des Petershofs
8: Zur gleichen Zeit, im Inneren eines Streifenivagens
9: Gut Adelina, im Wohnhaus
10: Gut Adelina, immer noch im Wohnhaus
11: Gut Adelina, immer noch im Inneren der luxuriösen Behausung
12: Gut Adelina (draußen)
13: Auf der Polizeiwache
14: Im Inneren des Streifemmgens, auf dem Weg von Gut Adelina zur Polizeiwache
15: Bei Dana und Guntram zuhause
16: Zur gleichen Zeit im Stall, auf einer uns gut bekannten Stallgasse
17: Weiberfastnacht, auch Altweiber, Fettdonnerstag oder Schwerdonnerstag genannt. Im Inneren des Streifenwagens.
18: Bei Mike und Moniqua zuhause
19: Auf dem Gohskamp-Hof
20: Auf dem Petershof. Gruppenpaddock
21: Petershof. Immer noch auf dem Gruppenpaddock
22: Zur gleichen Zeit auf Gut Adelina
23: Ebenfalls zur gleichen Zeit, im Streifemmgen unterwegs zum Gut Adelina
24: Gut Adelina
25: Zurück auf Gut Adelina
26: Währenddessen auf dem Petershof. Gruppenpaddock.
27: Gut Adelina, wenig später
28: Unterwegs zur Gärtnerei Rosenfeld
29: In der Gärtnerei
30: Immer noch in der Gärtnerei
31: Gut Adelina, bei Kalle in der Werkstatt
32: Gut Adelina, Wohnhaus
33: Gut Adelina, bei den Stuten
34: Währenddessen auf dem Gruppenpaddock des Petershofs
35: Immer noch auf dem Gruppenpaddock des Petershofs
36: Der nächste Tag. Auf der Polizeiwache
37; Auf dem Petershof
38: Im Wald
39: Karnevalssamstag. Auf der Polizeiwache
40: Auf dem Petershof
41: Immer noch auf dem Petershof
42: Im Wald
43: Fast in Meisenwald
44: Das große Kostümreiten
45: Meisenwald-City. Zugriff!
46: Meisenwald-City. Nach dem Zugriff. Die Minishettys haben alles im Blick.
47: Meisenwald-City, noch ein Zugriff. Diesmal mit Handschellen
48: Meisenwald-City. Aufschlussreiche Gespräche
49: Meisenwald-City. Die Minishettys bei Pfridolin und Faxe
50: Die Polizei kommt dazu
51: Endlich wieder auf dem Petershof. Gruppenpaddock
Dienstag. Gut Adelina.
„Gerdi ist tot! Und was hat dieses verdammte Shetty hier drinnen zu suchen?"
Unschuldig sah Blacky nach oben. „liiiiiiich?", schien sein Blick zu fragen. Das weiße Minishetty war durch die angelehnte Eingangstür ins Haus spaziert. In dem feudalen Bau, der nur so nach Geld stank, wohnten Gerdi Gohskamp und ihre Tochter Sandra. Gerdi jetzt strenggenommen nicht mehr, weil Sandra soeben ihre Leiche gefunden hatte. Blackys Zuhause war gleich nebenan, in dem Stall, der ans Haus grenzte und nicht ganz so schick war.
Dort, im Gut Adelina, hatten Gerdi und Sandra Dressurpferde gezüchtet. Nach außen sah das Gut wie ein Bauernhof aus, der allerdings einem sehr, sehr reichen Bauern gehört. Das nötige Kleingeld war durch Gunther, Gerdis Gatten, ins Haus gekommen. Gunther hatte mehrere Firmen und Golfplätze besessen, bis ihn ein tödlicher Herzinfarkt am achtzehnten Loch eingeholt hatte. Gerdi erbte alles, verkaufte das meiste und erstand vom Erlös Zuchtstuten. Außerdem noch Zwergesel und Minishettys, weil man halt auch Maskottchen braucht.
