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Tief verborgen im Atlantischen Ozean liegt der geheime Inselstaat Unionis – ein Ort, den die restliche Welt weder kennt noch erahnt. Inmitten dieser verborgenen Gemeinschaft wagt eine junge Elfe einen Neuanfang an der angesehenen Hochschule Lairandra. Zum ersten Mal in ihrem Leben scheint es ihr möglich, echte Bande zu knüpfen, sich selbst zu entwickeln und herauszufinden, wer sie wirklich ist. Ein romantisch-fantastischer Roman aus der Sicht von Lucia über viele intensive erste Male, tiefgreifende Veränderungen und die Suche nach dem eigenen Schicksal. Der epische Auftakt der Ortus Solis-Trilogie.
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Seitenzahl: 550
Veröffentlichungsjahr: 2025
Ortus Solis Licht des Schicksals
Der Auftakt der Ortus Solis-Trilogie
Idee, Text, Cover: Kathleen Tulping
© 2025 Kathleen Tulping
Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:
tredition GmbH
Heinz-Beusen-Stieg 5
22926 Ahrensburg
Deutschland
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter:
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Abteilung »Impressumservice«
Heinz-Beusen-Stieg 5
22926 Ahrensburg
Deutschland
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 – Initium Novum 1
Kapitel 2 – Alte Skepsis 11
Kapitel 3 – Zimmer 2.08 23
Kapitel 4 – Eine harmlose Frage 34
Kapitel 5 – Nachmittagsdates 44
Kapitel 6 – Drystans Leid 55
Kapitel 7 – Kleine Triebe 66
Kapitel 8 – Vereint 77
Kapitel 9 – Neue Familie 86
Kapitel 10 – Dominanz 95
Kapitel 11 – Alte Freunde 110
Kapitel 12 – Ailuranthropie 120
Kapitel 13 – Innerste Gedanken 129
Kapitel 14 – Zwänge 142
Kapitel 15 – Die Bestie im Inneren 150
Kapitel 16 – Biester und Sonnen 158
Kapitel 17 – Gelübde 167
Kapitel 18 – Verlorener Götterglaube 177
Kapitel 19 – Vorbereitungen 186
Kapitel 20 – Drystans Eigentum 197
Kapitel 21 – Aufbruch aus Tharrenn 207
Kapitel 22 – Kindheitserinnerungen 218
Kapitel 23 – Außerhalb 227
Kapitel 24 – Wunden lecken 237
Kapitel 25 – Überfahrt 251
Kapitel 26 – Crotha 262
Kapitel 27 – Verstrickungen 271
Kapitel 28 – Lückenhaft 281
Kapitel 29 – Wiederherstellung 290
Kapitel 30 – Quellenfluch 301
Kapitel 31 – Fluchlöser 316
Kapitel 32 – Tiefe Wunden 328
Kapitel 33 – Rückkehr 339
Kapitel 34 – Wahrheit 349
Kapitel 35 – Wiedergeburt 365
Kapitel 36 – Unvergessen 375
Kapitel 37 – Gen Osten 389
Kapitel 38 – Granfel 401
Kapitel 39 – Heimweh 415
Kapitel 40 – Heimat 427
Vorwort
Licht und Schatten, Sonne und Mond, Schönheit und Schmerz, Hoffnung und Verzweiflung, Vergangenheit und Zukunft.
So wie das Leben unaufhörlich zwischen hellen und dunklen Momenten schwankt, entfaltet sich auch diese Geschichte in einem Wechselspiel aus schönen und fürchterlichen Augenblicken.
Dieses Buch enthält explizite Inhalte und ist ausschließlich für erwachsene Leserinnen und Leser gedacht.
Mit viel Liebe und Herzblut habe ich diesen Roman geschrieben, in der Hoffnung, dass es Dich ebenfalls begeistern, fesseln und vielleicht sogar berühren wird.
Doch bitte sei Dir bewusst, dass einige der behandelten Themen herausfordernd und emotional aufwühlend sein könnten.
Aus diesem Grund findest Du auf der letzten Seite des Buches eine Liste möglicher Trigger.
Beginne Deine Reise in den geheimnisvollen Inselstaat Unionis, wo Du Lucia und ihre Freunde auf einem Weg voller Entdeckungen begleitest. Gemeinsam werden sie zusammenwachsen, erste Male zu erleben, und Lucias Schicksal finden.
Ich wünsche Dir aus vollem Herzen viel Freude und intensive Momente beim Lesen dieser Geschichte!
»Als die Menschen ihre Jagd auf uns fortsetzten, hatten wir zwei Optionen. Aufstehen, uns wehren und damit einen Genozid an ihnen durchführen, oder uns zurückziehen und uns abschotten.
Wir wollten nicht mehr kämpfen, und so zogen die mächtigsten Magier des Terraelements los und erhoben diese Landmasse aus dem Meer, um für alle Wesen eine sichere Heimat zu schaffen. Ohne Kriege und ohne Hexenverfolgungen.
Es gab Gruppen, die kämpften, und aufgrund dessen von den Menschen fast, oder sogar gänzlich ausgerottet wurden, so wie der Großteil der Gestaltwandler, der Vampire und auch der Hobgoblins.
Die Elfen wollten sich erst wehren und gegen die Menschen in den Krieg ziehen. Doch als ihre Anführerin, die letzte jemals gesehene Sonnenelfe, von einem menschlichen Soldaten ermordet wurde, beschlossen die Elfen zu gehen. Viele Menschen, die auf unserer Seite waren, begleiteten sie.
An dem Tag, an dem die Schiffsflotte der Elfen die Bucht von Anafin in Aloria erreichte, und alle Wesen mit arkanen Fähigkeiten auf dem Gebiet des Versteckens vereint eine Barriere errichteten, begann für uns eine glorreiche Ära.
Für uns war dies das Jahr 0. Der Beginn unserer eigenen Zeitrechnung. Ein Neuanfang, unser initium Novum.
Als wir nach 80 Jahren, also in der restlichen Welt im Jahr 1638, langsam in Vergessenheit der Menschen gerieten, begannen wir, alle überlebenden Gruppen an Wesen aufzusuchen. Wir luden Sie ein, hier zu leben.
Und so breiteten wir uns über die Inseln aus, die wir heute in ihrer Gesamtheit unter dem Namen Unionis kennen. Wir erweiterten unsere Barrieren und begannen ein halbwegs friedliches Dasein. Auch wenn wir immer noch zu viele Konflikte und Morde verzeichnen, leben wir hier deutlich sicherer und besser als früher«, sagte der Mann, der sich zwar nicht vorstellte, aber unseren Dokumenten nach Professor Dionth zu sein schien.
»Weshalb haben die Menschen überhaupt Jagd auf uns gemacht? Ich kenne die Geschichten aus meiner Schulzeit, aber ich verstehe es einfach nicht«, fragte ein Mann aus der anderen Ecke des geräumigen Unterrichtsraumes.
»Weil die allermeisten Menschen Angst haben vor Dingen, die sie nicht verstehen. Aus Furcht, und vielleicht auch zusätzlich Machtgier, wollten sie uns von ihrer Welt tilgen. Geweihe von Faunen, Feenflügel, und auch Halblingsköpfe wurden zu Beweisen für Kraft und Mut«, antwortete der Professor und sah etwas betrübt in unsere Runde, bevor er seine rechte Hand über seine kleinen Hörner rieb. Er trug zwar offensichtlich Faun-Gene in sich, doch das einzige, worin er sich von einem Menschen optisch unterschied, war das kompakte Geweih.
»Und das, obwohl wir wissen, dass keins der genannten Wesen sonderlich kampferprobt oder aggressiv, war. Aber Menschen scheinen gern zu töten. Deswegen halten wir Unionis auch nach all den Jahren weiterhin versteckt.
Dennoch ist es wichtig, anzuerkennen, dass wir durch die grausame Misshandlung der Menschen und unsere eigenen anhaltenden Probleme fantastische Heiler geworden sind. Aber da sage ich ja nichts Neues, denn genau deswegen seid ihr ja hier.
Ihr seid die nächste Generation unserer Heiler, Biologen und Forscher. Es wird meine Aufgabe sein, euch in simplen Behandlungsmethoden auszubilden. Mein Name übrigens Professor Dionth. Ich bin ein Viertelfaun und seit fünfzehn Jahren Arzt. Da mir, aufgrund eines Arbeitsunfalls, das enorm präzise Arbeiten im Krankenhaus nicht mehr möglich ist, unterrichte ich hier, und bin euer Notfallarzt«, erklärte unser Lehrer mit einem Lächeln, während er seine braunen Locken lässig beiseite strich.
»Nun denn, sammelt euch bitte in Gruppen, gemäß eurer Natur, eurer Hauptquelle für Energie«, sagte der Professor und ließ mit einer Handbewegung über vier Tischen die Symbole der Hauptelemente erscheinen.
»Professor, was ist mit denen, die gleichermaßen auf zwei Elemente zugreifen können? Ich bin mehrquellig und bin in der Lage Terra- und Pyroenergie zu verwenden«, fragte ein blondes Mädchen neben mir.
»Für diesen Fall steht es Ihnen frei sich einfach für die Quelle zu entscheiden, welche Sie bevorzugen. Ich wusste nicht, dass wir in diesem Jahr mal wieder eine mehrquellige Studentin haben.«
Ich zögerte kurz, hob die linke Hand, als Professor Dionth in die Runde sah. Er bemerkte meine Unsicherheit scheinbar und lächelte mich locker an, »Oh, zwei Mehrquellige in einem Jahrgang? Sehr erfreulich! Junge Dame, welche Quellen nutzen Sie?«, fragte er und warf mir einen erwartungsvollen Blick zu.
