Morgen, Klufti, wird's was geben - Volker Klüpfel - E-Book
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Volker Klüpfel

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Beschreibung

Weihnachten bei den Kluftingers: So viel Lametta war noch nie Weihnachten bei den Kluftingers, das sind Erikas selbstgebackene Plätzchen, Kluftingers alljährlicher Kampf mit dem Christbaum und vor allem viele liebgewonnene Traditionen. Die werden allerdings gründlich durcheinandergewirbelt, als sich spontan Besuch aus Japan ankündigt und Erika obendrein zwei Tage vor Heiligabend von der Leiter fällt. Kommissar Kluftinger ist also bei den Festvorbereitungen auf sich allein gestellt. Keine leichte Aufgabe, denn sein japanischer Besucher erwartet nicht weniger als das ultimative Allgäuer Weihnachtserlebnis. Und so nimmt die Katastrophe ihren Lauf …

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Morgen, Klufti, wird's was geben

Die Autoren

Altusried hat einen prominenten Sohn: Kommissar Kluftinger. Volker Klüpfel, Jahrgang 1971, kommt wenigstens aus dem gleichen Ort. Nach dem Abitur zog es ihn in die weite Welt – nach Franken: In Bamberg studierte er Politikwissenschaft und Geschichte. Danach arbeitete er bei einer Zeitung in den USA und stellte beim Bayerischen Rundfunk fest, dass ihm doch eher das Schreiben liegt. Seine letzte Station vor dem Dasein als Schriftsteller war die Feuilletonredaktion der Augsburger Allgemeinen. Die knappe Freizeit verbringt er am liebsten mit seiner Familie, mit der er im Allgäu lebt. Sollte noch etwas Zeit übrig sein, treibt er Sport, fotografiert und spielt Theater. Auf der gleichen Bühne wie Kommissar Kluftinger.

Michael Kobr, geboren 1973 in Kempten im Allgäu, studierte in Erlangen ziemlich viele Fächer, aber nur zwei bis zum Schluss: Germanistik und Romanistik. Nach dem Staatsexamen arbeitete er als Realschullehrer. Momentan aber hat er schweren Herzens dem Klassenzimmer den Rücken gekehrt – die Schüler werden’s ihm danken –, um sich dem Schreiben, den ausgedehnten Lesetouren und natürlich seiner Familie widmen zu können. Kobr wohnt mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern im Unterallgäu – und in einem kleinen Häuschen mitten in den Bergen, wo die Kobrs im Winter häufig auf der Skipiste, im Sommer auf Rad- und Bergtouren unterwegs sind. Wenn nicht gerade mal wieder eine gemeinsame Reise ansteht ...

Volker Klüpfel und Michael Kobr

Morgen, Klufti, wird's was geben

Eine Weihnachtsgeschichte

Ullstein

Besuchen Sie uns im Internet:www.ullstein.de

ISBN 978-3-8437-2607-8 © 2021 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Autorenfotos: © Mamapost/WolffTitelabbildung: © Gerhard Glück (Illustration), © FinePic®, München (Schild) E-Book Konvertierung powered by pepyrus.com Alle Rechte vorbehalten

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Inhalt

Die Autoren / Das Buch

Titelseite

Impressum

1. Katastrophe

2. Katastrophe

3. Katastrophe

4. Katastrophe

5. Katastrophe

6. Katastrophe

7. Katastrophe

8. Katastrophe

9. Katastrophe

10. Katastrophe

11. Katastrophe

12. Katastrophe

13. Katastrophe

14. Katastrophe

15. Katastrophe

16. Katastrophe

17. Katastrophe

18. Katastrophe

19. Katastrophe

20. Katastrophe

21. Katastrophe

22. Katastrophe

23. Katastrophe

24. Katastrophe

Leseprobe: Die Unverbesserlichen – Der große Coup des Monsieur Lipaire

Leseprobe: Die Unverbesserlichen - Die Revanche des Monsieur Lipaire

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Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

1. Katastrophe

1. Katastrophe

»Mei, wie die Plätzle wieder duften, Erika. Brutal!« Kluftinger konnte kaum sprechen, denn er schob sich gerade den dritten der legendären Spitzbuben seiner Frau in den Mund. Irgendetwas stellte sie mit diesem Gebäck an, was niemand sonst machte. Aber er hatte noch nie nachgefragt – schließlich wusste er gar nicht, wie bei anderen Leuten Plätzchen gebacken wurden.