Mit der Zeit war die Liebe dann von den Dressurpferden weg und zu den Zwergeseln hin gegangen. Außerdem war ihr ein schicker Lifestyle immer wichtiger geworden. Zum Glück brachten ihre Stuten teure Fohlen. Und es gab immer noch die gut gefüllte Portokasse aus dem Erbe des verblichenen Gunther. Der Rest des Geldes war gut angelegt.
Das nutzte ihr nun aber nichts mehr, wie Blacky feststellte. Gerdi lag auf einem der Designer-Teppiche, die das durchgestylte, offen gehaltene Erdgeschoss zierten, und sah mausetot aus. Trotz der angelehnten Eingangstür war es nicht kalt, weil sowohl Kamin wie auch Fußbodenheizung an waren. Außerdem war es für Anfang Februar ohnehin zu warm. Der Winter war bis jetzt sehr mild und der Februar hatte temperaturtechnisch noch mal einen draufgesetzt. Das kam Gerdi entgegen, die sich vorzugsweise Seidenblusen und passende schmale Hosen auf den schlanken Leib hatte schneidern lassen. Heute war sie ganz in schwarz, was zwar nicht zur närrischen Jahreszeit passte, aber angesichts ihres Todes merkwürdig passend erschien.
„Wie tot? Kann doch gar nicht sein! Gerade ging es ihr doch noch gut!", raunzte Kalle, der Stallhelfer, der zu Sandra ins Haus gelaufen war. Ihm dicht auf den Fersen war Lisa, die andere Angestellte, die sowohl für den Stall wie fürs Büro zuständig war. Sie sagte nichts, aber ihre Augen wurden immer größer.
„Kind, bück dich doch mal, ich bin nicht mehr so beweglich", ordnete Kalle, den seine Eltern auf den Namen Karl Leopold getauft hatten, an.
Folgsam ging Lisa in die Hocke und sah sich Gerdis stark geschminktes Gesicht aus der Nähe an. „Unter der Schminke ist sie ganz schön blass. Und atmen tut sie auch nicht mehr", teilte sie mit.
„Ogottogott", sagte Sandra und ließ sich schwer in einen Sessel fallen, der praktischerweise in der Diele herumstand. Wobei Empfangshalle der passendere Ausdruck für den saalartigen Raum war, in dem sich alle befanden. Große Zimmerpflanzen waren strategisch verteilt und taten ihr Übriges, den Raum noch pompöser erscheinen zu lassen. Blacky war unterdessen in die offene Küche spaziert, was aber keiner von den Anwesenden bemerkt hatte. „Was muss ich denn jetzt tun? Sonst hat Gerdi immer alles entschieden", wandte sie sich hilfesuchend an Kalle.
„Die Polizei rufen", schlug der vor.
„Oder den Krankenwagen", bot Lisa an und begann, auf ihr Handy einzutippen.
„Vorher saugst du aber hier mal durch, ihr habt mit euren Stallschuhen alles eingesaut", ordnete Sandra an, die langsam wieder zu Kräften kam.
„liiiich? Wie komme ich denn dazu? Ich bin für die Ställe und fürs Büro zuständig, nicht fürs Putzen", ereiferte sich Lisa.
„Die Putzfrau kommt aber erst nächste Woche und hier sieht es aus wie Sau. Also bitte!"
„Du hast mir gamichts zu sagen", muffelte Lisa, machte sich aber brav auf die Suche nach einem Staubsauger.
„Sollen wir ihr vielleicht Wasser ins Gesicht schütten?", erbot sich Kalle und kippte Gerdi Wasser aus einer geschmackvoll gestalteten Gießkanne übers Gesicht, bevor ihn jemand davon abhalten konnte.
„Warum denn das?", stöhnte Sandra entsetzt.
„Vielleicht ist sie ja nur ohnmächtig", meinte Kalle entschuldigend. Dann, nach einem prüfenden Blick auf Gerdi: „Nee, doch tot."
