Mystic Highlands: Band 3-4 der Fantasy-Reihe im Sammelband (Die Geschichte von Kathrine & Logan) - Raywen White - E-Book

Mystic Highlands: Band 3-4 der Fantasy-Reihe im Sammelband (Die Geschichte von Kathrine & Logan) E-Book

Raywen White

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Beschreibung

**Von Elfenmythen und Druidenkräften**  Seltsame Vorfälle und mysteriöse Blackouts lassen die Mathematikstudentin Kathrine langsam an ihrem Verstand zweifeln. Als dann ein attraktiver, jedoch nicht sehr vertrauenerweckender Typ namens Logan an ihrer Universität in Edinburgh auftaucht und behauptet ein Druide zu sein, gerät ihr Leben vollkommen aus den Fugen. Er zeigt ihr, dass hinter den magischen Mythen ihrer Heimat viel mehr steckt als nur Geschichten. Plötzlich befindet sie sich im Zentrum einer uralten Fehde zwischen Druiden und Síodhach und muss mit Logan in die wilden Highlands fliehen…          Eine atemraubend romantische Story über die sagenhafte Landschaft Schottlands, die Leserherzen höherschlagen lässt: »Ich bin hin und weg.« »Ich konnte nicht aufhören zu lesen.« »Sexy und geheimnisvoll.« »Zum Dahinschmelzen.« (Leserstimmen auf Thalia und Amazon)   //Dies ist eine E-Box aus dem Carlsen-Imprint Dark Diamonds. Jeder Roman ein Juwel. Sie enthält die Bände 3 und 4 der »Mystic Highlands«-Reihe: -- Mystic Highlands 3: Mythenbaum  -- Mystic Highlands 4: Mythenschwert// //Weitere Romane der Reihe: -- Mystic Highlands: Band 1-2 der Fantasy-Reihe in einer E-Box (Die Geschichte von Rona & Sean) -- Mystic Highlands: Band 5-6 der Fantasy-Reihe im Sammelband (Die Geschichte von Ciarda & Darach)//  Diese Reihe ist abgeschlossen.

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Dark Diamonds Ein Imprint der CARLSEN Verlag GmbH © der Originalausgabe by CARLSEN Verlag GmbH, Hamburg 2019 Text © Raywen White, 2018, 2019 Lektorat: Diana Tiede Coverbild: shutterstock.com / © lenaer / © Pavel K / © Just dance Covergestaltung der Einzelbände: formlabor Gestaltung E-Book-Template: Gunta Lauck / Derya Yildirim Satz und E-Book-Umsetzung: readbox publishing, Dortmund ISBN 978-3-646-30181-6www.carlsen.de

Dark Diamonds

Jeder Roman ein Juwel.

Das digitale Imprint »Dark Diamonds« ist ein E-Book-Label des Carlsen Verlags und publiziert New Adult Fantasy.

Wer nach einer hochwertig geschliffenen Geschichte voller dunkler Romantik sucht, ist bei uns genau richtig. Im Mittelpunkt unserer Romane stehen starke weibliche Heldinnen, die ihre Teenagerjahre bereits hinter sich gelassen haben, aber noch nicht ganz in ihrer Zukunft angekommen sind. Mit viel Gefühl, einer Prise Gefahr und einem Hauch von Sinnlichkeit entführen sie uns in die grenzenlosen Weiten fantastischer Welten – genau dorthin, wo man die Realität vollkommen vergisst und sich selbst wiederfindet.

Das Dark-Diamonds-Programm wurde vom Lektorat des erfolgreichen Carlsen-Labels Impress handverlesen und enthält nur wahre Juwelen der romantischen Fantasyliteratur für junge Erwachsene.

Raywen White

Mystic Highlands 3: Mythenbaum

**Von Druiden und anderen Geheimnissen**

Wohin soll es gehen?

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Vita

Danksagung

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© privat

Raywen White lebt gemeinsam mit ihrem Mann im Raum Frankfurt am Main. Erst 2014 entdeckte sie ihre Leidenschaft für das Schreiben und erzählt nun Geschichten, in denen Liebe und Magie der Fantasie keine Grenzen setzen. Jedoch haben in ihrem Leben Bücher schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Es gibt nichts Schöneres, als in eine Geschichte einzutauchen und den Alltag vergessen zu können. Dieses Gefühl möchte sie auch ihren Lesern ermöglichen.

Für alle, die sich zwischen Himmel und Erde verloren denken.

1

Müde rieb sich Kathrine die Augen und gähnte. Die Buchstaben des Buches verschwammen und wurden unleserlich. Es wurde wirklich Zeit, für heute einen Schlussstrich zu ziehen. Sie streckte sich ausgiebig und sah sich um. Das kalte Neonlicht der Bibliothek offenbarte ihr, dass nur noch drei weitere Studenten über ihren Büchern büffelten.

Kathrine hatte gar nicht mitbekommen, dass ihre Kommilitonen bereits gegangen waren, so sehr war sie in ihrer Lektüre vertieft gewesen. Nachdenklich nahm sie eine ihrer dunkelblonden Strähnen und wickelte sie um ihren Finger, während ihr Blick auf ihren Notizblock wanderte, wo sich fein säuberlich Zahlen, griechische Buchstaben und andere mathematische Zeichen zu Formeln verbanden. Ihr fehlte für die morgige Abgabe nur noch die Lösung der letzten Aufgabe, aber ihr war jetzt schon klar, dass sie diese heute Abend nicht mehr finden würde. Ein Blick nach draußen in den finsteren Himmel, an dem die ersten Sterne funkelten, verriet ihr, dass es bereits weit nach zehn Uhr sein musste. Zum Glück hatte die Zentralbibliothek der Edinburgh Universität rund um die Uhr geöffnet.

Sie würde sich den Wecker eine Stunde früher stellen und morgen herkommen, bevor sie zu ihrer Vorlesung im Institutsgebäude für Physik und Astronomie ging.

Sie stand auf, packte ihre Sachen zusammen und zog ihre Strickjacke über. Die Bibliotheksaufsicht saß gelangweilt hinter dem Tresen, tippte auf ihrem Smartphone herum und sah nicht danach aus, als würde sie gestört werden wollen.

Kommentarlos legte Kathrine die ausgeliehenen Bücher auf den dafür vorgesehenen Rollwagen und beeilte sich nach Hause zu kommen. Es nieselte leicht und der Geruch von warmer Erde und Frühling lag in der Luft, nachdem die Sonne bereits den ganzen Tag über an diesem ersten Maiwochenende den Boden erwärmt hatte. Jetzt hatte es sich jedoch merklich abgekühlt und sie zog die Ränder ihres beigen Strickcardigans fester über ihrer Brust zusammen. Sie hatte bereits ihren üblichen Weg eingeschlagen, der sie durch The Meadows führen würde, als ihr ganz mulmig wurde. Nur zögerlich ging sie weiter und sah sich in dem kleinen Park, dessen weite Wiesen sich vor ihr ausbreiteten, um. Ihr Atem entschwand als kleine weiße Wolke vor ihr. Schauder liefen über ihren Rücken und sie hatte das Gefühl, dass jemand sie beobachtete. Nervös rieb sie sich über den Nacken und betrachtete die dunkle Allee, die durch das Parkgelände führte. Bis auf den Wind, der leise durch die Blätter strich und ihnen ein Flüstern entlockte, drang kein einziges Geräusch an ihre Ohren.

Bisher war ihr die Abkürzung durch den Park nie gefährlich vorgekommen, auch nie so düster, doch jetzt schien es, als würde dort jemand oder etwas in der Dunkelheit auf sie lauern.

»Hey Kat!«, rief jemand und sie zuckte erschrocken zusammen. Hinter ihr stand Timothy, mit dem sich ihre Mitbewohnerin seit drei Wochen traf, und lächelte sie an. »Alles in Ordnung? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.« Man hörte deutlich seinen schweren texanischen Akzent aus jedem Wort.

Sie schüttelte den Kopf, insbesondere über sich selbst. Geister gab es nicht und es war eigentlich unmöglich zu spüren, dass jemand einen beobachtet hatte. Das war alles nicht real. Ihr Herz setzte einen Takt aus und ihre Finger gruben sich tiefer in die Wolle ihres Cardigans. »Ich war nur in Gedanken.« Sie warf noch einmal einen Blick in den Park und wunderte sich, dass der schmale Weg, der eben noch im Dunkeln gelegen hatte, nun durch die Laternen hell erleuchtet wurde. Sie war einfach übermüdet. Das war alles nur Einbildung.

Als sie sich wieder Timothy zuwandte, stand er direkt vor ihr und sie nahm den feinen Geruch vom Cider wahr, den die meisten Studenten bei ihren abendlichen Touren durch die Pubs bevorzugten.

Unsicher trat Kathrine einen Schritt zurück und drückte ihre Tasche dicht vor ihre Brust. Das mulmige Gefühl von eben war noch nicht ganz verschwunden. Außerdem hatte sie mit Timothy bisher nie mehr als fünf Worte gewechselt. Wenn er Jackie besuchen kam, verschwanden die beiden meist direkt in ihrem Zimmer und Kathrine floh in die Bibliothek, denn die Wände in der Wohnung, die sie sich teilten, waren viel zu hellhörig. »Ich wollte gerade heimgehen. War schön, dich getroffen zu haben«, verabschiedete sie sich und nahm den Weg wieder auf.

