MÜNCHNER BLUT: MORDE UND MÄDCHEN - Christian Dörge - E-Book

MÜNCHNER BLUT: MORDE UND MÄDCHEN E-Book

Christian Dörge

0,0
5,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

München 1969. Mit knapper Not entgeht der Münchner Verleger Georg Metzendorf zwei Anschlägen auf sein Leben, die sich kurz hintereinander ereignen. Die Schicksalsgöttin scheint ihm wohlgesonnen. Allerdings wird sein Faden des Lebens jäh durchtrennt, als er sich nur wenige Stunden später das Leben nimmt. Fürchtete er die Schatten seiner Vergangenheit, oder handelt es sich bei diesem Selbstmord in Wahrheit um Mord? Gottfried Nibelung, der berühmte Kriminalist, und Kommissar Lazarus Eidinger von der Münchner Kriminalpolizei ermitteln in einem Dickicht aus Mord, Erpressung und falschen Spuren... MÜNCHNER BLUT: MORDE UND MÄDCHEN von Christian Dörge, Autor u. a. der Krimi-Serien JACK KANDLBINDER ERMITTELT, EIN FALL FÜR REMIGIUS JUNGBLUT, DIE UNHEIMLICHEN FÄLLE DES EDGAR WALLACE und FIESLAND, ist ein spannender München-Krimi, in dem nur wenig so ist, wie es zu sein scheint.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



 

 

 

 

CHRISTIAN DÖRGE

 

 

MÜNCHNER BLUT:

MORDE UND MÄDCHEN

 

 

 

 

Roman

 

 

 

 

Signum-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Der Autor 

MÜNCHNER BLUT: MORDE UND MÄDCHEN 

Die Hauptpersonen dieses Romans 

Vorspiel 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

Zwölftes Kapitel 

Dreizehntes Kapitel 

Vierzehntes Kapitel 

Fünfzehntes Kapitel 

Sechzehntes Kapitel 

Siebzehntes Kapitel 

Achtzehntes Kapitel 

Neunzehntes Kapitel 

Zwanzigstes Kapitel 

Einundzwanzigstes Kapitel 

Impressum

 

Copyright © 2023 by Heinrich Goetz/Signum-Verlag.

Lektorat: Dr. Birgit Rehberg

Cover: Copyright © by Mina Dörge.

 

Verlag:

Signum-Verlag

Winthirstraße 11

80639 München

www.signum-literatur.com

[email protected] 

Das Buch

 

 

München 1969.

Mit knapper Not entgeht der Münchner Verleger Georg Metzendorf zwei Anschlägen auf sein Leben, die sich kurz hintereinander ereignen. Die Schicksalsgöttin scheint ihm wohlgesonnen.

Allerdings wird sein Faden des Lebens jäh durchtrennt, als er sich nur wenige Stunden später das Leben nimmt. Fürchtete er die Schatten seiner Vergangenheit, oder handelt es sich bei diesem Selbstmord in Wahrheit um Mord?

Gottfried Nibelung, der berühmte Kriminalist, und Kommissar Lazarus Eidinger von der Münchner Kriminalpolizei ermitteln in einem Dickicht aus Mord, Erpressung und falschen Spuren...

 

 

Münchner Blut: Morde und Mädchen von Christian Dörge, Autor u. a. der Krimi-Serien Jack Kandlbinder ermittelt, Ein Fall für Remigius Jungblut, Die unheimlichen Fälle des Edgar Wallace und Friesland, ist ein spannender München-Krimi, in dem nur wenig so ist, wie es zu sein scheint. 

Der Autor

 

Christian Dörge, Jahrgang 1969.

Schriftsteller, Dramatiker, Musiker, Theater-Schauspieler und -Regisseur.

Erste Veröffentlichungen 1988 und 1989:  Phenomena (Roman), Opera (Texte).  

Von 1989 bis 1993 Leiter der Theatergruppe Orphée-Dramatiques und Inszenierung  

eigener Werke,  u.a. Eine Selbstspiegelung des Poeten (1990), Das Testament des Orpheus (1990), Das Gefängnis (1992) und Hamlet-Monologe (2014). 

1988 bis 2018: Diverse Veröffentlichungen in Anthologien und Literatur-Periodika.