„Ich weiß ja nicht, wie das bei euch so ist, aber ich brauch jetzt erstmal einen Schnaps", teilte Sandra mit und genehmigte sich ein halbes Wasserglas einer durchsichtigen Flüssigkeit, die stark nach Alkohol und Rhabarber roch. „Rhabarberschnaps. Der ist gesund", stellte sie fest. „Oh, fast leer." Missbilligend betrachtete sie die Flasche.
„Boah nee, Rhabarberschnaps. Da muss ich kotzen, weißte", schüttelte sich Kalle, der sich auf einen anderen Sessel in der Eingangshalle gesetzt hatte. Dann sagte eine Zeitlang niemand etwas, weil Lisa den Dyson gefunden und lautstark betätigt hatte.
„Die kommen gar nicht", wunderte sich Lisa, nachdem sie den Staubsauger wieder verstaut hatte.
„Wer?" Sandra war nach dem Rhabarberschnaps kurz weggenickert und schreckte nun hoch.
„Die Polizei. Oder der Krankenwagen. Irgendwas mit Tatütata."
„Hast du die denn nicht gerufen?"
„liiiiich? Ich dachte, ihr macht das."
„Jetzt seid mal ruhig, ich ruf da jetzt an." Sandra war wieder Herrin der Lage und wählte die 112.
Mittwoch. Auf dem Petershof.
„Ding Dong, die Hex ist tot, die Hex ist tot", sang Dana laut und schief. Sie stand auf der Stallgasse des Petershofs und räumte ihren Putzkasten auf. Der Gesang ging mir durch Mark und Bein. So ähnlich, wie wenn einem der Tierarzt die Zähne mit der Elektro-Raspel bearbeitet, nur schlimmer. Ich bin übrigens Pfridolin und Dana tut so, als wäre sie meine Besitzerin. Wo doch in Wirklichkeit ich das überlegene Gehirn habe. Von Beruf bin ich Freizeitpferd, mit Betonung auf Freizeit. Und am liebsten wäre ich taub. Denn wenn die sogenannte Besitzerin einmal singt, hört sie so schnell nicht auf.
„Welche Hexe?" erkundigte sich ihre Freundin Melanie, die eigentlich längst mit allem fertig war, sich aber gewohnheitsmäßig im Stall herumtrieb, weil der bei Pferdeleuten immer als zweites Wohnzimmer fungiert. Furchtbar eigentlich. Nie hat man seine Ruhe. Zu allem Überfluss war Dana jetzt im Home Office, was bedeutet, dass sie den ganzen Tag hier rumlungerte und nachts alles nacharbeiten muss, was sie tagsüber verbaselt hatte. Sie unterbrach ihren ... nennen wir es mal Gesang, um Melanie zu antworten. Gottseidank, dachte ich.
„Na, die fiese olle Gohskamp. Die ist doch gestern gestorben", erklärte sie.
„Die war doch noch gar nicht so alt."
„Die ist wahrscheinlich an ihrer eigenen Bosheit erstickt. Kein Wunder, dass Blacky da immer abgehauen ist."
„Blacky haut gewohnheitsmäßig überall ab, weil er ein freier Geist ist", erinnerte sie Melanie, die das Minishetty schon oft nach Hause auf den Gohskamp'schen Hof eskortiert hatte. „Wer erbt denn das alles? Es ist ein schöner Hof mit einem pompösen Wohnhaus."
„Der Mann ist schon länger tot und Sandra hat, glaube ich, keine Geschwister. Wenn Gerdi nicht aus Bosheit alles dem Tierschutzverein vermacht hat, erbt Sandra."