»Warte«, rief er und war mit zwei Schritten direkt neben ihr. »Hat Jackie irgendetwas gesagt?«, fragte er sie vorsichtig.

Irritiert musterte Kathrine ihn aus dem Augenwinkel. »Was sollte sie denn gesagt haben?« Bis auf die Tatsache, dass er Austauschstudent war und dem hiesigen Rugbyclub angehörte, schwärmte ihr Jackie immer nur von seinem guten Aussehen und seinen Fähigkeiten im Bett vor – auch wenn Kathrine das nie hören wollte.

»Na ja, irgendwas halt. Was hat sie dir über mich erzählt?«, fragte er.

Sie errötete und starrte stur geradeaus, während sie ihre Schritte beschleunigte. »Ehm, du bist aus Texas, studierst Sport und bist im Rugbyteam.«

»Mehr nicht?« Enttäuschung klang in seinen Worten mit.

»Sie findet, du siehst gut aus«, ergänzte Kathrine und hätte sich am liebsten ein Loch gebuddelt, um darin zu verschwinden. Timothy sah mehr als gut aus. Neben seiner großen und kräftigen Statur konnte er auch noch mit kristallblauen Augen und einem Schlafzimmerblick punkten.

Er seufzte schwer. »Hat sie dir etwas von vorgestern Abend erzählt?«, bohrte er nach einiger Zeit vorsichtig weiter. »Nein.« Die Art, wie er fragte, machte Kathrine misstrauisch. »Sollte sie?« Sie blieb stehen und blickte ihn fragend an.

Timothy sah ihr nicht in die Augen, sondern rieb sich über den Nacken. »Wir haben uns gestritten«, gestand er ihr bedrückt.

»Oh«, sagte Kathrine nur und wusste nicht, was sie sonst noch dazu sagen sollte. »Ehm … Das tut mir leid«, murmelte sie. Peinliches Schweigen machte sich zwischen ihnen breit und sie ging zögerlich weiter.

»Ich habe gehofft, du kannst mir helfen«, gestand Timothy zerknirscht. Mittlerweile hatten sie den Park verlassen und liefen die Livingstone Place entlang. Die vierstöckigen Sandsteingebäude, die die Straße säumten, ragten über ihnen auf und das Scheinwerferlicht eines vorbeifahrenden Autos blendete Kathrine.

Sie seufzte. Dass Timothy sie nicht ohne Grund angesprochen hatte, war ja klar gewesen. »Warum ich?« Jackie und sie wohnten zwar zusammen, aber sie waren jetzt nicht unbedingt beste Freundinnen. Dafür waren sie zu verschieden. Jackie war hübsch, hatte eine feuerrote Mähne, die ihr überschäumendes Temperament widerspiegelte, und eine Figur wie aus einem Modemagazin. Sie war beliebt, immer unterwegs, feierte gerne und betrachtete ihr Studium als eine Art Auszeit vom Leben.

Man lief sich unweigerlich in der Zweizimmerwohnung über den Weg, plante, wer wann mit dem Abwasch dran war, und erzählte einander ab und zu, was man die Woche erlebt hatte. Wobei meistens Jackie redete, denn außer mit Lernen und ihrem Forschungsprojekt beschäftigte Kathrine sich mit nichts anderem.

Kathrine wollte ihren Master in mathematischer Physik machen und hatte für solche zwischenmenschlichen Dinge einfach keine Zeit, zumal die Bewerbungsfrist für das Praktikum bei der ESA, das in den Sommersemesterferien stattfinden würde, bald endete. Bei dem Gedanken daran, was sie noch alles lernen und dafür vorbereiten musste, wollte sie am liebsten direkt zurück in die Bibliothek rennen.

»Ich habe schon versucht mit Claire zu reden, aber sie hört mir gar nicht erst zu. Dabei habe ich Tatjana gar nicht geküsst, sondern sie mich! Direkt vor ihrer Nase. Jetzt glaubt sie mir kein Wort mehr«, stieß er ungestüm aus.

Kathrine hatte keine Ahnung, wer Tatjana war, allerdings konnte sie sich sehr gut vorstellen, wie Claire, Jackies beste Freundin, zur Furie wurde, wenn sie dachte, dass jemand ihrer Freundin wehtat.

»Kannst du das bitte Jackie sagen?«, flehte Timothy und hielt sie am Oberarm fest, damit sie stehen blieb und ihn ansah. Nervös schluckte Kathrine und versuchte sich aus seinem Griff zu lösen. »Das kann ich machen, aber ich denke nicht, dass es etwas nutzt.«

Die quirlige, kleine Schottin war ziemlich stur. Kathrine seufzte und rieb sich über die Stirn. Sie sollte sich wirklich nicht in diese Angelegenheit einmischen.

»Bitte. Auf dich wird sie hören. Sie erzählt immer, wie vernünftig du bist.«

Und langweilig, ergänzte Kathrine in Gedanken, denn diese beiden Sachen warf Jackie ihr jedes Mal vor, wenn sie versuchte Kathrine zu überreden mit ihr und ihren Freunden in einen der vollen Pubs mitzukommen.

»Tatjana ist meine Ex, sie ist nur eifersüchtig. Sag ihr das«, bat er. Fast einen ganzen Block lang erklärte er ihr, dass zwischen ihnen nichts gelaufen war, zumindest seit er sich vor vier Monaten von ihr getrennt hatte.

»Ich kann dir nichts versprechen«, sagte sie ausweichend, denn sie befürchtete, dass Timothy sie nicht in Ruhe lassen würde, bis sie seinem Wunsch nachkam.

Er strahlte über das ganze Gesicht. »Du bist ein Schatz«, stieß er begeistert aus, verabschiedete sich und trabte den Weg wieder zurück. Tief atmete Kathrine durch. Nur noch ein Block, bis sie zu Hause war.

Der Nieselregen hatte mittlerweile aufgehört und der Himmel sich aufgeklart, sodass sie noch mehr funkelnde Sterne sehen konnte.

Erneut beschlich Kathrine ein merkwürdiges Gefühl. In ihrem Nacken kribbelte es und sie lief einige Schritte schneller. Als dann auch noch ihr Atem erneut kleine Wölkchen bildete und sie innerlich zu frösteln begann, wurde ihr bewusst, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.

Ein unheimliches Knurren erklang plötzlich in ihrem Rücken. Ohne sich umzudrehen, rannte sie los.

2

Verschlafen blinzelte Kathrine, als helles Licht auf ihr Gesicht fiel. Ihr Kopf pochte und fühlte sich an, als wäre er in Watte gepackt. Stöhnend rieb sie sich über die Stirn und stellte fest, dass sie kalt und feucht war. Na toll, sie konnte es sich nicht erlauben, krank zu werden. Nicht jetzt, so kurz vor den Klausuren. Brummend griff sie nach ihrem Handy und saß kerzengerade im Bett.

Verdammt! Sie hatte verschlafen. Die Vorlesung hatte längst begonnen. Frustriert fiel sie zurück in ihre Kissen und erinnerte sich daran, dass sie eigentlich vorgehabt hatte, früher aufzustehen, um noch in die Bibliothek zu gehen. Eine Erinnerung löste die nächste aus. Timothy, seine Bitte, das merkwürdige Gefühl. Sie war gerannt und dann … Wie zum Teufel bin ich in mein Bett gekommen?

Verwundert stand sie auf und wollte durch den Flur ins angrenzende Badezimmer huschen, als sie ein Schluchzen hörte. Hin- und hergerissen entschied sie sich am Ende dafür, dass sie noch einen Moment einhalten konnte, und folgte dem Geräusch in die Küche. Jackie saß an dem kleinen Tisch, den Kopf in die Hände vergraben. Ihre Schultern bebten. Das Knarzen der Tür verriet Kathrine und Jackie sah sie mit geröteten Augen und feuchten Tränenspuren an. »Hey Kat«, begrüßte ihre Mitbewohnerin sie lächelnd. Es wirkte gequält und konnte nicht über ihren aktuellen Gemütszustand hinwegtäuschen. Jackie schniefte und wischte sich die Tränen weg. »Ich dachte, du hast heute eine Vorlesung und bist gar nicht zu Hause.«

Auch wenn sich Kathrine fest vorgenommen hatte sich nicht einzumischen, war ihr klar, dass sie dies nicht konnte. Jackie und sie kannten sich zwar erst seit letztem Sommer, als Kathrine auf deren Mitbewohnersuche am Schwarzen Brett reagiert hatte, aber mittlerweile war ihr die lebensfrohe Rothaarige ans Herz gewachsen. Es tat ihr weh, Jackie so zu sehen.

Seufzend setzte sie sich auf den Stuhl ihr gegenüber. »Timothy hat mir gestern vor der Bibliothek aufgelauert.«

»Was?« Jackies Augen wurden ganz groß.

»Er wollte unbedingt, dass ich dir erkläre, dass das mit dieser …« Sie schnippte mit den Fingern, als ihr der Name nicht auf Anhieb einfiel. Irgendwie war der gestrige Abend wie in Nebel getaucht. »Tanja …«

»Tatjana«, verbesserte Jackie sie verschnupft.

»Genau, so hieß sie. Er meinte, sie wäre seine Ex und er hätte sich schon vor Monaten von ihr getrennt.«

»Aber Claire hat gesehen, wie sie sich geküsst haben. Und als ich ihn darauf angesprochen habe, hat dieser Mistkerl es abgestritten. Warum hat er mir dann nicht gesagt, dass es seine Ex ist?« Neben Tränen funkelte nun auch eine Spur von Wut in ihren Augen.