Veröffentlichung der Textsammlungen Automatik (1991) sowie Gift und Lichter von Paris (beide 1993). 

Seit 1992 erfolgreich als Komponist und Sänger seiner Projekte Syria und Borgia Disco sowie als Spoken Words-Artist im Rahmen zahlreicher Literatur-Vertonungen; Veröffentlichung von über 60 Alben, u.a. Ozymandias Of Egypt (1994), Marrakesh Night Market (1995), Antiphon (1996), A Gift From Culture (1996), Metroland (1999), Slow Night (2003), Sixties Alien Love Story (2010), American Gothic (2011), Flower Mercy Needle Chain (2011), Analog (2010), Apotheosis (2011), Tristana 9212 (2012), On Glass (2014), The Sound Of Snow (2015), American Life (2015), Cyberpunk (2016), Ghost Of A Bad Idea – The Very Best Of Christian Dörge (2017). 

Rückkehr zur Literatur im Jahr 2013: Veröffentlichung der Theaterstücke Hamlet-Monologe und Macbeth-Monologe (beide 2015) und von Kopernikus 8818 – Eine Werkausgabe (2019), einer ersten umfangreichen Werkschau seiner experimentelleren Arbeiten.  

2021 veröffentlicht Christian Dörge mehrere Kriminal-Romane und beginnt drei Roman-Serien: Die unheimlichen Fälle des Edgar Wallace, Ein Fall für Remigius Jungblut und Friesland. 

2022 folgen zwei weitere Krimi-Serien: Noir-Krimis um den Frankenberger Privatdetektiv Lafayette Bismarck und München-Krimis mit Jack Kandlbinder, der in der bayrischen Landeshauptstadt die merkwürdigsten Verbrechen aufzuklären hat.

2023 veröffentlicht Christian Dörge zwei neue Alben: Kafkaland und Lycia, sich entfernen.

MÜNCHNER BLUT: MORDE UND MÄDCHEN

 

  Die Hauptpersonen dieses Romans

 

 

Gottfried Nibelung: Journalist, Rechtsanwalt und Kriminalist.

Patrizia Arden: seine Sekretärin.

Lazarus Eidinger: Kommissar bei der Münchner Kriminalpolizei.

Dr. Benedikt Howard: Gerichtsmediziner mit englischen Wurzeln. 

Gundel Zaunschliffer: Georg Metzendorfs Sekretärin und eine ehemalige Privatdetektivin. 

Vicki Brentano: eine junge Journalistin. 

Georg Metzendorf: Verleger. 

Helene Metzendorf: seine Frau. 

David Metzendorf: Cheflektor. 

Gundel Zaunschliffer: Georg Metzendorfs Sekretärin. 

Rafael Bachhofer: Hausarzt der Familie Metzendorf. 

Philip Anzengruber: Nachtclub-Besitzer und ein Freund von Gottfried Nibelung. 

Zacharias von Fürstenberg: Major beim BND. 

Frank Nielsen: Privatdetektiv in der Agentur Nielsen & Drewitz. 

 

 

Dieser Roman spielt in München und Starnberg im Jahr 1969.

  Vorspiel

 

 

Das Projektil durchschlug das Fensterglas, zerschmetterte den Kristallaschenbecher auf dem Schreibtisch und bohrte sich wenige Zentimeter über der Fußleiste in die Wand.

Eine Sekunde zuvor hatte Georg Metzendorf sich im Sessel aufgerichtet. Anscheinend hatte die Vorsehung ihm wunderbarerweise das Leben gerettet, indem sie ihn im richtigen Moment aus der Schusslinie entfernte.

Die Tür des Büros wurde aufgerissen, und Gundel Zaunschliffer fragte: »Was ist passiert, Herr Metzendorf?« Ihr Blick schweifte von Metzendorfs bleichem Gesicht über die zerbrochene Fensterscheibe zu den Kristallscherben auf dem Teppich. »Herr Metzendorf...?«

»Licht aus!«, befahl Metzendorf brüsk. »Sofort!«

Gundel drehte sich zum Türrahmen um und betätigte den Lichtschalter. Nun sah man ihre Silhouette vor dem Lichtschein, der aus ihrem Büro drang.

»Bei Ihnen auch«, befahl Metzendorf im gleichen Tonfall.