»Mich freut’s ja, wenn sie dir schmecken, aber ein paar dürftest schon noch für Weihnachten aufheben. Wenn Markus und Yumiko mit dem kleinen Butzele kommen, will ich ja keinen leeren Teller hinstellen müssen.«

»Früher war ich noch dein Butzele«, brummte der Kommissar. »Und da durfte ich auch noch essen, was ich wollte.«

»Früher hat’s auch noch geschneit an Weihnachten.«

»Was soll das denn jetzt heißen?«

Erika drückte den Arm ihres Mannes. »Du bist doch immer noch mein … also komm, du wirst ja wohl nicht eifersüchtig werden auf dein Enkelkind.«

»War bloß eine Feststellung. Ich will auch nicht streiten, heut am vierten Advent. Aber es wär doch sowieso das erste Mal, dass du nicht vor Weihnachten noch mal nachbacken müsstest.«

Ein metallisches Klingeln ließ ihn innehalten. »Was bimmelt denn da? Hast du schon wieder was im Ofen?« Seine Augen leuchteten.

»Nein, das war mein WhatsApp.«

»Wer?«

»Mein Handy.«

»Was denn jetzt?«

»Mein Mo-bil-te-le-fon hat ge-läu-tet«, rief sie so laut, als wäre er schwerhörig.

»Ah, sag’s doch gleich. Schicken die vielleicht ein Bild von unserem Enkel? Wär ja ganz nett, wenn sich schon die Kinder nicht mal am Sonntag herbequemen. Lassen sich ja gar nimmer sehen.«

»Die drei waren doch gestern erst da«, sagte Erika mit gerunzelter Stirn.

»Ja, aber das war ja Samstag …«

»Fehlt dir dein kleiner Schatz so arg?« Dabei tätschelte Erika ihm die Hand.

Kluftinger blies die Luft aus. »Fehlen, mein Gott, ich find’s halt wichtig, dass das Kind schon in einem frühen Entwicklungsstadium auf seine engsten Bezugspersonen geprägt wird. Und wer außer uns sollt das wohl sein, hm?«

»Seine Eltern vielleicht?«

»Jaja, die auch. Aber sonst …«

»Seine Großeltern in Japan.«

»Außer denen.«

»Seine Urgroß…«

»Du weißt doch genau, was ich mein. Was war jetzt das für ein Handygebimmel?«

Erika stand auf. Vor ein paar Wochen hatte sie das alte Smartphone ihrer Schwiegertochter Yumiko bekommen, damit sie endlich auch aktuelle Bilder von ihrem ersten Enkelkind empfangen konnte. Und damit sie besser erreichbar war, wenn sie als Babysitterin gebraucht wurde, argwöhnte der Kommissar, hatte diese Vermutung jedoch nie geäußert. Schließlich genoss er es am meisten, wenn das Kind zu Besuch kam.

»Ach, das gibt’s ja gar nicht!«, vermeldete Erika aufgeregt. »Jetzt rat mal, von wem die WhatsApp ist!«

»Die was?«

»Die Nachricht.«

»Wahrscheinlich vom Doktor Langhammer, so wie du schaust«, stichelte er. »Will er wieder Tipps zur gesunden Ernährung im Advent geben, oder wie? Vegane Plätzle kommen mir nicht ins Haus, und damit basta!«

»Schmarrn, Yumikos Vater hat geschrieben.«

»Heu, der Joschi?« Kluftinger war gleichermaßen verwundert wie erfreut. Beim Besuch der Japaner anlässlich der Hochzeit von Markus und Yumiko hatten er und sein »Co-Schwiegervater« Yoshifumi Sazuka fast so etwas wie Freundschaft geschlossen.

»Genau der.«

»Aber warum schreibt der jetzt dir?«

»Warum denn nicht?«

»Ja …« Der Kommissar dachte nach, wie er die Antwort am besten formulieren sollte. »Weil für dich doch eher die Frau … also zuständig ist. Die Dings … Katinka, oder wie die heißt.«

»Kanako. Wenn du willst, dass der Joschi dir öfter schreibt, dann musst du halt mehr als einmal im Monat in deine Mails schauen. Er sagt nämlich, es eilt. Stell dir vor, er ist auf Geschäftsreise in Europa und überlegt, ob er über München fliegt und einen kurzen Zwischenstopp macht.«

»Ah, der will bestimmt ins Hofbräuhaus und auf den Weihnachtsmarkt am Marienplatz. Aber ich schreib ihm nachher eine Mail, dass er da lieber nicht hingeht, da verkaufen sie eh bloß ein Huraglump. Schad eigentlich, wenn wir jetzt zufällig in München wären, könnte man sich mit ihm direkt auf einen Kaffee treffen.«

Erika sah ihren Mann mit gerunzelter Stirn an. »Wie, zufällig in München? Wir müssen ihn zu uns einladen, das ist ja wohl klar, oder? Drum schreibt er doch.«

»So ein Schmarrn, dann tät er’s schon sagen.«

»Du weißt doch, wie die sind.«

Kluftinger nickte: Die Japaner sagten eigentlich nie, was sie meinten. »Aber einladen? Jetzt? So weit käm’s noch! Sind bloß noch zwei Tage bis Heiligabend.«

»Und?«, hakte Erika nach.