Kathrine zuckte mit den Schultern. Sie hatte keine Ahnung, was sie Jackie sagen sollte. Die ganze Situation überforderte sie. »Ich möchte mich da echt nicht einmischen.« Vor allem nicht vor ihrem ersten Kaffee. Sie stand noch einmal auf, schlurfte zum Schrank und holte die Tasse mit den Elefanten heraus, die sie aus Cardiff mitgebracht hatte. Eines der wenigen Erinnerungsstücke an ihre Mutter. Jedes Mal, wenn sie die Tasse sah, nahm sie den Geruch von warmem Kakao wahr, den diese ihr immer gemacht hatte.

»Was hat er noch gesagt?«, fragte Jackie und riss sie aus ihren wehmütigen Erinnerungen.

Die Kanne stand nicht an ihrem gewohnten Platz und Kathrine entdeckte sie direkt vor Jackie auf dem Tisch. Sie ließ sich wieder auf den Stuhl fallen, der ein protestierendes Knarzen von sich gab, und schenkte sich etwas ein. Ihre Finger schlossen sich um das wärmer werdende Steingut. Eilig erzählte Kathrine alles, was ihr einfiel, und wurde nur zwischendrin vom Brummen des Smartphones unterbrochen, das mitteilte, dass Jackie erneut eine Nachricht bekommen hatte. »Willst du sie nicht lesen?«, fragte sie Jackie.

Ihre Mitbewohnerin sah misstrauisch auf das Display und kaute nervös auf ihrer Lippe herum. »Was soll ich denn nun machen?«

»Woher soll ich das wissen? Scheinbar bedeutet er dir ja etwas, vielleicht solltest du einfach mal mit ihm reden«, schlug Kathrine vor und rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her. Der Druck in ihrer Blase nahm zu und die ganze Situation war ihr unangenehm.

Jackie nickte. »Du bist immer so vernünftig.«

Kathrine seufzte. »Ich muss mich langsam fertig machen, wenn ich nicht auch noch das Seminar heute Nachmittag verpassen und vorher was essen will.«

Jackie nickte abermals, griff nach dem Smartphone und schien bereits mit den Gedanken ganz woanders zu sein.

Erlöst stand Kathrine auf, flitzte ins Badezimmer und erleichterte sich. Im Kopf ging sie bereits ihren heutigen Lehrplan durch und wie sie die verlorene Zeit wiedergutmachen konnte. Sie zog sich geschwind aus und ergriff ihre elektrische Zahnbürste, um sich unter der Dusche die Zähne zu putzen. Als sie in den Spiegel sah, bemerkte sie den großen blaugrün schillernden Fleck, der auf ihrem Arm prangte, und erstarrte. Er erinnerte in seiner Form an eine Hand.

Sie wunderte sich darüber, denn Timothy hatte sie doch gar nicht so fest gepackt, bis ihr einfiel, dass er sie am anderen Arm festgehalten hatte.

Beunruhigt schluckte sie und drehte sich vor dem Spiegel, um zu prüfen, ob sie noch andere Blessuren besaß. Eine kleine Wunde an ihrer Hüfte sprang ihr ins Auge und sie fuhr mit dem Finger vorsichtig über den roten Kratzer. Ein kurzes Brennen begleitete eine verwischte Erinnerung ihrer Angst und sie zuckte zusammen.

Aufgewühlt stieg sie unter die Dusche, schrubbte ihre Haut, bis diese rot leuchtete, während das Gefühl noch in ihr nachhallte. Ausgiebig putzte sie sich die Zähne, doch der bittere und schale Geschmack in ihrem Mund verlor sich nicht. Sie könnte zur Polizei gehen, aber sie hörte schon das Lachen der Beamten, wenn sie ihnen erzählte, dass sie weder wusste, was passiert war, noch ob überhaupt etwas geschehen war. Sie würden sie für verrückt erklären.

Genau wie ihre Mutter.

Panik bei diesem Gedanken ließ ihren Puls in die Höhe schnellen. Ruhig atmete sie dagegen an. Jeglicher Gedanke, der aus den Tiefen ihres Unterbewusstseins aufstieg, wurde direkt wieder eliminiert. Stattdessen konzentrierte sie sich auf die ungelöste Formel, die ihr gestern Abend Kopfzerbrechen bereitet hatte.

Als sie das Badezimmer in ein Handtuch gewickelt wieder verließ, hatte sie sich zumindest so weit beruhigt, dass sie logisch an das Ganze herangehen konnte. Es war nicht das erste Mal, dass sie sich irgendwo gestoßen und es nicht bemerkt hatte. Dennoch blieb das mulmige Gefühl. Leise schlich sie durch den Flur. Aus der Küche drang Jackies fröhliche Stimme und kurz darauf ein Lachen. Offensichtlich ging es ihr wieder besser.

Kathrine schlüpfte in ihr Zimmer, zog sich an und beeilte sich aus dem Haus zu kommen. »Bis heute Abend«, rief sie Jackie noch zu und wartete gar nicht auf eine Antwort.

Draußen atmete sie tief die Frühlingsluft ein. Der Mai zeigte sich von seiner schönsten Seite. Die Sonne schien und die Bäume und Sträucher leuchteten in einem frischen Grün. Im Kopf ging sie ihren Zeitplan durch und achtete kaum auf den Weg. Erst als sie mit jemandem zusammenstieß, blieb sie stehen und wurde sich ihrer Umgebung bewusst. Vor ihr stand ein Feuerwehrwagen und blockierte die Kreuzung. Männer riefen sich etwas in der Nähe zu und einige Schaulustige hatten sich versammelt. Selbst die Polizei war da und versuchte die neugierige Menschenmenge zurückzudrängen.

Ihr wurde eiskalt. Das beunruhigende Gefühl, das sie seit gestern Abend bereits verspürte, wurde stärker, überwältigte sie und schnürte ihr die Kehle zu. Kathrine hörte das aufgeregte Gemurmel, während sie sich an den Menschen vorbeidrängelte, um zu sehen, was vor sich ging. Von einem schweren Unfall mit anschließender Fahrerflucht war die Rede, aber irgendwie wusste sie, dass das nicht stimmte. Ihr war plötzlich heiß und kalt zugleich.

An der Kreuzung angekommen blieb ihr der Mund offen stehen. Der Asphalt der Straße war aufgerissen, als hätten ihn riesige Klauen durchpflügt. Einige Sträucher waren niedergewalzt, ein Auto lag auf der Seite und ein ganzer Baum quer darüber.

Automatisch streiften ihre Finger den blauen Fleck an ihrem Oberarm. Für einen winzigen Moment flackerte eine schnelle Abfolge von Bildern in ihren Erinnerungen auf. Zähne, die weiß aufblitzten in einem riesigen Maul. Weißes und schwarzes Fell. Angst. Panik. Sie rannte. Stürzte. Ein junger Mann mit einem Schwert, das das Licht von Scheinwerfern reflektierte. Schreie. Ein sich überschlagendes Auto, das auf der Seite liegen blieb. Feuer. Grünes Feuer. Etwas krachte in den Baum. Sie versuchte die einzelnen Augenblicke zu greifen, doch es waren nur winzige Fetzen, die nicht real wirkten und sich auflösten, sobald ihre Gedanken sich darauf fokussierten. Gehetzt atmete sie wie nach einem Hundertmetersprint. Sie starrte auf die andere Straßenseite, direkt zu zwei unheimlich wirkenden Gestalten in Motorradkluft, die die ganze Szenerie mit harten Augen beobachteten.

***

»Verdammt. Ich glaube, sie hat mich gesehen«, stieß Kenan aus und drehte sich schnell weg.

Logan blickte auf und über die Straße zu dem unscheinbaren Mädchen, das zu ihnen herüberstarrte. Ihr blondes Haar war zu einem Zopf geflochten. Einzelne Strähnen hatten sich daraus gelöst, fielen ihr ins Gesicht und bedeckten fast ihre grünen Augen, in denen er Panik erkannte. Sie umklammerte ihre Umhängetasche, als wäre diese ein Rettungsring. »Bist du dir sicher, dass der Wolf es auf sie abgesehen hatte?« Für ihn sah sie nicht besonders aus. Ihre Gestalt wirkte durchschnittlich groß, nicht schlank, aber auch nicht füllig. Sie hatte ein unauffälliges Gesicht, trug bequeme Jeans und eine mädchenhafte Bluse mit einem Blumenprint, über die sie eine altbackene Strickjacke gezogen hatte, aus deren Ärmeln nur ihre Fingerspitzen schauten. Sie war nicht das Mädchen, nach dem er sich auf der Straße umdrehen würde. Er hätte sie nicht einmal bemerkt, wenn Kenan ihn nicht auf sie aufmerksam gemacht hätte.