Gundel trat zurück, und einen Moment später waren beide von Dunkelheit umgeben. Erst dann ging Georg Metzendorf zum Fenster und beobachtete die gegenüberliegenden Gebäude.

»Herr Metzendorf...«, hörte man Gundels Stimme.

»Kommen Sie her.«

»Was hat das zu bedeuten, Herr Metzendorf?«

Georg Metzendorf stand neben dem Fenster. »Es bedeutet, Gundel, dass es irgendwer ganz gewiss nicht auf meinen Aschenbecher abgesehen hatte...«

»Irgendjemand hat sein eigentliches Ziel verfehlt?«

»Und zwar nur, weil sich dieses Ziel im richtigen Moment aus der Schusslinie entfernte!«

»Soll ich die Polizei verständigen?«

»Nein«, verfügte Metzendorf mit Entschiedenheit.

»Aber... Das gesamte Personal ist bereits nach Hause gegangen, Herr Metzendorf...«

»Und was hat das bitte mit dem... mit dem Vorfall zu tun?«

»Ich will damit sagen, dass wir niemanden vom Personal zu Hilfe rufen können...«

»Zu Hilfe, inwiefern?«, fragte Metzendorf, ohne seinen Beobachtungsposten zu verlassen.

»Wenn noch jemand im Büro wäre, ein Mann, meine ich, dann könnten Sie ihn zu Ihrem Schutz herbeirufen, Herr Metzendorf...«

»Glauben Sie tatsächlich, ein unbewaffneter Mann könnte mich besser beschützen als zum Beispiel Sie?«

»Ja, offen gestanden, davon bin ich überzeugt.« Fräulein Zaunschliffer ließ eine kurze Pause folgen. »Wäre es indiskret zu fragen, warum jemand versucht hat, Sie zu töten?«

»Nein, Gundel, es wäre keineswegs indiskret. Es ist nur – ich weiß auch nicht mehr als Sie.« Metzendorf starrte noch ein paar Sekunden zu den gegenüberliegenden Gebäuden hinüber und wandte sich dann der schattenhaften Gestalt seiner Sekretärin zu. »Sie vergessen, Gundel, dass sich immerhin noch zwei Männer im Gebäude befinden, auf die man zählen kann«, sagte er und zog die schweren Vorhänge zu. »Jetzt können Sie wieder Licht machen...«

Die Sekretärin entfernte sich, und gleich darauf war es wieder hell im Zimmer.

»Welche Männer meinen Sie?«

»Den Pförtner und meinen Chauffeur, die wahrscheinlich wie üblich miteinander plaudern.«

»Ich muss gestehen, an die habe ich gar nicht gedacht... Was soll ich tun, Herr Metzendorf?«

»Sagen Sie Jansen, er soll den Wagen vom Parkplatz holen und nach Hause fahren. Dann bitten Sie den Pförtner, ein Taxi zu rufen, und warten unten am Eingang, bis es ankommt.«

»Und welche Art von Schutz bietet Ihnen diese Maßnahme, Herr Metzendorf?«

Metzendorf zog ein goldenes Zigaretten-Etui aus der Innentasche seines Sakkos und entnahm ihm mit leicht zitternden Fingern eine Zigarette. Er zündete sie an und lächelte seiner Sekretärin zu.

»Es könnte ja sein, Gundel, dass der Attentäter sich in der Nähe unseres Privatparkplatzes aufhält, um seinen Anschlag zu wiederholen, dieses Mal aus kürzerer Distanz. Da der Mann offenbar weiß, dass ich im allgemeinen bis spät am Abend im Büro bleibe und die Vorhänge nicht zuzuziehen pflege, weiß er vermutlich auch, dass ich für gewöhnlich zum Parkplatz hinübergehe, anstatt den Wagen vor dem Eingang des Gebäudes vorfahren zu lassen.«

»Gestatten Sie mir eine Bemerkung, Herr Metzendorf«, sagte Gundel, nachdem sie einen Moment nachgedacht hatte. »Ich finde, Sie schenken dem Vorfall nicht die gebührende Aufmerksamkeit. Man sollte unverzüglich die Polizei benachrichtigen...«

»Ich habe keine Lust, mir noch mehr Probleme aufzuladen, als ich ohnedies schon habe, Gundel. Außerdem ist mir die Sache nicht derart in die Knochen gefahren, dass ich sofort zur Polizei laufen müsste...«

