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Worum geht es? Ein Video zeigt eine junge Frau auf der letzten Achterbahnfahrt der Nacht – allein, entschlossen, und plötzlich verschwunden. Ihre Freundin Sophie bittet Clara Faust um Hilfe: keine Vermisstenanzeige, keine Spuren, nur ein leiser Verdacht – und die Angst, dass niemand sonst merken würde, dass Laura fehlt. Clara folgt den Spuren in einen stillen Freizeitpark, zu einer alten Wette, einer verschlüsselten Freundschaft – und der Frage, ob Verschwinden auch eine Form von Sichtbarkeit sein kann. Wer sollte dieses Buch lesen? Menschen, die bei einem Fall nicht auf das „Wer war’s?“ warten, sondern auf das „Was steckt dahinter?“. Für Leserinnen und Leser, die lieber leise Worte mit Echo lesen als laute Paukenschläge. Die Clara Faust begleiten wollen bei dem Versuch, das Richtige zu erkennen – nicht das Spektakuläre. Und die wissen, dass ein offenes Ende manchmal die größte Auflösung ist. Was macht es unwiderstehlich? Weil du beim Lesen vergisst, dass es um ein Verschwinden geht – und begreifst, dass es um Selbstbehauptung geht. Weil Clara nicht aufklärt, sondern nachspürt. Weil niemand gerettet werden muss – aber alle etwas loslassen. Und weil man sich am Ende fragt: War ich vielleicht selbst nicht gemeint?
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2025
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 Letzte Reihe
Kapitel 2 Eine, die fragt
Kapitel 3 Wartungslücke
Kapitel 4 Eine Runde aus Luft und Milch
Kapitel 5 Eine Inszenierung
Kapitel 6 Die Schatten der Wette
Kapitel 7 Die wirklich letzte Runde
Kapitel 8 Noch ein Looping
Danksagung
Impressum
Nicht für dich gedacht.
Ein Fall für Clara Faust
Das Rattern der Räder auf dem Metall der Schienen war zunächst ein dumpfer, fast gemächlicher Ton. Dann beschleunigte er, wurde schneller, heller, nervöser. Ein Aufziehen, wie bei einem Spielzeug, das bald zu schnell für seine eigene Mechanik werden würde. Der Himmel war schwarzblau, durchzogen von zerfransten Wolken, die sich manchmal teilten und den Vollmond freigaben. Dann wieder schoss sein Licht durchs Bild, als wäre es Teil der Fahrt, eine Nebenattraktion mit eigenem Zeitplan.
Dazwischen: Lichtgirlanden, die noch immer leuchteten, obwohl der Jahrmarkt längst geschlossen war. Kein Stimmengewirr, kein Gelächter, keine Musik, nur die letzten dekorativen Lichter, die wie schlafende Glühwürmchen durch das Bild flackerten. In der Ferne drehte sich ein Riesenrad im Leerlauf, langsam und scheinbar vergessen.
Im Mittelpunkt des Bildes: das Gesicht einer jungen Frau.
Zart, entschlossen, mit dem Hauch eines Lächelns, das nicht wusste, ob es mutig war oder einfach nur gut geübt. Ihre dunklen Haare peitschten nach hinten, Augen halb geschlossen, halb geöffnet, als sei es ihr egal, wie viel sie davon sehen würde.
Die Kamera wackelte leicht, als würde sie von der Bewegung der Fahrt selbst geführt. Dann, mit einem einzigen Schlenker, schien das Bild zu kippen. Das Bild vermittelte einen schnellen Fall nach unten, als hätte jemand die Kamera aus der Verankerung gerissen, das Gesicht der Frau verschwand aus dem Bild, der Boden der Achterbahn pendelte durch das Bild.
Man hörte ein kurzes, scharfes Klacken, ein zögerliches, aber deutliches Kreischen –grell, wie ein Schrei nach Hilfe. Dann schwang die Kamera zurück. Der Sitz war leer.
Die Kamera drehte sich unkontrolliert weiter, fing unscharf Lichter ein, den Rand eines Wagenhecks, den Schimmer des Vollmonds auf einer nassen Schiene. Das Bild wurde dunkler. Schwarz.
Stille. Nur das leise Summen eines Lüfters.
Clara Faust saß auf einem abgegriffenen Küchenstuhl, eine Hand am Kinn, die andere lose um die Teetasse gelegt. Der Laptop vor ihr zeigte nichts mehr, nur einen schwarzen Bildschirm und einen kurzen Ladebalken, der sich irgendwann entschlossen hatte, stehenzubleiben.
Sie schüttelte langsam den Kopf. „Wenn das ein Witz sein soll, fehlt die Pointe“, sagte sie leise. Dann, mit einem schmalen Zug um die Lippen: „Und wenn es keiner ist, dann fehlt jemand.“
Hinter ihr knackte ein Dielenbrett. Clara zuckte nicht, aber sie blinzelte kurz, als hätte sich ihr Blickfeld um eine Nuance erweitert. „Hast du das Video gesehen?“ fragte sie, ohne sich umzudrehen.
„Ja“, sagte Benno Kramer hinter ihr. „Ich steh schon eine Weile hier. Dachte, ich warte den Loop ab. Sag bitte, das war kein Bewerbungsvideo für einen Zirkus?“
Sie drehte sich halb um und zeigte ihm ein angedeutetes Lächeln. Dann klappte sie den Laptop zu. „Zirkus trifft es gar nicht so schlecht. Achterbahn. Nachtfahrt. Letzte Reihe. Danach: leerer Sitz.“
Er lehnte mit der Schulter im Türrahmen, in der einen Hand zwei dampfende Tassen, in der anderen ein zerlesenes Notizbuch, das er offenbar irgendwo zwischendurch aufgegabelt hatte. Dann trat er ein paar Schritte näher, stellte eine der Tassen neben ihren Laptop. „Ich kenne dich. Schwarzer Bildschirm, gerunzelte Stirn, lakonischer Kommentar, das schreit nach Abgründen. Und entweder jemand ist verschwunden, oder du hast versehentlich die Steuererklärung geöffnet.“
Benno stellte die zweite Tasse auf die Fensterbank, legte das Notizbuch daneben und lehnte sich an die Wand. „Und wer hat gefilmt?“
„Automatische Kamera“, sagte Clara.