»Und … was ist mit den Weihnachtsvorbereitungen?«

»Als ob du da jemals was gemacht hättest.«

»Nicht direkt, aber … ich denk da bloß an dich«, erklärte Kluftinger. Eigentlich mochte er den Japaner ja, aber eher als eine Art Brieffreund, ein Besuch würde alles wieder schrecklich kompliziert machen. Und darauf hatte er jetzt, so kurz vor Weihnachten, überhaupt keine Lust. »Und wenn der Joschi vielleicht bei Markus und Yumiko … ich mein, schließlich ist es ja seine Tochter, und er will bestimmt lieber Zeit mit ihr verbringen als mit uns.«

»Also, Butzele, wo soll er denn da schlafen, in der winzigen Wohnung? Ist doch eh schon so schrecklich eng bei denen, dass sie nicht mal einen Christbaum unterbringen.«

»Mei, wir hätten ja noch das Feldbett auf dem Dachboden. Wenn sie ihm das in den Gang stellen täten …«

Mit einem »Nix da, wir laden ihn ein« beendete Erika jedoch die Diskussion. »Ob er dann kommt oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Was soll ich schreiben? Mein Englisch ist doch so schlecht.«

»Also gut«, lenkte der Kommissar zähneknirschend ein, »dann schreib: Dear Joschi, from us out can you immer come when you will. Wir … täten uns enjoyen.«

Erika sah ihn zweifelnd an, er aber nickte ihr zu: »Das ist unsere spezielle Art der Verständigung.«

Sie zuckte die Achseln und tippte umständlich auf dem kleinen Display.

»Das letzte Wort … mit Y oder J?«

Kluftinger lächelte milde. »Vorne J, hinten Y«, dozierte er und ließ es sich nicht nehmen, noch anzufügen: »Vielleicht wär so ein Englischkurs an der Volkshochschule doch mal was für dich, Schätzle.«

2. Katastrophe

»Gibst du mir mal die Spitze?« Erika stand auf der Leiter und streckte die Hand aus. Die Tanne neben ihr sah trostlos aus, so ungeschmückt, wie sie war. Sobald ein Nadelbaum seinem Lebensraum entrissen im Wohnzimmer stand, wirkte er ohne glitzernden Weihnachtsschmuck nackt und deplatziert.

Um diesen Zustand zu ändern, vollzog sich bei Kluftingers gerade ein bis ins kleinste Detail festgelegtes, sich alljährlich wiederholendes Ritual: Zunächst wurde der Baum, der von Kluftinger Ende November kostengünstig in einem Baumarkt erstanden worden war, auf seinen traditionellen Platz gestellt. Dort versperrte er zwischen Balkontür, Fernsehkommode und Heizkörper zwar den Weg nach draußen – war dafür aber von jeder Position im Raum aus gut zu sehen. Dieser Tatsache hatten Erika und ihr Mann schon vor Jahrzehnten die Möglichkeit geopfert, das Wohnzimmer über die Balkontür lüften zu können, ohne sich dabei an den Tannennadeln aufzukratzen und mindestens eine Christbaumkugel zu zerstören. Zwar häuften sich mit dem Fortschreiten der Feiertage Kluftingers Flüche, wenn er doch einmal nach draußen musste, etwa um das Altusrieder Silvesterfeuerwerk zu bestaunen. Das bedeutete jedes Mal, sich an der Wand entlang um den Baum herumzupressen, wobei mit zunehmender Standzeit auch immer mehr Nadeln zu Boden fielen. Dennoch war die Platzwahl nie infrage gestellt worden. Es schien, als wäre das ganze Haus um diesen Standort herumgebaut worden.