Nun verschlug es mir die Sprache. Ich war sowieso schon fürchterlich nervös, und gleich in der allerersten Unterrichtseinheit alle Blicke auf mich zu ziehen, war das Gegenteil von dem, was ich wollte.
Ich stammelte für einen Moment, eh ich den Mut fand, zu sprechen, »Aero und Pyro, Sir«, antwortete ich leise, in der Hoffnung, dass mich niemand beachten würde.
»Das ist fantastisch. Gesellen Sie sich gern zusammen zur Pyrogruppe. Dann können Sie beide sich etwas austauschen.«
Mit zittrigen Knien stand ich auf und stellte mich, zusammen mit dem hellblonden Mädchen, zu den anderen aus der Gruppe, während wir skeptisch begutachtet wurden.
Es war exakt die Reaktion, die ich erwartet hatte, und das bereitete mir Sorgen.
Es wird genau so, wie es vorher auch war. Ich werde wieder keinen Anschluss finden, dachte ich mir, eh mir bewusst wurde, dass es ja eine weitere Mehrquellige gab. Vielleicht hatte ich ja Glück und sie war nett.
»Mir ist bewusst, dass viele Schüler unsicher sind, was ihre mehrquelligen Kommilitonen betrifft. Doch hört mir bitte zu. Mehrquelligkeit ist nichts Schlimmes und kann überaus nützlich sein, ganz besonders in unserer Branche«, sagte Professor Dionth und eröffnete einen kurzen Monolog über die Mehrquelligkeit, und wie gut es war, mit mehreren Quellen den Patienten helfen zu können.
Ich übte mit den anderen aus der Pyrogruppe, Wunden zu verschließen und Fieber zu senken, indem wir die Wärme in uns aufnahmen und nach außen ableiteten.
Zur ersten Pause sprach mich das Mädchen mit der Doppelquelle an, »Schön, nicht allein damit zu sein. Es ist toll, so viel Energie zu spüren, und alles, aber ich hasse es, wie angewidert manche davon sind. Ist es bei dir auch so? Woher kommst du? Wie heißt du? Ach und übrigens, ich bin Finja Henriksdottir.«
Ich musterte sie für einen Moment und sah, dass ihre Augen unterschiedliche Farben hatten und sie eindeutig kein Elfenblut in sich trug. Vermutlich war sie eine junge Menschenfrau. Doch allem Anschein nach war sie genauso nervös wie ich, und das gab mir ein gutes Gefühl. Vielleicht könnte ich ja wenigstens einen richtigen Kontakt knüpfen.
»Mein Name ist Lucia. Ich wohne auf Durnevern. Ganz im Westen. Noch ein Stück weiter westlich von Griffmaw. Und ja, ich kenne das Gefühl, wenn man einfach nur für seine Fähigkeiten gehasst wird«, antwortete ich und nickte etwas deprimiert.
»Dann ist das doch eine ganz wunderbare Gelegenheit für uns Freunde zu werden«, sagte Finja und grinste breit. Ihr Lächeln löste sich nicht, während sie in ihrer Tasche nach etwas kramte, »Ich komme übrigens von einer Insel aus der Nähe von Ishnou, im Norden von Aloria.«
Einen Moment später hatte sie ein Blatt Papier in der Hand und verglich mit mir die Stundenpläne. Im Nu stellten wir fest, dass Finja und ich nicht allzu oft zusammen Unterricht hatten, aber da unsere Schlafzimmer im Wohnheim direkt nebeneinander waren, würden wir uns dennoch oft sehen.
Mit einem Lächeln und leuchtenden Augen hüpfte sie zu ihrem nächsten Unterricht und ich lief in die andere Richtung.
Ich kam nicht umher, darüber nachzudenken, ob sie das ernst meinte oder ob mich derselbe Unsinn und dieselben Hänseleien wie bisher erwarteten. Ich erinnerte mich an die Torturen meiner Schulzeit. Immer und immer wieder wurde ich geschlagen und angespuckt. Es sei weder normal, noch akzeptabel mehrquellig zu sein. Das wäre so, als hätte man zwei Ehemänner gleichzeitig, da das eigene Element etwas ist, dem man sich öffnet und sich hingibt. Der Ansicht der meisten Personen nach, war es falsch, mehrere Quellen und somit Gottheiten anzubeten.
Dass diese Abnormität keine Entscheidung für mich war, sondern ich damit geboren wurde, war den Leuten egal.
Mein Zweifel, ob Finja aufrichtig war, blieb ungebrochen. Doch ich kam zu dem Entschluss, dass es, aufgrund ihrer eigenen Mehrquelligkeit recht unwahrscheinlich war, und sie sicherlich genauso sehr eine Freundin brauchte, wie ich.
Leider kam ich nie dazu, richtige Freundschaften zu knüpfen, da die breite Masse, die mich nicht direkt seltsam fand, Angst vor mir hatte.
Ursprünglich plante ich aus diesem Grund nicht einmal eine weiterführende Schule zu besuchen, aber mein großer Bruder redete mir ins Gewissen. Er verstand meinen Unmut, legte es mir dennoch ans Herz, da er der Meinung war, dass es zumindest hier in Lairandra auf jeden Fall andere Mehrquellige geben würde. Und da hatte er recht. Wo, wenn nicht in der höchsten Ausbildungsstätte für die Heilkunst und biologische Forschung in Unionis?
Mein Bruder Jorvin war fünf Jahre älter als ich, und dementsprechend länger in Lairandra, um Biologie zu studieren. Er wirkte bislang in seinen Erzählungen und in jedem seiner Briefe unbesorgt, und so war ich gewillt dem Ganzen eine Chance geben.
Zumindest konnte ich für den Zeitraum meines Studiums zu Hause ausziehen und hatte die Möglichkeit, wieder mehr Zeit mit Jorvin, statt mit meinem Vater, zu verbringen.
Nach diesem etwas anstrengenden Gespräch mit Finja fühlte ich mich zwar weiterhin aufgeregt, doch es beruhigte mich, mit meiner Besonderheit nicht mehr allein zu sein. Und vielleicht gab es in den anderen Kursen weitere Schüler, die so waren wie Finja und ich.
Mein Gedankengang endete in dem Moment, in dem ich plötzlich eine fremde Männerstimme hörte. Sie war sanft, und klang wie ein Flüstern direkt neben meinem Ohr:
»Lucia Lumley, gib auf dich acht. Du bist wichtiger, als du denkst.« Ich schnaufte und drehte mich zur Seite, aber dort stand niemand.
Zu meinen vorhandenen Problemen gesellten sich jetzt nach allem Anschein zusätzlich Halluzinationen. Wunderbar. Als die Stimme erneut zu hören war, bekam ich Panik und sah mich weiter um, um sicher zu stellen, dass nicht jemand hinter mir gesprochen hatte.
»Hab keine Angst. Ich schütze dich.«
Mein Herz pulsierte urplötzlich so stark, dass ich sicher war, jeder um mich herum müsste es hören können. Die Welt ringsum schien zu verschwimmen, während ich hektisch nach dem Ursprung der Stimme suchte. Auf der Suche nach einem Versteck eilte ich zum nächstgelegenen Gebäude, doch plötzlich packte jemand meinen Arm, »Bei Circes Becher, was ist denn?«, entfuhr es mir, als ich den brünetten Kerl ansah, der mich festhielt.
Erschrocken ließ er von mir ab und murmelte »Entschuldigung«, eh er weiter lief. Ich schnaufte. Es war mein erster Schultag in Lairandra und ich wollte schon jetzt wieder abhauen.
Im nächsten Unterricht namens ‘Biologie der verschiedenen Wesen’ saß ich allein und versuchte, der Lektion zu folgen. Der Junge von eben saß an seinem Platz, hob seinen Kopf kaum, und sah allgemein etwas trübsinnig aus. Er saß ebenfalls einzeln, und mied die Blicke der anderen, obwohl er scheinbar kein Mehrquelliger war. Ich betrachtete ihn ein Weilchen, und schämte mich für meine Reaktion vorhin, aber diese Stimme war wirklich angsteinflößend. Ich beschloss, ihn nach dem Unterricht anzusprechen und mich zu entschuldigen. Er hatte nichts mit meinen Problemen zu tun, und sah auf den ersten, zweiten und vermutlich zwölften Blick, den ich während dieser Stunde auf ihn warf, wirklich freundlich aus.
Aus meiner Erfahrung heraus bedeutete sein sympathisches Aussehen nichts, dennoch war ich entschlossen ihm die Chance geben, auszusprechen, was er mir zuvor sagen wollte. Selbst wenn er mich, so wie die meisten Schüler früher, auslachen oder beleidigen würde, dann wäre das keine neue Erfahrung. Ändern, geschweige denn verhindern, konnte ich es eh nicht.
Genauso wie vorhin gab es wieder skeptische Blicke und Getuschel, als ich erneut anmerken musste, dass ich mehrquellig bin.
Mehrquellige Schüler konnten versehentlich Unfälle verursachen, wenn sie Magie nicht richtig anwendeten. Deshalb war es Pflicht, meine Besonderheit bei jedem Lehrer anzugeben. Ich verstand nicht, warum die Lehrkräfte nicht einfach eine Liste mit allen mehrquelligen Schülern hatten, aber da ich nichts daran ändern konnte, nahm ich es kommentarlos hin.