Apropos Bosheit: Die fiese olle Gohskamp, von der hier die Rede ist, hat mir nicht nur einmal nach dem Leben getrachtet. Aus reiner, purer Bösartigkeit. Ich erinnere mich da an das eine Mal, als ich gedankenverloren in der Nähe ihres Luxus-Bauernhofs auf den Weg geäppelt habe. Es war Sommer, ich musste Dana alias die feine Dame im Gelände herumschleppen, weil die feine Dame gern die schöne Aussicht und die gute Luft genießen wollte, und es kam, wie es kommen musste: Irgendwann war das Essen einmal durch mich durchgewandert und kam in Form von Pferdeäpfeln hinten wieder heraus. Das ist schön, das ist natürlich, das muss so sein. Wenn unsereins mal nicht gescheit äppeln kann, ist immer Holland in Not und der Tierarzt muss kommen und unaussprechliche Dinge mit uns tun. Aber ich schweife ab. Auf jeden Fall war die Freude über meine Pferdeäpfel sehr einseitig, denn quasi aus dem Nichts fing hinter der Hecke, an der ich gerade entlangging, eine fürchterliche Brüllerei an.
Meine Reiterin hat natürlich reflexartig zurückgebrüllt, bis sich der Drachen von hinter der Hecke auf unsere Heckenseite begeben hat und so veitstanzartig getobt hat, dass mir der Angstschweiß auf der pelzigen Stirn perlte. Mein Kumpel Faxe und Melanie, die uns begleiteten, waren dabei keine große Hilfe. Als nächstes hat sich die olle Gohskamp, denn um niemand anderen handelte es sich, in ein Golfcart geschwungen und wollte uns damit bis nach Hause verfolgen. Wer es nicht weiß: Ein Golfcart ist ein motorbetriebener Rollator für reiche Leute. Also so in etwa. Und dann? Wer weiß. Ich bin jedenfalls nicht mehr dageblieben, um mir das Ende der Geschichte anzugucken, sondern habe Faxe und Melanie spontan abgehängt und der sogenannten Besitzerin mal gezeigt, was für eine Galoppade in mir steckt und was für ein Tempo sie aus mir rausreiten könnte. Also, wenn sie es denn könnte.
Irgendwann im Wald wurde ich hungrig und wusste ehrlich gesagt auch gar nicht mehr so genau, warum ich es so eilig hatte. Die sogenannte Besitzerin anscheinend auch nicht, denn sie hat mich widerstandslos grasen lassen. Was ich sonst nie darf. Und flötete mir ins Ohr, sie wäre ja so froh, dass wir noch zusammen sind. Und dass sie nicht den ganzen weiten Weg nach Hause laufen muss, hab ich mir gedacht und sicherheitshalber noch was Gras gegessen. Wenn die Ausritte immer so anstrengend sind, dann gute Nacht. Da braucht man jede Stärkung, die man kriegen kann. Kurzfassung: Um den Drachen ist es nicht schade.
Ein weiterer Vorteil des nicht sehr tragischen Todesfalls: Es gibt möglicherweise die Gelegenheit zu kriminalistischen Ermittlungen, denn im Nebenjob zu meiner nervenaufreibenden Tätigkeit als Freizeitpferd bin ich Meisterdetektiv. Rein aus Entspannungsgründen und um mal wieder runterzukommen von dem ganzen Stress, den ich durch die sogenannte Besitzerin mit ihren Schnapsideen habe. Und weil ich halt ein endcooler Typ bin. Die Sorte, die einerseits bodenständig ist und Haare auf dem Rücken hat, aber andererseits auch ein sensibler Intellektueller. Leben am Limit, wartet nur ab.
Währenddessen unterhielten sich Dana und Melanie weiter über die Tote. Melanie war skeptisch. „Na ja, so groß war die Tierliebe wohl nicht. Mit der Pferdezucht hat Gerdi Geld verdient, ich glaube, sie hatte keine große Beziehung zu den Stuten oder den Fohlen. An den Minishettys und den Eselchen hat sie aber schon gehangen, soweit ich weiß."
„Apropos Minishetty", Dana wies auf eine kleine weiße Gestalt hinter Melanie.