»Es gibt Privatdetektive, Herr Metzendorf, falls Sie nichts mit der Polizei zu tun haben wollen...«

»Ich weiß, aber ich möchte bezweifeln, dass ich die Dienste eines Privatdetektivs in Anspruch nehmen muss. Denn möglicherweise... war gar nicht ich das Ziel des Schützen.«

»Verzeihen Sie, aber dem muss ich widersprechen. Dies ist vom ersten bis zum letzten Stockwerk das Gebäude von Georg Metzendorf und Co. . Und in diesem Augenblick sind nur die Fenster Ihres und meines Büros erleuchtet, keine anderen. Und ich gehe nicht davon aus, dass ich das Ziel des Anschlags war, denn niemand verfehlt sein Ziel derart gründlich.«

Mit einer ungeduldigen Bewegung klopfte Metzendorf die Zigarettenasche in den Papierkorb ab.

»Bitte, tun Sie, was ich gesagt habe, und machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde derweil darüber nachdenken, wie man sich angesichts eines solchen Vorfalls am besten verhält.«

Gundel Zaunschliffer verließ das Büro durch die Tür, die direkt auf den Korridor hinausführte.

Metzendorf verharrte unbeweglich, bis er das Geräusch des Fahrstuhls hörte. Dann ging er um den Schreibtisch herum und nahm im Sessel Platz. Anschließend zog er ein Schlüsselbund aus der Tasche, öffnete die mittlere Schublade und nahm einen dicken Briefumschlag heraus.

Der Briefumschlag enthielt die Police seiner Lebensversicherung und die Quittungen über die bisher bezahlten Beiträge. Metzendorf faltete das Dokument auseinander und studierte wieder einmal aufmerksam sämtliche Klauseln.

Die Versicherungssumme belief sich auf eine Million Mark und stand im Falle eines natürlichen Todes in dieser Höhe dem von ihm benannten Nutznießer zu; die Versicherungssumme verdoppelte sich im Falle eines Todes durch Unfall oder Selbstmord – letzteres allerdings erst mindestens zwei Jahre nach Vertragsabschluss. Einer der Police beigehefteten Notiz entnahm Metzendorf, dass der Versicherungsvertrag vor genau sechsundzwanzig Monaten und achtzehn Tagen abgeschlossen worden war.

Metzendorf steckte das Dokument in den Briefumschlag zurück, verschloss die Schublade und steckte das Schlüsselbund ein. Dann hob er den Telefonhörer ab, wählte eine Münchner Nummer und wartete nervös auf das Zustandekommen der Verbindung. Schließlich meldete sich eine Stimme, aber es war nicht die erwartete.

»Wer spricht?«, fragte Metzendorf zögernd, da er die Stimme nicht erkannte.

»Ich«, tönte es zurück. »Ich befleißige mich der nötigen Vorsicht...«

»Verstehe«, sagte Metzendorf. »Ich muss mich kurz fassen«, fügte er hinzu. »Die erste Phase liegt nun hinter uns, aber vergessen Sie auch weiterhin nicht, dass Söhne – welche Vorzüge oder Fehler sie auch haben mögen – immer Söhne bleiben, besonders, sofern es sich um unsere eigenen Söhne handelt...«

»Das vergesse ich bestimmt nicht«, versicherte die Stimme.

Metzendorf lächelte ins Telefon. »Hoffentlich«, sagte er leichthin. »Der Schlüssel befindet sich bei mir; er gehört zu meinem Wesen, im buchstäblichen Sinne des Wortes!« Und wieder lächelte er den Apparat an.

»Er gehört zu Ihrem Wesen?«, fragte die Stimme verwundert.

»Ja, er ist ein Teil meiner selbst. Erst später, wenn alles vorbei ist, wird der Schlüssel von mir zu trennen sein; wie die Seele den Körper verlässt, sobald unsere Stunde schlägt... Gut, ich darf nicht viel Zeit verlieren. Das Resultat von Phase eins war erstaunlich; alles ist genau nach Plan verlaufen... Fräulein Zaunschliffer war außer sich und ist überzeugt davon, dass ein Attentat auf mich verübt wurde.«

»Ausgezeichnet«, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung. »Nun muss man all das geschickt nutzen und um Sie herum eine Atmosphäre der Anspannung schaffen...«

»Verstehe«, unterbrach Metzendorf. »Man muss Dritten diese Inszenierung als Wahrheit verkaufen.«

»Gewiss«, pflichtete die Stimme bei. »Es geht allerdings nicht darum, für Ihre Umgebung eine irreführende Erwartungshaltung zu konstruieren, sondern darum, das Eintreten der von Ihnen geplanten Situation zu beschleunigen. Unterdessen sind Sie sicher...«

»Hoffentlich, aber...«

Das plötzliche Dröhnen einer Explosion brachte Metzendorf zum Verstummen.