Ich sah aus dem Augenwinkel, dass der junge Kerl von vorhin zu mir herüberblickte. Sein Blick ruhte eine Weile auf mir, doch als er ihn abwandte, betrachtete ich ihn weiter.
Er war schlank und wirkte fast schlaksig. Seine braunen Locken umrahmten sein bebrilltes Gesicht, und ich konnte erahnen, dass einige Sommersprossen seine Nase zierten. Er war wirklich attraktiv. Auch die Tatsache, dass er scheinbar nur menschlich war, tat dem keinen Abbruch.
Der Biologieunterricht war im Vergleich zum Heilungsunterricht leider viel theoretischer, jedoch nicht weniger wichtig. Schließlich konnte man eine Harpyie mit einem Flügelbruch nicht genauso behandeln wie eine Fee. Aus diesem Grund mussten wir lernen, welche Heilmethoden für welche Wesen geeignet waren.
Mir fiel auf, dass mich der Junge von vorhin immer wieder ansah, aber meinen direkten Blick mied. Ich war überzeugt, dass er bereits einen Plan schmiedete, um sich für meinen Ausbruch in der Pause zu revanchieren. Deshalb trödelte ich am Ende der Stunde absichtlich und ließ mir extra viel Zeit, bevor ich meine Sachen zusammenpackte.
Ursprünglich wollte ich mich wirklich entschuldigen, doch meine Angst, dass er nun etwas Bösartiges plante, war einfach zu groß.
Kaum hatte ich meine Unterrichtsmaterialien verstaut, fuhr ich erschrocken zusammen – der braunhaarige Junge stand plötzlich direkt vor mir.
Skeptisch sah ich ihn für einen Moment an, als er begann, zu sprechen, »Du scheinst sehr nervös zu sein. Geht es dir gut?«, fragte er und musterte mich mit seinen haselnussbraunen Augen fast schon besorgt.
Eh ich antworten konnte, sprach er weiter, »Gut, ‘n bisschen nervös sind wir alle. Immerhin ist es unser erster Schultag, aber du wirkst ganz besonders angespannt. Kann ich dir helfen? Ich kenne mich auf dem Gelände aus. Ich wohne in der Stadt neben der Schule und hab die ganzen Sommerferien auswendig gelernt, wo welcher Unterricht stattfindet, damit ich mich nicht verlaufe«, er schien genauso sympathisch zu sein, wie er aussah, trotz, dass er nun etwas beschämt wirkte.
Meine Gedanken rasten. Bevor ich eine Antwort parat hatte, redete er weiter, »Na ja, ich wollte dir das zumindest anbieten. Dann will ich dich nicht weiter stören und hau wieder ab. Wenn du Hilfe brauchst, ruf mich einfach. Ich bin Drystan Stoat«, bot er an und drehte sich um.
»Warte«, flüsterte ich etwas überrumpelt von der Geschwindigkeit und der Freundlichkeit, mit der er sprach, »Weißt du, wo das Gebäude für Medikamentenherstellung ist?«
»Klar, das hab ich jetzt auch. Wollen wir zusammen zum Haus 5 laufen? Auf dem Weg liegt ein kleines Café und da wir jetzt eh ‘ne lange Pause haben, können wir gern was trinken. Ich lad dich ein. Also... wenn du das... auch... willst?«, stammelte er, und als er bemerkte, was er da sagte, lief er knallrot an, »Also du musst nicht, wenn du nicht willst, aber..«
»Das können wir so machen«, antwortete ich lachend. Er wirkte aufrichtig und die Kombination aus Plaudertasche und Schüchternheit traf meinen Geschmack, »Ich muss nur unten kurz auf jemanden warten, danach können wir uns gern am Café treffen.«
»Ich kann auch mit dir auf jemanden warten. Also... ähm, na ja, wenn das für dich okay ist«, sagte Drystan und wurde eine Spur roter.
»Das kannst du natürlich«, antwortete ich und versuchte mir ein Lachen verkneifen.
Ich nahm meine Tasche, und gemeinsam liefen wir nach unten, als er plötzlich sagte, »Ich find das übrigens supercool, dass du mehrquellig bist! Ich wäre auch gern mehrquellig. Ich find das wirklich faszinierend.«
Was hatten meine spitzen Ohren da vernommen? Jemand fand Mehrquelligkeit... cool? Ich war zwanzig Jahre alt, doch so etwas hatte ich noch nie in meinem Leben gehört.
Skeptisch zog ich eine Augenbraue nach oben und verengte die Augen, »Soll das lustig sein?«, fragte ich mit einer Mischung aus Wut und Scham in der Stimme.
Sein Lächeln verblasste, und stattdessen spiegelte sich Verwirrung in seinem Gesicht, als er ruckartig mit dem Kopf schüttelte, und einen Moment später wieder lächelte, »Ich find das echt faszinierend. Ich versteh ehrlich gesagt nicht, warum sich so viele Leute darüber aufregen. Mein ehemaliger bester Freund ist mehrquellig, und das war für mich nie ‘n Problem. Eher… etwas, das ich, um ehrlich zu sein, bewundert hab. Ich mein, wenn ich mir was aussuchen dürfte… vielleicht Aqua und Terra. Oder Pyro. Wär halt echt praktisch. Ich denk mir öfters mal, dass es schön wär, mehr Möglichkeiten zu haben«, erzählte Drystan unbeirrt. Ich beobachtete ihn aufmerksam, um herauszufinden, ob er das so meinte, wie er es sagte, oder ob er gleich auflösen würde, dass er sich über mich lustig gemacht hatte.
Aber nein, etwas beschämt sah er auf seine Füße, die in Schuhen steckten, die scheinbar schon einige Kilometer hinter sich hatten. Dunkelbraune, lederne Halbschuhe mit zerkratzter Spitze, die dennoch frisch poliert schienen. Allgemein schien Drystans Kleidung nicht neu zu sein. Auch sein grün-braun kariertes Hemd und die beige Hose wiesen mehrere sauber ausgeführte Reparaturen auf.
Er kickte einen kleinen Kiesel in meine Richtung, eh er mich wieder ansah.
»Ja, es bietet deutlich mehr Möglichkeiten, doch dass mich jemand darum beneidet, habe ich noch nie erlebt. Das fühlt sich... schön an. Aber auch seltsam«, murmelte ich und lächelte ihn für einen Moment an.
Urplötzlich brach in Drystans Gesicht ein breites Grinsen aus, was meine Skepsis erneut aufflammen ließ, »Wieso grinst du so?«
»Dieses ehrliche Lächeln steht dir besser als dieser skeptische und grimmige Blick«, sagte er weiterhin lächelnd.
»Es tut mir leid, aber freundliche Unterhaltungen mit Fremden passieren mir sonst nie«, schnaufte ich und schaute in den wolkenbehangenen Himmel.
»Nie?«
»Nie.«
»Das tut mir leid. Du hattest bestimmt keine schöne Schulzeit, oder?«
»Hmm.«
»Na, dann hast du jetzt eine gute Möglichkeit, um neu anzufangen.«
»Leider habe ich dasselbe Problem wie zuvor. Alle meiden mich, sobald sie wissen, dass ich mehrquellig bin.«
»Jetzt nicht mehr. Ich werde dich deswegen nicht meiden und habe den Kontakt zu dir sogar aktiv gesucht, weil du ‘ne sehr interessante Aura hast. Mir ist es vollkommen egal, ob du eine oder mehrere Quellen nutzt.«
»Eine interessante Aura?«
»Ja, ich bin Auraleser. Meine Oma ist ‘ne Dryade, also ‘n Baummensch. Deswegen auch Drystan. Das fanden meine Eltern irgendwie lustig oder so, keine Ahnung.«
Ich konnte mir ein aufrichtiges Lachen nicht verkneifen, »Ich verstehe es. Drystan der Dryadenenkel«
Er machte wirklich einen süßen Eindruck, doch meine Skepsis erlaubte mir nicht, mich in voller Gänze über unsere wirklich angenehme Unterhaltung freuen.
»Oh, ich sehe, du hast schon eine Bekanntschaft gemacht«, hörte ich Jorvins Stimme hinter mir, bevor mich eine hünenhafte Gestalt in die Luft hob.
»Du hast mir so gefehlt«, hauchte ich, als meine Füße wieder den Boden berührten und sich von hinten zwei muskulöse Arme sanft um meinen Hals schlangen.
»Du mir auch, kleiner Engel«, antwortete Jorvin und gab mir einen Kuss auf mein blondes Haar.
Drystan rückte verlegen seine Brille zurecht, während sich seine Wangen tiefrot färbten.
»Wer bist du?«, fragte Jorvin skeptisch, eh er mich losließ und sich zu mir stellte. Er war deutlich größer als ich und aufgrund seines ausführlichen Trainings, doppelt so breit.
»Ich, ähm, ich bin Drystan. Ich hab auch meinen ersten Tag hier und du bist...?«, fragte er überaus peinlich berührt.
»Mein Name ist Jorvin und Lu ist meine Schwester. Sie kommt nach Mum und ich komm nach Dad. Optisch jedenfalls«, lachte Jorvin und legte mir und Drystan jeweils eine Hand auf die Schulter. Drystans Anspannung schien sich für einen Moment in Scham zu verwandeln, eh er sich entkrampfte.