»Ich bin mir ja nicht einmal sicher, ob dieses Ungetüm überhaupt ein Wolf war«, murrte Kenan und rieb sich über den schmerzenden Arm, der, nach den Bissspuren zu urteilen, in dem Maul der Bestie gesteckt hatte. Die Ränder der Wunden waren gerötet und leuchteten im Kontrast zu dem schwarzen eingerissenen Leder. »Seit die Grenzen zwischen unserer Welt und dem Síd gefallen sind, ist alles aus den Fugen geraten«, schimpfte er. »Es tauchen plötzlich Kreaturen auf, von denen ich dachte, sie würden tatsächlich nur in die Welt der Mythen gehören.«

»Als wir uns vor einem Jahr das letzte Mal getroffen haben, hast du dich noch darüber beschwert und gesagt, dir gehen Kobolde und Naturgeister auf die Nerven, du möchtest etwas Aufregenderes erleben.«

»Aye. Aber damit meinte ich nicht, von einer Bestie wie Fenris, einem Höllenhund oder was auch immer das gewesen ist, gefressen zu werden«, grollte Kenan.

Logan zuckte mit den Schultern. »Du lebst doch noch.« Seine Aufmerksamkeit galt dem Mädchen, das sich nun entsetzt abwandte und die Straße entlangeilte.

»Du bist ein Arsch. Hat dir das schon mal wer gesagt? Hey! Wo willst du hin?«, brüllte ihm Kenan hinterher.

»Ihr folgen. Wenn du mit deiner Vermutung recht hast, sollten wir sie im Auge behalten. Und zu deiner anderen Frage: ständig.« Allerdings interessierte ihn das nicht die Bohne. Er war nicht hier, um Freunde zu gewinnen, sondern seinen Job zu machen. Einen Scheißjob.

Kenan stieß genervt die Luft aus und kam ihm nach. Sofort hielt ihn Logan auf, indem er ihn vor die Brust stieß. »Wenn sie dich sieht, könnte sie sich doch wieder an dich erinnern.«

»Und wenn der Wolf wiederkehrt?«, fragte Kenan.

Logan zuckte erneut mit den Schultern. »Werde ich schon mit ihm fertig. Du bist doch auch mit ihm klargekommen.«

»Das ist kein Schoßhund.« In Kenans Stimme lag ein genervter Unterton.

»Ich will ihn ja auch nicht streicheln«, konterte Logan.

Kenan fluchte, gab es dann jedoch auf. Logan sah ihm an, dass er höllische Schmerzen hatte. »Wir treffen uns heute Abend wie besprochen«, sagte Kenan mürrisch und humpelte zurück zu seinem Motorrad.

Logan achtete nicht weiter auf ihn und sprintete der jungen Frau nach, die laut Kenans Aussage heute Nacht Ziel einer Kreatur gewesen war, die eindeutig nicht aus dieser Welt stammte.

3

Auch wenn Kathrine mittlerweile eine einfache und auch logische Erklärung für die Ereignisse von vor vier Tagen gefunden hatte, war sie noch nicht wieder zu ihrer täglichen Routine zurückgekehrt.

Immer wieder schweiften ihre Gedanken zu dem zerstörten Wagen ab, der auf der Seite gelegen hatte. Sie war sich sicher, dass sie Zeugin des Unfalls geworden war, bei dem ein Mann mittleren Alters umgekommen war. Mehrfach haderte sie mit sich und wollte zur Polizei gehen, allerdings konnte sie das Fluchtfahrzeug nicht beschreiben. Je öfter sie sich versuchte an das, was an jenem Abend geschehen war, zu erinnern, desto deutlicher sah sie vor ihrem inneren Auge eine riesige Bestie, die geradewegs der Hölle entsprungen schien. Ein Wolf so schwarz wie die Nacht, so groß wie ein Kleinbus und mit feurig roten Augen. Geifer war von seinen Lefzen getropft, während er die Zähne gefletscht hatte.

Offensichtlich war sie überarbeitet und brauchte ganz dringend eine Pause. Denn einen Wolf dieser Größenordnung gab es schlicht nicht. Wenn sie das jemandem erzählte, würde man sie direkt in die Klapsmühle stecken. Also versuchte sie so zu tun, als wäre nichts gewesen.

Da sie die Stelle mied, an der der Unfall stattgefunden hatte, lernte sie mittlerweile in der Bibliothek auf dem King’s Building Campus, wo auch ihre Fakultät lag. Ebenfalls achtete sie darauf, vor Einbruch der Dämmerung wieder zu Hause zu sein.

Sie atmete tief durch und begann den Absatz bereits zum fünften Mal zu lesen. Ihr Kopf war wie ein vollgesogener Schwamm und schien nichts mehr aufnehmen zu wollen. Zwar würde sie lieber in der Zentralbibliothek lernen, da sie dort das Gefühl hatte, ungestörter zu sein und sich besser konzentrieren zu können, aber nur bei dem Gedanken, durch den Park zu wandern und an dem mittlerweile abgesägten Baumstamm vorbeizulaufen, wenn sie auf dem Weg zu ihrer Wohnung war, bekam sie eine Gänsehaut. Vielleicht sollte sie sich einfach eine Pause gönnen, es war bereits fast Mittag. Sie klappte das Buch über Quantentheorie zu, packte ihre Sachen zusammen und eilte aus dem Gebäude.

Die letzten Tage überkam sie regelmäßig ein Schaudern und das Gefühl, beobachtet zu werden, ließ sie einfach nicht los. Innerlich fröstelte sie und zog immer wieder ihre Strickjacke fest um sich, um die Kälte zu vertreiben, dabei zeigte sich der schottische Frühling von seiner schönsten Seite. Überall blühte es und die Sonne strahlte von einem wolkenlosen Himmel herab.

Müde schloss sie die Tür zu ihrer Wohnung auf und hörte aus Jackies Zimmer Lachen. Sie hatte sich mit Timothy ausgesprochen und offensichtlich waren sie wieder glücklich miteinander. Flüchtig nagten die Eifersucht und der Neid an ihr, als sie sich ihrer eigenen Einsamkeit noch mehr bewusst wurde.

»Ich bin wieder da!«, brüllte sie vorsorglich, um nicht erneut so etwas wie vor zwei Tagen zu erleben, als die beiden splitterfasernackt und noch ineinander verknotet ins Bad gewollt hatten.

Kathrine ging kurz in die Küche, holte den restlichen Salat, der vom Vortag übrig geblieben war, und schlurfte in ihr Zimmer. Sie fühlte sich ausgelaugt und wollte nur noch schlafen. Ein kräftiges Gähnen erinnerte sie daran, dass sie seit Tagen kein Auge zubekommen hatte. Eigentlich musste sie auch noch lernen, was die letzten Tage ebenfalls zu kurz gekommen war.

Unmotiviert schnappte sie sich ihren Laptop und die Kopfhörer, setzte sich auf ihr Bett und klickte auf ihren Netflixaccount, um die nächste Folge von Scorpion anzusehen.

Sie hatte sich gerade eine Gabel Salat in den Mund geschoben, als es an der Tür klopfte. »Ja.«

Jackie steckte den Kopf herein und setzte sich zu ihr auf die karierte Tagesdecke. »Ist Timothy schon weg?«, fragte Kathrine überrascht.

»Wir treffen uns später im Pub. Hast du nicht Lust mitzukommen?«

Kathrine schüttelte den Kopf. »Ich habe viel zu viel zu tun. Außerdem bin ich müde.« Sie konnte ein weiteres Gähnen nicht unterdrücken.

»Ach komm schon. Es ist nicht mal vier und es ist Wochenende. Du brauchst doch auch mal eine Pause. Du warst schon so lange nicht mehr mit«, versuchte Jackie sie zu überreden.

»Ich weiß nicht …«, begann Kathrine, aber Jackie unterbrach sie sofort. »Wenn du nach Hause gehen willst, verspreche ich dir auch direkt mitzukommen.«

Das hinterhergeworfene »Bitte« mit den Rehaugen war eindeutig zu viel des Guten. Dennoch fühlte sich Kathrine hin- und hergerissen. Einerseits hatte sie keine Lust und war wirklich müde, andererseits wäre es vielleicht die beste Gelegenheit, auf andere Gedanken zu kommen. »Aber nur, wenn du nicht wieder versuchst mich zu verkuppeln«, gab sie am Ende nach.

Jackie stieß ein Jauchzen aus, hüpfte vom Bett und rief, während sie bereits durch die Tür war: »In einer halben Stunde geht’s los.«

»Versprich es mir. Keine Kuppelversuche!«, rief Kathrine ihr nach, doch Jackie reagierte nicht. Stöhnend ließ sich Kathrine zurückfallen, knallte mit dem Hinterkopf gegen die Wand und rieb sich über den Kopf. Worauf hatte sie sich da nur eingelassen?

Eine Stunde später betraten sie einen gemütlichen Pub, in dem Kathrine bisher noch nie gewesen war. Allerdings war sie, seit sie ihr Studium in Edinburgh begonnen hatte, auch nicht oft ausgegangen. Doch wie jedes Mal wollte sie am liebsten wieder rückwärts flüchten. Der Pub besaß eine niedrig hängende dunkle Holzdecke, die einem das Gefühl gab, in einer Höhle zu sein. Es war voll, laut und roch nach Alkohol. Der Fernseher, der sich über der Theke befand, zeigte gerade ein Fußballspiel zwischen den Hibernian Edinburgh und Celtic Glasgow. Sie quetschten sich an den grölenden Schotten vorbei zu einem der abgewetzten Holztische im hinteren Eck, wo sich Timothy und einige andere Studenten versammelt hatten. Jeder hatte einen Pint Cider in der Hand und fieberte beim Spiel mit. Timothy bemerkte Jackie auch erst, nachdem sie sich an seinen Arm hängte. »Hey Baby, da bist du ja«, schrie er begeistert gegen die Lautstärke im Raum an und gab ihr einen langen Kuss, der seine Freunde laut grölen ließ, die ihm anschließend auf die Schulter klopften.