Blacky! Der Evil Genius des Petershofs war an seine Hauptwirkungsstätte zurückgekehrt. Hier plünderte er gewohnheitsmäßig die Futterkammer, öffnete Türen und Tore und ließ sich von seiner Freundin Bella zu Untaten anstiften, die man mir mit viel gutem Willen noch unter „Kleinkriminalität" einsortieren konnte. Tatsächlich strebte Bella nach der Weltherrschaft, wie sie mir einmal anvertraut hatte. Wer ihn nicht kennt: Blacky ist ein kleiner Schimmel, der früher bei uns auf dem Petershof gewohnt hat. Mit schöner Regelmäßigkeit haute er mehrmals am Tag ab, um seine Freundin auf Gut Adelina zu besuchen. Nach seinem Umzug auf den Nachbarhof gab es anscheinend eine Beziehungskrise mit der auswärtigen Lebensgefährtin – einer gewissen Flo – und die zuckersüße Bella zog hier ein. Und Blacky war in love. Jetzt floh er jeden Tag vom Gut Adelina zum Petershof. Also genau umgekehrt. Und das, obwohl er mittlerweile voll unter Bellas Fuchtel stand und sie ihn zu allerlei Untaten zwang. Einerseits gruselig, andererseits war ich neidisch auf Bellas diabolische Kräfte, mit denen sie die halbe Welt um den Huf wickelt.
Außerdem genoss ich das tägliche Unterhaltungsprogramm, das darin bestand, Blacky einzufangen und ihn gegen seinen Willen nach Hause zu verfrachten. Die sich daraus ergebenden Verfolgungsjagden zeichnen sich durch slapstickhafte Komik aus und sind immer wieder schön. Heute stellten sich Dana und Melanie für ihre Verhältnisse überraschend pfiffig an. Mit vereinten Kräften und durch geschicktes Taktieren gelang es ihnen, Blacky einzukreisen. So schnell bewegt sich die sogenannte Besitzerin selten. Ich ließ das Schauspiel auf mich wirken.
Immer noch auf dem Petershof
„Der lacht uns doch aus", keuchte Dana, als sie sich mit einem Hechtsprung auf Blacky stürzte und sich unsere Blicke zufällig trafen. Wo sie recht hat, hat sie recht. Dana hatte schlecht gezielt und sprang daneben, Blacky schlug einen Haken und ließ auch Melanie ins Leere laufen. Bestes Popcom-Kino.
Ich bekam Appetit und schlenderte entspannt übers Wallachpaddock zur Heuraufe. Bisschen was zu knabbern kann nämlich nie schaden. Die Heuraufe, muss man wissen, ist der gesellschaftliche Mittelpunkt des Paddocks. Hier trifft sich alles, was Rang und Namen hat, und die anderen auch. Sprich: Wenn die ranghöheren Pferde das Buffet ausreichend geplündert haben, gehen sie woandershin und lassen das Fußvolk an die Nahrungsquelle. Wobei unser Heu Spitzenklasse ist, und das restliche Futter auch. Da hat sich unser Bauer wirklich ins Zeug gelegt, um uns Pferden ordentliche Mahlzeiten aufzutischen. Ausgesuchte Grassorten, ordentlich hoch gewachsen, spät gemäht und bei bestem Wetter getrocknet. Und natürlich in einer gutbelüfteten Scheune gelagert. Das schmeckt, sag ich euch. Weshalb die Plätze an der Heuraufe beliebt sind und unsereins dafür auch Schlange steht. Je nachdem, wann man eben dran ist mit Essen. Wer gerade nichts zu knabbern hat, guckt sich an, wie Blacky seinen Verfolgerinnen entwischt, was, ich sagte es bereits, ein regelmäßiges Unterhaltungsfeature bei uns am Hof ist.
Irgendwann später hatten die beiden es endlich geschafft und dem flüchtigen Minishetty einen Strick um den Hals gelegt. Das Tragen eines Halfters lehnt Blacky nämlich aus grundsätzlichen Erwägungen ab, weil man damit leichter eingefangen werden kann. Seine Argumentation leuchtete uns ein. Leider waren wir mit wenigen Ausnahmen nicht so geschickt wie er und konnten uns das Halfter nicht mit derselben spielerischen Leichtigkeit ausziehen wie der kleine Ausbrecherkönig.