»Haben Sie das gehört?«, fragte er schließlich ins Telefon.

»Ich habe eine Explosion gehört, zweifellos«, bestätigte die Stimme.

»Warten Sie einen Moment«, bat Metzendorf.

Er legte den Hörer auf die Tischplatte, ging auf den Korridor hinaus und trat an das Fenster, von dem aus man den Parkplatz der Firma überblickte. Dort musste das Geräusch seinen Ursprung gehabt haben.

Von dem Rolls-Royce war nicht mehr viel übriggeblieben außer Flammen und Rauchwolken, die zum dunklen Nachthimmel emporstiegen.

Georg Metzendorf erschrak; diesmal blieb er nicht ungerührt. Er verließ den Korridor und eilte in sein Büro zurück. Kleine Schweißtropfen traten ihm auf die Stirn, als er wieder nach dem Telefonhörer griff.

»Von einer Bombe in meinem Wagen war aber nie die Rede, oder?«

»Selbstverständlich nicht«, kam die Antwort vom anderen Ende der Leitung. »Ihr Wagen...?«

»Mein Wagen ist soeben explodiert«, berichtete Metzendorf mit zitternder Stimme. »Und diesmal darf ich mich glücklich preisen, einem echten Anschlag entronnen zu sein!«

»Reißen Sie sich zusammen«, riet die Stimme. »Die Stunde, da der abschließende Teil des Plans in die Tat umgesetzt wird, rückt näher.«

»Für einen Außenstehenden ist es leicht, jemanden zu beruhigen, dessen Leben an einem seidenen Faden hängt! Wer auch immer die Bombe in meinem Wagen platziert hat, ist über meine Lebensgewohnheiten genauestens im Bilde... Und ich hatte nicht einmal eine Vorahnung, als ich meine Sekretärin beauftragte, den Fahrer nach Hause zu schicken – ohne mich! Ich wollte dem falschen Attentat nur einen zusätzlichen Anstrich von Realismus verleihen. Aber jetzt... Wer garantiert mir, dass ich lebend nach Hause gelange?«

»Regen Sie sich nicht auf. Es ist anzunehmen, dass sich der Kerl, der die Bombe in Ihrem Wagen versteckt hat, in der Nähe aufhält, um die Wirkung der Explosion zu beobachten. Und es ist gleichfalls anzunehmen, dass es sich nicht um einen Amateur, sondern um einen Profi handelt, um einen Spezialisten für dergleichen, wahrscheinlich hinlänglich vorbestraft. Demzufolge liegt es nicht in seinem Interesse, sich allzu lange in der Nähe des Tatorts herumzutreiben, wo irgendjemand ihn erkennen könnte, vor allem die Stadtpolizei, die jeden Moment eintreffen muss. Ich rate Ihnen also, das Gebäude sofort durch die Hintertür zu verlassen und sich per Taxi nach Hause zu begeben...«

»Ich habe schon ein Taxi bestellt«, unterbrach Metzendorf.

»Und wo soll es auf Sie warten?«

»Vor dem Haupteingang.«

»Sehr gut... Halten Sie dieses Taxi dort zurück, solange es möglich ist. Falls der wirkliche Attentäter mittlerweile vermuten sollte, dass Sie mit dem Leben davongekommen sind, wird das Taxi seine Aufmerksamkeit erregen, da er annehmen muss, dass Sie es bestellt haben. Und vielleicht plant er einen weiteren Anschlag auf Ihr Leben... Unterdessen sind Sie längst in Sicherheit.«

»Verstehe«, stimmte Metzendorf zu. »Das Schicksal hat mich bis jetzt begünstigt, aber ich fürchte, es könnte mich von einer Minute zur anderen im Stich lassen! Ist der Flug für mich gebucht?«