Jackie grinste und kuschelte sich an ihn. Kathrine kam sich regelrecht unsichtbar vor und sie war sehr froh darum. Verlegen stellte sie sich in eine Ecke und nippte an ihrem Cider, den ihr eine Bedienung hingestellt hatte. Neugierig beobachtete sie die Leute, deren Blicke meist am Bildschirm klebten. Nur vereinzelt konnte sie ein paar Unterhaltungen ausmachen.

Zwei weitere kräftig gebaute junge Männer kamen an den Tisch, die Timothy und die anderen johlend begrüßten, weswegen Kathrine davon ausging, dass sie auch im Rugbyteam waren. Sie wurde weiter an die Wand gedrängt, als sich die Neuankömmlinge an den Tisch quetschten. »Hi. Ich bin Rory«, stellte sich lächelnd einer der beiden bei ihr vor. Er sah gut aus, sportlich und lässig. »Kathrine«, murmelte sie schüchtern und merkte bereits, wie ihre Wangen Farbe bekamen, weil sie so viel Aufmerksamkeit gar nicht gewohnt war. Er stand so dicht bei ihr, dass sich ihre Schultern berührten.

Rory musterte sie kurz und wandte sich dann wieder dem Spiel zu. Für einen kurzen Moment verspürte sie Enttäuschung, die sie allerdings sofort mit einem Schluck Apfelwein hinunterspülte. »Für wen bist du?«, fragte er unvermittelt und sie hätte sich vor Schreck beinahe verschluckt. »Edinburgh«, sagte sie und Rory beugte sich näher zu ihr, damit er sie besser verstehen konnte. »Edinburgh!«, rief sie diesmal lauter, um den Geräuschpegel zu übertönen. Sein zufriedenes Grinsen zeigte ihr, dass es die richtige Antwort gewesen war. Unsicher versuchte sie auch zu lächeln, aber seine Aufmerksamkeit galt bereits wieder dem Fernseher. Gedankenverloren nippte sie an ihrem Getränk und haderte mit sich. Wenn sie ein wenig mutiger gewesen wäre, hätte er sich vielleicht weiter mit ihr unterhalten.

Der ganze Pub brüllte plötzlich begeistert auf. Auch Rory. Er riss die Arme hoch, traf ihr Glas und beförderte den kühlen Cider auf ihre Bluse. Typisch. »Sorry«, rief er über die grölende Menge hinweg.

»Ist nicht schlimm«, antwortete sie ihm, aber er beachtete sie bereits nicht mehr und nutzte stattdessen die Gelegenheit, um ein hübsches Mädchen vom Nachbartisch anzugraben.

Frustriert ließ Kathrine die Schultern sinken und warf Jackie einen verzweifelten Blick zu, die nicht mal zu ihr rüber sah, sondern nur Augen für Timothy hatte. Toll. Es war ein Fehler gewesen hierherzukommen. Reine Zeitverschwendung.

Genervt stellte sie ihr Glas ab, zupfte an dem nassen Stoff, der an ihren Brüsten klebte, und schob sich durch die Fans mit ihren grün-weißen Schals, die ihre Mannschaft anfeuerten. Fußball war nicht ihr Ding. Eigentlich Sport im Allgemeinen nicht, auch wenn sie sich jedes Jahr zur Jahreswende den Vorsatz setzte, gegen ihre kleinen Fettpolster an Beinen, Po und Bauch vorzugehen. Sie hatte einfach zu viel zu tun mit der Uni. Wenn sie den Notenschnitt nicht hielt, konnte sie ihr Stipendium vergessen und musste zurück nach Hause. Etwas, das sie auf jeden Fall vermeiden wollte. Also war es eigentlich ganz gut, dass Rory kein Interesse an ihr hatte.

Die Tür zu den Toiletten fiel hinter ihr zu und das Grölen drang nur noch gedämpft zu ihr. Zwei andere junge Frauen standen vor den Waschbecken und zogen sich ihre Lippen nach, während sie sich darüber ausließen, welcher Kerl in ihren Augen heißer war und mit ihnen flirtete. Kathrine fühlte sich in diesem Moment wie ein Fremdkörper. Sie gehörte nicht hierher. Sie war einfach anders. Schminke interessierte sie nicht, Jungs behandelten sie meist wie Luft und auch wenn sie es nicht darauf anlegte, manchmal wünschte sie sich, dass es anders wäre. Für einen Moment beneidete sie die beiden hübschen Frauen.

Sie verbarrikadierte sich in einer der Kabinen und zog ihre Bluse aus. Der Cider klebte mittlerweile eklig auf ihrer Haut und sie rollte etwas Klopapier ab, um das Gröbste abzurubbeln. Als sie nach der Rolle griff, um weiteres Papier abzuwickeln, spürte sie nur die glatte Pappe. Leer. Neue Rollen gab es nicht. Seufzend legte sie den Kopf in den Nacken und betrachtete die alten Holzpaneele an der Decke, die voller Spinnweben waren. Manchmal wünschte sie sich wirklich, dass irgendetwas passierte und sich etwas änderte. Sie sich änderte.

Die beiden Frauen verließen lachend den Raum und die Tür schlug hinter ihnen zu. Allerdings war Kathrine nicht lange Ruhe vergönnt, denn das Klackern von Absätzen hallte durch den Waschraum. Die Kabinentür neben ihr wurde geöffnet und geschlossen.

Schnell zog sie die Bluse wieder über, verließ ihre Kabine und schaute sich die Bescherung im Spiegel an. Erleichtert seufzte sie, denn der Fleck war nur wenige Schattierungen dunkler als der Rest ihrer Bluse. Sie befeuchtete einige der Einweghandtücher, zog den Kragen weit nach unten und versuchte die klebrige Flüssigkeit zu entfernen.

Kräftig rieb sie über ihre Haut und war vollkommen vertieft in ihre Tätigkeit, bis sie das Gefühl hatte, irgendetwas stimmte nicht. Sie verharrte in der Bewegung. Ihr Atem bildete kleine Nebelwölkchen. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, bevor es anfing, in rasenden Galopp zu fallen. Ohne sich einen Millimeter zu bewegen, huschte ihr Blick zum Spiegel. Muster aus Eisblumen überzogen das Glas. Für einen Moment sah sie eine weiß gekleidete Gestalt hinter sich stehen, mit langen weißblauen Haaren, stechenden violetten Augen, die nichts Menschliches mehr an sich hatten, bevor das Eis die Fläche vollständig überzog.

Ihr Körper schien erstarrt, doch dann konnte sie sich mit einem Ruck lösen, sprang zurück und rannte aus dem Waschraum. Hinter sich hörte sie Glas splittern und kurz darauf setzte das Stimmengewirr der Menschen ein, die sich im Pub befanden. Sie stand zwischen etlichen Leuten, die alle wirkten, als wäre nichts geschehen. Als hätte sie sich das alles eingebildet. Eine Frau eilte an ihr vorbei zur Toilette. Bevor Kathrine sie aufhalten konnte, hatte sie bereits die Tür weit aufgerissen und ging hinein.

Erstarrt musterte Kathrine den Raum und versuchte zu begreifen, was sie in diesem kurzen Moment gesehen hatte, bis die Tür zugefallen war. Nämlich nichts. Kein Eis. Keine Splitter. Nichts. Wie hypnotisiert trat sie einen Schritt vor und stieß gegen das Holz, sodass die Tür sich knarzend öffnete. Eine weitere Frau trocknete sich die Hände ab und warf ihr einen irritierten Blick zu, bevor sie den Waschraum verließ. Die spitzen Absätze klackten auf den Fliesen und ähnelten dem Geräusch, das sie gehört hatte, als sie noch in der Kabine gewesen war. Nichts, wirklich gar nichts wies auf das eben Erlebte hin.

Es hatte begonnen. Sie trat zurück und fühlte sich wie betäubt. Jetzt war es amtlich. Sie wurde verrückt. Machte einen auf Nash aus A Beautiful Mind. Ruhig bleiben. Tief einatmen und ausatmen. Sie zählte bis zehn. Jemand rempelte sie an. Es kümmerte sie nicht. Sie versuchte nicht durchzudrehen.

»Hi. Dich hab ich hier noch nie gesehen«, erklang eine melodische Stimme mit starkem schottischem Akzent und riss sie aus ihrer Konzentration. Überrascht erkannte sie, dass ihr nicht schwarz vor Augen war, sondern jemand vor ihr stand, der ein schwarzes Shirt trug. Sie schaute genau auf dessen breite Brust. Ihr Blick glitt nach oben zu seinem Gesicht und nahm während seiner Wanderschaft ganz viele Details wahr. Der Mann trug eine schwarze Lederjacke. Über dem Kragen schaute die Spitze eines Tattoos hervor und verlief in einem Bogen über seinem Hals. Dunkles Haar mit einem Kupferstich bildete kleine Locken, die ihm ins Gesicht fielen, und kurze rötliche Stoppeln bedeckten sein Kinn. Sein schmaler Mund war zu einem verschmitzten Lächeln verzogen und entblößte gerade weiße Zähne, die im starken Kontrast zu seiner braun gebrannten Haut standen. Seine Augen lagen im Schatten und wirkten fast schwarz. Er sah gut aus. Sehr viel besser als Rory. Irritiert drehte sich Kathrine um, aber hinter ihr stand niemand, den er meinen konnte.