Else, die große, dicke Stute, mit der mich eine On-Off-Beziehung verbindet – mit mehr Off als On – Else also kommentierte: „Genug gelacht. Kommen wir nun zum Thema Karneval. Woanders wird morgen Weiberfastnacht gefeiert, was langweilig ist. Wir machen es besser: Wir bereiten uns aufs Kostümreiten am Samstag vor!"
Und zack, schlechte Laune bei vielen Anwesenden. Nicht bei allen. Der Lutschi zum Beispiel, was unser minderjähriges spanisches Mähnenwunder ist, ist komplett unbedarft und begeisterungsfähig. Nachdem Else ihm in einfachen Worten erklärt hatte, was es mit diesem Karneval auf sich hatte, wollte er unbedingt als Sssorrro verkleidet werden.
„Er meint Zorro", erklärte Else mütterlich. „Nein, Lutschi-Bub, du bist noch zu klein, um da mitzumachen. Beim Kostümreiten gehen nur wir erfahrenen Pferde mit, weil das eine ernste Sache ist. Und wir tragen wunderbare Kostüme. Ich zum Beispiel gehe bestimmt als Prinzessin."
„Prrrinßeßßin", sprach der Lutschi das unbekannte Wort nach. „Ißß werrde auch Prrrinßeßßin. Ganß besßtimmt."
„Da habe ich Neuigkeiten für die Tante Else", berichtete ich. Dana und Melanie hatten sich nicht nur über die tote Gerdi Gohskamp unterhalten, sondern auch über DAS Thema – das sensationelle, einzigartige Meisenwalder Kostümreiten. So ähnlich wie ein Schritt-Ausritt, aber mit Verkleidungen, wo es die Sau graust. Und nicht nur die. Die verkleideten Pferde und Reiter ziehen einmal durchs Dorf und werden von diversem Fußvolk begleitet. Hinterher gibt es noch geselliges Rumstehen und irgendjemand erzählt was Lustiges. Wenn unsereins Glück hat, gibt es im Anschluss ein paar Möhren, was aber eigentlich ein schlechter Tausch für das entwürdigende Spektakel ist.
Also so ähnlich wie ein Rosenmontagszug, aber mit weniger Musik, ohne Motivwagen und komplett ohne Trecker oder Rosenmontag. Also fast entspannt. Aber eben nur fast, denn: „Also wie gesagt, Kostüme. Mit Sicherheit eins schauriger als das andere. Die Tante Else wird bestimmt eine Hexe, und dafür muss sie sich nicht einmal verkleiden. Und nach allem, was man so hört, geht dieses Jahr alles beim Kostümreiten mit, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, plus Heerscharen von Hobby Horses."
„Hobby Horse, heißt das nicht Freizeitpferd?", erkundigte sich mein bester Kumpel Faxe.
„Das könnte man denken", antwortete ich geziert. „Tatsächlich sind es Steckenpferde. Steckenpferd ist ein alter Begriff für Hobby, und so schließt sich der Kreis."
„Bla bla bla", mischte sich Else ein. „Komm mal auf den Punkt. Was ist denn jetzt so ein Stecken-Hobby-Pferd?"
„Ein Plüschkopf mit einem Stock dran."
„Willst du mich verarschen?" Else war schon wieder auf hundertachtzig.