»Also läuft es bisher gut?«, fragte Jorvin mich lächelnd mit Blick auf meinen neu gewonnenen Gefährten.
»Stand jetzt, habe ich mit zwei Schülern gesprochen. Ihm,«, sagte ich und nickte zu Drystan, »und mit einem Mädchen, was ebenfalls mehrquellig ist.«
»Ach, wunderbar, dann bist du ja immerhin nicht allein. Ich weiß gar nicht, wie hoch die Anzahl der mehrquelligen Schüler in den anderen Jahrgängen ist. Es gab einen in meinem Jahrgang, mehr kenne ich auch nicht. Aber ich muss weiter. Genieß die Pause. Komm heute Nachmittag mal mein Wohnheim besuchen, Lu. Haus 16!«, rief Jorvin, bevor er zu seinen Freunden zurückeilte.
»Wie heißt du eigentlich? Ich quatsch dich voll und weiß nicht mal, wie dein Name lautet«, sagte Drystan und lachte beschämt. Mein Herz raste zwar weiterhin vor Sorge, dass er sich als Arschloch herausstellte, doch ich versuchte, mir das nicht mehr anmerken zu lassen. Vielleicht könnte mich etwas Sympathie ja vor einem Übergriff schützen. Und außerdem, er konnte nichts für das, was andere Leute mir angetan haben.
»Lucia Lumley. Es ist mir eine Freude, sie kennenzulernen, Herr Stoat«, antwortete ich kichernd, und griff ich die Spitzen meiner Bluse um einen Knicks anzudeuten.
Drystan verbeugte sich sanft und deutete einen Handkuss an, eh er sich wieder aufrichtete.
»Und du wohnst hier im Wohnheim?«, fragte er mich, als wir das Café erreichten.
»Ja. Ich komme von Durnevern und ich war froh, endlich zu Hause ausziehen zu können«, antwortete ich, während Drystans haselnussbraune und wissbegierige Augen auf mich gerichtet waren, »Und du lebst also direkt neben Lairandra? Da wohnst du sicherlich nicht im Wohnheim«, sprach ich weiter.
Drystan grinste mich an und nickte, »Korrekt. Ich geh jeden Abend wieder nach Hause. Oma und Opa haben mir zwar angeboten, ins Wohnheim zu ziehen, aber ich wollte das nicht. Ich mag mein Zuhause. Die ganzen Auren dort würden mich vermutlich irgendwann wahnsinnig machen.«
Wir gingen an den leeren Sitzplätzen vorbei und betraten das kleine Haus, welches, entgegen seiner rustikalen, hölzernen Außenfassade, sehr modern eingerichtet war. Drinnen war es, trotz des bewölkten Wetters gut ausgeleuchtet, und auch die Möbel waren recht hell. Alles war in einer ungewohnten Kombination aus weiß und glänzendem Chrom gehalten, erschien durch einige Blumen auf den Stehtischen und Pflanzen an den Wänden jedoch trotzdem einladend.
»Was möchtest du trinken?«, fragte Drystan und warf mir ein sanftes Lächeln zu.
Ich grübelte kurz, bis mir einfiel, welchen Tee ich früher besonders gern trank, »Denkst du, hier gibt es Zitronenmelisse?«
»Bestimmt. Und wenn nicht, kann ich dir morgen welche von zu Hause mitbringen. In meinem Kräuterbeet wächst sie ganz wunderbar«, flüsterte er und grinste breit.
Er bestellte für uns Tee und zahlte beide, ohne mir auch nur die Chance zu geben, selbst zu zahlen. Mit den Tees ging Drystan nach draußen und stellte sie auf dem Tisch ab, eh er mir einen Stuhl anbot.
Ich setzte mich und sah mich um. Die dichte Wolkendecke, die bereits in den letzten Tagen über der Insel Tharrenn hing, schien sich langsam aufzulösen, und so konnte man hin und wieder einen Blick auf die warme Augustsonne erhaschen.
Doch nun war nicht der richtige Moment, um die Häuser, auf denen die Lichtstrahlen verweilten zu betrachten, also widmete ich mich wieder Drystan.
»Und du bist wasserquellig?«, fragte ich nach, als er seinen Finger über seinen Tee kreiste und dieser ungewöhnlich flott aufhörte zu dampfen.
»Jaaa, ziemlich langweilig. Aber immerhin kann ich meinen Pflanzen beim Wachsen helfen.«
»Das ist spitze.«
»Na ja, es ist eher öde. Das Feuer oder die Erde beeinflussen zu können, find ich deutlich cooler.«
Ich schob mir eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht, »Meine Pyroquelle bringt mir im Alltag auch nichts.«
Drystan hob den Kopf und sah mich direkt an. Dieser direkte Blick gefiel mir. Er räusperte sich, »Du bist ja ‘ne Elfe, oder? Stimmt es, dass Elfen nicht schlafen?«
»Also ja, ich bin eine Elfe und nein, das stimmt nicht. Wir müssen theoretisch nicht täglich schlafen, aber ich mache es trotzdem meistens. Ohne Schlaf erschöpfen wir viel schneller. Und wie ist es bei Dryaden?«
»Ich brauch schon ‘ne Menge Schlaf, auch wenn ‘n kleines Nickerchen an ‘nem Baum und schon Wunder wirken kann. Aber sonst schlafe ich lieber in meinem Bett«, antwortete er, bevor er an seinem Tee nippte.
Ich betrachtete ihn ein wenig weiter. Er hatte eine kräftige Sommerbräune, die seine wenigen Sommersprossen noch mehr betonte. Seine gebräunte, mitteleuropäische Haut, in Verbindung mit seinen wildabstehenden, hellbraunen Locken und der dunklen Brille passte perfekt. Er sah wirklich süß aus.
»Und du kannst also Auren lesen? Was hat dich denn an meiner Aura so neugierig gemacht?«, erfragte ich, als Drystan seine Teetasse wieder abstellte.
Er schien kurz nachzudenken, eh er antwortete, »Was weißt du über Auren?«
Ich zuckte mit den Schultern, »So ziemlich gar nichts.«
»Okay. Also ja, jedes Wesen und manche Gegenstände haben eigene Auren. Und dann gibt es Wesen, die diese sehen. Ich bin leider nur Vierteldryade, also ziemlich unterdurchschnittlich, wenn’s um das Lesen geht. Für mich sind Auren nur Grautöne. Nicht wirklich aufregend. Reindryaden sehen dagegen Farben und Muster, was natürlich deutlich spektakulärer ist. Bei mir erscheinen diese Auren als einfache Lichtimpulse, die leider auch mein Seelenheil beeinflussen.
Die meisten Auren sind in ‘nem Spektrum von Silbergrau bis Mausgrau. Gibt auch ein paar, die fast schwarz sind, und die gehören meistens zu den besonders charmanten Zeitgenossen mit einem verdorbenen oder, wer hätte es gedacht, bösen Charakter. Bei denen weiß mein Dryadeninstinkt schon: Das wird nicht gut enden.
Deine Aura... na ja, sie ist besonders. Sie strahlt in reinem Weiß. Hab ich noch nie gesehen. Es gibt zwar welche mit fast hellgrauen Auren, aber deine ist... auffällig. Und irgendwie gibt mir das ‘n angenehmes Gefühl von Sicherheit. Keine Ahnung, warum, das muss ich noch mit meiner Oma besprechen. Sie weiß bestimmt, was das bedeutet. Oder sie tut zumindest so.«
Ich zog meine Augenbrauen nach oben und warf Drystan einen skeptischen Blick zu, »Ich fühle mich nicht sonderlich rein und strahlend.«
»Das kann gut sein. Aber, auch wenn Auren für mich nur ‘n belastender Instinkt sind, liegen sie meistens nicht völlig daneben«, sagte Drystan mit einem Lächeln, während sein Blick irgendwo an meinem Kopf vorbei in die Ferne schweifte, wahrscheinlich auf der Suche nach der nächsten Entschuldigung, um mich nicht direkt anzusehen.
Plötzlich sprang er auf und rannte aus meinem Blickfeld heraus. Ich schaute ihm für einen Moment nach, jedoch entfernte sich immer weiter. Ich schnaufte und drehte mich wieder zurück. Eine tiefe Traurigkeit erschien aus heiterem Himmel in mir. Ich hatte es geahnt und versucht, nicht enttäuscht zu sein, aber ich wusste genau, dass es so kommen würde. Ich war schlicht zu naiv gewesen.
Was habe ich mir eigentlich dabei gedacht?Es war klar, dass er nicht anders sein kann als alle anderen, dachte ich mir und trank einen Schluck meines Tees. Es schmerzte ein wenig, dass er mir Interesse heuchelte, anstatt mich einfach sofort zu beleidigen. Besonders, weil ich wirklich das Gefühl hatte, wir könnten uns gut verstehen.
Die Leute werden sich nie ändern, dachte ich mir, als ich aus meinem selbstmitleidigen Gedanken gerissen wurde. Jemand hatte mir eine Hand auf meine Schulter gelegt und mich damit ziemlich erschrocken.
»Bitte entschuldige, aber diese Chance konnte ich mir nicht entgehen lassen«, sagte Drystan und setzte sich wieder.