»Kann ich dir einen Drink ausgeben?«, fragte der Typ und berührte sie am Oberarm, sodass nun klar war, mit wem er sprach. Verwirrt starrte sie ihn an. Solche gut aussehenden Kerle warfen ihr für gewöhnlich keinen zweiten Blick zu, geschweige denn redeten sie mit ihr. Dennoch hielt sich ihre Freude über diese Tatsache in Grenzen, denn er wirkte nicht gerade vertrauenserweckend und hatte etwas Gefährliches an sich.

Nervös trat sie einen Schritt zurück und wandte sich der Ecke zu, wo Timothy, Jackie und die anderen standen. »Meine Freunde sind da …« Sie unterbrach sich und starrte vollkommen entgeistert den eben noch voll besetzten Tisch an. Nun standen zwei völlig Fremde dort und tranken gerade ihre Gläser leer. Verwundert sah sie sich suchend in dem Raum um. Erst jetzt fiel ihr auf, dass der vorhin noch zum Bersten volle Pub sich merklich geleert hatte. Auf dem Bildschirm über der Theke lief zwar noch das Spiel, doch keiner schien sich mehr dafür zu interessieren.

»Was ist los, Süße?«, fragte der Kerl und trat einen Schritt dichter an sie heran. Sie versuchte ihm auszuweichen und schwankte dabei ein wenig. Er ergriff ihren Oberarm und stützte sie. »Vielleicht sollten wir das mit dem Drink lieber lassen. Du wirkst, als hättest du schon jetzt zu viel getrunken.«

Kathrine hörte ihm gar nicht richtig zu. »Meine Freunde waren eben noch da«, stellte sie fassungslos fest.

»Tja, so wie es aussieht, haben sie dich wohl vergessen. Es ist schon spät, gleich ist Sperrstunde, vielleicht sollte ich dich besser heimbringen«, sagte er in einem arroganten Ton.

Nur langsam tröpfelten die Worte in ihr Bewusstsein. Sperrstunde? Kathrine blickte fassungslos zu ihm auf, als auch schon der helle Klang einer Messingglocke ertönte und den Gästen signalisierte, dass sie ihren letzten Drink bestellen sollten. Spätestens um elf Uhr würden die Zapfhähne stillstehen. Das Spiel hatte um vier Uhr nachmittags begonnen und sie waren zur zweiten Halbzeit in den Pub gekommen.

Wo war die Zeit hin?

4

Kathrine schien ihn gar nicht mehr wahrzunehmen. Kurz wedelte Logan mit seiner Hand vor ihrem Gesicht herum, doch sie reagierte überhaupt nicht, sondern sah aus, als würde sie jeden Moment aus den Latschen kippen.

Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Er hatte immer noch keine Ahnung, wo sie die letzten fünf Stunden gewesen war. Jedenfalls nicht auf dem Klo, davon hatte er sich selbst überzeugt. Bis auf die knarzende Tür gab es nur ein kleines, schmales Fenster, das zudem vergittert war, weswegen er auch nicht davon ausging, dass sie abgehauen war. Auch wenn sie so ausgesehen hatte, als würde sie liebend gern Reißaus nehmen, wirkte sie nicht gerade wie der abenteuerlustige Typ, der so etwas dann auch wirklich in die Tat umsetzte.

Der Gruppe von betrunkenen Sportskanonen schien es nicht einmal aufgefallen zu sein, dass Kathrine verschwunden war. Sie waren kaum zur Tür raus, als das unscheinbare Mädchen wiederaufgetaucht war. Völlig verwirrt und orientierungslos. Er hatte abermals einen Blick in die Toilette geworfen und nichts Ungewöhnliches feststellen können. Nicht einmal ein leichtes Kribbeln hatte er verspürt, das andeutete, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zuging. Erst jetzt in ihrer Gegenwart spürte er seltsamerweise die Reste eines mächtigen Zaubers wie eine elektrische Ladung in der Luft.

Er rieb sich nachdenklich über das Kinn. Kenan war eine verdammte Nervensäge mit seiner Jammerei, aber in einem hatte er recht: Seit Rona vor einigen Monaten die unsichtbare Grenze zwischen den Welten regelrecht weggesprengt hatte, stand alles kopf. Freund und Feind waren kaum noch voneinander zu unterscheiden und Wesen, die seit Jahrtausenden im Síd, der Anderswelt, eingesperrt gewesen waren, streiften frei durch die Highlands und verirrten sich mittlerweile auch vereinzelt in die größeren Städte. Bis auf den Wolf waren die meisten zum Glück harmlos. Es war dennoch verdammt harte Arbeit und kam einem Wunder gleich, dass die Menschen immer noch so sorglos und unwissend waren und nicht ihre Gewehre zückten, um plötzlich Einhörner jagen zu gehen – ob es die nun gab oder nicht.

Er befürchtete nur, dass Kathrine Evans bald nicht mehr zu der Sorte ›unwissend‹ gehörte, auch wenn er sich die letzten Tage redlich Mühe gegeben hatte, dies zu verhindern. Zuerst der Wolfsangriff, der für sich genommen vielleicht noch Zufall gewesen war. Doch ein paar Angriffe von Kobolden, die über ihren üblichen Schabernack hinausgegangen waren, hatten ihn zweifeln lassen, dass Kathrine zufällig ein Opfer geworden war, und nun das.

Die Frage war nur, warum? Was wollten die Síodhach, die Bewohner des Síds, von diesem Mädchen? Während der letzten Tage hatte er sie beobachtet und keine Erklärung gefunden, warum die Wesen sie bereits dreimal angegriffen hatten. Sie war eine Streberin, die den ganzen Tag die Nase in ihre Mathebücher steckte oder einem ihrer Dozenten hinterherschlich, um mit ihm unverständliches Kauderwelsch zu besprechen.

Sie war auch kein Druide wie er. Zumindest vermutete er das. Sie kam aus Cardiff und ihr Nachname war typisch für Waliser, weswegen er auch nicht davon ausging, dass ihre Ahnenreihe auf Milesius oder einen seiner Männer zurückging und sie überhaupt irgendwelche magischen Fähigkeiten besaß. Eigentlich war sie mit zweiundzwanzig auch schon zu alt, dass sich solche Kräfte zeigten. Aber sicher konnte er sich dessen auch nicht sein, dafür musste er sie einiger Tests unterziehen. Man wusste ja nie.

»Hey, ist mit der Kleinen alles in Ordnung?« Die Kneipe leerte sich langsam und der Wirt warf ihm einen misstrauischen Blick zu.

»Sie hat nur zu viel getrunken und Kopfschmerzen«, erklärte er. Kurz entschlossen nahm er Kathrines Hand und zog sie mit sich aus dem Pub. Sie ließ es einfach geschehen, folgte ihm wie eine hirnlose Puppe und stolperte über die drei ausgetretenen Stufen. Fluchend stützte er sie und bugsierte sie zu seinem Motorrad. Ihre Zähne begannen zu klappern, ihre Haut war eisig und im fahlen Licht der Straßenlaternen wirkten ihre Lippen blau.

Frustriert zog er seine Jacke aus und ihr an. Großartig. So konnte er sie jedenfalls nicht nach Hause fahren, weil sie wahrscheinlich bei der erstbesten Kurve Bekanntschaft mit dem Asphalt machen würde.

Erneut versuchte er sie aus ihrer Starre zu holen, indem er mit den Fingern vor ihrem Gesicht herumschnipste, doch noch immer zeigte sie keine Reaktion, sah durch ihn hindurch, als wäre er gar nicht da.

Vielleicht sollte er zu drastischeren Maßnahmen greifen. »Der hat ihr bestimmt was in den Drink getan«, vernahm Logans übermenschlicher Gehörsinn einen Gesprächsfetzen vor der Bar. Sein Blick streifte die Umgebung, bis er den Pubbesitzer bemerkte, der mit zwei stämmigen Gästen sprach und immer wieder auf ihn zeigte.

Sonst kümmerte sich doch heutzutage jeder um seinen eigenen Scheiß, warum ausgerechnet jetzt nicht? Die drei Gestalten hatten offensichtlich entschieden, dass sie zu dritt gegen ihn eine Chance haben würden, und kamen auf ihn zu. Ganz großer Fehler.

Allerdings war er nicht hier, um sich zu prügeln, auch wenn er übelst Lust dazu hatte. Knurrend zog er Kathrine dicht an seinen Körper, legte ihre Arme um seine Hüften, bevor er ihr Gesicht in beide Hände nahm und ihr einen filmreifen Kuss gab.

Die sich nähernden Schritte verstummten und eine Diskussion entbrannte, bevor die Männer sich wieder entfernten.

Die ganze Zeit sah Logan in Kathrines grüne Iriden, die ihn vollkommen leer anstarrten wie die einer Toten. Doch langsam kehrte das Leben in sie zurück. Ihm war zuvor gar nicht aufgefallen, wie faszinierend ihre Augen waren. Kleine goldene Einsprengsel hellten das grüne Meer auf. Ihr voller Mund wurde weich und nachgiebig. Ihre eisigen Wangen erhitzten sich unter seinen Fingern. Für den Bruchteil einer Sekunde kam sie ihm verträumt entgegen, intensivierte den Kuss und krallte sich in seinem Haar fest. Hallo Kätzchen. Gerade als sich bei ihm etwas zu regen begann, spiegelte sich Entsetzen in ihrem Gesicht und sie löste sich eilig von ihm. Bestürzt stolperte sie nach hinten und wäre fast über die schwere Maschine gestürzt, hätte er sie nicht festgehalten. Er grinste sie an. »Du küsst gar nicht mal schlecht, Süße.«

Die feine Röte, die ihre Wangen überzog, vertiefte sich. Niedlich. Zumindest war ihr nun offensichtlich nicht mehr kalt.