Nach dem Aufstellen des Baumes sah die Tradition vor, das Netz um die Zweige feierlich aufzuschneiden. Inzwischen tat Kluftinger das meist alleine, denn es hatte schon böse Überraschungen gegeben, wenn sich das vermeintliche Schmuckstück nach der Entfaltung als krummer, welker Vertreter seiner Spezies präsentierte. Oft half es aber schon, den Baum ein bisschen zu drehen, die Äste etwas zu drapieren und hie und da mit ein wenig grüner Lackfarbe nachzuhelfen, um die Defizite der Billigware nicht allzu augenfällig werden zu lassen. Schließlich wurde das gute Stück aufwendig geschmückt, und zwar von oben nach unten, was weit weniger Kollateralschäden bei den Kugeln verursachte als umgekehrt. Das bedeutete allerdings auch, dass das vermeintliche Finale furioso, das Applizieren der goldenen Spitze, gleich zu Anfang kam, womit sich der Kommissar nie so recht hatte anfreunden können.

»Butzele? Die Spitze …«, wiederholte Erika etwas fordernder, weil ihr Mann keine Antwort gegeben hatte.

Dessen Blick haftete am Fernseher, in dem gerade das Weihnachtsspecial seiner Lieblingsserie Feuer der Leidenschaft lief. Sie war bereits abgesetzt worden, doch zahlreiche Anrufe und Briefe an den Sender – ein nicht unbeträchtlicher Teil davon von ihm selbst – hatten zu einem Umdenken geführt und die Serie vor dem Aus gerettet.

Nun wurde Kluftinger Zeuge, wie Graf Egbert von Schillingsberg-Zieselheim seiner aus jahrelangem Koma erwachten Mutter die Mitteilung machte, dass er Gut Halderzell in Zukunft einem arabischen Ölmulti …

»Würden eure Grafschaft die Güte besitzen, mir die Christbaumspitze anzureichen?«, ätzte Erika, und endlich drang sie zu ihrem Mann durch.

»Hm?«, fragte der, weiterhin ein Auge auf den Bildschirm gerichtet, wo Graf Egberts Mutter Erdmute Adelgunde die Dritte gerade dabei war, nach der schrecklichen Enthüllung zurück ins Koma zu gleiten.

Erika riss der Geduldsfaden. »Ach, lass sein, hol ich sie mir eben … wuaaaaaahhhh!« Sie kippte von der Leiter und landete hart auf dem Parkettboden, wo sie sich zwar noch mit einem Bein abfangen konnte, was dieses allerdings mit einem vernehmlichen Knacken quittierte.

»Pass auf, nicht dass du noch runterfällst«, sagte Kluftinger, gebannt auf den Bildschirm starrend.

»Zu spät!«, schrie seine Frau schrill.

Jetzt erst wandte er den Kopf. »Mein Gott, Erika, was ist denn passiert?«, rief er erschrocken.

»Was passiert ist? Ich bin hingefallen, falls du es nicht gemerkt hast! Weil deine Leiter so wacklig ist, dass sie dich schon längst nicht mehr aushält. Und dann musst ich auch noch runtersteigen, weil du deine saudumme Serie …«

»Ach, jetzt bin ich schuld, dass du zu …« Er hielt inne. Er wusste nicht, wie er den Satz zu Ende bringen sollte, ohne sich in größte Schwierigkeiten zu manövrieren.

»Ja?«, presste Erika hervor und funkelte ihn vom Wohnzimmerfußboden aus mit feuchten Augen an.

»Nix. Ich mein: Ist dir was passiert?« Er kniete sich neben sie, wusste aber nicht, ob und wo er anfassen sollte.

»Ja, mein Bein«, schluchzte sie. »Ich glaub … Ach, ruf doch bitte schnell den Martin!«

3. Katastrophe

Es dauerte keine zehn Minuten – Kluftinger war gerade dabei, als Sofortmaßnahme mehrere blaue Kühlelemente mittels Paketband zu einer Kältebatterie zusammenzukleben –, da ging bereits die Türglocke.

»Das wird er sein«, rief seine Frau mit brüchiger Stimme aus dem Wohnzimmer, wo der Kommissar ihr zwischen den Verpackungen der Weihnachtsdekoration einen Platz auf dem Sofa freigeräumt hatte.

»Wer?«

»Na, der Martin!«

»Ach freilich, der«, stöhnte Kluftinger. »Ich geh schon, Schätzle.«

Er zog die Tür auf und hätte sie am liebsten sofort wieder zugeschlagen, bei dem Anblick, der sich ihm bot: Doktor Langhammer, ihr Hausarzt und Ehemann von Erikas bester Freundin Annegret, stand in Winterstiefeln, einer Daunenjacke und Jogginghose da, eine knallrote Nikolausmütze auf dem ebenso roten Kopf, und schwenkte seine lederne Arzttasche. Sofort drückte er sich am Kommissar vorbei ins Innere.