„Meine liebe Else, du bist extrem humorlos, da solltest du mal dran arbeiten. Stichwort Weiberfastnacht", empfahl ich ihr und brachte mich durch eine geschickte Körperdrehung außer Reichweite ihrer wirklich großen Zähne. „Um deine Frage zu beantworten: Hobbyhorsing ist DER Trendsport und ich verspreche mir einiges davon. Zum Beispiel, dass meine sogenannte Besitzerin in Zukunft lieber mit einem Plüschpferdchen durch die Wälder hüpft statt sich stundenlang von mir herumschleppen zu lassen." Triumphierend sah ich mich um. Die anderen nickten. Ein guter Punkt, fand ich. Und ich setzte noch einen drauf: „Den Hobby Horses ist es mit Sicherheit auch egal, wenn die wild kostümiert werden."
Unsereins muss nach so einem Erlebnis nämlich erstmal zur Gesprächstherapie. Ich erinnere mich an schlimme gestalterische Fails, wovon die meisten mich betroffen hatten. Dana und ich waren sogar einmal in der Zeitung gewesen, weil sie mich als Cowboy verkleidet hatte, mit Cowboyhut und so Fransen-Chaps an den Vorderbeinen. Fürchterlich. Sie selbst hatte sich das gleiche angezogen, aber an ihr sah es fast noch schlimmer aus. Während ich dieses Erlebnis vor meinem geistigen Auge Revue passieren ließ und gelegentlich zusammenzuckte, wenn die Erinnerungen zu schmerzlich waren, marschierten Dana und Melanie mit Blacky zum Nachbarhof.
Gut Adelina
Am Eingangstor trafen sie auf Kalle, der dort auf einem kunstvoll behauenen Findling saß und sich eine Zigarettenpause gönnte. Die eingravierte Inschrift GUT ADELINA bedeutete, dass Blacky hier zuhause war, auch wenn er das regelmäßig anders sah.
Kalles Wiedersehensfreude hielt sich dementsprechend auch in engen Grenzen.
„Ist der kleine Teufel wieder abgehauen?", war sein Kommentar.
„Wie du siehst."
„Ich bring ihn in den Stall, dann könnt ihr den Strick direkt wieder mitnehmen", knurrte der Stallhelfer und humpelte voraus.
„Du lahmst", stellte Melanie fest. „Hinten rechts. Was hast du gemacht?"
„Kommt von oben, weißte. Aus dem Rücken", antwortete Kalle. „Ich hab mich beim Entrümpeln verhoben und mir das Kreuz verrenkt."
„Du Armer. Kaum ist die Chefin tot, schon wird alles neu gemacht?", heuchelte Dana Verständnis.
„Genau. Erst das Theater mit der Chefin, dann dreht Sandra voll am Rad und ich muss überall entrümpeln. Mir stehts bis hier, weißte." Er deutete eine Gegend knapp unterhalb der Nase an.
Dana und Melanie waren entzückt. Endlich waren sie bei dem Thema, das sie interessierte, ohne allzu neugierig nachfragen zu müssen.
„Schlimm, wenn alles an dir hängenbleibt", bedauerte Dana und Kalle blühte bei so viel Anteilnahme förmlich auf.
„Aber ehrlich. Erst kippt die Alte um und stirbt, Herzanfall oder was weiß ich, weißte, und dann kommt der Notarzt und will die nich mitnehmen! Kannste Dir das vorstellen? Und dann schickt der uns die Polizei auf den Hals! Warum, weiß kein Mensch. Na, und die Kollegen ham nur dumm geguckt und als nächstes beim Bestatter angerufen. Und der kam dann endlich und hat die Chefin weggeschafft. War auch Zeit. Sandra war da schon sturzdun1, die hat sich nämlich am Fusel festgehalten. Widerlich, dieser Rhabarberschnaps. Da kommt die Sandra ganz nach ihrer Mutter, die hat auch nich reingespuckt, weißte. Jetzt ist sie ja wohl die Chefin hier", überlegte Kalle.
Währenddessen waren sie in das kleine Stallgebäude abgebogen, wo die Minishettys und die Zwergesel einquartiert waren. „Ich habs der Chefin gleich gesagt. Gib den Mistviechern keine Paddockboxen, die hauen sofort ab, hab ich gesagt. Aber die fand die kleinen Boxen und die Mini-Zäune ja so süüüüüß, weißte. Also wohnen die Biester hier in der Puppenstube und machen nur Mist."