Er nahm seinen Helm vom Lenkrad und hielt ihn ihr hin. »Hier. Setz den auf, dann kann ich dich nach Hause bringen.«

In Kathrines Augen war zwar das Leben zurückgekehrt, dennoch starrte sie ihn weiterhin an, als wäre er ein Geist oder von allen guten Geistern verlassen.

Er drückte den Helm auffordernd gegen ihre Brust. »Mach schon, Kathrine. Ich frier mir hier langsam den Arsch ab.«

Zögernd nahm sie den Kopfschutz, doch dann war es, als hätte sich plötzlich ein Schalter umgelegt und bei ihr das Licht angeknipst. »Woher kennen Sie meinen Namen?«

Logan musste sich auf die Zunge beißen, dass er nicht laut über seine eigene Dummheit fluchte. »Du hast ihn mir doch gesagt.«

»Wann?«

»Vorhin.« Er schwang sich auf die Maschine.

Sie musterte ihn skeptisch von oben bis unten und ihr Blick verharrte bei seinen bloßen Armen, auf dem die magischen Runen eintätowiert waren, um seine Fähigkeiten zu kanalisieren. »Meine Eltern haben mich vor solchen Typen wie dir gewarnt. Ich kenne …«

»Was haben sie dir erzählt?«, unterbrach er sie ungeduldig und hielt gespannt den Atem an.

Ihre Wangen leuchteten mittlerweile so rot wie Tomaten. »Na ja, …«, sie schluckte nervös. »Du bist tätowiert und … und …« Mit einer Handbewegung erfasste sie seine ganze Gestalt und die Maschine, auf der er saß. Es war offensichtlich, dass ihre Eltern sie nicht vor Druiden gewarnt hatten, wie er im ersten Moment gehofft hatte, sondern nur vor bösen Jungs.

»Ernsthaft?«, fragte er genervt. »Für wen hältst du mich? Für einen Drogendealer oder Vergewaltiger?« Er sah es deutlich in ihren Augen. Sie steckte ihn wie all die anderen Leute einfach in eine Schublade. Sie hatte ihm irgendeinen Stempel aufgedrückt, ohne ihn wirklich zu kennen. »Ach vergiss es. Ich wollte dir nur helfen. Erst küsst du mich, als gäb’s kein Morgen mehr, und dann stellst du dich an, als hätte ich dir ein unmoralisches Angebot gemacht.«

»Ich habe dich geküsst?«, fragte sie ihn entgeistert.

»Natürlich. Warum sollte ich dich küssen?«, entgegnete er und hätte sich im selben Atemzug für diesen Kommentar in den Arsch beißen können. Feingefühl war noch nie seine Stärke gewesen. Genervt stieß er die Luft aus. »Was ist nun? Soll ich dich nach Hause bringen oder nicht? Ich würde irgendwann auch gern mal ins Bett.« Er verdrehte die Augen, als ihre ganz groß wurden. »Nicht in deins«, betonte er. Sie wirkte wie eine von denen, die Sex nur im Dunkeln und am besten erst nach der Hochzeit haben wollten. Eindeutig nicht sein Typ.

Er zog die Kupplung und trat kräftig auf den Hebel, sodass die alte schwarze Kawasaki dröhnend ansprang. Er atmete tief durch und startete einen letzten Versuch. »Hey. Ich wollte Jackie nur einen Gefallen tun, also lass mich dich wenigstens heil nach Hause bringen und ich muss mir nicht bis in alle Ewigkeit anhören, dass ich ihre Freundin mitten in der Nacht allein durch Edinburgh hab geistern lassen.«

»Das ist wieder einer von Jackies Kuppelversuchen?«, stieß Kathrine fassungslos aus.

Bingo. Ihre Augen begannen vor Wut zu glitzern. Sie hatte wirklich verdammt hübsche Augen. »Aye, was dachtest du denn?« Offensichtlich war es für Kathrine leichter zu glauben, dass jemand nur ihrer Freundin einen Gefallen tat, als tatsächlich etwas für sie.

***

Kurz sah Kathrine sich um. Die schmale Straße lag verlassen und finster vor ihr. Der Pub hatte bereits geschlossen und bis auf den fremden Typen war niemand zu sehen. Aber sie kam sich, wie so oft in den letzten Tagen, beobachtet vor. Die Blätter der Bäume raschelten im Wind und steigerten ihre Paranoia. Sie wusste, dass es nicht real war, dass sie nur an Wahnvorstellungen litt, aber ihr Herz schlug ihr dennoch bis zum Hals. Ihre Nerven lagen blank und die Angst, dass sie genau wie ihre Mutter enden würde, ließ sie frösteln.

Nervös befeuchtete sie sich die Lippen und rieb sich über die Arme. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie seine Jacke trug und nicht einmal seinen Namen kannte. Vielleicht hatte er ihn ihr bereits genannt, aber sie konnte sich nicht erinnern. Es schmerzte festzustellen, dass sie sich auf ihren Verstand plötzlich nicht mehr verlassen konnte. Das Einzige, was sie besaß. Ruhig versuchte sie zu atmen und musterte den jungen Mann, der sie abwartend und genervt ansah. Sie klammerte sich an den Helm, während sie versuchte den inneren Aufruhr zu besänftigen. »Wie heißt du?«, fragte sie ihn.

Sein Blick war durchdringend und machte sie nur noch nervöser. Es war nicht Jackies erster Versuch, Kathrine mit einem Kerl zu verkuppeln, den die lebenslustige Schottin toll fand, aber der so gar nicht Kathrines Geschmack entsprach. Zumindest sagte sie sich das, denn der düstere Typ, der vor ihr stand, sah verdammt gut aus – zu gut, um sich wirklich für sie zu interessieren. Niemals hätte sie ihn geküsst, nicht so. Ihr waren bei dem Kuss die Knie weich geworden. Am liebsten wäre sie vor Scham im Boden versunken. Okay, er gefiel ihr und brachte ihr Herz zum Rasen, aber das würde sie niemals zugeben. Sie wollte keinen Bad Boy, keine Lügen, keine Probleme und vor allem kein gebrochenes Herz. Nicht schon wieder.

»Logan«, stellte er sich knapp vor, richtete seinen Blick auf die Straße und ließ die Maschine laut aufheulen. Kathrine holte tief Luft, als wollte sie unter Wasser tauchen, und setzte den Helm auf. Erst beim zweiten Anlauf schaffte sie es, sich hinter Logan zu setzen, und suchte nach einer Möglichkeit, sich festzuhalten, ohne ihn zu berühren. Es gab keine und so legte sie ihre Hände locker an seine Hüften.

»Jetzt stell dich nicht so an.« Er schnaubte genervt, löste seine Hände vom Lenkrad und zog ihre bis zu seinem Bauch, sodass sich ihr Körper dicht an seinen Rücken presste. »Du musst dich schon festhalten. Ich habe keine Lust, dich unterwegs zu verlieren und dann vom Boden zu kratzen.«

Sie nickte nur an seiner Schulter und spürte die Hitze in ihren Wangen. Dennoch versuchte sie ihn so wenig wie möglich anzufassen und hielt sich nur locker fest. Bisher hatte sie immer einen weiten Bogen um diese Art Männer gemacht. Na ja, bis auf einmal, doch das reichte ihr fürs restliche Leben.

Er fuhr mit einem schnellen Satz an und sie hätte vor Schreck fast losgelassen. Ihre Finger krallten sich in sein Shirt und ihre Beine umklammerten das Motorrad. Bisher war sie nie mit so einem Ding gefahren und eigentlich hatte sie es auch nie vorgehabt. An den breiten Schultern von Logan konnte sie nicht vorbeisehen und so war jede Kurve, die er ihrer Meinung nach viel zu schnell nahm, eine Überraschung. Jedes Mal, wenn die Maschine sich zur Seite neigte, klammerte sie sich noch fester an ihn und schloss panisch die Augen. Wahrscheinlich fuhr Logan extra in diesem mörderischen Tempo, um ihr zu zeigen, wie recht er damit gehabt hatte, dass sie sich richtig an ihm festhalten sollte, und um sie zu demütigen.

Sie betete, dass die Fahrt schnell vorbei sein würde, doch es kam ihr vor wie eine Ewigkeit, die sie nun schon unterwegs waren. Über ihren eigenen Schatten springend, öffnete sie die Augen und musterte die vorbeiziehende Landschaft. Das war nicht die Innenstadt. Sie verließen Edinburgh.

Logan fuhr so schnell, dass die Bäume am Straßenrand nur noch verwischten Farbklecksen glichen. Panik schnürte ihre Kehle zu. Was hatte er mit ihr vor?

In ihrem Kopf malte sie sich die schlimmsten Szenarien aus. Sah schon, wie er mit ihr in den Wald fuhr, sie vergewaltigte, ausbluten ließ und in dem modrigen Boden verscharrte.