Strahlend hielt er den Zweig einer Pflanze in seiner nun schmutzigen Hand, »Ich habe noch nie ‘ne Morus Rubra auf dieser Insel gesehen. Sehr seltsam. Vielleicht hat jemand versehentlich Samen aus Amerika mitgebracht. Das ist ‘ne rote Maulbeere. Die wachsen eigentlich nur westlich des Atlantiks. Die Früchte sind angeblich sehr lecker. Und wer weiß, vielleicht bringt uns das Schicksal ja noch ‘ne kulinarische Revolution.«, sagte Drystan und schmierte sich die erdigen Finger an einer Serviette ab, eh er einen davon in seinen Tee steckte.
»Ich versorge diese kleine Rarität nur eben und dann können wir uns gern weiter unterhalten. Aber das braucht immer ‘n bisschen Konzentration«, sagte er und schloss die Augen.
Ich war verwirrt. Nachdem er so aufsprang, war ich mir so sicher, dass er mich nur auflaufen lassen wollte, doch nun saß er mir gegenüber und steckte einen Finger, unter dessen Nagel sich etwas Erde befand, in seinen Oolong-Tee. Ich verstand das Prozedere nicht, bis ich bemerkte, dass der Tee weniger, aber dunkler wurde, während der Zweig langsam dünne und kurze Wurzeln ausbildete.
»Hast du das Wasser transferiert? Das ist ja supercool!«, platzte es voller Begeisterung aus mir heraus.
Drystan lief rot an und sah mich mit einem stolzen Lächeln an, »Nicht nur transferiert. Ich hab’s auch gefiltert und nur die nützlichen Stoffe durchgelassen.«
»Das ist wirklich beeindruckend. Auch dass du das Wachstum beeinflussen kannst, ist echt eindrucksvoll. Ist das durch deine Quelle oder durch das Dryadenblut?«
Drystan kratzte sich lachend am Kopf, »Das ist ‘ne vortreffliche Frage, aber um ehrlich zu sein – keine Ahnung. Das kann ich einfach. Ich weiß nicht mal seit wann. Irgendwie konnte ich das schon immer.«
Er legte die Pflanze aus ein Stück feuchte Serviette, und holte ein Glas aus seiner Tasche. Er streute ein wenig des Inhalts über die frischen Wurzeln.
»Was ist das?«, fragte ich voller Neugier.
Er reichte mir das Glas, »Dünger. Hab ich selber gekocht und dann getrocknet. Nur die feinsten Zutaten die Wayrith und die Umgebung zu bieten haben. Also zum Großteil Unkraut, was ich vor dem nächsten Rasenmähen in der Stadt gerettet hab.«
»Du bist also ein großer Pflanzenenthusiast.«
»In der Tat. Das ist auch das Einzige, was ich kann«, lachte er und verstaute seine neu gewonnene Pflanze in einer Brotdose.
Ich freute mich aufrichtig, dass er bislang keine verabscheuenswerten Absichten zeigte. Es war wirklich schön, mit jemand Fremden einen Tee zu trinken und zu reden.
Mir fiel auf, dass Drystan immer wieder spitzzüngige Bemerkungen machte, und auch wenn ich wusste, dass die meisten Leute Zyniker eher mieden, fand ich es erfrischend ehrlich. Da er mir gegenüber keine abfälligen Kommentare machte, hatte ich keinen Grund, ihn deswegen zu meiden.
Wir unterhielten uns über unsere Stundenpläne und stellten im Laufe des Gesprächs fest, dass diese fast identisch waren. Außer, dass ich zwei Mal wöchentlich den Geschichtsunterricht ‘Pre initium novum’ besuchte, welcher sich mit der Zeit vor dem Jahr Null beschäftigte, während er bei Astrologie war.
»Hey, ähm, wollen wir dann zukünftig einfach zusammen sitzen?«, fragte Drystan mich und lief wieder rot an.
Ich konnte mir ein wirklich freudiges Lächeln nicht verkneifen, »Klar.«
Er schien mir aufrichtig gutherzig. Trotz, dass ich ihn kaum kannte, hatte ich ein recht positives Gefühl ihm gegenüber. Meine Skepsis verschwand selbstredend nicht sofort nach all den Jahren des Hasses. Doch Drystan schien im Vergleich zu den meisten Personen, anders zu sein, indem er völlig unvoreingenommen gegenüber meiner Mehrquelligkeit war. Und genau das bedeutete mir mehr, als er je erahnen konnte.
Nebeneinander folgten wir den letzten beiden Einheiten des Tages. Zum Unterrichtsende verabschiedeten wir uns voneinander, und ich machte mich auf zu Haus 16, um mich mit Jorvin zu treffen. Kaum hatten wir ein paar Sätze miteinander gesprochen, entschuldigte und verabschiedete er sich wieder, weil er noch mit einem Freund verabredet war.
Ich war deprimiert, dass Jorvin sich kaum Zeit für mich nahm. Wir hatten uns in den letzten Jahren selten gesehen, und nun machte es den Anschein, es wäre ihm gleich, dass ich in seiner Nähe war, und wir uns wieder täglich sehen konnten.
Gedankenverloren entfernte ich mich von Jorvins Wohnheim und ließ meinen Blick schweifen. Wenn ich mich jetzt schon am anderen Ende des Geländes befand, konnte ich mich ja auf dem Weg zu meinem eigenen Wohnheim immerhin ein wenig umsehen.
Die meisten Gebäude in Lairandra waren ältere Steinhäuser menschlicher Architektur. Andere zeichneten sich durch die eleganten, geschwungenen Linien typisch elfischer Baukunst aus. Mir fiel jedoch auf, dass der Detailgrad hier deutlich geringer war, im Vergleich zu Elfenstädten wie Evenastir oder Faerodeen.
Die zwergischen Steinbauten ähnelten zwar denen der Menschen, wirkten mit ihren filigranen Verzierungen allerdings edler als die praktischen, schnörkellosen Konstruktionen der Menschen.
Ich lief weiter nach Westen zum Ufer des an den Campus grenzenden Sees. Das Wasser war still und reflektierte perfekt den nur noch leicht bewölkten Himmel. Ich freute mich, dass die Wolkendecke der letzten Tage endlich aufgebrochen war und ich mich noch etwas an der Sonne erfreuen konnte.
Ohne weiter nachzudenken zog ich meine Schuhe aus und stellte mich in das kühle, wild glitzernde Wasser.
Erst jetzt bemerkte ich eine Insel inmitten des Sees, die völlig von Pflanzen überwuchert war. Es dauerte einen Moment, bis ich erkannte, dass auf dieser Insel ein Gebäude stand, welches von oben bis unten bewachsen war. Die Menge an Bäumen und Büschen ließ mich vermuten, dass es sich um das Unterrichtsgebäude für druidische Heilkunst handelte.
Am Ufer entlang, watete ich nach Süden und genoss das Gefühl von Wasser zwischen meinen Zehen, bis ich den schmalen Südfluss des Sees erreichte. Anstatt weiter im Fluss zu gehen, entschloss ich mich, auf der angrenzenden Wiese zurück in Richtung Haus 9 zu schlendern. Erst als das weiße Backsteinhaus sichtbar war, zog ich meine Schuhe wieder an.
Es hätte wirklich schlechter laufen können, dachte ich mir und ging zur Eingangstür. Es war nicht alles optimal, jedoch schenkten mir die vergangenen Stunden zumindest ein wenig Hoffnung.
An der Tür angekommen, fiel mein Blick auf eine kleine, grüne Pflanze in einem Terrakottatopf, bei der ich mir sicher war, dass sie heute früh noch nicht da stand.
Ein Zettel steckte an einem kleinen Stock im Topf, ‘Für Lucia, weil ich heute Mittag das Gefühl hatte, dich erschreckt zu haben. Tut mir leid, dass ich so hektisch aufgesprungen bin, als ich die Morus Rubra entdeckt habe. Deswegen habe ich beschlossen, meinen kleinen Glücksfund noch mehr wurzeln zu lassen und aus einem Teil davon eine zweite Pflanze zu ziehen. Schlaf gut und bis morgen. Ich freue mich schon. Mit überaus blumigen Grüßen, Drystan.’
Mit meiner neuen Topfpflanze im Arm stieg ich die Treppen in die zweite Etage hinauf. Auf dem Weg in mein Zimmer, sah ich, dass Finja mit einer Gruppe Mädchen diskutierte.
Die Freude über Drystans liebes Geschenk verflog und ich wechselte in meinen eigenen, in den letzten Jahren erlernten Überlebensmodus.
»Was ist hier los?«, rief ich und warf den drei Mädchen, mit denen die weinende Finja stritt, einen wütenden Blick zu.
Eine davon verschränkte ihre Arme und sah mich ebenso erzürnt an, wie ich sie, »Du brauchst nicht so blöd gucken, du Missgeburt. Wir wollen euch nicht in unserem Wohnheim.«
Solche Konflikte kannte ich aus der Vergangenheit nur zu gut, doch die Gewissheit, endlich eine Verbündete gefunden zu haben, gab mir genug Motivation, mich nicht wieder zu unterwerfen, »Und weshalb sollte ich etwas auf eure Meinung geben?«, fragte ich provokant lächelnd.
»Weil wir beide unser Zimmer teilen, du hässliche Vettel«, sagte eines der Mädchen.
»Und? Vergiss bitte nicht, dass ich dir von Natur aus haushoch überlegen bin«, lachte ich auf.
»Weil du eine Missgeburt bist! Mehrquelligkeit ist nicht natürlich!!«, kreischte das Mädchen mit den dunkelblonden Locken, mit welchem ich die gestrige Nacht das Zimmer geteilt hatte.
