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Worum geht es? Ein Clown verliert seine Stimme. Und sein Kostüm. Doch niemand hat etwas gesehen – oder vielleicht doch? Clara Faust, Problemlöserin mit feinem Gespür für leise Konflikte, wird in einen Zirkus gerufen, der kurz vor seiner Abschiedsvorstellung steht. Zwischen Seilen, Sägemehl und alten Verletzungen begegnet sie Artisten, die einander festhalten, bis einer loslässt. Und Monsieur Tonto, dem Clown, der nicht mehr weiß, ob die Rolle ihn trägt – oder auffrisst. Was beginnt wie eine harmlose Suche nach einem verschwundenen Requisit, wird zu einer berührenden Spurensuche nach Würde, Identität und dem Mut, sich neu zu erfinden. Wer sollte das Buch lesen? Alle, die in Geschichten das Menschliche zwischen den Zeilen suchen. Leserinnen und Leser, die Humor mögen, aber keinen Klamauk. Die sich für Figuren interessieren, die mit Würde scheitern, um mit noch mehr Würde weiterzuleben. Wer Geschichten wie „Der Geschmack von Apfelkernen“ oder „Der Gesang der Flusskrebse“ liebt – aber auf leiserer Bühne –, wird sich bei Clara Faust zuhause fühlen. Besonders Menschen, die beruflich oder privat Übergänge begleiten – sei es im Alter, in der Pflege, im Coaching oder einfach im Leben – finden in diesem Buch eine zärtliche Hommage an das Verabschieden und das Aufstehen. Was macht es unwiderstehlich? Es ist ein Zirkusstück ohne Artistik, eine Clownsgeschichte ohne Schminke – und doch so voll Zauber, dass man beim Lesen manchmal innehält, weil ein Satz etwas in einem aufrührt, das man längst vergessen glaubte. Die Geschichte ist leise, aber nicht langweilig. Witzig, aber nie platt. Sie schenkt Leserinnen und Lesern nicht die Auflösung eines Kriminalfalls, sondern etwas viel Seltenes: das Gefühl, Zeugin oder Zeuge einer Wandlung gewesen zu sein. Und wer Clara Faust einmal zugehört hat, wenn sie mehr sieht, als andere sagen – der will sie nicht mehr missen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2025
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 Einladung ins Vergangene
Kapitel 2 Manege ohne Maske
Kapitel 3 Gerüchte hinter den Kulissen
Kapitel 4 Rosa in der Seitenloge
Kapitel 5 Auf leisen Pfoten
Kapitel 6 Kein Glitzer, nur Fragen
Kapitel 7 Der Monolog im Dunkeln
Kapitel 8 Die Wahrheit schmeckt salzig
Kapitel 9 Der letzte Vorhang
Epilog, Kein Eintritt, nur Ausblick
Danksagung
Impressum
Schluss mit lustig
Ein Fall für Clara Faust
Der Karton lag auf der Fußmatte wie ein zu spät gekommener Gruß aus einer anderen Zeit. Kein Paketdienstaufkleber, keine digitale Sendungsverfolgung, nur eine geschwungene Adresse, von Hand geschrieben, und ein Absender in altmodischer Tintenschrift: Jo Belling, Circus Bellissimo.
Benno hob das Päckchen auf, als er vom Brötchenholen zurückkam. „Post. Ohne Absenderkennung, ohne Barcode. Entweder Anthrax oder Nostalgie.“ Er reichte es Clara mit zwei Fingern, als könnte es knistern oder glitzern, oder beides.
Clara nahm es entgegen. Das Papier war beklebt mit kleinen goldenen Sternen, halb abgelöst, halb draufgehaucht. Unter dem Klebeband lugte ein zerrissenes Zirkusetikett hervor, ein Löwenkopf, etwas schief.
Benno schnupperte. „Ah das Parfum der Melancholie. Eau de Transzendenz mit einer Basisnote aus Weltenflucht.“
Clara hielt inne, ganz kurz nur. Dann sagte sie leise: „Das ist Bühnenrauch.“
Benno sah sie ernst an. „Wie alle großen Illusionen: sichtbar, riechbar, aber letztlich flüchtig.“
Clara schmunzelte. „Nein, Bühnenrauch ist ein alter Freund. Sein Spitzname. Weil er früher in jeder Probe in der Theater AG die Nebelmaschine zu früh eingeschaltet hat.“ Sie betrachtete die Handschrift auf dem Adressaufkleber. „Jo Belling. Wir waren mal fast zusammen. Dann ist er mit dem Zirkus weitergezogen. Und ich bin geblieben.“
Benno zog eine Augenbraue hoch. „Muss ich eifersüchtig sein oder nur neugierig?“
Clara lächelte. „Nur neugierig.“ Sie setzte sich an den Küchentisch, das Paket vor sich. Einen Moment lang wirkte sie, als müsste sie sich selbst davon überzeugen, dass es wirklich da war. Dann zog sie mit Bedacht das Klebeband ab. Kein Messer, kein Reißen. Nur leises Knistern. Obenauf lag ein vergilbtes Programmheft: Circus Bellissimo, Sommertournee 2007.
Clara nahm das Heft aus dem Umschlag. Das Cover war verblichen, der Karton weich gedrückt von den Jahren. Sie drehte es in den Händen, betrachtete die Rückseite. Ein von Hand gezeichnetes Herz, halb verblasst. Darin: Jo & Clara.
Sie lächelte, fuhr mit dem Finger über die Linie, zärtlich, als könnte sie die Zeit zurückspulen. „Das war der Abend, an dem Monsieur Tonto zum dritten Mal über denselben Schwan gestolpert ist. Und ich zum ersten Mal dachte, dass ein Mensch mit einer roten Nase mein Leben retten könnte.“ Sie hielt inne, das Programmheft in den Händen wie etwas Fragiles. „Und dann hat genau dieser Mensch mir Jo gestohlen. Oder vielleicht auch nur gezeigt, dass ich ihn nie richtig hatte.“
Sie lächelte schief. „Damals gab’s noch kein Smartphone. Kein Story-Post. Kein ‚Er hat mich verlassen, und hier ist mein neuer Haarschnitt’. Nur dieser Zettel, dieses Heft, und plötzlich war er weg. Und mein Herz irgendwie auch mit.“
Sie deutete mit dem Finger auf das gemalte Herz auf der Rückseite des Programmheftes.
„Jo und Clara“, hauchte sie leise.
Benno sagte nichts. Er wusste, wann Worte zu viel waren.
Einen Moment lang hielten beide inne, als wäre etwas in der Luft stehen geblieben, ein alter Gedanke, eine verstaubte Melodie. Dann klappte Clara das Heft vorsichtig auf. Zwischen den Seiten knisterte es leicht. Sie fand darin zwei Eintrittskarten. Rote Ränder, goldene Schrift, etwas übertrieben, aber für diesen Zweck genau richtig. Clara hob sie an, drehte sie im Licht. „Loge, Sonntagabend“, sagte sie tonlos, fast wie zu sich selbst.
Benno nickte, dann deutete er mit dem Kinn auf das Heft.