Sie war wie erstarrt, konnte sich keinen Millimeter lösen, obwohl der einzige Ausweg wäre, sich jetzt einfach auf die Straße fallen zu lassen. Wahrscheinlich würde sie sich einige Knochen brechen und da er sowieso vorhatte sie umzubringen, würde dies keine Rolle für ihn spielen. Vielleicht würde sie ihm sogar noch sein Vorhaben erleichtern, weil sie dann wehrlos war. Als ob sie überhaupt eine Chance gegen ihn hätte. Es gab keinen Ausweg.

»Halt dich fest!«, schrie Logan, bevor er noch mehr Gas gab, und erst in dem Moment bemerkte Kathrine das schwarze Ungetüm, das mit der nächtlichen Dunkelheit zu verschmelzen schien. Es trabte zwischen den Baumstämmen des Waldes hindurch, an dessen Rand sie entlangfuhren, und warf ihnen immer wieder hasserfüllte Blicke zu. Es stieß ein unheimliches Heulen aus. Das Licht des Scheinwerfers spiegelte sich in seinen Augen, ließ sie unheimlich leuchten und Kathrine konnte die riesigen Reißzähne in seinem Maul erkennen, als er es aufriss und durch das Dickicht preschte. Direkt auf sie zu. Ein Wolf so groß wie ein Kleinbus.

5

Das Visier des Helms beschlug und tauchte alles in unwirklichen Nebel. Sie konnte die Bestie kaum sehen, doch sie spürte ihren heißen Atem in ihrem Nacken. Das Motorrad ruckte zur Seite und sie klammerte sich noch fester an Logans breiten Rücken. Die mächtigen Zähne schlugen mit einem Klack aufeinander – direkt neben ihrem Kopf.

Das ist alles nicht wahr. Das konnte nur ihrem kranken Geist entsprungen sein.

Logan nahm eine Kurve so scharf, dass Kathrine schon befürchtete, die Maschine würde umkippen und sie unter sich begraben, doch dann richtete er sie wieder auf.

Kathrine verlor vollkommen die Übersicht, wusste nicht mehr, wo sie war, wie schnell sie fuhren. Für einen Moment wurden sie kaum merklich langsamer und ihre Finger gruben sich noch tiefer in Logans Klamotten, in Erwartung des Richtungswechsels, der daraufhin meist folgte. Das Vorderrad bremste, während das Hinterrad zur Seite schlitterte und sie sich so um hundertachtzig Grad drehten, bevor Logan wieder Gas gab. Der Geruch von verbranntem Gummi lag in der Luft. Etwas zerrte an ihrem Arm. Sie erkannte die langen Klauen, die das dunkle Leder von Logans Jacke zerfetzten und einen Streifen Haut freilegten, auf der direkt ein roter Striemen entstand. Es wirkte surreal, fremd, als wäre es nichts, was zu ihr gehörte, doch ein scharfer Schmerz, der just in diesem Moment einsetzte, belehrte sie eines Besseren. Sie stieß einen lauten Schrei aus, der durch das Innenfutter des Helms gedämpft wurde. In ihren Ohren rauschte das Blut und sie nahm noch weniger von ihrer Umgebung wahr.

Bitte lass mich einfach aufwachen.

Das Motorrad bremste abrupt und es fühlte sich an, als würde sie gegen eine Mauer gepresst. Direkt im nächsten Moment wurde sie durch die Luft gezogen und spürte einen Arm um ihre Brust, der sie aufrichtete.

»Lauf!«

Das brauchte ihr niemand zweimal zu sagen. Orientierungslos und panisch stürmte sie los. Fort von den unheimlichen Geräuschen, dem Heulen und Scharren. Sie stolperte halb blind vorwärts. Zerrte den Helm von ihrem Kopf und ließ ihn fallen, während sie einen tiefen Atemzug nahm. Sie rannte, bis ihre Seite schmerzte und ihre Muskeln brannten. Erschöpft brach sie auf dem feuchten Gras zusammen. Sie hätte eindeutig mehr Sport treiben sollen.

Atemlos sah sie sich um. Ein Blick zurück offenbarte ihr den ganzen Schrecken. Der Mann, der sich mit Logan vorgestellt hatte, griff den überdimensionalen Wolf mit einem zwei Meter langen Stock an. Einem Stock! Seine Bewegungen waren so schnell, dass sie vor ihren Augen verschwammen. Immer wieder schnappte das aggressive Tier nach Logan und jaulte auf. Kathrine wusste nicht, ob aus Wut oder Schmerz. Die Erde unter ihr bebte und grollte, als würde sie dem Vieh antworten.

Holz splitterte und knirschte, als die Bestie den Stock zwischen die Zähne bekam und mit aller Kraft zubiss. Logan stieß wütende Flüche aus, warf die Reste des Stabes fort und duckte sich, als der Wolf nach ihm schnappte. Er rollte sich über den rauen Asphalt und die Pranke verfehlte ihn nur um Millimeter. Die Erde riss an der Stelle und ein tiefer Abgrund klaffte auf. Die Straßenlaterne am Rand sprühte Funken und kippte hinein.

Das Ungetüm knurrte gefährlich und wollte hinübersetzen, doch der Grund, auf dem es stand, sackte plötzlich ab. Flink sprang Logan auf, rieb über seine Arme und ein schwaches grünliches Leuchten wie von einem Glühwürmchen umgab ihn. Mit einem Satz war der Wolf über ihm.

Kathrine konnte kaum atmen. Sie wusste nicht, was passierte, es ging alles so schnell, nur ein Wimpernschlag später verwandelte das Jaulen des Wolfes sich in ein Winseln. Mit eingezogenem Schwanz floh er.

Logan rappelte sich auf, klopfte sich mit einer laxen Handbewegung den Staub vom Shirt und kam lässig auf sie zugeschlendert. Seine Kleidung war zerfetzt und sein Blick finster.

»Ich habe dir doch gesagt, du sollst laufen!«, herrschte er sie an und sammelte unterwegs den Helm ein. Ängstlich krabbelte sie rückwärts davon, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Aber er war mit zwei Schritten bei ihr und zog sie zu sich hoch. Ihre Beine gaben direkt unter ihr nach und sie wäre gestürzt, wenn er sie nicht festgehalten hätte. Sie war unfähig auch nur ein Wort über ihre Lippen zu bringen, starrte ihn stattdessen ungläubig an. War er auch ein Produkt ihrer Wahnvorstellungen? Wahrscheinlich. Das würde zumindest erklären, warum sie sich geküsst hatten und er ihr etwas hatte ausgeben wollen.

Seine Finger legten sich genau über die brennende Wunde. Kathrine stöhnte vor Schmerz. Taten Wahnvorstellungen überhaupt weh?

Logan fluchte erneut und untersuchte den schmalen Schnitt, den die Klaue des Ungetüms in ihre Haut gerissen hatte. »Es sieht schlimmer aus, als es ist«, murrte er, ging in die Knie und warf sie sich unsanft über die Schulter. Er ging zu dem Motorrad und stellte Kathrine wieder auf die Beine. Sofort knickten sie unter ihr weg und sie kippte gegen ihn. Ihre Hände suchten Halt an seinem Oberkörper und seine Arme umschlossen sie, hielten sie fest. Er strahlte Wärme, Geborgenheit und Schutz aus und Kathrine wäre am liebsten in ihn hineingekrabbelt, während sie in Gedanken flüchtete. Sie fühlte sich vollkommen durcheinander.

»Wir müssen hier weg. Der kommt wieder«, erklärte Logan, schob sie von sich und drückte ihr den Helm in die Hände.

»Wer?«, hauchte sie.

Ungläubig sah Logan sie an. »Ähm, der Wolf, der uns beide fressen wollte?«

»Du hast ihn auch gesehen?«, fragte sie verwirrt.

Frustriert schnaubte Logan. »Nein, ich hatte mir die Augen verbunden, als ich mit ihm gekämpft habe. Was für eine dämliche Frage.«

Er wandte sich ab, stellte die schwere Maschine aufrecht und schwang sich auf den Sitz. »Komm, wir müssen weiter.«

Er war eindeutig Teil ihrer Psychose. Schwer atmend griff sie sich an den Kopf und versuchte eine logische Erklärung zu finden. Ja, ein schizophrener Schub konnte plötzlich und ohne Vorwarnung auftauchen, aber konnte er wirklich ein solches Ausmaß annehmen? War das, was sie erlebt hatte, doch wahr? Sie schauderte und begann zu zittern. Nein. Unmöglich.

Logan zog sie bestimmend zu sich heran. »Steig endlich auf!«, bellte er und sie gehorchte, denn in der Ferne erklang ein unheimliches Heulen.

Zitternd setzte sie den Helm auf und klammerte sich fest an Logan, verschmolz regelrecht mit seinem warmen Körper. Er war wie ein Fels in der Brandung, gab ihr Halt, während sie drohte unterzugehen.

Zehn Prozent, das war die Zahl, die seit Jahren wie ein Damoklesschwert über ihrem Kopf schwebte. Statistisch gesehen lag die Wahrscheinlichkeit bei nur zehn Prozent, dass sie die paranoide Schizophrenie ihrer Mutter geerbt hatte. Kathrine war daher immer davon ausgegangen, dass dieser Kelch an ihr vorbeiging. Sie hatte sich an die anderen neunzig Prozent geklammert und sich vorgenommen, dass sie ihr Leben nicht mehr von dieser Krankheit bestimmen ließ. Kathrine hatte schon so viel durch sie verloren.