Es enttäuschte mich nicht einmal, dass sie mich nun meiden wollte – das hatte ich bereits oft genug erlebt. Aber dass sie uns nun so offen feindselig entgegentrat, erfüllte mich mit purer Wut.
»Genauso wenig, wie es natürlich ist, dass deine Großeltern mit Kobolden verkehrt haben. Anders kann ich mir deine geringe Körpergröße und dein Aussehen wirklich nicht erklären«, antwortete ich gleichgültig und schloss mein Zimmer auf, »Hol dein Zeug, und tausch mit Finja das Bett, und dann haut ab, oder ich verbrenne alles in diesem Raum, was nicht mir gehört«, sagte ich und verwies in den offenen Schlafsaal.
Meine bisherige Zimmernachbarin namens Sandy eilte mit ihren beiden Freundinnen in das Zimmer, packte in Windeseile alles zusammen, und stürmte mit ihren Sachen in den Flur.
»Schlüssel«, sagte ich und hielt ihr fordernd meine Hand hin. Sie warf mir ihren Schlüssel vor die Füße, doch ich ließ ihn mithilfe meiner Aeroquelle und einer kleinen Brise, sanft in meiner Hand landen.
Finja und ich gingen in ihr Zimmer, wo wir gemeinsam ihre Sachen packten. Plötzlich durchbrach das leise Plätschern von Wasser die angespannte Stille. Noch bevor ich mich umdrehen konnte, zuckte ein heftiger Stromstoß durch meinen Körper. Meine Muskeln verkrampften, meine Knie gaben nach, und ich sackte zu Boden – begleitet vom spöttischen Kichern eines der anderen Mädchen. Ein brennender Zorn loderte in mir auf.
Wie fremdgesteuert, sprang ich auf, stürmte auf sie zu und packte die kichernde Strommagierin an der Kehle. Mit roher Kraft drückte ich sie gegen die Wand. Mein Herz hämmerte, Adrenalin rauschte durch meine Adern. Ihre überraschten Augen weiteten sich, aber ich ließ nicht los.
Viel zu oft war ich wehrlos, viel zu oft hatte ich gezögert, mich zu wehren, doch diese Zeit musste endlich vorbei sein.
»Noch einmal so etwas, und ich werde dir die Luft aus den Lungen ziehen, bis du erstickt bist. Wir sind alle erwachsen. Ihr müsst uns nicht mögen, deswegen lasst uns einfach in Ruhe und hört mit dieser Kindergartenscheiße auf«, zischte ich.
Ich ließ sie fallen, und ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, nahm ich Finjas Koffer und trug ihn in mein Zimmer. Finja eilte mir hinterher und warf den Mädchen ihren Schlüssel zu.
Sprachlos schloss ich die Tür. Das Adrenalin ließ meinen Puls in ungeahnte Höhen schnellen, und mir wurde etwas schwindlig. Finja schien es ähnlich zu gehen, und so standen wir für eine gefühlte Ewigkeit im Eingangsbereich unseres Zimmers und starrten uns an.
Meine Gedanken überschlugen sich und ließen keine Klarheit zu, während ich mich auf Finjas gerötetes Gesicht fokussierte.
»Danke, Lucia«, schluchzte sie, bevor sie mich plötzlich umarmte. Ihr Griff war fest, fast schon verzweifelt, und ich spürte, wie eine Welle von Emotionen mich überwältigte. Es war seltsam, aber zugleich tröstend, jemanden zu halten, der meinen Schmerz verstand. Mir war genauso nach heulen zu Mute wie ihr.
Ich war stolz auf mich, die Kraft gefunden zu haben, mich zu wehren, gleichzeitig nagte jedoch eine quälende Sorge an mir. Was, wenn die kommenden Jahre erneut zur Hölle auf Erden würden?
Finja schluchzte laut auf, »Dabei will ich doch einfach nur normal behandelt werden. Ich habe nie darum gebeten, zwei Quellen zu haben. Ich wollte nur glücklich sein und lernen. Endlich mal Freunde finden, und nicht grundlos gehasst werden.«
Ich strich über ihr hellblondes Haar und lehnte meinen Kopf an ihren, »Du bist nicht allein. Wir werden bestimmt tolle Freundinnen. Mehr habe ich mir in meiner Schulzeit auch nie gewünscht. Ich wollte ein oder vielleicht zwei Gefährtinnen mit denen man durch dick und dünn geht... Immer wieder wurde ich abgelehnt«, sagte ich und bemerkte, dass ich selbst zu weinen begonnen hatte, »Wir teilen den gleichen Schmerz, Finja. Wir sind jetzt nicht mehr allein. Wir werden das schaffen.«
Noch nie hatte mich jemand außerhalb meiner Familie umarmt. Noch nie hatte sich jemand in meine Arme geworfen, um Schutz zu suchen. Noch nie hatte ich jemanden vor anderen beschützen können.
Es fühlte sich befreiend an, gemeinsam mit Finja zu weinen. Sie war die Erste, die meinen Schmerz verstand und teilte. Wir setzten uns auf mein Bett, hielten uns fest und ließen all die Tränen fließen, die wir so lange zurückgehalten hatten. Nach einer Weile war nichts mehr übrig, außer der Erleichterung, den Kummer der letzten zehn Jahre endlich loslassen zu können. Ich wusste nicht, ob sie Familie hatte. Ob sie nicht, im Gegensatz zu mir, zu Hause Freunde hatte. Dennoch wusste ich, dass sie hier eine Gleichgesinnte genauso brauchte wie ich selbst.
Mein Herz pochte noch immer wild, und in meinem Kopf wirbelten die wütenden Worte der Mädchen durcheinander. Doch als ich Finjas dankbaren Blick sah, nahm endlich der Druck ab, der auf meiner Brust lag.
»Wir schaffen das«, murmelte ich und griff nach der zerknitterten Schokoladentafelpackung auf meinem Nachttisch, und reichte Finja ein Stück Schokolade.
Wir schafften es nach einer Weile, uns wieder zu entspannen und Finja beschloss, unser Zimmer zu dekorieren.
Der Schlafsaal war zwar klein, aber dennoch gemütlich. Die Wände waren in einem sanften hellgelb gestrichen, und unterstrichen die warme Atmosphäre des Raums, auch wenn die Farbe bereits an manchen Stellen abblätterte. Die letzte Renovierung dieses Gebäudes schien offenbar einige Jahre in der Vergangenheit zu liegen, doch der Charme des Zimmers war ungebrochen.
Ein großes Fenster teilte unser Zimmer in der Mitte und tauchte es tagsüber in ein freundliches Licht.
Unsere Betten standen parallel voneinander an den Wänden des Raumes und gab uns beiden gleich viel Platz für unsere Sachen. Während an meiner Wand die Tür zu unserem Bad war, stand mein Kleiderschrank auf Finjas Seite.
Die Möbel waren schlicht, dennoch völlig ausreichend. Jeder von uns hatte einen Schreibtisch und eine kleine Kommode, womit der begrenzte Platz optimal genutzt war.
Finja machte sich sofort daran, den Raum mit persönlichen Dingen zu füllen. Sie stellte mehrere Bilder auf ihren Nachttisch und Schreibtisch, zog eine Lichterkette von meinem Bett zu ihrem und schmückte beide Tischchen mit großen, kunstvoll verzierten Kerzen. Meine eigene Dekoration fiel deutlich bescheidener aus. Ich nahm die Pflanze, die Drystan mir geschenkt hatte, und stellte sie auf das Fensterbrett. Auf meinem Nachtschrank fanden nur zwei Dinge Platz: ein altes Familienfoto aus besseren Zeiten und die vollständige Buchreihe ‘Sonnenstrahlen’ von Betria Xilophela, die meine Eltern mir zum Geburtstag geschenkt hatten. Es war der letzte Geburtstag, den wir alle gemeinsam feiern konnten.
»Wie ist es bei dir zu Hause so?«, fragte ich Finja, als wir uns bettfertig machten.
»Meine Eltern sind beide Menschen. Ma ist sehr stürmisch, Pa ist ruhig und liebevoll«, lachte Finja und kämmte ihre Haare, »Ich hab noch drei Geschwister. Meine älteste Schwester ist... na ja, sie war Magistratin in Evenastir auf Durnevern. Von einer Geschäftsreise nach Pinaud kehrte sie nicht lebendig zurück. Und meine kleinen Geschwister sind sieben und dreizehn.«
»Das mit deiner Schwester tut mir leid«, sagte ich leise.
Doch Finja hob die Schultern leicht, »Wir kannten uns leider gar nicht so gut. Mein Pa hatte eine andere Frau, bevor er meine Ma kennengelernt hat, aber ich danke dir. Wie ist es bei dir? Wie sind deine Eltern?«
Ich schob mein Haar beiseite und sah Finja unsicher an, »Puh. Es ist schwierig. Ich hab da noch nie drüber geredet.«
»Musst du auch nicht, wenn du nicht willst«, sagte sie und lächelte mich an.
»Doch, ich will drüber reden. Aber ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.«
Sie setzte sich in den Schneidersitz, »Fang einfach ganz vorn an.«
Was wie eine leere Worthülse klang, war die einzig logische Antwort. Und so versuchte ich, meine Kindheit gedanklich zusammenzufassen, »Also ich bin das Kind zweier Elfen. Mein Bruder Jorvin ist 24 und studiert auch an Lairandra.
Meine Eltern haben sich in Pinaud kennengelernt und kurz nachdem sie zusammenzogen sind, bekamen sie Jorvin.