»Natürlich. Auch der Pass für Ihre neue Identität wartet auf Sie.«

»Die mir zugedachte Rolle gefällt mir ganz und gar nicht... Aber ich bin bereit für nahezu jedes Opfer, um mich zu retten! Haben Sie keine Angst, der Plan könnte misslingen?«

»Ausgeschlossen. Alles wird wie am Schnürchen klappen, vorausgesetzt, Sie befolgen die Instruktionen Punkt für Punkt.«

»Aber wenn das Gegenteil eintritt? Ich meine, wenn ein weiterer echter Anschlag der Fiktion zuvorkommt?«

»Wir wollen nicht allzu pessimistisch sein. Empfinden Sie das Wissen, dass man Sie tatsächlich ermorden will, nicht in gewissem Sinne als ausgesprochen günstig...?«

»Ich muss auflegen«, unterbrach Metzendorf plötzlich. »Nach allem, was geschehen ist, wird meine Sekretärin gleich wieder hier sein.«

»Gut, legen Sie auf. In ein paar Stunden werde ich mit Ihnen in Verbindung treten.«

Metzendorf legte den Hörer auf die Gabel, und sogleich klingelte der Apparat.

Gundel Zaunschliffers aufgeregte Stimme drang an sein Ohr. »Herr Metzendorf! Es ist etwas Schreckliches...«

»Ich weiß, was geschehen ist. Ich habe die Explosion gehört.«

»Ich werde sofort die Polizei verständigen, Herr Metzendorf...«

»Das werden Sie nicht tun, Gundel!«

»Zwei Anschläge innerhalb weniger Minuten, Herr Metzendorf! Muss ich Sie daran erinnern? Jansen ist tot, Herr Metzendorf!«

»Das bedaure ich, glauben Sie mir, aber er hätte so und so sterben müssen; mein Tod hätte den seinen nicht verhindert. Wir können froh sein, dass wenigstens ein Leben verschont blieb... Wo sind Sie, Gundel?«

»Ich spreche aus der Telefonzentrale, Herr Metzendorf.«

Metzendorf hörte das Heulen einer Sirene. »Ist die Polizei schon da?«, fragte er.

»Die Feuerwehr ist gekommen und ein Rettungswagen; ob die Polizei auch schon da ist, weiß ich nicht. Soll ich nachsehen?«

»Nicht nötig, Gundel. Kann das Taxi unter diesen Umständen vor dem Haupteingang halten?«

»Ich glaube, ja, Herr Metzendorf.«

»Lassen Sie es warten, wenn es geht, und machen Sie sich um mich keine Sorgen. Lassen Sie es fünf oder sechs Minuten warten, dann zahlen Sie, was auf dem Taxameter steht, geben dem Fahrer ein gutes Trinkgeld und sagen ihm, er wird nicht mehr benötigt.«

»Gut, Herr Metzendorf. Aber bestimmt wird die Polizei Sie verhören wollen, Herr Metzendorf...«

»In diesem Fall schicken Sie die Beamten zu mir herauf. Aber auch wenn man mich nicht antrifft, machen Sie sich um mich keine Sorgen«, betonte Metzendorf noch einmal, bevor er auflegte.

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

Das Schicksal liebt manchmal Zufälle. Und der Zufall, dessen sich das Schicksal in jener Nacht bediente, war ganz und gar nicht außergewöhnlich. Auch bei anderer Gelegenheit war es schon vorgekommen, dass ein Kriminalbeamter sich zufällig am Schauplatz eines Verbrechens befand...

Der Jaguar von Dr. Benedikt Howard, dem Gerichtsmediziner der Münchner Kriminalpolizei, musste kurz vor dem Metzendorf-Gebäude in der Leipartstraße anhalten, weil die Polizei gerade eine Gruppe von Schaulustigen zerstreute, die sich um zwei Feuerwehrfahrzeuge und einen Rettungswagen herum gebildet hatte.

Howards Fahrer stieg aus, trat an die Hintertür, zog die Mütze und beugte sich herunter.

»Was ist geschehen?«, fragte Howard einen Passanten.

»Ein Wagen ist auf dem Parkplatz dieses Hauses explodiert«, gab der Mann Auskunft und deutete auf das Metzendorf-Gebäude.