„Hauen denn die anderen auch immer ab?", fragte Dana und spähte über die niedrigen Boxenwände. Sie war zwar schon oft hier gewesen, um Blacky zuhause abzuliefern und Gerdi bei der Gelegenheit aus dem Weg zu gehen. Das war aber nicht schwer, weil die sich zu neunzig Prozent in ihrer Villa verbarrikadiert hatte oder mit dem Golfcart des Grauens durch den parkähnlichen Garten düste (zehn Prozent). Aber der Anblick der niedlichen kleinen Boxen haute sie regelmäßig um. Oh Gott, ist das putzig!!! Alles auf Minishetty-Größe geschrumpft. Und die Esel sind einfach zum Klauen!!!!
Sicherheitshalber machte sie Melanie mit dem quietschigen Ruf „Eeseeeeeeeeeesel!" auf die langohrigen Zwerge aufmerksam. Falls die spontan erblindet wäre oder so. Genauso, wie sie grundsätzlich beim Autofahren sämtliche Fahrzeuginsassen über eventuelle Pferde informierte, an denen sie vorbeifuhr. Da lautete der traditionelle Ruf natürlich „Pfeeeeeeeerde!"
„Flo hat aber abgenommen, oder?", fragte Melanie sachkundig, die bei Blackys Ex-Freundin stehengeblieben war. Die kleine Scheckstute sah sie missmutig an.
„Joa, die war ja auch viel zu dick, weißte. Jetzt kricht sie halbe Ration, das ist immer noch genuch für das kleine Moppelchen", erklärte Kalle. Flo legte die Ohren an.
„Wegen dir ist Blacky früher immer abgehauen, stimmts?", wandte sich Melanie an die kleine Stute. „Damals, als er noch bei uns auf dem Petershof gewohnt hat."
„Und dann hatten Flo und Blacky Ehekrise, weil sich Blacky eine neue Freundin gesucht hat. Bella ist aber auch zuckersüß. Und jetzt haut er jeden Tag von hier ab", brachte sich Dana in das Gespräch mit ein.
Kalle sperrte Blacky währenddessen in seine Box. „Dagegen ist Fort Knox ein Dreck", knurrte er, als er diverse Riegel und Ausbruchssicherungen betätigte. „Und trotzdem schaffts der kleine Mistkerl jeden Tag wieder. Muss Liebe schön sein!"
Wenn die wüssten, dachte Blacky düster. Seine Beziehung zu Bella war keineswegs von Romantik geprägt, sondern vielmehr von Bellas und Blackys gemeinsamem Interesse an der Kleinkriminalität. Hinzu kamen Bellas lange Wimpern und ihr despotisches und rabenschwarzes Herz. Blacky wusste nicht genau, warum er sich so unterdrücken ließ, aber Bella gab ihm auch keine Gelegenheit, das herauszufinden, weil sie ständig neue Pläne hatte, die ihn stark beschäftigten. Blacky seufzte einmal tief, sah sich um, um festzustellen, ob die doofen Menschen, die ihn gegen seinen Willen nach Hause eskortiert hatten, außer Sichtweite waren und startete einen Ausbruchsversuch, indem er versuchte, unter der untersten Litze seines Paddocks durchzurobben.
„Da kommst du eh nicht durch, so fett, wie du geworden bist", kommentierte Flo das Geschehen.
Blacky antwortete in seinem eigenwilligen Dialekt, den nur einige Auserwählte verstanden. Dazu zählten überwiegend Ponys. Sinngemäß ging es darum, dass sie das einen feuchten Dreck anginge und sie sich mal lieber an ihre eigene fette Nase fassen sollte.
Flo schnaubte empört: „Na warte, komm du mir mal rüber, du Möchtegern-Gangster! Außer Schlösser und Türen öffnen hast du doch nix drauf!"