Dann sind sie nach Silveroak gezogen und kurz darauf wurde meine Mutter nochmal schwanger. Meine Kindheit war echt schön und meine Familie war damals so ziemlich perfekt.
Dann wurde meine Mum krank, und niemand konnte uns sagen, was sie hatte. Plötzlich war sie nur noch müde und konnte sie nicht mehr arbeiten ... schließlich nicht mal mehr aufstehen.
Das hielt einige Wochen an, doch dann ging es ihr mit einem Schlag wieder gut und sie ging wieder arbeiten. Und dort fiel sie nach zwei Wochen einfach tot um.
Das hat meinen Dad gebrochen. Seit dem Tag hat er nicht mehr gesprochen und angefangen zu trinken. Mit dem Alkohol verlor er seine Liebe zu uns. Er konnte es wohl nicht mal mehr ertragen, mich und Jorvin anzusehen... besonders mich nicht, weil ich Mums Haarfarbe habe. Und dafür hat er mich auch bestraft, indem er mich körperlich und psychisch misshandelt hat. Ich habe zwar Angst, dass er stirbt, aber noch mehr Furcht habe ich vor ihm selbst. Deswegen habe ich die erste Gelegenheit genutzt, um zu Hause auszuziehen«, sagte ich und warf Finja ein falsches Lächeln zu.
Mein Magen war, aufgrund der Erzählung wie zugeschnürt, und mir war ein wenig übel, trotzdem merkte ich, dass es mir gut tat, mit jemanden darüber zu reden. Ich atmete tief durch und versuchte den Druck von meinem Bauch zu lösen.
»Das ist schrecklich. Es tut mir leid«, flüsterte sie und nahm mich wieder in den Arm, bevor sie zu ihrem Bett hinüber ging, »Wenn wir uns gut verstehen, und du in den Ferien nicht hierbleiben oder nach Hause gehen willst, kannst du mit zu mir kommen.«
Ich musste etwas lächeln. Finja war wirklich lieb, »Ich danke dir«, antwortete ich, als ich mich in das gegenüberliegende Bett warf.
»Gern geschehen, neue Freundin«, murmelte Finja und schaltete das Licht aus.
Ich blieb liegen und meditierte, um meinen Geist in Einklang zu bringen. Wieder hatte ich die gleichen Probleme wie zuvor, und doch war es anders. In Finja hatte ich eine Gleichgesinnte gefunden, und Drystan war zwar nicht so wie ich, aber er schien aufrichtiges Interesse an mir zu haben. Ob es wegen meiner Aura, oder wegen meiner Persönlichkeit war mir egal. Er war nett zu mir und mehr interessierte mich in diesem Moment nicht.
Am nächsten Morgen frühstückten Finja und ich gemeinsam in der Speisehalle im Erdgeschoss des Wohnheims. Trotz, dass es ein großer, heller Saal war, fühlte ich mich hier nicht wohl. Die renovierten Wände waren kahl und das Mobiliar war grau. Mir fehlte es hier an Farbe und einer einladenenden Atmosphäre. Es gab auch während des Essens weiterhin Gerede über uns, aber da wir wussten, dass wir nicht allein waren, ignorierten wir die Lästereien.
Ein paar Meter nach dem Verlassen des Gebäudes spürte ich plötzlich eine Berührung auf meiner Schulter. Sofort angespannt und kampfbereit wirbelte ich herum – nur um in Drystans bebrilltes und lächelndes Gesicht zu blicken.
»Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen, Madame Lumley«, sagte er lachend und tat so, als würde er zur Begrüßung seinen imaginären Hut absetzen, »Hast du meine kleine Entschuldigung erhalten?«, fragte er voller Neugier und grinste mich breit an.
Vergnüglich nickend, lachte ich: »Ja, die Pflanze hat einen Ehrenplatz auf meinem Fensterbrett.«
»Wann hast du dort Sonnenlicht?«
»Um die Mittagszeit würde ich vermuten«, sagte ich und überlegte kurz, auf welcher Seite das Fenster von Zimmer 2.08 war, »Ja, das ist im Süden. Ach, und Finja, das ist Drystan.«
»Noch ein Mehrquelliger?«, fragte sie aufgeregt.
»Leider nicht. Nur ‘n einfacher Dryaden-Junge, ohne Vorurteile Mehrquelligen gegenüber«, antwortete Drystan lachend.
Finja und ich hatten wieder keinen gemeinsamen Kurs, und so schlurfte sie deprimiert dreinblickend zu einem anderen Gebäude. Doch Drystan, der mit mir zusammen Unterricht hatte, lief an meiner Seite zum Haus 7.
»Ihr versteht euch gut. Das freut mich. Gestern hab es wohl in eurem Wohnheim in der zweiten Etage die ersten Zankereien. Auf welcher Etage ist eigentlich dein Zimmer? Hast du was von dem Streit mitbekommen, oder ist dein Zimmer zu weit weg? Oder hast du es mitbekommen und deine Ohren einfach in ein Kissen gesteckt, um in den Genuss der Stille zu kommen?«, fragte er mich neugierig.
Ich sah ihn kurz an, und Skepsis überkam mich, als mich seine haselnussbraunen Augen fixierten. Wieder zweifelte ich an seiner Freundlichkeit und vermutete, dass er versuchte mich auszuhorchen, »Woher weißt du davon?«
»Ich... na ja, ich hab ‘ne Weile vor deinem Wohnheim gewartet, weil ich dich abholen wollte«, sagte er und ich sah, dass sich seine Wangen rosa färbten.
Okay, nein, er ist viel zu süß, um zu lügen, dachte ich mir, eh ich das Gefühl hatte, selbst zu erröten.
Drystan bemerkte das und sprach weiter, während er stur nach vorn schaute, »Pass auf, du wirktest gestern echt aufgebracht und verschüchtert. Da dachte ich mir, dass ich doch ‘n guter Freund sein und dir mit Rat und Tat zur Seite stehen sollte.«
Freund? Waren wir so schnell Freunde geworden?, fragte ich mich und beobachtete, wie sich seine hellbraunen Locken mit jedem Schritt bewegten. Bei Finja und mir schien es gut geklappt zu haben, aber wir teilten das gleiche Schicksal. Doch Drystan? Er war ein normaler Junge, der problemlos in dem Klassengefüge eine bessere Rolle gefunden hätte. Und nichtsdestotrotz konnte ich nicht anders, als ihm zu glauben.
Mein Herz machte einen Freudensprung bei dem Gedanken daran, dass mir anscheinend nicht wieder diese Einsamkeit bevorstand.
»Ja, du hast recht. Wir sind Freunde«, murmelte ich und grinste ihn breit an.
»Sehr cool, hatte schon lange keine richtigen Freunde mehr«, lachte Drystan und tippte an mein rechtes Elfenohr.
»Und ja, ich habe mich gestern fast geprügelt«, sagte ich und kickte einen Kieselstein aus dem Weg.
Ich erzählte Drystan, was passiert war, während er mich fassungslos anstarrte.
»Zeig mir nachher bitte, wer das war«, sagte er am Ende meiner Schilderung ernst.
»Wieso?«
»Weil ich nicht nur gut mit Pflanzen umgehen kann, sondern auch mit Pilzsporen. Die Mädchen werden sich zweifellos riesig freuen, wenn Fußpilz ausbricht«, flüsterte er und grinste mich wieder an, als wir beide anfingen zu lachen.
»Das solltest du nicht tun«, kicherte ich weiterhin.
Drystan hob eine Hand und streckte einen Zeigefinger nach oben, »Oh doch. Ich leite heimlich ein paar Sporen in ihre Socken, und in ‘ner Woche geht es los. Du wirst mich nicht davon abhalten können. Sie verdienen ‘ne Strafe. Streiten und ‘n fairer Kampf sind das Eine, aber jemanden, der einen den Rücken zu dreht, anzugreifen, ist das Hinterletzte.«
»Ich hatte die Eine im Würgegriff.«
»Vor oder nach dem Stromangriff?«
»Danach«, antwortete ich leise.
»Siehste«, sagte Drystan und hob eine Augenbraue, »Die haben angefangen. Dass deine Antwort dann n’ bisschen kräftiger ist, als es sein müsste, ist verständlich. Aber die feige Aktion mit dem Strom gehört bestraft. Da gibt’s nichts Besseres als eine geheime Fußpilz-Biowaffe.«
Ich rollte aus Spaß mit den Augen und musste wieder lachen, »Ich wohne übrigens in der zweiten Etage. Für den Fall, dass das aus dem Kontext nicht hervorging.«
»Das war mir inzwischen klar«, lachte er und legte mir eine Hand auf die Schulter.
»Zimmer 2.08. Falls du irgendwann mal zu Besuch kommen willst«, flüsterte ich fast schon, während ich den Blickkontakt mit Drystan verschämt aufrechterhielt.
Wir betraten das Schulgebäude und setzten uns in die letzte Reihe des Saals.
Ich war froh, dass Drystan nun immer den Platz neben mir einnahm. Davon abgesehen, dass er einen bezaubernden Geruch nach Früchten, Zimt und Holz verströmte, fing ich an, ihm langsam, ganz langsam, ein wenig zu vertrauen.