»Ein Unfall?«

»Das glaube ich nicht, mein Herr. Für einen Unfall war die Explosion viel zu heftig.«

Benedikt wandte sich an seinen Fahrer. »Ich gehe mal nachsehen, was los ist«, erklärte er. »Warten Sie hier auf mich, Gregor.«

»Sehr wohl, mein Herr.«

Howard überquerte die Straße und wies sich bei dem Polizeibeamten aus, der die Neugierigen zurückdrängte.

Der Beamte nahm Haltung an und salutierte. »Ich bin noch nicht ausreichend informiert, Herr Doktor«, berichtete er, »aber ich nehme an, dass es sich um einen verbrecherischen Anschlag handelt.«

Gleich darauf erblickte Benedikt Howard die bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Leiche von Georg Metzendorfs Chauffeur, und er bedauerte insgeheim den Kollegen, der die Obduktion würde vornehmen müssen.

Er drehte sich um und drängte sich, nun in umgekehrter Richtung, durch das Menschengewühl. Plötzlich sah er Gundel Zaunschliffer neben einem Taxi, das vor dem Haupteingang des Metzendorf-Gebäudes stand.

Und fast im selben Moment erblickte Gundel ihn.

»Dr. Howard!«, rief das Mädchen, und der Gerichtsmediziner schritt auf sie zu, gerade, als das Taxi anfuhr.

»Hängt der Unfall in irgendeiner Weise mit Herrn Metzendorf zusammen?«, fragte Howard und drückte Gundel die Hand.

»Na, hören Sie mal – sein Wagen ist explodiert!«

»Aber Herr Metzendorf befand sich nicht darin?«

»Nein. Nur Jansen, der Chauffeur, ist der Explosion zum Opfer gefallen.«

»Wo ist Herr Metzendorf?«

»Oben in seinem Büro; ich habe ihn noch nicht fortgehen sehen.«

Howard zögerte einen Augenblick, bevor er auf einen der Fahrstühle zuging. Gundel folgte ihm, nachdem sie dem Pförtner erklärt hatte, was er zu tun habe, sollte die Polizei nach Herrn Metzendorf suchen.

Gundel drückte auf den Knopf für den fünften Stock und schaute Dr. Howard mit einem gezwungenen Lächeln an.

»Ihre Anwesenheit lässt mich neuen Mut schöpfen, Dr. Howard«, gestand sie. »Vor ein paar Minuten dachte ich schon, ich verliere den Verstand...«

»Ein Polizeibeamter hat mir gesagt, er halte die Explosion nicht für einen Unfall«, sagte Howard, als der Aufzug im fünften Stock hielt und die Tür sich öffnete. »Das heißt also, er geht von einem Verbrechen aus«, fügte er hinzu und ließ Gundel beim Verlassen des Aufzugs den Vortritt.

»Eine durchaus berechtigte Annahme«, sagte Gundel und klopfte an die Tür von Metzendorfs Büro.

»Wie meinen Sie das, Fräulein Zaunschliffer?«

Gundel antwortete nicht, sondern klopfte noch einmal, ohne Erfolg. Daraufhin öffnete sie die Tür.

Das Büro lag völlig im Dunkeln. Gundel schaltete das Licht ein, durchquerte das Zimmer und zog trotz des Unbehagens, das sie dabei empfand, die Vorhänge zurück.

»Da haben Sie Ihre Antwort, Dr. Howard«, sagte sie und deutete auf die Einschussstelle und das Netz von Sprüngen ringsherum. »Wenige Minuten, bevor der Wagen explodierte, entging Herr Metzendorf wie durch ein Wunder einem ersten Anschlag.«

Howard runzelte besorgt die Stirn und trat ans Fenster. Nach ein paar Sekunden wandte er sich der gegenüberliegenden Wand zu. Er ging vorsichtig um den Schreibtisch herum, darauf bedacht, nicht in die Glassplitter des Aschenbechers zu treten, und stellte fest, wo das Projektil in die Wand eingedrungen war.

»Bitte, suchen Sie Herrn Metzendorf«, sagte er zu Gundel.