»Tag, mein Lieber. Wundern Sie sich nicht über meinen Aufzug …«

»Zu spät!«

»… ich komme eben aus der Sauna. Wir hatten einen kleinen Adventsaufguss mit Zimt- und Kardamomessenzen. Zum Glück hatte ich das Handy dabei. Annegret wollte mich flugs begleiten, aber Sie wissen ja selbst nur zu gut: Privates und Beruf sollte man nach Möglichkeit trennen. Die Kollegen von der Rettungsleitstelle in Kempten habe ich bereits informiert. Sind auf Stand-by und warten auf mein Go.«

Auch wenn ihm einiges zu Langhammers lächerlicher Pilotensprache eingefallen wäre: Der Kommissar verkniff sich jeglichen Kommentar. Irgendwie war er froh, ja sogar ein wenig beeindruckt, dass der Arzt so schnell gekommen war, obwohl der augenscheinlich anderes zu tun hatte. Manchmal war es eben doch von Vorteil, einen Mediziner im Freundes…, im erweiterten Bekanntenkreis zu haben, dachte Kluftinger.

»Bitte geben Sie mir einen kurzen Statusbericht, und schildern Sie knapp und sachlich den Unfallhergang. Dann bringen Sie mich umgehend zur Patientin.«

»Jawoll. Erst mal grüß Gott, Herr Langhammer. Wirklich nett, dass Sie gleich gekommen sind, aber Rettungswagen brauchen wir garantiert keinen. Wir haben Sie ehrlich gesagt nur zur Sicherheit verständigt. Die Erika ist nämlich von der Leiter gefallen, wie ich ja schon am Telefon gesagt hab. Und da hat sie sich wahrscheinlich den Oberschenkel ein bissle geprellt, wie sie auf dem Parkett aufgekommen ist, das ist alles. Wird ein paar blaue Flecken geben, das war’s. Ich hätt Sie auch nicht herbestellt, aber wir haben nix mehr von der Pferdesalbe, die mir der Natterer Max vor Jahren mal gegeben hat. Und jetzt wollt ich halt fragen, ob Sie der Erika so was in der Art verschreiben könnten.«

Langhammer musterte ihn aus seinen riesigen angelaufenen Brillengläsern. »Wie genau ist denn das bitte passiert?«

»Diese saublöde Christbaumspitze hat sie aufstecken wollen, ein goldener Stern aus Glas ist das, auch wenn es Sie streng genommen hinten und vorn nix angeht.«

Der Doktor zog interessiert die Brauen hoch. »Kurze Nachfrage: Warum genau waren denn nicht Sie, also wie Sie es nennen würden, der Herr im Haus, auf der Leiter, um das Ding anzubringen?«

»Weil, also … dings. Ich hab’s nämlich nimmer so mit der Höhe in letzter Zeit. Ich hab unten, praktisch … Wichtiges zu tun gehabt. Und das Dekorieren ist Erikas Sache. Ich bin da eher beratend tätig.«

»Und ich dachte immer, Sie seien ein Paar mit klassischer Rollenaufteilung? Der Mann nimmt sich unerschrocken der gefährlichen Dinge an, macht die schwere Arbeit, während die Frau von unten dirigiert?«

»Mei, das stimmt schon, klar … Aber im Fernsehen hatten sie obendrein grad eine Sendung, die ist für meinen Beruf wichtig, da geht es um Familienstrukturen in …« Der Kommissar hielt inne. Erst jetzt bemerkte er, dass er sich bereits eine ganze Weile vor Langhammer rechtfertigte. »So machen wir das halt, und basta«, beendete er das Verhör. Dann schob er den Arzt ein Stückchen weiter. »Die Erika liegt im Wohnzimmer, wenn Sie sich also mal dahinbequemen könnten?«

Ein paar Minuten später hatte Langhammer seine Untersuchung abgeschlossen und diagnostiziert, dass es sich wahlweise um eine starke Prellung des Oberschenkels, eine Bänderruptur oder sogar eine partielle Fraktur handeln könne. »Also, Erika: Ich lass dich in die Klinik bringen, dort sollen die Kollegen zunächst per Röntgen und gegebenenfalls MRT abchecken, ob an der Knochensubstanz was ist, dann muss man sich Muskeln und Bänder ansehen, ob da etwas Schaden genommen hat. Wenn nicht, dann …«

»Wenn nicht, wovon wir jetzt mal alle ausgehen sollten, dann nehm ich dich einfach wieder mit heim. Ich bring dich nämlich hin«, erklärte der Kommissar.