Kaum hatten wir unsere Sachen bereitgelegt, beugte sich Drystan zu mir, »Ach und Lucia, ich hab gestern mit meiner Oma geredet. Wegen deiner Aura. Sie sagt, es kann nicht sein, dass sie strahlend weiß ist, weil’s das laut ihr nicht gibt.«
»Ich hab dir doch gesagt, dass ich nicht rein bin. Du hast dich bestimmt verguckt und irgendwas übersehen«, sagte ich flüsternd, als Drystan seinen Zeigefinger erneut erhob und im Schnelldurchlauf meine Aura erneut zu prüfen schien, »Nö, für mich ist alles weiß. Und genau deswegen will sie dich kennenlernen. Also... ähm, nicht sofort. Aber irgendwann... wenn du Lust hast«, antwortete er und lief rot an, »Du... ähm... also Oma sagt, dass du mal zum Abendessen vorbeikommen kannst... wenn du magst.«
»Ist das eine Einladung für ein Date? Mit deiner Oma?«, fragte ich und kicherte zurückgehalten, als Drystan mich mit hochrotem Gesicht ansah, den Kopf schüttelte und gut erkennbar schluckte.
Angemessen ruhig, aber nicht geflüstert, fügte er an: »Nein, mit mir.«
Drystan wandte den Blick nicht mehr von mir ab und durchbohrte mich mit seinen haselnussbraunen Augen.
Wie süß. Wieso war er so unverschämt süß?, flüsterte es in meinem Kopf.
Mein Herz setzte aus, während ich mir vor meinem inneren Auge ausmalte, wie ich seinem Gesicht immer näher kommen würde. Bei allen Göttern, was passiert da in mir?, fragte ich mich selbst und suchte nach Wörtern. Eigentlich gäbe es gerade nichts, was ich lieber tun würde. Doch das konnte ich so nicht einfach sagen.
»Hmm, ich wüsste nich-«, begann ich, als plötzlich jemand vor uns aufstand.
»Ey, Jason. Der komische Typ hat grad die Missgeburt nach einem Date gefragt! Und die hat auch noch Nein gesagt!!!«, rief er quer durch den Saal.
Lachen machte sich breit. Drystan legte ordentlich seine Brille auf meinen Platz und stand auf.
Er stieg auf den Tisch, sprang vor ihm herunter und zog den Kerl vor uns zu sich. Ohne mit der Wimper zu zucken, schlug er ihm mit der Faust kräftig ins Gesicht, eh er ihn auf den Boden fallen ließ.
Das Lachen im Raum verstummte, während Drystan sich prüfend umsah, »Findet das noch jemand lustig? Wenn ja, nur raus mit der Sprache!«, rief er aus vollem Hals. Als sich niemand meldete, sprang er zurück über den Tisch, nahm sich wieder seine Brille, und setzte sich.
Er sah geknickt aus, und der Anblick seines bezaubernden, aber deprimierten Gesichts, legte mir ein unsichtbares Gewicht auf die Brust. Ich wollte doch zusagen und hatte gar nicht vor, seine Einladung abzulehnen.
Ich musste die Sache richtigstellen, also stand ich auf und stützte mich mit meinen Armen auf dem Tisch ab, um mich so weit wie möglich nach vorn beugen zu können.
Mir war bewusst, dass meine bloße Anwesenheit andere in Schrecken versetzen konnte. So sehr ich sonst immer versuchte, es zu vermeiden, musste ich es mir in diesem Moment zunutze machen.
Ich beugte mich so weit nach vorn, bis ich das Gefühl hatte, gleich über den Tisch zu fallen. Der Kerl in der Reihe vor uns bemerkte mich, und warf mir einen erschrockenen, fast schon ängstlichen Blick zu.
»Ich verstehe nicht, weshalb du mich für eine Missgeburt hältst, und eigentlich ist es mir auch egal. Aber wenn du so etwas noch einmal machst, wirst du dir wünschen, du hättest es nie gewagt, hier durch den Saal zu bläken, du unreifer Schafskopf.«, fauchte ich laut genug, um ein schockiertes Schweigen im Saal hervorzurufen.
Ohne noch eine Sekunde meine Aufmerksamkeit auf diese Leute zu richten, setzte ich mich wieder und wandte mich Drystan zu, der mir einen Blick zuwarf.
»Was ich sagen wollte, war: ‘Ich wüsste nicht, was ich lieber tun würde.’«, lächelte ich, als Drystan meine Hand nahm und mich breit angrinste.
Der Lehrer kam, und Drystan strich immer wieder über meine Finger. Niemand wagte es, die Auseinandersetzung zu melden. Hatten sie Angst, weil ich in ihren Augen ein Monster war?
Am Ende der Unterrichtsstunde nahm Drystan mich an der Hand und zog mich nach draußen. Trotz, dass er stürmisch lief, sah er immer wieder zu mir herüber.
»Du hast einen Typen geschlagen«, sagte ich, weiterhin schockiert und begeistert zu gleich von Drystans Körpereinsatz.
»Ja. Sollteste dich lieber dran gewöhnen. Ich lasse nicht zu, dass dich die Leute hier fertig machen. Ich mag zwar viel plappern, aber bin ‘n loyaler Kerl mit starken Prinzipien«, sagte er und zog mich weiter.
Mein Herz pochte nicht nur aufgrund unserer Laufgeschwindigkeit wahnsinnig hektisch, denn ich hatte das Gefühl, dass es begonnen hatte zwischen Drystan und mir zu knistern. Oder war das etwa nur mein Wunschdenken?
Ich suchte nach Worten, und es dauerte ein wenig, bis ich sie fand: »Wann möchtest du mich denn zum Essen bei dir haben? Und geht dir das nicht etwas zu schnell, mich deiner Familie vorzustellen? Wir kennen uns doch erst einen Tag«, fragte ich, als er stehen blieb, mir eines seiner Sandwiches reichte und sich auf eine Wiese unter einen Eichenbaum setzte.
»Es ist ja nicht so, dass ich dir am Mittagstisch ‘nen Heiratsantrag mache«, lachte er und biss in sein eigenes Sandwich, »Ich hatte ewig keine Dates.«
»Du hattest mal welche?«, fragte ich überrascht.
»Jaaa, aber das ist fünf Jahre her«, antwortete er locker.
Ich legte den Kopf schief, »Lief es gut?«
»Ja... naja, am Anfang jedenfalls. Wir waren beide erst fünfzehn. Sie hat sich nach ‘nem halben Jahr von mir getrennt und sich ‘nen anderen Kerl genommen. Kurz darauf zog sie weg, und der Typ ihr hinterher. Ich war nicht der Richtige für sie und sie nicht die Richtige für mich. Das ist mir nach Ende der Beziehung recht schnell bewusst geworden. Und danach habe ich niemanden kennengelernt, der mich ausreichend interessiert hat. Bis gestern zumindest«, sagte Drystan und schaute meine Hand an, »Aber genug von mir. Wie ist es bei dir? Ich will mehr von dir wissen. Erzähl mir einfach alles.«
Ich war mit der Situation zwar gänzlich überfordert, dennoch schmeichelte mir sein offenes Interesse. Es machte mich nur neugieriger, ihn richtig kennenzulernen.
»Ähm, also ich hatte weder einen Freund, noch ein Date und noch nicht einmal meinen ersten Kuss«, lachte ich beschämt, als Drystans Lippen meinen Handrücken berührten.
Er wurde knallrot, »Wenn wir uns weiter so gut verstehen, können wir das ändern.«
Mein Gesicht glühte. Ich musste aussehen wie eine reife Tomate, während Drystan scheinbar seine Schüchternheit langsam hinter sich ließ. Doch dieser Gedanke, ihn zu küssen, löste eine unbeschreibliche Nervosität in mir aus. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich wieder in der Lage war zu sprechen, »Ich weiß nicht, wann du Zeit hast. Ich wohne hier und hab auch keine anderen Verabredungen. Ich habe also mehr als genug Freizeit«, sagte ich und aß mein Sandwich, obwohl mir aufgrund der Anspannung fürchterlich übel war.
Er schien kurz nachzudenken, und lächelte mich kurz darauf an, »Dann schlage ich Samstag vor.«
Ich nickte, »Ist okay.«
»Mehr Enthusiasmus bitte«, forderte Drystan lachend, »Pass auf, wenn ich dich überrumple, dann sag das. Ich habe ‘n riesiges Bedürfnis dir... na ja, ähm... wie sag ich das... nah zu sein... und das mein ich nicht ausschließlich pervers. Ich will meine Zeit mit dir verbringen und alles über dich wissen. Ich glaub, ich hab mich ‘n bisschen in dich verknallt«, Drystan lächelte und lehnte sich an den Baum hinter uns, »Wenn du willst, dass ich mich von dir fernhalte, Lucia, dann sag’s einfach, und ich lass dich sofort in Ruhe. Ich will nicht, dass du dich unwohl fühlst. Aber gib mir mal Feedback, ich will dir nicht zu nahe treten.«
Warte, WAS? VERKNALLT??, schrie meine innere Stimme, und ließ mein Herz fast aus meiner Brust herausspringen.
Ich konnte noch nicht antworten, als Drystan aufstand und mich etwas geknickt ansah, »Es tut mir leid, ich hab in meiner Euphorie nicht bemerkt, dass ich’s schon vermasselt hab. Ich bin ‘n Profi darin, Dinge im ersten Moment zu ruinieren«, sagte er und nahm sich seinen Rucksack.
Nein! Bleib bei mir, schrie ich nur in meinen Gedanken, doch geistesgegenwärtig griff ich seine Hand und hielt ihn fest. Verwundert musterten mich seine haselnussbraunen Augen, bevor er lächelte und sich wieder setzte.