»Nicht nötig«, erwiderte Gundel. »Da er nicht hier ist und er das Licht gelöscht hat, weiß ich, dass er sich nicht mehr im Hause befindet.«

»Aber vorhin haben Sie doch behauptet, Sie hätten ihn nicht weggehen sehen?«

»Ich kann ihn gar nicht gesehen haben, Dr. Howard. Herr Metzendorf hat das Gebäude zweifellos durch den Lieferanteneingang verlassen, der auf die Fallstraße hinausführt. Herr Metzendorf sagte mir am Telefon, ich solle das Taxi ein paar Minuten aufhalten, dann den Fahrer entlohnen, ihm ein Trinkgeld geben und ihn fortschicken.«

»Das scheint mir aber eher zu bestätigen, dass Herr Metzendorf sich noch im Haus befindet«, wandte Howard ein.

»Ich glaube nicht, dass es sich lohnt, ihn zu suchen, Dr. Howard. Herr Metzendorf fügte nämlich noch hinzu, ich solle mir keine Sorgen machen, wenn man ihn nicht mehr im Gebäude finden würde.«

»Verstehe«, sagte Howard und nickte zustimmend. »Vermutlich ist er wegen des ersten Anschlags heute Abend nicht wie üblich in seinen Club gegangen?«

Gundel überlegte, bevor sie antwortete. »Kann sein, Dr. Howard. Der Mordanschlag ereignete sich, als Herr Metzendorf wie gewöhnlich zum Club aufbrechen wollte. Ich hatte einige Briefe zu tippen, die Herr Metzendorf noch heute unterschreiben wollte, und vielleicht war das der Grund, warum es etwas später wurde als sonst.«

»Könnten Sie mich mit der Wohnung von Herr Metzendorf verbinden?«, bat Howard.

»Gewiss.« Gundel ging zum Schreibtisch, hob den Hörer ab und wählte eine Nummer. »Hier Gundel Zaunschliffer«, meldete sie sich. »Herrn Metzendorf, bitte... Noch nicht zu Hause? Vielen Dank.« Sie legte auf und gab Dr. Howard Bescheid.

»Wann, glauben Sie, ist er von hier aufgebrochen?«

»Sofern er unmittelbar nach dem Telefongespräch mit mir gegangen ist, kann es sich höchstens um eine Viertelstunde handeln.«

»Es ist nicht anzunehmen, dass er um diese Zeit und nach allem, was vorgefallen ist, in den Club gefahren ist«, überlegte Howard laut. »Trotzdem – könnten Sie sich erkundigen?«

Gundel rief im Karlstadt-Club an und erkundigte sich entsprechend, aber dort befand sich Herr Metzendorf nicht.

Howard zündete sich eine Zigarette an, ging wieder um den Schreibtisch herum und nahm im Sessel Platz. Er legte die Hand auf den Telefonhörer und hob ihn ab, wählte jedoch noch nicht, sondern schaute Gundel prüfend an.

»Haben Sie irgendeine Idee, Fräulein Zaunschliffer, warum jemand Herrn Metzendorf töten will?«, fragte er.

»Nein, keine Ahnung. Es kann ebenso gut mit der Firma wie mit einer Privatangelegenheit zusammenhängen.«

»Ich muss sofort die Kriminalpolizei verständigen«, sagte Howard und fing an zu wählen.

Mit einer jähen Bewegung legte Gundel ihre Hand auf die seine und hielt ihn zurück. »Lassen Sie die Kriminalpolizei einstweilen aus dem Spiel, Dr. Howard«, bat sie. »Vielleicht halten Sie mich für verrückt, aber ich glaube, Herr Metzendorf hatte Angst davor, die Polizei zu benachrichtigen... Jedenfalls fürs erste, Dr. Howard...«

Howard lächelte und behielt den Hörer in der Hand, legte nicht auf.

»Sie sprechen bereits mit einem Beamten der Kriminalpolizei, Fräulein Zaunschliffer. Es ist meine Pflicht...«

»Ich will Sie nicht an der Ausübung Ihrer Pflicht hindern, Dr. Howard, aber ich wage, Sie zu bitten, dass Sie erst Herrn Metzendorf anhören. Gesetzt den Fall – gesetzt den Fall, ein übereilter Anruf bei der Polizei vergrößert die Gefahr, in der er schwebt...«

Howard ließ den Hörer auf die Gabel fallen und blies eine Rauchwolke zur Decke hinauf.

---ENDE DER LESEPROBE---